Immobilienmärkte Deutschland - Wie schlagen sich die Gewerbeimmobilien in der Corona-Krise? - Die LBBW
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17.06.2020 Uwe Burkert, Chefvolkswirt und Leiter LBBW Research Dr. Thomas Meißner, Leiter Strategy Research Autor: Martin Güth, CQF, Senior Economist Immobilienmärkte Deutschland Wie schlagen sich die Gewerbeimmobilien in der Corona-Krise?
Executive Summary Die Corona-Pandemie hat eine neue Phase an den Immobilienmärkten eingeläutet. Die Auswirkungen sind vielfältig und sowohl negativ als auch positiv. Die scharfe Rezession belastet die Unternehmensbilanzen und das Beschäftigungsniveau. Wir rechnen mit steigendem Leerstand und erwarten vorerst nachgebende Preise. Zudem schmälert der Trend zu mehr Homeoffice den Bedarf nach Bürofläche. Zuletzt sehr niedrige Leerstandsquoten sprechen gleichwohl für eine solide Marktverfassung. Angesichts der wirtschaftlichen Vollbremsung und den verbleibenden Unwägbarkeiten wäre grundsätzlich ein Anstieg der Risikoprämien zu erwarten. An den Finanzmärkten regiert aber bereits wieder der Optimismus. Unterstützend kommt für Immobilien hinzu, dass sie als reale Assetklasse eine gewisse Sicherheit versprechen. In Europa dürfte der Standort Deutschland an relativer Attraktivität gewinnen. Per Saldo gehen wir für Büros von Preisrückgängen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich aus. Angesichts eines vermutlich anhaltend niedrigen Zinsumfelds werden langfristig orientierte Anleger wohl noch für lange Zeit kaum an der Assetklasse Immobilien vorbeikommen. 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 2
Einzelhandelsimmobilien sehr unterschiedlich von Corona-Pandemie betroffen Preisänderungen bei Einzelhandelsimmobilien und Retail-Komponente des ifo Index in % bzw. Punkten (Datenquelle der Immobilienpreise: bulwiengesa AG) • Aussagen allgemeiner Art über Einzelhandelsimmobilien zu treffen, scheint dieser Tage wenig sinnvoll – zu unterschiedlich sind die verschiedenen Segmente von der Corona-Krise betroffen. Während die Nachfrage privater Haushalte nach Nahrungsmitteln und zum Teil auch Hygieneartikeln aufgrund von Homeoffice und geschlossener Schulen sogar anstieg, auch Bau- und Gartenmärkte vereinzelt über steigende Umsätze berichteten, waren als nicht systemrelevant eingestufte Geschäfte (z.B. für Bekleidung oder Reisebüros) viele Wochen komplett geschlossen. Dieses ambivalente Bild kommt auch im ifo Index zum Ausdruck, der zwar deutlich gefallen, aber nicht historisch niedrig ist. • Die finanzielle Not von Einzelhändlern trifft auch die Immobilien- wirtschaft. Um eine angemessene Lastenverteilung zu erzielen und sich in einem Umfeld fehlender Rechtssicherheit langwierige Streitigkeiten zu ersparen, haben am 3. Juni die Dachverbände von Einzelhandel (HDE) und Immobilienwirtschaft (ZIA) einen Verhaltenskodex veröffentlicht, wie sich Einzelhändler und ihre Vermieter dieser Tage arrangieren könnten. Dieser ist rechtlich nicht bindend und soll nur eine Richtschnur für die Verhandlungen beider Parteien darstellen, da nun mal jeder Fall individuell ist. • Für den Regelfall sieht die Empfehlung von HDE und ZIA vor, für die Dauer einer staatlich angeordneten Betriebsschließung eine Mietreduzierung um 50% vorzunehmen und auch für die folgenden drei Monate noch eine gewisse Mietreduktion zu vereinbaren. Quelle: Refinitiv, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 3
