Hamburg macht Schule Demokratie Heft 1/2018 30. Jahrgang Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte - Hamburg.de

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Hamburg macht Schule Demokratie Heft 1/2018 30. Jahrgang Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte - Hamburg.de
Hamburg macht Schule
Heft 1/2018 • 30. Jahrgang • Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte

Demokratie
BSB Info: 7 Handlungsfelder der »Neuen Autorität« | Prof. R. Lehberger: 20 Jahre Hamburger Schulpolitik

      PÄDAGOGISCHE
           BEITRÄGE
    VERLAG
Hamburg macht Schule Demokratie Heft 1/2018 30. Jahrgang Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte - Hamburg.de
HAMBURGER LEHRER-FEUERKASSE
                                         Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
                                                    gegründet 1897

                       Die preisgünstige Hausratversicherung im Großraum Hamburg für
                               alle pädagogisch Tätigen sowie deren Angehörige

                             Wir versichern Ihren Hausrat zu 1,20 € je 1.000 € Versicherungssumme
                                         (inkl. Versicherungssteuer) unverändert seit 1996.
 2017 und 2018 haben unsere Mitglieder eine Beitragsrückerstattung von 10 % erhalten.
 Ihr Hausrat ist gegen Schäden durch Brand, Explosion, Implosion, Blitzschlag und Überspannung,
 Einbruchdiebstahl, Raub, Leitungswasser, Sturm, Hagel, Glasbruch (Einfachverglasung) versichert.

 Außerdem u. a. beitragsfrei eingeschlossen: Hotelkosten bis zu 100 Tagen, Diebstahl von Hausrat aus
 Krankenzimmern und Kraftfahrzeugen, Diebstahl von Fahrrädern und Kinderwagen bis 260 €.
 Fahrräder bis 3.000 € (6.000 € bei zwei Rädern) können gesondert versichert werden.

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 Die HLF verzichtet auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit bei Schäden bis 5.000 €.

 Informationen und Unterlagen bitte anfordern unter:
 040 333 505 14 (Tobias Mittag) 040 796 128 25 (Georg Plicht) 040 679 571 93 (Sibylle Brockmann)
                       www.h-l-f.de (mit Prämienrechner)       - info@h-l-f.de

Schul-Organisation                        Hamburger Lehrer-Feuerkasse
                                          Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit · Gegründet 1897
Klausurbogen
kariert, liniert,                         Einladung zur Mitgliederversammlung
verschiedene                              Freitag, 06. April 2018 · Beginn: 17.30 Uhr
Farben, mit
Schul-                                    Tagungsort: Curio-Haus, hinteres Gebäude
eindruck –                                Tagesordnung
nie wieder
Stempeln.                                 1. Jahresbericht 2017                          4. Wahlen
Bei uns erhältlich!                       2. Vorlage der Jahresrechnung                     a) Wahl des 2. Vorsitzenden
                                             2017                                           b) Wahl von 2 Rechnungs-
  www.schulorganisation.com
                                          3. Bericht der Rechnungsprüfer                       prüfern
                                             Entlastung des Vorstandes                   5. Verschiedenes

                                                   Abitur und dann?
                                                     Hier ein Kompetenztest, da eine Beratung zur beruflichen Orientierung,
                                                      Praktika, erste Joberfahrung …
                                                        Oft zeigt sich trotz all dieser Orientierungshilfen kein konkretes Ziel.
                                                         Wir bieten spannende und effektive Workshops
                                                         zur beruflichen Zielfindung.
                                                           Time4future ist ein Workshopangebot für Abiturienten*innen,
                                                           damit sie sicher und selbstbestimmt den nächsten Berufs- oder
                                                            Bildungsschritt gehen können.
                                                             2 tägig, in Hamburg und Kiel, max. 12 Teilnehmer*innen,
                                                             2 Coaches für 480,00 € zzgl MWSt.
                                                            Weitere Informationen unter www.lefelmann-schwenn.com
                                                            oder www.weiterkommen.hamburg.
                                                            Nehmen Sie Kontakt auf, wir beraten Sie gerne.
                                                           Ute Lefelmann-Petersen 04 31 2 05 99 33
                                                          und Frauke Müller 01 75 9 61 37 42

                                                                                       team4future
Editorial

           Liebe Leserin, lieber Leser,

           in Zeiten, in denen weltweit politische Super-Egos die abendlichen Nachrichten bestimmen, ist es dringlicher
           denn je, Schülerinnen und Schüler auf das Leben in der Demokratie vorzubereiten. Es gehört zum Bildungs-
           und Erziehungsauftrag, Kinder und Jugendliche mit Formen demokratischen Handelns bekannt zu machen
           und diese in der Schule einzuüben. Auch wenn es in der Schule nicht durchgängig um Demokratie geht, auch
           wenn das Lernen nicht per se demokratisch verläuft und auch wenn asymmetrische Machtverhältnisse die
           Schule bestimmen, so gibt es doch hinreichend Anlässe und Möglichkeiten, Partizipation und Mitbestimmung
           im Unterricht und Schulleben einzuüben.
           Demokratie als politisch verfasste Lebensform ist in der griechischen Antike und insbesondere in Athen ent-
           standen. Die Freiheit wurde dabei als Grundlage aller politischen Rechte und Beteiligungsformen verstanden.
           Die Modelle demokratischer Erziehung haben seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine wechselhafte Geschich-
           te durchlaufen. Spätestens seit der Reformpädagogik haben sich organisatorische Prinzipien entwickelt, die
           das Schulleben bis heute bestimmen. Seit John Deweys Modell der Laboratory School und Lawrence Kohl-
           bergs Idee der »Just Community« sind Ideen der in der Schule institutionalisierten Beteiligung im Unterricht,
           der Partizipation am Schulleben und der Konfliktregulierung Teil des schulischen Lebens.
           Im Kinderrat können sich bereits Erstklässler beteiligen (S. 10), im Klassenrat und Schülerparlament gibt es
           viele weitere Möglichkeiten, an Entscheidungen mitzuwirken. Streitschlichterinnen und Streitschlichter sor-
           gen dafür, dass die Übernahme anderer Perspektiven gelingt. Gelebte Mitbestimmung kostet zwar Zeit (S. 13),
           aber es lohnt sich, in diese Zeit zu investieren. »Von der Beteiligungskultur versprechen wir uns, dass sich alle
           in stärkerem Maße mit der Schule identifizieren. Wir wollen unsere Schülerinnen und Schüler in ihren Interes-
           sen sowie in ihrer Sicht auf die Lebenswelt ernst nehmen und so ihre Selbstwirksamkeitserwartung steigern.«
           (S. 13). Dieses Motto der Schule Grumbrechtstraße ist ermutigend und fasst die Idee einer demokratischen
           Schulentwicklung bestens zusammen. Der »Preis für demokratische Schulentwicklung« zeigt die Wirksamkeit
           dieses Konzepts. Über eine Vielfalt von Beispielen im Rahmen der schulischen Beteiligungskultur hinaus fin-
           den Sie in diesem Schwerpunkt auch Hinweise zur Beteiligung schulischer Akteure an kommunalen Entschei-
           dungsprozessen (S. 14 – 17). Und in einem Gespräch mit Christian Welniak werden langfristige Ideen vorge-
           stellt, wie sie im Bündnis »Bildung für eine demokratische Gesellschaft« entwickelt worden sind.
           Im BSB-Info wird »Neue Autorität« als pädagogischer Handlungs- und Reflexionsrahmen vorgestellt. Dabei
           wird nicht auf alte Mechanismen wie »Macht, Distanz, Kontrolle und Strafe« zurückgegriffen, vielmehr wer-
           den diese ersetzt durch »Präsenz, wachsame Sorge, Selbstkontrolle, Transparenz und Beharrlichkeit« (S. 25).
                                Dieses Konzept wird gerade in der Berufseingangsphase mit großem Erfolg praktiziert.
                                Demokratielernen und Neue Autorität sind keine Gegensätze, sie sind zwei Seiten einer
                                erfolgreichen Schule und einer wertegebundenen Schulentwicklung.
                                 Die Temperaturen in diesem Winter lagen im zweistelligen Minusbereich und die Grippe
                                 war heftig und besonders langwierig. Ich wünsche Ihnen deshalb einen schnellen und
                                 guten Start in den Frühling!

