Interview: Keine Panik vor Q-Fieber - Innovation plus: Stiftung Tierärztliche Hochschule ...
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Hochschulmagazin der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover 49. Jahrgang März 2020 Ausgabe Nr. 1 Interview: Innovation plus: Keine Panik vor Q-Fieber Entwicklung digitaler Konzepte für die Lehre
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EDITORIAL Titelfoto: pixel2013, pixabay das jährlich im Februar stattfindende Se- minar Veterinary Public Health widmete sich in diesem Jahr dem nahezu weltweit verbreiteten Q-Fieber. Auch in Deutsch- land kommt es immer wieder zu Ausbrü- chen und immer wieder infizieren sich nicht nur Tiere, sondern auch Menschen. Die Zahl schwankt von Jahr zu Jahr. Bei et- wa der Hälfte der infizierten Menschen kommt es zu grippeähnlichen Symptomen, manchmal auch zu schweren Erkran- kungen. Q-Fieber betrifft als Zoonose also verfolgt das Niedersächsische Ministeri- Tier- und Humanmediziner. Im Falle eines um für Wissenschaft und Kultur das Ziel, Ausbruchs sowie bei der Diagnostik und die Qualität der Lehre zu verbessern und der Prophylaxe ist deshalb eine enge Zu- die Entwicklung innovativer Lehr- und sammenarbeit von Human- und Veterinär- Lernkonzepte zu unterstützen. Von der medizinern wichtig. Das Seminar Veterina- TiHo wurden zwei Anträge in dem Pro- ry Public Health hatte aus diesem Grund gramm bewilligt: In dem Projekt Farm- das Ziel, den Austausch zwischen den Be- Skills4Vets werden Professorin Dr. Martina rufsgruppen zu intensivieren. An der TiHo Hoedemaker, PhD, Dr. Svenja Woudstra, forscht unter anderem Professor Dr. Mar- und Heidi Arndt aus der Klinik für Rinder tin Ganter aus der Klinik für kleine Klauen- ein virtuelles Modell eines Milchviehbe- tiere an der Infektionskrankheit. In un- triebs erstellen, das Studierenden die Zu- serer Titelgeschichte lesen Sie ein Inter- sammenhänge und Abläufe rund um view mit ihm zu dem Thema. Milchkuhherden nahebringen soll. Profes- sorin Dr. Madeleine Plötz und Dr. Nadine Jedes Jahr im Januar wählt die Studieren- Sudhaus-Jörn aus dem Institut für Lebens- denschaft aus ihrer Mitte zwei Studieren- mittelqualität und -sicherheit erhalten ei- de, die ihre Interessen im Senat vertreten. ne Förderung für ihr Projekt BePra-Vet, In diesem Jahr übernehmen Luca Russell mit dem Studierende während ihres aus dem siebten Semester und Lotta Hen- Schlachthofpraktikums über eine Online- ni Truyen aus dem dritten Semester diese Plattform Unterstützung, Lernmaterialien verantwortungsvolle und, wie ich glaube, und Hilfen erhalten, die es so in der Form auch sehr spannende Aufgabe. Wir haben bisher nicht gab. mit den beiden gesprochen, um mehr über ihre Motivation, solch eine Aufgabe Ich wünsche Ihnen eine anregende zu übernehmen, zu erfahren. Besser wer- Lektüre! den sollte nur noch die Wahlbeteiligung: Von 2.235 stimmberechtigten Studieren- den nutzten nur 148 ihre Möglichkeit, die Wahl mitzubestimmen. Es gehört zum Kern von Universitäten, auch Bewährtes zu hinterfragen und wei- terzuentwickeln. So auch in der Lehre. Mit dem Förderprogramm Innovation plus Dr. Dr. h. c. mult. Gerhard Greif TIHO-Anzeiger | 1/2020 3
Nr. 1|2020 Inhaltsverzeichnis 5 TIHO titel | Keine Panik vor Q-Fieber 7 TIHO aktuelles | Bib-Tipp, Buchempfehlungen 9 TIHO campus | WHO-Zentrum, Promotion, Christian Visscher 17 TIHO forschung | Spulwurmlarven, Innovation plus 26 TIHO internationales | Ein Jahrzehnt internationale Forschung 29 TIHO freunde | Fotowettbewerb, TiHo am Abend 30 TIHO persönlich | DZIF-Preis für Professorin Gabriel 4 TIHO-Anzeiger | 1/2020
TIHO titel Der Schafhalter als Geburts- helfer. Beim Ablammen ist das Risiko einer Infektion mit Coxiella burnetti am Größten. Foto: Mat Brown, Pexels KEINE PANIK VOR Q-FIEBER Q-Fieber oder auch Query-Fieber, vom englischen Wort für Frage, ist eine Erkrankung, die bei Tieren und Menschen auftreten kann. Eine Infektionsgefahr für den Menschen geht vor allem von Schafen, Ziegen und Rindern aus. Anlässlich des Seminars Veterinary Public Health: „Q-Fieber – Prävention und Bekämpfung einer Zoonose als gemeinsame Aufgabe von Human- und Veterinärmedizin“ haben wir mit Professor Dr. Martin Ganter aus der Klinik für kleine Klauentiere über die Erkrankung gespro- chen. Welcher Erreger löst das Q-Fieber Tiere infizieren sich, indem sie die langle- haut. Es dauert deutlich länger, bis die aus und wie können sich Menschen bigen, sporenartigen Partikel inhalieren. Kühe wieder tragend werden. Bei Ziegen infizieren? treten hingegen vor allem Aborte auf. Es Was sind die Folgen eines Q-Fieber- kann bis zu 80 Prozent des Bestandes be- Der Erreger ist Coxiella burnetti – ein Ausbruchs im Tierbestand? treffen. Die Symptome bei den Schafen hochinfektiöses Bakterium. Es kann in sind in der Regel gering. Nur gelegentlich nahezu allen Tierarten vorkommen. In Ein Ausbruch im Bestand kann zu großen treten Aborte auf oder es werden lebens- Wiederkäuern vermehrt sich der Erreger wirtschaftlichen Schäden führen, des- schwache Lämmer geboren. besonders stark. Während einer Geburt halb ist Q-Fieber auch finanziell relevant. oder eines Abortes scheidet das infi- Coxiella burnetti besiedelt bei Wieder- Häufig zeigen Tiere mit Q-Fieber keine zierte Tier mehrere Milliarden der Erre- käuern die Gebärmutter. Und das mit un- Symptome, sollten Menschen sich ge- ger mit dem Fruchtwasser und der Pla- terschiedlichen Folgen: Beim Rind stehen nerell schützen? zenta aus. Für den Menschen genügt beispielsweise Reproduktionsstörungen theoretisch eine einstellige Zahl an Erre- im Vordergrund. Es werden meist leben- Die Frage ist berechtigt. Vor dieser ste- gern, um sich zu infizieren. Jährlich er- de Kälber geboren, Aborte sind selten, es hen wir in der Klinik, wenn ein Tier hier- kranken in Deutschland etwa 200 bis 300 kommt zum Nachgeburtsverhalten und hergebracht wird, auch. Da das Risiko, Menschen an Q-Fieber, die Dunkelziffer die Tiere entwickeln Endometritiden – sich zu infizieren besonders in der Ge- liegt vermutlich höher. Menschen und Entzündungen der Gebärmutterschleim- burtsphase hoch ist, ist es notwendig, TIHO-Anzeiger | 1/2020 5