Für Büroimmobilien ist die Entwicklung 2008/2009 aktuell vermutlich nicht der richtige Maßstab Wachstum der Büropreise und ifo Geschäftsklimaindex in % bzw. Punkten (Datenquelle der Immobilienpreise: bulwiengesa AG) • In den zurückliegenden Jahrzehnten zeigte sich eine deutliche Parallelität zwischen dem Wirtschaftswachstum und der Preisentwicklung von Büroimmobilien. • Für das laufende Jahr prognostizieren wir einen Rückgang des realen BIP um 7%. Eine ähnlich scharfe Rezession ereignete sich zuletzt 2008/2009. Wir rechnen aktuell gleichwohl mit stärkeren Preisrückgängen als damals. • So dümpelte der deutsche Markt von Mitte der 1990er Jahre bis 2008 nur vor sich hin, während er aktuell seit einigen Jahren zweistelliges Preiswachstum aufweist. In diesem Zuge hat sich sein Bewertungsniveau deutlich erhöht. Quelle: Refinitiv, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 4
Büroimmobilien: Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 hinterließ scharfe Bremsspuren in Europa Büropreise in ausgewählten europäischen Städten indexiert, Q1 2007 = 100 (Datenquelle der Immobilienpreise: Colliers) 300 • Auch der Blick zu den europäischen Nachbarn 280 spricht u.E. dafür, die Berlin deutsche Preisentwicklung 260 2008/2009 nicht als alleinigen 240 Maßstab für die aktuelle Situation zu verwenden. In 220 vielen Städten waren damals 200 Preiseinbußen von 20% und Frankfurt, Hamburg, mehr zu verbuchen. 180 Köln, München • Der deutsche Markt dürfte in 160 den vergangenen Jahren eher Berlin etwas „internationaler“ 140 geworden sein und ein 120 höheres Maß an Volatilität aufweisen als früher. 100 Amsterdam, • Allerdings waren einige 80 Kopenhagen, Lissabon, europäische Märkte 2008 heiß Paris Mailand, Rom gelaufen, die Banken in einer 60 Krise und der Ausgang der 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Krise höchst ungewiss. Daher Amsterdam Berlin Frankfurt a.M. Hamburg rechnen wir aktuell mit einem Köln Kopenhagen Lissabon Mailand milderen Preisrückgang als in München Paris Rom Stockholm den europäischen Städten Quelle: Bloomberg, LBBW Research damals. 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 5
Büroimmobilien: Nachlassender Beschäftigungsanstieg sollte Knappheit an Büroflächen entschärfen Mietauslastung vs. Beschäftigung Jahres- bzw. Quartalsdaten, Daten zur Beschäftigung bis inkl. Q1 2020 1,5 700 • Die Anzahl der im Dienst- leistungssektor beschäftigten Angestellten ist in Deutsch- 1,0 600 land in den vergangenen Jahren beständig angestiegen und hat zu einem wachsen- 0,5 500 den Bedarf an Büroflächen geführt. Die Leerstandsquoten 0,0 400 für Büros sind sukzessive gesunken bzw. die Mietauslastung ist gestiegen. -0,5 300 • Bereits vor Corona hat der Beschäftigungsaufbau in den -1,0 200 relevanten Sektoren dann spürbar nachgelassen. -1,5 100 • Die für 2020 erwartete Rezession dürfte den Arbeitsmarkt massiv belasten. -2,0 0 Vor diesem Hintergrund 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 erwarten wir einen Anstieg der Veränderung Mietauslastung (%-Punkte, linke Skala) Leerstände bzw. einen Dienstleister*: Beschäftigungsanstieg über 12 Monate (in 1000, rechte Skala) Rückgang der Mietauslastung. * Hier: Dienstleister = Öffentlicher Dienst, Gesundheit, Bildung, Immobilien, Banken, Versicherungen, IT, Kommunikation, Business Services Quelle: Deutsche Bundesbank, Refinitiv, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 6
