Herausforderungen - die Baustellen der Schulpolitik im neuen Schuljahr - des VBE ...
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Rheinland-pfälzische Schule 08/2017 Zeitschrift des Verbandes Bildung und Erziehung Rheinland-Pfalz 10.08.2017 / 67. Jahrgang Mehr Gerechtigkeit wa(a)gen. Damit Lehrer nicht sitzen bleiben. Herausforderungen – die Baustellen der Schulpolitik im neuen Schuljahr n Essay: Inklusion ist doof – oder? n Im Dialog mit BM und ADD
– Inhalt – – Mitgliederservice – Leitartikel 3 Magazin 4 Aktuell In Memoriam 6 8 Der VBE-Schuljahresplaner 2017/2018 Thema 9 Junger VBE 16 – jetzt auch digital Bericht 17 Essay 18 Personalräte & Co. 20 Recht 21 Infos & Technik 23 Der neue digitale VBE-Schuljahresplaner Termine 25 enthält, was die gedruckte Version auch bietet: Wir gratulieren 26 Aus den Kreisverbänden 27/29 n Kalendarien in verschiedenen Formaten, Seniorinnen & Senioren 28 n Einträge der wichtigsten Schultermine für Zum Schluss ... 30 Organisation und Unterricht, n Vorlagen, Impressum n Notenlisten, 10. August 2017, 67. Jahrgang n Stundenpläne Herausgeber n und vieles mehr. Verband Bildung und Erziehung (VBE), Landesverband Rheinland-Pfalz Adam-Karrillon-Str. 62, 55118 Mainz Vor allem aber die Mobilität und Flexibilität, die heute von einem digitalen Telefon: 0 61 31-61 64 22, Telefax: 61 64 25 info@vbe-rp.de Planungswerkzeug für Lehrerinnen und Lehrer erwartet werden kann. Redaktion dieser Ausgabe: Hjalmar Brandt (verantwortlich) br h.brandt@vbe-rp.de Dr. Markus Bachen mb (Veranstaltungen/Regionales) m.bachen@vbe-rp.de Frank Handstein fh (Reportage/Recht) f.handstein@vbe-rp.de Dominik Hoffmann dh (Recht) d.hoffmann@vbe-rp.de Marlies Kulpe mkl (Bildungspolitik/Rubriken) m.kulpe@vbe-rp.de Lars Lamowski lal (Primarstufe) l.lamowski@vbe-rp.de Klaus Schmidt kfs (Reportage/Berufspolitik/Zum Schluss) k.schmidt@vbe-rp.de Der digitale VBE-Schuljahresplaner steht passwortgeschützt online für alle Mitglieder Verlag: VBE Bildungs-Service GmbH des VBE Rheinland-Pfalz bereit, die nicht die gedruckte Version bestellt und erhalten Adam-Karrillon-Str. 62 haben. Einfach auf der VBE-Website anklicken und anmelden. 55118 Mainz Fotos/Grafik: Jan Roeder: Titel, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 11, 12, 13, Übrigens: Der neue und für VBE-Mitglieder kostenfreie digitale VBE-Schuljahresplaner ist ab- 14, 16, 18, 19, 20, Jimmy Little: 25 geleitet von DIGIT, der vom VBE empfohlenen Unterrichtsplanungssoftware. Wer also den Ralph Stollorz: 27(2) VBE-Schuljahresplaner mit zahlreichen Funktionen für das Unterrichtsmanagement ergänzen Die Auflösung aus dem letzten Heft 06 -‐ 07/2017 Hjalmar Brandt: 2, 8, 21 Alexander Waschow: 17 will, sollte sich ein DIGIT-Abo überlegen. Das gibt es zu einem VBE-Sonderpreis. Die Gewinner dieses Rätsels und damit Gewinner von je 6 Flaschen Wein aus rheinland-‐pfälzischen Dr. Markus Bachen: 29 VBE-Archiv: 6, 7, 29 (oben) Anbaugebieten sind: RED Ingo Brausch, 66679 Losheim Elisabeth Russel-‐Klein, 56076 Koblenz Die RpS erscheint zehnmal im Jahr. Gabriele Nachtsheim, 56653 Wassenach Für VBE-Mitglieder ist der Bezugspreis durch den Hier die Auflösung des Rätsels aus Heft 06-07/2017: Mitgliedsbeitrag abgegolten. Nichtmitglieder 1 2 B A C K 3 O F 4 E N 5 H 6 U M A N 7 N 8 O T 9 E bestellen beim Verlag zum Preis von 4,80 Euro 10 11 C H A N C E N S I ND W I E C E N S I N D W vierteljährlich einschließlich Vermittlungsgebühren. 12 13 S C H L U N D A B A L L A D E I Redaktionsschluss herzlich! Die Redaktion gratuliert R L 14 E L L 15 E M C 16 S O G S ONN E N A U F G A E NG E 17 18 19 20 21 17.08.2017 für Heft 09/2017 N A H E Z U A B S I N T H S Den Inhalt namentlich gezeichneter Artikel E R 22 B 23 U 24 N T A U 25 B 26 R A 27 U T W E R Z U L A N G E verantworten deren Verfasser. 28 L 29 O 30 T 31 B I E R 32 S A L M I A K F Nachdruck ist nur mit Zustimmung der Redaktion 33 K L A 34 G E 35 B W L M 36 R A S E 37 R W A R T E T, V E R P A S S T und Quellenangabe zulässig. Für unverlangt 38 E G 39 E C K E 40 N Y 41 G E N 42 R E eingesandte Manuskripte besteht keine Gewähr. 43 W K 44 45 R O M 46 E R 47 Z 48 O O U S I E 49 50 51 52 Gesamtherstellung, Anzeigenverwaltung L E 53 H R E R 54 Z V A 55 N G E Die Gewinner dieses Rätsels und damit Gewinner von je Wilke Mediengruppe GmbH E O H R 56 W E C K E R 57 M A K E L 58 6 Flaschen Wein aus rheinland-pfälzischen Anbaugebieten Oberallener Weg 1, 59069 Hamm S E R A N B E E T sind: E-Mail: info@wilke-mediengruppe.de 59 E S 60 K I M O N 61 T E E N 62 L 63 A C K 64 65 66 ISSN: 1869 3717 N A N 67 S 68 69 V 70 L E 71 R K Ingo Brausch, 66679 Losheim 72 P E 73 T W A A N G S T B A G Elisabeth Russel-Klein, 56076 Koblenz Die nächste RpS erscheint am 07. September 2017. F A U S T S O D A 74 R W 75 E Gabriele Nachtsheim, 56653 Wassenach T U O M A A L I B I 76 77 78 L A T E I N O Z O N D E S T Die Redaktion gratuliert herzlich! 2 Rheinland-pfälzische Schule 08/2017 C H A N C E N S I N D W I E S O N N E N A U F G A E N G E E R W Z U L A N G E W A R T E T , V E R P A S S T S I E
– Leitartikel – Personalratswahlen 2017: Nach der Wahl ist vor der Wahl D ie Personalratswahlen 2017 haben dem VBE ein her- Im Bereich der Grundschulen hat der VBE den vorragendes Ergebnis gebracht. Dies bestätigt uns in un- größten Erfolg zu verzeichnen. In beiden Stu- seren Zielsetzungen der vergangenen Wahlperiode und fenvertretungen konnte die Mehrheit gewon- stärkt uns für die Vorhaben der Zukunft. Wir werden uns nen werden. Nunmehr stellt der VBE jeweils 6 – wie immer mit Biss – zu Wort melden und die Probleme Stufenvertreter/-innen. Im Bezirkspersonalrat der Zukunft tatkräftig angehen. Für das Vertrauen, das konnte der VBE in allen drei Regionen (Neu- sich in diesem guten Wahlergebnis ausdrückt, bedankt stadt, Koblenz, Trier) erstmals die Konkurrenz sich der VBE Rheinland-Pfalz bei allen Kolleginnen und deutlich überholen – mit einer Steigerung ge- Kollegen. Wir strengen uns an, dem gerecht zu werden. genüber 2013 von fast 9 %. Im Hauptpersonal- Sabine Mages rat sah es ähnlich aus. Dort können wir eine An den Integrierten Gesamtschulen konnte der VBE je- Steigerung von fast 6 % verzeichnen. Somit stellen wir weils seinen Sitz im Bezirks- und Hauptpersonalrat be- nun mit Marlies Kulpe im HPR und der Autorin dieser Zei- haupten. Erfreulicherweise konnten wir einen Stimmen- len im BPR die Vorsitzenden. zuwachs von ca. 6 % verzeichnen. Somit hat der VBE er- neut die Chance, in dieser Schulart zusammen mit Ralf Die Grundschule ist in Rheinland-Pfalz die Schulart mit Poth (BPR) und Wolfgang Schenk (HPR) in der Zukunft den meisten Beschäftigten (ca. 13 000) und mit den meis- gestaltend mitzuwirken – natürlich in der Hoffnung, 2021 ten Schulen (964). Die Arbeitsbedingungen in den Grund- noch eine Schippe drauflegen zu können. schulen werden