Ohne Talar und Amtskette - Bernd Scholz-Reiter: Ein Uni-Rektor mit Eigensinn - Deutsches Studentenwerk
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www.studentenwerke.de 3/2021 Das Magazin des Deutschen Studentenwerks Anja Steinbeck Die Rektorin der Universität Düsseldorf über Studieren in der Pandemie Theresia Bauer Die grüne Wissenschaftsministerin meldet sich auf Bundesebene Matthias Anbuhl und Achim Meyer auf der Heyde Der neue und der alte DSW-Generalsekretär im Dialog Ohne Talar und Amtskette Bernd Scholz-Reiter: Ein Uni-Rektor mit Eigensinn
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EDITORIAL: EIN GESPRÄCH »Seit 2006 äußern sich im DSW-Journal die Menschen, die sich für die Wissenschafts- und Hochschulpolitik in diesem Land engagieren« Achim Meyer auf der Heyde »Als treuer Leser des DSW-Journals Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks bis 30.09.2021 habe ich extrem viel darüber gelernt, was die Studierendenwerke alles leisten. Ich habe mich mal gefreut, mal gewundert, mal auch geärgert« Matthias Anbuhl Generalsekretär/Vorstand des Deutschen Studentenwerks seit 01.10.2021 matthias.anbuhl@studentenwerke.de Achim Meyer auf der Heyde: Lieber Herr Anbuhl, während der Ar- die Woche hinaus von Relevanz sind. Und die es verdienen, gründ- beiten an dieser Ausgabe DSW-Journal 3/2021 haben Sie das Amt des lich analysiert, kritisch kommentiert zu werden, und die auch Pers- Generalsekretärs des Deutschen Studentenwerks übernommen, und pektiven gegen den Mainstream aufzeigen. Das DSW-Journal ist ein nun darf ich Ihnen auch die Verantwortung übergeben für das DSW- Forum für hochschul- und bildungspolitische Debatten – und es er- Journal, unser wissenschafts- und bildungspolitisches Magazin. Wir laubt uns zugleich, auf das Credo und die Sache der Studentenwerke sind im sechzehnten Jahr unseres Erscheinens, blicken auf inzwi- aufmerksam zu machen. schen sechzig Ausgaben zurück. Das DSW-Journal ist das Flaggschiff Seit 2006 äußern sich im DSW-Journal die Menschen, die sich für die unserer politischen Kommunikation, es hat sich etabliert und wird Wissenschafts- und Hochschulpolitik in diesem Land engagieren – in der ‚Scientific Community‘ aufmerksam gelesen, wie die Vielzahl immer auch mit dem Blick, was das für die Studierenden bedeutet. an Rückmeldungen seit der ersten Ausgabe kontinuierlich bestätigt. Aktuell in dieser Ausgabe Anja Steinbeck, die Rektorin der Heinrich- Hegen und pflegen Sie es gut! Heine-Universität Düsseldorf und Sprecherin der Universitäten in der Hochschulrektorenkonferenz, oder Theresia Bauer, die grüne Matthias Anbuhl: Das will ich gerne tun, lieber Herr Meyer auf der Wissenschaftsministerin Baden-Württembergs, oder die Spitzen der Heyde. Nach 18 Jahren im Amt, 16 Jahre davon buchstäblich an ‚vor- Wissenschaftsorganisationen und Sozialpartner mit ihrer Analyse, derster Front‘ an dieser Stelle im Magazin, ist das ja auch Teil Ihres was die neue Bundesregierung als erstes anpacken muss. Und wie Vermächtnisses. Ich kann Ihnen gerne den Eindruck spiegeln vom immer findet sich ein Porträt im DSW-Journal, diesmal von Bernd DSW-Journal, den ich als bisheriger treuer Leser und damit Teil der Scholz-Reiter, dem Rektor der Universitäten Bremen. Zielgruppe davon bekommen habe. In den vielen Jahren, da ich beim Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds die Abteilung Anbuhl: Sehr schön. Dann kann ich es jetzt ja gestehen. Bildungspolitik und Bildungsarbeit geleitet habe, habe ich das DSW- Journal in der Tat sehr aufmerksam gelesen. Ich habe extrem viel Meyer auf der Heyde: Was denn? darüber gelernt, was die Studierendenwerke alles leisten. Ich habe mich mal gefreut, mal gewundert, mal aber auch geärgert – ich glau- Anbuhl: Dass ich immer schon etwas im DSW-Journal schreiben Fotos: Kay Herschelmann (Editorial und Cover) be, das ist das Beste, was man über ein Magazin sagen kann, nicht wollte. wahr? Dass es einen nicht langweilt? Meyer auf der Heyde: Das können Sie ab sofort immer. Meyer auf der Heyde: Ja, unser Ziel war ein Magazin abseits klassi- scher, eher nach innen gerichteter Verbandszeitschriften. Mit einem besonderen Themenmix wollten wir überraschen, irritieren, auch mal provozieren. Dazu greifen wir Themen auf, die über den Tag und DSW JOURNAL 3/2021 3
Das Magazin des Deutschen Studentenwerks Heft 3 Oktober 2021 POLITIK PRAXIS #Wohnheimliebe Beim Studierendenwerk Münster finden Studierende zusammen / 22-25 PRIORITÄT! Das wollen die Wissenschaftsorganisatio- nen von der Bundesregierung / 18-21 DHV Bernhard Kempen Fotos: Kay Herschelmann | Michael Münch | Till Eitel/Deutscher Hochschulverband »Nicht disruptiv genug« Die HRK-Sprecherin der Universitäten, Anja Steinbeck, im Interview / 12-17 »Der Bund sollte gemeinsam mit den Ländern ein Pendant für Universitäten zum Digitalpakt Schule auflegen« 4 DSW JOURNAL 3/2021
INHALT PROFIL PERSPEKTIVE EIS D E SPR BUN ÜR DE 25. F E REN I TUD U N STS 2021 K Leyla Yenirce Bernd Scholz-Reiter Mike Gardner Atelierbesuch bei der Preisträgerin des 25. Der Rektor der Universität Bremen Nimmt China über seine Konfuzius- Bundespreises für Kunststudierende / 26-29 im Porträt / 30-33 Institute zu viel Einfluss? / 34-35 STANDORT 13 FRAGEN AN … 100 Jahre Studierendenwerk Freiburg Theresia Bauer (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Wissen- und Studentenwerk Leipzig / 8-9 schaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg / 36-37 Fotos: Marie Staggat | Kay Herschelmann I Rolf Schulten I Illustration: Christoph Vieweg STANDORT STANDORT Freiburg: »Du studierst, wir machen den Rest« Leipzig: Damit Studieren gelingt Das Studierendenwerk Freiburg feiert 100-jähriges Bestehen 3.235 100 Kita-Plätze , Kitas, plus 2 47.935 MEINE10 STIMME 3 1 HAT AUCH AUF Auch das Studentenwerk Leipzig wird 100 Jahre alt Kitas + Kinderladen 286 BUNDESEBENE 3.911 GEWICHT Sozialberatungen 20 weitere Plätze in 3 Kooperationen Studierende Mensen & Cafeterien Kita-Plätze 3.515 5.411 236 € Zahlen aus 2020 Psychologische Beratungskontakte Wohnheimplätze Durchschnittliche Miete im Wohnheim Leipzig Sozialberatungen 259 Hochschule Kehl 1.328 Studierende Hochschule Offenburg 4.357 Studierende 290 € 39.526 Universität Leipzig 2.242 Beratungskontakte Durchschnittliche Miete Studierende 39.526 Studierende Rechtsberatung im Wohnheim Psychologische Hochschule Furtwangen Beratungskontakte 370 Kehl 6.003 Studierende 2,1 Mio 5.276 Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur 6.139 Studierende Hochschule für Musik und Theater 1.163 Studierende Beschäftigte Offenburg Duale Hochschule Baden- ausgegebene Essen* Wohnheimplätze Hochschule für Grafik und Buchkunst 508 Studierende 381 Rechtsberatungkontakte Württemberg