                                 		           Mit besten Grüßen

                                                                           Prof. Dr. Josef Keuffer
                                                                         Hamburg, im März 2018

Hamburg macht Schule 1|2018
                                                                                                                               3
Inhalt

    Demokratie
    Moderation: Christoph Berens/Beate Proll

    6    Demokratie in Unterricht und Schulalltag
             Konzepte – Herausforderungen – Anregungen

    10 Im Kinderrat Entscheidungen mitgestalten
             Rituale – Aufträge – Strukturen

    12 Demokratische Schulentwicklung
             Was zeichnet eine Preisträgerschule aus?

    14 Kommunale Entscheidungsprozesse I
             Das Projekt »Tempo 30-Zone«

    16 Kommunale Entscheidungsprozesse II
             Die Zukunft des Stadtteils mitgestalten

    18 Ideen für einen veränderten Unterricht entwickeln und erproben
             Erfahrungen von Profilklassen im Unterricht mit Sechstklässlern

    20 Beteiligung an der Gestaltung des Unterrichts
             Schülerinnen und Schüler coachen Lehrkräfte

    22 Gemeinsam denken und handeln
             Das Bündnis »Bildung für eine demokratische Gesellschaft«

4                                                                              Hamburg macht Schule 1|2018
Inhalt

                                                                                              1/18
                                                                                              30. Jahrgang

   BSB-Info
   Verantwortlich: Andreas Kuschnereit

   »Ich muss nicht gewinnen –                   Die Kooperationen zwischen                    Herausgeber:
                                                                                              Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB),
   nur beharren!«                          24   Fachwissenschaften und                        Prof. Dr. Josef Keuffer, Direktor des Lan-
                                                                                              desinstituts für Lehrerbildung und Schul­
   Das Konzept der »Neuen Autorität«            Fachdidaktiken gehen weiter              40   entwicklung
                                                                                              Felix-Dahn-Straße 3, 20357 Hamburg
                                                Interview zur Reform der Lehrerbildung        josef.keuffer@li-hamburg.de
    Der Klassiker Buten vör de                                                                Verlag:

    Döör – Draußen vor der Tür             28   Tagungen und öffentliche
                                                                                              Pädagogische Beiträge Verlag GmbH,
                                                                                              Rothenbaumchaussee 11, Curiohaus,
   Projekttag in Kooperation                                                                  20148 Hamburg, Tel.: (040) 45 45 95
   Ohnsorg Studio – Hamburger Kunsthalle        Veranstaltungen des                           info@paedagogische-beitraege-verlag.de
                                                                                              Geschäftsführung: Katrin Wolter
                                                Landesinstituts                          43   Verlagsredaktion und -gestaltung:
   School Turnaround – Berliner                 April 2018 bis Juni 2018                      Dr. Mathias Prange

   Schulen starten durch        29                                                            Redaktion:
                                                                                              Prof. Dr. Johannes Bastian (verantwortlich),
                                                »Zukunftsfähige Schulbauten                   Dr. Andrea Albers, Jan-Hendrik Hinzke,
   Durch die »Schulwende«                                                                     Beate Proll

   Schulen wieder handlungs-                    2050«: modular, flexibel,                     Rothenbaumchaussee 11, 20148 Hamburg

   fähig machen                            30   gesund und nachhaltig       44                Redaktion für Bildungspolitisches Forum
                                                                                              und BSB-Info:
   Interview mit Hannelore Trageser             Die Messe Schulbau 2018 präsentiert           Karen Krienke, Andreas Kuschnereit,
                                                                                              Behörde für Schule und Berufsbildung,
                                                und diskutiert aktuelle Trends                Hamburger Straße 125 a, 22083 Hamburg
                                                                                              Tel.: (040) 4 28 63 35 49, Fax: –4 27 96 84 33
   »Worin sind unsere                                                                         karen.krienke@bsb.hamburg.de

   Schüler richtig gut?«                   32   Entwurf einer neuen Schule                    Druck: Hartung Druck+Medien GmbH,
                                                                                              Asbrookdamm 38, 22115 Hamburg
   Stillsitzen und Frontalunterricht            in Wilhelmsburg                          46   info@hartung-online.de
   waren gestern                                                                              www.hartung-online.de

                                                Das Schulinformations-                        Anzeigen: Gabriele Henning
                                                                                              BSB – Hamburg macht Schule
    Der Humanity-Rap                       34   zentrum                                  48   Hamburger Str. 31, 22083 Hamburg
                                                                                              Tel.: (040) 4 28 63–27 62
   Rekordverdächtiges Musikvideo                                                              gabriele.henning@bsb.hamburg.de
                                                Biographische Illusionen                      Erscheinungsweise: 4-mal pro Jahr

   Cooler Ganztagskurs                     36   und (Vor)Bilder                          52   Auflage: 15 000
                                                                                              Bilder: W. van Woensel: Titel
   Hamburger Kinder trainieren                  Max Traeger und die Aufarbeitung              Alle weiteren Fotografien wurden uns von
   mit dem FC St. Pauli                         der GEW-Vergangenheit                         den Autorinnen und Autoren zur Verfügung
                                                                                              gestellt.
                                                                                              Bezug: Hamburger Lehrkräfte und Eltern-

   Hamburgs Schulpolitik                        Personalien                              54   räte erhalten HAMBURG MACHT SCHULE
                                                                                              kostenlos über die BSB. HAMBURG MACHT
   der letzten 20 Jahre                    38                                                 SCHULE kann auch beim Verlag abonniert

   Ein Rückblick des ehemaligen                 Hamburg macht Schule                     54   werden.
                                                                                              Hamburg macht Schule im Internet:
   Vorsitzenden des Landeschulbeirats           Schwerpunktthemen 2008 – 2018                 www.hamburg.de/bsb/hamburg-macht-schule
                                                                                              Preis: EUR 3,00 zzgl. Versandkosten.
                                                                                              Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit
                                                                                              vorheriger Genehmigung des Verlages.
                                                                                              ISSN 0935-9850

Hamburg macht Schule 1|2018
                                                                                                                                          5
Thema

             Demokratie in Unterricht
Einführung

             und Schulalltag
             Konzepte – Herausforderungen – Anregungen

             Zum Bildungs- und Erziehungsauftrag von Schulen gehört, Kinder
             und Jugendliche auf ein Leben in einer Demokratie vorzubereiten.
             Demokratiepädagogik ist eine Querschnittsaufgabe. Wie kann diese
             verlässlich in den Alltag integriert werden? Was gehört zu einer
             demokratischen Schulkultur? Kann Schule als Institution zu einem
             Ort der Demokratie werden? Welche Lernanlässe eignen sich, um
             Demokratie zu erfahren?

             Hildegard Hamm-Brücher hat im Rah-           39 f.). So wird in der 17. Shell Jugend-   gen wäre es an der Zeit, die Demokratie
             men einer Veranstaltung zur Aufgabe der      studie (2015) festgestellt, dass im Ver-   als Gesellschafts- und Herrschaftsform
             Demokratiepädagogik festgestellt: »Ich       gleich zu nur 30 Prozent im Jahr 2002      wieder stärker in den Blick zu nehmen
             bleibe dabei: Unsere Zukunft und die Zu-     sich 2015 rund 41 Prozent der Jugend-      und auch diese durch neue Lernmöglich-
             kunft unserer Bildung liegt vor allem in     lichen als »politisch interessiert« be-    keiten zugänglich zu machen. Dazu ge-
             der Demokratiefähigkeit und der Gerech-      zeichnen. Vor allem männliche Jugendli-    hört u. a. die Ermöglichung der Partizipa-
             tigkeit von Schule gegenüber den Kin-        che zeigen Bereitschaft, sich außerhalb    tion und Mitgestaltung von Lernanlässen
             dern und Jugendlichen. … Die vielen Bei-     von etablierten Parteien an politischen    und deren strukturelle Integration in den
             spiele demokratischen Handelns geben         Aktivitäten beispielsweise an Online-Pe-   Lernort Schule.
             mir große Zuversicht in das Potential, das   titionen zu beteiligen. Demokratiepäda-       So wurden in den 90er Jahren bei-
             in den Schulen selbst steckt, in den Schü-   gogische Schul- und Unterrichtsentwick-    spielsweise die Ansätze »Erfahrene De-
             lerinnen und Schülern sowie ihren enga-      lung setzt sich mit der Aufgabe ausei-     mokratie« bzw. »Demokratie – lernen
             gierten Lehrkräften. (Das) zeigt auf schö-   nander, diesen Bedürfnissen, aber auch     und leben« erprobt (vgl. Edelstein 2007
             ne Weise den jungen und kreativen Geist      den entsprechenden Handlungsoptionen       oder Beutel/Fauser 2009). Durch die pro-
             unserer Gäste, deren Ideenreichtum           der jüngeren Generation in der Schule      jektorientierte Ausgestaltung von Lern-
             mich begeistert, und dessen verbinden-       als Lernort und Lebenswelt gerecht zu      anlässen wird hierbei eine demokratische
             de Mitte ein demokratisches Miteinander      werden.                                    Verhaltens- und Handlungsorientierung
             und der Wille zum gemeinsamen Han-                                                      zum leitenden Prinzip von Lernprozes-
             deln ist.« (Siehe www.demokratisch-han-      Ebenen der Demokratie                      sen. Demokratie soll auf diese Weise in
             deln.de/archiv/nachruf/2016_12_Kon-          Für das schulische Handlungsfeld wur-      der Schule gelernt und zugleich gelebt
             dolenz_Hamm-Bruecher/index.html)             den durch das von Gerhard Himmel-          werden.
                                                          mann (2001) geprägte Verständnis von
             Politisches Engagement                       Demokratie als Herrschafts-, Gesell- Demokratische Schulkultur
             von Jugendlichen                             schafts- und Lebensform verschiedene – demokratietheoretische
             Die meisten Jugendlichen in Deutschland      Zugangsmöglichkeiten eröffnet. Durch       Orientierung
             befürworten die Demokratie sowohl als        demokratiepädagogisches Engagement         Erfahrungen der Anerkennung und Mit-
             Form des Zusammenlebens wie auch als         ist es in den letzten Jahren gelungen, die bestimmung sind grundsätzliche Vor-
             Gesellschafts- und Regierungsform. Ju-       »Demokratie als Lebensform« in Schulen     aussetzungen für eine demokratische
             gendsoziologische und erziehungswis-         erfahrbar zu machen. So wurden partizi- Schulkultur, die Ausgrenzung, Missach-
             senschaftliche Studien verdeutlichen         pationsorientierte Verfahren und Struk- tung und Gewalt sowohl zwischen Lehr-
             die gesellschaftlichen Gestaltungs- und      turen wie beispielsweise der Klassen- kräften und Schülerinnen und Schü-
             schulischen Mitbestimmungsansprüche          rat erprobt sowie Konzepte zum sozi- lern als auch innerhalb der Schüler(in-
             von Kindern und Jugendlichen (Marks          alen Lernen entwickelt und umgesetzt. nen)schaft verhindern können. Demo-
             2017). Immer mehr Jugendliche zeigen         Angesichts der konkreten Bedrohung         kratische Schulen sind gleichzeitig leis-
             politisches Interesse (Jungkamp 2017, S.     durch demokratiefeindliche Entwicklun- tungsfähigere Schulen, da sie ihren ins­

