Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
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Magazin des Berliner Mieter- verein e.V., Landesverband Berlin im Deutschen Ist Holz Mieterbund Dezember 12/2021 der Baustoff der Zukunft? MieterMagazin Berlins Leuchtturmprojekte beim nachhaltigen Bauen www.berliner-mieterverein.de GaraGen und enerGiekosten- Volks- Pkw-stellPlätze exPlosion entscheid wohnnebenfläche wie lässt sich energie- demokratie oder Geschäftsraum? armut vermeiden? direkt
MARKTPLATZ Mitglieder werben Mitglieder Machen Sie den Berliner Viel Wissen ... Mieterverein noch stärker! für wenig Geld Überzeugen Sie Ihre Freunde, Bekannten, Arbeits- kollegen oder Nachbarn von den Vorteilen einer Mitgliedschaft im Berliner Mieterverein: Sie haben Komplett aktualisiert Anspruch auf Beratung und Unterstützung in allen wohnungs- und mietrechtlichen Fragen. Der Berliner Mieterverein setzt berechtigte Mieteransprüche gegen- über Vermietern durch. Überprüfungen der Ansprüche und ausführliche Rechtsberatung sind für Mitglieder des Berliner Mietervereins kostenlos. Für jedes neugeworbene Mitglied erhält der Werber 15,- Euro auf seinem Mitgliedskonto gutgeschrieben. Seit Jahrzehnten ist das Mieterlexikon des Deutschen Mieterbundes das zuverlässige, umfassende und immer aktuelle Nachschlagewerk für Fachleute und Laien. Eine Reihe neuer gesetzlicher Bestimmungen und zahlreiche neue Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs so- wie unzählige Urteile der Amts- und Landgerichte haben das Mietrecht in Deutschland seit der letzten Auflage des Mieter- lexikons spürbar verändert. Mieter – aber auch Vermieter – müssen hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten in vielen Punk- MieterMagazin online lesen ten umdenken. Das Mieterlexikon 2020/2021 bringt sie auf den neuesten Stand. Wenn Sie künftig zu den online-Lesern des MieterMagazins gehören wollen, Das Mieterlexikon ist für 14 Euro zzgl. Versandkosten dann registrieren Sie sich bitte unter erhältlich über den Online-Shop des DMB-Verlages www.berliner-mieterverein.de/mein-bmv https://shop.mieterbund.de/buecher/
INHALT PANORAMA Petkusser Straße 34: Familienzusammenführung lässt Fragen offen ...................... 6 Moderne Ausstattung und mehr Beratung ............................ 6 Abfindungsvereinbarung: Drohkulisse mit eingebautem Trick ....................................... 7 Buchtipp: Agenda eines amtlichen Aktivisten ....................... Neue Heizkostenverordnung: Viele Chancen vertan .............. 7 8 14 Mietenregulierung: Keinen Stopp mit der Ampel? ................ 8 Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“: Das Wohngebäude aus Holz hat Initiative befürchtet Hinhaltetaktik ........................................ 9 seine exklusive Nische in den Vorstädten Plattenbauten in der Wilhelmstraße: und auf den Landsitzen verlassen und Risse im barocken Denkmal ................................................... 9 erobert die Städte. Wir zeigen Ihnen Bundesverwaltungsgericht zum Vorkaufsrecht: Beispiele in Berlin. Herber Schlag gegen den Milieuschutz ................................. 10 Buchtipp: Alltag im Zuckerbäckerpalast gestern und heute ..... 10 Adler Group: Zu hoch geflogen? ............................................ 11 Housing First: Mit individueller Hilfe gelingt der Neustart ....... 11 Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung: Mit den Festlich- Seit zehn Jahren ein ungelöstes Problem ............................... 12 keiten mehren Webtipp: Den Zwischenraum im Blick ................................... 12 sich alle Jahre Schlüterstraße 44: Skandalöses Attest ................................... 13 wieder auch Buchtipp: Nischen für das gemeinschaftliche, die Anlässe, selbstorganisierte Wohnen .................................................... 13 bei den Nach- barn anzuecken. TITEL Ist Holz der Baustoff der Zukunft? 22 Berlins Leuchtturmprojekte beim nachhaltigen Bauen ........ 