immer problematischer. An den Realschulen plus konkurrierten – bedingt durch n Der Personalmangel wird immer krasser, sodass sogar rückläufige Beschäftigtenzahlen – drei Gewerkschaften zunehmend Klassen – auch über die viel beschworene um nur noch 9 statt bisher 11 Sitze. Auch hier konnte der Klassenmesszahl 24 hinaus – zusammengelegt wer- VBE seine beiden Sitze in den Stufenvertretungen halten. den müssen, um Personal freizuschaufeln. Das ist angesichts der zugespitzten Konkurrenzsituation n Grundschullehrer/-innen müssen zusätzlich die Einar- ein echter Erfolg! Mit Johannes Müller stellt der VBE im beitung und Begleitung von Lehrer(inne)n anderer HPR den Vorsitzenden, mit Barbara Mich im BPR die Schularten und sogar Studenten, die als Klassenlei- 1. stellvertretende Vorsitzende. Wir sind uns sicher, dass tungen eingesetzt werden, übernehmen. viele Kolleginnen und Kollegen, die nunmehr Anwärterin- n zusätzlich: Durch Abwanderung in andere Bundeslän- nen und Anwärter der Wechselprüfung II sind oder diese der werden wöchentlich neue Löcher gerissen. bereits absolviert haben, nicht vergessen haben, welcher n Integration und Förderung von Kindern mit Migrati- Gewerkschaft sie diesen Sprung in der Besoldung zu onshintergrund ist eine Mammutaufgabe, vor die sich mehr Gerechtigkeit zu verdanken haben. die Lehrkräfte allzu oft alleine gestellt sehen. Nach den ersten 600 umgewidmeten Planstellen in A 13 Besonders bitter ist, dass die Landesregierung das En- des Jahres 2017 folgen weitere 600 Planstellen im Jahr gagement der Grundschullehrerinnen und Grundschul- 2018. Wir hoffen, dass wir jetzt weitere GHS-Kolleginnen lehrer nur mit Lippenbekenntnissen bedenkt, eine Aner- und -Kollegen überzeugen können, die WP II abzulegen. kennung durch Besoldungsgerechtigkeit aber nicht ein- Die kleine Anstrengung lohnt sich und zahlt sich tagtäg- mal ins Auge fasst. lich aus. Jetzt oder nie – das ist die Devise! Die Unterstüt- zung der VBE-Personalräte ist allen sicher! Die Zeit ist längst reif für eine Besoldungsanpassung in der Grundschule, siehe Berlin. Das weiß auch Rot-Gelb- Im Bereich der Förderschulen haben wir deutlich zulegen Grün. Wertschätzung der Bildungsarbeit in der Grund- können. In beiden Stufenvertretungen konnte ein dritter schule und soziale Gerechtigkeit für gleichwertiges päd- Sitz hinzugewonnen werden. Im HPR stellen wir mit Alexan- agogisches Engagement – das bedeutet A 13. der Stepp den 1. stellvertretenden Vorsitzenden. Im BPR mit Michael Venz den 2. stellvertretenden Vorsitzenden. Das Wir können gewerkschaftspolitisch als VBE, aber auch Wahlergebnis bestärkt uns in unserer Arbeit, die sowohl durch unsere Arbeit in den Personalräten dafür sorgen, den Erhalt der Förderschulen als auch die Verbesserung der dass dieses Ziel erreichbar wird. Es geht dabei nicht nur inklusiven Beschulung an Schwerpunktschulen zum Inhalt um mehr Geld; es geht um die Emanzipation des Grund- hat. Beides hat seine Berechtigung. Auf den Einzelfall schullehrerberufs, der – nicht erst seit heute – keinem kommt es an! Als unerträglich empfinden wir, dass Schüle- anderen pädagogischen Beruf, keinem anderen Lehramt rinnen und Schüler mit gutachtlich festgestelltem Förderbe- in unserem Schulsystem nachsteht. darf, die gemäß dem letztendlich entscheidenden Elternwil- len an einer Regelschule eingeschult werden, dort ohne zu- Dafür kämpft der VBE. Weiter mit Biss. sätzliche Förderung verbleiben, da der Schule in solchen Sabine Mages Fällen keine Förderstunden zugewiesen werden können. stellvertretende VBE-Landesvorsitzende Rheinland-pfälzische Schule 08/2017 3
– Magazin – Arbeitgeber: Mehr Bildung in Deutschland Deutschlands Arbeitgeber mer, dass weniger auf Ganztagsschulen Wert gelegt werde erwarten von der Politik zur als in vielen anderen Ländern. Was das Elternhaus heute Bundestagswahl die Beseiti- oft nicht mehr liefern könne, müsse stärker in der früh- gung lähmender Strukturen in kindlichen Bildung und im Schulwesen geleistet werden. der Bildung. „Wir brauchen eine gemeinsame Bildungs- Im Jahr 2030 werde es sechs Millionen Menschen weniger strategie von Bund, Ländern im erwerbsfähigen Alter geben. Deshalb müssten Kinder und Kommunen“, forderte Ar- auch aus ärmeren oder migrationsstämmigen Elternhäu- beitgeberpräsident Ingo Kra- sern besser gefördert werden, um gute Abschlüsse zu ma- mer am 4. Juli bei einer Veran- chen. „Wir haben immer noch einen zu großen Anteil an staltung in Berlin. „Wir müs- jungen Menschen, die ohne jegliche Berufsausbildung ins sen sehr viel investieren in Leben gehen.“ Jugendliche müssten zudem bei Bedarf Ganztagsbeschulung, in Ganz- stärker beraten werden, sodass sie nicht ein Studium oder tagskitas“, verlangte Kramer. eine Ausbildung anfangen, die sie eigentlich gar nicht ma- „ We n n e s e i n L a n d w i e chen wollen und abbrechen. Deutschland nicht schafft, diese finanziellen Aufwendun- Den Ländern warf Kramer vor, Finanzmittel des Bundes für gen zur Verfügung zu stellen, Schule und Bildung aus Sorge um ihre Bildungszuständig- welches Land soll es denn keit auszuschlagen. An die Länder wandte er sich mit dem dann schaffen?“ Appell: „Beharrt nicht auf einer Selbstständigkeit, die ihr gar nicht finanzieren könnt.“ Nach wie vor leide das Land unter dem Missstand, „dass Bildung in sehr viel stärkerem Maß als in anderen Ländern Internet: BDA zu Bildung 2030: http://dpaq.de/811JG; von der sozialen Herkunft abhängt“. Ein Grund ist laut Kra- BMBF zu Bildung 2016: http://dpaq.de/TDU8N dpa Vier von zehn Förderschülern in Regelschule In Deutschland werden immer mehr Schüler mit und ohne men mit einer Quote von 88,9 Prozent, Schlusslicht ist Handicap gemeinsam unterrichtet. Das geht aus einer Ab- Hessen. Dort besuchen lediglich 26,8 Prozent der Schüler frage bei allen Bundesländern hervor, die die „Rheinische mit Förderbedarf eine Regelschule. Besonders hoch ist die Post“ am 18. Juli ausgewertet hat. Demnach besuchten im Inklusionsquote in sämtlichen Stadtstaaten (Berlin 74,4; zu Ende gehenden Schuljahr 2016/17 41,1 Prozent aller Hamburg 64,2). Im Osten liegt kein Flächenland oberhalb Schüler mit Förderbedarf eine Regelschule, im Schuljahr der 50-Prozent-Marke. davor lag die Quote um 3,4 Prozentpunkte darunter bei 37,7 Prozent. Die Bundesregierung hatte sich 2009 mit der Besonders niedrig ist der Anteil an Schülern mit Förderbe- Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention zur In- darf an Regelschulen in Bundesländern mit konservativer- klusion verpflichtet. en Regierungen, wie die Zeitung weiter berichtete. In Bay- ern liegt die Quote bei 27,4 Prozent, in Sachsen bei 32,8. In den Bundesländern gehen die Inklusionsanstrengungen Aber auch in Rheinland-Pfalz (31,4) ist der Anteil vergli- indes weit auseinander. Spitzenreiter ist laut Zeitung Bre- chen mit dem