TIHO titel sich gerade während dieser Zeit zu schüt- schutzgesetz beziehen und zum Schutz zen. Insbesondere, wenn man direkt mit des Menschen Maßnahmen in Tierbe- den Tieren zu tun hat und es im Bestand ständen, wie zum Beispiel eine Impfung, aktuell Q-Fieber-Fälle gibt. Um das zu anordnen. Das verdeutlicht, wieso eine überprüfen, ist es hilfreich, ein Monito- Kooperation zwischen Veterinär- und Hu- ring einzuführen. Wir testen momentan manmedizinern nötig ist. verschiedene Methoden auf ihre Monito- ring-Eignung. Das Ganze muss effektiv Bei uns in der Klinik bieten wir den Klinik- und kostengünstig sein und eine zuver- mitarbeitern halbjährlich, auf freiwilliger lässige Aussagekraft haben. Basis ein Monitoring an. Wer möchte, kann sich auf Q-Fieber testen lassen. Da- Gibt es eine Impfung? zu wird eine Blutprobe genommen und auf Antikörper gegen den Erreger unter- Für Rinder und Ziegen gibt es einen zu- sucht. Wir erleben hier immer wieder gelassenen Impfstoff. Für das Schaf Überraschungen: Personen, die seit Jahr- müsste er umgewidmet werden. Da noch zehnten in der Klinik arbeiten, sind im- nicht eindeutig klar ist, wie hoch die mer noch negativ, während andere be- Impfdosis beim Schaf sein müsste, star- reits bei der Einstellung positiv sind. Um ten wir nun eine Impfstudie, um dies he- Infektionen bei den Mitarbeitern durch rauszufinden. Für den Menschen gibt es infizierte Schafe und Ziegen zu verhin- zwar einen Impfstoff, er ist aber nur in Professor Dr. Martin Ganter aus der Klinik dern, wenden wir, vor allem bei der Ge- Australien verfügbar und zugelassen. für kleine Klauentiere und forensische Me- burt, aufwändige Sicherheitsvorkeh- Bei bereits infizierten Menschen führt dizin und Ambulatorische Klinik. rungen an. W Das Interview führte Kerstin dieser Impfstoff zu starken Nebenwir- Foto: Kerstin Thellmann Thellmann. kungen. Wenn wir uns impfen lassen wollten, müssten wir uns zunächst tes- ten lassen und einen längeren Aufent- Um Menschen und Tiere gleicherma- halt in Australien einplanen. Es wäre ßen vor der Erkrankung zu schützen, Q-Fieber deshalb dringend notwendig, dass ein ist es wichtig, dass Humanmediziner nebenwirkungsarmer Humanimpfstoff, und Tierärzte eng zusammenarbeiten. Erreger: zumindest für Personen, die ständig Wie sieht das in der Praxis aus? Coxiella burnetti ist ein intrazellu- Kontakt zu entsprechenden Tieren ha- läres Bakterium, das Sporen bildet, ben – wie Tierärzte oder Schlachthofmit- In der Humanmedizin gibt es das Pro- die sehr resistent gegenüber Um- arbeiter – verfügbar wäre. blem, dass Informationen aufgrund des welteinflüssen sind. Datenschutzes zum Teil sehr langsam Mit dem Forschungsverbund Q-GAPS fließen. Bis bekannt wird, dass eine Er- wollen Sie mehr über Q-Fieber erfah- krankung beim Menschen vorliegt, ist die Symptome beim Menschen: ren. Was machen Sie genau? Infektion des Wiederkäuers, der die Hu- Jeder Zweite ist symptomlos. An- maninfektion verursacht hat, schon sonsten können unter anderem Kopfschmerzen, grippeähnliche Be- Innerhalb des Q-Fieber-Verbundes Q- vorüber und man kann keine Schutzmaß- schwerden, atypische Pneumonie, GAPS (Anm. d. Red.: siehe TiHo-Anzeiger nahmen mehr anordnen. Bei den Wie- chronisches Müdigkeitssyndrom 4/2017) gibt es mehrere Arbeitsgruppen. derkäuern selbst haben wir schnell eine oder Herzklappenentzündungen Unter anderem sind die Klinik für kleine Diagnose und können gleich reagieren – auftreten. Etwa ein Prozent der In- Klauentiere, das Institut für Biometrie, außer bei Schafen, da diese kaum Sym- fizierten entwickelt ein chronisches Epidemiologie und Informationsverar- ptome zeigen und so eine Infektion meist Q-Fieber. beitung der TiHo, das Niedersächsischen unentdeckt bleibt. Gut wäre ein disziplin- Landesamt für Verbraucherschutz und übergreifendes Meldesystem für Q-Fie- Lebensmittelsicherheit, LAVES, und hu- ber-Ausbrüche. Wenn in einem Betrieb Diagnostik: Die Diagnostik erfolgt serologisch. manmedizinische Forscher sowie Mole- der Erreger nachgewiesen wird, könnte In der Veterinärmedizin wird der kular- und Zellbiologen daran beteiligt. man auf der humanmedizinischen Seite Erreger auch molekularbiologisch Die primären Aufgaben der hannover- schon mal schauen, ob jemand infiziert in Abortproben nachgewiesen. schen Arbeitsgruppe in diesem Verbund ist und diese Person(en) zügig behandeln sind epidemiologische Studien, wie zum oder Schutzmaßnahmen einleiten. Nach Beispiel Untersuchungen zur Häufigkeit dem Tierseuchengesetz ist Q-Fieber nur Behandlung: von Coxiella burnetti in Herden kleiner eine meldepflichtige Krankheit. Wir ha- In der Humanmedizin wird mit dem Wiederkäuer. Zudem wollen wir heraus- ben also keine direkte Handhabe, etwas Antibiotikum Doxycyclin behan- finden, welche Methoden wir einsetzen im Betrieb zu unternehmen. Bei melde- delt. In der Veterinärmedizin ist das können, um ein Monitoring- und Über- pflichtigen Tierkrankheiten geht es nur Medikament nur für Geflügel er- laubt. Daher ist es empfehlenswert wachungssystem zu etablieren. Weitere darum, die Zahl der auftretenden Fälle zu einer Infektion vorzubeugen und Ziele unserer Q-Fieber-Forschung sind: erfassen. Die Humanmediziner können die Tiere zu impfen. die Evaluierung des Impfstoffs beim sich, vorausgesetzt es besteht ein Risiko Schaf und neue Wege in der Behandlung. für die Bevölkerung, auf das Infektions- 6 TIHO-Anzeiger | 1/2020
TERMINE 13.3.2020 30.3.-3.4.2020 12.5., 8.9. und 8.12.2020 Infektionsdiagnostik Disputationen Fortbildung der Klinik Schwein HGNI, PhD-Programme „Animal and für Pferde Institut für Pathologie Zoonotic Infections“ und „Veterinary Klinik für Pferde Research and Animal Biology“ 14 bis 19 Uhr 18.30 Uhr Demonstrationshalle Raum wird online bekannt gegeben Bayer-Hörsaal Klinikum am Bünteweg Institut für Pathologie Kontakt: apl. Prof. Dr. Beatrice Kontakt: Annika Lürig Bünteweg 17 Grummer Tel.: +49 511 953-6500 Kontakt: Theresa Störk Tel.: +49 511 953-8124 annika.luerig@tiho-hannover.de Tel.: +49 511 953-8625 beatrice.grummer@tiho-hannover.de theresa.stoerk@tiho-hannover.de 10.6.2020 14.4.2020 16.-20.3., 23.-27.3., Hochschulsportfest 8.-12.6., 14.-18.9., Vorlesungsbeginn Zentrum für Hochschulsport 28.9.-2.10., 7.-11.12., und 14.-18.12.2020 16.4.2020 12 Uhr SportCampus, Am Moritzwinkel 6 Blockkurs Versuchstier- Semesterantrunk Kontakt: Rebekka Hoffmann, Kristine kunde/Tierschutz nach AStA Wetzlar und Lotta Truyen FELASA B/C asta-sport@tiho-hannover.de 18 Uhr Institut für Tierhygiene, Tierschutz Alter Pylorus, Bischofsholer Damm 15 und Nutztierethologie 12.6.2020 8.30 Uhr 22.4.2020 Feierliche Promotion Bibliothek und Kursraum 117 14.15 Uhr Institut für Lebensmitteltoxikologie Blutspende Aula, Bischofsholer Damm 15 Bischofsholer Damm 15 AStA und Deutsches Rotes Kreuz Kontakt: Helge Stelzer 11.30 bis 17.30 Uhr 25.6.2020 Tel.: +49 511 856-8974 TiHo-Tower, Bünteweg 2 helge.stelzer@tiho-hannover.de Kontakt: Jennifer Hillebrand Sommerfest jennifer.hillebrand@tiho-hannover.de 17 Uhr 27.3.2020 Campus Bischofsholer Damm Seminar Chirurgische 6.5.2020 Kontakt: Silke Vasel Eingriffe an der Zehe des Tel.: +49 511 953-8003 Vollversammlung silke.vasel@tiho-hannover.de Rindes der Studierenden Klinik für Rinder 8.7.2020 13 Uhr 8.30 bis 17.30 Uhr Aula, Bischofsholer Damm 15 Blutspende Klinik für Rinder Bischofsholer Damm 15 7.