Villingen- Handelshochschule Leipzig 623 Studierende 250 Rechtsberatungen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 23.938 Studierende Freiburg Furtwangen Villingen-Schwenningen Schwenningen 2.501 Studierende 11 Mio € 325 Hochschule für Telekommunikation 698 Studierende BA Sachsen - Staatliche Studienakademie Leipzig 583 Studierende 131 Rechtsauskünfte Umsatz Beschäftigte Hochschule für Musik Freiburg 606 Studierende Hochschulgastronomie* iba Leipzig - Internationale Berufsakademie 413 Studierende BAföG 9.550 1,7 Mio € BAföG-Geförderte (Inland) Lörrach Katholische Hochschule Freiburg 1.772 Studierende Duale Hochschule BAföG 5.264 ausgegebene Essen 7,3 Mio € Evangelische Hochschule Freiburg 970 Studierende Pädagogische Hochschule Freiburg Baden-Württemberg Lörrach 1.653 Studierende 28 BAföG-Geförderte (Inland) *Zahlen aus 2019 Umsatz Hochschulgastronomie Mensen & Cafeterien* 4.807 Studierende Disziplin, Rücksicht – und Ideen »Wir sind stolz auf 5.411 Wohnheimplätze« »Ein unverzichtbarer Partner« »Traditionellen Kern bewahrt« »Paritätische Mitbestimmung« Wir unterstützen rund 50.000 Stu- Eine exzellente Hochschule kann In unserer wechselhaften Die paritätische Mitbestimmung dierende in Freiburg und nur dann ihrem Anspruch gerecht Geschichte haben wir einen von Studierenden: Die Gründung Umgebung. Vor allem liegt uns die werden, wenn sie ihre Studieren- traditionellen Kern bewahrt, erfolgte 1921 durch sieben Studie- für die Lehre! Bereitstellung von bezahlbarem den individuell fördert und so uns gleichzeitig flexibel an die rende und der Mensabetrieb lief und gleichzeitig hochwertigem zu mehr Chancengleichheit und sich wandelnden Rahmenbedin- dank der studentischen Helfer- Clemens Metz Wohnraum an allen Hochschulor- Prof. Dr. Kerstin Krieglstein Bildungsgerechtigkeit beiträgt. Das Dr. Andrea Diekhof gungen und Bedarfe der Dominik Schwarz schaft. Noch heute bewirkt die Geschäftsführer des Rektorin der Universität Freiburg, Geschäftsführerin des Verwaltungsratsvorsitzender Studierendenwerks Freiburg ten am Herzen und wir sind stolz Vorsitzende des Verwaltungsrats Studierendenwerk Freiburg ist hier Studentenwerks Leipzig Studierenden angepasst und des Studentenwerks Leipzig paritätische Mitbestimmung in darauf, dass wir den Studierenden des Studierendenwerks Freiburg ein verlässlicher und unverzicht- stetig weiterentwickelt und so den Gremien, dass Studierende heute 5.411 Wohnheimplätze zur barer Partner. Es unterstützt die eine bedarfsgerechte, leistungs- und Studentenwerk partner- Fotos: Kay Herschelmann Was sich DSW-Präsident Rolf-Dieter Postlep von den Fotos: Anne Weinrich Verfügung stellen können. Denn Studierenden in allen Bereichen fähige und krisentaugliche sozi- schaftlich und solidarisch zusam- ein Dach über dem Kopf gehört zu des täglichen Lebens, getreu dem ale Infrastruktur für die Studie- menarbeiten – damit Studieren in den elementaren Voraussetzungen, Motto „Du studierst, wir machen renden geschaffen. Leipzig gelingt! damit Studieren gelingt. den Rest“. Studierenden zum Wintersemester 2021/2022 wünscht / 38 8 DSW JOURNAL 3/2021 DSW JOURNAL 3/2021 9 DSW JOURNAL 3/2021 5
COMMUNITY WINTERSEMESTER 2021/2022: 2G, 3G – DIE PROFS KONTROLLIEREN! HEIKO SAKURAI DEUTSCH-FRANZÖSISCH: »ABSTÄNDE« »Von Weitem bleiben wir nah« FOTOWETTBEWERB Eine schwarz-weiß Aufnahme von ei- nem Lehrer, der in einem Klassenzimmer etwas an der Tafel zeigt, während er in einen Laptop blickt, der aufgeklappt vor ihm steht. Mit diesem Motiv gewinnt Zentar El Amine, Psy- chologiestudent an der Universität Paris-Nanterre, den sechsten Fotowettbewerb der französischen und deutschen Studierendenwerke für Studierende,Thema: „Abstände“. Das Motiv „Von Weitem bleiben wir nah“ verbildlicht die Thema- tik des Distanzunterrichts, der während der Corona-Pande- mie in Deutschland und Frankreich den Schulalltag geprägt hat. „Das Foto wurde in einer kleinen Dorfschule aufgenom- men, in der ein Freund von mir arbeitet, der sich bereit er- klärte, mich dorthin einzuladen, als ich ihm meine Idee für Foto: Zentar El Amine das Foto präsentierte“, erzählt Zentar El Amine. Für sein Sie- ger-Foto erhielt er 1.000 Euro Preisgeld. ml Mit diesem Foto hat der französische Student Zentar El Amine den ersten Preis in Höhe von 1.000 Euro gewonnen. » www.studentenwerke.de/de/Fotowettbewerb 6 DSW JOURNAL 3/2021
CAMPUS PERSONALIA Ein Interimsmanager Prägende Erfahrung Führungskraft mit bleibt Studierendenwerk IT-Background SEBASTIAN BÖSTEL ist seit dem 1. Mai 2021 WOLFGANG RETTICH führt seit dem 6. Sep- ULRICH SCHMIDT ist seit dem 1. September regulärer Geschäftsführer des Studierendenwerks tember 2021 die Geschäfte des Studierenden- 2021 Geschäftsführer des Studierendenwerks Pa- Aachen, das er zuvor seit Dezember 2020 kom- werks Darmstadt. Der 1978 im bayerischen Frei- derborn, welches rund 27.000 Studierende an drei missarisch geführt hatte. Der 55-jährige Bonner sing geborene Sozialwissenschaftler studierte nach Hochschulen in Paderborn und Hamm-Lipptstadt arbeitete die letzten Jahren als Interimsmanager in einer kaufmännischen Ausbildung auf dem zweiten betreut. Er absolvierte nach einer Ausbildung zum verschiedenen Leitungspositionen in der Sozialwirt- Bildungsweg an der Ruhr-Universität Bochum. Bankkaufmann ein Studium der Wirtschaftswissen- schaft in den Bereichen Pflege, Jugendhilfe und Dort engagierte er sich im AStA und wurde vertraut schaften in Paderborn und hat in seiner beruflichen Eingliederungshilfe. Zuvor war er als Landesvor- mit den Aufgaben eines Studierendenwerks. Karriere verschiedene kaufmännische Führungsposi- stand des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Die persönliche Erfahrung einer „gebrochenen, tionen in der IT-Industrie innegehabt; zuletzt war er Niedersachsen und bei zwei Hilfsorganisationen aber erfolgreichen Bildungsbiografie“ und die Un- bei Diebold Nixdorf als Kaufmännischer Leiter für auf regionaler und Bundesebene tätig. Der studier- terstützung durch das Akademische Förderungs- das globale Software-Geschäft verantwortlich. Ulrich te Volkswirt und Master in Internationaler humanitä- werk, Bochum, waren für ihn prägend, sagt Ret- Schmidt stammt aus Niedersachsen und lebt mit rer Hilfe ist Experte für die Restrukturierung von tich. Er war für die Grünen Mitglied im Bochumer seiner Familie in Paderborn. Unternehmen, den Neuaufbau nach Fusionen Stadtrat, in Aufsichtsräten und im NRW-Landes- Er sagt: „Die Zeit der Pandemie hat uns Einschrän- sowie die Optimierung von Verwaltungsprozessen. vorstand der Partei tätig. Seit 2018 war er Leiter für kungen auferlegt, die wir als Impulse nutzen können, „An der Arbeit im Studierendenwerk Aachen reizen die Bereiche Freiwilligendienste, Jugendkultur und um unser Aufgaben- und Arbeitsfeld neu zu gestal- mich besonders die großen Gestaltungsmöglich- Ehrenamt sowie Personalchef beim Landesver- ten. Auch vor dem Hintergrund der sich ständig keiten und das enorme Entwicklungspotenzial“, er- band Berlin der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Neben wandelnden Gesellschaft ist es für mich eine beson- läutert Böstel. Schwerpunkte sieht er unter ande- Nachhaltigkeit, Bildungsgerechtigkeit und Diversity dere Herausforderung, das Studierendenwerk Pa- rem bei wichtigen Grundsatzentscheidungen für stellt der passionierte Langstreckenläufer eine derborn strategisch weiterzuentwickeln. Den Be- verschiedene Sanierungs- und Neubauprojekte im „Unternehmensführung mit sozialem Auftrag“ ins schäftigten und mir ist dabei der hier gelebte Nach- Wohnheimbereich. sg. Zentrum seiner Arbeit beim Studierendenwerk haltigkeitsgedanke sehr wichtig.