Der Preisanstieg bei Büros übersteigt das durch die Leerstandsquote erklärbare Ausmaß – Rückschlag erwartet Mietauslastung ggü. Preisentwicklung Veränderung der Mietauslastung u. Preise (100% - Leerstandsquote) in Prozent bzw. Index in Prozentpunkten bzw. Prozent 106 240 3,0 20 104 220 2,5 15 2,0 102 200 1,5 10 100 180 1,0 98 160 0,5 5 96 140 0,0 0 -0,5 94 120 -1,0 -5 92 100 -1,5 90 80 -2,0 -10 Mietauslastung 127 Städte Büroimmobilienpreise (rechte Skala) 127 Städte Büroimmobilienpreise (Y/Y, rechte Skala) • In der Vergangenheit ließ sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Leerstandsquote und der Preisentwicklung feststellen. Noch deutlicher wird der Zusammenhang bei Betrachtung der Veränderung der Mietauslastung im Vergleich zum Vorjahr und der Veränderungsrate der Preise (rechte Grafik). • Ab dem Jahr 2015 hat sich die Preisentwicklung von der Mietauslastung entkoppelt. Insbesondere die Auswirkungen einer äußerst expansiven Geldpolitik der EZB und ein sich immer weiter verfestigendes Niedrigzinsumfeld dürften hierin zum Ausdruck kommen. • Ein durch die Corona-Krise zu erwartender Rückgang der Mietauslastung dürfte die Immobilienpreise nun spürbar belasten. Quelle: Deutsche Bundesbank, bulwiengesa AG, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 7
Bautätigkeit von Corona-Krise beeinträchtigt, aber kein massiver Einbruch erwartet ifo Geschäftsklima und Indizes für den Bau 120 120 • Die aus der ifo Umfrage ermittelten Indizes für die 115 115 Baubranche sind zwar kräftig gefallen, sie sind von 110 110 historischen Tiefständen aber noch weit entfernt. 105 105 • Wohnen Der Index für den Gewerbe- 100 100 bau notiert inzwischen deutlich tiefer als etwa jener 95 95 für den Wohnungsbau, was Gewerbe die Vermutung nahelegt, dass 90 90 vor allem in diesem Segment Aufträge storniert werden. Der 85 85 Anteil der Unternehmen im Bauhauptgewerbe, die eine 80 80 Behinderung der Bautätigkeit aufgrund Stornierungen mel- 75 75 den, hat sich laut ifo Umfrage von Januar bis Mai von 3,4% 70 70 auf 10,9% erhöht. 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 • Die Bautätigkeit dürfte in Wohnungsbau Öffentlicher Bau Gewerbebau ifo Geschäftsklima (alte Methodik) Zukunft zwar etwas niedriger ausfallen als bisher. Ein massiver Einbruch der Quelle: Refinitiv, LBBW Research Bautätigkeit zeichnet sich u.E. bislang aber nicht ab. 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 8
Viele Bauprojekte noch in der Pipeline – Leerstand dürfte nach vielen Jahren des Rückgangs nun steigen Baugenehmigungen und -fertigstellungen von Büro- und Verwaltungsgebäuden Nutzfläche, indexiert, 2010 = 100 450 450 • In einer vom 13. bis 20. Mai durchgeführten Umfrage des Hauptverbands der 400 400 Deutschen Bauindustrie (HDB) gaben zwar 59% der 350 350 Befragten an, in ihrer Leistungserbringung durch die 300 300 Corona-Auswirkungen behindert zu werden. Die 250 250 Auswirkungen seien bei drei Vierteln davon aber gering. 200 200 • Angesichts des zurückliegen- den starken Anstiegs der 150 150 Baugenehmigungen für Büro- und Verwaltungsgebäude 100 100 dürften die Baufertigstel- lungen vorerst robust bleiben. 50 50 • Im Ergebnis gehen wir davon aus, dass die Nachfrage nach 0 0 Büroflächen aktuell schneller 1992 1996 2000 2004 2008 2012 2016 2020 sinkt als das Angebot, so dass die Leerstandsquoten steigen. Baufertigstellungen Baugenehmigungen: Jahresdaten Quartalsdaten Quelle: Deutsche Bundesbank, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 9