14 HINTERGRUND Garagen und Pkw-Stellplätze: Wohnnebenfläche oder Geschäftsraum? ............................... 19 Energiekostenexplosion: Wie lässt sich Energiearmut vermeiden? ............................... 20 10 Fragen zu Weihnachten und Silvester: Alle Jahre wieder ................................................................... 22 Volksentscheid: Demokratie direkt ........................................ 24 Kiezbündnis Klausenerplatz: Junge Leute zu gewinnen ist nicht einfach ............................ 26 MIETRECHT 26 Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ............................ 27 Der Klausenerplatz hat Sanierungs- geschichte geschrieben, aber in den SERVICE 90er Jahren drohte der Kiez abzu- rutschen. Eine Initiative hat sich Impressum .............................................................................. 4 erfolgreich dagegengestemmt. Leserbriefe ............................................................................. 4 Corona-Krise: BMV-Organisation und Mieterberatung .......... 5 Die BMV-Beratungszentren .................................................... 31 Beratungsstellen und weitere Angebote ................................. 32 Abbildungen: Sabine Mittermeier, Lisa Smith MieterMagazin 12/2021 3
Zum Jahresende SPENDENADVENT 2021 – wir verdoppeln! Wir wünschen Ihnen ein frohes Fest trotz aller Pande- Die Tage werden kürzer, die Nächte kälter. mie-Beschränkungen und Während wir uns in geschützte Wohnungen zurückzie- für das Jahr 2022 Gesund- hen können, ist diese Möglichkeit vielen Menschen oh- heit, Glück und Erfolg. ne feste Bleibe verwehrt. Sie haben jede Unterstützung Vorstand und Geschäfts verdient – deshalb möchten wir mit Ihnen zusammen führung des Berliner Mieter Sach- und Geldspenden in Kooperation mit drei gemein- vereins sowie die Redaktion nützigen Organisationen sammeln: des MieterMagazins L Berliner Kältehilfe e.V. L Berliner Stadtmission L Zentrale Beratungsstelle für Menschen in Wohnungsnot Wir haben im Vorfeld nachgefragt: Die Menschen wür- den sich über Hygieneartikel wie zum Beispiel Zahnbürs- ten und Zahnpasta, Cremes, Deodorants, Feuchttücher, Binden, Tampons et cetera freuen. Berliner Mieterverein auch bei Facebook Ihre Spenden können Sie gerne in unseren Beratungszen- Gut zu wissen https://www.facebook.com/BerlinerMieterverein/ tren abgeben (eine Übersicht finden Sie auf Seite 31 in diesem Heft). Wer lieber Geld spenden möchte, kann Änderung Ihrer persönlichen Daten dies ebenfalls in unseren Beratungszentren tun, dort Ihre Anschrift, Ihre Kontoverbindung oder Ihr Nach- stehen Spendendosen bereit. name hat sich geändert? Aktuell können Sie Ihre Daten wegen Anpassungsarbeiten nicht online un- Außerdem ist eine kontaktlose Geld- ter www.berliner-mieterverein.de/mein-bmv mittei- spende per Paypal möglich. len. Nutzen Sie bitte stattdessen die Mail-Anschrift Bitte nutzen Sie den QR-Code buchhaltung@berlinermieterverein.de. Vielen Dank. oder geben Sie in Ihrem Browser ein: https://kurzelinks.de/spendenfuerobdachlose MieterMagazin online lesen Jede noch so kleine Spende hilft! Jeder gespendete Wenn Sie künftig zu den Online-Nutzern des Euro unserer Mitglieder wird von uns verdoppelt. MieterMaga zins gehören wollen, dann melden Sie sich an unter buchhaltung@berlinermieterverein.de Wir bedanken uns bereits jetzt sehr herzlich für Ihre Unterstützung und wünschen Ihnen eine schöne Adventszeit! Ihr Berliner Mieterverein IMPRESSUM Herausgeber und Verlag: Berliner Mieterverein e.V., Landesverband Berlin im Deutschen Mieterbund, Spichernstr. 