-8.5.2020 AStA und Deutsches Rotes Kreuz Kontakt: PD Dr. Maike Heppelmann 98. Fachgespräch 11.30 bis 17.30 Uhr Tel.: +49 511 856-7355 Alter Pylorus, Bischofsholer Damm 15 maike.heppelmann@tiho-hannover.de über Geflügelkrankheiten Kontakt: Jennifer Hillebrand Klinik für Geflügel, DVG-Fachgruppe jennifer.hillebrand@tiho-hannover.de 27.3.2020 Geflügelkrankheiten, Deutsche Grup- pe der World Veterinary Poultry Asso- Disputationen 16.7.2020 ciation (WVPA) HGNI, PhD-Programm „Systems Semesterabtrunk 14 Uhr Neuroscience“ Maritim Airport Hotel AStA Hörsaal Institut für Pathologie Flughafenstraße 5 18 Uhr Bünteweg 17 Kontakt: Regina Baumann Alter Pylorus, Bischofsholer Damm 15 Kontakt: apl. Prof. Dr. Beatrice Tel.: +49 511 953-8778 Grummer regina.baumann@tiho-hannover.de Tel.: +49 511 953-8124 17.7.2020 beatrice.grummer@tiho-hannover.de Letzter Vorlesungstag Weitere Informationen finden Sie unter www.tiho-hannover.de/termine TIHO-Anzeiger | 1/2020 7
TIHO aktuelles BIB-TIPP: DEAL DIE ANFÄNGE DER MHH (LIEGEN P Hinter dem Projekt DEAL verbirgt sich AUCH IN DER TIHO) eine Verhandlungsgruppe der Hoch- schulrektorenkonferenz, die im Auftrag Professor Dr. Reinhard Papst ist Eh- wertvolles und zugleich unterhalt- aller deutschen Wissenschaftseinrich- rendoktor der TiHo und einer von 41 sames Zeitdokument geschaffen. tungen versucht, bundesweite Open- Studierenden, die im Jahr 1965 den Access-Transformationsverträge mit den ersten Jahrgang der Medizinischen „Konsequent modern. Die Anfänge größten kommerziellen Verlagen für Hochschule Hannover bildeten. Spä- der Medizinischen Hochschule Han- wissenschaftliche Zeitschriften auszu- ter leitete er an der MHH die Abtei- nover“ ist erschienen bei Lehmanns handeln. Im Januar 2019 wurde der erste lung für Funktionelle und Ange- Media, Berlin, und kostet 19,95 Euro. nationale Lizenzvertrag mit dem Verlag wandte Anatomie und war Prorektor Wiley geschlossen, im Januar 2020 folgte für Studium und Lehre, Rektor und der zweite Transformationsvertrag mit Forschungsdekan. Mit seinem Buch Springer Nature. „Konsequent modern – Die Anfänge der Medizinischen Hochschule Han- Die Verträge basieren auf dem soge- nover“ erinnert Papst als Zeitzeuge nannten Publish-and-Read-Modell. an die Ideen der Gründungsväter Publikationen werden demnach im Open und blickt auf den besonderen Grün- Access veröffentlicht. Forschungsein- dergeist zurück. Auch erinnert er an richtungen erhalten zudem lesenden die Einbindung der TiHo. Beispiels- Zugriff auf die Zeitschrifteninhalte von weise fanden viele Lehrveranstal- Wiley und Springer (inklusive der Verlage tungen und die Gründungszeremo- Palgrave, Adis und Macmillan) bis ins nie in der TiHo statt. Er schreibt: „Der Foto: Sonja von Brethorst Jahr 1997. akademische Start der MHH erfolgte an der Tierärztlichen Hochschule Da die TiHo beiden Verträgen beigetre- und auch die Lehre begann überwie- ten ist, können alle Mitglieder der Hoch- gend in der TiHo.“ Seine umfassende schule die Vorteile der Lizenzverträge Recherche reichert er mit persön- nutzen und unter anderem in einem lichen Anekdoten an und hat so ein Großteil der Zeitschriften beider Verlage kostenfrei im hybriden Open Access publizieren. Weitere Informationen unter: www.tiho-hannover.de/kliniken- ERSTES DEUTSCH-BRASILIANISCHES institute/bibliothek/publizieren-und- forschen/open-access-finanzierung TIERSCHUTZBUCH und www.projekt-deal.de Professor Dr. Jörg Hartung, Profes- sor Dr. Mateus Paranhos da Costa und Carmen Perez haben ein deutsch-brasilianisches Tierschutz- buch herausgegeben. Es trägt den Titel „Tierschutz in Deutschland und Brasilien – Verantwortung und Lei- denschaft”. In dem 304 Seiten um- fassenden Band finden sich 40 Bei- träge deutscher und brasilianischer Autoren zum Schutz von landwirt- schaftlichen Nutztieren, Pferden, Hunden und Katzen, Fischen, Zoo- und Wildtieren sowie zur Geschichte des Tierschutzes, zu gesetzlichen Foto: Sonja von Brethorst Bestimmungen, zur Umsetzung des Tierschutzes durch Behörden, zum Tierschutz im Studium der Veteri- DURCHGEBLICKT närmedizin und zur Sicht von NGOs, Medien und der Industrie auf Tier- schutzfragen. P Wir stellen Ihr tiermedizinisches Wissen auf die Probe: Was ist die Besonderheit auf Das Buch ist in deutscher und portu- 978-8585577-44-5) richten Sie bitte diesem Röntgenbild? Die Auflösung finden Sie giesischer Sprache erhältlich. Anfra- an: Jörg Hartung, joerg.hartung@ auf Seite 30 in diesem Heft. gen zu der deutschen Ausgabe (ISBN tiho-hannover.de. 8 TIHO-Anzeiger | 1/2020
Die neuen Studierendenvertreter im Senat: Lotta Henni Truyen und Luca Russell. Foto: Kerstin Thellmann Veranstaltungen, wie dem Sommerfest, haben sich dann Kontakte zu anderen studentischen Organisationen und dem AStA ergeben. Auf einer Vollversamm- lung habe ich schließlich mitbekommen, dass neue Vertreter für den Senat ge- sucht wurden. Da habe ich mich dann di- rekt zur Wahl aufstellen lassen. Man be- kommt durch diese Arbeit viel mehr mit, was an der Uni passiert und kann aktiv die Situation zukünftiger Studierender verbessern. STUDIERENDENVERTRETER Warum der Senat? Hatten Sie schon an- IN DEN SENAT GEWÄHLT dere Ämter inne? Was sind Ihre Ziele? Truyen: Seit ich letztes Jahr an der TiHo angefangen habe zu studieren, bin ich AStA-Referentin für Sport und Freizeit Im Januar wurden die neuen Studierendenvertreter für den Senat und konnte bereits einige Dinge erwir- gewählt. Im Unterschied zu den anderen Senatsmitgliedern wer- ken. Für den Senat habe ich mich aufstel- den sie nicht jedes zweite Jahr, sondern jährlich gewählt. Insge- len lassen, weil es in meinen Augen eini- samt waren 2.235 Studierende stimmberechtigt, davon gaben ge Dinge gibt, die noch verbessert wer- den können. Dafür möchte ich mich ein- (nur) 148 ihre Stimme ab. Ab April werden Luca Russell aus dem setzen. siebten Semester und Lotta Henni Truyen aus dem dritten Semes- ter die Studierendenschaft im Senat vertreten. Wir haben die bei- Russell: Der Senat ist das höchste poli- den zu ihrer Motivation und ihren Zielen befragt. tische Gremium an unserer Hochschule. Ich war schon ein Jahr Senatsmitglied und wurde jetzt wiedergewählt. Die Warum engagieren Sie sich hochschul- meiste politische Arbeit erfolgt zwar in politisch an der TiHo? Warum Tiermedizin? den Kommissionen, im AStA und dem Truyen: Ich finde es wichtig und richtig, Studierendenparlament, aber im Senat von seinem Stimmrecht und seinem Truyen: Es ist ein Kindheitstraum kann man diese Ergebnisse