Hamburg macht Schule Demokratie Heft 1/2018 30. Jahrgang Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte - Hamburg.de
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Hamburg macht Schule Heft 1/2018 • 30. Jahrgang • Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte Demokratie BSB Info: 7 Handlungsfelder der »Neuen Autorität« | Prof. R. Lehberger: 20 Jahre Hamburger Schulpolitik PÄDAGOGISCHE BEITRÄGE VERLAG
HAMBURGER LEHRER-FEUERKASSE Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gegründet 1897 Die preisgünstige Hausratversicherung im Großraum Hamburg für alle pädagogisch Tätigen sowie deren Angehörige Wir versichern Ihren Hausrat zu 1,20 € je 1.000 € Versicherungssumme (inkl. Versicherungssteuer) unverändert seit 1996. 2017 und 2018 haben unsere Mitglieder eine Beitragsrückerstattung von 10 % erhalten. Ihr Hausrat ist gegen Schäden durch Brand, Explosion, Implosion, Blitzschlag und Überspannung, Einbruchdiebstahl, Raub, Leitungswasser, Sturm, Hagel, Glasbruch (Einfachverglasung) versichert. Außerdem u. a. beitragsfrei eingeschlossen: Hotelkosten bis zu 100 Tagen, Diebstahl von Hausrat aus Krankenzimmern und Kraftfahrzeugen, Diebstahl von Fahrrädern und Kinderwagen bis 260 €. Fahrräder bis 3.000 € (6.000 € bei zwei Rädern) können gesondert versichert werden. Zusätzlich versichern wir Ihre Ferienwohnung ebenfalls zu 1,20 € je 1.000 € Versicherungssumme. Die HLF verzichtet auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit bei Schäden bis 5.000 €. Informationen und Unterlagen bitte anfordern unter: 040 333 505 14 (Tobias Mittag) 040 796 128 25 (Georg Plicht) 040 679 571 93 (Sibylle Brockmann) www.h-l-f.de (mit Prämienrechner) - info@h-l-f.de Schul-Organisation Hamburger Lehrer-Feuerkasse Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit · Gegründet 1897 Klausurbogen kariert, liniert, Einladung zur Mitgliederversammlung verschiedene Freitag, 06. April 2018 · Beginn: 17.30 Uhr Farben, mit Schul- Tagungsort: Curio-Haus, hinteres Gebäude eindruck – Tagesordnung nie wieder Stempeln. 1. Jahresbericht 2017 4. Wahlen Bei uns erhältlich! 2. Vorlage der Jahresrechnung a) Wahl des 2. Vorsitzenden 2017 b) Wahl von 2 Rechnungs- www.schulorganisation.com 3. Bericht der Rechnungsprüfer prüfern Entlastung des Vorstandes 5. Verschiedenes Abitur und dann? Hier ein Kompetenztest, da eine Beratung zur beruflichen Orientierung, Praktika, erste Joberfahrung … Oft zeigt sich trotz all dieser Orientierungshilfen kein konkretes Ziel. Wir bieten spannende und effektive Workshops zur beruflichen Zielfindung. Time4future ist ein Workshopangebot für Abiturienten*innen, damit sie sicher und selbstbestimmt den nächsten Berufs- oder Bildungsschritt gehen können. 2 tägig, in Hamburg und Kiel, max. 12 Teilnehmer*innen, 2 Coaches für 480,00 € zzgl MWSt. Weitere Informationen unter www.lefelmann-schwenn.com oder www.weiterkommen.hamburg. Nehmen Sie Kontakt auf, wir beraten Sie gerne. Ute Lefelmann-Petersen 04 31 2 05 99 33 und Frauke Müller 01 75 9 61 37 42 team4future
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, in Zeiten, in denen weltweit politische Super-Egos die abendlichen Nachrichten bestimmen, ist es dringlicher denn je, Schülerinnen und Schüler auf das Leben in der Demokratie vorzubereiten. Es gehört zum Bildungs- und Erziehungsauftrag, Kinder und Jugendliche mit Formen demokratischen Handelns bekannt zu machen und diese in der Schule einzuüben. Auch wenn es in der Schule nicht durchgängig um Demokratie geht, auch wenn das Lernen nicht per se demokratisch verläuft und auch wenn asymmetrische Machtverhältnisse die Schule bestimmen, so gibt es doch hinreichend Anlässe und Möglichkeiten, Partizipation und Mitbestimmung im Unterricht und Schulleben einzuüben. Demokratie als politisch verfasste Lebensform ist in der griechischen Antike und insbesondere in Athen ent- standen. Die Freiheit wurde dabei als Grundlage aller politischen Rechte und Beteiligungsformen verstanden. Die Modelle demokratischer Erziehung haben seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine wechselhafte Geschich- te durchlaufen. Spätestens seit der Reformpädagogik haben sich organisatorische Prinzipien entwickelt, die das Schulleben bis heute bestimmen. Seit John Deweys Modell der Laboratory School und Lawrence Kohl- bergs Idee der »Just Community« sind Ideen der in der Schule institutionalisierten Beteiligung im Unterricht, der Partizipation am Schulleben und der Konfliktregulierung Teil des schulischen Lebens. Im Kinderrat können sich bereits Erstklässler beteiligen (S. 10), im Klassenrat und Schülerparlament gibt es viele weitere Möglichkeiten, an Entscheidungen mitzuwirken. Streitschlichterinnen und Streitschlichter sor- gen dafür, dass die Übernahme anderer Perspektiven gelingt. Gelebte Mitbestimmung kostet zwar Zeit (S. 13), aber es lohnt sich, in diese Zeit zu investieren. »Von der Beteiligungskultur versprechen wir uns, dass sich alle in stärkerem Maße mit der Schule identifizieren. Wir wollen unsere Schülerinnen und Schüler in ihren Interes- sen sowie in ihrer Sicht auf die Lebenswelt ernst nehmen und so ihre Selbstwirksamkeitserwartung steigern.« (S. 13). Dieses Motto der Schule Grumbrechtstraße ist ermutigend und fasst die Idee einer demokratischen Schulentwicklung bestens zusammen. Der »Preis für demokratische Schulentwicklung« zeigt die Wirksamkeit dieses Konzepts. Über eine Vielfalt von Beispielen im Rahmen der schulischen Beteiligungskultur hinaus fin- den Sie in diesem Schwerpunkt auch Hinweise zur Beteiligung schulischer Akteure an kommunalen Entschei- dungsprozessen (S. 14 – 17). Und in einem Gespräch mit Christian Welniak werden langfristige Ideen vorge- stellt, wie sie im Bündnis »Bildung für eine demokratische Gesellschaft« entwickelt worden sind. Im BSB-Info wird »Neue Autorität« als pädagogischer Handlungs- und Reflexionsrahmen vorgestellt. Dabei wird nicht auf alte Mechanismen wie »Macht, Distanz, Kontrolle und Strafe« zurückgegriffen, vielmehr wer- den diese ersetzt durch »Präsenz, wachsame Sorge, Selbstkontrolle, Transparenz und Beharrlichkeit« (S. 25). Dieses Konzept wird gerade in der Berufseingangsphase mit großem Erfolg praktiziert. Demokratielernen und Neue Autorität sind keine Gegensätze, sie sind zwei Seiten einer erfolgreichen Schule und einer wertegebundenen Schulentwicklung. Die Temperaturen in diesem Winter lagen im zweistelligen Minusbereich und die Grippe war heftig und besonders langwierig. Ich wünsche Ihnen deshalb einen schnellen und guten Start in den Frühling! Mit besten Grüßen Prof. Dr. Josef Keuffer Hamburg, im März 2018 Hamburg macht Schule 1|2018 3