1, 10777 Berlin, S 030/226 26 0, Telefax 030/22626 - 161, www.berliner-mieterverein.de, E-Mail: @ber liner- mieterverein.de · Konto für Beitragszahlungen: bitte die Kontenangaben unserer Überweisungsträger nutzen · Bankverbindung für sonstige Zahlun- gen: IBAN: DE21 1004 0000 0771 9008 00 (keine Beitragszahlungen) BIC: COBADEFFXXX (für Zahlungen aus dem Ausland) · 69. Jahrgang 2021 Geschäftsführender Redakteur: Hermann Behlau · Chefredakteur: Udo Hildenstab (v.i.S.d.P.) · Redaktion: Sebastian Bartels, Frank Maciejewski, Wibke Werner, Reiner Wild · Mitarbeiter: Katharina Buri, Birgit Leiß, Rose- marie Mieder, Jens Sethmann · Titel: Sabine Mittermeier · Fotografen/Bild agenturen: Julia Gandras, Sabine Mittermeier, Christian Muhrbeck, pic ture alliance, Nils Richter · Layout: Kers ten Urbanke · Anzeigen: Hermann Behlau (verant wortlich) · Anzeigenver kauf: scala media Ver lagsservice GmbH, Einsender dieses Fotos ist Manfred Laue. Wilhelmine-Gemberg-Weg 11, 10179 Berlin, S 211 00 95, Fax 211 00 99, E-Mail: scalamedia@ arcor.de · Zur zeit gilt Anzeigenpreisliste 9 vom 1.1.2021 · Augenblicke Satz: ComPress Media Ser vices GmbH, Berlin · Druck: Sattler Media Press Ob ein Bild zum Nachdenken, ein Motiv mit Witz GmbH, Hornburg Das MieterMagazin ist das offizielle Organ des Berliner Mieterverein e.V. oder ein Foto aus ungewöhnlicher Perspektive: und erscheint mit zehn Ausgaben jährlich, wovon zwei Hefte Doppelnum- Schicken Sie dem MieterMagazin Ihre Moment mern sind. Abonnement: 20 Euro pro Jahr, Vorabüberweisung auf obiges Konto des Berliner Mietervereins. Für unverlangt eingesandte Manuskripte aufnahme rund um das Thema Wohnen – die wird keine Haftung übernommen. Namentlich gekennzeichnete Artikel Redaktion honoriert den Abdruck mit 40 Euro. stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Nachdrucke nur nach Rücksprache mit der Redaktion. ISSN 0723-3418 4 MieterMagazin 12/2021
Wir sind für Sie da! Corona und Mieterberatung In unseren Beratungszentren und der Geschäfts stelle gilt ab 1. Januar 2020 die 3GRegel. Liebe Ratsuchende, liebe Mitglieder, gerne beraten und unterstützen wir Sie. Auf das aktuelle Beratung per E-Mail zusenden (an: unterlagen@berliner Infektionsgeschehen wollen wir wegen der hohen Erkran- mieterverein.de). Bitte geben Sie im Betreff Ihren Nach- kungsrisiken durch das Corona-Virus jedoch mit weiteren namen und Ihre Mitgliedsnummer an und nutzen Sie bei Schutzmaßnahmen reagieren – wie dies an vielen anderen Anhängen die drei gängigen Formate PDF, Office-Do- Stellen in der Stadt auch geschieht. Zu Ihrem Schutz, zum kumente und JPEG. Schutz anderer Ratsuchender und zum Schutz unseres Personals. Vorkehrungen für den Gesundheitsschutz Ab 1. Januar 2022 gilt daher in all unseren Geschäftsräu- In den Beratungszentren haben wir die erforderlichen men für Besucher/innen und Ratsuchende die sogenannte Vorkehrungen für den Gesundheitsschutz getroffen. Falls 3GRegel. Sie einen Termin für den persönlichen Besuch in der Bera- tung vereinbart haben, bitten wir Sie, neben der Einhal Zugang können Sie mit einem vollständigen Impfnach- tung der 3GRegel folgende Punkte zu beachten: weis (doppelt geimpft + 14 Tage) erhalten. L Bitte bleiben Sie auch bei leichten Krankheitssymp Wer von Corona genesen ist, kann ein mindestens 28 Tage tomen wie Husten und Fieber oder einer positiven Tes und höchstens sechs Monate zurückliegendes positives tung zu Hause und nutzen Sie die telefonische Rechts PCR-Testergebnis vorlegen. Liegt der Nachweis einer Co- beratung. Dies trifft auch dann zu, wenn Sie sich haben rona-Infektion dagegen schon mehr als 6 Monate zurück, testen lassen und das Ergebnis noch aussteht. muss neben diesem Testergebnis zusätzlich eine Impfung nachgewiesen werden, die mindestens 14 Tage vor dem L Erscheinen Sie bitte pünktlich. Der Zutritt zur Bera- Besuch in der Beratungsstelle stattgefunden hat. tungsstelle ist zur Vermeidung von Kontakten erst 5 Mi- nuten vor Ihrem vereinbarten Termin möglich. Sie können alternativ auch ein negatives PCR- oder An- L Es ist eine FFP2-Maske zu tragen und der Mindest- tigen-Testergebnis vorlegen, jedoch keinen Selbsttest. Der abstand von 1,50 Metern einzuhalten. Test darf nicht älter als 24 Stunden sein. Wer eine persönliche Beratung aktuell meiden möchte, Weitere Beratungsangebote sei auf die kontaktlose Telefonberatung (siehe unten) hin- Alle „kleinen“ Beratungsstellen, für die wir Räume an- gewiesen. derer Träger nutzen, sind vorübergehend geschlossen. Bitte beachten Sie zudem die nachfolgenden