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Demokratie

                                                                                                                                         Einführung
                                                    Demokratie als …
  Herrschaftsform                            Gesellschaftsform                            Lebensform

 • Gewährleistung der Menschen-              • Friedliche Konfliktregelung               • Selbständigkeit und Selbstver-
   und Bürgerrechte                          • Pluralismus der Parteien                    antwortung des Einzelnen
 • Allgemeine, freie und geheime             • Vielfalt der Medien                       • Gleichberechtigung
   Wahlen                                    • Sozialer Ausgleich                        • Toleranz und Anerkennung des
 • Parlamentarismus                          • Wettbewerb am Markt                         anderen
 • Rechtsstaatlichkeit                       • Bereiche bürgerschaftlicher               • Bürgermanagement
 • Gewaltenteilung                             Selbstverwaltung                          • Partizipation
 • Regierungskontrolle                                                                   • Eintreten für demokratische
 • Unabhängige Justiz                                                                      Werte
 • Recht auf Opposition
                                                                      Abb. 1: Dimensionen von Demokratie (vgl. Himmelmann 2004, S. 18)

titutionellen Zweck, fachliche Bildung      partiellen Grundrechtseinschränkungen         sprüche auf der Ebene der Schule zu ge-
professionell zu organisieren, mit grö- (z.B. beim »Recht auf Freizügigkeit«) und         stalten – stets aktuell und immer wie-
ßerer Effizienz und Rationalität bewäl- schließt die Hauptgruppe, um derent-              der neu. Das Ziel muss deshalb sein, die
tigen können. Dieser Anspruch, durch        willen sie da ist – die Schülerinnen und      Schule zur stetigen Ausgestaltung dieser
Partizipation der Beteiligten das Lernen    Schüler – aufgrund ihres gesellschaft-        pädagogischen Querschnitts- und Dau-
qualitativ erheblich zu verbessern, ent- lichen Funktionsauftrages zur Bildung            eraufgabe in der Institution und beim
spricht zeitgemäßen demokratietheore- und Erziehung in der Regel aus: Die or-             Lernen im Alltag zu befähigen.
tischen Orientierungen, die Demokratie      ganisatorischen Grundlagen der Schule           Alle an Schule Beteiligten – in der ein-
als eine wertgebundene Form mensch- – Personal, Finanzen und Inhalte – sind               zelnen Schulgemeinschaft und in den
licher und gesellschaftlicher Kooperati- der Mitbestimmung der Lernenden wei-             Institutionen, die Schule verantworten
on betrachten (Nussbaum 2012). Insbe- testgehend entzogen. Zugleich formulie-             und in ihren Entwicklungsprozessen un-
sondere in pluralistischen und interkul- ren alle Landesschulgesetze die »Erzie-          terstützen – haben weiterhin und noch
turell geprägten Gesellschaften ist De- hung zur Verantwortung in der Demokra-            konsequenter als bislang die Aufgabe an
mokratie als »Gespräch der Verschiede- tie« (Hahn 1954) als Wesensmerkmal des             der Entwicklung einer demokratischen
nen« (Arendt 1951) ein stets zu erneu- Erziehungs- und Bildungsauftrags von               Schule zu arbeiten. Eine solche Schule
ernder gesellschaftlicher Lern- und Ge- Schule und als Kernaufgabe aller Lehren-          ist auch ein Schutz gegen Populismus
staltungsprozess, der in inter- und intra- den – nicht nur etwa der Politiklehrkräf-      (Rump-Räuber 2017) und Extremismus.
generationeller Praxis und wechselsei- te. Demokratie-Lernen nicht nur durch              Sie ist wie alle Bildung ein kulturelles und
tiger Verantwortung in Gemeinschafts- Wissensvermittlung, sondern vor allem               soziales Phänomen, für das alle, die in
und Gesellschaftsformen wie der Schu- aber durch belastbare Wertebildung und              der Schule lehren, lernen und leben ge-
le realisiert wird (Dewey 1993).            demokratische Erfahrung – also Partizi-       meinsam Verantwortung tragen. Daher
                                            pation und Mitgestaltung auf möglichst        ist es wichtig, sich auf die alltäglichen
Asymmetrische Machtverhältnisse             vielen Ebenen des Lernens – professi-         Formen der Mitbestimmung, des Demo-
und ihre Herausforderungen                  onell aufzunehmen und als Lernumge-           kratie ERLEBEN zu konzentrieren. Gera-
Grundlegende Merkmale demokratischer        bung zu gestalten, ist deshalb die zentra-    de in dieser Alltäglichkeit steckt ein nicht
Ordnungen stehen in einem gewissen          le Aufgabe einer demokratischen Schul-        zu unterschätzendes Potential, das einen
Widerspruch zum Anspruch der alltäg- entwicklung (Beutel 2016, Weyers 2017),              nachhaltigen präventiven Charakter ha-
lichen Gestaltung demokratischer Pra- die sich der Verwirklichung der Kinder-             ben kann.
xisverhältnisse.. Die Annahme, dass die     rechte verpflichtet.
Schule als Institution allein aufgrund der     Im Kern geht es dabei um die wechsel-      Demokratische
formalen Ausgestaltung bereits demo- seitige Verschränkung von Teilhaberech-              Schulentwicklung praktisch
kratisch sei, trifft für ihre Lern- und Er- ten und Verantwortungspflichten. Demo-        In den Erfahrungsberichten dieser Ausga-
fahrungsqualität von Demokratie nicht       kratie-Lernen und die zugrundeliegende        be wird erkennbar, wie Schulen Wege fin-
zu. Die Schule basiert immer noch auf       Demokratiepädagogik beschreiben das           den, dem zuvor skizzierten Demokratie-
asymmetrischen Machtverhältnissen, Bemühen, diese widersprüchlichen An-                   verständnis entsprechende Lerngelegen-

Hamburg macht Schule 1|2018
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Thema

             Demokratisch Handeln in der Schule                                                heiten zur Verfügung zu stellen und ent-
Einführung