“ sg. Darmstadt. sg. » www.studierendenwerk-aachen.de » www.studierendenwerk-pb.de/wir-ueber-uns/das-studieren- » www.studierendenwerkdarmstadt.de/presse/ denwerk/news/archiv/details/ulrich-schmidt-ist-neuer- geschaeftsfuehrer/ geschaeftsfuehrer/ Fotos: Antje Siemon | Studierendenwerk Darmstadt | Studierendenwerk Paderborn | STW Schleswig-Holstein / Anne Juka WOHN-EXPERIMENT STUDENTISCHES ENGAGEMENT Tiny Houses Kiel Wer wird Student/-in des Jahres? STUDENTIN UND OBDACH- LOSE – in einem Wohnpro- jekt. Das Studentenwerk Schleswig-Holstein baut zusammen mit der Stadt- mission Kiel zwei „Tiny Houses“ auf dem Gelände seines Studierendenwohn- heims „Edo-Osterloh- 5.000 EURO PREISGELD für herausragendes studentisches Engage- Haus“. Die Container sind Aufstellen der Wohncontainer vor dem Studen- ment, das übers Studium hinausgeht und innovativ ist, loben wir zu- als temporäre Wohnlösung tenwohnheim Edo-Osterloh-Haus in Kiel. sammen mit dem Deutschen Hochschulverband (DHV) aus. Studie- für eine Studienanfängerin rende können einzeln oder als Gruppe bis zum 31. Dezember 2021 und eine wohnungslose Klientin der Stadtmission gedacht. Die beim DHV als „Student/-in des Jahres“ nominiert werden. Das Preis- Idee: Beide haben es schwer, in Kiel eine bezahlbare Unterkunft zu geld in Höhe von 5.000 Euro stellt der Stifterverband für die Deutsche finden, beiden dient der Einzug als Sprungbrett, der einen als Wissenschaft zur Verfügung. Verliehen wird der Preis auf der „Gala Sprungbrett ins Studium, der anderen aus der Wohnungslosigkeit. der deutschen Wissenschaft“ des DHV, die für den 28. März 2022 in Ziel: eine solidarische Wohnpartnerschaft. Die „Tiny Houses“ ent- Berlin geplant ist. Zuletzt gewann die TechAcademy die Auszeich- stehen auf 25 Quadratmetern in möblierten Wohncontainern und nung als „Studierende des Jahres“, eine 20-köpfige Gruppe von Studie- werden voraussichtlich im Oktober 2021 bezogen. ml renden der Goethe-Universität Frankfurt am Main, die kostenlose IT- Seminare für Studierende aller Fachrichtungen organisiert. ml » www.studentenwerk.sh/de/ueber-uns/neuigkeiten/2021/mieterin-fuer-tiny house-gesucht.html » www.hochschulverband.de/aktuelles-termine/wer-wird-student-in-des-jahres-1 DSW JOURNAL 3/20217
STANDORT Freiburg: »Du studierst, wir machen den Rest« Das Studierendenwerk Freiburg feiert 100-jähriges Bestehen 3.235 100 Kita-Plätze , 2 Kitas, plus 47.935 Sozialberatungen 20 weitere Plätze in 3 Kooperationen Studierende 3.515 5.411 Psychologische Beratungskontakte Wohnheimplätze 259 Hochschule Kehl 1.328 Studierende Hochschule Offenburg 4.357 Studierende 290 € Beratungskontakte Durchschnittliche Miete Rechtsberatung im Wohnheim Hochschule Furtwangen 370 Kehl Offenburg 6.003 Studierende 2,1 Mio Beschäftigte Duale Hochschule Baden- ausgegebene Essen* Württemberg Villingen- Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 23.938 Studierende Freiburg Furtwangen Villingen-Schwenningen Schwenningen 2.501 Studierende 11 Mio € Hochschule für Musik Freiburg Umsatz 606 Studierende Hochschulgastronomie* Lörrach Katholische Hochschule Freiburg 1.772 Studierende Duale Hochschule BAföG 5.264 Evangelische Hochschule Freiburg 970 Studierende Pädagogische Hochschule Freiburg Baden-Württemberg Lörrach 1.653 Studierende 28 BAföG-Geförderte (Inland) *Zahlen aus 2019 Mensen & Cafeterien* 4.807 Studierende »Wir sind stolz auf 5.411 Wohnheimplätze« »Ein unverzichtbarer Partner« Wir unterstützen rund 50.000 Stu- Eine exzellente Hochschule kann dierende in Freiburg und nur dann ihrem Anspruch gerecht Umgebung. Vor allem liegt uns die werden, wenn sie ihre Studieren- Bereitstellung von bezahlbarem den individuell fördert und so und gleichzeitig hochwertigem zu mehr Chancengleichheit und Clemens Metz Wohnraum an allen Hochschulor- Prof. Dr. Kerstin Krieglstein Bildungsgerechtigkeit beiträgt. Das Geschäftsführer des Rektorin der Universität Freiburg, Studierendenwerks Freiburg ten am Herzen und wir sind stolz Vorsitzende des Verwaltungsrats Studierendenwerk Freiburg ist hier darauf, dass wir den Studierenden des Studierendenwerks Freiburg ein verlässlicher und unverzicht- heute 5.411 Wohnheimplätze zur barer Partner. Es unterstützt die Fotos: Kay Herschelmann Verfügung stellen können. Denn Studierenden in allen Bereichen ein Dach über dem Kopf gehört zu des täglichen Lebens, getreu dem den elementaren Voraussetzungen, Motto „Du studierst, wir machen damit Studieren gelingt. den Rest“. 8 DSW JOURNAL 3/2021
STANDORT Leipzig: Damit Studieren gelingt Auch das Studentenwerk Leipzig wird 100 Jahre alt 10 3 Kitas + 1 Kinderladen Mensen & Cafeterien* 286 Kita-Plätze 236 € Zahlen aus 2020 3.911 Durchschnittliche Miete im Wohnheim Leipzig Sozialberatungen 39.526 Universität Leipzig 39.526 Studierende 2.242 Studierende Psychologische Beratungskontakte 5.276 Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur 6.139 Studierende 381 Rechtsberatungkontakte Hochschule für Musik und Theater 1.163 Studierende Wohnheimplätze Hochschule für Grafik und Buchkunst 508 Studierende Handelshochschule Leipzig 623 Studierende 250 Rechtsberatungen 325 Hochschule für Telekommunikation 698 Studierende BA Sachsen - Staatliche Studienakademie Leipzig 583 Studierende 131 Rechtsauskünfte Beschäftigte iba Leipzig - Internationale Berufsakademie 413 Studierende BAföG 9.550 1,7 Mio € BAföG-Geförderte (Inland) ausgegebene Essen* 7,3 Mio € Umsatz Hochschulgastronomie* *Zahlen aus 2019 »Traditionellen Kern bewahrt« »Paritätische Mitbestimmung« In unserer wechselhaften Die paritätische Mitbestimmung Geschichte haben wir einen von Studierenden: Die Gründung traditionellen Kern bewahrt, erfolgte 1921 durch sieben Studie- uns gleichzeitig flexibel an die rende und der Mensabetrieb lief sich wandelnden Rahmenbedin- dank der studentischen Helfer- Dr. Andrea Diekhof gungen und Bedarfe der Dominik Schwarz schaft. Noch heute bewirkt die Geschäftsführerin des Verwaltungsratsvorsitzender Studentenwerks Leipzig Studierenden angepasst und des Studentenwerks Leipzig paritätische Mitbestimmung in stetig weiterentwickelt und so den Gremien, dass Studierende eine bedarfsgerechte, leistungs- und Studentenwerk partner- Fotos: Anne Weinrich fähige und krisentaugliche sozi- schaftlich und solidarisch zusam- ale Infrastruktur für die Studie- menarbeiten – damit Studieren in renden geschaffen. Leipzig gelingt! DSW JOURNAL 3/2021 9