Hinweise, Auskünfte erhalten Sie über unser Servicetelefon damit Ihre Beratung unter Einhaltung der Corona-Schutz- S 030226 260. maßnahmen sicher möglich ist. Telefonische Kurzberatung ohne Terminvereinbarung montags bis freitags von 13 bis 16 Uhr sowie montags Persönliche Beratungen nur nach Terminvereinbarung und donnerstags von 17 bis 20 Uhr unter Die persönliche Beratung ist weiterhin nur nach vorheriger te- S 030226 26152. lefonischer Terminvereinbarung möglich. Bitte vereinbaren Hier ist allerdings keine Einsicht in Unterlagen möglich. Sie Ihren Termin über unser Servicetelefon S 030226 260. Falls dies erforderlich ist, vereinbaren Sie bitte einen Ter- Bitte kommen Sie alleine. Es kann nur eine einzelne Per- min für die ausführliche Telefonberatung. son pro Termin beraten werden, es sei denn, Sie benötigen EMailBeratung/schriftliche Anfragen einen Dolmetscher/eine Assistenz, dann ist eine Begleitung Ihre E-Mail-Anfrage bitte an unterlagen@berlinermieter möglich. verein.de oder Ihren Brief an den Berliner Mieterverein, Nutzen Sie auch die kontaktlose Telefonberatung Spichernstraße 1, 10777 Berlin. Mit einer umfassenden Telefonberatung können Sie kon- Mitglied werden takt frei und gut beraten werden. Bitte vereinbaren Sie Bitte nutzen Sie unsere Beitrittsformulare unter über unser Servicetelefon S 030226 260 einen Termin www.berlinermieterverein.de/beitreten.htm . Für Rückfragen für einen Rückruf. stehen wir Ihnen unter Servicetelefon S 030226 260 Sie werden dann zur vereinbarten Zeit von unseren bera- gerne zur Verfügung. tenden Anwältinnen und Anwälten zurückgerufen und können Ihre Angelegenheit ausführlich besprechen. Mit Ihren Fragen dürfen Sie sich gerne melden. Für diese ausführliche Telefonberatung können Sie uns Vielen Dank. Ihre Unterlagen bitte bis spätestens zwei Tage vor der i.V. Reiner Wild, Geschäftsführer MieterMagazin 12/2021 5
Panorama PEtkussER stRassE 34 Illustration: Julia Gandras Familienzusammenführung lässt Fragen offen Mit einem ziemlich durchsichtigen Manöver will ein Eigentümer sämt- liche Mieter seines Hauses im Be- zirk Lichtenrade loswerden – für diese Menschen eine starke nerv- Ob der Eigenbedarf liche Belastung, denn auch wenn den kritischen sie sich vor Gericht zur Wehr set- Nachfragen eines zen, ist ungewiss, wie das Verfah- Richters standhält? ren ausgeht. Bereits 2019 hatte der Eigentümer rungen sei allerdings keine behörd- greift, sondern auch, ob der Bru- den Mietern der Petkusser Straße liche Genehmigung erforderlich. der aus einem Nicht-EU-Land eine 34 mitgeteilt, dass er das gesamte In der Rechtsberatung des Berliner langfristige Aufenthaltserlaubnis in Haus für Verwandte aus dem Ko- Mietervereins, an die sich die Mieter Deutschland hat. An der Angst der sovo brauche. 2020 wurden dann wandten, hat man Zweifel an dem Mieter ändert das wenig. „Ich kann Vermessungsarbeiten durchgeführt. behaupteten Eigenbedarf. Vor Ge- nicht mehr schlafen, ich rechne jeden Hier werde alles umgebaut und ab- richt müsste der Vermieter nicht nur Tag damit, dass die Eigenbedarfs- gerissen, erzählte der Vermessungs- darlegen, warum er nicht auf die bei- kündigung im Briefkasten liegt“, techniker den fassungslosen Mie- den leerstehenden Wohnungen zu- sagt eine Mieterin. Birgit Leiß tern. Im September 2021 wurde es dann konkret. Innerhalb von 14 Ta- gen sollten sich die Mieter entschei- den, ob sie einer Auszugsvereinba- rung zustimmen. Wer bis Ende März Moderne ausstattung und mehr Beratung 2022 auszieht, sollte mehrere Tau- send Euro bekommen. Die drei ver- mieteten Wohnungen, so hieß es in dem Schreiben, würden für den Bru- der aus dem Kosovo, einen Neffen sowie den derzeit 17-jährigen Sohn benötigt. Der Eigentümer, Bauunter- nehmer Bekim Emini, baut und ver- kauft bundesweit Häuser. Auch in Berlin gehören ihm mehrere Miets- Foto: Sabine Mittermeier häuser. Zwischenzeitlich wohnte er mit seiner Familie selber in der Pet- kusser Straße 34. Dafür waren zwei Erdgeschosswohnungen in dem ur- sprünglichen Sechs-Parteien-Haus zusammengelegt