Inhalt Demokratie Moderation: Christoph Berens/Beate Proll 6 Demokratie in Unterricht und Schulalltag Konzepte – Herausforderungen – Anregungen 10 Im Kinderrat Entscheidungen mitgestalten Rituale – Aufträge – Strukturen 12 Demokratische Schulentwicklung Was zeichnet eine Preisträgerschule aus? 14 Kommunale Entscheidungsprozesse I Das Projekt »Tempo 30-Zone« 16 Kommunale Entscheidungsprozesse II Die Zukunft des Stadtteils mitgestalten 18 Ideen für einen veränderten Unterricht entwickeln und erproben Erfahrungen von Profilklassen im Unterricht mit Sechstklässlern 20 Beteiligung an der Gestaltung des Unterrichts Schülerinnen und Schüler coachen Lehrkräfte 22 Gemeinsam denken und handeln Das Bündnis »Bildung für eine demokratische Gesellschaft« 4 Hamburg macht Schule 1|2018
Inhalt 1/18 30. Jahrgang BSB-Info Verantwortlich: Andreas Kuschnereit »Ich muss nicht gewinnen – Die Kooperationen zwischen Herausgeber: Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB), nur beharren!« 24 Fachwissenschaften und Prof. Dr. Josef Keuffer, Direktor des Lan- desinstituts für Lehrerbildung und Schul Das Konzept der »Neuen Autorität« Fachdidaktiken gehen weiter 40 entwicklung Felix-Dahn-Straße 3, 20357 Hamburg Interview zur Reform der Lehrerbildung josef.keuffer@li-hamburg.de Der Klassiker Buten vör de Verlag: Döör – Draußen vor der Tür 28 Tagungen und öffentliche Pädagogische Beiträge Verlag GmbH, Rothenbaumchaussee 11, Curiohaus, Projekttag in Kooperation 20148 Hamburg, Tel.: (040) 45 45 95 Ohnsorg Studio – Hamburger Kunsthalle Veranstaltungen des info@paedagogische-beitraege-verlag.de Geschäftsführung: Katrin Wolter Landesinstituts 43 Verlagsredaktion und -gestaltung: School Turnaround – Berliner April 2018 bis Juni 2018 Dr. Mathias Prange Schulen starten durch 29 Redaktion: Prof. Dr. Johannes Bastian (verantwortlich), »Zukunftsfähige Schulbauten Dr. Andrea Albers, Jan-Hendrik Hinzke, Durch die »Schulwende« Beate Proll Schulen wieder handlungs- 2050«: modular, flexibel, Rothenbaumchaussee 11, 20148 Hamburg fähig machen 30 gesund und nachhaltig 44 Redaktion für Bildungspolitisches Forum und BSB-Info: Interview mit Hannelore Trageser Die Messe Schulbau 2018 präsentiert Karen Krienke, Andreas Kuschnereit, Behörde für Schule und Berufsbildung, und diskutiert aktuelle Trends Hamburger Straße 125 a, 22083 Hamburg Tel.: (040) 4 28 63 35 49, Fax: –4 27 96 84 33 »Worin sind unsere karen.krienke@bsb.hamburg.de Schüler richtig gut?« 32 Entwurf einer neuen Schule Druck: Hartung Druck+Medien GmbH, Asbrookdamm 38, 22115 Hamburg Stillsitzen und Frontalunterricht in Wilhelmsburg 46 info@hartung-online.de waren gestern www.hartung-online.de Das Schulinformations- Anzeigen: Gabriele Henning BSB – Hamburg macht Schule Der Humanity-Rap 34 zentrum 48 Hamburger Str. 31, 22083 Hamburg Tel.: (040) 4 28 63–27 62 Rekordverdächtiges Musikvideo gabriele.henning@bsb.hamburg.de Biographische Illusionen Erscheinungsweise: 4-mal pro Jahr Cooler Ganztagskurs 36 und (Vor)Bilder 52 Auflage: 15 000 Bilder: W. van Woensel: Titel Hamburger Kinder trainieren Max Traeger und die Aufarbeitung Alle weiteren Fotografien wurden uns von mit dem FC St. Pauli der GEW-Vergangenheit den Autorinnen und Autoren zur Verfügung gestellt. Bezug: Hamburger Lehrkräfte und Eltern- Hamburgs Schulpolitik Personalien 54 räte erhalten HAMBURG MACHT SCHULE kostenlos über die BSB. HAMBURG MACHT der letzten 20 Jahre 38 SCHULE kann auch beim Verlag abonniert Ein Rückblick des ehemaligen Hamburg macht Schule 54 werden. Hamburg macht Schule im Internet: Vorsitzenden des Landeschulbeirats Schwerpunktthemen 2008 – 2018 www.hamburg.de/bsb/hamburg-macht-schule Preis: EUR 3,00 zzgl. Versandkosten. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit vorheriger Genehmigung des Verlages. ISSN 0935-9850 Hamburg macht Schule 1|2018 5
Thema Demokratie in Unterricht Einführung und Schulalltag Konzepte – Herausforderungen – Anregungen Zum Bildungs- und Erziehungsauftrag von Schulen gehört, Kinder und Jugendliche auf ein Leben in einer Demokratie vorzubereiten. Demokratiepädagogik ist eine Querschnittsaufgabe. Wie kann diese verlässlich in den Alltag integriert werden? Was gehört zu einer demokratischen Schulkultur? Kann Schule als Institution zu einem Ort der Demokratie werden? Welche Lernanlässe eignen sich, um Demokratie zu erfahren? Hildegard Hamm-Brücher hat im Rah- 39 f.). So wird in der 17. Shell Jugend- gen wäre es an der Zeit, die Demokratie men einer Veranstaltung zur Aufgabe der studie (2015) festgestellt, dass im Ver- als Gesellschafts- und Herrschaftsform Demokratiepädagogik festgestellt: »Ich gleich zu nur 30 Prozent im Jahr 2002 wieder stärker in den Blick zu nehmen bleibe dabei: Unsere Zukunft und die Zu- sich 2015 rund 41 Prozent der Jugend- und auch diese durch neue Lernmöglich- kunft unserer Bildung liegt vor allem in lichen als »politisch interessiert« be- keiten zugänglich zu machen. Dazu ge- der Demokratiefähigkeit und der Gerech- zeichnen. Vor allem männliche Jugendli- hört u. a. die Ermöglichung der Partizipa- tigkeit von Schule gegenüber den Kin- che zeigen Bereitschaft, sich außerhalb tion und Mitgestaltung von Lernanlässen dern und Jugendlichen. … Die vielen Bei- von etablierten Parteien an politischen und deren strukturelle Integration in den spiele demokratischen Handelns geben Aktivitäten beispielsweise an Online-Pe- Lernort Schule. mir große Zuversicht in das Potential, das titionen zu beteiligen. Demokratiepäda- So wurden in den 90er Jahren bei- in den Schulen selbst steckt, in den Schü- gogische Schul- und Unterrichtsentwick- spielsweise die Ansätze »Erfahrene De- lerinnen und Schülern sowie ihren enga- lung setzt sich mit der Aufgabe ausei- mokratie« bzw. »Demokratie – lernen gierten Lehrkräften. (Das) zeigt auf schö- nander, diesen Bedürfnissen, aber auch und leben« erprobt (vgl. Edelstein 2007 ne Weise den jungen und kreativen Geist den entsprechenden Handlungsoptionen oder Beutel/Fauser 2009). Durch die pro- unserer Gäste, deren Ideenreichtum der jüngeren Generation in der Schule jektorientierte Ausgestaltung von Lern- mich begeistert, und dessen verbinden- als Lernort und Lebenswelt gerecht zu anlässen wird hierbei eine demokratische de Mitte ein demokratisches Miteinander werden. Verhaltens- und Handlungsorientierung und der Wille zum gemeinsamen Han- zum leitenden Prinzip von Lernprozes- deln ist.« (Siehe www.demokratisch-han- Ebenen der Demokratie sen. Demokratie soll auf diese Weise in deln.de/archiv/nachruf/2016_12_Kon- Für das schulische Handlungsfeld wur- der Schule gelernt und zugleich gelebt dolenz_Hamm-Bruecher/index.html) den durch das von Gerhard Himmel- werden. mann (2001) geprägte Verständnis von Politisches Engagement Demokratie als Herrschafts-, Gesell- Demokratische Schulkultur von Jugendlichen schafts- und Lebensform verschiedene – demokratietheoretische Die meisten Jugendlichen in Deutschland Zugangsmöglichkeiten eröffnet. Durch Orientierung befürworten die Demokratie sowohl als demokratiepädagogisches Engagement Erfahrungen der Anerkennung und Mit- Form des Zusammenlebens wie auch als ist es in den letzten Jahren gelungen, die bestimmung sind grundsätzliche Vor- Gesellschafts- und Regierungsform. Ju- »Demokratie als Lebensform« in Schulen aussetzungen für eine demokratische gendsoziologische und erziehungswis- erfahrbar zu machen. So wurden partizi- Schulkultur, die Ausgrenzung, Missach- senschaftliche Studien verdeutlichen pationsorientierte Verfahren und Struk- tung und Gewalt sowohl zwischen Lehr- die gesellschaftlichen Gestaltungs- und turen wie beispielsweise der Klassen- kräften und Schülerinnen und Schü- schulischen Mitbestimmungsansprüche rat erprobt sowie Konzepte zum sozi- lern als auch innerhalb der Schüler(in- von Kindern und Jugendlichen (Marks alen Lernen entwickelt und umgesetzt. nen)schaft verhindern können. Demo- 2017). Immer mehr Jugendliche zeigen Angesichts der konkreten Bedrohung kratische Schulen sind gleichzeitig leis- politisches Interesse (Jungkamp 2017, S. durch demokratiefeindliche Entwicklun- tungsfähigere Schulen, da sie ihren ins 6 Hamburg macht Schule 1|2018