Durchschnitt niedrig. dpa Studie: Schülerzahlen steigen stark an In Deutschland gehen nach einer neuen Studie bis 2030 Laut Studie werden 2030 über alle Schulstufen hinweg viel mehr Kinder zur Schule als bislang angenommen – mit etwa 28 100 zusätzliche Klassen und 42 800 zusätzliche möglicherweise drastischen Folgen für Länder und Kom- Vollzeitlehrkräfte benötigt. Auf Länder und Kommunen kä- munen. Die Schülerzahl steigt von knapp 8 Millionen men pro Jahr 4,7 Milliarden Euro höhere Bildungskosten (2015) um acht Prozent auf fast 8,6 Millionen in 13 Jahren, zu. Zwischen den Jahren 2000 und 2015 waren indes we- wie aus den am 12. Juli vorgestellten Berechnungen der gen sinkender Schülerzahlen knapp 1800 deutsche Grund- Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Bisher wurde ein Absin- schulen geschlossen worden, schreiben die Autoren der ken auf gut 7,2 Millionen Schüler bis 2025 vorhergesagt. Studie um die Bildungsforscher Klaus Klemm und Dirk Die Prognoselücke könnte sich massiv auf den Bedarf an Zorn. Pädagogen, Schulklassen und guten Schulgebäuden aus- wirken. 4 Rheinland-pfälzische Schule 08/2017
– Magazin – Experten warnen: Schulsystem derzeit Kultusministerkonferenz sind nicht Planungsgrundlage nicht auf Anstieg vorbereitet für das, was in den Ländern passiert“, sagte er im Bildungsexperten warnten vor einer Überforderung des Deutschlandfunk. Die einzelnen Bildungsministerien er- Schulsystems – es sei derzeit nicht ausreichend vorberei- mittelten vielmehr eigene Schülerprognosen. Die KMK tet. Bislang basieren die Berechnungen der Kultusminis- gehe schon länger von steigenden Schülerzahlen aus. terkonferenz der Länder (KMK) auf Schülerzahlen aus dem Jahr 2012. Seitdem aber ist die Geburtenrate fünfmal Laut Bertelsmann-Stiftung würde es schon im Jahr 2020 in Folge gestiegen und der Flüchtlingszustrom 2015/16 mit 7,87 Millionen Schülern im Gegensatz zur KMK-Prog- hat bis zu 300 000 zusätzliche Schüler nach Deutschland nose von 2012 (7,39) ein Plus von fast 480 000 geben. gebracht. Das Schulministerium von Nordrhein-Westfalen 2025 steigt die Schülerzahl nach der Studie auf 8,26 Mil- regte daher an, Ergebnisse der nächsten KMK-Vorausbe- lionen an, die Prognoselücke würde sich dann auf eine rechnung nicht erst Ende 2018, sondern noch vor Ende Million vergrößern. 2030 könnte es 8,59 Millionen Schü- des Schuljahres 2017/18 vorzulegen. ler geben – da die KMK-Prognose 2025 endet, ist hier kein KMK-Generalsekretär Udo Michallik widersprach dem Ein- Abgleich mehr möglich. druck, die Länder hätten falsch kalkuliert. „Die Zahlen der dpa Berlin: 500 Euro mehr für Grundschullehrer Grundschullehrer in Berlin verdienen künftig besser. Neu eingestellte Lehrer erhalten nun brutto 500 Euro mehr im Monat und bekommen damit ähnlich viel wie die Kollegen an Gymnasien und Sekundarschulen. Das beschloss das Abgeordnetenhaus am 6. Juli 2017. Auch Lehrer, die schon an Grundschulen arbeiten, können unter bestimmten Vor- aussetzungen die höhere Besoldungsstufe erreichen, etwa wenn sie an Weiterbildungen teilnehmen. Berlin setze als erstes Bundesland ein derartiges bil- dungspolitisches Zeichen, sagte die Abgeordnete der im rot-rot-grünen Bündnis mitregierenden Linken Regina Kittler. Im neuen Schuljahr profitieren die ersten knapp 400 Lehrer von den höheren Bezügen. Zum Jahreswechsel erhalten außerdem knapp 400 Konrektoren mehr Geld. am Pult. Die oppositionelle CDU-Abgeordnete Hildegard Bentele erinnerte an schlechte Ergebnisse Berliner Hintergrund ist ein Lehrermangel. Nach Fraktionsangaben Grundschüler in Vergleichstests. „Wir formulieren klar die hatten zuletzt vier von fünf neu eingestellten Grundschul- Erwartung, dass sicheres Lesen, Schreiben und Rechnen lehrern keine volle Ausbildung für den Schulzweig. Statt- an den Berliner Grundschulen jetzt gewährleistet werden dessen stehen etwa Quereinsteiger oder Gymnasiallehrer muss.“ dpa Ankündigung der VBE-Delegiertenversammlung 2017 Am 3. und 4. November 2017 findet im Bildungs- der Wirtschaft und den Gewerkschaften und Berufs- zentrum Erbacher Hof in Mainz die nächste Delegier- verbänden wird der neu gewählte Landesvorstand tenversammlung des VBE Rheinland-Pfalz statt. die Schwerpunkte seiner künftigen Arbeit vorstellen und erläutern. Delegierte aus allen Landesteilen werden über aktu- elle Fragen aus Bildungs- und Berufspolitik beraten, Die Einladung der Delegierten erfolgt entsprechend den künftigen schulpolitischen Kurs des VBE Rhein- der VBE-Satzung (§8) nach den Beratungen im land-Pfalz festlegen sowie die Führung des VBE VBE-Hauptausschuss vom 9. Juni 2017 über den Rheinland-Pfalz neu wählen. Landesvorstand bzw. die VBE-Kreisverbände. Im Rahmen einer öffentlichen Kundgebung am Diese Mitteilung ist eine Ankündigung im Sinne 4. November 2017 mit Vertreterinnen und Vertretern § 8(5) der Satzung des VBE Rheinland-Pfalz. des Landtags, der Landesregierung, der Eltern, aus Der Landesvorstand Rheinland-pfälzische Schule 08/2017 5
– Aktuell – VBE bei der ADD: Mit der Hausspitze im Gespräch Präsident Thomas Linnertz wies diese Forderung zurück. Ziel sei es, eine hundertprozentige Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Alles, was darüber hinausgeht, sei nicht zu realisieren. In diesem Zusammenhang stand auch die Diskussion um das Instrument PES. Aus Sicht der VBE-Ver- treter ist es problematisch, dass sich die Budgetierung von PES am Stunden-Ist orientiert. Der VBE sieht Schulen mit strukturellem Unterrichtsausfall benachteiligt. Es wurde deshalb die Frage gestellt, warum sich das PES-Budget nicht am Stunden-Soll bemisst. Brigitte Fischer und Tho- mas Linnertz stellten hier den Zweck von PES heraus, näm- lich temporären Unterrichtsausfall zu kompensieren. Eine Die Gesprächspartner: Kurz vor den Sommerferien kam es zum ersten Treffen Bemessung des Budgets am Soll würde dazu führen, dass Brigitte Fischer, zwischen dem Präsidenten der ADD Thomas Linnertz, der PES den strukturellen Unterrichtsaufall auffängt. Man war Thomas Linnertz (2. v. r.) ADD-Abteilungsleiterin für Schulen Brigitte Fischer und sich einig, dass dies nicht das Ziel sein kann und verblieb, mit den Mitgliedern des VBE-Landesvorstandes Mitgliedern des VBE-Landesvorstandes unter Führung sich darüber weiter auszutauschen. des Vorsitzenden Gerhard Bold mit den stellvertretenden VBE-Vorsitzenden Hubertus Kunz und Alexander Stepp. In Thematisiert wurden auch die fehlenden Förderschullehr- einer angenehmen Gesprächsatmosphäre wurde über kräfte an den Schwerpunkt- und Förderschulen. Auch hier verschiedene Problembereiche innerhalb des rhein- besteht in manchen Regionen ein eklatanter Mangel. Man land-pfälzischen Schulsystems diskutiert. war sich einig, dass insgesamt zu wenige Förderschulleh- rerinnen- und -lehrer ausgebildet werden, respektive zu Hauptanliegen der