INDUSTRIEGESCHICHTE ERKUNDUNGEN IN ERKUNDETEM GEBIET - MODERN TIMES MEDIA

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INDUSTRIEGESCHICHTE ERKUNDUNGEN IN ERKUNDETEM GEBIET - MODERN TIMES MEDIA
INDUSTRIEGESCHICHTE
  ERKUNDUNGEN IN ERKUNDETEM GEBIET

           Industriekultur   T R A U N S E E -A L M T A L
INDUSTRIEGESCHICHTE ERKUNDUNGEN IN ERKUNDETEM GEBIET - MODERN TIMES MEDIA
2   Industriekultur   T R A U N S E E -A L M T A L
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TRADITION TRIFFT MODERNE

INDUSTRIEGESCHICHTE
  I N D E R R E G I O N T R A U N S E E -A L M TA L

                                                      Industriekultur   T R A U N S E E -A L M T A L   3
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Die moderne
Industrie
erfordert mehr
und mehr Leute,
deren Arbeit das
„Denken“ ist.
       Cyril Northcote Parkinson (1909-93),
       britischer Historiker und Publizist
INDUSTRIEGESCHICHTE ERKUNDUNGEN IN ERKUNDETEM GEBIET - MODERN TIMES MEDIA
I N DUST R I E K U LT U R

Willkommen in der Region
Traunsee-Almtal!
                Der Begriff „Industriekultur“ vernetzt Technik, Kultur und Wirt-
                schaftssektoren, er umfasst das Leben aller Menschen in der In-
                dustriegesellschaft, ihren Alltag, ihre Lebens- und Arbeitsbedin-
                gungen. Der Tourismusverband Traunsee-Almtal ist Themen-
                führer im freizeit-touristischen Segment der Industriekultur in
                Österreich, mit Fokus auf die Aspekte Papier, Salz, Keramik, me-
                tallverarbeitende Industrie, Holz & Energiegewinnung. Im Rah-
                men eines Fusionierungsworkshops der Tourismusgemeinden
                Traunsee, Almtal und Laakirchen am 1. Jänner 2019, wurde die
                Idee zum Projekt „INDUSTRIEKULTUR“ geboren. Als Ziel des
                Projektes haben wir definiert, buchbare Produkte und Angebote
                mit Wertschöpfung zu entwickeln sowie lebendige Industriekul-
                tur in Form von Geschichten und Orten den Menschen näher zu
                bringen.
                   Das Thema Industriekultur erzielt in der Region ein klares Al-
                leinstellungsmerkmal, ist touristisch und kulturell kaum besetzt
                und hat ausserordentlich viel Potential. Durch eine gezielte Pro-
                dukt- und Angebotsentwicklung wird für die gesamte Region eine
                einzigartige Chance in Richtung Kulturhauptstadt 2024 geschaf-
                fen! Eine der Projektprämissen ist es, keine neuen Begegnungs-
                orte zu schaffen, sondern bestehende Kultur- und Industriebe-
                triebe im Veranstaltungsbereich zu vernetzen und auszuweiten
                und in weiterer Folge die Vergangenheit der Region als industri-
                elles Zentrum für Gäste wie auch Einheimische erlebbar zu ma-
                chen. „Pilot-Veranstaltung“ war am 1. September 2021 unsere „1.
                Lange Nacht der Industriekultur“, die mit weit über 1000 Besu-
                chern ein voller Erfolg wurde.
                                                                                                  „Der Begriff Industriekultur
                   Im Hinblick auf das Kulturhauptstadtjahr 2024 sind noch viele                    vernetzt somit Technik, Kultur
                weitere Veranstaltungen und Kampagnen diese Art geplant. Bei-                       und Wirtschaftssektoren, er
                spiele hierfür sind industriebezogene Themenführungen, Indust-                      umfasst gewissermaßen das
                rial-Art, Artists in Residence, eine Weiterführung der „Langen
                Nacht der Industriekultur“ am 1. September 2022 und vieles
                                                                                                    Leben aller Menschen in der
                mehr.                                                                               Industriegesellschaft, ihren
                   Die in diesem Magazin dargestellten Betriebe sind ein wesent-                    Alltag, ihre Lebens- und
                licher Teil einer Vielzahl an Partnern in der Region Traunsee-                      Arbeitsbedingungen“
                Almtal, die bereits heute und auch in Zukunft gemeinsam mit uns
                das Projekt „Industriekultur“ nach außen tragen. An diese Part-
                nerbetriebe möchte ich meinen besonderen Dank für den gelun-
                genen Start des Projekts, sowie für die wirklich gute Zusammen-
                arbeit aussprechen. Bedanken möchte ich mich auch bei der Mo-
                dern Times Media für die reibungslose Umsetzung dieses Maga-
                zins und auch bei unserem Fotografen Karl-Heinz Ruber!

                                                                   Dir. Andreas Murray
                                                                   Geschäftsführer
                                                                   Tourismusverband
                                                                   Traunsee-Almtal

                IMPRESSUM Herausgeber: Tourismusverband Traunsee-Almtal, Toscanapark 1, 4810 Gmunden, info@traunsee-almtal.at · Gesamtherstellung: Modern Times
                Media Verlags-GmbH., Im Blumauergut, Edelhof 34, 3350 Stadt Haag, haag@moderntimesmedia.at · Redaktion: Mag.a Andrea Burchhart, Dr.in Susanne Falk,
                Mag.a Cordula Puchwein · Art-Direction: Thomas Frik · Produktion: Marion Leodolter · Fotografie: Archiv, Andi Bruckner, Ulrich Koller, Karin Lohberger,
                Sammlung Meingast, Pesendorferfoto, Karl Heinz Ruber, Roberto A Sanchez/iStock, Jan Schuenke, Tom Son, Daniel Waschnig, Christian Weidinger · Illustration:
                Claudia Meitert, carolineseidler.com · Druck: Druckerei Berger, 3580 Horn

                                                                                                                      Industriekultur          T R A U N S E E -A L M T A L   5
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Die
                                              MAGIE
                                                     der Industrie