vorstellen. hochschulpolitischem Einfluss Gebrauch von mir, Tiermedizin zu studie- Manchmal sind die Stimmen der Studie- zu machen. Es ist sehr spannend, Ein- ren und ich freue mich, dass die- rendenvertreter im Senat auch entschei- blicke in die verschiedenen Abläufe der ser nun endlich wahr geworden dend in Situationen, in denen die ande- Universität zu bekommen und entspre- ist. Außerdem sind meine Eltern ren Senatsmitglieder geteilter Meinun- chend demokratisch sowie konstruktiv beide Tiermediziner und der Ap- gen sind. So kann man dort durchaus für mitwirken zu können. Außerdem macht fel fällt ja bekanntlich nicht weit die Studierenden etwas verändern. Vor mir die hochschulpolitische Arbeit Spaß, vom Stamm … meiner Senatszeit war ich ab dem ersten insbesondere natürlich, wenn sich da- Semester stellvertretender Vorstand und durch möglicherweise das Leben der an- Russell: Gute Frage. Es gab nach später auch Vorstand der Studierenden- deren Universitätsmitglieder verbessert. dem Abitur mehrere Optionen. gruppe für Tierärzte ohne Grenzen. Aber mich hat hauptsächlich das Studieren der Fächer interessiert Russell: Ich bin generell an Politik inte- Seit kurzem bin ich, neben meiner – die Berufe wollte ich meist ressiert. Während des Abiturs habe ich Senatstätigkeit, AStA-Referent für EDV. nicht ausüben. Da ich Medizin, den Politik-Leistungskurs belegt und war So funktioniert die Abstimmung mit dem und besonders die Neurologie, über ein politisches Stipendium im Aus- sehr spannend finde, habe ich AStA viel besser und ich erhalte Hinter- land. Mein Engagement an der TiHo hat mich letztendlich für die Tierme- grundinformationen zu Themen, die im zuerst über Tierärzte ohne Grenzen an- dizin entschieden. Bei dieser Senat vielleicht manchmal etwas kürzer gefangen. Direkt im ersten Semester bin Entscheidung war sicherlich besprochen werden. Zu meinen Erwar- ich der Studierendengruppe an unserer nicht ganz unwichtig, dass ich tungen: Es gibt verschiedene Projekte, Uni beigetreten. Einerseits wollte ich die mein ganzes Leben lang Tiere die schon seit längerem in den Kommissi- Uni von einer anderen Seite kennenler- hatte. Besonders Katzen haben onen in Arbeit sind und die wir hoffent- nen, andererseits finde ich die Arbeit von es mir angetan. Ein Praktikum lich bald zugunsten der Studierenden Tierärzte ohne Grenzen sehr wichtig. hat mir die Entscheidung für das zum Abschluss bringen können. W Das Durch das Mitwirken an verschiedenen Studium dann erleichtert. Interview führte Kerstin Thellmann. TIHO-Anzeiger | 1/2020 9
TIHO campus Insgesamt erhielten während dieser Winter-Promotion 57 Promovendi den Titel Doctor medicinae veterinariae und drei den Titel Doctor re- rum naturalium. Fotos: Andreas Müller ZIELSTREBIG ZUM TITEL 76 Promovendi, eine Alternative zur chirurgischen Kastration bei Hunden und eine Ode an die Pro- motionszeit – das war die Winterpromotion des vergangenen Jahres. P Nach einem musikalischen Auftakt der Rocking Vets be- ausruhen. Um dieses Niveau zu halten, müssen wir weiterar- grüßte TiHo-Präsident Dr. Gerhard Greif alle Anwesenden beiten“, so Greif. und ganz besonders die Promovendi. Greif wies nochmal auf die hervorragende Position der TiHo im renommierten Festvortrag Shanghai-Ranking hin. In diesem Ranking werden vor allem Professorin Dr. Sandra Goericke-Pesch aus der Reprodukti- die Forschungsleistungen von Universitäten bewertet. „Er- onsmedizinischen Einheit der Kliniken brachte den Anwe- folg verpflichtet – wir dürfen uns auf dem zweiten Platz nicht senden mit ihrem Festvortrag eine Alternative zur chirur- TiHo-Präsident Dr. Gerhard Greif fasste in seiner Rede die Ereignisse Professorin Dr. Sandra Goericke-Pesch referierte über eine Alterna- des vergangenen halben Jahres zusammen. tive zur chirurgischen Kastration bei Hunden. 10 TIHO-Anzeiger | 1/2020
16 Promovendi schlossen ihr Promotionsstudium mit dem Doctor of Philosophy ab. Dr. Tobias Warnken, PhD, berichtete über seine Doktorandenzeit. gischen Kastration bei Hunden näher. genzwinkernd darauf hin, dass es wäh- Das GnRH-Agonist-Implantat bietet eine rend einer Dissertation viele Erkennt- medikamentöse Lösung und ist zeitlich nisse gibt, unter anderen auch die, dass begrenzt. Das Konzept dieser Anwen- auf Eddings zurecht die Einschränkung dung basiert auf dem Wirkmechanismus steht: „hält auf fast allen Materialien“. des Gonadotropin-releasing Hormons Denn auf diversen Labormaterialen hält (GnRH), das der Hypothalamus aus- er meist eher nicht. schüttet. Das synthetisch hergestellte Medikament dockt an die GnRH-Rezep- Warnken berichtete von seinen vielen und toren des Hundes an und blockiert sie: intensiven Stunden mit Statistikprogram- Die Rezeptoren sind für körpereigenes men. „Hatte ich neue Datensätze, war ich GnRH nicht mehr zugänglich. Folglich erst mal ein paar Stunden verschwunden werden weniger Geschlechtshormone und vertiefte mich in diese.“ Zum Schluss gebildet und der Testosteron-Spiegel im legte er allen Anwesenden noch eine sehr Blut des Rüden sinkt. Tiere können mit wichtige Erkenntnis ans Herz: „Schreib- dieser hormonbasierten Methode nicht blockaden gibt es wirklich!“ Vor seiner Dis- nur schmerzfrei unfruchtbar gemacht sertation hielt er Schreibblockaden für werden, sie ist zudem reversibel. So eine Ausrede, doch leider musste er sich Ausgezeichnet: Inken Waltl, PhD, Dr. Lea läuft nach Wirkende die Testosteronpro- eingestehen, dass diese tatsächlich Elisabeth Middendorf, György Szura, PhD, duktion des Hundes rasch wieder an. existieren. W kt Nicole de Buhr, PhD. Rede der Promovendi Die Ansprache der Promovendi hielt in diesem Jahr Dr. Tobias Warnken, PhD. Er Auszeichnungen erzählte sehr authentisch und anschau- lich aus seinem Leben als Doktorand. Für ihre PhD-These „The role of brain Für sein Engagement für andere aus- Warnken promovierte an der Klinik für infiltrating monocytes and resident ländische Studierende wurde der Un- Pferde zum Equinen Metabolischen Syn- microglia in a mouse model of viral gar György Szura, PhD, mit dem drom. Nach dem Studium war sein Ziel, encephalitis induced acute seizures DAAD-Preis für hervorragende Leis- eine Praxis zu eröffnen – mit einem Dok- and epilepsy“ erhielt Inken Waltl, tungen ausländischer Studierender tortitel auf dem Praxisschild. Deshalb PhD, den Gerhard-Domagk-Preis für an deutschen Hochschulen geehrt. entschied er sich, seine Dissertation in Biowissenschaften. Waltl fertigte ihre Szura promovierte an der Klinik für Form einer klinischen Studie zu machen. Arbeit am Institut für Pharmakologie, Rinder. Toxikologie und Pharmazie an. Doch während dieser Zeit packte ihn die Nicole de Buhr, PhD, wurde für ihre Begeisterung für die Forschung. Der Erich-Aehnelt-Gedächtnispreis wissenschaftliche Arbeit am Institut ging an Dr. Lea Elisabeth Middendorf für Physiologische Chemie und ihre Warnken schaute auf eine bewegende für ihre Dissertation „Konzeptionelle Publikation „Degraded neutrophil ex- Doktorandenzeit zurück. Es gab viele Untersuchungen zu Interaktionen zwi- tracellular traps promote the growth positive und schöne Erlebnisse, aber schen Tierernährung und Entglei- of Actinobacillus pleuropneumoniae “ auch immer wieder Rückschläge, die ihn sungen des Leberstoffwechsels bei im Fachmagazin Cell Death & Disease manchmal an seinem Dissertationsthe- der Pute (Hepatische Lipidose)“ am In- mit dem Gustav Rosenberger-Ge- ma zweifeln ließen. Seine Kolleginnen stitut für Tierernährung. dächtnispreis ausgezeichnet. und Kollegen fanden sich sicherlich in dieser Rede wieder. Warnken wies au- TIHO-Anzeiger | 1/2020 11