COMMUNITY KOLUMNE GROB GESAGT TRIERER Großer Kleiner AZUBI- Die Pubertät transformiert meine beiden Söhne, 17 und 14. Sie werden nicht allein von Kindern zu Männern. Sie werden zu neuen Menschen. GASTMAHL Mein „Kleiner“ stand bisher im Schatten seines großen, breitschultrigen Bru- Klar, dass die Lust auf gutes Essen beim Stu- ders. Klein ist aber an meinem Kleinen seit Kurzem nichts mehr: Er ist hochge- dierendenwerk Trier riesengroß ist – schließ- schossen, hat an Masse zugelegt, sein Kreuz ist gewachsen, noch mehr seine Füße. lich haben hier vor 2.000 Jahren schon die Römer Der behände, dünne, wieselflinke Junge ist, gefühlt über Nacht, zu einem zweiten geschlemmt. Deshalb hat sich das aktuelle Koch- Großen geworden. Wahrscheinlich wächst er uns bald über den Kopf. Gestern, als er mir aus seinem Zimmer etwas zurief, mit seiner neuerdings dunklen, tiefen Azubi-Team mit Ali Jan Nassim (Küche, links) Stimme, bin ich erschrocken: Wer spricht denn da? und Yaya Barry (Küche, rechts), unterstützt von Mitten in der Arbeit an diesem DSW-Journal hat er sich aufm Bolzplatz eine Michelle Brost (Verwaltung, Mitte), tagelang schlimme Knieverletzung zugezogen: Krankenhaus, Narkose, Operation, Krücken, mit Crustulum, Libum und römischem Finger- Anti-Thrombose-Spritzen, Orthese, Physiotherapie. Mit dem Vereinsfußball ist es food beschäftigt. vorbei; bis Dezember hat er in der Schule Sportverbot. Fahrradfahren geht wieder, Die ehemaligen Auszubildenden (von links vorne Laufen einigermaßen, zum Glück Schwimmen. im Uhrzeigersinn) Sarah von Leoprechting, Katja Mein Vaterherz blutete, und ich gebe zu, ich hätte an seiner Stelle gehadert, Mayer, Isabel Oltmanns, Anne Barzen und Ka- mit allem. Aber er? Hat schon beim Aufwachen nach der OP wieder gestrahlt. Hat tharina Wagner haben ihren „Nachwuchs“ hier tapfer und ohne sich die Schmerzen anmerken zu lassen alles ertragen; ist wo- stilecht verwöhnt. Perfekter Ort dafür: das impo- chenlang an Krücken rumgehumpelt, ohne sich das Geringste anmerken zu las- sante Weinschiff im Rheinischen Landesmuse- sen; hat sich die blöden Spritzen in den Bauch setzen lassen, ohne sich zu bekla- um, das mit dem Studiwerk Trier auch beim gen. Seine körperliche Transformation hat sein fröhliches Wesen eher noch ver- „DiMiDo“-Kultursemesterticket kooperiert und stärkt. an drei Wochentagen Studierenden Mein großer Kleiner muss sich neu erfinden: seine Identität, seine Rolle in Kultur für lau anbietet. Ali Jan und Yaya sind Familie und Schule, seine Stellung in Raum und Zeit, seinen Sport. Er tut es mit sich einig: Römischer Einfluss im Mensa-Speise- viel Zuversicht, und ich versuche, ihm zwischendurch etwas Orientierung zu ge- plan ist hier in Trier ein absolutes Muss. him. ben. Er wird diese Kolumne höchstwahrscheinlich nicht lesen, deshalb gestehe ich: Ich bin stolz auf ihn. Man kann auch mit 55 von einem 14-Jährigen viel lernen. Laura Hinterscheid, ebenfalls ein „hauseigener Nachwuchs“, konnte leider urlaubsbedingt nicht dabei sein. Stefan Grob Redaktionsleiter DSW-Journal stefan.grob@studentenwerke.de IMPRESSUM DSW-Journal, Das Magazin des Deutschen Studentenwerks (DSW) Ausgabe 3/2021, 16. Jahrgang Grafik: BlazekGrafik Redaktionsanschrift: www.studiwerk.de www.blazekgrafik.de Deutsches Studentenwerk e. V. Das DSW-Journal erscheint viermal im Jahr Karikatur: Heiko Sakurai Redaktion DSW-Journal Herausgeber: Deutsches Studentenwerk e. V., Druck: Köllen Druck+Verlag GmbH Monbijouplatz 11, 10178 Berlin Monbijouplatz 11, 10178 Berlin www.koellen.de Tel.: +49 (0)30 29 77 27-20 Verantwortlich: Matthias Anbuhl, Fax: +49 (0)30 29 77 27-99 Beratung: Helmut Ortner E-Mail: dswjournal@studentenwerke.de Generalsekretär www.ortner-concept.de Internet: www.studentenwerke.de Redaktionsleitung: Stefan Grob (sg.), Anzeigen: stefan.grob@studentenwerke.de Nachdruck und Wiedergabe von dswjournal-anzeigen@studentenwerke.de Beiträgen aus dem DSW-Journal sind Foto: Kay Herschelmann Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe: Es gilt die Anzeigenpreisliste vom nur mit ausdrücklicher Genehmigung Christian Füller, Mike Gardner, Stefan Grob, Armin 1. Januar 2021 der Redaktion erlaubt. Der Bezugspreis Himmelrath, Philipp Hindahl, Marijke Lass, Moritz ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Leetz (ml.), Rolf-Dieter Postlep, Christine Prußky, Jan-Martin Wiarda Hinweis zum Datenschutz: Wir verwenden Ihre Daten auf dem Adressaufkleber ausschließlich dafür, Ihnen das DSW-Journal per Post zuzustellen. Wenn Sie das DSW-Journal nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie dies bitte in einer E-Mail an: dswjournal@studentenwerke.de 10 DSW JOURNAL 3/2021
SERIE TEAMWORK im Studierendenwerk 36 37 38 39 40 41 42 43 44 Foto: Kay Herschelmann DSW JOURNAL 3/202111
INTERVIEW Frau Steinbeck, die Hochschulen haben drei Corona- waren. Mir haben meine studentischen Mitarbeiter die Semester hinter sich. Vorüber ist die Pandemie auch neuesten Geschichten direkt nach der Vorlesung brüh- in diesem Herbst noch nicht. Können die Studieren- warm berichtet. den sich trotzdem auf die Rückkehr der Präsenzlehre einstellen? Hat die Idee von Universität also nur gelitten in den Die letzten drei Semester haben gezeigt, dass das direkte letzten anderthalb Jahren? Miteinander im Studium nicht zu ersetzen ist durch digi- Sie hat gelitten, sie hat aber auch profitiert. Die Lehre ist tale Formate. Es gibt den ganz großen Wunsch nach Prä- endlich einmal ins Bewusstsein gerückt, ihr Stellenwert senz, und den werden wir so weit, wie es nur irgend mög- ist in den letzten drei Semestern deutlich gestiegen. Genau lich ist, erfüllen. wie die Wertschätzung des direkten Austausches. Wissen Sie noch, wie wir vor Corona über die Anwesenheitspflicht Was macht für Sie den Kern der Universität aus? diskutiert haben? Viele Studierende wollten nicht an die Das Studium ist nicht die Fortsetzung der schulischen Ober- Uni kommen, haben gesagt, eine Anwesenheitspflicht ver- stufe. Die Universität steht für den wissenschaftlichen Aus- letze ihr Recht auf ein selbstständiges Studium. Und jetzt tausch, die Begegnung anstelle der reinen