             Hinweise zu Projekten, Wettbewerben, Literatur und Materialien                    sprechende Erfahrungsräume zu öffnen.
                                                                                                  Christine Buckow und Johanna Herre be-
             Die Beteiligungsagentur (beta) präsentiert die Initiative »Der Klassenrat. Ge-
                                                                                               schreiben, wie an einer Grundschule der
             meinschaft fördern. Kompetenzen bilden. Demokratie lernen.« Hier finden schu-
                                                                                               Klassenrat etabliert und kontinuierlich
             lische Fachkräfte konkrete Hinweise zur Einführung und Etablierung die-
                                                                                               weiterentwickelt wird. Kindgerechte und
             ses pädagogischen Formats. So werden der Ablauf, die Rollen und Themen
             im Klassenrat näher erläutert. Gestaltungshilfen wie das sogenannte Mit-          an der Sache orientierte Rituale führen
             mach-Set können käuflich erworben werden.                                         dazu, dass alle wichtigen Dinge gesagt
             URL: www.derklassenrat.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018)                             und miteinander erörtert werden können.
                                                                                               Die Anliegen der Kinder werden ernst ge-
             Der Wettbewerb »Förderprogramm Demokratisch Handeln« wird seit 1990 in            nommen und fließen in die Gremienar-
             Deutschland ausgeschrieben. Mit der Aufforderung »Gesagt! Getan: Ge-              beit der Schule ein. Anina Kleier und Ron-
             sucht werden Beispiele für Demokratie. In der Schule und darüber hinaus«          ja Dietschmann beschreiben, wie eine de-
             werden Projekte, Initiativen und Ideen gesucht, in denen das Lernen für De-
                                                                                               mokratische Schulkultur aussehen kann
             mokratie und Politik um praktische Erfahrungen erweitert wird. Ausgezeich-
                                                                                               und wie die Beteiligung an dem Wett-
             net werden jährlich ca. 50 Projekte mit der Einladung zur »Lernstatt Demo-
                                                                                               bewerb »Demokratie erleben« der Hein-
             kratie« – einer kreativen und ideenreichen Tagung.
                                                                                               rich-Böll-Stiftung die Schulgemeinschaft
             URL: www.demokratisch-handeln.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018)
                                                                                               in ihrem Handeln stärkt. Die Autorinnen
             Der überparteiliche, gemeinnützige Verein Makista befördert die Verbindung        erläutern, wie bei Entscheidungen, die
             von Bildung, Kinderrechten und Demokratie durch den Aufbau von Bildungs-          Erwachsene treffen, Kinder einbezogen
             strukturen an einzelnen Kinderrechteschulen, in Landesschulnetzwerken und         werden und wie wichtig der Aufbau so-
             länderübergreifenden Kooperationen. In der entsprechenden Infothek wer-           wie die Weiterentwicklung einer Beteili-
             den geeignete Fachliteratur, Arbeitsmaterialien und Medien vorgestellt, die       gungskultur ist.
             wie z.B. das Materialpaket »Kinderrechte in die Schulen« kostenpflichtig be-         Anna Brockmeier und Andreas Fischer
             stellt werden können.
                                                                                               stellen in zwei Beiträgen dar, wie sich
             URL: http://www.makista.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018)
                                                                                               Schülerinnen und Schüler in fachüber-
             Das Landesinstitut Hamburg präsentiert »SchülerInnen – Schule – Mitbestim-        greifenden Formaten an der kommuna-
             mung!«, ein Projekt von SchülerInnen – für SchülerInnen. Hier finden Schü-        len Stadtentwicklung beteiligen. Im Rah-
             ler_innenvertretungen, Schulsprecher_innen und andere engagierte Schüle-          men dieser Schulprojekte werden wich-
             rinnen und Schüler Tipps und Tricks für SchülerInnenvertretungsarbeit, und        tige Erfahrungen zum zivilgesellschaft-
             weitere Fortbildungsangebote. Dazu gehört beispielsweise eine Moderato-           lichen Engagement im Sozialraum ge-
             rInnen-Ausbildung.                                                                macht. So verantworten die Jugendli-
             URL: ssm.hamburg.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018)                                   chen komplexe strategische Planungen
             Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hat zur Orientierung im Me-      – von der Festlegung von Projektphasen
             dienalltag nützliche Hinweise für Eltern und Lehrkräfte zum Umgang mit Fake       bis hin zur Gestaltung von Meinungsfin-
             News zusammengestellt. Im Rahmen des Webvideo-Projekts »FakeFilter« er-           dungsprozessen. Sie bereiten sich au-
             halten Jugendliche von einem Youtuber wichtige Tipps zum Alltagshandeln.          ßerdem auf geeignete Präsentationsfor-
             URL: www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/medienpaedagogik/243064/­                 men in der Schulöffentlichkeit, im So-
             fake-news, http://www.fakefilter.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018)                   zialraum und in Ausschüssen des Be-
                                                                                               zirks vor. Deutlich wird, dass sich The-
             Ausbildungsrelevante Kompetenzen und die berufliche Orientierung von
                                                                                               men der Stadtplanung sehr gut dazu
             Schülerinnen und Schülern anwendungsbezogen fördern – das ist das Ziel
                                                                                               eignen, formale Entscheidungsprozes-
             des Programms »Berufene Helden – Lernen durch Engagement für Chancen im Be-
                                                                                               se kennenzulernen und Selbstwirksam-
             ruf«. Als ein Baustein schulischer Berufsorientierung kann Berufene Helden
             praxisnah zur Ausbildungsreife von Schülerinnen und Schülern beitragen: In        keit zu erfahren.
             Verbindung mit dem schulischen Lernen engagieren sich Schülerinnen und               Sebastian Kruse beschäftigt sich in sei-
             Schüler in ihrem Stadtteil, übernehmen Verantwortung und erwerben da-             nem Beitrag mit der Weiterentwicklung
             bei grundlegende fachliche wie überfachliche Kompetenzen, die den Über-           des Fachunterrichts an einer Stadtteil-
             gang von Schule – Beruf erleichtern. Hamburger Sekundarschulen können             schule. Dabei setzen sich Jugendliche des
             im Schuljahr 2018/19 an dem gemeinsamen Programm der Stiftung Lernen              10. Jahrgangs mit dem Englischunter-
             durch Engagement und der Deutsche Bahn Stiftung teilnehmen. Die Schu-             richt des 6. Jahrgangs auseinander. Sie
             len erhalten kostenfreie Qualifizierung und Begleitung bei der Projektumset-      entwickeln Vorschläge, wie beim Eng­
             zung. Weitere Infos (Flyer, Kurzfilm) finden Sie unter www.deutschebahnstif-      lischlernen alltagsorientierte Elemente
             tung.de/berufene-helden oder direkt bei Carla Gellert, Projektleiterin Beru-      eingebunden werden können. Bundes-
             fene Helden, per E-Mail: carla.gellert@lernen-durch-engagement.de.                weite Erfahrungen werden genutzt, um
                                                                                               an einem außerschulischen Lernort ein

   8                                                                                                          Hamburg macht Schule 1|2018
Demokratie

 Veranstaltungshinweis                                                                    Dewey, John (1993): Demokratie und Er-