Demokratie Einführung Demokratie als … Herrschaftsform Gesellschaftsform Lebensform • Gewährleistung der Menschen- • Friedliche Konfliktregelung • Selbständigkeit und Selbstver- und Bürgerrechte • Pluralismus der Parteien antwortung des Einzelnen • Allgemeine, freie und geheime • Vielfalt der Medien • Gleichberechtigung Wahlen • Sozialer Ausgleich • Toleranz und Anerkennung des • Parlamentarismus • Wettbewerb am Markt anderen • Rechtsstaatlichkeit • Bereiche bürgerschaftlicher • Bürgermanagement • Gewaltenteilung Selbstverwaltung • Partizipation • Regierungskontrolle • Eintreten für demokratische • Unabhängige Justiz Werte • Recht auf Opposition Abb. 1: Dimensionen von Demokratie (vgl. Himmelmann 2004, S. 18) titutionellen Zweck, fachliche Bildung partiellen Grundrechtseinschränkungen sprüche auf der Ebene der Schule zu ge- professionell zu organisieren, mit grö- (z.B. beim »Recht auf Freizügigkeit«) und stalten – stets aktuell und immer wie- ßerer Effizienz und Rationalität bewäl- schließt die Hauptgruppe, um derent- der neu. Das Ziel muss deshalb sein, die tigen können. Dieser Anspruch, durch willen sie da ist – die Schülerinnen und Schule zur stetigen Ausgestaltung dieser Partizipation der Beteiligten das Lernen Schüler – aufgrund ihres gesellschaft- pädagogischen Querschnitts- und Dau- qualitativ erheblich zu verbessern, ent- lichen Funktionsauftrages zur Bildung eraufgabe in der Institution und beim spricht zeitgemäßen demokratietheore- und Erziehung in der Regel aus: Die or- Lernen im Alltag zu befähigen. tischen Orientierungen, die Demokratie ganisatorischen Grundlagen der Schule Alle an Schule Beteiligten – in der ein- als eine wertgebundene Form mensch- – Personal, Finanzen und Inhalte – sind zelnen Schulgemeinschaft und in den licher und gesellschaftlicher Kooperati- der Mitbestimmung der Lernenden wei- Institutionen, die Schule verantworten on betrachten (Nussbaum 2012). Insbe- testgehend entzogen. Zugleich formulie- und in ihren Entwicklungsprozessen un- sondere in pluralistischen und interkul- ren alle Landesschulgesetze die »Erzie- terstützen – haben weiterhin und noch turell geprägten Gesellschaften ist De- hung zur Verantwortung in der Demokra- konsequenter als bislang die Aufgabe an mokratie als »Gespräch der Verschiede- tie« (Hahn 1954) als Wesensmerkmal des der Entwicklung einer demokratischen nen« (Arendt 1951) ein stets zu erneu- Erziehungs- und Bildungsauftrags von Schule zu arbeiten. Eine solche Schule ernder gesellschaftlicher Lern- und Ge- Schule und als Kernaufgabe aller Lehren- ist auch ein Schutz gegen Populismus staltungsprozess, der in inter- und intra- den – nicht nur etwa der Politiklehrkräf- (Rump-Räuber 2017) und Extremismus. generationeller Praxis und wechselsei- te. Demokratie-Lernen nicht nur durch Sie ist wie alle Bildung ein kulturelles und tiger Verantwortung in Gemeinschafts- Wissensvermittlung, sondern vor allem soziales Phänomen, für das alle, die in und Gesellschaftsformen wie der Schu- aber durch belastbare Wertebildung und der Schule lehren, lernen und leben ge- le realisiert wird (Dewey 1993). demokratische Erfahrung – also Partizi- meinsam Verantwortung tragen. Daher pation und Mitgestaltung auf möglichst ist es wichtig, sich auf die alltäglichen Asymmetrische Machtverhältnisse vielen Ebenen des Lernens – professi- Formen der Mitbestimmung, des Demo- und ihre Herausforderungen onell aufzunehmen und als Lernumge- kratie ERLEBEN zu konzentrieren. Gera- Grundlegende Merkmale demokratischer bung zu gestalten, ist deshalb die zentra- de in dieser Alltäglichkeit steckt ein nicht Ordnungen stehen in einem gewissen le Aufgabe einer demokratischen Schul- zu unterschätzendes Potential, das einen Widerspruch zum Anspruch der alltäg- entwicklung (Beutel 2016, Weyers 2017), nachhaltigen präventiven Charakter ha- lichen Gestaltung demokratischer Pra- die sich der Verwirklichung der Kinder- ben kann. xisverhältnisse.. Die Annahme, dass die rechte verpflichtet. Schule als Institution allein aufgrund der Im Kern geht es dabei um die wechsel- Demokratische formalen Ausgestaltung bereits demo- seitige Verschränkung von Teilhaberech- Schulentwicklung praktisch kratisch sei, trifft für ihre Lern- und Er- ten und Verantwortungspflichten. Demo- In den Erfahrungsberichten dieser Ausga- fahrungsqualität von Demokratie nicht kratie-Lernen und die zugrundeliegende be wird erkennbar, wie Schulen Wege fin- zu. Die Schule basiert immer noch auf Demokratiepädagogik beschreiben das den, dem zuvor skizzierten Demokratie- asymmetrischen Machtverhältnissen, Bemühen, diese widersprüchlichen An- verständnis entsprechende Lerngelegen- Hamburg macht Schule 1|2018 7
Thema Demokratisch Handeln in der Schule heiten zur Verfügung zu stellen und ent- Einführung Hinweise zu Projekten, Wettbewerben, Literatur und Materialien sprechende Erfahrungsräume zu öffnen. Christine Buckow und Johanna Herre be- Die Beteiligungsagentur (beta) präsentiert die Initiative »Der Klassenrat. Ge- schreiben, wie an einer Grundschule der meinschaft fördern. Kompetenzen bilden. Demokratie lernen.« Hier finden schu- Klassenrat etabliert und kontinuierlich lische Fachkräfte konkrete Hinweise zur Einführung und Etablierung die- weiterentwickelt wird. Kindgerechte und ses pädagogischen Formats. So werden der Ablauf, die Rollen und Themen im Klassenrat näher erläutert. Gestaltungshilfen wie das sogenannte Mit- an der Sache orientierte Rituale führen mach-Set können käuflich erworben werden. dazu, dass alle wichtigen Dinge gesagt URL: www.derklassenrat.