TIHO campus Professor Dr. Christian Visscher Foto: Sonja von Brethorst FAST EIN ALTER HASE – und tiergerechter: Ein gutes Sättigungs- gefühl führt zu einem ruhigeren Verhal- ten“, erklärt Visscher. „Besonders span- Professor Dr. Christian Visscher ist seit Jahren eng mit dem Insti- nend ist an dem Projekt natürlich die tut für Tierernährung der TiHo verbunden. Als neu berufener W3- computergestützte Beurteilung der Schweine. Viele für uns interessante Pa- Professor für Tierernährung und neuer Leiter des Instituts kommt rameter sind gut digital zu erfassen. Sol- ihm das zugute. che Methoden werden für eine effiziente Fütterung immer relevanter werden.“ P „Als ich mein Studium an der TiHo an- samt sechs Jahre umfasste, konnte er al- fing, war es mein Ziel, Nutztierarzt zu lerdings nicht vollständig erfüllen – es Da die Tierernährung aber Groß- und werden“, berichtet Professor Dr. Chris- kam der Ruf auf die Professur und damit Klein-, Liebhaber- und Nutztiere glei- tian Visscher. Für seine Doktorarbeit ent- die Institutsleitung dazwischen. chermaßen im Blick hat, kommen wei- schied er sich darum, am Institut für tere Tierarten hinzu. „Insgesamt sind un- Tierernährung eine Feldstudie durchzu- Der Tierart Schwein bleibt Visscher an sere Forschungsprojekte sehr vielfältig – führen: Er untersuchte, wie ein gröber der TiHo weiterhin treu. „Schweine sind, genau wie die tägliche Arbeit. Tierernäh- vermahlenes Futter sowie Futterzusätze genau wie Geflügel, gute Modelltiere, da rung besteht nicht nur aus dem ‚Drei- bei Mastschweinen das Vorkommen von Forschungsansätze verhältnismäßig satz‘, wie man das vielleicht hier und da Salmonellen beeinflussen. Nach seiner schnell umgesetzt und gut wiederholt mal aus der Lehre ableiten könnte“, sagt Promotion blieb er noch für eine kurze werden können“, erklärt er. Geflügel sei Visscher augenzwinkernd. Im Team ent- Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter zudem global sehr interessant, da es für wickeln und verbessern sie Fütterungs- am Institut und ging dann für mehrere die Welternährung immer wichtiger wird konzepte, um die Tiere gesund zu erhal- Jahre in eine Gemischtpraxis. Dort war es und gerade aus Deutschland und Europa ten oder, im Krankheitsfall, den Gene- möglich, sich zum Fachtierarzt weiterzu- viele Impulse und Trends für die Geflü- sungsprozess zu unterstützen. „Dazu ha- bilden. „Das war nach der Doktorarbeit gelhaltung kommen. „Nährstoffe sind ben wir natürlich auch viele Anfragen. der nächste logische Schritt“, sagt weltweit begrenzt. Uns interessiert beim Wir beraten bei Allergien, diätetischen Visscher, „also machte ich den Fachtier- Geflügel und bei Schweinen deshalb un- Problemen und bieten unter anderem arzt für Schweine.“ Später schloss er an ter anderem, wie wir die Tiere möglichst Bestandsbesuche, Testfütterungen, Rati- der TiHo noch den Fachtierarzt für Tier- ressourceneffizient füttern können.“ onskontrollen, Futter- und Tränkwasser- ernährung an. Die Forschung ließ ihn je- analysen sowie Blut- oder Körpergewe- doch auch danach nicht los. Und als er In dem von der Deutschen Bundesstif- beuntersuchungen an. von Boehringer-Mitarbeitern, die er wäh- tung Umwelt geförderten Projekt RE- rend seiner Praxiszeit kennengelernt SAFE-PIG ist die ressourcenschonende An den Lehrinhalten möchte Visscher hatte, angesprochen wurde, ob er sich und gleichzeitig tiergerechte Fütterung nichts Wesentliches ändern. Er möchte vorstellen könne, für den Pharmakon- ein zentraler Punkt. Unter anderem mit aber neue Lehr-Methoden ausprobieren. zern Feldstudien zu Schweinegesundheit Professor Dr. Karl-Heinz Waldmann aus „Gemeinsam mit Professor Klaus Jung und Impfstoffen durchzuführen, sagte er der Klinik für kleine Klauentiere arbeitet und Pamela Liebig aus der Tierzucht und zu. Private Gründe gaben den Ausschlag, Visscher mit seinem Team in dem Koope- meiner Kollegin Julia Hankel haben wir der Industrie nach drei Jahren den Rück- rationsprojekt daran, Schweine vollauto- zum Beispiel eine interaktive Grafik er- en zu kehren: „Es war eine schöne Zeit matisiert nach ihrer Körperkondition in stellt, mit der die Studierenden verschie- dort. Langfristig ist es meiner Ansicht Gruppen einzuteilen und sie entspre- dene Parameter auswählen und anpas- nach in der Industrie aber etwas schwie- chend ihrer Bedürfnisse bestmöglich mit sen können, um zu sehen, welche Aus- riger, die Dual-Career-Idee zu verfolgen, Proteinen zu versorgen. „So wollen wir wirkungen ihre Futterwahl auf die Nähr- gemeinsame Planungen sind schwieriger den absoluten Proteineinsatz und gleich- stoffversorgung eines Tieres hat.“ Außer- umzusetzen.“ Visscher ging zurück ins zeitig die Emissionen senken.“ Die Fütte- dem möchte er die Wahlpflichtveranstal- universitäre Leben und nahm eine Juni- rung von mehr Rohfasern soll zudem das tungen über ein Semester ausdehnen. orprofessur im Institut für Tierernährung Sättigungsgefühl der Tiere steigern, so- „Es ist sinnvoll, die Veranstaltung lang- der TiHo an. Den Vertrag, der nach er- dass sie weniger Futter aufnehmen. „Das fristig zu konzipieren. Dann ist der Aus- folgreicher Zwischenevaluation insge- macht die Fütterung nährstoffeffizienter tausch intensiver.“ W vb 12 TIHO-Anzeiger | 1/2020