VBE-Vertreter war die schlechte Unter- wenige nach der Ausbildung in Rheinland-Pfalz verbleiben. richtsversorgung, vornehmlich an Grund- und Förderschu- len. Man war sich einig, dass es schwierig ist, Personal für Eine Möglichkeit, den Mangel kurzfristig zu beseitigen, diese Schularten zu gewinnen. Diskutiert wurde über sieht die ADD nur im Absolvieren von Wechselprüfungen eine laufende Einstellung innerhalb des Schuljahres. Ge- durch Kolleginnen und Kollegen anderer Lehrämter. Bei- nerell besteht die Möglichkeit, von den beiden festen Ter- spielsweise könnten überzählige Lehrkräfte aus dem minen 1. Februar und 1. August abzuweichen und bedarfs- RS+-Bereich hierdurch die Befähigung zum Förderschul- orientierte Einstellungen vorzunehmen. Thomas Linnertz lehramt erlangen. äußerte die Absicht, künftig auch verstärkt schulscharfe Einstellungen durchzuführen. Der stellvertretende Landesvorsitzende Alexander Stepp erläuterte die Problematik in diesem Bereich. Lehrkräfte, Hingewiesen wurde seitens der ADD-Vertreter auf das die diese Prüfung anstreben, erhalten in der Regel nur Ver- starke Nord-Süd-Gefälle. Beispielsweise sei es im Bezirk tretungsverträge mit einjähriger Laufzeit. Dies bedeutet, Koblenz wesentlich schwieriger, auch Planstellen zu be- die Prüfung muss innerhalb dieses einen Jahres abgelegt setzen als im Bezirk Neustadt/Wstr. Eine weitere Proble- werden. Dies sei eine schlechte Voraussetzung. matik bestehe durch rückläufige Schülerzahlen an den Realschulen plus und den Gymnasien. Hier wird es künf- Gerhard Bold regte an, die betroffenen Personen in ein Be- tig zu Überhängen kommen. An den Grundschulen hinge- amtenverhältnis auf Widerruf zu berufen. Dies würde einen gen steigen die Schülerzahlen, was auch den Personalbe- geeigneten Raum schaffen. Abteilungsleiterin Brigitte Fi- darf wachsen lässt. scher warf ein, dass seitens ihrer Abteilung die Überlegung besteht, den Kolleginnen und Kollegen zweijährige Vertre- Der VBE-Landesvorsitzende wies in diesem Zusammen- tungsverträge anzubieten. So könne der Zeitdruck genom- hang auf den strukturellen Unterrichtsausfall hin. Es sei men werden. nicht hinzunehmen, dass die Schulen per se mit einem Stundendefizit ins neue Schuljahr starten. Er erläuterte Die VBE-Vertreter begrüßten dieses Vorgehen. Zum Ende den ADD-Vertretern die Forderung des VBE, die Schulen des Gespräches wurde vereinbart, weiterhin miteinander mit 110 % zu versorgen. So könnte im laufenden Schul- im Gespräch zu bleiben und konstruktiv an den themati- jahr der temporäre Ausfall aufgefangen werden. Wenn sierten Problemen zu arbeiten. kein Ausfall entsteht, könnten die zusätzlichen Stunden als Förderstunden verwandt werden, wie es das Schulge- Alexander Stepp setz beschreibt. stellv. VBE-Landesvorsitzender 6 Rheinland-pfälzische Schule 08/2017
– Aktuell – VBE bei der Bildungsministerin Mehr Anerkennung für die Grundschulen Im Nachgang zum Pädagogischen Fachkongress des VBE de Arbeit geleistet werde. Es sei ihr am 30. März 2017 an der Universität Koblenz kam es am ein Anliegen, das Ansehen der Ar- 5. Juli 2017 zu einem Treffen zwischen Bildungsministerin beit in der Grundschule zu steigern, Dr. Stefanie Hubig und Vertreterinnen bzw. Vertretern des um über eine erhöhte Akzeptanz VBE Rheinland-Pfalz unter Führung des Landesvorsitzen- wieder mehr Studierende für diese den Gerhard Bold. Zentrales Thema war der Personalman- Schulart zu gewinnen. gel und die Arbeitssituation an den Grundschulen. Der VBE hatte die Ministerin hierzu Anfang April angeschrie- Eine Besoldungsanhebung in A 13 ben und einen Problemkatalog vorgelegt. ist laut Ministerin Hubig derzeit schon deshalb nicht möglich, da Im Rahmen der Plenumsdiskussion während des Kon- dies entsprechende Planstellen im gresses war auch die sich weiter zuspitzende prekäre Per- Landeshaushalt erforderte, die im sonal- und Arbeitssituation an Grundschulen angespro- Doppelhaushalt 2017/18 nicht vor- chen worden. Daher war es dem VBE ein Anliegen, der handen seien. Ministerin für die Zukunft der Schulen Vorschläge unter- breiten zu können. Zum Problem der Abwanderung von Grundschullehrkräf- Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig (3. v. l.) ten in benachbarte Bundesländer stellt die Ministerin als mit ihrem Stab und die Die VBE-Vertreterinnen und –Vertreter machten deutlich, Lösungsvorschlag dar, dass das Land bereit ist zu prüfen, Delegierten des VBE unter dass es unerlässlich sei, das veraltete Dienstrecht zu re- ob zusätzliche Planstellen für Gegenangebote im Einzel- Leitung von Gerhard Bold formieren und Grundschullehrer(inne)n ein längeres Stu- fall zur Verfügung gestellt werden können. Der VBE be- dium zu ermöglichen. Die bisher geübte Praxis beschert leuchtet die Problematik kritisch, da potenzielle „Abwan- Grundschullehrer(inne)n nach einem achtsemestrigen derer“ in der Rangliste der konkurrierenden Bewerber/ Studiengang und dem anschließenden Vorbereitungs- innen nicht passgenau stets in den oberen Rängen zu fin- dienst keine Qualifikation für das 4. Einstiegsamt, das die den sind. Somit kollidiert die bevorzugte Planstellenver- Besoldung nach A 13 möglich macht. Dadurch wird eine gabe für „Abwanderer“ im Einzelfall mit der im Landesbe- Gleichstellung der Lehrämter bewusst verhindert, obwohl amtengesetz festgeschriebenen Bestenauslese nach Eig- – so die Überzeugung des VBE – alle Lehrämter gleich- nung, Leistung und Befähigung. Dies sehen die Ministerin wertige Arbeit leisten und A 13 für das Grundschullehramt und ihr Team allerdings ganz anders. Da diese Planstellen die gerechte Besoldung ist. nur zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt werden, kol- lidiere die Vergabe nicht mit der Bestenauslese in den Dass sich die derart abgehängte Besoldung auch auf die Ranglisten der nicht abwanderungswilligen Planstellen- Attraktivität des Lehramts Grundschulen auswirkt, dafür bewerber/-innen. sprechen die Zahlen. Nach einer gemeinsamen Bachelor- phase von sechs Semestern entscheiden sich zunehmend Der VBE sieht dagegen einen Lösungsansatz darin, we- weniger Lehramtsstudierende, die Weichen in Richtung sentlich mehr Planstellen anzubieten, um damit den Grundschule zu stellen. Am wenigsten entscheiden sich Nachbarländern die Stirn zu bieten, die in Rheinland-Pfalz männliche Lehramtsstudierende dafür, diesen Weg einzu- ausgebildete Lehrer/-innen mit Planstellenangeboten ab- schlagen. werben wollen. Insgesamt werden die Ausbildungskapazitäten der Studi- Eine weitere Lösungsmöglichkeit zur Lehrkräftegewin- enseminare seit Jahren nicht vollständig ausgeschöpft. nung sei – so die die Ministerin – der Quereinstieg in das Die Ministerin erklärte, dass sich die Bachelor-Mas- Grundschullehramt. Weiterhin werden Lösungswege ge- ter-Ausbildung in Deutschland durchaus heterogen prä- sucht, Lehrkräften anderer Schularten, die Erfahrungen in sentiere. Rheinland-Pfalz habe bereits Reformen vorge- der Grundschule sammeln konnten, Wege zu eröffnen, nommen, indem es die Ausbildung der Grundschullehre- sich für das Grundschullehramt berufsbegleitend zu qua- rinnen und -lehrer von sieben auf acht Semester erhöht lifizieren. habe. Da es zu allen für die Grundschule relevanten The- men Ausbildungsmodule an der Universität und im Studi- Zum Abschluss bedankte sich der VBE-Landesvorsitzende enseminar gäbe, sehe sie momentan keine Veranlassung, Gerhard Bold für den kritisch-konstruktiven Austausch, die Studiendauer anzuheben. Insgesamt betonte sie, der auch weiterhin beibehalten werden soll. dass die Grundschule als die Schulart, die das Funda- ment in der Bildungskette lege, eine überaus wichtige Sabine Mages Rolle einnehme und dass an Grundschulen hervorragen- stellvertretende VBE-Landesvorsitzende Rheinland-pfälzische Schule 08/2017 7