6   Industriekultur   T R A U N S E E -A L M T A L
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In dem Begriff „Industriekultur“
bündelt sich vieles: Technik,
Wirtschaft, auch Kultur und
Heimatgeschichte. Im Eventjahr
2024 wird das Salzkammergut als
„Europäische Kulturhauptstadt“
gefeiert und dazu die großartige
Industriegeschichte der Region
vor den Vorhang geholt.
Ein Vorgeschmack.
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G     eschickt dreht die Keramikmalerin             namentik sein. Das hat durchaus etwas        Nirgendwo sonst in
          das Geschirr in einer Hand, mit der           Magisches, ist in Wahrheit aber gutes        Österreich finden sich
                                                                                                     so viele Industrie- und
    anderen setzt sie Punkte, malt Streifen.            altes Handwerk. Wenngleich diese             Handwerksbetriebe
    Nicht das kleinste Zögern in ihren Be-              Machart industriell keine Bedeutung          wie hier in der Region
    wegungen. Jeder Pinselstrich ist Per-               mehr hat, ist sie doch die Basis für die     Traunsee-Almtal.
    fektion und jedes Teil, das die Gmunder             moderne Hightech-Industrie von heute.
    Keramik hinaus in alle Welt verlässt,               Es ist auch von historischer Relevanz.
    ein Augenschmaus. Ob Tassen, Teller,                Um die Gegenwart besser verstehen zu
    Wohnaccessoires - jedes Stück wird zu               können, ist das Wissen um die Wurzeln
    100 Prozent und in Handarbeit in                    wichtig. Das wird auch im Sensenmu-
    Gmunden gefertigt. Von der Masseauf-                seum Geyerhammer in Scharnstein
    bereitung über die Formgebung bis zur               deutlich. Wie einst, fliegen hier auch
    Malerei mit großem Wiedererken-                     heute noch die Funken. Bei Schmiede-
    nungswert – all das entsteht in der im              vorführungen erlebt man hautnah, wie
    Salzkammergut ansässigen Manufak-                   aus einem glühenden Stück Eisen ein
    tur: Keramik von Weltruf.                           Zain geschmiedet wird. In der Folge
        Ein Exportschlager aus der Region               wird unter dem Gewicht des zentner-
    ist auch Papier – und das seit über 150             schweren Schwanzhammers – und un-
    Jahren. Hervorgegangen aus der                      ter den geschickten Händen des
    Traunthaler Holzstofffabrik ist Laakir-             Schmieds – das Sensenblatt gebreitet.
    chen gleichsam das Zentrum für das                  Bis eine Sense mit perfekter Schneid‘
    weiße Gold. Papier wird hier seit 1874              vollendet ist, sind gut 25 Arbeitsschritte
    hergestellt. Heute ist die Laakirchen               notwendig. Ein langer Arbeitsprozess
    Papier AG ein Big Player auf dem Gebiet.            also, der trotz schwerer Maschinenun-
    Produziert werden zwei wesentliche                  terstützung dennoch Fingerspitzenge-
    Papierarten: das hochwertige SC-Papier              fühl und Achtsamkeit verlangt.
    für Druckereien, Verlage und Handels-                  So ist es immer wieder faszinierend,
    unternehmen: und das klassische Well-               den Fachleuten, sei es in einem weltbe-
    pappen-Rohpapier, das von der Verpa-                kannten Unternehmen, wie der
    ckungsindustrie gebraucht wird - und                Gmundner Keramik, oder in einem der
    das alles absolut holzfrei, somit nach-             nunmehr museal genutzten Industrie-
    haltig.                                             betriebe, wie dem Papiermachermuse-
        Das war nicht immer so. Wie sich die            um oder der Sensenschmiede, bei der
    komplexe Papierindustrie seit der Mitte             Arbeit über die Schulter zu schauen. Da
    der 19. Jahrhunderts technisch, aber                wie dort steckt über Jahrhunderte wei-
    auch sozialpolitisch weiterentwickelt               tergegebenes und weiterentwickeltes
    hat, lässt sich in authentischer Weise              Wissen dahinter. Der Begriff der Indus-
    im nahen Papiermachermuseum nach-                   triekultur lässt sich dabei noch viel
    vollziehen. Untergebracht in der alten              weiter fassen. Auch andere Sparten,
    Papierfabrik ist das Museum mit seinen              etwa der Salzabbau durch die Salinen
    funktionstüchtigen Maschinen, der                   Austria AG und die Biererzeugung der
    Handschöpferei und dem Druckereimu-                 Privatbrauerei Schloss Eggenberg – üb-
    seum ein eindrucksvolles Beispiel für               rigens bereits seit 1803 in Familienbe-
    die gelungene Revitalisierung eines al-             sitz, gleichwohl das Verkehrswesen mit
    ten Fabrikgebäudes. Gleichzeitig ist                Traunseeschifffahrt oder dem Mobili-
    dieser fein restaurierte Komplex ein                tätsunternehmen Stern & Hafferl, sind
    schönes Symbol für die bedeutende und               Teile der Industriekultur in der Region
    lange Industriekultur des Salzkammer-               Salzkammergut – und das nicht erst
    gutes durch die Zeiten. „Tatsächlich ist            seit heute, sondern mitunter seit Jahr-
    die Industriekultur bis heute eine wich-            tausenden. Der Salzabbau ist da wohl
    tige Säule in unserer schönen Region                das bedeutendste Beispiel. Das Salz, das
    Traunsee-Almtal. So viel Angebot an                 heute in Altaussee, Bad Ischl und Hall-
    Industrie und Handwerk gibt es in kei-              stadt abgebaut wird, wird in Ebensee
    ner anderen Region, selbst im übrigen               als Salzsole verdampft. Als hochwerti-
    Österreich gibt es nichts Vergleichba-              ges Salz landet es dann in den Haushal-
    res“, sagt Andreas Murray, Geschäfts-               ten, Betriebs- und Hotelküchen des
    führer des Tourismusverband Traun-                  Landes. Hochwertiges Speisesalz ist
    see-Almtal.                                         aber nur ein Teil jener Vielfalt an Sal-
        Die Spurensuche vor Ort ist ausge-              zen, die von den Salinen Austria auch
    sprochen spannend und lehrreich. Etwa               noch hergestellt werden. Hochreines
    dann, wenn der Fachmann im Papier-                  Pharmasalz, Viehsalz und Salztabletten
    macher- und Druckereimuseum den                     bis hin zum Streusalz werden ebenfalls       Spurensuche vor Ort:
                                                                                                     Ob Salzgewinnung,
    Holzrahmen aus dem Cellulosebrei                    in Ebensee für den Weltmarkt produ-          Keramikherstellung
    hebt, ihn sanft schüttelt und wendet.               ziert. Das ist das Salzkammergut in          oder Biererzeugung –
    Wenn die flache Masse getrocknet ist,               seiner reinsten Form.                        überall steckt jahr-
                                                                                                     hundertealtes Wissen
    wird es ein kunstvolles, schneeweißes                  So wie das Salz hat auch der Wald in      dahinter. Das ist ge-
    Blatt Papier mit Wasserzeichen und Or-              der Region hohen Stellenwert. Der            lebte Tradition.

8   Industriekultur      T R A U N S E E -A L M T A L
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„Wo Wald und Wasser
  zueinander finden: In
  Laakirchen wird seit
  1874 Papier produziert.“
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Es ist immer wieder      „Waldcampus Österreich“, teilweise im      riekultur der Region aufgestellt ist.
                        faszinierend, den        historischen Jagdschloss „Villa Buch-      „Der Begriff Industriekultur vernetzt
                        Fachleuten in einem
                        der Industriebetriebe    berg“ von Erzherzog Karl Salvator in       somit Technik, Kultur und Wirt-
                        oder Museen bei der      Traunkirchen untergebracht, ist heute      schaftssektoren, er umfasst gewisser-
                        Arbeit über die Schul-   das größte und modernste Waldkompe-        maßen das Leben aller Menschen in der
                        ter zu blicken.
                                                 tenzzentrum Europas. Der 2018 errich-      Industriegesellschaft, ihren Alltag, ihre
                                                 tete 15.000 Quadratmeter große spekta-     Lebens- und Arbeitsbedingungen“, er-
                                                 kuläre Holzneubau beheimatet die           läutert Andreas Murray und verweist
                                                 Forstliche Ausbildungsstätte Traunkir-     auch auf etliche charmante Einrichtun-
                                                 chen (FAST) des Bundesforschungszen-       gen, die den Industriefaktor historisch
                                                 trum für Wald (BFW), die Forstfach-        aufarbeiten oder schöngeistig beglei-
                                                 schule Traunkirchen, den Österreichi-      ten. Dazu gehört etwa das Schriften-
                                                 schen Einforstungsverband sowie das        museum Bartlhaus in Pettenbach, das
                                                 Österreichische Schutzwaldzentrum.         sich der Schriftkunst widmet. In Wech-
                                                 Mit einem Wort: Hier bündelt sich das      selausstellungen werden die Werke in-
                                                 Wissen und die Forschung rund um das       und ausländischer Schrift- und Exlib-
                                                 Thema Forstwirtschaft. Hier bereiten       riskünstler gezeigt, flankiert von einer
                                                 sich angehende ForstakademikerInnen        historischen Druckwerkstatt mit voll
                                                 auf ihre Staatsprüfung vor, auch Forst-    funktionsfähigen Maschinen und einer
                                                 warte und WaldbesitzerInnen kommen         Schreibwerkstatt, wo regelmäßig Kalli-
                                                 hier in den Genuss umfassender Wei-        graphiekurse abgehalten werden.
                                                 terbildung. Aber auch der interessierte       Was die regionale Industriekultur in
                                                 Laie kann sich hier dem Thema Wald -       ihrer ganzen Breite ausmacht, doku-
                                                 quasi „Backstage“ - auf praktische         mentiert auch das K-Hof-Museum in
                                                 Weise nähern. Auf dem Gelände gibt es      Gmunden. Das zweitälteste Museum
                                                 Harvestersimulatoren, ein Schießkino,      Oberösterreichs bündelt quasi die The-
„Industriekultur –                              Motorsägenwaschmaschinen, mo-              matik, indem es sowohl die Erd- und

  ein Blick zurück in                            dernste Holz- und Metallwerkstätten
                                                 und etliches mehr. Und weil wir gerade
                                                                                            Naturgeschichte mit der Region prä-
                                                                                            sentiert und dabei auch die Boden-
  die Vergangenheit                              beim Thema Natur und Nachhaltigkeit        schätze aufzeigt - Stichwort Salz,
  und über die                                   sind, wollen wir auch auf das erfolgrei-   Stichwort Traunsee-Marmor. Einen
  Gegenwart nach                                 che Unternehmen Grüne Erde in Pet-         kulturhistorischen Beitrag dazu leistet