Die Feuerwehrmänner versorgen den Verletzten und treiben die Minipigs zusammen. Foto: Christian Sürie ben die Schweine zusammen und verlu- den sie anschließend auf ein herbeige- holtes Ersatzfahrzeug. Hierzu standen den Feuerwehrmännern unterschied- liche Hilfsmittel, wie Paletten, Treibe- bretter und -paddel zur Verfügung. Dr. Christian Sürie, Leiter des Lehr- und For- schungsguts, hatte ein paar Tipps für die Mannschaft: „Sie müssen auf die Schwei- ne ruhig einreden, auch untereinander sollten sie sich ruhig unterhalten, so wer- den die Schweine nicht nervös.“ IN RUTHE WAREN DIE SCHWEINE Die Feuerwehrmänner fühlten sich nach der Übung gut auf den Ernstfall vorberei- LOS tet. „Jetzt haben wir das schon mal durchgespielt und sind auf den Notfall besser vorbereitet“, so Jan Janssen von Feuerwehrmänner der Berufsfeuerwehr Hannover lernten und der Stadtfeuerwehr Hannover. Auch Sü- trainierten auf dem Lehr- und Forschungsgut Ruthe an drei Tagen, rie war begeistert vom Einsatz der Feuer- wehrmänner. „Es sah nicht so aus, als wie sie eine Unfallstelle mit freilaufenden Schweinen absichern. hätten sie das heute zum ersten Mal ge- macht. Sie haben ihre Aufgabe sehr gut P Das Szenario der Übung auf dem Lehr- liefen frei herum, es trat Gefahrgut aus gelöst. Man merkt, dass sie ein Team und Forschungsgut Ruthe sah den Unfall und ein Mensch wurde verletzt. Die Feu- sind. Die Verständigung funktioniert oh- eines Schweinetransporters vor: Ein An- erwehrmänner sperrten die Gefahren- ne viele Worte und jeder weiß, wo sein hänger war umgekippt und die Schweine stelle ab, versorgten den Verletzten, trie- Platz ist.“ W kt AKKREDITIERUNGSUPDATE P Die Akkreditierung des Spermatologielabors der Repro- duktionsmedizinschen Einheit der Kliniken jährte sich Ende vergangenen Jahres zum zehnten Mal. Gleichzeitig musste die Akkreditierung erneuert werden. „Uns sind weltweit keine weiteren akkreditierten Spermato- logielabore bekannt“, berichtet apl. Professorin Dr. Dagmar Waberski aus der Reproduktionsmedizinischen Einheit der Kliniken. Da Akkreditierungsverfahren sehr aufwendig sind, ist es immer ein großer Erfolg, wenn der Prozess erfolgreich abgeschlossen wurde. Den Antrag für das Akkreditierte Zentrallabor für Spermatologie hatten die Wissenschaftle- rinnen und Wissenschaftler bei der Deutschen Akkreditie- rungsstelle eingereicht. Der Bundesverband Rind und Schwein (BRS e.V.) und die deutschen Pferdezuchtverbände Untersuchung im Labor. Foto: Martin Bühler nutzen die TiHo-Einrichtung als anerkanntes spermatolo- gisches Referenzlabor. spielsweise computergestützte Spermienanalyse und Tierärztinnen und Tierärzten sowie Züchterinnen und Züch- Durchflusszytometrie. Auch Spermienverträglichkeitstests tern bieten die TiHo-Reproduktionsmediziner neben den mi- oder Spermakonservierungstests bieten sie an. Zudem ent- kroskopischen Standardverfahren ein breites Spektrum er- wickeln und validieren sie im Zentrallabor spermatologische weiterter spermatologischer Methoden. Dazu zählen bei- Testverfahren für verschiedene Spezies. W vb TIHO-Anzeiger | 1/2020 13
TIHO campus Besprechung im WHO- Zentrum. Foto: Martin Bühler TIHO UND WHO: ZUSAMMENARBEIT GEHT WEITER Gegen Ende des vergangenen Jahres redesignierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das WHO Collaborating Centre for Research and Training for Health at the Human-Animal-Environment Inter- face (WHO CC HAEI). Die Zusammenarbeit zwischen TiHo und WHO wurde damit auf eine neue Basis gestellt. P Die WHO vertritt seit ihrem Bestehen den neue Aufgaben und neue Arbeitsplä- Trainings und Workshops auf nationaler die Politik, keine internationalen For- ne vereinbart. Der Name des WHO-Zen- und regionaler Ebene durchzuführen schungseinrichtungen unter ihrer eige- trums wurde im Sinne des One-Health- und praktische Hilfestellung bei der Um- nen Schirmherrschaft zu etablieren, Ansatzes modernisiert und weiter ge- setzung des Tricycle-Projekts und dem sondern Aktivitäten an bestehenden In- fasst. Seit Ende 2015 wird das WHO-Zen- Aufbau eines nationalen Überwachungs- stitutionen zu unterstützen, zu koordi- trum daher als WHO CC HAEI geführt. Die programms zu geben. nieren und zu nutzen. Vor diesem Hin- erste Designationsperiode unter dem tergrund ernennt die Organisation zu re- neuen Namen lief bis Dezember 2019. Erhebung zum Antibiotikaeinsatz levanten Themen weltweit Forschungs- Neben diesen Aktivitäten wird das WHO- einrichtungen zu WHO Collaborating Integrierte Überwachung von Resis- Zentrum an der TiHo seine bisherigen Centres. So ist das WHO-Zentrum an der tenzen Projekte weiterverfolgen und die vielfäl- TiHo am Institut für Biometrie, Epidemi- Die Neuausrichtung des WHO-Zentrums tige internationale Zusammenarbeit fort- ologie und Informationsverarbeitung ist Ausdruck einer Umstrukturierung der setzen. Hierzu zählen verschiedene Un- angesiedelt. Die Ernennung der Zentren WHO: Das Institut für Biometrie, Epide- tersuchungen zum Einsatz von Antibioti- geschieht in Absprache mit dem jeweils miologie und Informationsverarbeitung ka und anderen Tierarzneimitteln bei le- zuständigen Ministerium, das gegebe- arbeitet künftig mit der neu entstan- bensmittelliefernden Tieren sowie bei nenfalls auch einen Teil der Förderung denen Division für antimikrobielle Resi- Pferden und Kleintieren. In der Langzeit- übernimmt. Für das WHO CC HAEI ist das stenzen zusammen. Das WHO CC HAEI studie VetCAb-S ermittelt das Institut Bundesministerium für Gesundheit ver- wird die WHO und ihre Mitgliedstaaten zum Beispiel, wie oft ein Nutztier in antwortlich. bei der Umsetzung des sogenannten Tri- Deutschland im Durchschnitt mit wel- cycle-Projektes, einem Teil des Global chen Wirkstoffen und in welcher Dosie- Beginn und Neuausrichtung Antimicrobial Surveillance Systems rung behandelt wird. Mit dem Projekt Die Zusammenarbeit zwischen der TiHo (GLASS), unterstützen. Im Tricycle-Pro- VetCAb-International Documentation und der WHO besteht seit 47 Jahren. jekt erheben die WHO-Mitgliedstaaten entwickelte das IBEI ein internationales 1973 wurde die TiHo unter dem Titel nach einem einheitlichen Protokoll Daten Pendant, das Projektpartner weltweit zur WHO Collaborating Centre for Research zum Vorkommen von Extended Spec- Erhebung von Daten nutzen können. and Training in Comparative Medicine trum beta-Lactamase-produzierenden E. erstmals designiert. Im Herbst 1978 wur- coli (ESBL) bei Mensch, Tier, Lebensmittel Die neue Designationsperiode läuft bis de daraus das WHO Collaborating Centre und in der Umwelt. Das IBEI entwickelt Dezember 2021. Diese Zeit soll, neben for Research and Training in Veterinary dafür epidemiologische Modelle, die hel- den geplanten Aktivitäten, für den Aus- Public Health, das bis 2014 gefördert fen, die Kernaktivitäten für die ESBL- bau der Zusammenarbeit innerhalb der wurde. Danach starteten die Verhand- Überwachung auszuweiten. Zudem ist neuen WHO-Struktur genutzt werden. lungen für eine Neudesignation, es wur- geplant, in den WHO-Mitgliedsstaaten W Nicole Werner 14 TIHO-Anzeiger | 1/2020