Wissenschafts- wollen sie unbedingt an die Universität. Das hat sich wirk- vermittlung. Dieser Austausch lebt von der Sprache, von der lich verkehrt. Mimik,von der Gestik. Das kann man nicht digital abfangen. Auf Zoom müssen die Leute ihre digitale Hand heben, wenn Was bleibt anders nach Corona, Frau Steinbeck? sie etwas sagen wollen, dann ergibt sich eine schöne Red- Womöglich weniger, als manche denken. Mein Eindruck nerliste, aber sie haben kein Gefühl für das Gegenüber.Wenn ist, dass Corona nicht disruptiv genug war für die Univer- das Seminar vorbei ist, gehen sie normalerweise noch zu- sitäten. Optimistisch bin ich beim Prüfungswesen: Wir sammen in die Cafeteria und diskutieren weiter. Online sa- haben alle gemerkt, dass dieses stoische Multiple-Choice- gen alle Tschüss, und das war’s. Abfragen nicht der didaktischen Weisheit letzter Schluss ist. Viele sind übergegangen zu Open-Book-Klausuren, und Wenn der akademische Diskurs der Kern ist, kann ich kann mir vorstellen, dass von dieser Offenheit der Prü- man sich ja die Massenvorlesungen auch nach Coro- fungsformate vieles bleiben wird. Ich würde es mir jeden- na sparen. Die empfinden viele Studierende als un- falls wünschen. Auch werden viel mehr Prüfungen digital produktiv-passives Herumhocken, das sie in der Co- stattfinden als vor Corona: Open Book von zu Hause aus, rona-Zeit nicht vermisst haben. ansonsten teilweise vor Ort, hier in der Universität, um Da- Also, ich habe das anders erlebt! 400 Erstsemester, ein gran- tenschutzprobleme zu vermeiden. Dafür werden wir tech- dioser Professor oder eine grandiose Professorin, das bleibt nisch massiv aufrüsten. einem doch fürs Leben in Erinnerung. Dieses Erlebnis, da mit hunderten Leuten zusammenzusitzen, und alles um ei- Und außer den Prüfungen? nen herum ist neu, dieser Riesensaal, die Zwischenrufe, Blended Learning ist ja wirklich keine neue Idee, aber ich manche Leute kommen später, gehen früher. All das, was in sehe die Chance, dass sie jetzt endlich eine weitere Verbrei- der Schule nicht denkbar war. Das können Sie nicht ins Di- tung findet. Wobei ich meine Zweifel habe. Letzten Endes gitale übertragen! Nein, selbst bei der reinen Wissensver- war es ja nichts anderes, wenn wir früher den Studieren- mittlung hat die große Vorlesung nicht ausgedient. den aufgegeben haben, zum nächsten Mal fünf Aufsätze zu lesen, damit wir im Seminar auf höherem Niveau diskutie- Ich habe auch Professoren erlebt, die ihre eigenen ren konnten. Haben viele dann halt nicht gemacht. Vorlesungen total spannend fanden, obwohl sie nur ihr eigenes Skript vorgelesen haben und die meisten Die Hoffnung ist, dass das Blended Learning mit gut Studierenden wegdämmerten. gemachten digitalen Erklärvideos die Studierenden Sie glauben doch nicht, dass ein solcher Professor, sobald es mehr packt als die einsame Lektüre von Büchern ins Digitale geht, zum Helden der Didaktik wird. Wer im und Aufsätzen. analogen Zeitalter schlecht als Lehrender war, bleibt das Aber Sie nennen ja schon die entscheidende Bedingung! auch auf Zoom. Eine richtig gute Online-Lehre besteht nicht darin, dass ich einfach die Vorlesung abfilme, sondern das ist ein ganz Das Digitale macht die Qualitätsunterschiede in der anderer didaktischer Ansatz. Der kostet Zeit. Und deshalb Lehre aber transparenter, weil alle zuschauen kön- halte ich auch nichts davon, wenn manche sagen, man nen. Vielleicht löst das ja etwas aus. könne das Wintersemester ja doppelt laufen lassen: für die, In meinem Fachbereich wusste ich auch ohne digitale die wollen, in Präsenz, für die anderen digital. Das ist illu- Lehre, wer die uninspirierten Kolleginnen und Kollegen sorisch, das ist den Lehrenden wirklich nicht zuzumuten. 12 DSW JOURNAL 3/2021
INTERVIEW »Wir dürfen die Studierenden nicht alleinlassen« ANJA STEINBECK Was macht die Pandemie mit Hochschulen und Studierenden? Die Rektorin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Sprecherin der Universitäten in der Hochschul- rektorenkonferenz (HRK) im Interview INTERVIEW:Jan-Martin Wiarda FOTOS: Kay Herschelmann DSW JOURNAL 3/202113
INTERVIEW Wollen Sie sagen, dass die keinen Änderungsbe- darf sehen? Nein, das möchte ich nicht sagen. Ich sage nur, ganz von selbst stellt sich eine Änderung nicht ein, nur weil wir drei Corona-Semester hinter uns haben. Ich kann das gerade beobachten bei der Erarbeitung un- seres Hochschul-Entwicklungsplans für die nächs- ten fünf Jahre. Es ist nicht ganz leicht, von den Fakul- täten oder Fächern eine klare Aussage zu bekommen, was ihre Vision für die digitale Lehre ist. Weil die Ansichten der Kolleginnen und Kollegen sehr ausei- nanderlaufen. Es gibt einige, die wirklich glauben, dass sie gar nicht mehr in den Hörsaal zurückkom- men müssen. Das ist eine Minderheit. Genau wie die Minderheit derer, die das Digitale komplett verteu- feln. Und mit dieser Bandbreite, mit all den Facetten dazwischen, ist es schwierig, überhaupt etwas zu ändern. Ich bin keine Kassandra, aber ich glaube nicht, dass der Satz: „Die Universität wird nach Coro- na eine komplett andere sein“, zutreffend ist. Es wird Veränderungen geben. Aber keine Disruptionen. Ist es nicht Ihre Aufgabe als Rektorin, genau diese Verän- »Während die anderen derungsbereitschaft zu erzeu- gen? Lobbygruppen, die der Genau das versuchen wir als Rek- torat. Unsere Botschaft ist: Macht Schulen, Künstler und Euch Gedanken. Ihr sagt uns, wel- chen didaktischen Weg ihr gehen Unternehmen, laut waren, wollt und wir machen es möglich, indem wir die Technik besorgen Sie sagen, Corona sei möglicherweise nicht disruptiv genug für haben die Hochschulen oder die Strukturen schaffen. Aber den Willensbildungsprozess müssen die Fakultäten selbst die Universitäten ge- wesen. Fürchten Sie daran gearbeitet, das durchlaufen. Wollen sie zum Bei- spiel, wie die Juristen überlegen, wirklich, dass es sich in einem Jahr so an- digitale Semester möglichst einen rein digitalen Veranstal- tungstag in der Woche einfüh- fühlen wird, als hätte es Corona nie gege- gut hinzubekommen« ren? Oder doch lieber alles in Prä- senz belassen? Oder den Studie- ben? renden zusichern, dass das Studi- Seien wir ehrlich: Die um ohne Besuch des Campus Universität als solche ist ziemlich gut durch die Kri- möglich ist? Da kann und werde ich nichts vor- se gekommen. Ich rede nicht von den Schicksalen, schreiben. Außer, dass es diesen Willensbildungspro- dass Menschen krank geworden sind oder Angehöri- zess geben muss. Und dass am Ende für die Studie- ge verloren haben. Auch für viele Studierende waren renden transparent sein muss, wie das Studium es schlimme anderthalb Jahre, man muss sich nur künftig ablaufen wird. Damit sie wissen, worauf sie ansehen, wie der psychologische Beratungsbedarf sich einlassen, wenn sie an die Heinrich-Heine-Uni- zugenommen hat. Dieser Umbruch zwischen Schule versität kommen. und Studium, den gibt es nur einmal im Leben, und der fand für viele mitten in der Pandemie und im Hätten Sie sich im März 2020 vorstellen kön- Lockdown statt. Aber diese jungen Leute sind ja nen, dass die Universität für anderthalb Jahre nicht diejenigen, die am Hebel sitzen, die an der Leh- praktisch dichtmacht? Fotos: Kay Herschelmann re etwas verändern können. Die Gestalter, das sind Überhaupt nicht. Anfang März wollte ich mit einer die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, al- Delegation nach Südafrika fliegen. Am Freitag soll- les Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, ten wir starten, am Dienstag habe ich entschieden: und von denen ist kaum einer dem Existenzmini- Ich sage ab. Weil ich merkte, dass viele Entschei- mum nahegekommen. dungen zu treffen sein werden. Ich wollte nicht, 14 DSW JOURNAL 3/2021