– In Memoriam – Zum Tod von Wilhelm Ebert – seine Idee lebt weiter aus. Wilhelm Ebert war ein Netzwerker, für den nichts über das Gespräch, über die Kommunikation ging. Er sprach mit allen, die für die Durchsetzung seiner Initiativen und Ziele in Frage kamen. Er kannte keine sozialen und politischen Unter- schiede, wenn es um den Austausch guter und das Sammeln besserer Argumente ging. Er hatte einen professionellen Stab, aber er war auf höchst natürliche Weise und völlig un- bestritten der Boss. Und am Ende wusste er stets, dass im- mer die Regierung entscheidet. Ein guter Musiker ist einer, der perfekt vom Blatt spielen kann. Dies gilt in gleicher Weise für Wilhelm Ebert als bil- dungspolitisch überzeugender Redner. Er war jederzeit in der Lage, durch guten Vortrag zu beeindrucken. Das – aber nicht nur das – machte seine Professionalität aus. Er verließ sich auf die, mit denen zusammen er dachte und Konzepte ent- warf. Er baute Brücken in andere Disziplinen und war faszi- niert von der Kreativität menschlicher Möglichkeiten, diesseits und jenseits der Wissenschaften. Neue Erkenntnis- se zogen ihn in Bann und er verstand es, sie mit seinen bil- dungspolitischen Ambitionen zu verbinden. Nicht immer folg- Wilhelm Ebert † ten ihm dabei die Lehrerinnen und Lehrer und die politische E nde Juni ist der langjährige VBE-Bundesvorsitzende Wil- Klasse schon mal gar nicht. Es gab im Leben von Wilhelm helm Ebert 94jährig in München gestorben. Er war ein Titan Ebert sicher auch frustrierende Tage. der deutschen Bildungspolitik. Mehr noch: Er war einer der ersten Globalisierer deutscher Herkunft für die Bildung und Wilhelm Ebert war ein lupenreiner Demokrat. Er war höchst ihre Protagonisten. Er stritt weltweit und grenzenlos für den wachsam, wenn er demokratische Prinzipien in Gefahr sah, Lehrerberuf, den er als einen der härtesten, aber auch als ei- ob in der Parteienlandschaft, bei Gesprächspartnern oder nen der schönsten Berufe bezeichnete, den eine demokrati- auch in den eignen Reihen. Er legte die demokratische Mess- sche Gesellschaft zu vergeben hat. latte stets sehr hoch, gerade auch in der verbandspolitischen Gremienarbeit. Hier wurde Demokratie konkret. Die Ironie Fast ließe sich – wie ein Zeitgenosse den Tod von Helmut des Schicksals wollte es, dass eine seiner bittersten Abstim- Schmidt seinerzeit kommentiert hat – feststellen: Mit seinem mungsniederlagen auf seine eigene Initiative zurückging, die Tod war eigentlich gar nicht mehr zu rechnen. Dies auch des- Wahlordnung nach schärfsten demokratischen Regeln zu ge- halb, weil seine Idee von Bildung – sein Lebensthema stalten. Diese Niederlage trug er nicht nur mit Stil – sie wurde schlechthin – weiterlebt in vielem, was heutige Bildungspoli- am Ende zum Zeichen seiner Größe. tik ausmacht, vor allem in seiner Vorstellung von einer demo- kratischen Erziehungsschule, die demokratische Grundwerte Eines war Wilhelm Ebert nicht: Er war überhaupt nicht bür- genauso als ihre zentralen Bildungs- und Erziehungsziele re- gerlich. Ihn in irgendeine Schublade bürgerlicher Konventio- klamiert wie sie demokratische Rechte sozialer Gleichheit für nen einordnen zu wollen, konnte nicht gelingen, dazu war er die Lehrerinnen und Lehrer in Anspruch nimmt. Lehrer sind viel zu eigenwillig, zu „schräg“. Jeder, der in einem Wagen Lehrer – dieses Credo von Saul Robinsohn hat er nicht nur saß, den er steuerte, jede, die mit ihm die Tafel teilte, jeder, propagiert, er hat es gelebt, sein ganzes langes Leben: Lehrer der mit ihm Kongresse besuchte und Gespräche in Ministeri- sind Lehrer – gleich in Ausbildung, Arbeit und Status. Das Ziel en bestritt, weiß, wovon hier geschrieben ist. Er war im bes- ist noch nicht erreicht, aber wir sind ihm näher gerückt. Der ten Sinn eine Persönlichkeit, einfach unvergleichlich, aber Impetus des Wilhelm Ebert wird uns folglich auch in den immer mit Charme und großer Übersicht – eine Verkörperung kommenden Jahren begleiten. bildungspolitischer Professionalität. Wilhelm Ebert wurde 1979 in Mainz – nach vielen Jahren als Das Leben eines Wilhelm Ebert lässt sich nicht in Worte fas- BLLV-Präsident und in höchsten Ämtern in internationalen sen. Man muss es – in großer Dankbarkeit – weiterleben und Lehrerberufsorganisationen – zum VBE-Bundesvorsitzenden seine Ziele für eine demokratische Bildung weitertragen. Im gewählt. Das – sein! – Motto lautete: Bildung ist Zukunft. Die- Herzen, vor allem aber im Verstand. Das werden wir. ses Amt füllte er 14 Jahre mit seinem ganz eigenen Politikstil br 8 Rheinland-pfälzische Schule 08/2017
– Thema – Herausforderungen – die Baustellen der Schulpolitik im neuen Schuljahr Wenn das neue Schuljahr 2017/2018 beginnt, ist die rot- des VBE Rheinland-Pfalz um eine Einschätzung der Situa- gelb-grüne Landesregierung ein gutes Jahr im Amt. Sie tion an den Schularten gebeten. Die Berichte, die der Re- hatte sich bei ihrem Amtsantritt einiges vorgenommen – daktion zugingen, weisen vor allem auf eines hin: In die- eine 100%-Unterrichtsversorgung zum Beispiel oder auch sem Sommer der Baustellen auf den Autobahnen, auf den Einstieg in mehr Besoldungsgerechtigkeit. Was hat Straßen und in den Städten bleibt die mit Abstand größte sich verändert, welche Verbesserungen sind sichtbar? Baustelle die Schulpolitik. Ein Ende der Arbeiten scheint nicht in Sicht, wie im Folgenden nachzulesen ist … Wo wird schulpolitisch gestaltet, wo wird nur administra- tiv verwaltet? Die RpS-Redaktion hat die Fachreferenten RED Jetzt in Grundschulbildung investieren! Die Grundschulpolitik der Landesregierung ist weiterhin geprägt durch Lippenbekenntnisse – die Taten, die die Grundschulentwicklung endlich nach vorne bringen, feh- len. Es wird mehr verwaltet als gestaltet. Neue Studien zur künftigen Bildungsentwicklung werden ausgeblendet, man setzt lieber auf alte Zahlen, das beruhigt und kostet wenig. Die