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018) und miteinander erörtert werden können. Die Anliegen der Kinder werden ernst ge- Der Wettbewerb »Förderprogramm Demokratisch Handeln« wird seit 1990 in nommen und fließen in die Gremienar- Deutschland ausgeschrieben. Mit der Aufforderung »Gesagt! Getan: Ge- beit der Schule ein. Anina Kleier und Ron- sucht werden Beispiele für Demokratie. In der Schule und darüber hinaus« ja Dietschmann beschreiben, wie eine de- werden Projekte, Initiativen und Ideen gesucht, in denen das Lernen für De- mokratische Schulkultur aussehen kann mokratie und Politik um praktische Erfahrungen erweitert wird. Ausgezeich- und wie die Beteiligung an dem Wett- net werden jährlich ca. 50 Projekte mit der Einladung zur »Lernstatt Demo- bewerb »Demokratie erleben« der Hein- kratie« – einer kreativen und ideenreichen Tagung. rich-Böll-Stiftung die Schulgemeinschaft URL: www.demokratisch-handeln.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018) in ihrem Handeln stärkt. Die Autorinnen Der überparteiliche, gemeinnützige Verein Makista befördert die Verbindung erläutern, wie bei Entscheidungen, die von Bildung, Kinderrechten und Demokratie durch den Aufbau von Bildungs- Erwachsene treffen, Kinder einbezogen strukturen an einzelnen Kinderrechteschulen, in Landesschulnetzwerken und werden und wie wichtig der Aufbau so- länderübergreifenden Kooperationen. In der entsprechenden Infothek wer- wie die Weiterentwicklung einer Beteili- den geeignete Fachliteratur, Arbeitsmaterialien und Medien vorgestellt, die gungskultur ist. wie z.B. das Materialpaket »Kinderrechte in die Schulen« kostenpflichtig be- Anna Brockmeier und Andreas Fischer stellt werden können. stellen in zwei Beiträgen dar, wie sich URL: http://www.makista.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018) Schülerinnen und Schüler in fachüber- Das Landesinstitut Hamburg präsentiert »SchülerInnen – Schule – Mitbestim- greifenden Formaten an der kommuna- mung!«, ein Projekt von SchülerInnen – für SchülerInnen. Hier finden Schü- len Stadtentwicklung beteiligen. Im Rah- ler_innenvertretungen, Schulsprecher_innen und andere engagierte Schüle- men dieser Schulprojekte werden wich- rinnen und Schüler Tipps und Tricks für SchülerInnenvertretungsarbeit, und tige Erfahrungen zum zivilgesellschaft- weitere Fortbildungsangebote. Dazu gehört beispielsweise eine Moderato- lichen Engagement im Sozialraum ge- rInnen-Ausbildung. macht. So verantworten die Jugendli- URL: ssm.hamburg.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018) chen komplexe strategische Planungen Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hat zur Orientierung im Me- – von der Festlegung von Projektphasen dienalltag nützliche Hinweise für Eltern und Lehrkräfte zum Umgang mit Fake bis hin zur Gestaltung von Meinungsfin- News zusammengestellt. Im Rahmen des Webvideo-Projekts »FakeFilter« er- dungsprozessen. Sie bereiten sich au- halten Jugendliche von einem Youtuber wichtige Tipps zum Alltagshandeln. ßerdem auf geeignete Präsentationsfor- URL: www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/medienpaedagogik/243064/ men in der Schulöffentlichkeit, im So- fake-news, http://www.fakefilter.de (Zugriffsdatum: 28.01.2018) zialraum und in Ausschüssen des Be- zirks vor. Deutlich wird, dass sich The- Ausbildungsrelevante Kompetenzen und die berufliche Orientierung von men der Stadtplanung sehr gut dazu Schülerinnen und Schülern anwendungsbezogen fördern – das ist das Ziel eignen, formale Entscheidungsprozes- des Programms »Berufene Helden – Lernen durch Engagement für Chancen im Be- se kennenzulernen und Selbstwirksam- ruf«. Als ein Baustein schulischer Berufsorientierung kann Berufene Helden praxisnah zur Ausbildungsreife von Schülerinnen und Schülern beitragen: In keit zu erfahren. Verbindung mit dem schulischen Lernen engagieren sich Schülerinnen und Sebastian Kruse beschäftigt sich in sei- Schüler in ihrem Stadtteil, übernehmen Verantwortung und erwerben da- nem Beitrag mit der Weiterentwicklung bei grundlegende fachliche wie überfachliche Kompetenzen, die den Über- des Fachunterrichts an einer Stadtteil- gang von Schule – Beruf erleichtern. Hamburger Sekundarschulen können schule. Dabei setzen sich Jugendliche des im Schuljahr 2018/19 an dem gemeinsamen Programm der Stiftung Lernen 10. Jahrgangs mit dem Englischunter- durch Engagement und der Deutsche Bahn Stiftung teilnehmen. Die Schu- richt des 6. Jahrgangs auseinander. Sie len erhalten kostenfreie Qualifizierung und Begleitung bei der Projektumset- entwickeln Vorschläge, wie beim Eng zung. Weitere Infos (Flyer, Kurzfilm) finden Sie unter www.deutschebahnstif- lischlernen alltagsorientierte Elemente tung.de/berufene-helden oder direkt bei Carla Gellert, Projektleiterin Beru- eingebunden werden können. Bundes- fene Helden, per E-Mail: carla.gellert@lernen-durch-engagement.de. weite Erfahrungen werden genutzt, um an einem außerschulischen Lernort ein 8 Hamburg macht Schule 1|2018
Demokratie Veranstaltungshinweis Dewey, John (1993): Demokratie und Er- Einführung ['You:sful] unterstützt Schulen im »Lernen durch Engagement« ziehung. Weinheim/Basel Edelstein, Wolfgang (2014): Demokra- Lernen durch Engagement verbindet den Unterricht mit einem gemeinnützigen En- tiepädagogik und Schulreform. Schwal- gagement der Schülerinnen und Schüler. Diese Lehr- und Lernmethode macht den Unterricht lebendiger und trägt zu demokratischen Kompetenzen sowie zum zivilge- bach/Ts. sellschaftlichen Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler bei. Fauser, Peter (2009): Demokratie, Lern- Mit dem Programm »['You:sful] – Lernen durch Engagement« hilft die BürgerStiftung qualität und Schulentwicklung. Frankfurt Hamburg Schulen, diese Lehr- und Lernform bei sich zu etablieren. ['You:sful] bietet Jungkamp, Burkhard/John-Ohnesorg, Ma- Lehrkräfte-Fortbildungen, Austausch im Netzwerk, Arbeitsmaterialien, Evaluationen rei (Hg.) (2017): Politische Bildung in der und individuelle Beratungen von Schulen. Schule. Berlin Wer sich ein Bild davon machen möchte, ist herzlich eingeladen zur Hahn, Kurt (1954): Erziehung zur Verant- 10. ['You:sful] Jahrestagung »Raus aus Schubladen und Fettnäpfchen – Bridging im Lernen durch Engagement« wortung. Stuttgart am 9. April, 13.00 bis 18.00 Uhr, im LI, Felix-Dahn-Straße 3 Marks, Caren (2017): Stärkung von Demo- Anmeldungen und Kontakt: Dr. Heike Schmidt, BürgerStiftung Hamburg, Schopen- kratie und Toleranz. In: Burkhard Jung- stehl 31, 20095 Hamburg. E-Mail: heike.schmidt@buergerstiftung-hamburg.de, Tel.: kamp/Marei John-Ohnesorg (Hg.): Poli- (040) 8 78 89 69-66 tische Bildung in der Schule, S. 27 – 31 www.buergerstiftung-hamburg.de/yousful ['You:sful] Nussbaum, Martha (2012): Nicht für arbeitet zusammen mit den Profit! Warum Demokratie Bildung • dem bundesweiten Netzwerk Service-Learning, • dem Hamburger Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung braucht. Mülheim/Ruhr • und der Ehrenamtsagentur Stiftung Gute Tat. Himmelmann, Gerhard (2001, 2016): De- mokratie Lernen als Lebens-, Gesell- schafts- und Herrschaftsform. Ein Lehr- Englischcamp für jüngere Schülerinnen ben! In: Hamburg macht Schule H. und Arbeitsbuch. Schwalbach/Ts., 4. und Schüler zu konzipieren und durchzu- 3/2014, S. 22 – 23 Aufl. führen. Auch im Beitrag von Tobias