                                                                                                                                             Einführung
 ['You:sful] unterstützt Schulen im »Lernen durch Engagement«                             ziehung. Weinheim/Basel
                                                                                          Edelstein, Wolfgang (2014): Demokra-
 Lernen durch Engagement verbindet den Unterricht mit einem gemeinnützigen En-
                                                                                          tiepädagogik und Schulreform. Schwal-
 gagement der Schülerinnen und Schüler. Diese Lehr- und Lernmethode macht den
 Unterricht lebendiger und trägt zu demokratischen Kompetenzen sowie zum zivilge-         bach/Ts.
 sellschaftlichen Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler bei.                     Fauser, Peter (2009): Demokratie, Lern-
 Mit dem Programm »['You:sful] – Lernen durch Engagement« hilft die BürgerStiftung        qualität und Schulentwicklung. Frankfurt
 Hamburg Schulen, diese Lehr- und Lernform bei sich zu etablieren. ['You:sful] bietet     Jungkamp, Burkhard/John-Ohnesorg, Ma-
 Lehrkräfte-Fortbildungen, Austausch im Netzwerk, Arbeitsmaterialien, Evaluationen        rei (Hg.) (2017): Politische Bildung in der
 und individuelle Beratungen von Schulen.
                                                                                          Schule. Berlin
 Wer sich ein Bild davon machen möchte, ist herzlich eingeladen zur
                                                                                          Hahn, Kurt (1954): Erziehung zur Verant-
 10. ['You:sful] Jahrestagung
 »Raus aus Schubladen und Fettnäpfchen – Bridging im Lernen durch Engagement«             wortung. Stuttgart
 am 9. April, 13.00 bis 18.00 Uhr, im LI, Felix-Dahn-Straße 3                             Marks, Caren (2017): Stärkung von Demo-
 Anmeldungen und Kontakt: Dr. Heike Schmidt, BürgerStiftung Hamburg, Schopen-             kratie und Toleranz. In: Burkhard Jung-
 stehl 31, 20095 Hamburg. E-Mail: heike.schmidt@buergerstiftung-hamburg.de, Tel.:         kamp/Marei John-Ohnesorg (Hg.): Poli-
 (040) 8 78 89 69-66                                                                      tische Bildung in der Schule, S. 27 – 31
 www.buergerstiftung-hamburg.de/yousful ['You:sful]                                       Nussbaum, Martha (2012): Nicht für
 arbeitet zusammen mit                                                                    den Profit! Warum Demokratie Bildung
 • dem bundesweiten Netzwerk Service-Learning,
 • dem Hamburger Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung
                                                                                          braucht. Mülheim/Ruhr
 • und der Ehrenamtsagentur Stiftung Gute Tat.                                            Himmelmann, Gerhard (2001, 2016): De-
                                                                                          mokratie Lernen als Lebens-, Gesell-
                                                                                          schafts- und Herrschaftsform. Ein Lehr-
Englischcamp für jüngere Schülerinnen        ben! In: Hamburg macht Schule H.             und Arbeitsbuch. Schwalbach/Ts., 4.
und Schüler zu konzipieren und durchzu-      3/2014, S. 22 – 23                           Aufl.
führen. Auch im Beitrag von Tobias Milew-    Beutel, Wolfgang (2013): Demokratie er-      Rump-Räuber, Michael (2017): Demokra-
ski steht die Weiterentwicklung des Un-      fahren. Frankfurt                            tielernen ist die beste Prävention. In: PÄ-
terrichts im Vordergrund. An dieser be-      Beutel, Wolfgang (2016): Demokratiepäd-      DAGOGIK H. 10/2017, S. 20 – 23
rufsbildenden Schule nehmen die Schü-        agogik als Querschnittsaufgabe aktuel-       17. Shell Jugendstudie: Jugend 2015.
lerinnen und Schüler ihr Verständnis von     ler Schulentwicklung. In: DDS – Die Deut-    URL: https://www.shell.de/ueber-uns/
gutem Unterricht in den Blick. Auf die-      sche Schule H. 3/2016, S.226 – 238           die-shell-jugendstudie/jugend-und-po-
ser Grundlage konzipieren die Junger-        Beutel, Wolfgang/Fauser, Peter (2013):       litik.html (Zugriffdatum: 27.01.2018)
wachsenen mit externer Unterstützung         Demokratisch handeln und Demokra-            Welniak, Christian/Grammes, Tilman
eine Lehrerfortbildung und führen die-       tielernen als schulpädagogisches Prob-       (2012): Politische Erziehung. In: Uwe
se durch. Der Austausch auf »Augenhö-        lem. Pädagogische Grundlagen, Konzept        Sandfuchs u. a.: Handbuch Erziehung.
he« hat das Selbstverständnis der Lehr-      und Erfahrungen des Förderprogramms          Bad Heilbrunn
kräfte und der Jungerwachsenen verän-        Demokratisch Handeln. In: Dies. (Hg.):       Weyers, Stefan: Historische Modelle de-
dert: Unterricht wird inzwischen stärker     Demokratie erfahren. Analysen, Berich-       mokratischer Erziehung (2017). In: Ge-
als gemeinsames Anliegen verstanden.         te und Anstöße aus dem Wettbewerb            meinsam Lernen H. 4/2017, S. 16 – 22
  Zum Abschluss wird in einem Interview      »Förderprogramm Demokratisch Han-
mit Christian Welinak, der im erweiter-      deln« Schwalbach/Ts., S. 35 – 131
ten Vorstand der Deutschen Gesellschaft      Beutel, Wolfgang/Fauser, Peter/Radema-
für Demokratiepädagogik (DeGeDe) tä-         cher, Helmolt (2012): Demokratiepädago-
tig ist, deutlich, wie durch das Bündnis     gik. In: Dies. (Hg.): Jahrbuch Demokratie-      Christoph Berens ist tätig im Landesinstitut für
»Bildung für eine demokratische Gesell-      pädagogik 2012: Aufgabe für Schule und          Lehrerbildung und Schulentwicklung, Hamburg
schaft« eine flächendeckende und nach-       Jugendbildung. Schwalbach/Ts., S. 17 – 38             (LI), Abteilung Fortbildung und zuständig
haltige Verankerung der Demokratiepäd-       Edelstein, W. (2007): Grundlagen der De-             für Demokratiepädagogik, Projektdidaktik,
agogik in Bildungsinstitutionen erreicht     mokratiepädagogik. Berlin                        Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit,
werden soll.                                 Edelstein, Wolfgang/Frank, Susanne/Sliw-                     Wettbewerb Demokratisch Handeln.
                                             ka, Anne (Hg.) (2009): Praxisbuch Demo-
Literatur                                    kratiepädagogik. Sechs Bausteine für die               Beate Proll leitet die Abteilung Beratung
Arendt, Hannah (1993): Was ist Politik?      Unterrichtsgestaltung und den Schulall-                – Vielfalt, Gesundheit und Prävention im
München/Zürich                               tag. Weinheim/Basel                                        Landesinstitut für Lehrerbildung und
Berens, Christoph (2014): Schule ist doch    de Haan, Gerhard/Edelstein, Wolfgang/Ei-                                    Schulentwicklung (LI).
kein Parlament! Nein, sie ist viel mehr:     kel, Angelika (Hg.) (2007): Qualitätsrah-                    Felix-Dahn-Str. 3, 20357 Hamburg
Schule ist ein Ort, Demokratie zu (er)le­-   men Demokratiepädagogik. Weinheim                              christoph.berens@li-hamburg.de
                                                                                                                   beate.proll@li-hamburg.de

Hamburg macht Schule 1|2018
                                                                                                                                               9
Thema

              Im Kinderrat Entscheidungen
Grundschule

              mitgestalten
              Rituale – Aufträge – Strukturen
                                                            wächter sein?«, fragt Frau Buckow. »Wer      tagessen aus ihrer Sicht gut klappt und
               In der Louise Schröder Schule ist            übernimmt das Amt des Wahlhelfers?«,         wie der Ablauf noch verbessert werden
               der Kinderrat fest etabliert. Dazu           ergänzt Frau Herre. Sofort finden sich       kann. Den Restaurantbetrieb in der Men-
               gibt es klare Abläufe; die Kinder wis-       Freiwillige. »Welche neuen Themen gibt       sa gibt es an der Louise Schroeder Schu-
               sen, wie sie ihre Themen einbringen          es?« Eren schaut in sein Kinderratsheft,     le erst seit Beginn des Schuljahres. Vor-
               können. Die Lehrkräfte unterstüt-            ob er etwas aufgeschrieben hat. Der Er-      her haben die Schülerinnen und Schüler
               zen sie dabei. Wer darf mitmachen?           zählstab wandert durch die Runde und ei-     zu festen Zeiten im Klassenverband ge-
               Wie wird erreicht, dass Kinder an            nige Schülerinnen und Schüler berichten      gessen. Deshalb sollen die Klassenspre-
               der Sache ausgerichtet miteinan-             von Themen, die im Klassenrat bespro-        cherinnen und Klassensprecher bis zur
               der diskutieren? Welche Bedeutung            chen wurden und an den Kinderrat über-       nächsten Sitzung in ihrem Klassenrat
                                                            geben werden sollten. Die beiden Lehre-      fragen, was den Kindern am Restaurant-
               haben dabei die Muggelsteine? Wie
                                                            rinnen schreiben die Themenvorschläge        betrieb gefällt und welche Veränderun-
               setzen sich Erwachsene mit den An-
                                                            auf Moderationskarten und legen sie in       gen sie sich noch wünschen.
               liegen der Schülerinnen und Schüler          die Kreismitte. Heute kommen die The-          Jetzt kommen die zwei Kinder von der
               ausein­ander? Wie wird der Kinder-           men »das abgesperrte Holzhaus auf dem        Schulleiterin zurück und berichten, was
               rat wahrgenommen?                            Schulhof«, »Spaßkämpfe«, »Pausenauf-         diese zur Reparatur des Holzhauses zu
                                                            sichten« und »verschmutzte Klos« neu         sagen hatte. »Frau Renz hat schon einen
              Es ist Freitag 12.45 Uhr und die Klas-        dazu. Jedes Kind erhält ein Muggelstein-     Brief geschrieben und demnächst kommt
              sensprecherinnen und Klassensprecher          chen und legt es auf die Karte, dessen       jemand, um zu gucken, ob das Holzhaus
              der Louise Schroeder Schule sind auf dem      Thema es am wichtigsten findet. Kaum         wirklich repariert werden muss.« Die ers-
              Weg in die Schulbücherei. Hier findet ein-    haben alle Kinder ihre Muggelsteinchen       ten Schülerinnen und Schüler notieren
              mal im Monat der Kinderrat statt. »Hallo      gelegt, beginnen die Wahlhelfer mit dem      die Information in ihrem Kinderratsheft.
              David, hier ist dein Namensschild.«, be-      Abzählen der Steinchen. Die meisten Kin-     Hier werden alle wichtigen besproche-
              grüßt ihn Frau Herre. »Hast du dich schon     der haben für das abgesperrte Holzhaus       nen Inhalte festgehalten, damit die Kin-
              in die Anwesenheitsliste eingetragen?«,       auf dem Schulhof gestimmt. Viele Kinder      der sie bis zum nächsten Klassenrat er-
              fragt Frau Buckow. Die ersten Schülerin-      haben sich gefragt, warum das Holzhaus       innern. »Ich weiß nicht, wie ich das auf-
              nen und Schüler nehmen sich Sitzkissen        schon so lange abgesperrt ist und wann       schreiben soll.«, sagt Jakob. »Dann helfe
              und bilden einen Sitzkreis. »Wo sind ei-      es endlich wieder benutzt werden darf.       ich dir.«, bietet David aus der 4. Klasse
              gentlich die Kinder aus der Klasse 3c?«       Nach einem gemeinsamen Austausch             an. Der Zeitwächter erinnert daran, dass
              Ratloses Gemurmel. »Ich kann schnell          entscheiden die Schülerinnen und Schüler,    die Sitzung gleich vorbei ist. Da es kei-
              nachschauen gehen.«, bietet Mia an.           dass nun zwei von ihnen zu der Schulleite-   ne weiteren Fragen oder Anliegen gibt,
              Währenddessen geben die ersten Klas-          rin Frau Renz gehen und nachfragen wer-      verabschieden sich Frau Herre und Frau
              sensprecherinnen und Klassensprecher          den. Gemeinsam wird entschieden, dass        Buckow von den Kindern und diese ge-
              ihre Rückmeldungen zur Ferienbetreuung        das Thema mit den zweitmeisten Stim-         hen zurück in ihre Klassen.
              ab. Sie haben im Klassenrat über die letzte   men auf der nächsten Kinderratssitzung
              Ferienbetreuung gesprochen und Lob so-        ausgiebig besprochen wird.                   Feste Strukturen –
              wie Verbesserungsvorschläge gesammelt.                                                     Formate weiterentwickeln
              Diese Rückmeldungen werden Frau Herre         Aufträge werden geklärt                      Der Kinderrat an der Louise Schroeder
              und Frau Buckow an die für die kommen-        Die beiden Lehrerinnen haben noch ei-        Schule hat eine lange Tradition und be-
              de Ferienplanung verantwortlichen Perso-      nen Auftrag, den die Klassensprecherin-      steht bereits seit vielen Jahren. Er wur-
              nen weiterleiten.                             nen und Klassensprecher mit zurück in        de 2015 vom Förderprogramm »Demo-
                                                            ihre Klassen nehmen sollen. Da die Kö-       kratisch Handeln« ausgezeichnet und zur
              Ritualisierter Ablauf – der Erzähl-           chin der Schule heute nicht persönlich       Lernstatt Demokratie nach Tutzing einge-
              stab wandert durch die Runde                  zur Sitzung kommen kann, übermitteln         laden. Die beiden Lehrerinnen haben den
              Als alle da sind, geht es richtig los. »Wer   beide ihr Anliegen. Die Köchin gibt re-      Kinderrat zu Beginn dieses Schuljahres
              möchte heute Ruhewächter und Zeit-            gelmäßig Rückmeldungen, was beim Mit-        übernommen. Seitdem verläuft er ritu-