Büroimmobilien: Leerstandsquoten in deutschen Großstädten im europäischen Vergleich sehr niedrig Leerstandsquote in %; Datenquelle: Colliers; Daten zumeist per Q1 2020, teils noch Q4 2019 • Der Leerstand von Büros war 12 in Deutschland im vergan- genen Jahr ausgesprochen niedrig. Dies gilt sowohl im 10 Vergleich zu früheren Jahren als auch im Vergleich zu anderen Städten in Europa. 8 • Der Markt für Büroimmobilien in Deutschland geht damit 6 zwar angesichts der zurück- liegenden Preisanstiege mit einem erhöhten Bewertungs- 4 niveau, aber aus der Position einer fundamental gesunden Verfassung in die durch die 2 Corona-Maßnahmen ausgelöste Rezession. • Vielerorts geht es aktuell mehr 0 um eine Entschärfung der preistreibenden Knappheit denn um ein echtes Überangebot, das entsteht. Quelle: Bloomberg, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 10
Deutschland: Hort der (relativen) Stabilität in der Krise? Staatsschuldenquoten (in % des BIP) Reales BIP, Prognosen des LBBW Research mit Prognosen der EU-Kommission indexiert, 2019 = 100 180 102 160 100 140 98 120 96 100 94 80 92 60 90 40 20 88 0 86 Deutschland Frankreich Italien Spanien 2019 2020 2021 2019 2020 2021 Deutschland Frankreich Italien Spanien • In den vergangenen Jahren hat Deutschland die Verschuldung der • Auch wirtschaftlich wird Deutschland gemäß unseren Prognosen öffentlichen Haushalte deutlich reduziert und hat nun mehr wohl besser durch die aktuelle Krise kommen. Ressourcen, um der wirtschaftlichen Krise zu begegnen. • Die relative Attraktivität Deutschlands im Vergleich zu anderen • Gemäß Prognosen der EU-Kommission dürfte die deutsche Euro-Staaten dürfte im Zuge der Corona-Pandemie daher Staatsschuldenquote im kommenden Jahr weiterhin deutlich steigen – sowohl für Arbeitskräfte als auch mit Blick auf geringer ausfallen als jene anderer großer Euro-Staaten. Anlageentscheidungen. • Dem deutschen Immobilienmarkt sollte dies zugutekommen. Quelle: Refinitiv, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 11
Niedrige Anleiherenditen suggerieren komfortable Risikoprämien von Immobilien – doch Vorsicht! Nettoanfangsrenditen für Büro- und Einzelhandelsimmobilien (Core-Objekte) in Prozent • Der deutlich schnellere 7 7 Anstieg der Preise im Vergleich zu den Mieten hat 6 6 zu einem Rückgang der Mietrenditen geführt. 5 5 • Ein Vergleich der Mietrenditen mit den Renditen 4 4 langlaufender Anleihen liegt auf der Hand. Doch es ist ein 3 3 Vergleich von Äpfeln mit Birnen. So dürfte das Risiko ausbleibender Zinszahlungen 2 2 bei Bundesanleihen deutlich geringer sein als jenes aus- 1 1 bleibender Mieteinkünfte im Falle von Immobilien. Zudem 0 0 erhält der Investor bei Immobilien am Ende der -1 -1 Nutzungsdauer seinen Kapitaleinsatz nicht wieder zurück. Allerdings dürften Immobilien im Gegensatz zu Anleihen über einen gewissen 7 Städte 120 Städte 127 Städte Rendite 30Y Bund Schutz ggü. Inflation verfügen. Quelle: Deutsche Bundesbank, bulwiengesa, Refinitiv, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 12
Exkurs: Betrachtung der Mietrendite unter Berücksichtigung von Nutzungsdauer, Erhaltungsaufwendungen und Inflation Mietrendite vs. tatsächliche Rendite in Prozent 7 7 • Um den Unterschieden zwischen Anleihen und Immobilien besser Rechnung zu tragen, haben wir eine Szenario-Rechnung für die 6 6 Rendite eines Immobilieninvestments für die gesamte Nutzungs- dauer einer Immobilie bestimmt und dazu folgende Annahmen getroffen: 5 5 • Verbleibende Nutzungsdauer: 40 Jahre. • Am Ende bleibt nur der Grundstückswert. 