INTERVIEW dass es losgeht, und dann fragt jemand: „Wo ist die Bändchen dann stigmatisiert wären. Rektorin?“ Und die Antwort lautet: „Die sitzt in Kapstadt“. Wir haben dann den Vorlesungsbeginn Fühlen Sie sich vom NRW-Wissenschaftsminis- um zwölf oder vierzehn Tage verschoben, auf Ende terium im Stich gelassen? April – in dem Glauben, dann sei die Welle vorbei Nein, die können ja auch nicht alles allein entschei- und wir könnten weitermachen. Unglaublich im den. Allerdings weiß ich im Moment bei vielem noch Rückblick. nicht, wie wir es regeln werden. Derzeit verlangt die Landesregierung zum Beispiel nicht mehr, dass bei Was macht Sie optimistisch, dass Sie mit Ihrer Infektionsfällen alle Anwesenden zurückverfolgt Einschätzung diesmal nicht erneut danebenlie- werden können. Was aber, wenn sich das wieder än- gen, was die Rückkehr zur Präsenz im Winter- dert? Kaufen wir schon mal zur Sicherheit die nötige semester 2021/2022 angeht? Software, damit sich jeder an seinem Sitzplatz ein- Der Unterschied ist, dass die Studierenden jetzt über- scannen kann? Ich möchte gar nicht allein unserem wiegend geimpft sind. Unsere Impfkampagne war Wissenschaftsministerium die Schuld geben, das sehr erfolgreich. Natürlich wäre es eine Katastrophe, muss sich ja auch mit dem Gesundheitsministerium wenn sich in den nächsten Wochen eine neue Vari- ante ausbreiten würde, die resistent gegen alle Imp- fungen ist. Dann wäre alles wieder auf Anfang. Aber im Augenblick sehe ich das nicht. Das klingt ziemlich passiv. Die Studierenden sind aber auf klare Ansagen angewiesen, was das Wintersemester angeht, damit sie planen können. Genau deshalb, weil die Studierenden ein Recht auf Klarheit haben, habe ich mich schon vor längerer Zeit auf Twitter festgelegt, dass es kein digitales Semester mehr geben wird. Und ich bin sicher, dass wir auch Vorlesungen bis 100 Personen hinbekommen werden. Sicher? Ich sehe die Wahrscheinlichkeit bei 90 Prozent und die letzten zehn nehme ich auf meine Kappe. Solange die Situation so bleibt, wie sie ist, halte ich es im Ge- genteil sogar für verfassungswidrig, Geimpfte dem Nachteil einer erneut geschlossenen Universität auszusetzen – nur weil es Menschen gibt, die sich auf eigenes Risiko nicht impfen lassen wollen. Sogar 2G würde ich als Voraussetzung für das Studium künftig für nicht ausgeschlossen halten. Viel mehr Gedan- ken mache ich mir aber erstmal darum, wie wir das mit der Kontrolle von 3G hinbekommen. Was sehen Sie konkret kommen? Die geltende Allgemeinverfügung des Landes NRW sieht vor, dass wir flächendeckend jeden Studieren- den und alle Mitarbeiter auf 3G testen müssen, also vor jeder Vorlesung. Jeder muss auf seinem Handy zeigen, dass er oder sie geimpft ist und stichproben- artig noch den Personalausweis dazu zeigen. Bei ei- ner Vorlesung mit bis zu 50 Leuten kann ich mir das noch vorstellen, da können wir Security an den Ein- gang stellen. Aber bei einer Vorlesung mit 600 Leu- »Corona war nicht ten? Das geht nicht. Ich hoffe sehr, dass Stichproben- kontrollen genügen werden. Neulich hatte ich noch eine andere Idee: Wir machen Bändchen wie bei disruptiv genug für Festivals. Alle, die geimpft sind, bekommen eines und können sich das ganze Wintersemester frei be- die Universitäten« wegen. Das Problem ist allerdings, dass die ohne DSW JOURNAL 3/202115
INTERVIEW »Wir hätten uns eine stärkere Fürsprache durch die zuständige Bundesmi- abstimmen. Aber es ist gerade alles etwas unvorher- nisterin gewünscht, doch sehbar. offenbar haben Wissen- Und was ist, wenn die von Ihnen genannten zehn Prozent eintreten und doch ein weiteres schaft und Forschung in Digitalsemester kommt? Das wäre schlimm. Dann müssten wir uns wirklich der Bundesregierung kein noch einmal neu erfinden als Hochschulen, obwohl ich diesen Begriff nicht mag. Wir müssten überle- ausreichendes Standing« gen, ob wir nicht zumindest für die Geimpften ir- gendwelche besonderen Angebote machen könnten. Wir dürfen die Studierenden nicht wieder so allein dentenkonferenz ab einer Inzidenz von 100 Wechsel- lassen. Manchmal frage ich mich, ob wir mit den unterricht für die Schulen beschlossen hat – und sie Schließungen von Schulen und Universitäten nicht die Hochschulen mit hineingenommen haben, ob- den nächsten Schritt gegangen sind zu einem im- wohl das gar keinen Sinn ergab. Im Nachhinein hieß mer größer werdenden Generationenkonflikt. Ob es, man habe zwar die Inkonsistenz bemerkt, das Klimakrise, Staatsverschuldung oder Rentensystem: gesamte Beschlusspaket aber deshalb nicht noch Die ganze Zeit wirtschaften die Älteren auf Kosten einmal aufmachen wollen. Nach einem Brief aller der Jüngeren. Und jetzt noch Corona. Wir buchen Wissenschaftsminister an den Bund wurde das aber aufs Schuldenkonto der jungen Generation und ver- dann ja im Nachhinein noch geändert. hindern, dass sie sich auf die von uns verursachte Zukunft möglichst gut vorbereiten können. Da tut Wer hat da gepennt? Haben die Hochschulrek- sich eine Kluft auf. Wenn das so weitergeht, knallt’s torenkonferenz und andere Hochschulverbün- irgendwann. de in ihrer Lobbyarbeit versagt? Wir hätten uns sicherlich eine stärkere Fürsprache Wie kam es eigentlich, dass die Hochschulen durch die zuständige Bundesministerin gewünscht, Fotos: Kay Herschelmann in den Corona-Beschlüssen der Regierungs- doch offenbar haben Wissenschaft und Forschung in chefs von Bund und Ländern kaum einmal der Bundesregierung kein ausreichendes Standing. explizit vorkamen, sondern meist irgendwie Auch hat man wohl den Handlungsbedarf nicht ge- als Anhängsel der Schulen verstanden wurden? sehen – gerade weil die Hochschulen die Krise ja re- Auffällig war das zum Beispiel, als die Ministerpräsi- lativ gut gemeistert haben. Und während die ande- 16 DSW JOURNAL 3/2021