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Demokratie

                                                                                                                                               Grundschule
alisiert nach dem oben beschriebenen
Gesprächsablauf. Zurzeit ist die Leitung
noch lehrerzentriert. Dies wollen sie im
zweiten Halbjahr ändern und die Leitung
in Schülerhand legen. Ein weiteres Projekt
wird sein, den bereits bestehenden Schul-
postkasten zu reaktivieren. Hier können
alle Schülerinnen und Schüler ihre Anlie-
gen an den Kinderrat herantragen. Außer-
dem werden ab dem zweiten Schulhalb-
jahr auch die Klassensprecherinnen und
Klassensprecher des ersten Jahrgangs
am Kinderrat teilnehmen. Bis dahin ha-
ben auch sie ein Mädchen und einen Jun-
gen gewählt, die sie in diesem Gremium
vertreten. Außerdem werden zwei Stell-
vertreter gewählt, falls eine Klassenspre-
cherin oder ein Klassensprecher einmal
krank ist. Dieses Amt wird innerhalb
der vier Jahre in den Klassen mehrmals
neu gewählt, damit möglichst viele Kin-
der die Möglichkeit bekommen, es aus-                                                                  Abb. 1: Der Kinderrat bei der Arbeit
zuüben. Die Erstklässlerinnen und Erst-
klässler freuen sich bereits auf die Teil-     tigt wurden. »Ich finde toll, dass wir The-   sichten« besprochen. Viele Kinder haben
nahme am Kinderrat. »Mein Bruder stand         men besprechen, die alle angehen, und die     berichtet, dass sie Probleme hätten, die
mit mir vor dem Schaukasten. Ihn würde         Kinder entscheiden.« (Greta) Zum Restau-      Aufsichten auf dem Schulhof zu finden.
das hier auch interessieren.« (Matthias)       rantbetrieb wurde positiv zurückgemel-        Eine weitere Schwierigkeit bestehe darin,
                                               det, dass sich viele Kinder freuen, selbst    die Erzieherinnen bzw. Erzieher, die Auf-
Themen der Schülerinnen und                    entscheiden zu können, wann sie zum Es-       sicht haben, von den Schulbegleitern zu
Schüler ernst nehmen                           sen gehen und neben wem sie sitzen. Kri-      unterscheiden, die nur für die Begleitung
Die Demokratieerziehung und Mitbestim-         tisiert wurde, dass manche Kinder ihr Ge-     einzelner Kinder auf dem Hof zuständig
mung der Schülerinnen und Schüler fin-         schirr und Besteck nicht abräumen.            sind. Aus diesem Grund wurde das Anlie-
det auf verschiedenen Ebenen statt. In                                                       gen »Warnwesten für die Hof­aufsichten«
dem einmal wöchentlich stattfindenden          Miteinander diskutieren                       an die Lehrkräftekonferenz herangetra-
Klassenrat besprechen die Schülerinnen         Im Kinderrat wird auch die kommunika-         gen. Dieses Thema wird von einigen Kol-
und Schüler Themen, die sie bewegen            tive Kompetenz der Schülerinnen und           leginnen und Kollegen kritisch gesehen.
und sammeln gemeinsame Lösungsvor-             Schüler geschult. Sie trauen sich, ihr        Durch den Wunsch des Kinderrates wur-
schläge für Probleme. Sind sie der Mei-        Thema vor den anderen Teilnehmern und         de jedoch allen deutlich, wie groß die Nöte
nung, dass ein Thema für alle Kinder der       Teilnehmerinnen einzubringen, es genau        der Kinder sind. Außerdem stimmte das
Schule wichtig ist oder sie dieses nicht       zu erklären und zu begründen. Sie müs-        Kollegium mehrheitlich dafür, um zu zei-
alleine in der Klasse klären können, brin-     sen sich gegenseitig zuhören und lernen,      gen, dass sie den Wunsch der Kinder ernst
gen ihre Klassensprecher dies im Kinder-       Diskussionen zu führen. Dabei verglei-        nehmen. »Ich finde den Kinderrat gut, weil
rat ein. »Ich finde den Kinderrat toll, weil   chen sie ihren Standpunkt mit den Sicht-      man Dinge zum Schönen verändert.« (De-
man Sachen besprechen kann, die für alle       weisen der anderen. Des Weiteren über-        jan) »Die Kinder können sagen, was sie
wichtig sind, nicht nur für die eigene Klas-   nehmen sie Verantwortung für die Anlie-       möchten, und nicht nur die Lehrer ent-
se.« (Peter) »Man schließt niemanden aus,      gen ihrer Klasse. »Die Kinder können was      scheiden.« (Milena) Durch den Kinderrat
weil Klassen auch miteinander Dinge be-        gemeinsam besprechen und man muss             an der Louise Schroeder Schule lernen die
sprechen können.« (Su) Durch diese Er-         nicht zum Lehrer gehen und der vergisst       Kinder demokratische Mitbestimmung.
fahrungen merken sie, dass ihre Themen         es dann.« (Mia)
in der Schule ernst genommen werden.              Langfristig bietet der Kinderrat die                Christine Buckow und Johanna Herre sind
In der Sitzung nach den Herbstferien er-       Möglichkeit, das Schulleben mitzugestal-         Lehrerinnen an der Louise Schroeder Schule und
zählten beispielsweise viele Kinder, dass      ten und an schulischen Entscheidungs-                             leiten den Kinderrat seit Beginn
sie mit dem Ferienprogramm zufrieden           prozessen beteiligt zu sein. So wurde                                           dieses Schuljahres.
waren und es gut fanden, dass ihre Rück-       beispielsweise in der folgenden Sitzung                       Thedestraße 100, 22767 Hamburg
meldungen und Vorschläge berücksich-           des Kinderrates das Thema »Pausenauf-                          johanna.herre@louise.hamburg.de
                                                                                                           christine.buckow@louise.hamburg.de

Hamburg macht Schule 1|2018
                                                                                                                                               11
Thema