Zukunft kann auch warten bis nach der nächsten Land- tagswahl … Wenn die Landesregierung nicht bereit ist, mehr in grundlegende Bildung zu investieren und nicht endlich den Rotstift aus der Hand legt, werden die Grund- schulen unseres Landes abgehängt – pädagogisch innova- tiv, personalpolitisch und bei der stets hochgejubelten Un- terrichtsversorgung sowieso. Gleichstellung von Grundschullehrkräften in Ausbildung, Arbeitszeit und Besoldung Die Grundschule ist eine Schule für alle und nimmt jedes Kind auf, unabhängig von sozialer, ethnischer oder religiö- ser Zugehörigkeit und seinem individuellen Entwicklungs- stand. Im Verlauf der Grundschulzeit werden wichtige tung – wie der Beruf der Grundschullehrkraft auch. Mit ei- Grundfertigkeiten und positive Lernhaltungen vermittelt, ner Angleichung der Besoldung würde sich gleichzeitig das wodurch ein tragendes Fundament für die persönliche Bil- Problem des Landes erübrigen, ausreichend qualifizierte dungsbiografie der Schülerinnen und Schüler gelegt wird. Lehrkräfte zu finden. Wie keine andere Schulart ist die Grundschularbeit geprägt Eine Unterrichtversorgung, die dem durch eine reformfreudige Vergangenheit in den letzten grundschulpädagogischen Anspruch Jahren. Die Einführung der vollen Halbtagsschule sowie die gerecht wird Festschreibung von individualisiertem und zieldifferentem Wenn man alljährlich hört, wie gut doch die Grundschulen Lernen in der Grundschulordnung waren hierbei Meilen- im Land im Vergleich zu den anderen Schularten aufge- steine. Der pädagogische Auftrag des Grundschulunter- stellt sind, werden regelmäßig Tatsachen verschwiegen, richts ist bei einer zunehmend heterogenen Schülerschaft die den jährlich wachsenden Mangel im Grundschulbereich höchst anspruchsvoll und zeichnet sich durch Wesens- kaschieren. Als Bezugsgröße 100 % wird nicht der im Glie- merkmale wie Rhythmisierung, Verbalbeurteilungen, indi- derungsplan ermittelte tatsächliche Bedarf einer jeden viduelle Lehrpläne, Lernportfolio, Lehrer-Schüler-Eltern-Ge- Schule herangezogen, sondern die sogenannte „Grundver- spräche und einen erweiterten Erziehungsauftrag mit ho- sorgung“. Das heißt, es soll sichergestellt werden, dass die hem Beratungsaufwand aus. laut verbindlicher Stundentafel zu erteilenden Unterrichts- stunden je Klasse auch geplant werden können. Die gesellschaftliche Bedeutung grundlegender Bildung an Grundschulen, dem Fundament für erfolgreiches Lernen, Leistungsdifferenzierungen, Förder- und Fordermaßnah- soziale Integration und Persönlichkeitsentwicklung der men, die Lernstandsdiagnostik, die Dokumentation der in- Schülerinnen und Schüler, bedarf einer deutlichen Aufwer- dividuellen Leistungen oder aber auch die Bildung von Rheinland-pfälzische Schule 08/2017 9
– Thema – Ein praktischer Tipp zur Bundestagswahl Der Kumulus-Verein in Berlin bietet zu jeder Bundes-, Landtags- und Europa- wahl reichhaltige Materialen, die sich jederzeit in den Sozialkunde-Unterricht ein Glücksfall als der erforderliche Regelfall. Eine Stärkung integrieren lassen. Das Projekt „Juniorwahl“, seit 1999 aktiv, bereitet die Schü- der personellen Ressourcen kann nicht durch vermehrte ler/-innen zunächst theoretisch auf die Wahl vor, bis es an die eigentliche Fortbildungen oder die Vermittlung inklusiver Kompeten- Durchführung der Wahl geht. zen in der Lehrerbildung realisiert werden. Ob per Computer oder konventionell via Wahlbenachrichtigung, Urne und Es muss mehr Personal in die Grundschulen. Dazu gehören Stimmzettel, alle Merkmale einer Wahl kommen auch beim Projekt Juniorwahl mehr Förderschullehrkräfte, mehr Schulsozialarbeiter, aber zur Geltung. Unter www.juniorwahl.de anmelden und mitmachen. Es lohnt sich! auch die ausreichende Bereitstellung von Integrationshel- fern. RED Endlich Könnensprofilzeugnisse ab Klasse 2 Ethikgruppen oder die gesetzlich vorgeschriebene und si- Mit der Grundschulordnung 2008 waren die Grundschul- cherheitsrelevante Schüler-/Lehrerrelation beim Schwimm- lehrerinnen und Grundschullehrer verpflichtet, bei der unterricht erfordern häufig Doppelbesetzungen. Der dafür Zeugniserstellung umfangreiche Verbalbeurteilungen für notwendige Stundenbedarf wird schlicht und ergreifend in jeden einzelnen Schüler anzufertigen. Der VBE hat seiner- den veröffentlichten Zahlen ignoriert. zeit die Kolleginnen und Kollegen mit Fortbildungen unter- stützt. Sehr bald wurde klar, dass die Verbalbeurteilung ne- Das einzig wirksame Mittel aus dieser Misere ist die deut- ben der erhebliche Arbeitsbelastung der Lehrkräfte den liche Erhöhung der Planstellen. Zudem würde eine 110%ige Nachteil hatte, dass sie die wenigsten Eltern und Kinder Ausstattung der Grundschulen dazu führen, dass zumin- wirklich verstanden haben. dest zeitweise die Ziele der Grundschulordnung erreicht werden können. Teamteaching, Förder- und Forderunter- Seit dem Schuljahr 2013/2014 gibt es im dritten und vier- richt – jetzt weitgehend Luxus in schulischen Schönwetter- ten Schuljahr Könnensprofilzeugnisse. Das ist eine enorme lagen – könnte endlich wieder realisiert werden. Arbeitsentlastung für die Lehrkräfte und ein Zeugnisfor- mat, was bei Eltern und Kindern aufgrund seiner Verständ- Inklusion – mehr Personal würde das lichkeit sehr beliebt ist. Gelingen in erreichbare Nähe bringen In den Grundschulen wurde schon früh im Rahmen von In- Viele Schulen haben sich mittlerweile auf den Weg ge- tegration der Kerngedanke der späteren Inklusion gelebt macht, die Protokolle der Lehrer-Eltern-Schüler-Gespräche und möglich gemacht. Begrenzende Faktoren wurden da- zum Schuljahreshalbjahr in den Klassen 2, 3 und 4 den mals schon immer durch Eigeninitiative und Flexibilität der Könnensprofilzeugnissen anzupassen. So ist eine kontinu- Lehrerinnen und Lehrer aufgeweicht. Mit Beginn der ge- ierliche Beobachtung der Lernentwicklung möglich. Leider setzlich vorgeschriebenen Inklusionsforderung bei unver- verhindert die vorgeschriebene Verbalbeurteilung am Ende änderter Ressourcenlage in den Grundschulen vor Ort war der Klasse 2 eine durchgehende Betrachtung der Lernent- ein Scheitern bei gleichzeitiger Überforderung program- wicklung, was weder verständlich noch nachvollziehbar ist. miert. Das sollte sich ändern. Die zunehmende Aufgabenüberfrachtung der vorhandenen Letztlich bleibt festzuhalten, dass ohne zusätzliche finanzi- Grundschullehrkräfte bei gleichzeitigem Abbau der Integ- elle Ressourcen die bereits bestehenden und von der Lan- rierten Förderung führt zu Frustration und Überforderung desregierung aufgestellten Ziele kaum oder gar nicht um- bei der Umsetzung des inklusiven Gedankens. Schon jetzt setzbar sind. Die Grundschulen arbeiten am Limit und be- zeigt sich in der Zusammenarbeit mit den neu entstande- wegen sich dabei scharf an der Frustrationsgrenze. nen Förder- und Beratungszentren, dass