INTERVIEW ren Lobbygruppen, die der Schulen, Künstler und re Fragestellungen als eine Universität in Kleindit- Unternehmen, laut waren, haben die Hochschulen zelsdorf. Aber das Äußern gegenüber der Politik, ge- daran gearbeitet, das digitale Semester möglichst gut genüber den Mandatsträgern, sollte aus meiner Sicht hinzubekommen. nur von der HRK kommen. Und haben darüber vergessen, sich selbst Gehör HRK und Deutsches Studentenwerk fordern in zu verschaffen? einer gemeinsamen Erklärung drei bis fünf Pro- Vielleicht. Jedenfalls führte es dazu, dass die Landes- zent der Mittel der Hochschulpakte für die sozi- minister zu spät dran waren mit ihren Mahnungen, ale Infrastruktur. Was sagen Sie dazu? was den Wechselunterricht anging. Das begrüße ich, denn wenn man ein erfolgreiches Studium ermöglichen möchte, dann darf man nicht Drohen den Hochschulen als nächstes Haus- nur die Universitäten und die Qualität ihres Studien- haltskürzungen wegen Corona? ZUR PERSON angebots in den Blick nehmen. Ebenso wichtig ist Da mag jetzt der Wunsch Vater des Gedankens sein, die gesicherte soziale und wirtschaftliche Basis der Prof. Dr. Anja Steinbeck, doch wenn wir eines aus dieser Pandemie gelernt ha- geboren 1966 in Bitburg, ist Studierenden während ihres Studiums ‒ auch das ben, aus der Flutkatastrophe, der Klimakrise, dann seit dem 1. November 2014 hat uns Corona anschaulich vor Augen geführt. Von doch wohl dieses: Wir können uns nicht auf jede Rektorin der Heinrich-Heine- bezahlbarem Wohnraum und Verpflegung bis hin zu Universität Düsseldorf, inzwi- Eventualität vorbereiten. Die einzig verlässliche Vor- Beratungs- und Unterstützungsangeboten und Kin- schen in der zweiten Amts- bereitung ist in jedem Fall, in Wissenschaft und For- zeit. Im Dezember 2020 derbetreuung bieten die Studierendenwerke ein schung zu investieren. Dann wird es, egal welche Kri- wurde sie außerdem zur breites Angebot, das es finanziell zu sichern gilt. sensituation als nächstes kommt, Expertinnen und Sprecherin der Mitglieder- gruppe der Universitäten in Experten geben, die damit umgehen können. Des- der Hochschulrektorenkonfe- Würden Sie gern als Rektorin manchmal stär- halb sage ich allen Politikerinnen und Politikern in renz (HRK) gewählt. Bevor ker durchregieren können, Frau Steinbeck? allen Gesprächen, die ich führe: Jetzt an der Wissen- Steinbeck nach Düsseldorf Ich würde manchmal gern an mehr Stellen sagen schaft zu sparen, wäre fatal. kam, war sie viele Jahre Inha- können: Das probieren wir jetzt einfach mal. Aber berin des Lehrstuhls für Bür- gerliches Recht, Handels- und das geht nicht an einer Universität, dafür habe ich Sie sind seit diesem Jahr Vizepräsidentin der Gesellschaftsrecht und Ge- kein Weisungsrecht. Umgekehrt würde eine Univer- Hochschulrektorenkonferenz. Die HRK sitzt, so werblichen Rechtsschutz an sität ohne Hochschulleitung sich nie ändern, weil scheint es, oft zwischen den Stühlen. Auf der ei- der Universität zu Köln, au- jeder in seinem Institut zufrieden ist ‒ so, wie es ist. ßerdem Richterin am Ober- nen Seite die Hochschulverbünde von TU9 und landesgericht Köln. Zwischen Deshalb ist es die Aufgabe der Hochschulleitung, German U15 bis zur UAS7, auf der anderen Seite 2010 und 2014 verantworte- neue Ideen und strategische Visionen für alle zu ent- der Deutsche Hochschulverband (DHV), der sich te sie als Kölner Prorektorin wickeln, die sie der Hochschule anbietet in der Hoff- oft so geriert, als sei eigentlich er die Stimme die Bereiche Planung, Finan- nung, möglichst viele Unterstützer für die Umset- zen und Gender. Für die Art, der Hochschulen – obwohl das ja der Claim der wie sie ihre Universität durch zung zu finden. Ein guter Rektor, eine gute Rektorin HRK ist. Passt der überhaupt? die Corona-Pandemie führte, schafft es, die ganze Universität von einer Idee so Die HRK kann und muss die Stimme der Hochschu- inklusive dem Aufbau einer sehr zu überzeugen, dass alle freiwillig mitgehen. len sein. Und ich finde, dass diese Stimme, seit Peter- Taskforce und Videobotschaf- ten an die Uni-Öffentlichkeit, André Alt HRK-Präsident ist, viel vernehmbarer ge- wurde Steinbeck vom Und wo gehen Sie selbst hin, wenn in drei Jah- worden ist. Ich will die Fliehkräfte, die Sie da be- Centrum für Hochschulent- ren Ihre Zeit in Düsseldorf vorbei ist? schreiben, nicht verleugnen.Aber hat der DHV jemals wicklung (CHE) und der Vielleicht gehe ich wieder auf einen Lehrstuhl. Ich Wochenzeitung „Die Zeit“ als etwas Ernsthaftes in der Politik bewegt? Und wo- kann mir aber auch vorstellen, die Universität zu ver- „Hochschulmanagerin des möglich werden TU9 und U15 bald überflüssig, wenn Jahres 2020“ ausgezeichnet. lassen und etwas ganz anderes zu machen. Vielleicht sich die Exzellenzuniversitäten tatsächlich zu einem Steinbeck habe bei der eine Finca auf Mallorca kaufen? eigenen Club zusammenschließen würden. Krisenbewältigung klar die Führungsrolle übernommen, Oder in die Hochschulpolitik gehen? sie „bezieht aber gleichzeitig Würde das zu mehr Einheit führen? alle Beteiligten ein und ruft in Es reizt mich schon sehr, diese Chance, etwas gestal- Ich sage mal so: Zu denken, man wird stärker im Ver- der ihr eigenen Art der ver- ten zu können. Wenn ich aber dann sehe, in welchen folgen der eigenen Interessen, wenn man sich in trauensvollen Zusammenar- engen Korsetts Politiker stecken – ich weiß nicht. beit optimal die Kompetenzen möglichst viele kleine Interessengruppen unterteilt, der Beteiligten ab“, lobte die I cross a bridge when I get there. erscheint mir nicht besonders erfolgversprechend. Jury. Dieses Interview fand Ende August 2021 in Düsseldorf statt; alle Aussagen Anja Steinbeck ist verheiratet beziehen sich auf den Sach- und Wissensstand zu dem Zeitpunkt. In welche Interessengruppe ordnet sich denn und hat zwei Söhne. die Universität Düsseldorf ein? https://www.hhu.de/die-hhu/ Nirgendwo, ich bin „blockfrei“. Ich finde diese Block- organisation-und-gremien/ bildung nicht gut. Ich engagiere mich lieber im Prä- rektorat/rektorin-prof-dr- DER INTERVIEWER sidium der HRK. Es spricht ja nichts dagegen, wenn anja-steinbeck Dr. Jan-Martin Wiarda ist Journalist, Moderator und Blogger. Was ihn im Gespräch mit Anja Steinbeck besonders beein- sich Hochschulen mit ähnlichen Herausforderun- druckt hat, war ihre Warnung: Egal ob Corona, Klimakrise oder gen zusammensetzen und ihre Probleme diskutie- Rentensystem: Die ganze Zeit wirtschaften die Älteren auf ren. Denn natürlich hat eine TU München ganz ande- Kosten der Jüngeren. www.jmwiarda.de DSW JOURNAL 3/202117