              Demokratische Schulentwicklung
Grundschule

              Was zeichnet eine Preisträgerschule aus?
                                                           – insbesondere auch das Ziel, einen Aus-      Partizipation. Durch unsere Strukturen
               Die Schule Grumbrechtstraße ist
                                                            tausch zwischen Schulen sowie anderen        üben die Kinder sich täglich in Konfliktfä-
               eine sechsjährige Grundschule mit            Akteuren zu stärken und so die Schulent-     higkeit und erleben in der Streitklärung
               jahrgangsübergreifenden          Lern-       wicklung an Schulen zu fördern. Mehr In-     die Übernahme anderer Perspektiven. So
               gruppen. Am 14. November 2017                formationen zum Preis erhalten Sie un-       erlernen sie in gemeinsamen Prozessen,
                                                            ter: www.demokratieerleben.de/derpreis.      ihre eigene Meinung zu entwickeln, dar-
               erhielt sie in Berlin den »Preis für
                                                                                                         aufhin fundierte Entscheidungen zu tref-
               demokratische Schulentwicklung«.            Wer sind wir? Wie arbeiten wir?               fen und diese kritisch zu reflektieren.
               Was ist der Rahmen, was sind die            Von der Vorschule bis zur Jahrgangsstu-
                                                           fe 6 sind wir bemüht, die unterschiedli-      Klassenrat einer 3./4. Klasse
               Orte für Beteiligung? Welche inhalt-
                                                           chen Interessen und Bedürfnisse unserer       »Wollt ihr einen Elektrotag – das ist ein
               lichen Möglichkeiten der Beteiligung        Schülerinnen und Schüler mit einzube-         Tag im Schuljahr, an dem elektronische
               gibt es? Wie wird die Beteiligungs-         ziehen und wertzuschätzen. Seit einigen       Geräte von zu Hause mitgebracht wer-
               kultur entwickelt? Wie wird erreicht,       Jahren arbeitet die Schule im Schullabor      den dürfen – an der Schule machen?«,
                                                           »Inklusives Lernen« daran, schülerorien-      fragt Antonia in die Runde. »Ich finde
               dass sich alle mit der Schule identi-
                                                           tierte Lernsettings zu entwickeln, die auf    es gut, dann kann ich den ganzen Tag
               fizieren?                                   die vielfältigen Bedürfnisse unserer he-      mit meinem Handy spielen«, antwortet
                                                           terogenen Schülerschaft eingehen und          Besar. »Aber es gibt auch viele Kinder,
              Auf der großen Empfangstreppe der            diese so bestmöglich fördern und fordern.     die gar kein Handy besitzen. Das ist un-
              Heinrich-Böll-Stiftung stehen vier Mäd-      Dies ist auch ein Teil des Schulversuchs      fair«, mischt sich Leah ein. Der Klassen-
              chen. Etwa 25 Erwachsene lauschen ge-        sechsjährige Grundschule, an dem wir als      rat wird von den Lerngruppenspreche-
              spannt, wie die ehemaligen Schulspre-        eine von vier Hamburger Schulen teilneh-      rinnen und Lerngruppensprechern mo-
              cherinnen der Schule Grumbrechtstra-         men. Der Unterricht wird von multipro-        deriert und findet wöchentlich statt. Die
              ße die Arbeit des Schülerparlaments er-      fessionellen Teams begleitet und gliedert     Kinder haben den Auftrag vom Schüler-
              klären. Immer mutiger werden sie in ih-      sich an unserer Schule in freie Lernzeiten,   parlament bekommen, sich zu dem The-
              ren Ausführungen und die begleitenden        einen differenzierten Basis­unterricht, in    ma »Elektrotag« Gedanken zu machen.
              Pädagoginnen und Pädagogen sind stolz,       Projektunterricht, in dem die Schüler und     Das Schülerparlament setzt sich aus al-
              wie die Mädchen die Erwachsenen durch        Schülerinnen die Themen mitbestimmen,         len Sprecherinnen und Sprechern der
              den offenen Workshop zum 3. Tag der          und Angebote im Rahmen des Ganztags-          Lerngruppen der gesamten Schule so-
              Demokratie leiten. Vor wenigen Monaten       unterrichts.                                  wie unseren Schulsprecherinnen zusam-
              hätten wir uns kaum vorstellen können,                                                     men, die im Vorfeld die Themen festle-
              dass unsere Schule Preisträgerschule         Partizipation –                               gen und moderieren, und findet ca. alle
              des Preises für demokratische Schulent-      demokratische Kompetenzen                     sechs Wochen statt. Die Idee des »Elek-
              wicklung werden würde. Und nun durf-         Das Ziel, demokratiebezogene Kompe-           trotags« entstand bei den sogenannten
              ten wir die Ehrung für den 2. Platz in der   tenzen in der Grundschule zu fördern,         Lerngruppensprecher-Blocktagen, bei
              Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin in Emp-     schien uns vor dem Schreiben der Be-          denen sich das Schülerparlament für drei
              fang nehmen!                                 werbung sehr komplex. Dennoch wur-            Tage in den Räumlichkeiten des benach-
                                                           de schnell klar, dass an unserer Schule       barten Jugendclubs trifft, um über Be-
              Qualitätsstandards der                       die Ausbildung wichtiger demokratischer       lange der Schule zu sprechen.
              Demokratiepädagogik                          Kompetenzen bereits gelebt wird, ohne            Die Schülerinnen und Schüler lernen an
              Seit 2015 verleiht die Deutsche Gesell-      dass diese direkt benannt werden. Eltern,     diesen Tagen, welche Gremien es an der
              schaft für Demokratiepädagogik e. V. den     Schülerinnen und Schüler sowie Päda-          Schule gibt. Sie beschäftigen sich darü-
              DemokratieErleben-Preis für demokrati-       goginnen und Pädagogen bekommen an            ber hinaus damit, welche Arten von Mit-
              sche Schulentwicklung. Anhand der vier       unterschiedlichen Stellen die Möglichkeit,    bestimmung es gibt. Sie lernen weiterhin
              Qualitätsstandards, die eine Demokratie-     an Entscheidungen mitzuwirken.                ihre Kinderrechte kennen und sammeln
              pädagogik charakterisieren, wird dabei         In Klassenrat, Schülerparlament, im         Themen, die sie im Laufe des Schuljah-
              die Auswahl getroffen: Partizipation, In-    Unterricht oder als ausgebildete Streit­      res umsetzen wollen. Nach den Block-
              klusion, Diversität und Kinderrechte. Der    schlich­terinnen und Streitschlichter be-     tagen stehen für dieses Schuljahr ein
              Preis hat – neben der Ehrung der Schulen     gegnen den Kindern Möglichkeiten der          »Elektro-Tag«, eine »Übernachtung in der

 12                                                                                                                     Hamburg macht Schule 1|2018
Foto: Marius Klemm

                                                                                                                                                                           Grundschule
                                                   Abb. 1: Preisverleihung in Berlin. Die Schule Grumbrechtstraße erhält den »Preis für demokratische Schulentwicklung«.

                     Schule«, ein »Spendenlauf« und eine »Os-      nation der 5./6. Jahrgangsstufe, Stunden-           litikern in Berlin geht es da auch nicht an-
                     ter-Aktion mit Verstecken von Schokola-       plan, Stadtteilkooperation und Sicherheit           ders. Nur aufgeben darf man nicht, auch
                     de« fest. Ob diese Ideen tatsächlich um-      an den Themen der Schule, um möglichst              wenn mal etwas nicht umgesetzt wird
                     gesetzt werden können, wird sich zeigen.      viele unterschiedliche Gesichtspunkte zu            oder das Interesse und die Motivation
                     Denn dafür braucht es die Bereitschaft        beleuchten.                                         nicht so deutlich sind, wie man sich das
                     der Kinder, die Planung zu gestalten. Re-       Auch die Elternarbeit und -mitarbeit ist          vielleicht wünscht.« Denn wir glauben,
                     gelmäßig treffen sich interessierte Kinder    für uns an der Schule ein wichtiger Be-             dass es sich lohnt, diese Zeit zu inves-
                     in Arbeitsgruppen, um die Ideen weiterzu-     standteil. Wir profitieren von den Eltern,          tieren, da so im besten Fall Streitpunk-
                     entwickeln. Auch Eltern haben sich bereit     um uns weiterzuentwickeln und unseren               te ausgetragen und gemeinsame Lösun-
                     erklärt, an einzelnen Themen mitzuwirken.     Alltag zu entlasten. Unsere Eltern brin-            gen gefunden werden können. Von der
                        Die Schülerinnen und Schüler haben         gen sich aktiv im Elternrat, der Schulkon-          Beteiligungskultur versprechen wir uns,
                     aber auch an weiteren Stellen die Ge-         ferenz, bei Schul- und Stadtteilaktionen,           dass sich alle in stärkerem Maße mit der
                     legenheit mitzubestimmen. So wird für         im Schulverein sowie in Arbeitsgruppen              Schule identifizieren. Wir wollen unsere
                     unsere Schulkonferenzen inzwischen            der Schule ein und identifizieren sich so           Schülerinnen und Schüler in ihren Inter-
                     ein Zeitfenster für Nachfragen und Vor-       mit der Schule und unserem Konzept.                 essen sowie in ihrer Sicht auf die Lebens-
                     schläge der gewählten Schülerinnen und          Aber auch die aktive Mitbestimmung                welt ernst nehmen und so ihre Selbst-
                     Schüler eingeplant.                           durch die Pädagoginnen und Pädago-                  wirksamkeitserwartung steigern. Die Ar-
                                                                   gen ist an unserer Schule eine Selbst-              beit an unserer Schule sehen wir als klei-
                     Erweiterte Schulleitung, Eltern               verständlichkeit. So gestaltet unser Kol-           nen Anfang für mehr Mitbestimmung, an
                     und Pädagoginnen und Pädagogen                legium die Schulentwicklung in Zusam-               dem wir unbedingt weiter arbeiten wol-
                     An Schulen gibt es selbstverständlich         menarbeit mit externen Impulsen weiter.             len und wir freuen uns, dass wir durch
                     auch Themen, die von den Schülerinnen         Aber auch innerhalb der Schule unter-               die Preisverleihung viele Kontakte knüp-
                     und Schülern nicht selbstverantwortlich       stützen unsere Pädagoginnen und Päda­               fen konnten, die uns dabei behilflich sind.
                     entschieden werden können. »Wie soll die      gogen durch Fach- und Teamvertreter-
                     neue Rhythmisierung des Ganztags ablau-       treffen, den Personalrat oder durch die                    Anina Kleier arbeitet seit 2009 an der Schule
                     fen?« oder »Wann sollen die Essenspau-        Mitwirkung in der Schulkonferenz.                              Grumbrechtstraße. Sie ist Klassenlehrerin,
                     sen sein?« Aber dennoch werden die Kin-                                                                 zuständig für die Stadtteilkooperation und das
                     der zu solchen Themen befragt. Das Er-        Gelebte Mitbestimmung –                                                          Schülerparlament sowie
                     gebnis wird in die Sitzung der Erweiter-      nur scheinbar mehr Arbeit                                          Mitglied der erweiterten Schulleitung.
                     ten Schulleitung (ESL) mitgenommen. Die       Unsere Beobachtungen zur Mitbestim-                             beratung@schule-grumbrechtstrasse.de
                     ESL ist aus unterschiedlichen Mitgliedern     mung zeigen: Werden die verschiedenen
                                                                                                                                     Ronja Dietschmann (B.Sc. Umwelt- und
                     des Kollegiums zusammengesetzt. Neben         Akteure der Schule in Entscheidungspro-
                                                                                                                            Bildungswissenschaften) arbeitet von 2016 bis
                     der Schulleitung und der Stellvertreten-      zesse einbezogen, ist dies zeitaufwän-
                                                                                                                            2018 über die Bildungsorganisation Teach First
                     den Schulleitung arbeiten hier außerdem       dig. »Demokratie ist anstrengend«, äu-
                                                                                                                                        Deutschland als sogenannter Fellow
                     die Beauftragten für Inklusion, Förderung,    ßern sich die unterstützenden Pädago-
                                                                                                                                           an der Schule Grumbrechtstraße.
                     Unterrichtsentwicklung Ganztag, Koordi-       ginnen, »aber den Politikerinnen und Po-
                                                                                                                                     Grumbrechtstraße 63, 21075 Hamburg
                                                                                                                          ronja.dietschmann@schule-grumbrechtstrasse.de