  vorne in die                                   tenbach nicht vergessen. Seit 1983 fer-
                                                 tigt man im Almtal Naturmatratzen,
                                                                                            auch die Dauerausstellung über die Sa-
                                                                                            nitärgeschichte und damit zur Ge-
  Zukunft.“                                      Holzmöbel, Kosmetik und Kleidung –         brauchskeramik. Salopp einst als „Klo-
                                                 ökologisch und sozial fair.                Museum“ bezeichnet, präsentiert das
                                                     Dass Holz hierzulande ein wichtiger    weltweit einzigartige Museum histori-
                                                 Energieträger ist, ist unbestritten.       sche Sanitärobjekte rund um das „stille
                                                 Gleichzeitig wächst auch die Nutzung       Örtchen“ und damit die Entwicklung
                                                 der Windenergie. Auch da hat ein In-       der Sanitärkeramik-Produktion. Dar-
                                                 dustriebetrieb aus der Region die Nase     aus haben sich wesentliche Hygiene-
                                                 vorne. Die Miba – das Kürzel bezieht       standards entwickelt, die Seuchen und
                                                 sich auf den findigen Schlosser Franz      Krankheiten eingedämmt oder gänz-
                                                 Mitterbauer, der das Unternehmen 1927      lich zum Verschwinden gebracht ha-
                                                 gegründet hat – ist ein internationaler    ben. Nicht unerwähnt in unserer Liste
                                                 Konzern, dessen Schwerpunkt auf der        soll auch die einstige Leder- und
                                                 Entwicklung von Technologien zur Ge-       Schuhfabrik Kitzmantel in Vorchdorf
                                                 winnung, Übertragung, Speicherung          bleiben (die alten Industriehallen be-
                                                 und Nutzung von Energie liegt. So          herbergen heute einen erfolgreichen
                                                 steckt etwa in jedem zweiten Windrad,      Event- und Kulturbetrieb sowie ein
                                                 das weltweit rotiert, Know-how von         Museum), sowie das Museum Ebensee,
                                                 Miba aus Laakirchen. Entwickelt und        das vor allem für seine einzigartige
                                                 produziert werden Komponenten ent-         Sammlung historischer Glöcklerkap-
                                                 lang der gesamten Energie-Wertschöp-       pen und seine Krippenausstellung
                                                 fungskette – für Windräder, Fahrzeuge,     weithin bekannt ist.
                                                 Züge, Schiffe, Flugzeuge, ebenso für          So war und ist die Industriekultur,
                                                 Raffinerien, Kompressoren bis hin zu       die in dieser Kulturregion ihren Ur-
                                                 Industriepumpen und vielen Bereichen       sprung hat, eine unheimliche Triebfe-
                                                 mehr. Mittlerweile hält der Konzern mit    der von internationaler Bedeutung.
                                                 Produktionsstätten in aller Welt sage      Welche Menschen und Geschichten da-
                                                 und schreibe 400 Patente. Die Zentrale     hinterstecken, zeigen die jeweiligen
                                                 ist Laakirchen, wo heute 2.500 Mitar-      professionellen Aufbereitungen zur In-
                                                 beiter aus 16 Nationen arbeiten.           dustriekultur in der Region Traunsee-
                        Seit 1983 steht das          Miba ist ein schönes Beispiel dafür,   Almtal. Es ist eine abenteuerliche Reise
                        Unternehmen Grüne        wie gefragt Know-how und Produkte          – ein Blick zurück in die Vergangenheit
                        Erde für nachhaltig
                        und sozial fair gefer-   aus dem Salzkammergut in aller Welt        und über die Gegenwart nach vorn in
                        tigte Produkte.          sind. Und wie facettenreich die Indust-    die Zukunft.                           n

                                                                                        Industriekultur      T R A U N S E E -A L M T A L   11
„Als das Bier zum
    Salzkammergut
    bieten wir mit
    unserer regio­
    nalen Eigenart
    den Einheits­
    bieren die Stirn!“

                                                                                  BR AU K U LT U R

                EIN SCHLUCK HEIMAT
     Schon im 14. Jahrhundert wurde auf Schloss Eggenberg für den Eigenbedarf gebraut. Seit 1681 stellt die Privatbrauerei
            mit viel handwerklichem Geschick und Innovationsgeist das Bier zum Salzkammergut gewerblich her.

    W      asser, Hopfen, Malz – wie genau
           die Rezepturen für die beliebten
    Biersorten Hopfenkönig, Classic Mär-
                                                                                   Grund, warum am Standort Eggenberg
                                                                                   seit jeher Bier gebraut wird. Nur wenige
                                                                                   Meter vom Sudhaus entfernt, entsprin-
                                                                                                                              es daher eine Reihe technischer und
                                                                                                                              sensorischer Punkte, wo erfahrene
                                                                                                                              Bierbrauer kontrollieren, begleiten, ver-
    zen, Wildschütz, Naturbursch und Co.                                           gen nämlich drei kristallklare Quellen     kosten und eingreifen können. „Bier-
    aus Schloss Eggenberg lauten, wissen                                           aus einem eiszeitlichen Gletscheraus-      brauen hat sehr viel mit Erfahrung zu
    nur ganz wenige Menschen. Wie sie                                              läufer. Auch für die restlichen Zutaten    tun, wir profitieren hier extrem von der
    schmecken, umso mehr: Jeden Tag wer-                                           gilt: Nur das Beste darf in den Kessel.    Expertise unserer langjährigen Mitar-
    den heute in der Privatbrauerei, die seit                                      Die verwendete Sommergerste kommt          beiter. Manche von ihnen kenn ich
    1803 im Besitz der Nachfahren von Jo-                                          aus dem Weinviertel, die Wintergerste      schon mein ganzes Leben“, so Stöhr, der
    hann Georg Forstinger ist, bis zu 90.000                                       aus Oberösterreich. Und auch Hopfen        auf Schloss Eggenberg aufgewachsen ist
    Liter gebraut. Fast ausschließlich bleibt                                      hat keine weite Reise. Er wird von Bau-    und das Unternehmen in achter Gene-
    das Eggenberger Bier in der Region                                             ern im Mühlviertel angebaut. All diese     ration seit 2011 führt. Es sei unmöglich,
    und wird bevorzugt im Umkreis von                                              Rohstoffe unterliegen strengen Kont-       Bierbrauen vom Schreibtisch aus zu er-
    50 Kilometern getrunken. Dazu werden                                           rollen, um die gleichbleibend hohe         lernen. „Man muss live dabei sein, die
    einige Starkbierspezialitäten wie das                                          Qualität der Biere zu gewährleisten. Die   Macken der Anlagen und Maschinen
    Samichlaus genannte Nikolo-Bier -                                              Hauptherausforderung beim Bierbrauen       kennenlernen, Detailwissen aufsaugen
                                                        Zurzeit werden 15 ver­
    gebraut wird immer am 6. Dezember -                 schiedene, ständig         liegt nämlich darin, ein immer gleich      und sich die Kniffe der Experten ab-
    auch weltweit vertrieben. „Ohne gutes               verfügbare Biersorten      schmeckendes Endprodukt zu haben.          schauen“, ist Stöhr überzeugt.
    Wasser gibt es kein gutes Bier“, nennt              gebraut. Typisch ös­       Ein Eggenberger Bier muss immer wie           Bestimmendes Thema am internati-
                                                        terreichische Klassiker
    Hubert Stöhr, geschäftsführender Ge-                genauso wie ausge­         das gewohnte Eggenberger schmecken!        onalen Biermarkt ist die Konzentration
    sellschafter, den offensichtlichsten                fallene Spezialbiere.      Entlang des Herstellungsprozesses gibt     in Richtung Großkonzerne, viele mittel-

12 Industriekultur       T R A U N S E E -A L M T A L
ständische Betriebe sind in der jünge-
ren Vergangenheit vom Markt ver-
schwunden. Laufende Investitionen in
die neueste Technik sowie ein ab-
wechslungsreiches Biersortiment leis-
ten einen wichtigen Beitrag, den Braue­
reibetrieb auch für kommende Genera-
tionen zu sichern. „Wir wollen überra-
schen und begeistern und vor allem
aber sehr gerne auch die nächsten paar
Jahrhunderte das machen, was wir gut
können: Bier brauen.“                                 Brauerei Schloss Eggenberg
   Ihr umfangreiches Wissen geben die                      Stöhr GmbH & Co KG
                                                               Eggenberg 1
Bierbrauer übrigens auch gerne ihren                         4655 Vorchdorf
Kundinnen und Kunden weiter. Jährlich                 office@schloss-eggenberg.at
besuchen Tausende Fans die Pilgerstät-                    schloss-eggenberg.at
te und erleben spannende Brauereifüh-                       100 Beschäftigte
rungen und gesellige Verkostungen. Im                   Privatbrauerei seit 1681
Shop werden zudem ausgewählte Pro-                    Ca. 90.000 Liter Bier am Tag
dukte und hopfige Geschenkideen für
alle Bierliebhaber angeboten.         n

                                           Industriekultur       T R A U N S E E -A L M T A L   13
DI A L O GK U LT U R

                              TREFFPUNKT
                             MIT GESCHICHTE
                 Einst eine Leder- und Schuhfabrik, wurde die Kitzmantelfabrik in Vorchdorf zu einer innovativen,
                                       heute überaus beliebten Event-Location umgestaltet.