worden. Doch in- zwischen steht diese Wohnung leer, ebenso wie die Wohnung ei- Das größte Beratungszentrum des Berliner Mietervereins gibt es ab nes kürzlich verstorbenen Mieters. Dezember in der Weddinger Müllerstraße. „Wir ziehen an der alten Auch der beleuchtete und beheizte Adresse in der Müllerstraße 135 in den Nachbarladen und können zu- Pool im Garten, den Emini vor eini- künftig bis zu vier Beratungsgespräche gleichzeitig führen“, so Thomas gen Jahren aufstellen ließ, ist ver- Christel vom Mieterverein (links im Bild). Ein Beratungsraum ist barrie- waist. Die Mieter dürfen ihn nicht refrei. Auch Gäste-WLAN steht zur Verfügung. Vor 15 Jahren war der benutzen. Berliner Mieterverein mit seiner Beratung noch dreimal wöchentlich Nach Auskunft des Bezirksamts Tem- mit nur einer Anwältin oder einem Anwalt zu Gast bei einer Kirchen- pelhof-Schöneberg wurde bislang gemeinde. „Im Vergleich hierzu hat sich das Beratungsangebot der weder ein Abriss- noch ein Bauan- Weddinger Beratungsstelle verachtfacht – was auch die drastischen trag gestellt. Für Wohnungszusam- Probleme am Berliner Wohnungsmarkt verdeutlicht“, sagt Sebastian menlegungen und Grundrissände- Bartels, BMV-Vizegeschäftsführer (rechts im Bild). mm 6 MieterMagazin 12/2021
aBFiNduNGsVEREiNBaRuNG drohkulisse mit eingebautem trick Eigenbedarfskündigungen haben Hochkonjunktur. Nicht selten wer- den sie vorgetäuscht. Vermietern, Foto: Christian Muhrbeck denen es nur darum geht, die Woh- nung leer zu bekommen, ist das schwer nachzuweisen. dass Mieter daher schnell klein beigeben, hat sich der Eigentümer im nachfolgen- den Fall trickreich zunutze gemacht. 20 Jahre lang hatte Familie Krüger in darf gar nicht erwähnt wird. „Offen- moScout 24 der Raumerstraße 20 in Prenzlauer sichtlich hat sich unsere Vermieterin Berg gewohnt. Dass ihre Wohnung über diesen juristischen Schachzug vor zehn Jahren in Einzeleigentum vom Anwalt beraten lassen, um die Screenshot : Im Vom Nachbarn als umgewandelt und an eine Münch- Wohnung ohne Mieter für einen viel kaufangebot im nerin verkauft wurde, hat sie nicht höheren Preis verkaufen zu können“, internet gefunden: weiter beunruhigt: „Die neue Eigen- vermutet Thomas Krüger. Raumerstraße 20 tümerin hat uns immer versichert, Bei Auszugsvereinbarungen kann dass es für sie nur eine Kapitalanlage man viele Fehler machen, erklärt Se- Vermieter behaupteten Eigenbedarf wäre,“ erklärt Thomas Krüger. Doch bastian Bartels von der Geschäfts- in die Vereinbarung zu schreiben.“ zehn Jahre später, kurz nach Ablauf führung des Berliner Mietervereins: Auszugsvereinbarungen sollten da- der Kündigungssperrfrist, teilte sie „Was man auf jeden Fall machen her immer mit der Rechtsberatung der Familie per E-Mail mit, dass sie sollte, ist, seinen Bezug zur Kündi- durchgesprochen werden. die Wohnung nun selber benötige. gung beziehungsweise zum vom Birgit Leiß Sie und ihr Mann hätten vor, ihren Lebensmittelpunkt nach Berlin zu verlegen. Für einen Auszug vor Ende der Kündigungsfrist bot sie 10 000 Euro. Buchtipp Da Familie Krüger eine neue Woh- agenda eines amtlichen aktivisten nung in Aussicht hatte und schnell entscheiden musste, nahm sie dieses Florian Schmidt, seit 2016 grüner Baustadtrat von Fried- Angebot an. „Wir sind davon ausge- richshain-Kreuzberg, sieht sich selbst als „Aktivist im Amt“. gangen, dass der Eigenbedarf nicht In den vergangenen fünf Jahren bekam er für seine un- zu beanstanden ist und wir daher konventionellen, teils aufsehenerregenden Aktionen von vor Gericht ohnehin keine Chancen den einen viel Anerkennung, für die anderen wurde er gehabt hätten“, sagt Thomas Krüger. zu einer Reizfigur. Er weitete den Milieuschutz auf bei- Dass eine E-Mail schon aus formalen nah den gesamten Bezirk aus, nutzte das Vorkaufsrecht Gründen keine wirksame Kündigung konsequent und beschritt dabei mit einer eigens gegrün- darstellt, erfuhr er erst später. Florian Schmidt: deten Genossenschaft neue Wege. Mietergemeinschaf- Richtig sauer wurde er jedoch, als Wir holen uns die ten und Bürgerinitiativen