4 4 Dieser hat einen Anteil von 25% am Kaufpreis. • Grundstückspreise und Mieten steigen 3 3 mit einer Rate von 2% p.a. (Inflation). • Erhaltungsaufwendungen: 2% p.a. 2 2 • Als Mietrendite verwenden wir die Nettoanfangsrenditen, wie sie für Büro- und Einzelhandelsimmobilien von der Deutschen 1 1 Bundesbank auf Basis von bulwiengesa-Daten für Core-Objekte veröffentlicht werden. 0 0 • Die Annahmen für diese Berechnung dürften eher vorsichtig gewählt sein und sollen beispielhaft die Bandbreite aufzeigen, in welcher Größenordnung die tatsächliche Rendite der Kapitalanlage unterhalb der Nettoanfangsrendite liegen könnte. Je niedriger die 7 Städte, Mietrendite 120 Städte, Mietrendite Mietrendite ist, desto größer ist der Unterschied zwischen beiden 7 Städte, Rendite 120 Städte, Rendite Renditen. Für die Top-7-Städte lag die so berechnete adjustierte Rendite im Jahr 2019 nur noch hauchdünn im positiven Bereich. Quelle: Deutsche Bundesbank, bulwiengesa, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 13
Vergleich der adjustierten Renditen der Immobilien mit Anleihen fällt nicht mehr so eindeutig aus Adjustierte Mietrenditen vs. Swapsatz Adjustierte Mietrenditen vs. Corporates in Prozent in Prozent 7 7 10 10 6 6 9 9 5 5 8 8 4 4 7 7 3 3 6 6 2 2 5 5 1 1 4 4 0 0 3 3 -1 -1 2 2 -2 -2 1 1 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2008 2009 2010 0 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2008 2009 2010 7 Städte 120 Städte 30Y EUR-Swap 30Y EUR-Swap real 7 Städte 120 Städte BBB 7Y-10Y • Vergleicht man die auf der vorherigen Seite berechneten adjustierten Mietrenditen mit dem Anleihemarkt, resultiert ein differenzierteres Bild. Da es sich bei Immobilien um reale Güter handelt und Preise und Mieten im Falle von Inflation zu einem gewissen Grad ansteigen sollten, liegt ein Vergleich mit der Rendite inflationsgeschützter Anleihen nahe. Dies haben wir in der linken Grafik mittels der Swapsätze umgesetzt, wobei wir vom 30-jährigen nominalen Swapsatz den 30-jährigen Inflationsswap abgezogen haben. Die Daten reichen bis 2008 zurück. • Auf dieser Basis erscheint der Renditerückgang von Immobilien in den sieben größten Städten in den vergangenen sieben Jahren stärker als jener der realen Swapsätze. Ihr Bewertungsniveau ist also auch im relativen Vergleich gestiegen. Für die kleineren Städte gilt dies nicht. • Im Vergleich zu Unternehmensanleihen mit BBB-Rating war der Renditerückgang von Immobilien in kleineren Städten in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren sogar eher geringer als jener der Anleihen. Quelle: Deutsche Bundesbank, bulwiengesa, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 14
Zinsumfeld spricht weiterhin für Immobilien 10-jähriger Zinssatz und Prognosen des LBBW Research 6 • Die aktuelle Rezession sowie die expansive Geldpolitik der EZB werden wohl noch für 5 viele Jahre für ein im historischen Vergleich niedriges Zinsumfeld sorgen. 4 • Dies sollte der Attraktivität von Immobilien zugutekommen, denn dadurch bleibt die 3 Finanzierung erschwinglich, und für Kapitalanleger stellt der Immobilienmarkt eine 2 interessante Alternative zum Anleihemarkt dar. 0,95 1,05 • Da das Zinsniveau aber auch 1 0,70 schon im vergangenen Jahr 0,45 ausgesprochen niedrig war, 0,25 -0,05 sollte der zusätzliche Schub 0 überschaubar bleiben. • Der Zinsausblick spricht gleichwohl dafür, dass das -1 Bewertungsniveau von 10Y EUR-Swap LBBW Research Planungsprämissen Immobilien auch künftig höher sein wird als in früheren Quelle: Refinitiv, LBBW Research Jahrzehnten. 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 15