Milew- Beutel, Wolfgang (2013): Demokratie er- Rump-Räuber, Michael (2017): Demokra- ski steht die Weiterentwicklung des Un- fahren. Frankfurt tielernen ist die beste Prävention. In: PÄ- terrichts im Vordergrund. An dieser be- Beutel, Wolfgang (2016): Demokratiepäd- DAGOGIK H. 10/2017, S. 20 – 23 rufsbildenden Schule nehmen die Schü- agogik als Querschnittsaufgabe aktuel- 17. Shell Jugendstudie: Jugend 2015. lerinnen und Schüler ihr Verständnis von ler Schulentwicklung. In: DDS – Die Deut- URL: https://www.shell.de/ueber-uns/ gutem Unterricht in den Blick. Auf die- sche Schule H. 3/2016, S.226 – 238 die-shell-jugendstudie/jugend-und-po- ser Grundlage konzipieren die Junger- Beutel, Wolfgang/Fauser, Peter (2013): litik.html (Zugriffdatum: 27.01.2018) wachsenen mit externer Unterstützung Demokratisch handeln und Demokra- Welniak, Christian/Grammes, Tilman eine Lehrerfortbildung und führen die- tielernen als schulpädagogisches Prob- (2012): Politische Erziehung. In: Uwe se durch. Der Austausch auf »Augenhö- lem. Pädagogische Grundlagen, Konzept Sandfuchs u. a.: Handbuch Erziehung. he« hat das Selbstverständnis der Lehr- und Erfahrungen des Förderprogramms Bad Heilbrunn kräfte und der Jungerwachsenen verän- Demokratisch Handeln. In: Dies. (Hg.): Weyers, Stefan: Historische Modelle de- dert: Unterricht wird inzwischen stärker Demokratie erfahren. Analysen, Berich- mokratischer Erziehung (2017). In: Ge- als gemeinsames Anliegen verstanden. te und Anstöße aus dem Wettbewerb meinsam Lernen H. 4/2017, S. 16 – 22 Zum Abschluss wird in einem Interview »Förderprogramm Demokratisch Han- mit Christian Welinak, der im erweiter- deln« Schwalbach/Ts., S. 35 – 131 ten Vorstand der Deutschen Gesellschaft Beutel, Wolfgang/Fauser, Peter/Radema- für Demokratiepädagogik (DeGeDe) tä- cher, Helmolt (2012): Demokratiepädago- tig ist, deutlich, wie durch das Bündnis gik. In: Dies. (Hg.): Jahrbuch Demokratie- Christoph Berens ist tätig im Landesinstitut für »Bildung für eine demokratische Gesell- pädagogik 2012: Aufgabe für Schule und Lehrerbildung und Schulentwicklung, Hamburg schaft« eine flächendeckende und nach- Jugendbildung. Schwalbach/Ts., S. 17 – 38 (LI), Abteilung Fortbildung und zuständig haltige Verankerung der Demokratiepäd- Edelstein, W. (2007): Grundlagen der De- für Demokratiepädagogik, Projektdidaktik, agogik in Bildungsinstitutionen erreicht mokratiepädagogik. Berlin Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit, werden soll. Edelstein, Wolfgang/Frank, Susanne/Sliw- Wettbewerb Demokratisch Handeln. ka, Anne (Hg.) (2009): Praxisbuch Demo- Literatur kratiepädagogik. Sechs Bausteine für die Beate Proll leitet die Abteilung Beratung Arendt, Hannah (1993): Was ist Politik? Unterrichtsgestaltung und den Schulall- – Vielfalt, Gesundheit und Prävention im München/Zürich tag. Weinheim/Basel Landesinstitut für Lehrerbildung und Berens, Christoph (2014): Schule ist doch de Haan, Gerhard/Edelstein, Wolfgang/Ei- Schulentwicklung (LI). kein Parlament! Nein, sie ist viel mehr: kel, Angelika (Hg.) (2007): Qualitätsrah- Felix-Dahn-Str. 3, 20357 Hamburg Schule ist ein Ort, Demokratie zu (er)le- men Demokratiepädagogik. Weinheim christoph.berens@li-hamburg.de beate.proll@li-hamburg.de Hamburg macht Schule 1|2018 9
Thema Im Kinderrat Entscheidungen Grundschule mitgestalten Rituale – Aufträge – Strukturen wächter sein?«, fragt Frau Buckow. »Wer tagessen aus ihrer Sicht gut klappt und In der Louise Schröder Schule ist übernimmt das Amt des Wahlhelfers?«, wie der Ablauf noch verbessert werden der Kinderrat fest etabliert. Dazu ergänzt Frau Herre. Sofort finden sich kann. Den Restaurantbetrieb in der Men- gibt es klare Abläufe; die Kinder wis- Freiwillige. »Welche neuen Themen gibt sa gibt es an der Louise Schroeder Schu- sen, wie sie ihre Themen einbringen es?« Eren schaut in sein Kinderratsheft, le erst seit Beginn des Schuljahres. Vor- können. Die Lehrkräfte unterstüt- ob er etwas aufgeschrieben hat. Der Er- her haben die Schülerinnen und Schüler zen sie dabei. Wer darf mitmachen? zählstab wandert durch die Runde und ei- zu festen Zeiten im Klassenverband ge- Wie wird erreicht, dass Kinder an nige Schülerinnen und Schüler berichten gessen. Deshalb sollen die Klassenspre- der Sache ausgerichtet miteinan- von Themen, die im Klassenrat bespro- cherinnen und Klassensprecher bis zur der diskutieren? Welche Bedeutung chen wurden und an den Kinderrat über- nächsten Sitzung in ihrem Klassenrat geben werden sollten. Die beiden Lehre- fragen, was den Kindern am Restaurant- haben dabei die Muggelsteine? Wie rinnen schreiben die Themenvorschläge betrieb gefällt und welche Veränderun- setzen sich Erwachsene mit den An- auf Moderationskarten und legen sie in gen sie sich noch wünschen. liegen der Schülerinnen und Schüler die Kreismitte. Heute kommen die The- Jetzt kommen die zwei Kinder von der auseinander? Wie wird der Kinder- men »das abgesperrte Holzhaus auf dem Schulleiterin zurück und berichten, was rat wahrgenommen? Schulhof«, »Spaßkämpfe«, »Pausenauf- diese zur Reparatur des Holzhauses zu sichten« und »verschmutzte Klos« neu sagen hatte. »Frau Renz hat schon einen Es ist Freitag 12.45 Uhr und die Klas- dazu. Jedes Kind erhält ein Muggelstein- Brief geschrieben und demnächst kommt sensprecherinnen und Klassensprecher chen und legt es auf die Karte, dessen jemand, um zu gucken, ob das Holzhaus der Louise Schroeder Schule sind auf dem Thema es am wichtigsten findet. Kaum wirklich repariert werden muss.« Die ers- Weg in die Schulbücherei. Hier findet ein- haben alle Kinder ihre Muggelsteinchen ten Schülerinnen und Schüler notieren mal im Monat der Kinderrat statt. »Hallo gelegt, beginnen die Wahlhelfer mit dem die Information in ihrem Kinderratsheft. David, hier ist dein Namensschild.«, be- Abzählen der Steinchen. Die meisten Kin- Hier werden alle wichtigen besproche- grüßt ihn Frau Herre. »Hast du dich schon der haben für das abgesperrte Holzhaus nen Inhalte festgehalten, damit die Kin- in die Anwesenheitsliste eingetragen?«, auf dem Schulhof gestimmt. Viele Kinder der sie bis zum nächsten Klassenrat er- fragt Frau Buckow. Die ersten Schülerin- haben sich gefragt, warum das Holzhaus innern. »Ich weiß nicht, wie ich das auf- nen und Schüler nehmen sich Sitzkissen schon so lange abgesperrt ist und wann schreiben soll.«, sagt Jakob. »Dann helfe und bilden einen Sitzkreis. »Wo sind ei- es endlich wieder benutzt werden darf. ich dir.«, bietet David aus der 4. Klasse gentlich die Kinder aus der Klasse 3c?« Nach einem gemeinsamen Austausch an. Der Zeitwächter erinnert daran, dass Ratloses Gemurmel. »Ich kann schnell entscheiden die Schülerinnen und Schüler, die Sitzung gleich vorbei ist. Da es kei- nachschauen gehen.