unterstützte sein Amt mit Rat er von einem ehemaligen Nachbarn Stadt zurück – und Tat. In verkehrsgeplagten Wohngebieten ließ er kur- darauf hingewiesen wurde, dass die Wie wir uns gegen zerhand den Durchgangsverkehr mit Pollern unterbinden Wohnung schon kurz nach seinem Mietenwahnsinn und und testete in der Bergmannstraße verschiedene Instru- Auszug für 1,15 Millionen Euro auf Bodenspekulation mente zur Verkehrsberuhigung – bis hin zu Felsbrocken dem Immobilienportal ImmoScout wehren können. gegen Falschparker. „Wir holen uns die Stadt zurück“ zum Verkauf angeboten wurde. Die Berlin 2021, 302 heißt sein Buch, mit dem er für eine gemeinwohlorien- zu Rate gezogene Anwältin musste Seiten, 17,99 Euro tierte Stadtentwicklung wirbt. Sein Credo lautet „Com- dem Mieter erklären, dass er trotz munalisierung“: eine starke Kommune, die dem „Com- der vorgetäuschten Eigenbedarfs- mons“-Prinzip verpflichtet ist: Das Gemeingut dürfen al- kündigung keinerlei Ansprüche auf le nutzen. Florian Schmidt zeigt: Die Lokalpolitik ist nicht Schadensersatz habe, weil in der machtlos, und Bürgerinnen und Bürger können gemein- Auszugsvereinbarung der Eigenbe- sam durchaus etwas erreichen. js MieterMagazin 12/2021 7
Panorama Neue HeizKosteNVerorDNuNg Viele Chancen vertan Foto: MieterMagazinArchiv Der Bundesrat hat am 5. November nach Verbrauch und 30 Prozent nach grünes Licht für die neue Heizkos Fläche zuzulassen.“ Nach wie vor tenverordnung gegeben. Der Berli dürfen Vermieter auch 50:50 als ner Mieterverein (BMV) kritisiert, Verteilungsmaßstab festlegen. Spar dass die Chance für eine gerechtere sames Heizen lohnt sich dadurch Kostenverteilung und mehr Klima deutlich weniger. schutz vertan wurde. Der BMV fordert außerdem, das Kürzungsrecht für Mieterinnen und Heizkostenverteiler Die an den Heizkörpern montierten Mieter zu erhöhen, wenn nicht ver gelt DMBBundesdirektorin Melanie müssen ab 2026 Heizkostenverteiler müssen bis Ende brauchsabhängig abgerechnet wird. WeberMoritz. Der CO2Preis soll fernablesbar sein – 2026 durch fernablesbare Geräte er „Das heutige Kürzungsrecht von 15 eigentlich einen Anstoß für klima „Mehr Kosten als setzt werden. Wo schon per Funk Prozent ist kein hinreichender Ab schützende Investitionen geben. Nutzen“, befürchtet ablesbare Erfassungsgeräte vorhan schreckungsgrund“, hat Reiner Wild Wenn Vermieter die Kosten aber DMBBundesdirek den sind, muss die Hausverwaltung beobachtet. an die Mieter weiterreichen dürfen, torin Melanie Weber den Mieterinnen und Mietern ab „Leider wurde im Rahmen der An verfehlt er seine Wirkung und be Moritz (unten links) Januar 2022 monatlich Verbrauchs passung der Heizkostenverordnung lastet gerade Mieterhaushalte in informationen bereitstellen – neben versäumt, die einseitige Umlage der unsanierten Gebäuden mit deutlich dem Monatsverbrauch gehört auch CO2Bepreisung auf die Mieterinnen höheren Heizkosten. ein Vergleich zum Vormonat und und Mieter zu beenden“, bemän Jens Sethmann zum selben Vorjahresmonat sowie zum Durchschnittsverbrauch im Haus dazu. Das sorgt zwar für mehr Transpa Mietenregulierung: Keinen stopp mit der Ampel? renz. „Es ist aber zu befürchten, dass Mieterinnen und Mieter für diese Geräte und die Abrechnungs und Verbrauchsinformationen mehr be zahlen müssen als sie an Energie kosten einsparen“, sagt Melanie We berMoritz, Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes (DMB). Der Bundesrat beschloss deshalb, nach drei Jahren zu überprüfen, ob dafür eine Kostendeckelung not wendig ist. „Die Neuerungen reichen bei Wei tem nicht aus“, kritisiert auch BMV Foto: Nils Richter Geschäftsführer Reiner Wild. „Von größerer Bedeutung zur Verringe rung des Energieverbrauchs und da mit auch des CO2Ausstoßes wäre, in der Heizkostenabrechnung nur noch ein Verhältnis von 70 Prozent Fand sich in den Wahlprogrammen von SPD und Grünen noch die For derung nach einer bundesweiten Mietenbegrenzung, so ist im Sondie rungspapier der verhandelten Ampelkoalition keine Rede mehr davon. Mit einer vier Meter hohen StoppHand