                     Hamburg macht Schule 1|2018
                                                                                                                                                                           13
Thema

            Kommunale
Gymnasium

            Entscheidungsprozesse I
            Das Projekt »Tempo 30-Zone«
                                                            nommen. Die Planung sollte 2017 be-          Wir verschaffen uns ein Bild
             Kommunalpolitik bietet vielfältige
                                                            ginnen. In einer Tempo 30-Zone – im Ge-
             Möglichkeiten für Beteiligung. Ein             gensatz zur bestehenden Geschwindig-         Die Schülerinnen und Schüler des Wahl-
             Wahlpflichtkurs entscheidet sich               keitsbeschränkung auf Tempo 30 – wür-        pflichtkurs Demokratisch Handeln der
                                                            den allerdings viele sicherheitsrelevante    Jahrgänge 8 – 10 haben sich daher in ei-
             für eine Auseinandersetzung mit
                                                            Einrichtungen wie Verkehrsampeln oder        ner gemeinsamen Arbeitsgruppe mit der
             dem Thema »Verkehrssicherheit                  Radwege wegfallen. Ein Mitglied des El-      Schulleitung, dem Schülerrat und dem
             auf dem Schulweg«. Wie wird eine               ternrats suchte nach Rücksprache mit         Elternrat entschlossen, aktiv gegen die
                                                            der verantwortlichen Lehrerin den De-        Umplanung ihrer Schulstraße vorzu-
             Bewertung der geplanten ver-                   mokratisch Handeln-Kurs der Mittelstu-       gehen. Nachdem die Schülerinnen und
             kehrspolitischen Maßnahme erar-                fe auf und informierte die Schülerinnen      Schüler sich ein Bild bezüglich der Kon-
                                                            und Schüler über die bevorstehenden          sequenzen einer Tempo 30-Zone ge-
             beitet? Wie wird die Sitzung des
                                                            Änderungen an ihrer Schulstraße.             macht hatten und den Handlungsbedarf
             kommunalen Verkehrsausschus-                                                                erkannten, diskutierten wir im Kurs in
             ses vorbereitet? Welche Auswir-
                                                            Der Namensgeber steht                        Anbindung an das Curriculum des Faches
                                                            für Engagement                               PGW den politischen Prozess einer Um-
             kungen haben die Aktivitäten für
                                                             In die zwei Demokratisch Handeln Kurse      strukturierung der Straße zu einer Tem-
             die schulinterne Kommunikation?                 unserer Schule können sich die Schüle-      po 30-Zone sowie politische Partizipati-
                                                             rinnen und Schüler der Mittelstufe (Jahr-   onsmöglichkeiten auf kommunaler Ebe-
            Durch einen Hinweis des örtlichen Poli-          gang 8 – 10) sowie der Studienstufe         ne. Größtenteils außerhalb ihrer Unter-
            zeikommissariats erfuhren wir 2016 auf           (S1 – S4) im Rahmen des Wahlpflichtbe-      richtszeit führten die Jugendlichen Ver-
            dem jährlichen Treffen der Anrainer un-          reichs einwählen. Sie widmen sich dort      kehrszählungen an verschiedenen Punk-
            seres Campusgeländes – dies sind neben           in enger Kooperation mit der »You:sful      ten rund um die Schule durch und be-
            unserem Gymnasium noch eine Grund-              – Lernen durch Engagement« der Bür-          fragten im großen Rahmen Schülerinnen
            schule, eine Kindertagesstätte, ein Kin-         gerStiftung Hamburg sozialen Projek-        und Schüler zu ihrer Einschätzung der
            derhort sowie ein Haus der Jugend – von          ten. Diese können das Verantwortungs-       Verkehrssicherheit. Sie verfolgten da-
            einer anstehenden Verkehrsplanung. Seit          bewusstsein der Jugendlichen für unsere     mit das Ziel, den Verkehrsausschuss auf
            1983 verfolgt die Freie und Hansestadt           Gesellschaft nachhaltig stärken und ih-     die ohnehin rege Verkehrssituation hin-
            Hamburg den kontinuierlichen Ausbau              nen in diesem Kontext die Erfahrung von     zuweisen, welche durch eine Umstruk-
            des Tempo 30-Konzepts zur Verlangsa-             Selbstwirksamkeit ermöglichen. Auch         turierung zu einer Tempo 30-Zone noch
                                                             im Sinne unseres pädagogischen Auf-         »chaotischer« würde. Die Ergebnisse die-
   »Toll, dass ihr den Mut gefunden habt, euch mit           trags durch den Namensgeber Carl von        ser Analyse bzw. Umfrage reichten wir
   eurem Anliegen an uns zu wenden und eure                  Ossietzky sowie als eine von 15 Club of     beim Verkehrsausschuss Wandsbek ein,
   Meinung hier vorzubringen. Das ist genau das              Rome-Schulen setzten wir uns im beson-      welcher uns wiederum zur Sitzung des
   bürgerliche Engagement, das wir uns immer                 deren Maße dafür ein, dass Schülerinnen     Ausschusses im Juni 2017 einlud.
   gewünscht haben. Zudem hat eure Eingabe                   und Schüler als junge Weltenbürger ler-
   (Beschwerde in schriftlicher Form) eine überzeu-          nen, sich in komplexen Kontexten zu ori-    Auf in den Verkehrsausschuss
   gende Qualität, die wir nicht häufig vorfinden.«          entieren, globale und lokale Entwicklun-    Zur Vorbereitung führten die Schülerin-
                 Ein Abgeordneter des Verkehrsausschusses    gen zu deuten und sich mutig, kreativ       nen und Schüler im Kurs eine Simulati-
                                                             und tatkräftig in Entscheidungsprozes-      on des Verkehrsausschusses zu unserem
            mung des Verkehrs in Wohngebieten. Der           se einbringen. Zudem zeichnet sich un-      Thema durch. Durch die Übernahme ver-
            Hamburger Senat beschloss 2011 einen             sere Schule durch eine enge und vertrau-    schiedener Rollen (z. B. Polizei, Schullei-
            signifikanten Ausbau der Tempo 30-Zo-            ensvolle Zusammenarbeit unserer sehr        tung, HVV usw.) gelang es ihnen, Argu-
            nen. Unsere Schulstraße, der Müssenred-          aktiven Schüler- und Elternschaft mit       mente aller Interessensgruppen zu antizi-
            der, wurde daraufhin in die Planungslis-         dem Lehrerkollegium und dem Schullei-       pieren und sich entsprechend argumenta-
            te des Bezirksamts Wandsbek aufge-               tungsteam aus.                              tiv darauf vorzubereiten. Im Verkehrsaus-

14                                                                                                                      Hamburg macht Schule 1|2018
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