jetzt nicht mehr auf Verbünden konventi- oneller Festplatten, sondern auf Flash- Speichern. Diese Systeme nutzen aus- schließlich Halbleiterspeicher als Medi- um. Sie haben gegenüber Festplatten mehrere Vorteile: Die Zahl der gleichzei- Klaus Sander und Silvester tig möglichen Aktionen auf dem Spei- Jordan aus der IDS vor den chermedium steigt, die Antwortzeiten TiHo-Speichern. Im linken sinken und es gibt keinen Verschleiß be- Turm sind die Speichersys- weglicher Teile. Der Verzicht auf teme des alten System mit leistungsbremsende Faktoren wie Festplatten zu sehen, Schnittstellen, Protokolle und Bau- rechts, sehr viel kleiner, formen, der geringere Platzbedarf in den der Flash-Speicher Serverräumen, der reduzierte Energie- Foto: Sonja von Brethorst verbrauch und der geringere Kühlungs- aufwand erleichtern die Administration und verringern die Unterhaltskosten. Der schnelle Primärspeicher ist ein soge- nannter Active/Active-Cluster: Alle schrei- benden Zugriffe der Server erfolgen syn- TSCHÜSS FESTPLATTE! chron auf zwei Speichersystemen, die sich an zwei Standorten befinden. So ist si- chergestellt, dass alle Daten an beiden Festplatten und ihr schnurrendes Geratter waren uns über Jahr- Standorten vorhanden sind und genutzt zehnte sehr vertraut. Doch jetzt heißt es Abschied nehmen: Die Fest- werden können. Die Infrastruktur ist so aufgebaut, dass es möglich ist, die virtua- platte wird durch neue Speichertechnologien abgelöst. An der TiHo lisierten Server zwischen den einzelnen nutzte das Dezernat Informations- und Datenverarbeitungsservice Hosts oder den Standorten während des (IDS) den Jahreswechsel, um ein neues System in Betrieb zu nehmen. laufenden Betriebes zu verschieben, bei- spielsweise zu Wartungszwecken. P Mit ihren beweglichen Lese- und des Jahr deutlich zu, genau wie die Zahl Schreibköpfen und drehenden Metall- der zentral betriebenen Server. Gleich- Das neue Speichersystem gibt der TiHo die scheiben waren Festplatten eine häufige zeitig werden die Systeme aufwändiger Sicherheit, für den Betrieb der Server in Ursache für Funktionsstörungen, die den und komplexer. Die zunehmende Digita- den nächsten Jahren Speicherplatz in aus- Zugriff auf Daten behindern konnten. Die lisierung eröffnet Chancen, setzt aber reichender Quantität und Qualität zur Ver- TiHo betreibt für die zentralen Dienste mehr denn je eine funktionierende Infra- fügung zu haben. Die nutzbare Datenspei- und Daten über 200 Serversysteme. Der struktur voraus. Diese Faktoren bewir- cherkapazität steigt von zwei mal 50 Tera- von diesen Servern genutzte Speicher ist ken, dass jährlich etwa 20 bis 30 Prozent byte auf zwei mal 140 Terabyte. Dies ent- der sogenannte schnelle Primärspeicher mehr Speicherplatz auf den Servern und spricht der weiterhin erwarteten jähr- der TiHo. Dieser zentrale Datenspeicher mehr Leistung benötigt werden. lichen Wachstumsrate von 20 Prozent für bestand bisher aus einem Festplatten- die kommenden fünf Jahre. system und wurde jetzt durch ein Flash- Flashspeicher statt Festplatten Speichersystem abgelöst, indem die IDS- Um die künftig erforderliche technische Positive Energiebilanz Mitarbeiter während des Jahreswechsels Leistung sicherzustellen, führte die IDS Das neue Speichersystem benötigt etwa in vollem Betrieb knapp 900 logische einen aufwändigen Technologiewechsel 80 Prozent weniger Strom als das bishe- Festplatten auf das neue System ver- durch: Die Speicherung der Daten aus rige festplattenbasierte System. Bei ei- schoben. Die Speichersysteme der TiHo dem schnellen Primärspeicher erfolgt ner Laufzeit von fünf Jahren spart die für die Home- und Gruppenlaufwerke TiHo so knapp 160.000 Kilowattstunden (langsamer Primärspeicher) sowie für die Strom. Das entspricht etwa 80 Tonnen Datensicherungssysteme (Sekundärspei- Kohlenstoffdioxid. Zusätzlich wird viel cher) basieren zurzeit (noch) auf Fest- Die Anfänge weniger Strom für die Kühlung der Syste- platten – hier sind die Anforderungen an me benötigt. Die ersten Computer mit Festplat- die Kapazität höher, die an die Geschwin- ten hielten in den 1980er Jahren Desktopcomputer ohne Festplatten digkeit niedriger. Einzug in die TiHo. Eine Festplatte mit einer Kapazität von 20 Mega- Im Bereich der Desktopcomputer ist der Mehr Speicherbedarf Systemwechsel ebenfalls weitgehend er- byte kostete damals etwa 2.000 An der TiHo steigen die Anforderungen DM. Heute gibt es im Handel (bald) folgt: Von den etwa 2.000 PCs und Lap- an den Speicherplatz und die Leistungs- Festplatten mit 20 Terabyte, also ei- tops an der TiHo, die zentral verwaltet fähigkeit der Speichersysteme unauf- ne Million Mal größere Kapazität. werden, besitzen etwa drei Viertel flash- haltsam: Die Zahl datenerzeugender und Die gängigen SSDs kosten heute basierte Solid State Disks (SSDs) und nur IT-gesteuerter Objekte, wie Computer, knapp 100 Euro pro Terabyte. noch ein Viertel arbeitet mit konventio- Drucker oder mobile Geräte, nimmt je- nellen Festplatten. W Burkart Franz TIHO-Anzeiger | 1/2020 15
TIHO campus Foto: Kerstin Thellmann LIEBLINGSORTE P JederMensch hat Lieblingsorte – auch an der TiHo. Wir haben apl. Professorin Dr. Dag- mar Waberski aus der Reproduktionsmedizi- nischen Einheit der Kliniken der TiHo nach ih- rem persönlichen Lieblingsort an der TiHo befragt. „Das Arbeitszimmer ist eigentlich mehr ein Le- Professorin Dr. Christina Strube mit ihrer Assistentin Ronja Raue im vollbe- bens- als ein Arbeitsraum für mich. Es hat sich setzten Hörsaal. Foto: Sonja von Brethorst mit der Zeit und mit mir entwickelt. Man sieht es an den ganzen Exponaten. Einiges davon ist von Doktoranden und Gästen aus aller Welt, aber auch von meinen eigenen Studienreisen. KEINE ANGST VOR Das Schöne ist, alles was hier zu sehen ist, hat eine kleine Geschichte. Und wenn ich es sehe, ZECKEN denke ich kurz daran zurück. Dieses Schild zum Beispiel habe ich mal im Müll gefunden. Das ist Die TiHo-Vorlesung zur diesjährigen KinderUniHanno- noch aus der Zeit, als der Vorläufer unserer ver (KUH) hielt Professorin Dr. Christina Strube, PhD, Einrichtung im Richard Götze-Haus am Bi- schofsholer Damm war. Es handelt sich um ei- aus dem Institut für Parasitologie. Sie brachte den ne Schablone, die an die Seitentür des Insti- jungen Studentinnen und Studenten sehr kindgerecht tutsautos gehalten wurde, um dann mit Sprüh- das Leben einer Zecke nah. farbe die Beschriftung aufzutragen. Oder die- ses Bild, mit dem Anatomie-Hörsaal der Hum- P Dieses Jahr fand schon das 17. KUH-Semester statt. An der TiHo er- boldt-Universität zu Berlin, dem sogenannten fuhren die Grundschulkinder alles Wissenswerte über Zecken. Strube Trichinentempel. Hier hat mein Vater studiert und Assistentin Ronja Raue (6) nahmen die Nachwuchsstudierenden und damals Professor Dr. Joachim Hahn ken- mit auf