«, bietet Mia an. dass nun zwei von ihnen zu der Schulleite- ne weiteren Fragen oder Anliegen gibt, Währenddessen geben die ersten Klas- rin Frau Renz gehen und nachfragen wer- verabschieden sich Frau Herre und Frau sensprecherinnen und Klassensprecher den. Gemeinsam wird entschieden, dass Buckow von den Kindern und diese ge- ihre Rückmeldungen zur Ferienbetreuung das Thema mit den zweitmeisten Stim- hen zurück in ihre Klassen. ab. Sie haben im Klassenrat über die letzte men auf der nächsten Kinderratssitzung Ferienbetreuung gesprochen und Lob so- ausgiebig besprochen wird. Feste Strukturen – wie Verbesserungsvorschläge gesammelt. Formate weiterentwickeln Diese Rückmeldungen werden Frau Herre Aufträge werden geklärt Der Kinderrat an der Louise Schroeder und Frau Buckow an die für die kommen- Die beiden Lehrerinnen haben noch ei- Schule hat eine lange Tradition und be- de Ferienplanung verantwortlichen Perso- nen Auftrag, den die Klassensprecherin- steht bereits seit vielen Jahren. Er wur- nen weiterleiten. nen und Klassensprecher mit zurück in de 2015 vom Förderprogramm »Demo- ihre Klassen nehmen sollen. Da die Kö- kratisch Handeln« ausgezeichnet und zur Ritualisierter Ablauf – der Erzähl- chin der Schule heute nicht persönlich Lernstatt Demokratie nach Tutzing einge- stab wandert durch die Runde zur Sitzung kommen kann, übermitteln laden. Die beiden Lehrerinnen haben den Als alle da sind, geht es richtig los. »Wer beide ihr Anliegen. Die Köchin gibt re- Kinderrat zu Beginn dieses Schuljahres möchte heute Ruhewächter und Zeit- gelmäßig Rückmeldungen, was beim Mit- übernommen. Seitdem verläuft er ritu- 10 Hamburg macht Schule 1|2018
Demokratie Grundschule alisiert nach dem oben beschriebenen Gesprächsablauf. Zurzeit ist die Leitung noch lehrerzentriert. Dies wollen sie im zweiten Halbjahr ändern und die Leitung in Schülerhand legen. Ein weiteres Projekt wird sein, den bereits bestehenden Schul- postkasten zu reaktivieren. Hier können alle Schülerinnen und Schüler ihre Anlie- gen an den Kinderrat herantragen. Außer- dem werden ab dem zweiten Schulhalb- jahr auch die Klassensprecherinnen und Klassensprecher des ersten Jahrgangs am Kinderrat teilnehmen. Bis dahin ha- ben auch sie ein Mädchen und einen Jun- gen gewählt, die sie in diesem Gremium vertreten. Außerdem werden zwei Stell- vertreter gewählt, falls eine Klassenspre- cherin oder ein Klassensprecher einmal krank ist. Dieses Amt wird innerhalb der vier Jahre in den Klassen mehrmals neu gewählt, damit möglichst viele Kin- der die Möglichkeit bekommen, es aus- Abb. 1: Der Kinderrat bei der Arbeit zuüben. Die Erstklässlerinnen und Erst- klässler freuen sich bereits auf die Teil- tigt wurden. »Ich finde toll, dass wir The- sichten« besprochen. Viele Kinder haben nahme am Kinderrat. »Mein Bruder stand men besprechen, die alle angehen, und die berichtet, dass sie Probleme hätten, die mit mir vor dem Schaukasten. Ihn würde Kinder entscheiden.« (Greta) Zum Restau- Aufsichten auf dem Schulhof zu finden. das hier auch interessieren.« (Matthias) rantbetrieb wurde positiv zurückgemel- Eine weitere Schwierigkeit bestehe darin, det, dass sich viele Kinder freuen, selbst die Erzieherinnen bzw. Erzieher, die Auf- Themen der Schülerinnen und entscheiden zu können, wann sie zum Es- sicht haben, von den Schulbegleitern zu Schüler ernst nehmen sen gehen und neben wem sie sitzen. Kri- unterscheiden, die nur für die Begleitung Die Demokratieerziehung und Mitbestim- tisiert wurde, dass manche Kinder ihr Ge- einzelner Kinder auf dem Hof zuständig mung der Schülerinnen und Schüler fin- schirr und Besteck nicht abräumen. sind. Aus diesem Grund wurde das Anlie- det auf verschiedenen Ebenen statt. In gen »Warnwesten für die Hofaufsichten« dem einmal wöchentlich stattfindenden Miteinander diskutieren an die Lehrkräftekonferenz herangetra- Klassenrat besprechen die Schülerinnen Im Kinderrat wird auch die kommunika- gen. Dieses Thema wird von einigen Kol- und Schüler Themen, die sie bewegen tive Kompetenz der Schülerinnen und leginnen und Kollegen kritisch gesehen. und sammeln gemeinsame Lösungsvor- Schüler geschult. Sie trauen sich, ihr Durch den Wunsch des Kinderrates wur- schläge für Probleme. Sind sie der Mei- Thema vor den anderen Teilnehmern und de jedoch allen deutlich, wie groß die Nöte nung, dass ein Thema für alle Kinder der Teilnehmerinnen einzubringen, es genau der Kinder sind. Außerdem stimmte das Schule wichtig ist oder sie dieses nicht zu erklären und zu begründen. Sie müs- Kollegium mehrheitlich dafür, um zu zei- alleine in der Klasse klären können, brin- sen sich gegenseitig zuhören und lernen, gen, dass sie den Wunsch der Kinder ernst gen ihre Klassensprecher dies im Kinder- Diskussionen zu führen. Dabei verglei- nehmen. »Ich finde den Kinderrat gut, weil rat ein. »Ich finde den Kinderrat toll, weil chen sie ihren Standpunkt mit den Sicht- man Dinge zum Schönen verändert.« (De- man Sachen besprechen kann, die für alle weisen der anderen. Des Weiteren über- jan) »Die Kinder können sagen, was sie wichtig sind, nicht nur für die eigene Klas- nehmen sie Verantwortung für die Anlie- möchten, und nicht nur die Lehrer ent- se.« (Peter) »Man schließt niemanden aus, gen ihrer Klasse. »Die Kinder können was scheiden.« (Milena) Durch den Kinderrat weil Klassen auch miteinander Dinge be- gemeinsam besprechen und man muss an der Louise Schroeder Schule lernen die sprechen können.« (Su) Durch diese Er- nicht zum Lehrer gehen und der vergisst Kinder demokratische Mitbestimmung. fahrungen merken sie, dass ihre Themen es dann.« (Mia) in der Schule ernst genommen werden. Langfristig bietet der Kinderrat die Christine Buckow und Johanna Herre sind In der Sitzung nach den Herbstferien er- Möglichkeit, das Schulleben mitzugestal- Lehrerinnen an der Louise Schroeder Schule und zählten beispielsweise viele Kinder, dass ten und an schulischen Entscheidungs- leiten den Kinderrat seit Beginn sie mit dem Ferienprogramm zufrieden prozessen beteiligt zu sein. So wurde dieses Schuljahres. waren und es gut fanden, dass ihre Rück- beispielsweise in der folgenden Sitzung Thedestraße 100, 22767 Hamburg meldungen und Vorschläge berücksich- des Kinderrates das Thema »Pausenauf- johanna.herre@louise.hamburg.de christine.buckow@louise.hamburg.de Hamburg macht Schule 1|2018 11