    K     itzmantelfabrik - der Name wirft             Die Räumlichkeiten       rum unter dem Namen Kitzmantelfab-          zu sehen“, sagt Manuel Holzinger und
          Fragen auf. Kitzmantel hieß die              bieten ausreichend       rik eröffnet. Im letzten Bauabschnitt       empfiehlt auch eine Besichtigung des
                                                       Platz für Events aller
    Familie, die in dem reizvollen Indust-             Art. Im Museum gibt      wurde das Nebengebäude mit der alten        beeindruckenden Sichtdachstuhls im
    riegebäude aus dem Jahr 1913 knapp 80              es neben der Uhren­      Gerberei zum „Museum der Region             neuen Fabriksaal.
    Jahre lang hochwertige Schuh- und Le-              sammlung der Vorch­      Vorchdorf“ sowie das Kulturzentrum              In der Kitzmantelfabrik gibt es also
                                                       dorfer Uhrmacher­
    dererzeugnisse produziert hat. Es erin-            familie Krumhuber        um einen Veranstaltungssaal erweitert.      unendlich viel zu entdecken. Die Besu-
    nern noch das große Holzfass, das zum              und einer einzigarti­       Heute ist die Kitzmantelfabrik ein in-   cher wandeln hier sprichwörtlich zwi-
    Gerben des Leders verwendet wurde,                 gen Tabak-Pfeifen­       novativer Schmelztiegel am Puls der         schen den Zeiten ganz nach dem be-
                                                       sammlung noch vieles
    sowie die alte Lederpresse, die entlang            zur Orts- und Indust­    Zeit. Davon zeugen auch die Auszeich-       rühmten Motto „Tradition ist Bewah-
    dem Gebäude als Reminiszenz an die                 riegeschichte der        nungen als Klimabündnis-Betrieb und         rung des Feuers, und nicht Anbetung
    Geschichte präsentiert werden.                     ­Region zu entdecken.    als Green Location des österreichischen     der Asche“, so der Betriebsleiter: „Dieses
       Der heute denkmalgeschützte In-                                          Umweltzeichens. Damit übernimmt die         Zitat von Gustav Mahler aus dem Jahr
    dustriekomplex dient als bestes Bei-                                        Kitzmantelfabrik eine Vorreiterrolle in     1860 ist die Grundlage unseres Handelns.
    spiel, wie eine Revitalisierung mit Kon-                                    Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit.      Wir sind stolz auf die alten Mauern der
    zept einer einzigartigen Architektur                                           Ganz im Zeichen dieser Philosophie       ehemaligen Schuh- und Lederfabrik.
    nachhaltig neues Leben einhaucht.                                           präsentiert sich auch das Museum der        Doch erst die Werte Mahlers machen die
       „Nach Stilllegung der Fabrik hat die                                     Region Vorchdorf. Es ist ein Spagat zwi-    Kitzmantelfabrik zu dem, was sie heute
    Marktgemeinde Vorchdorf das Gebäude                                         schen Alt und Neu, zwischen Geschich-       ist: ein erfolgreicher Kultur- und Veran-
    erworben. Auf Basis eines Architekten-                                      te und Gegenwart. Hier verblüffen, ne-      staltungsbetrieb mit ca. 120 Events und
    wettbewerbes und einer Studie zu ver-                                       ben den Schlaglichtern zur Ortsge-          rund 25.000 Gästen pro Jahr.“           n
    schiedenen Nutzungsmöglichkeiten                                            schichte und einem originellen Schau­
    wurde 2001 ein groß angelegtes Sanie-                                       depot, das neugierig macht, drei beson-
    rungsprojekt in drei Etappen eingelei-                                      dere Schwerpunkte: eine landesweit
    tet. Unsere Mission war und ist, einen                                      einzigartige Tabak-Pfeifensammlung;
    lebendigen Ort zu schaffen, der als                                         eine bemerkenswerte Uhrensammlung
    Treffpunkt für Kultur und Wirtschaft                                        der berühmten Vorchdorfer Uhr-                           Kitzmantelfabrik
    einen Mehrwert erzeugt“, erzählt Ma-                                        macherfamilie Krumhuber, deren Spin-                      Laudachweg 15
    nuel Holzinger, Betriebsleiter der Kitz-                                    del-Taschenuhren im 18. und 19. Jahr-                     4655 Vorchdorf
                                                                                                                                 meine.buehne@kitzmantelfabrik.at
    mantelfabrik.                                                               hundert hoch begehrt waren. „Dritter                    kitzmantelfabrik.at
       Zuerst wurde 2005 ein Probenlokal                                        Schwerpunkt ist die Präsentation der
    für die Marktmusikkapelle und das Ju-                                       jüngeren Industriegeschichte. Per            Das Museum hat dienstags und donnerstags,
                                                                                                                                    jeweils 13–17 Uhr geöffnet.
    gendzentrum fertiggestellt, 2009 dann                                       Knopfdruck sind etwa via Medienwand            Termine gerne auch nach telefonischer
    das Kultur- und Veranstaltungszent-                                         Zeitzeugeninterviews der Schuhfabrik             Vereinbarung +43 676 898 655 578

14 Industriekultur      T R A U N S E E -A L M T A L
„Das Museum:
  ein gelungener
  Brückenschlag
  zwischen
  Tradition und
  Innovation.“

                   Industriekultur   T R A U N S E E -A L M T A L   15
PA PI E R K U LT U R

               AUS ALT MACH SCHÖN
       Wo Wald und Wasser zueinander finden, wurde 1867 die Traunthaler Holzstofffabrik durch Franz August Schuppler
                                  gegründet, die seit 1874 Papier produziert – bis heute!

    L   aakirchen ist Papier und Papier ist
        Laakirchen. So einfach wie treffend
    kann man die Wechselwirkung von
                                                       Wellpappenrohpapier, das in der Verpa-
                                                       ckungsindustrie zum Einsatz kommt.
                                                       Kurz gefasst: eins weiß, eins braun,
                                                                                                                          schaft, in der am Ende jedes Abfallpro-
                                                                                                                          dukt einem neuen Produktionsprozess
                                                                                                                          zugeführt werden oder andersartig ge-
    Ortsgeschehen und Papierindustrie zu-              750.000 Tonnen jährlich und alles zu        Dem Wertstoff Papier   nutzt werden kann, wie die Abwärme,
    sammenfassen. Und weil man bekannt-                100 Prozent recycelt!                       rückt man hier mit     die ins Fernwärmenetz von Laakirchen
    lich auf einem Bein schwer stehen                     Der letzte Baum fiel 2017. Seitdem       großen Maschinen zu    gespeist wird. Papierindustrie ist nun
                                                                                                   Leibe. Kein Wunder,
    kann, produziert die Laakirchen Papier             sind die Produkte holzfrei und bestehen     produziert man in      einmal energieintensiv und eine gute
    AG im Wesentlichen zwei Arten von Pa-              ausschließlich aus wiederverwertetem        Laakirchen doch rund   CO2-Bilanz, abgesehen von jedweden
    pier, nämlich das hochwertige SC-Pa-               Altpapier. Damit hat man den entschei-      450.000 Tonnen Well-   Umweltaspekten, nicht zuletzt auch
                                                                                                   papier und 300.000
    pier für Druckereien, Verlage und Han-             denden Schritt zu mehr Nachhaltigkeit       Tonnen SC-Papier pro   aufgrund der Kostenintensivität durch
    delsunternehmen und das klassische                 gesetzt. Das Ziel ist eine Kreislaufwirt-   Jahr.                  erhöhte Abgaben erstrebenswert. CO2-

                                                                                                                              „Laakirchen ohne
                                                                                                                                seine Papierfabriken
                                                                                                                                kann man sich nicht
                                                                                                                                vorstellen.“
                                                                                                                                Thomas Strauss, Leiter Abteilung Energie
                                                                                                                                & Umwelt von Laakirchen Papier AG

16 Industriekultur      T R A U N S E E -A L M T A L
Neutralität ebnet damit schlicht den       Ohne Wasser kein
                                           Papier! Dem Kreislauf
                                                                     schine oft im Zentrum steht, weil von          „Industriekultur ist
Weg in die Zukunft und ist essenziell                                deren Funktion und Erhalt so vieles ab-
für die Standortsicherung, genauso wie
                                           wieder zugeführt wird
                                                                     hängt. „Industriekultur ist Generatio-
                                                                                                                      Generationenkultur.“
                                           nicht nur das aufbe-
eine gute Infrastruktur, auch deshalb,     reitete Wasser, son-      nenkultur“, stellt auch Franz Baldauf,           Franz Baldauf, CFO von Laakirchen Papier AG
                                           dern alles, was ver-
weil man in Zukunft noch mehr auf                                    CFO der Laakirchen Papier AG, klar.
                                           wertbar ist. Erklärtes
Schienentransport setzen will.             Ziel ist die CO 2 -Neu­   Nicht zuletzt hat Firmengründer Franz
   Die Papierindustrie vor Ort hat eine    tralität. Dazu tragen     Schuppler selbst Hand angelegt und mit
                                           ein Wasserkraftwerk,
lange, quasi familiäre Tradition: So ist                             eigenen Bauplänen für den Kursalon
                                           eine Photovoltaikanla-
das Unternehmen, das seit nunmehr          ge auf den Dächern        Gmunden (1871) oder das Stadttheater
knapp 155 Jahren besteht, nicht nur seit   der Fabrik und die Bio-   (1878) ein Stück regionale Kulturge-
                                           gasanlage bei. Die
2013 wieder im Besitz der Familie Hein-                              schichte mitgeprägt.
                                           große Papiermaschi-
zel, auch Generationen von örtlichen       ne bleibt stets der          Ein Blick in die Vergangenheit kann
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ha-      bestgehegte Mitarbei-     auch helfen, sich den Herausforderun-
                                           ter Nummer 1.
ben hier ihre berufliche Heimat gefun-                               gen der Gegenwart zu stellen. Wen es
den. So auch die Familie von Thomas                                  schon seit mehr als 150 Jahren gibt, der                    Laakirchen Papier AG
Strauss, Leiter der Abteilung für Ener-                              nimmt auch schwere Wirtschaftskrisen                           Schillerstraße 5
gie und Umwelt, dessen Urgroßvater                                   mit ein bisschen mehr Gelassenheit in                         4663 Laakirchen
                                                                                                                             laakirchen.heinzelpaper.com
schon in der Papierherstellung tätig war                             Angriff. „Papier ist ein Zukunftspro-
– und nach ihm jede nachfolgende Ge-                                 dukt!“, ist sich Baldauf sicher und Tho-                    ca. 400 Beschäftigte
neration. „Die Mitarbeiterinnen und                                  mas Strauss ergänzt: „Laakirchen ohne                       1867 Firmengründung
                                                                                                                          seit 2013 wieder im Familienbesitz
Mitarbeiter sind quasi mit der Firma                                 seine Papierfabriken kann man sich                  Gesamtproduktion: 750.000 t Papier
verwachsen.“ Auch wenn die Papierma-                                 nicht vorstellen.“                     n         (SC und Wellpappenrohpapiere) pro Jahr

                                                                                                                 Industriekultur       T R A U N S E E -A L M T A L   17
E R I N N E RU NG SK U LT U R

                 IN PAUSCHT & BOGEN
     Das Papiermachermuseum in Laakirchen ist ein eindrucksvolles Beispiel für die gelungene Revitalisierung eines alten
                    Fabrikgebäudes. Heute wird hier die Geschichte und Herstellung von Papier gezeigt.