eine Reise durch ein Zeckenleben. In 45 Minuten begleiteten nengelernt. Dieser Wimpel und die Bilder sind sie ein Holzbockkind auf seinem Weg zur adulten Zecke. Die Kinder von meinem eigenen Auslandsstudienaufent- hörten gespannt zu und hatten Unmengen an Fragen, sodass manch halt an der Cornell University in New York eine Hand gar nicht heruntergenommen wurde. Sie lernten, dass State. Es sind Geschenke von der Gastprofes- schon die Dinosaurier mit Zecken zu kämpfen hatten, dass eine sorin und ihrer Tochter. Auf dem Aktenschrank Zeckenlarve nur sechs Beine hat und dass eine Zecke bis zu fünf Milli- dort drüben stehen meine gesammelten Expo- liter Blut saugen kann. Aber wie schaffen sie das? Zecken können so nate. Sehr viele stammen aus Mittel- und Süd- eine große Menge Blut aufnehmen, da sie nur die festen Bestandteile amerika, aber einige auch aus Ägypten – ei- des Bluts bei sich behalten und den Rest über ihren Saugrüssel wieder gentlich aus aller Welt. Auch das sind alles per- in den Wirt abgeben. Zur Begeisterung der Kinder brachte Strube auch sönliche Erinnerungen. Mein Arbeitszimmer einige Zecken mit. Diese wurden mit vielen Ohs und Ahs begutachtet. ist wirklich etwas sehr Spezielles und daher ein Am Ende des Vortrags ging Strube kurz auf die von Zecken übertrag- Raum, in dem ich mich gern aufhalte. Bespre- baren Krankheiten Borreliose und FSME ein und erklärte den Mädchen chungen mit meiner Arbeitsgruppe finden und Jungen, wie sie sich vor einem Zeckenstich schützen können. Sie meist hier statt. In dieser Atmosphäre entste- empfahl ihnen, helle Kleidung zu tragen und bei einem Gang durch ho- hen neue Gedanken – sowohl im Gespräch als hes Gras die Socken über die Hose zu ziehen. So können die kleinen auch beim Schreiben von Artikeln. Dies sind Spinnentiere nicht zwischen Hose und Bein nach oben klettern. Doch immer produktive und konstruktive Prozesse.“ was macht man, wenn die Zecke zugestochen hat? Die Kinder wussten die Antwort: Man zieht sie mit einer Zeckenzange heraus! W kt 16 TIHO-Anzeiger | 1/2020
TIHO forschung Ansicht der Pionierneuronen in den Extremi- tätenknospen. Auf www.tiho-hannover.de finden Sie die Darstellung in bewegter Form. Foto: Karsten Bode vigation neuronaler Fortsätze sind zwi- schen Wirbellosen Tieren und der Hirn- rinde von Säugetieren während der Evo- lution nicht verändert worden. Daher er- laubt die Sensitivität auf gefährliche Che- mikalien im Insektenembryo-Test auch Aussagen über die Entwicklungsneuroto- xizität beim Menschen“, sagt Bicker. So funktioniert die Methode In einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Ver- bundprojekt haben Wissenschaftler der TiHo und des LZH die anatomische Form der Pionierneuronen dreidimensional vi- sualisiert und exakt vermessen. Heu- schrecken legen etwa 50 Eier in einem MIT LASERTECHNIK TIERVER- Gelege ab, aus dem sich die Embryonen relativ leicht herauspräparieren lassen. SUCHE VERMEIDEN Karsten Bode, Doktorand in der Arbeits- gruppe Zellbiologie an der TiHo, kulti- vierte die intakten Heuschreckenem- Neue Methode misst die Wirkung entwicklungsneurotoxischer Che- bryos in 24-Well-Platten mit Testchemi- mikalien und verzichtet gleichzeitig auf Versuche an Säugetieren. kalien und markierte die Pionierneurone mit fluoreszierenden Antikörpern. An- schließend machten LZH-Wissenschaft- P Die Arbeitsgruppe von Professor Dr. gering, da die erforderlichen Testverfah- ler den Embryo mit dem sogenannten Gerd Bicker aus dem Institut für Physio- ren sehr aufwendig sind und eine hohe CRISTAL-Verfahren optisch völlig durch- logie und Zellbiologie der TiHo und die Anzahl von Tierversuchen mit Laborna- sichtig und betteten ihn stabil ein. Die Abteilung für Industrielle und Biomedizi- gern erfordern. Ein Zellkulturtest würde Bildgebung erfolgte mit der Scanning La- nische Optik des Laser Zentrum Hanno- Zeit sparen, kostengünstiger sein – und ser Optical Tomography (SLOT), einer in ver (LZH) haben ein bildgebendes Verfah- viel wichtiger: Tierversuche ersetzen. der Abteilung für Industrielle und Biome- ren entwickelt, mit dem chemische Sub- Das neu entwickelte Testsystem arbeitet dizinische Optik entwickelten Methode, stanzen am Insektenembryo auf eine mit dem Insektenembryo der Wander- bei der ein transparentes Objekt mit entwicklungsneurotoxikologische Wir- heuschrecke und soll als Ersatz- und einem Laserstrahl abgerastert und das kung getestet werden können. „Ist das Ergänzungsmethode für bisher verwen- entstandene Fluoreszenzlicht von einem System etabliert, könnte es zahlreiche dete Versuche an Säugern eingesetzt hochempfindlichen Fotodetektor erfasst Versuche an Säugetieren ersetzen“, er- werden. wird. Ein Algorithmus aus der medizi- klärt Bicker. Die Wissenschaftler stellten nischen Röntgencomputertomographie ihren neuen Test jetzt in dem Fachmaga- errechnet das 3D-Bild. Anschließend Pionieraxone nutzen zin Scientific Reports vor. Scientific Re- können die Wissenschaftler die Pio- ports ist ein Open-Access-Journal und Ein essenzieller Aspekt der Gehirnent- nierneuronen durch eine digitale Bild- gehört zum Nature-Verlag. wicklung ist die präzise Verknüpfung zwi- analyse mit einem halbautomatischen schen den Nervenzellen. Das Testsystem Segmentierungsverfahren darstellen erfasst, nachdem eine Chemikalie zuge- und in ihrer Wuchsform vermessen. So Viele ungetestete Chemikalien fügt wurde, die Störungen der neuro- „identifizierte“ das Segmentierungsver- Das Gehirn von Säuglingen reagiert emp- nalen Verschaltung von Pionieraxonen fahren beispielsweise die Testsubstan- findlicher auf Chemikalien, als das er- zum zentralen Nervensystem. Pionier- zen Methylquecksilber oder Natriumar- wachsener Menschen. Daher können In- axone sind im sich entwickelnden Orga- senit in Übereinstimmung mit epidemio- dustriechemikalien, Pflanzenschutzmit- nismus die Nervenzellen, die die ersten logischen Daten und Tierversuchen als tel, Inhaltsstoffe von Kosmetika oder Zellfortsätze (Axone) ausbilden. Die aus- entwicklungsneurotoxisch. „Jetzt validie- Arzneimittel das sich entwickelnde Ner- wachsenden Zellfortsätze dieser Pio- ren wir den Insektenembryo-Test mit vensystem während der Schwanger- nierneuronen bahnen sich entlang von einem Trainingsset von bekannten ent- schaft oder auch nach der Geburt schädi- Wegweisermolekülen (Semaphorine) ih- wicklungsneurotoxischen und Kontroll- gen. Die Anzahl bisher untersuchter Che- ren Weg zum zentralen Nervensystem. Substanzen auf seine zuverlässige Aussa- mikalien ist aber leider verschwindend „Die zellulären Mechanismen dieser Na- gekraft“, erklärt Bicker. TIHO-Anzeiger | 1/2020 17
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