hat die überparteiliche „Kam pagne Mietenstopp“ daher Ende Oktober vor dem Bundestag noch einmal ihre Forderungen nach einer Wende in der Mieten und Woh nungspolitik der künftigen Bundesregierung bekräftigt. „Der Mieten stopp darf nicht als Zugeständnis an die Liberalen geopfert werden“, Foto: Grit Gernhardt sagt Matthias Weinzierl, Sprecher der Kampagne. Nachdem die FDP schon einige Forderungen der beiden großen Partner in den Sondie rungsgesprächen abgeräumt hat, darf man gespannt sein, wie viel Mieterschutz und Mietenbegrenzung sich in einer Koalitionsvereinba rung noch findet. mm 8 MieterMagazin 12/2021
VoLKseNtsCHeiD „DeutsCHe WoHNeN & Co eNteigNeN“ initiative befürchtet Hinhaltetaktik Für die Berliner Koalitionsverhand zu bilden. Die Initiative „Deutsche lungen haben sPD, grüne und Lin Wohnen & Co enteignen“ soll daran ke sich darauf verständigt, eine ex beteiligt werden. Ziel ist, dass die pertenkommission für die umset Kommission innerhalb eines Jahres zung des Volksentscheids zur Ver eine Empfehlung für das weitere gesellschaftung großer immobilien Vorgehen erarbeitet. Der Senat will konzerne zu bilden. Die enteignungs dann darüber entscheiden. initiative befürchtet eine Hinhalte Die Enteignungsinitiative sieht darin taktik. eine „Verschleppung des Volksent Foto: KaiUwe Heinrich/pa scheids“. Der Beschluss zur Verge Mit 56 Prozent der abgegebenen sellschaftung sei bereits von einer Stimmen haben die Berlinerinnen Million Berlinerinnen und Berlinern und Berliner am 26. September da im Volksentscheid gefasst worden. für gestimmt, große profitorientier Etliche Gutachten haben die juris te Wohnungsunternehmen zu ver tische Machbarkeit der Vergesell gesellschaften. Die drei Parteien, die schaftung bestätigt. „Eine weitere nun eine neue Senatskoalition bilden Prüfung durch eine Expertenkom „unnötig und unde wollen, sind sich aber uneinig, wie mission ist nicht nur völlig unnötig, tungsgesetzes. Dass noch rechtliche mokratisch“ nennt der Volksentscheid umgesetzt wer sondern auch undemokratisch“, er Detailfragen geklärt werden müssen, initiativensprecher den soll. Die SPD lehnt ihn ab, die klärt Initiativensprecher Rouzbeh ist unstrittig. taheri die Prüfung Linke ist dafür und die Grünen ste Taheri. „Durchschaubare Verzöge Deshalb meint der Berliner Mieter durch eine experten hen dazwischen. rungstaktiken werden wir nicht hin verein: „Eine Expertenkommission kommission In der Sondierung haben sie be nehmen.“ Statt juristischer Prüfun zur Umsetzung des Volksentscheids schlossen, eine „Expertenkommis gen zum „Ob“ der Vergesellschaf ist richtig“, so Geschäftsführer Rei sion zur Prüfung der Möglichkeiten, tung fordert die Initiative konkrete ner Wild. „Ein unnötiges Hinauszö Wege und Voraussetzungen der Schritte zum „Wie“ und die zügige gern aber darf es nicht geben.“ Umsetzung des Volksbegehrens“ Erarbeitung eines Vergesellschaf Jens Sethmann PLAtteNBAuteN iN Der WiLHeLMstrAsse risse im barocken Denkmal seit september dieses Jahres stehen Undichte Fenster, veraltete Rohre, städtebaulich aufzuwerten, behaup die Plattenbauten in der Wilhelm Risse in der Wand und Legionellen tet Gerhard Hoya, Vorstandsvorsit Denkmalgeschützte straße zwischen Voß und Behren in den Warmwasserrohren – beim zender des Vereins. Eine Denkmal Plattenbauten in straße unter Denkmalschutz. Doch Berliner Mieterverein (BMV) ist das würdigkeit kann er nicht erkennen. der Wilhelm im innern der Häuser liegt einiges von 1987 bis 1992 erbaute Spätwerk Berlins Landeskonservator Christoph straße in Mitte im Argen. des DDRStädtebaus vor allem durch Rauhut spricht dagegen von einem gravierende Mängel und störenden Leuchtturmprojekt der OstBerliner Ferienwohnungsbetrieb bekannt. So Hauptstadtplanung. Das Viertel un Foto: Christian Muhrbeck berichten Mieter aus der Gertrud terscheide sich in vielerlei Hinsicht KolmarStraße, dass das Treppen von anderen Plattenbauquartieren. haus seit dem Erstbezug noch nie Rauhut: Mit ihren Erkern, Balkonen, renoviert worden ist. Auf Schreiben Loggien, den