Ressourcen mehr Imagekampagnen und Lippenbekenntnisse helfen da we- und mehr aus den Grundschulen abgezogen werden. Punk- nig. tuelle Beratung der Grundschullehrkräfte kann die konti- nuierliche Arbeit mit dem Kind nicht ersetzen. Klar ist: Entweder wird das notwendige Geld zur Verfügung gestellt oder die Landesregierung muss ihre Ziele zurück- Mit der integrierten Förderung war in der Vergangenheit schrauben. Letzteres kann von niemanden – vor allem auch eine präventive Arbeit zur Vermeidung von Zurückstellun- nicht vom VBE – gewünscht sein. gen und Anträgen zur Überprüfung des sonderpädagogi- schen Förderbedarfs möglich. Der VBE Rheinland-Pfalz wird sich weiter mit Macht dafür einsetzen, dass endlich die notwendigen Ressourcen zur Aber auch über die Personalisierung der Schwerpunkt- Verfügung gestellt werden. schulen muss dringend nachgedacht werden. Notwendige Lars Lamowski Doppelbesetzungen, Hospitationen und individuelle Förde- VBE-Referent für die Grundschulen rung sind bei der derzeit üblichen Personalisierung eher l.lamowski@vbe-rp.de 10 Rheinland-pfälzische Schule 08/2017
– Thema – Realschule plus: offene Baustellen Baustelle Schülerzahlen Gerade in größeren Gemeinden bzw. Städten klagen viele Realschulen plus über das Stigma einer „Restschule“. Gymnasien und Integrierte Gesamtschulen greifen viele Schüler/-innen ab und sorgen so für erheblichen Pla- nungsverlust. Andererseits gibt es in ländlichen Regionen Schulen, deren dauerhaftes Bestehen aufgrund rückläu- figer Schülerzahlen immer wieder infrage gestellt wird. Dies sorgt für immensen Druck bei allen Beteiligten. Zu- gleich betreiben viele Schulen noch immer keine adäqua- te Werbung oder gehen mit ihren positiven Projekten nicht an die Öffentlichkeit. Darüber hinaus klagen vielen Kolleginnen und Kollegen über unhaltbare Zustände bei den Zusammensetzungen der einzelnen Klassen. Gerade in kooperativen Realschu- len plus kommt es immer wieder vor, dass Klassen mit mehr als 30 Schülerinnen und Schülern unterrichtet wer- den müssen, ab Klassenstufe 7 auch im Berufsreifezweig. Das Problem hierbei ist die Jahrgangsmesszahl der Schul- behörden. Diese müssen dringend angepasst und vor al- lem gesenkt werden, in Berufsreifeklassen mit mehr als 20 Schülern ist sinnvolle pädagogische Arbeit kaum möglich. Baustelle Flucht und Migration Flucht, Vertreibung und Migration stellen Lehrkräfte an Realschulen plus vor gravierende Aufgaben. Zwar ist der sie doch im Prinzip die Arbeit von Förderschullehrkräften Zustrom an flüchtenden Menschen nicht mehr auf dem leisten, ohne dafür ausgebildet zu sein. Niveau von 2015, jedoch kommen immer noch stetig Men- schen zu uns – und damit Schüler/-innen mit Migrations- Baustelle „Politische Bildung“ hintergrund, die besonderer Aufmerksamkeit und Betreu- Neben den beschriebenen schulpraktischen Problemfel- ung bedürfen. Die sprachliche Integration funktioniert in dern werden auch politische Themen zunehmend rele- den Großstädten, wo die Flüchtlingsgruppen groß genug vant. In Zeiten zunehmender Gewalt politisch-motivierter sind, um Integrationsklassen zu bilden, und in ländlichen Gruppierungen liegt es auch an den Schulen, politische Gebieten, wo es genügend freiwillige Helferinnen und Bildung wieder stärker in den Fokus zu rücken, um Auf- Helfer gibt, gut. Zunehmend aber sehen sich Freiwillige klärung zu betreiben. Die Bundestagswahlen im Septem- überfordert. Hier muss Abhilfe geschaffen werden, damit ber stehen vor der Tür und wieder einmal ergeben sich eine gesunde Integration gelingen kann. vielfältige Möglichkeiten, die politische Bildung verstärkt in den Schulalltag zu integrieren. Ob mit Hilfe der Lehr- Baustelle Inklusion und werke, spezieller Materialien oder dank bestimmter Pro- Schwerpunktschulen jekte: Die Grundzüge und Merkmale unserer Demokratie Zur Integration von Schülern mit Migrationshintergrund müssen den Schülerinnen und Schülern vermittelt wer- kommt die Inklusion, die in Rheinland-Pfalz nur dem Na- den, damit wir sie zu kritisch-mündlichen Bürgern erzie- men nach wirklich Inklusion ist. Von einer inkludierenden hen. Praxis kann an den Realschulen plus weiterhin keine Rede sein und sie ist mit den Vorgaben des Ministeriums Dies erscheint gerade im Hinblick auf die Zerstörungen für Bildung und mit der dafür vorgesehenen Personalab- und Plünderungen während des G20-Gipfels und ange- deckung grundsätzlich nicht vereinbar. Immer mehr Real- sichts des wachsenden Rechtspopulismus in Politik und schulen plus werden zu Schwerpunktschulen ernannt. Gesellschaft unverzichtbar. Wo hört legitimer und verfas- Die Hilfsangebote, die Schulen für die Transition zur Ver- sungsrechtlich geschützter Protest auf? Wo beginnen fügung stehen, sind indes unzureichend. Auch die Infor- sinnlose Gewalt und Zerstörungswut? Was sagt das mationspolitik des Landes gegenüber den Lehrkräften Grundgesetz dazu aus? Gleichermaßen wird es immer lässt zu wünschen übrig. Es fehlt in vielen Schulen an Ak- schwieriger und wichtiger, Orientierung und Verlässlich- zeptanz. Die Kolleginnen fühlen sich überfahren, sollen keit in einer postfaktischen Welt zu finden. Rheinland-pfälzische Schule 08/2017 11
– Thema – Baustelle Wechselprüfung II dazu, dass Unterricht fachfremd erteilt werden muss, was Neben diesen Themen wird uns an den Realschulen plus in den meisten Fällen unbezahlte Mehrarbeit für die Lehr- sowie an Integrierten Gesamtschulen weiterhin das Thema kräfte und hinterher doch fachlich optimierbaren Unter- WP II begleiten. Immer wieder werden im kommenden richt zur Folge hat. Schuljahr Kolleginnen und Kollegen geprüft werden, was manchmal eine Herausforderung für Konrektoren sein Fazit kann, die die Vertretungspläne für diese Tage sehr aufwen- Zusammenfassend ist festzustellen, dass viele Baustellen dig gestalten müssen. aus den vorangegangenen Schuljahren in das nun begin- nende übertragen werden. Politisch wird es, wie oben skiz- Das größere Problem jedoch ist, dass einigen Kolleginnen ziert, ein heikles Jahr werden, was uns Lehrkräfte an Real- und Kollegen aufgrund fehlender Voraussetzung bislang schulen plus vor neue Aufgaben stellen wird. In den Berei- der Zugang zu dieser Prüfung verwehrt geblieben ist und chen Inklusion und Unterrichtsversorgung sehen wir den sie nicht nur keine Möglichkeit haben, für ihre gleiche Ar- größten Nachbesserungsbedarf. beit auch eine gleiche Besoldung zu erhalten, sie befinden sich zudem weiterhin in einem rechtswidrigen Dienstver- hältnis, da Amt (z. B. Primarstufenlehrer aus NRW) und Trotz der großen uns erwartenden Herausforderungen Funktion (Lehrkraft an einer Realschule plus) auseinander- wünschen wir allen Kolleginnen und Kollegen einen guten fallen. Start ins neue Schuljahr und viel Freude und Erfolg bei al- lem, was zu tun sein wird! Baustelle fachfremder