Experimentelle Geldpolitik und Staatsschuldenspirale sind Argumente für Kapitalanlage in realen Assets EZB-Nettokäufe je Marktsegment und Monat sowie bisheriger Planwert (zeitanteilig bis Mitte 2021; in Mrd. Euro) • Die Geldpolitik der EZB ist nicht 160 nur extrem locker in Gestalt 140 niedriger Zinsen. Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 120 vor gut zehn Jahren zählen auch „unkonventionelle“ 100 Maßnahmen wie großvolumige Anleihekäufe zu den Instrumen- 80 ten der EZB. Durch die Corona- 60 Krise kommen diese nun wieder intensiv zum Einsatz. 40 • Nach wie vor handelt es sich bei dieser Art von Geldpolitik 20 um ein Experiment, das mit 0 Risiken behaftet ist. Dies gilt umso mehr, da sich in vielen -20 Staaten ein immer höherer Mrz. 15 Mrz. 16 Mrz. 17 Mrz. 18 Mrz. 19 Mrz. 20 Mrz. 21 Schuldenberg auftürmt. PEPP • Reale Assets wie Immobilien Unternehmensanleihen (CSPP) versprechen vor diesem Öffentliche Anleihen (PSPP) Hintergrund eine gewisse Covered Bonds + ABS Sicherheit im Vergleich zu Zielwert und Projektion bis Mitte 2021 (PEPP: zeitanteilige Aufteilung) Finanzaktiva wie Anleihen oder Aktien. Quelle: EZB, Bloomberg, LBBW Research 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 16
Steigende Risikoprämien angesichts von Rezession und Unsicherheit? Deutscher Aktienindex und Asset Swap Spread des iBoxx € Non-Fin. in Indexpunkten bzw. Basispunkten • Angesichts der Schärfe der 16000 350 Rezession wäre u.E. derzeit ein gewisser Risikoaufschlag 14000 300 für Risikoassets angezeigt. • Im Wechselspiel zwischen 12000 Angst und Gier (oder FOMO – 250 fear of missing out –, wie es inzwischen gern genannt wird) 10000 ist aber das Pendel in den 200 vergangenen Wochen wieder 8000 deutlich in Richtung Risikofreude ausgeschlagen. 150 6000 • Wir sind skeptisch, ob dies schon das letzte Wort ist. Mit 100 einem wirklich deutlichen 4000 Rückschlag rechnen wir gleichwohl nur für den Fall 2000 50 eines neuerlichen Auslösers, so wie auch 2008 der Kurs- verfall ohne die Lehman-Pleite 0 0 vermutlich erheblich geringer 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 geblieben wäre. DAX (linke Skala) iBoxx € Non-Financials (rechte Skala) • Für Immobilien erwarten wir nur einen leichten Anstieg der Quelle: Refinitiv, LBBW Research Risikoprämien. 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 17
Zuflüsse in offene Immobilienfonds nach einer Reihe von starken Monaten im März nun spürbar schwächer Transaktionen an Anteilen offener Immobilienfonds in Mrd. Euro, Monatsdaten 16 • Die Entwicklung der Kapitalzuflüsse offener 14 Immobilienfonds illustriert das in den vergangenen Jahren gestiegene Interesse der 12 Marktteilnehmer an Immobilien. Es dürfte kein 10 Zufall sein, dass vor allem, seitdem die EZB mit ihren 8 massiven Anleihekäufen im Jahr 2015 startete, vermehrt 6 Kapital in die Fonds floss. 4 • Im März, als die Auswirkungen der Corona- Pandemie zunehmend 2 greifbarer wurden und die globalen Aktienindizes 0 einbrachen, blieben die 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Zuflüsse deutlich verhaltener. -2 • Gleichwohl blieben die Netto- -4 Käufe im positiven Bereich, so dass angesichts der starken Netto-Käufe Netto-Käufe, gl. 12-Monatsdurchschnitt Zuflüsse zuvor die Entwicklung nicht alarmierend Quelle: EZB, LBBW Research erscheint. 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 18