Thema Demokratische Schulentwicklung Grundschule Was zeichnet eine Preisträgerschule aus? – insbesondere auch das Ziel, einen Aus- Partizipation. Durch unsere Strukturen Die Schule Grumbrechtstraße ist tausch zwischen Schulen sowie anderen üben die Kinder sich täglich in Konfliktfä- eine sechsjährige Grundschule mit Akteuren zu stärken und so die Schulent- higkeit und erleben in der Streitklärung jahrgangsübergreifenden Lern- wicklung an Schulen zu fördern. Mehr In- die Übernahme anderer Perspektiven. So gruppen. Am 14. November 2017 formationen zum Preis erhalten Sie un- erlernen sie in gemeinsamen Prozessen, ter: www.demokratieerleben.de/derpreis. ihre eigene Meinung zu entwickeln, dar- erhielt sie in Berlin den »Preis für aufhin fundierte Entscheidungen zu tref- demokratische Schulentwicklung«. Wer sind wir? Wie arbeiten wir? fen und diese kritisch zu reflektieren. Was ist der Rahmen, was sind die Von der Vorschule bis zur Jahrgangsstu- fe 6 sind wir bemüht, die unterschiedli- Klassenrat einer 3./4. Klasse Orte für Beteiligung? Welche inhalt- chen Interessen und Bedürfnisse unserer »Wollt ihr einen Elektrotag – das ist ein lichen Möglichkeiten der Beteiligung Schülerinnen und Schüler mit einzube- Tag im Schuljahr, an dem elektronische gibt es? Wie wird die Beteiligungs- ziehen und wertzuschätzen. Seit einigen Geräte von zu Hause mitgebracht wer- kultur entwickelt? Wie wird erreicht, Jahren arbeitet die Schule im Schullabor den dürfen – an der Schule machen?«, »Inklusives Lernen« daran, schülerorien- fragt Antonia in die Runde. »Ich finde dass sich alle mit der Schule identi- tierte Lernsettings zu entwickeln, die auf es gut, dann kann ich den ganzen Tag fizieren? die vielfältigen Bedürfnisse unserer he- mit meinem Handy spielen«, antwortet terogenen Schülerschaft eingehen und Besar. »Aber es gibt auch viele Kinder, Auf der großen Empfangstreppe der diese so bestmöglich fördern und fordern. die gar kein Handy besitzen. Das ist un- Heinrich-Böll-Stiftung stehen vier Mäd- Dies ist auch ein Teil des Schulversuchs fair«, mischt sich Leah ein. Der Klassen- chen. Etwa 25 Erwachsene lauschen ge- sechsjährige Grundschule, an dem wir als rat wird von den Lerngruppenspreche- spannt, wie die ehemaligen Schulspre- eine von vier Hamburger Schulen teilneh- rinnen und Lerngruppensprechern mo- cherinnen der Schule Grumbrechtstra- men. Der Unterricht wird von multipro- deriert und findet wöchentlich statt. Die ße die Arbeit des Schülerparlaments er- fessionellen Teams begleitet und gliedert Kinder haben den Auftrag vom Schüler- klären. Immer mutiger werden sie in ih- sich an unserer Schule in freie Lernzeiten, parlament bekommen, sich zu dem The- ren Ausführungen und die begleitenden einen differenzierten Basisunterricht, in ma »Elektrotag« Gedanken zu machen. Pädagoginnen und Pädagogen sind stolz, Projektunterricht, in dem die Schüler und Das Schülerparlament setzt sich aus al- wie die Mädchen die Erwachsenen durch Schülerinnen die Themen mitbestimmen, len Sprecherinnen und Sprechern der den offenen Workshop zum 3. Tag der und Angebote im Rahmen des Ganztags- Lerngruppen der gesamten Schule so- Demokratie leiten. Vor wenigen Monaten unterrichts. wie unseren Schulsprecherinnen zusam- hätten wir uns kaum vorstellen können, men, die im Vorfeld die Themen festle- dass unsere Schule Preisträgerschule Partizipation – gen und moderieren, und findet ca. alle des Preises für demokratische Schulent- demokratische Kompetenzen sechs Wochen statt. Die Idee des »Elek- wicklung werden würde. Und nun durf- Das Ziel, demokratiebezogene Kompe- trotags« entstand bei den sogenannten ten wir die Ehrung für den 2. Platz in der tenzen in der Grundschule zu fördern, Lerngruppensprecher-Blocktagen, bei Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin in Emp- schien uns vor dem Schreiben der Be- denen sich das Schülerparlament für drei fang nehmen! werbung sehr komplex. Dennoch wur- Tage in den Räumlichkeiten des benach- de schnell klar, dass an unserer Schule barten Jugendclubs trifft, um über Be- Qualitätsstandards der die Ausbildung wichtiger demokratischer lange der Schule zu sprechen. Demokratiepädagogik Kompetenzen bereits gelebt wird, ohne Die Schülerinnen und Schüler lernen an Seit 2015 verleiht die Deutsche Gesell- dass diese direkt benannt werden. Eltern, diesen Tagen, welche Gremien es an der schaft für Demokratiepädagogik e. V. den Schülerinnen und Schüler sowie Päda- Schule gibt. Sie beschäftigen sich darü- DemokratieErleben-Preis für demokrati- goginnen und Pädagogen bekommen an ber hinaus damit, welche Arten von Mit- sche Schulentwicklung. Anhand der vier unterschiedlichen Stellen die Möglichkeit, bestimmung es gibt. Sie lernen weiterhin Qualitätsstandards, die eine Demokratie- an Entscheidungen mitzuwirken. ihre Kinderrechte kennen und sammeln pädagogik charakterisieren, wird dabei In Klassenrat, Schülerparlament, im Themen, die sie im Laufe des Schuljah- die Auswahl getroffen: Partizipation, In- Unterricht oder als ausgebildete Streit res umsetzen wollen. Nach den Block- klusion, Diversität und Kinderrechte. Der schlichterinnen und Streitschlichter be- tagen stehen für dieses Schuljahr ein Preis hat – neben der Ehrung der Schulen gegnen den Kindern Möglichkeiten der »Elektro-Tag«, eine »Übernachtung in der 12 Hamburg macht Schule 1|2018
Foto: Marius Klemm Grundschule Abb. 1: Preisverleihung in Berlin. Die Schule Grumbrechtstraße erhält den »Preis für demokratische Schulentwicklung«. Schule«, ein »Spendenlauf« und eine »Os- nation der 5./6. Jahrgangsstufe, Stunden- litikern in Berlin geht es da auch nicht an- ter-Aktion mit Verstecken von Schokola- plan, Stadtteilkooperation und Sicherheit ders. Nur aufgeben darf man nicht, auch de« fest. Ob diese Ideen tatsächlich um- an den Themen der Schule, um möglichst wenn mal etwas nicht umgesetzt wird gesetzt werden können, wird sich zeigen. viele unterschiedliche Gesichtspunkte zu oder das Interesse und die Motivation Denn dafür braucht es die Bereitschaft beleuchten. nicht so deutlich sind, wie man sich das der Kinder, die Planung zu gestalten. Re- Auch die Elternarbeit und -mitarbeit ist vielleicht wünscht.« Denn wir glauben, gelmäßig treffen sich interessierte Kinder für uns an der Schule ein wichtiger Be- dass es sich lohnt, diese Zeit zu inves- in Arbeitsgruppen, um die Ideen weiterzu- standteil. Wir profitieren von den Eltern, tieren, da so im besten Fall Streitpunk- entwickeln. Auch Eltern haben sich bereit um uns weiterzuentwickeln und unseren te ausgetragen und gemeinsame Lösun- erklärt, an einzelnen Themen mitzuwirken. Alltag zu entlasten. Unsere Eltern brin- gen gefunden werden können. Von der Die Schülerinnen und Schüler haben gen sich aktiv im Elternrat, der Schulkon- Beteiligungskultur versprechen wir uns, aber auch an weiteren Stellen die Ge- ferenz, bei Schul- und Stadtteilaktionen, dass sich alle in stärkerem Maße mit der legenheit mitzubestimmen. So wird für im Schulverein sowie in Arbeitsgruppen Schule identifizieren. Wir wollen unsere unsere Schulkonferenzen inzwischen der Schule ein und identifizieren sich so Schülerinnen und Schüler in ihren Inter- ein Zeitfenster für Nachfragen und Vor- mit der Schule und unserem Konzept. essen sowie in ihrer Sicht auf die Lebens- schläge der gewählten Schülerinnen und Aber auch die aktive Mitbestimmung welt ernst nehmen und so ihre Selbst- Schüler eingeplant. durch die Pädagoginnen und Pädago- wirksamkeitserwartung steigern. Die Ar- gen ist an unserer Schule eine Selbst- beit an unserer Schule sehen wir als klei- Erweiterte Schulleitung, Eltern verständlichkeit. So gestaltet unser Kol- nen Anfang für mehr Mitbestimmung, an und Pädagoginnen und Pädagogen legium die Schulentwicklung in Zusam- dem wir unbedingt weiter arbeiten wol- An Schulen gibt es selbstverständlich menarbeit mit externen Impulsen weiter. len und wir freuen uns, dass wir durch auch Themen, die von den Schülerinnen Aber auch innerhalb der Schule unter- die Preisverleihung viele Kontakte knüp- und Schülern nicht selbstverantwortlich stützen unsere Pädagoginnen und Päda fen konnten, die uns dabei behilflich sind. entschieden werden können. »Wie soll die gogen durch Fach- und Teamvertreter- neue Rhythmisierung des Ganztags ablau- treffen, den Personalrat oder durch die Anina Kleier arbeitet seit 2009 an der Schule fen?