    E   xakt 120 Jahre – von 1868 bis 1988
        – war die Fabrik Steyrermühl in
    Laakirchen ein wichtiges Zentrum für
                                                                                ständig steigende Nachfrage hätte be-
                                                                                friedigen können. Ende der 1980er-Jah-
                                                                                re wurde der Standort geschlossen, die
                                                                                                                         Für den Transport des Rohmaterials
                                                                                                                         zur Papierherstellung spielte Wasser
                                                                                                                         eine zentrale Rolle. Das wurde auch bei
    die Papier- und Zellstoffproduktion. In                                     Papierfabrik nebenan neu gebaut. Der     der Gestaltung des Museums berück-
    einem aufwendigen Arbeitsprozess                                            Dornröschenschlaf des alten, riesigen    sichtigt. Durch die großen Fenster der
    wurde hier einst das gesamte Papier                                         Industriekomplexes dauerte nicht allzu   mächtigen Maschinenhalle sieht man
    mit viel handwerklichem Einsatz her-                                        lange. Bereits 1997 wurde hier mit den   die Traun vorbeirauschen. Im Museum
    gestellt: vom Anrühren des Papierbreis,                                     Papierwelten ein Konglomerat mehre-      sind gut 50 Maschinen und Apparatu-
    der sogenannten Bütte, über das                                             rer Museen eröffnet. Neben dem Feuer-    ren aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu
    Schöpfen des Papiers mit engmaschi-                                         wehrmuseum, einer Handschöpferei,        sehen. „Das Reizvolle an unserem
    gen Rahmensieben bis hin zum Pressen                Das Papiermacher­       Lithografiewerkstatt und Druckerei-      ­Museum ist sicherlich, dass die alten
    und Trocknen der geschöpften Papier-                museum, das 1997        museum, einer Galerie sowie dem mo-       Maschinen auch voll funktionstüchtig
                                                        gegründet wurde, ist
    bögen. Die Qualität der Papiere war ex-             das größte seiner Art   dernen Veranstaltungszentrum ALFA –       sind. Stolz sind wir auch auf den Nach-
    zellent und deshalb weit über die Gren-             in Europa und beein­    das Kürzel steht für Alte Fabrik – ist    bau der legendären Papiermaschine
    zen der Monarchie begehrt. Dennoch                  druckt durch die au­    das Papiermuseum das Herzstück des        von Nicolas-Louis Robert aus 1799“,
                                                        thentische Einbettung
    war die Produktivität der Papiermühle               in ein ehemaliges       gewaltigen Komplexes direkt an der        sagt die Museumsdirektorin Petra
    letztlich zu gering, als dass sie die              ­Produktionsgebäude.     Traun. Der Standort war klug gewählt.     ­Hofer. Der modern und ansprechend

18 Industriekultur      T R A U N S E E -A L M T A L
gestaltete Rundgang ist flankiert von       Im Museum befindet      einem Fabrikarzt einrichtete. Auch eine
 akustischen und audiovisuellen Instal-      sich eine Traditions­   werkseigene Volksschule, ein Kinder-
                                             handschöpferei, wo
 lationen. So wird deutlich, welcher         Papiere mit Wasser­     garten und Bäder wurden installiert.
 ­maschinelle Aufwand zur Papierpro-         zeichen, Logos oder     Auch davon erzählt das Papiermacher-
  duktion einst notwendig war, aber auch     Wappen von Hand         museum und damit auch ein Stück
                                             hergestellt ­werden.
  welche körperliche Plackerei das für die   Die fertigen Blätter    ­österreichische Sozial­geschichte.
  Menschen bedeutet hat. Die Arbeits-        wurden anno dazumal          Unbedingt anschauen sollte man               Österreichisches Papiermachermuseum
  kräfte kamen dazumal vielfach aus          übereinander auf        auch das Schaukraftwerk Gschröff aus               Veranstaltungszentrum „Alte Fabrik“
                                             ­einen Stapel, die                                                                    Museumsplatz 1
  Böhmen, Galizien und wohnten in Ar-         Pauscht, gelegt.       dem Jahr 1888/89. Das Kraftwerk ist mit
                                                                                                                                   4662 Laakirchen
  beiterhäusern direkt am Fabrikgelände.                             ein paar Schritten über die Traunbrücke                        +43 7613 3951
  Damals waren die Verhältnisse lange                                erreichbar. Das bis in Kleinste im Origi-            papier.druck@papierwelten.co.at
  unzumutbar, die Arbeit schmutzig und                               nal erhaltene schmucke Industriedenk-                       papierwelten.co.at
  mühsam, obendrein schlecht bezahlt.                                mal war das erste Wasserkraftwerk, das          Öffnungszeiten: ganzjährig, täglich 10–16 Uhr
  Viele Arbeiter wurden krank, litten an                             je in Österreich gebaut wurde, ist nach           Führungen, Vermittlungsprogramme und
  Rachitis, Schwindsucht, Lungentuber-                               wie vor in Betrieb und liefert heute              Workshops außerhalb der Öffnungszeiten
                                                                                                                            unter Voranmeldung möglich.
  kulose. 1870 reagierte die Fabrikleitung                            ­einen Teil des Stroms für die moderne           Geheimnisvolle Nachtführungen: Mit der
  darauf, indem sie ein Werkspital mit                               Papierfabrik nebenan.                  n      Taschenlampe durchs Museum (Oktober–März)

„Das Reizvolle an
  unserem Museum ist
  sicherlich, dass die
  alten Maschinen auch
  voll funktionstüchtig
  sind.“
 Petra Hofer, Museumsdirektorin

                                                                                                                 Industriekultur        T R A U N S E E -A L M T A L   19
I N NOVAT IONSK U LT U R

     UNTERNEHMENSMISSION
        NACHHALTIGKEIT
       Die weltweit tätige Miba Technologiegruppe entwickelt und produziert Produkte für Anwendungen zur effizienten
                               Gewinnung, Übertragung, Speicherung und Nutzung von Energie.

    N    ot macht erfinderisch. Kaum ein               Die Innovationsfähig-    Spektrum an Komponenten für Anwen-       Ideen einbringen“, sagt CEO F. Peter
         Spruch passt besser zur Entste-               keit der Miba be-        dungen entlang der gesamten Energie-     Mitterbauer, der den Vorstandsvorsitz
                                                       schränkt sich aller-
    hungsgeschichte der Miba AG. Franz                 dings nicht nur auf      Wertschöpfungskette. Miba-Produkte       2013 von seinem Vater Peter Mitterbau-
    Mitterbauer war 1927 noch keine 22                 Produkt- und Techno-     werden weltweit verbaut und sorgen für   er übernommen hat. Bis zu drei Millio-
    Jahre alt, als er die kleine Schlosser-            logieentwicklungen,      effiziente und nachhaltige Energie­      nen Euro werden jährlich in die Aus-
                                                       sondern ist in allen
    werkstatt seines Lehrherrn in Laakir-              Bereichen des Unter-     gewinnung, -nutzung, -speicherung        und Weiterbildung der Mitarbeiterin-
    chen übernahm. Als Spezialwerkstätte               nehmens verwurzelt.      und -übertragung.                        nen und Mitarbeiter investiert. Die Un-
    für Motoren-Instandsetzung betrieben,                                          Die Miba folgt dabei immer ihrer      ternehmenszentrale ist und bleibt in
    stand der Jungunternehmer nach dem                                          schon im Jahr 2013 eingeführten Unter-   Laakirchen.
    Zweiten Weltkrieg vor einem Problem:                                        nehmensmission „Techologies for a           Die Attraktivität das Arbeitsgebers
    Ersatzteile zu bekommen war fast ein                                        cleaner planet“. Miba-Produkte sollen    überzeugt nicht nur die Menschen aus
    Ding der Unmöglichkeit. So tüftelte der                                     zu einem sauberen Planeten und einer     der Region: heute arbeiten etwa 2.500
    Unternehmensgründer eben selbst an                                          noch lebenswerteren Welt beitragen.      Menschen aus 16 Nationen in Oberös-
    innovativen Lösungen. Mit Erfolg:                                           Diese Mission ist auch Antrieb für die   terreich. Mit dem 2017 eröffneten Miba
    Miba-Gleitlager sollten schon bald über                                     große Innovatsionkraft der Miba, sie     Forum bestärkte das Unternehmen ein-
    die Landesgrenzen hinweg reißenden                                          hält mittlerweile 400 Patente in den     mal mehr sein Bekenntnis zur Region
    Absatz finden.                                                              verschiedensten Bereichen und war        Traunsee-Almtal. Das Familienunter-
       Knapp 100 Jahre nach ihrer Grün-                                         2020 in Oberösterreich das Unterneh-     nehmen sieht es als seine gesellschaft-
    dung ist die Miba – für Mitterbauer –                                       men mit den meisten Patent-Neuan-        liche Verantwortung, sich überall dort,
    ein gesund gewachsener, internationa-                     Miba AG           meldungen. „Unser Innovationsgeist       wo es Miba-Werke gibt, auch im Um-
    ler Konzern mit mehr als 30 Produkti-              Dr.-Mitterbauer-Str. 3   und unser Streben nach Technologie-      feld, zum Beispiel sozial und kulturell,
                                                         4663 Laakirchen
    onsstätten in Österreich, der Slowakei,               info@miba.com         führerschaft sind auch gelebte Unter-    zu engagieren. Im Spannungsfeld zwi-
    Deutschland, Slowenien, Tschechien,                      miba.com           nehmenskultur. Innovation ist dabei      schen Industrie und Kultur wurden
    USA, China, Indien und Brasilien. 7.500                                     immer eine gemeinsame Aufgabe für        auch schon Veranstaltungen wie musi-
                                                       900 Millionen Umsatz
    Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ent-              31 Standorte weltweit    die gesamte Miba. Jede Mitarbeiterin     kalisch begleitete Werksschauen
    wickeln und produzieren ein breites                 7.500 Beschäftigte      und jeder Mitarbeiter kann und soll      durchgeführt.                           n