Unterricht Nach wie vor besteht in etlichen Fächern Lehrkräftemangel, Ralf Claus da viele fertig ausgebildete Lehrkräfte sich nicht auf prekä- ralfclaus@gmx.net re Verträge in Rheinland-Pfalz einlassen wollen, wenn ih- Frank Handstein nen in anderen Bundesländern zumindest eine unbefriste- f.handstein@vbe-rp.de te Beschäftigtenstelle angeboten wird. Dies führt vermehrt Was kommt auf die Integrierten Gesamtschulen zu? Die Herausforderungen der letzten Jahre sind nicht weni- Umsetzung der Inklusion ger geworden, neue sind hinzugekommen bei Rahmenbe- Das „Pädagogische Konzept“ des Bildungsministeriums dingungen, die auch unter der neuen Bildungsministerin scheint hier geprägt von der Umsetzung der „Schulden- Dr. Hubig leider vom Diktat des Finanzministeriums ge- bremse“. Bildungspolitische Begriffe wie „systemische prägt sind. Schulentwicklung“ oder „prozessorientierte Begleitung“ durch (hierfür nicht ausgebildete) Förderschullehrkräfte sollen den Anschein erwecken, dass Inklusion auch ohne die anfängliche personelle Doppelbesetzung der Modell- schulen funktioniert. So nennt die GeSchwind-Studie (Gelingensbedingungen für Schwerpunktschulen in Rheinland Pfalz) „Kompe- tenztransfer“ und „Entlastung durch Teamarbeit“ in „mul- tiprofessionellen Teams“, „positive Haltung und Engage- ment“ und die „Professionalität des kompetenten Fach- personals“ als Gelingensbedingungen für Inklusion. Unterstützung leisten soll schließlich das Pädagogische Landesinstitut mit entsprechenden Fort- und Weiterbil- dungskursen im Rahmen des Gesetzes zur „Inklusiven Kompetenz und Fort- und Weiterbildung“. Die ersten Förderschullehrkräfte an Schwerpunktschulen sind bereits zurück versetzt an ihre abordnenden Förder- schulen, weil sie sich weder als Fachleiter/-in fühlen noch in der Lage sehen, diffuse neue Aufgabenfelder zu struktu- rieren und plötzlich für alle Problemfälle zuständig zu sein. Hinzu kommt, dass außerunterrichtliche Zusammenarbeit 12 Rheinland-pfälzische Schule 08/2017
– Thema – in „multiprofessionellen Teams“ nur in zusätzlichen Team- Mehrarbeit? Und dann gibt besprechungen stattfinden kann. Eine „Entlastung durch es da ja noch das Teilzeit- Teamarbeit“ kann bei mehrfachen nachmittäglichen Team- urteil des BVG vom 16. Juli sitzungen also sicher nicht zeitlich gemeint sein. Auch die 2015, das besagt, dass „ … hier geforderte Professionalität ist bei einer unzureichen- teilzeitbeschäftigte Lehrer den Versorgung mit Förderschulkräften nicht gewährleis- in der Summe ihrer Tätig- tet. Und hier ist kein Ende in Sicht. keiten (Unterricht, Vor- und Nachbereitung des Unter- Eine deutlich erhöhte Anzahl von Fortbildungen durch das richts, Teilnahme an Klas- Pädagogische Landesinstitut, die bestenfalls zu einem sen- und Schulkonferen- „Förderlehrer light“ führen können, und ebenso die Imple- zen, Elterngespräche, Ver- mentierung förderschulspezifischer Qualifikationen in das tretungsstunden etc., aber Lehramtsstudium und die zweite Ausbildungsphase für auch Funktionstätigkeiten) alle Schulformen stellen das Erreichen bisheriger Quali- nur entsprechend ihrer tätsstandards in Frage. Teilzeitquote zur Dienst- leistung herangezogen Auch die Einrichtung von Förder- und Beratungszentren werden [dürfen].“ (unter Wegfall der bisher erfolgreichen integrierten Förde- rung), die noch um ihre Konzepte ringen und die besten- Dieses Urteil ist der Bil- falls punktuell beraten können, liefert nicht die erforderli- dungsministerin, von Haus che Unterstützung, spart höchstens Kosten. aus Juristin, durchaus be- kannt. Sie ist aber in ihrem Eine Erhöhung der Inklusionsquote unter Aufgabe der Qua- Schreiben vom November lität macht keinen Sinn und schadet langfristig der Idee der 2016 der Auffassung, dass Inklusion und den Betroffenen. dem Urteil mit der geltenden „Verwaltungsvorschrift Um- fang der dienstlichen Verpflichtung von Teilzeitkräften“ Ge- Die Baustelle Inklusion wird somit den VBE und seine Stu- nüge getan wird. Mitnichten! fenvertreter in BPR und HPR noch eine ganze Weile be- schäftigen, aber ohne schöngefärbte Sprachregelungen. Die Lehrertätigkeiten, die das Teilzeiturteil explizit auflis- tet, finden sich fast alle in der VV (Abs.2 und 3.1) wieder, Dauerbaustelle VV Mehrarbeit mit der Anmerkung: „Dies kann zu einer im Vergleich zur So heißt es sowohl in der noch geltenden als auch in der Vollzeitkraft stärkeren Belastung der Teilzeitkraft führen. vorgeschlagenen neuen Fassung, dass Mehrarbeit nur bei […] Die Möglichkeit eines Ausgleichs ist zu prüfen.“ „zwingenden dienstlichen Belangen“ angeordnet werden Doch findet dieser statt? Hinzu kommt, dass „ … die Teil- und sich auf „Ausnahmefälle“ beschränken soll, in der zeitlehrkraft […] verpflichtet werden [kann], eine Klasse zu Neufassung mit dem Zusatz: „ … insbesondere bei Ausfall führen und die damit verbundenen pädagogischen Aufga- einer Lehrkraft“. Dank dieses Zusatzes wird der Ausnahme- ben und Verwaltungsarbeiten zu übernehmen.“ fall zum Regelfall, und über „zwingende dienstliche Belan- ge“ lässt sich ohnehin trefflich streiten. Zur Vorbereitung eines diesbezüglichen Gesprächs mit der Ministerin hat der HPR IGS eine Erhebung an rheinland- Besonders hervorzuheben ist auch die mögliche monatli- pfälzischen IGS durchgeführt mit einem (nicht) über- che Belastung bis zum „Schwellenwert“ von drei Stunden aschenden Ergebnis: bei Vollzeitkräften, die ebenfalls von vielen Lehrkräften be- 90 % der Schulen beklagten, dass bei Konferenzen oder reits als normal empfunden wird. Spannend wird es Dienstbesprechungen der Situation der Teilzeitkräfte nicht schließlich bei der Berechnung des Schwellenwertes: Wie ausreichend Rechnung getragen wird, bei Klassenleitun- werden Soll- und Ist- Stunden ermittelt und summiert, wie gen oder Klassenfahrten waren ebenfalls 84 % betroffen. wird dokumentiert, wie findet ein Ausgleich statt? Rückgemeldet hatten etwa 60 % der befragten Schulen. Ein Ausgleich, der bei vorrangig zu gewährendem Frei- Von einer „sachgerechten Anwendung“ der Teilzeitverord- zeitausgleich wiederum zu einer neuen Mehrbelastung der nung, wie es die Ministerin formuliert, geschweige denn ei- anderen Kolleginnen und Kollegen führt. Immerhin darf nem angemessenen Ausgleich, kann also keine Rede sein. man in die Dokumentation seiner Mehrarbeitsstunden Ein- blick nehmen. Neue Oberstufen an den IGS Neben den Fragen der Profilbildung und etwaigen Koope- Mehrarbeit bei Teilzeitkräften rationen mit anderen Schularten stellen sich die Fragen: Nun gut, der Schwellenwert ist mit einem Achtel des redu- Wer darf und kann in der MSS unterrichten? Wer kann im zierten Regelstundenmaßes geregelt. Aber wo beginnt die Abitur prüfen? Wie sieht es mit der Gleichstellung von in Rheinland-pfälzische Schule 08/2017 13
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