EZB erwartet Preisrückgänge – Einschätzungen aus ihrem Finanzstabilitätsbericht vom 26. Mai 2020 FTSE/EPRA/Nareit Aktienindizes für den Euroraum 17.02.2020 = 100 110 • “Commercial real estate (CRE) markets entered the pandemic at bis hierher im Bericht the peak of a cycle, with tentative signs of moderation already 100 der EZB enthalten showing.” • “In general, CRE prices appear to have grown faster in recent 90 years than would be justified by fundamental data, resulting in potentially stretched current valuations, in particular in prime segments, also reflected in low CRE yields.” 80 • “Commercial real estate tends to be sensitive to economic activity 70 and to react strongly to a slowdown, as lower profitability of NFCs [Anm.: non-financial corporates] likely results in a decreased demand for commercial leasable space. These effects are likely to 60 be pronounced as a result of the pandemic, as also suggested by developments in the equity prices of CRE investment trusts in 50 sectors where the impact has been the strongest.” (see Chart) • “The negative effects of the shock are expected to be widespread 40 as almost all sectors of the economy have been hit, but they are pronounced in the non-food retail, restaurant and hotel sectors.” 30 17.02.20 17.03.20 17.04.20 17.05.20 17.06.20 • “The risk of house and CRE price corrections is increasing, especially in countries where prices are stretched. The CRE sector Office Retail Residential has been affected by the shock faster than the RRE sector and may face structural changes over the longer term. For example, lower demand for office space due to different working arrangements and lower demand for hotel rooms as business travel might be reduced owing to new working technologies and Quelle: Refinitv, EZB, LBBW Research methods.” 17.06.2020 LBBW Research - Immobilienmärkte Deutschland 19
Fazit • Wir hatten bereits vor einem Jahr die Erwartung geäußert, dass sich die kräftige Aufwärtsdynamik der Immobilienpreise der vergangenen Jahre abschwächen dürfte. Wesentlich für diese Einschätzung war, dass wir von einer Bodenbildung der Leerstandsquoten ausgingen, da sich das Beschäftigungswachstum immer weiter verlangsamte und die Bautätigkeit zunahm. Für 2020 hatten wir einen ersten Preisrückgang in Aussicht gestellt (vgl. Blickpunkt vom 31.07.2019 „Gewerbeimmobilienmarkt Deutschland – Konjunkturdelle dürfte gesunde Konsolidierung bringen“). • Das Risiko einer „Verkaufslawine“ hatten wir gleichwohl als gering eingestuft, u.a. deshalb, weil durch die unkonventionelle Geldpolitik der EZB vor allem Eigenkapital bei Marktakteuren freigesetzt werde, so dass im Falle von Preisrückgängen das Risiko einer Kettenreaktion aus erzwungenen Liquidationen und aus dadurch weiter fallenden Preisen vergleichsweise gering sei. • Der Konjunktur- und Beschäftigungsausblick hat sich – bedingt durch die Covid-19 Pandemie – seither zwar massiv verschlechtert. Wir gehen aber weiterhin davon aus, dass dadurch nicht massenhaft Verkäufe getätigt werden. Weiterhin regiert Anlagenotstand. Angesichts zu erwartender höherer Leerstandsquoten, eines geringeren Mietwachstums sowie einer tendenziell verschlechterten Solvenz der Mieter rechnen wir gleichwohl mit Marktpreiskorrekturen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. Angesichts jährlicher Preissteigungen von 10% bis 15% in den Jahren 2015 bis 2019 sollte dies für den Markt gut verkraftbar sein.
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