20 Industriekultur      T R A U N S E E -A L M T A L
Startschuss 1927: Franz Mitterbauer
     übernimmt die Schlosserwerkstätte
     seines Lehrherrn.
     Durchbruch 1949: Der Betrieb startet die
     Herstellung konkurrenzfähiger Bleibronze-
     Gleitlager. Die industrielle Produktion
    ­beginnt.

„In vielen Unternehmen
  lernt man während der
  Ausbildung. Bei Miba
  ein Leben lang.“
WOH N K U LT U R

                  WEISSE WOLKEN
                AM GRÜNEN HIMMEL
                        Die Grüne Erde-Welt ist fest im Almtal verwurzelt. In dieser Region liegt der Ursprung,
                              hier schlägt das Herz von Grüne Erde. Ein Herz, das besucht werden kann.

    B    uchstäblich im Grünen vereint die
         Grüne Erde-Welt auf 9.000 Quad-
    ratmetern die Produktionsstätten für
                                                       bepflanzten Innenhöfen schafft ein ge-
                                                       sundes und angenehmes Arbeitsklima
                                                       für die etwa 120 Mitarbeiterinnen und
                                                                                                 „Weiße Wolke“ ist das erste Produkt des
                                                                                                 ökologischen Pionierbetriebs aus
                                                                                                 Scharnstein. Sie war schon damals
                                                                                                                                           Grüne Erde orientiert
                                                                                                                                           sich an ökologischen
    Naturmatratzen, Polstermöbel, Heim-                Mitarbeiter, denen interessierte Besu-    handgefertigt und aus 100 % Naturma-      und sozialen Stan-
                                                                                                                                           dards. Das bestimmt
    textilien und Naturkosmetik sowie ein              cherinnen und Besucher nun seit 2018      terialien. Die „Weiße Wolke“ wird auch    auch die Produkte, die
    vegetarisches Bio-Bistro und einen                 bei ihrer Arbeit über die Schulter bli-   heute noch im Almtal erzeugt und trägt    aus natürlichen, nach-
    großen Store unter einem Dach. Die                 cken dürfen.                              das strenge Öko-Zertifikat GOTS. Viele    wachsenden Rohstof-
                                                                                                                                           fen, umweltschonend,
    lichtdurchflutete, natur- und men-                    Die Erfolgsgeschichte von Grüne        Schichten Schafschurwolle, Leinen-        nachhaltig, sozial fair
    schengerechte Holzarchitektur mit 13               Erde beginnt 1983. Die Naturmatratze      kämmlinge, Naturlatex, Kokoslatex,        und überwiegend
                                                                                                                                           handwerklich in eige-
                                                                                                                                           nen Werkstätten ge-
                                                                                                                                           fertigt sind.

22 Industriekultur      T R A U N S E E -A L M T A L
Baumwolle und der Duft nach Zirbe        polsterei, wo man zuschauen kann, wie        ökologischen Grundsätzen aus natürli-
  sorgen für einen wohltuenden Schlaf.     die Grüne Erde-Produkte handwerklich         chen Materialien errichtet und ist dank
  Nach und nach sind viele weitere Pro-    gefertigt werden.                            umweltfreundlicher Energieversorgung
  dukte dazugekommen. Heute entwi-            Die vielfach preisgekrönte Architek-      klimaneutral. Wann immer möglich,
  ckelt, produziert und vertreibt Grüne    tur (Architekt Klaus K. Loenhart/Gene-       wurden regionale Firmen beauftragt,
  Erde mehr als 6.000 Produkte zum         ralplaner Klaus Landerl) der Grüne Er-       Bauholz und Schurwolle stammen aus
 ­gesunden und natürlichen Wohnen,         de-Welt wurde sorgsam geplant, nach          Österreich, die 450 Bäume und 700
  Schlafen und Leben. Das Streben nach                                                  Sträucher, die für die Außenanlagen ge-
  dem Ideal vom Leben und Arbeiten in                                                   pflanzt wurden, sind aus Oberöster-
  Verbundenheit mit der Natur ist auch                                                  reich. Grüne Erde wäre ohne das Almtal
  mehr als 35 Jahre nach der Firmengrün-                                                nicht denkbar. Die Natur rundherum
  dung gelebte Firmenphilosophie. Im                                                    gibt die Inspirationen für die Gestaltung
  Rahmen einer Entdeckungstour in der                                                   der Produkte. Die vorwiegend in der Re-
  Grüne Erde-Welt können sich Besuche-                                                  gion Traunsee-Almtal lebenden Mitar-
  rinnen und Besucher selbst davon über-                                                beiterinnen und Mitarbeiter schätzen
  zeugen. Die Reise beginnt bei den Ge-                   Grüne Erde-Welt               das Arbeiten in naturnaher Atmosphäre
                                                  Hinterbergstraße 4 / Steinfelden
  wächshäusern: Hier werden aus winzi-                   4643 Pettenbach                sehr. Und die Geschäftsführung betont:
  gen Keimlingen kräftige Pflanzen. Im             fuehrungen@grueneerde.com            „Es war uns von Beginn an wichtig,
  Sinne-Raum kann man unter dem Mot-                   grueneerde.com/welt              dass die Arbeitsplätze die gleich hohe
  to „sehen, fühlen, schnuppern“ die aus       120 Beschäftige in der Grüne Erde-Welt   Qualität haben wie unsere Produkte.
  der Natur gewonnenen Rohmaterialien               545 Beschäftigte insgesamt          Unsere Unternehmensphilosophie – die
  wie Holz, Leinen oder Baumwolle näher                1983 Firmengründung              Verbundenheit von Mensch und Natur –          Schlafen, Möbel,
                                                2018 Eröffnung der Grüne Erde-Welt                                                    Wohnaccessoires,
  kennenlernen. Herzstück der Tour ist                111.000 BesucherInnen             soll in der Grüne Erde-Welt im Almtal         Heimtextilien, Kosme-
  die Matratzenproduktion und Möbel-                 in den ersten drei Jahren          täglich erlebbar sein.“                 n    tik und Kleidung von
                                                                                                                                      Grüne Erde – ökolo-
                                                                                                                                      gisch und sozial fair
                                                                                                                                      im Almtal gefertigt.

„Die Grüne Erde-Welt
  symbolisiert alles,
  was uns wichtig ist –
  hier verbinden wir
  Mensch und Natur.“
 Reinhard Kepplinger, Eigentümer &
 Geschäftsführer Grüne Erde

                                                                                                           Industriekultur       T R A U N S E E -A L M T A L   23
„In der Druckwerkstatt
    kann jeder Einblick in
    die unbekannte Welt
    der Herstellung von
    Drucksachen mit
    beweglichen Bleilettern
    bekommen.“

                                                                       S C H R E I BK U LT U R

          AUS LIEBE ZUR SCHRIFT
     Ein Museumsjuwel ist das Schrift- und Heimatmuseum Bartlhaus in Pettenbach. Hier wird die Kunst der Schönschrift
                   in vielfältiger Form hochgehalten. Eine Besonderheit im heutigen digitalen Zeitalter.