POLITIK Was die neue Bundesregierung anpacken muss! WISSENSCHAFTSPOLITIK Was hat oberste Priorität für Wissenschaft, Forschung, Hochschulen und Studierende in Deutschland nach der Bundestagswahl? Hier antworten die Spitzen der Wissenschaftsorganisationen und Sozialpartner Nachgefragt hat Christine Prußky Die Coronavirus-Pandemie hat noch einmal verdeutlicht, dass wissenschaftliche Lösungen mitunter sehr schnell und dann umso dringender gebraucht werden. Die Entwicklung akut benötigter wissenschaftlicher Lösungen hängt jedoch entscheidend von einer frühzeitigen und zweckfreien Forschungsförderung ab. Nötig ist daher mehr denn je eine weitsichtige DFG Katja Becker Forschungspolitik, die Freiräume für wissenschaftsgeleitete Entscheidungen ermöglicht und flexibles Handeln unterstützt. Mit Blick auf die anstehende Legislaturperiode hat die DFG deshalb in einem Impulspapier 13 zentrale Handlungsfelder und -empfehlungen benannt. Diese Impulse decken von der Exzellenzstrategie zur weiteren Stärkung der Spitzenfor- schung an den deutschen Hochschulen und der Programmpauschale über die tief greifen- den Veränderungsprozesse in den Wissenschaften durch den digitalen Wandel bis hin zur Universitätsmedizin und translationalen Forschung ein breites Spektrum ab. Auf allen die- sen Feldern brauchen wir möglichst frühzeitige politische Weichenstellungen, denn die kurzfristige Stärke der Wissenschaft hängt von der langfristigen Stabilität ihrer Grundla- gen ab. Deshalb ist die weitere konsequente Stärkung der erkenntnisgeleiteten Forschung von entscheidender Bedeutung. Sie muss entsprechend finanziert und gefördert werden. Aus Sicht der DFG ist es zudem eine der zentralen politischen Aufgaben, die Grundlagen für die wissenschaftliche Zusam- menarbeit international zu sichern und zu stärken. Dazu zählt »Eine der zentralen politischen Aufgaben ist aus Sicht der DFG, etwa die Entwicklung einer ressortübergreifenden kohärenten die Grundlagen für die wissenschaftliche Zusammenarbeit Foto: DFG/David Ausserhofer Strategie für eine Science Diplomacy sowie eine konsequente Unterstützung der Wissenschaftsfreiheit weltweit. international zu sichern und zu stärken, etwa die Entwicklung einer ressortübergreifenden kohärenten Strategie für eine Prof. Dr. Katja Becker ist Präsidentin der Deutschen Science Diplomacy sowie eine konsequente Unterstützung der Forschungsgemeinschaft (DFG) Wissenschaftsfreiheit weltweit« 18 DSW JOURNAL 3/2021
POLITIK DHV Bernhard Kempen DAAD Joybrato Mukherjee Die kommende Bundesregierung sollte den Ausbau des weltweiten wissenschaftlichen Aus- tauschs konsequent vorantreiben. Die Corona- Pandemie hat die Notwendigkeit verlässlicher akademischer Kooperationen nochmals gezeigt, und auch zur Bekämpfung der Klimakrise und weiterer globaler Herausforderungen sind sie unerlässlich. Die Bundesregierung sollte sich zudem für die internationalen Studierenden, die im Rahmen dieses weltweiten Austauschs nach Deutsch- land kommen, einsetzen. Sie brauchen eine ver- »Der Bund sollte gemeinsam lässliche Infrastruk- tur, schnellen Inter- »Die Corona-Pandemie hat die Not-wendigkeit ver- mit den Ländern ein Pendant für netzugang, bezahlba- ren Wohnraum und lässlicher akademischer Kooperationen nochmals Universitäten zum Digitalpakt eine bessere Beglei- gezeigt, und auch zur Bekämpfung der Klimakrise Schule auflegen« tung an den Hoch- schulen vor, im und und weiterer globaler Herausforderungen sind sie nach dem Studium. unerlässlich« Das BMBF muss ein Zukunftsministerium werden und Eine solche Beglei- Impulse für die Digitalisierung setzen. Nicht erst seit tung sichert ihren Studienerfolg. Corona geht es darum, traditionelle und digitale Lehr- Wir sind auf die Diversität von internationalen Studierenden, Wissenschaftlerinnen formate besser zu verzahnen. Der Bund sollte daher ge- und Wissenschaftlern und ihren Erfolg hier bei uns angewiesen – für die Fachkräfte- meinsam mit den Ländern ein Pendant für Universitä- gewinnung und unsere wirtschaftliche Innovationsfähigkeit genauso wie für die Ex- ten zum Digitalpakt Schule auflegen.Angesichts chro- zellenz unserer Hochschulen und die Zukunftsfähigkeit unseres Hochschul- und Bil- nischer Unterfinanzierung brauchen Hochschulen dungssystems. Die Hochschulen benötigen für den Ausbau ihrer internationalen Akti- auch in Post-Corona-Zeiten eine auskömmliche und vitäten die notwendigen finanziellen Mittel und klar strukturierte Programme. So verlässliche Grundausstattung, die qualitative Verbes- kann Deutschland auch in diesen herausfordernden Zeiten seinen Spitzenplatz als serungen bei anhaltend hohen Studierendenzahlen er- Studien- und Forschungsstandort behaupten. möglicht.Andernfalls verschlechtern sich die Studien- bedingungen und die Beschäftigungschancen für Wis- Prof. Dr. Joybrato Mukherjee ist Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) senschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter. Haupt- leidtragende wären erneut die Studierenden, deren Belange in der Pandemie vernachlässigt worden sind. Berechtigte Hoffnungen, dass an die Stelle des gegen- wärtigen Notbetriebs bald wieder ein regulärer Univer- sitätsalltag tritt, dürfen sich nicht zerschlagen. DGB Reiner Hoffmann Fotos: Till Eitel/Deutscher Hochschulverband | DAAD/Wilke | DGB/Detlef Eden Prof. Dr. Bernhard Kempen ist Präsident des Deutschen Hochschulverbands (DHV) Die neue Bundesregierung steht vor großen Herausforderungen, die sie zügig angehen sollte. Wir brau- chen einen mutigen und ambitionierten Aufbruch – eine Politik, die unser Land zukunftsfest macht und die Weichen auf Veränderung stellt. Die Gewerkschaften wollen den Wandel zu einer klimaneut- ralen Wirtschaft mit guter Arbeit, von der die Beschäftigten ordentlich leben können. Aber der Wandel muss sozial gerecht gestaltet werden. Wenn der Weg in eine CO₂-arme Wirtschaft gelingen soll, brau- chen wir massive Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien. Wenn wir weiterhin gute Ar- beitsplätze und Wohlstand in unserem Land haben wollen, brauchen wir ein ambitioniertes Investiti- onsprogramm. Deutschland kann und muss sich einen handlungsfähigen Staat leisten. Wer jetzt ei- nen Sparkurs einleiten will, gefährdet die Zukunft kommender Generationen. Damit die Menschen in Deutschland weiterhin gut und in Sicherheit leben können, müssen die An- strengungen zur Modernisierung und Innovationsfähigkeit des Landes verstärkt werden. »Wir brauchen einen mutigen und ambiti- Nur so können die großen und notwendigen Veränderungen gelingen. Nur so werden wir onierten Aufbruch – eine Politik, die unser Zukunft gestalten. Land zukunftsfest macht und die Weichen Reiner Hoffmann ist Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) auf Veränderung stellt« DSW JOURNAL 3/202119
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