« oder »Wann sollen die Essenspau- Mitwirkung in der Schulkonferenz. Grumbrechtstraße. Sie ist Klassenlehrerin, sen sein?« Aber dennoch werden die Kin- zuständig für die Stadtteilkooperation und das der zu solchen Themen befragt. Das Er- Gelebte Mitbestimmung – Schülerparlament sowie gebnis wird in die Sitzung der Erweiter- nur scheinbar mehr Arbeit Mitglied der erweiterten Schulleitung. ten Schulleitung (ESL) mitgenommen. Die Unsere Beobachtungen zur Mitbestim- beratung@schule-grumbrechtstrasse.de ESL ist aus unterschiedlichen Mitgliedern mung zeigen: Werden die verschiedenen Ronja Dietschmann (B.Sc. Umwelt- und des Kollegiums zusammengesetzt. Neben Akteure der Schule in Entscheidungspro- Bildungswissenschaften) arbeitet von 2016 bis der Schulleitung und der Stellvertreten- zesse einbezogen, ist dies zeitaufwän- 2018 über die Bildungsorganisation Teach First den Schulleitung arbeiten hier außerdem dig. »Demokratie ist anstrengend«, äu- Deutschland als sogenannter Fellow die Beauftragten für Inklusion, Förderung, ßern sich die unterstützenden Pädago- an der Schule Grumbrechtstraße. Unterrichtsentwicklung Ganztag, Koordi- ginnen, »aber den Politikerinnen und Po- Grumbrechtstraße 63, 21075 Hamburg ronja.dietschmann@schule-grumbrechtstrasse.de Hamburg macht Schule 1|2018 13
Thema Kommunale Gymnasium Entscheidungsprozesse I Das Projekt »Tempo 30-Zone« nommen. Die Planung sollte 2017 be- Wir verschaffen uns ein Bild Kommunalpolitik bietet vielfältige ginnen. In einer Tempo 30-Zone – im Ge- Möglichkeiten für Beteiligung. Ein gensatz zur bestehenden Geschwindig- Die Schülerinnen und Schüler des Wahl- Wahlpflichtkurs entscheidet sich keitsbeschränkung auf Tempo 30 – wür- pflichtkurs Demokratisch Handeln der den allerdings viele sicherheitsrelevante Jahrgänge 8 – 10 haben sich daher in ei- für eine Auseinandersetzung mit Einrichtungen wie Verkehrsampeln oder ner gemeinsamen Arbeitsgruppe mit der dem Thema »Verkehrssicherheit Radwege wegfallen. Ein Mitglied des El- Schulleitung, dem Schülerrat und dem auf dem Schulweg«. Wie wird eine ternrats suchte nach Rücksprache mit Elternrat entschlossen, aktiv gegen die der verantwortlichen Lehrerin den De- Umplanung ihrer Schulstraße vorzu- Bewertung der geplanten ver- mokratisch Handeln-Kurs der Mittelstu- gehen. Nachdem die Schülerinnen und kehrspolitischen Maßnahme erar- fe auf und informierte die Schülerinnen Schüler sich ein Bild bezüglich der Kon- und Schüler über die bevorstehenden sequenzen einer Tempo 30-Zone ge- beitet? Wie wird die Sitzung des Änderungen an ihrer Schulstraße. macht hatten und den Handlungsbedarf kommunalen Verkehrsausschus- erkannten, diskutierten wir im Kurs in ses vorbereitet? Welche Auswir- Der Namensgeber steht Anbindung an das Curriculum des Faches für Engagement PGW den politischen Prozess einer Um- kungen haben die Aktivitäten für In die zwei Demokratisch Handeln Kurse strukturierung der Straße zu einer Tem- die schulinterne Kommunikation? unserer Schule können sich die Schüle- po 30-Zone sowie politische Partizipati- rinnen und Schüler der Mittelstufe (Jahr- onsmöglichkeiten auf kommunaler Ebe- Durch einen Hinweis des örtlichen Poli- gang 8 – 10) sowie der Studienstufe ne. Größtenteils außerhalb ihrer Unter- zeikommissariats erfuhren wir 2016 auf (S1 – S4) im Rahmen des Wahlpflichtbe- richtszeit führten die Jugendlichen Ver- dem jährlichen Treffen der Anrainer un- reichs einwählen. Sie widmen sich dort kehrszählungen an verschiedenen Punk- seres Campusgeländes – dies sind neben in enger Kooperation mit der »You:sful ten rund um die Schule durch und be- unserem Gymnasium noch eine Grund- – Lernen durch Engagement« der Bür- fragten im großen Rahmen Schülerinnen schule, eine Kindertagesstätte, ein Kin- gerStiftung Hamburg sozialen Projek- und Schüler zu ihrer Einschätzung der derhort sowie ein Haus der Jugend – von ten. Diese können das Verantwortungs- Verkehrssicherheit. Sie verfolgten da- einer anstehenden Verkehrsplanung. Seit bewusstsein der Jugendlichen für unsere mit das Ziel, den Verkehrsausschuss auf 1983 verfolgt die Freie und Hansestadt Gesellschaft nachhaltig stärken und ih- die ohnehin rege Verkehrssituation hin- Hamburg den kontinuierlichen Ausbau nen in diesem Kontext die Erfahrung von zuweisen, welche durch eine Umstruk- des Tempo 30-Konzepts zur Verlangsa- Selbstwirksamkeit ermöglichen. Auch turierung zu einer Tempo 30-Zone noch im Sinne unseres pädagogischen Auf- »chaotischer« würde. Die Ergebnisse die- »Toll, dass ihr den Mut gefunden habt, euch mit trags durch den Namensgeber Carl von ser Analyse bzw. Umfrage reichten wir eurem Anliegen an uns zu wenden und eure Ossietzky sowie als eine von 15 Club of beim Verkehrsausschuss Wandsbek ein, Meinung hier vorzubringen. Das ist genau das Rome-Schulen setzten wir uns im beson- welcher uns wiederum zur Sitzung des bürgerliche Engagement, das wir uns immer deren Maße dafür ein, dass Schülerinnen Ausschusses im Juni 2017 einlud. gewünscht haben. Zudem hat eure Eingabe und Schüler als junge Weltenbürger ler- (Beschwerde in schriftlicher Form) eine überzeu- nen, sich in komplexen Kontexten zu ori- Auf in den Verkehrsausschuss gende Qualität, die wir nicht häufig vorfinden.« entieren, globale und lokale Entwicklun- Zur Vorbereitung führten die Schülerin- Ein Abgeordneter des Verkehrsausschusses gen zu deuten und sich mutig, kreativ nen und Schüler im Kurs eine Simulati- und tatkräftig in Entscheidungsprozes- on des Verkehrsausschusses zu unserem mung des Verkehrs in Wohngebieten. Der se einbringen. Zudem zeichnet sich un- Thema durch. Durch die Übernahme ver- Hamburger Senat beschloss 2011 einen sere Schule durch eine enge und vertrau- schiedener Rollen (z. B. Polizei, Schullei- signifikanten Ausbau der Tempo 30-Zo- ensvolle Zusammenarbeit unserer sehr tung, HVV usw.) gelang es ihnen, Argu- nen. Unsere Schulstraße, der Müssenred- aktiven Schüler- und Elternschaft mit mente aller Interessensgruppen zu antizi- der, wurde daraufhin in die Planungslis- dem Lehrerkollegium und dem Schullei- pieren und sich entsprechend argumenta- te des Bezirksamts Wandsbek aufge- tungsteam aus. tiv darauf vorzubereiten. Im Verkehrsaus- 14 Hamburg macht Schule 1|2018
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