    Z    uerst war es die Schreibmaschine,
         dann der Kugelschreiber, jetzt die
    Computer- und Handytastatur. Techni-
                                                       met sich das Schrift- und Heimatmu-
                                                       seum Bartlhaus in Pettenbach, hervor-
                                                       gegangen aus der privaten Stiftung des
                                                                                                                           Schriftliebhaber und Exlibris-Sammler,
                                                                                                                           kam ein dritter Mann hinzu. Später hat
                                                                                                                           er seine bedeutende Sammlung dem
    sche Erfindungen haben das Schreiben               gebürtigen Pettenbachers Leopold                                    Museum vermacht“, sagt Gottfried
    in den letzten Jahrzehnten deutlich be-            Feichtinger. Eigentlich ausgebildeter                               Kahr, Obmann des Museumsvereins.
    schleunigt. Geschriebenes wird in Win-             Maurer, wandte sich Feichtinger nach                                   Den Gründervätern ist im Bartlhaus
    deseile getippt und ebenso schnell mit             einem Arbeitsunfall der Gestaltung von                              jeweils ein eigener Bereich gewidmet:
    der Retourtaste wieder korrigiert.                 Sgraffiti und Schriften an Hausfassa-                               die Feichtinger-Stube, der Neugebauer-
    ­Schreiben ist inflationär geworden und            den zu. Er arbeitete auch als Kalligraf,                            Raum und der Premstaller-Raum. Aus
     dennoch - oder gerade deswegen? - fei-            begann Exlibris zu gestalten und zu                                 dieser Struktur entwickelte sich die
    ert die Schönschrift, etwa in Form von             sammeln. Begleitend dazu nahm er            Im zauberhaften         heutige Themenaufteilung der Muse-
    Kalligrafiekursen, ein großes Comeback.            Privatunterricht bei Friedrich Neuge-       Bartlhaus in Petten-    umsarbeit in die Sparten Kalligrafie,
                                                                                                   bach ist das einzige
    Schreiben als Gegenpol zur Hektik der              bauer, Professor für Schrift und ange-      österreichische Muse-   Exlibris, Druckwerkstatt, Heimatmuse-
    Zeit. Schönschreiben als meditatives               wandte Grafik an der Kunstuniversität       um eingerichtet, das    um und Seisenburg-Raum. In weiteren
    Vertiefen in eine besondere Kunst.                 Linz. Beide Herren waren maßgeblich         sich auf kompetent-     Räumen werden Kalligrafieausstellun-
                                                                                                   facettenreiche Weise
       Der Schrift als eine der größten Er-            für die Gründung des Museums. „Mit          der Schriftkunst        gen österreichischer und internationa-
    rungenschaften der Menschheit wid-                 Othmar Premstaller, passionierter          ­widmet.                 ler Künstler und thematische Zusam-

24 Industriekultur      T R A U N S E E -A L M T A L
menstellungen von Exlibris gezeigt.              Die Druckerpressen
„Der ehrenamtlich geführte Förderver-            und Druckmaschinen
                                                 sind edel und noch
ein des Museums arbeitet seit der Grün-         ­immer funktions­
dung 1990 unermüdlich daran, jedes               tüchtig. Ebenfalls
Jahr zwei bis drei Ausstellungen und             sehr ­sehenswert –
                                                 in Pettenbach betreibt
andere Veranstaltungen, wie Konzerte,            das Team des Schrift-
Lesungen und Vorträge, zu verwirkli-             museums Bartlhaus
chen“, sagt A
            ­ ngelika Doppelbauer, Ku-           auch die authentische
                                                 Kulturschmiede von
ratorin für Kalligrafie-Ausstellungen.           Josef Eisenhofer.
    Ein Herzstück des Hauses ist zudem
die Druckwerkstatt mit historischen
Druckmaschinen. „Alle sind funktions-
tüchtig und das zeigen wir bei Vorfüh-
rungen auch.“ Im Skriptorium – einer
eigenen Schreibstube - werden regel-
mäßig Kalligrafiekurse abgehalten.
    Vom Team des Schriftmuseums wird
auch die Kulturschmiede Eisenhofer                   Schrift- und Heimatmuseum Bartlhaus
betreut – ein weiteres kulturhistori-                           Museumstraße 16
sches Denkmal in Pettenbach. Gottfried                          4643 Pettenbach
                                                              kontakt@bartlhaus.at
Kahr: „Das historische Gebäude beher-                              bartlhaus.at
bergt die authentische Schmiedewerk-
statt von Josef Eisenhofer, dem ehema-             Mai–Oktober, jeweils samstags 14–17 Uhr,
                                                        sonn- und feiertags 10–12 Uhr
ligen Dorfschmied von Pettenbach. Sie                 Betreiber des Museums ist der rein
ist im Originalzustand der 1940er-Jahre             ehrenamtliche Förderverein Schrift- und
erhalten – so wie sie Josef Eisenhofer                Heimatmuseum Bartlhaus-Stiftung
                                                             Leopold Feichtinger.
einst verlassen hat, als er in den Zwei-           Besonderheit: Schreibstube für regelmäßig
ten Weltkrieg musste.                   n               abgehaltene Kalligrafiekurse

                                             Industriekultur          T R A U N S E E -A L M T A L   25
„Die Gmundner Keramik ist für ihre
                                                      einzigartige weiße Glasur, die
                                                      besondere Haptik und die zeitlosen
                                                      Formen bekannt und beliebt.“

26 Industriekultur   T R A U N S E E -A L M T A L
T IS C H K U LT U R

  JEDES STÜCK EIN UNIKAT
      Maschinen können nur reproduzieren, Menschen schaffen echte Originale: 60 Hände braucht es, bis ein Stück
        fertiggestellt ist. Müsste man ein Wort für die Gmundner Keramik finden, so wäre das wohl: einzigartig.

W       as haben Aerin Lauder, Enkelin
        der amerikanischen Kosmetik-
Ikone Estée Lauder, und TV-Moderato-
                                                                      und so zum Unikat veredelt. Einzig­
                                                                      artig ist dabei auch die angewandte
                                                                      Kunsthandwerktechnik, das soge-
                                                                                                                   lange Tradition, trotzdem geht Gmund-
                                                                                                                   ner Keramik mit der Zeit und erfindet
                                                                                                                   sich immer wieder neu. Neben dem Ton
rin Kathi Wörndl gemeinsam? Beide le-                                 nannte Flammen. Im 18. Jahrhundert           selbst werden auch die Gipsformen, Gla-
gen Wert auf österreichische Tischkul-                                wurde in einem bestimmten Rhythmus           sur und Farben selbst hergestellt. Seit
tur! Sie zeigen sich auf Instagram als      Gmundner Keramik          mit einem Malhorn, aus dem Farbstoff         2010 sind die Originale auch spülma-
Fans von Gmundner Keramik und sind             Handels GmbH           floss, auf die weiße Grundglasur ge-         schinenfest und für die Nutzung in der
                                             Keramikstraße 24
damit in bester Gesellschaft: Zehntau-         4810 Gmunden           malt. In den 1970er Jahren wurde das         Mikrowelle geeignet. Als echte Manu-
sende bunte Bildbeiträge aus aller Welt     office@gmundner.at        Malhorn von einem Malhörnchen –              faktur sind zudem personalisierte Son-
finden sich in sozialen Netzwerken. Für          gmundner.at          oberösterreichisch „Piperl“ – abgelöst.      deranfertigungen ab einem Stück mög-
alle, die wissen wollen, wo und wie ihre     130 Beschäftigte         Heute werden Schnörkel und Kringel           lich. Ob Hochzeitsteller oder Taufkrug:
Lieblingsteller, Häferl und Co. herge-      500 Jahre Tradition       mit einem feinen Schlauch händisch           Den individuellen Wünschen sind keine
stellt werden, heißt es: Ab nach Gmun-          37 Designs            auf die Keramik aufgespritzt. Nicht nur      Grenzen gesetzt. Und auch wenn einmal
den! Die gesamte Herstellung passiert                                 im klassischen Grün, sondern auch in         ein älteres, lieb gewonnenes Teil ka-
zu 100 Prozent in der Region. Und das                                 vielen anderen Farben. Weltweit gibt es      puttgeht, wird Abhilfe geschaffen – auf
seit 1492. Im Jahr, als Kolumbus Ameri-                               keinen zweiten Betrieb, der nach dieser      alle bestehenden Formen können die
ka entdeckt, wird das „Hafnerhaus am                                  Tradition arbeitet. Seit dem Frühjahr        Designs nachgefertigt werden.
Graben“, aus dem später die Gmundner                                  2021 zählt es zum immateriellen Kul-            Auch gegenüber den Kundinnen und
Keramik Manufaktur hervorging, zum                                    turerbe im Sinne der UNESCO.                 Kunden hat sich das Unternehmen ge-
ersten Mal urkundlich erwähnt. Der                                        Zwei Jahre dauert es, bis sämtliche      öffnet. Bei Führungen, die ganzjährig
aktuelle Standort in der Keramikstraße                                Flamm-Designs und über 110 Formen            bei jedem Wetter angeboten werden
besteht seit dem Jahr 1903. Mehr als                                  erlernt sind und das Handwerk be-            und kinderfreundlich gestaltet sind,
                                           Die Mitarbeiterinnen
500 Jahre Tradition treffen auf innova-    und Mitarbeiter sind       herrscht wird. „Die ersten hundert Tel-      bekommen Besucherinnen und Besu-
tive Fertigung. Heute noch werden          zum Großteil schon         ler werden nichts“, erinnert sich eine       cher einen ausführlichen Einblick in
Feldspat, Kaolin und Quarz in geheimer     sehr lange im Betrieb      Flammerin. Gemalt wird freilich auch:        die Entstehung der Unikate. Wer selbst
                                           und bleiben bis zur
Rezeptur gemischt, bis eine homogene       Pensionierung. Neben       filigrane Herzerl, bunte Streublumen         einmal unter fachkundiger Anleitung
Tonmasse entsteht, die zu Geschirr und     der Liebe zum traditi-     oder das aufwendigste Motiv „Jagd“ –         Keramik bemalen möchte, kann sich
Dekorationsobjekten geformt und 16         onellen Handwerk           Inspirationsquelle ist die wunderschöne      bei einem Workshop eine kreative Aus-
                                           braucht man auch viel
Stunden lang im Ofen gebrannt wird.        Fingerspitzengefühl        Berg- und Seenlandschaft des Salzkam-        zeit gönnen und sein eigenes Werk-
Jedes Stück wird von Hand bearbeitet       und Talent.                merguts. Die Handwerkskunst hat eine         stück gestalten.                       n

                                                                                                                Industriekultur     T R A U N S E E -A L M T A L   27
E R L E BN ISK U LT U R

          BEWEGTE GESCHICHTE
                     Es ist ein außergewöhnlich reizvolles Erlebnis, an einem strahlenden Sommertag mit dem
                               historischen Schaufelraddampfer „Gisela“ über den Traunsee zu gleiten.

E    s ist ein traumhaftes Gefühl! Dank
     der originalen oszillierenden Ver-
bunddampfmaschine gleitet das Schiff
                                                  ­Prichard -, erreichte in den Jahren 1850
                                                  bis 1880 ihre Hochblüte. Die Frachtfahr-
                                                  ten zum Salztransport florierten und
                                                                                                                             stand versetzt wurde – und das bis ins
                                                                                                                             kleinste Detail. „In Abertausenden, viel-
                                                                                                                             fach privat geleisteten Arbeitsstunden
wunderbar über das Wasser“, schwärmt              auch der Fremdenverkehr am Traunsee                                        wurde unter anderem die originale
Gerhard Meingast, Vorstandsmitglied               begann sich prächtig zu entwickeln.                                        Dampfmaschine überholt. Auch längst
Freunde der Stadt Gmunden, in Vereh-              Gerhard Meingast: „Die erste Probefahrt                                    pensionierte Handwerker und Mitarbei-
rung der Grande Dame der heutigen                 fand am 24. September 1871 statt. Offizi-                                  ter der DDSG wurden aufgetrieben, um
Traunseeschifffahrt. Die „Gisela“ ist ei-          ell in Dienst gestellt wurde die ‚Gisela‘                                 ihr Wissen und Können bei der Revitali-
ner der ältesten Dampfer der Welt, Bau-            dann das Jahr darauf, anno 1872, und er-                                  sierung einzubringen“, erzählt Gerhard
jahr 1871. 2021 feierte das Schiff seinen          laubte den Betrieb für 501 Fahrgäste und                                  Meingast. Das Herzensprojekt „Gisela“
150. Geburtstag und ist damit nicht nur            sechs Mann Besatzung.“                                                    gelang. „Am 5. Juni 1986 erlebte die Gi-
Teil der Zeit- und Industriegeschichte,                Etliche Jahrzehnte war die Traunsee-                                  sela ihre zweite Jungfernfahrt.“
es hat auch selbst eine bewegte Ge-               schifffahrt ein gutes Geschäft, die Flotte                                    Heute ist das Schiff Teil einer an-
schichte unter dem Kiel.                          gut ausgelastet. Dennoch begann sich                                       sehnlichen Traunsee-Flotte unter dem
   Die „Gisela“ war einst Teil einer an-          das Blatt zu wenden. Durch den Stra-                                       Kommando von Karlheinz Eder - sechs
sehnlichen Flotte von Schaufelraddamp-            ßen- und Bahnausbau zwischen Traun-                                        Fahrgastschiffe, darunter auch die his-
fern am Traunsee. Neben der „Sophie“              kirchen und Ebensee, einem nicht unbe-                                     torische „Gisela“. „Wir bieten nicht nur
(1839) und der „Elisabeth“ (1858) schip-          trächtlichen Betriebsaufwand und ei-                                       regelmäßigen Linienverkehr, sondern
perte die 52 Meter lange „Gisela“ ab 1871         nem hohen und damit auch teuren Koh-                                       auch eine bunte Palette an Sonderfahr-
über den Traunsee. Die Dampfschifffahrt           leverbrauch der Dampfer wurden die                                         ten. Das Spektrum umfasst Märchen-
am See, gegründet von zwei mutigen                Schiffe zusehends unrentabel. Letztlich                                    fahrten für Kinder genauso wie roman-
Briten - John Andrews und ­Joseph                 wurden sie ausrangiert, verkauft, in die                                   tische Candle-Light-Dinner, Fahrten zu
                                                  Werft verbannt. In den 1970er-Jahren                                       Seefesten wie Fronleichnam, der Mär-
                                                  war die Dampfschifffahrt am Traunsee                                       chennacht in Traunkirchen oder dem
                                                  gänzlich verschwunden. Alleine die                                         traditionellen Lichterfest in Gmunden.
                                                  „Gisela“ rostete im Trockendock still vor      Seit 1839 bietet die        Musik- und Tanzveranstaltungen an
                                                                                                 Traunseeschifffahrt
                                                  sich hin. Diesem Schicksal konnten sie         wunderschöne Natur-         Bord, wie die Veranstaltung Jazz on the
           Traunseeschifffahrt GmbH               ein privater Verein und die Stadt Gmun-        und Kulturerlebnisse        Steamboat, kommen sehr gut an“, er-
               Sparkassegasse 3                   den, die das Schiff um vier Millionen          auf dem Wasser, unter       läutert Karlheinz Eder. Ihm ist damit
                 4810 Gmunden                                                                    anderem auf der
          info@traunseeschifffahrt.at             Schilling ankaufte, entreißen. Damit be-       ­„Gisela“, einem der        das Kunststück gelungen, die Traunsee-
             traunseeschifffahrt.at               gann ein unfassbar engagierter Revita-        ­ältesten Schaufel­          schifffahrt gut in das 21. Jahrhundert zu
                                                  lisierungsprozess, im Zuge dessen das           raddampfer der Welt,       manövrieren – historische Reminis-
6 Fahrgastschiffe im regelmäßigen Linienverkehr                                                   ­benannt nach der
          10 Anlegestellen am Traunsee            Schiff zwischen 1982 und 1986 wieder             Tochter von Kaiserin      zenzen inklusive. Und das Signalhorn
  Viele Charter-Nostalgiefahrten rund ums Jahr    flottgemacht und in den Originalzu-              Elisabeth.                der „Gisela“ tutet fröhlich dazu.       n

                                                                                               „Am 5. Juni 1986 erlebte die Gisela ihre
                                                                                                 zweite Jungfernfahrt.“
                                                                                                Gerhard Meingast

                                                                                                                          Industriekultur      T R A U N S E E -A L M T A L   29
„Die Straßenbahn in Gmunden,
    gebaut 1894, war eine der
    ersten elektrischen Bahnen
    Österreichs überhaupt.“
    Günter Neumann, Geschäftsführer Stern & Hafferl

                                                                            K U LT U R S C H I E N E

                        MOBILITÄT VOR ORT
        Einst Vorreiter bei der Elektrifizierung und Verkehrserschließung von Gmunden und Umgebung ist Stern & Hafferl
         heute ein modernes Mobilitätsunternehmen, das Tradition und Zukunft auf vielfältige Weise zu verbinden weiß.

    V    isionen mit Tradition!“ Der griffige
         Slogan von Stern & Hafferl ist gut
    gewählt. Geschmeidig verbindet sich
                                                           scher Input beim Bau der Wiener
                                                           Straßen­bahn, der Lokalbahn Haiding-
                                                           Aschach sowie der Salzkammergut-
                                                                                                                                 Hafferl verbrämten sie mit technischer
                                                                                                                                 Innovationskraft, wie man sie im bis
                                                                                                                                 dahin ländlich geprägten Seenland
    darin zeitgemäßes Mobilitätsmanage-                    Lokal­bahn und der Schafbergbahn. Als                                 nicht kannte.
    ment mit technischer Pionierarbeit.                    am Ende des 19. Jahrhunderts das Salz-                                   Pionierarbeit leistete das begnadete
    Tatsächlich waren die Gründer eines                    kammergut zur beliebten Sommer­             Seit über 130 Jahren      Ingenieursduo anno 1892 etwa mit der
    der heute größten privaten Verkehrsun-                 frische-Destination aufstieg, ging da-      ist Stern & Hafferl auf   Errichtung des ersten Dampfkraft­
                                                                                                       Erfolgskurs. Das Mo­
    ternehmen in Österreich – Josef Stern                  mit eine rege Bautätigkeit einher. Stern    bilitätsunternehmen       werkes in St. Wolfgang. Es war das erste
    und Franz Hafferl – auch schon 1883                    und Hafferl waren 1891 mit einem eige-      ist heute einer der       seiner Art in Oberösterreich. „Damit
    am Puls der Zeit, als sie in Wien ihr                  nen Büro in St. Wolfgang bereits vor Ort.   größten Verkehrsbe­       begann die Elektrifizierung der Region,
                                                                                                       triebe Österreichs mit
    Projektierungsbüro für Lokalbahnen                     Die Bauaufträge, die sie erhielten, wa-     rund 400 Mitarbei­        die folglich auch die infrastrukturelle
    gründeten. Wesentlich war ihr techni-                  ren vielfältig, Josef Stern und Franz       tern.                     Erschließung von Gmunden und Umge-

30 Industriekultur          T R A U N S E E -A L M T A L
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