betonten Ecken und reagiere die Hausverwaltung gar Mittelachsen würden die freistehen nicht oder erst nach Monaten. den, sich um Höfe gruppierenden Grundsätzliche Kritik an der Ent Häuser auf die barocken Palais an scheidung des Denkmalamts kommt spielen, die im 18. Jahrhundert die von der Gesellschaft Historisches Wilhelmstraße gesäumt haben. In Berlin. Der Verein spricht von einer den individuell geschnittenen, unge „fatalen Fehlentscheidung“. Das un wöhnlich großen Wohnungen wohn vollendete Ensemble sei ein Versuch ten einst Angehörige der DDRFüh gewesen, das Todesstreifengelände rungselite. Birgit Leiß MieterMagazin 12/20214/2021 9
Panorama Bundesverwaltungsgericht zum vorkaufsrecht herber schlag gegen den milieuschutz es ist ein herber rückschlag für die „Die Entscheidung ist ein herber Auch Schmidt und Scheel verlangen L Bundesver- soziale stadtpolitik: das Bundes Schlag im Kampf gegen die Speku- eine Änderung des Baugesetzbu- waltungsgericht, verwaltungsgericht hat die aus lation mit Wohnraum und gegen die ches. Der Senator kündigte eine Urteil vom 9. No- übung des vorkaufsrechts in milieu Verdrängung von Menschen aus ih- Bundesratsinitiative an. Der politi- vember 2021 – schutzgebieten nahezu unmöglich rer Nachbarschaft – nicht nur in Ber- sche Wille müsste bei der künftigen BVerwG 4 C 1.20 gemacht. der Bund ist gefordert, lin, sondern auch in allen anderen das Baugesetzbuch schnell zu än Städten“, kommentiert Friedrichs- dern. hain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne), der das Vorkaufs- Wenn ein Mietshaus zu einem Preis recht bisher am entschlossensten ge- verkauft wird, der weit über dem Er- nutzt hat. Stadtentwicklungssenator tragswert der aktuellen Mieten liegt, Sebastian Scheel (Linke) äußerte ist zu befürchten, dass der neue Ei- sich „fassungslos“ über das Urteil: gentümer vorhat, zur Refinanzierung „Das Gericht nimmt den Kommunen seiner Investition die Mieten auf die fast gänzlich die Möglichkeit, das Foto: Nils Richter eine oder andere Weise kräftig zu Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebie- erhöhen oder Mietwohnungen in ten auszuüben. Das ist eine Katas- Eigentum umzuwandeln. In Milieu- trophe. Ein Instrument zur Sicherung schutzgebieten haben die Bezirke in der Zusammensetzung der Wohnbe- völkerung ist damit so gut wie tot.“ eine wachsende ver Der Berliner Mieterverein (BMV) Ampelkoalition vorhanden sein: Die drängung befürchtet spricht von einer „bitteren Entschei- schwarz-rote Bundesregierung hat florian schmidt, fried dung“. „Wir fordern von der neuen erst im Juni das Baugesetzbuch ge- richshainkreuzberger Bundesregierung, dass sie umge- ändert – ausdrücklich auch um das Baustadtrat „nicht hend das Baurecht korrigiert“, so Vorkaufsrecht zu stärken. nur in Berlin, sondern Foto: Christian Muhrbeck BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Jens Sethmann auch andernorts“ Buchtipp solchen Fällen regelmäßig ihr Vor- alltag im zuckerbäckerpalast kaufsrecht genutzt, um die Mieter- schaft vor Verdrängung zu schützen. gestern und heute Dem hat das Bundesverwaltungs- Armin Dürr und seine Frau Christa haben ihre Wohnung in ei- gericht am 9. November einen Riegel nem der Blöcke der Stalinallee mit viel Schweiß und ein wenig vorgeschoben: Die Annahme, dass Glück ergattert. Für 300 Stunden Schutt wegräumen und Mör- ein Immobilienkäufer in Zukunft Mie- tel klopfen konnte man sich ein Los in der Aufbaulotterie verdie- ter verdrängen könnte, reiche nicht nen. Jedes dritte Los gewann. Armin Dürr wollte unbedingt ei- aus, um das Vorkaufsrecht auszuüben. ne der modernen, komfortablen Neubauwohnungen haben, die Entschieden wurde über den Fall in den 1950er Jahren gebaut wurden: „Jeden Tag bin ich auf die eines Hauses in der Heimstraße im Baustelle und hab’ jeackert.“ Schließlich konnte das Ehepaar ei- Kreuzberger Milieuschutzgebiet Thorsten Klapsch, ne Dreizimmerwohnung mit zwei Balkonen beziehen, die es spä- Chamissoplatz. Hier besteht die Be- Michaela Nowotnick: ter gegen eine kleinere getauscht hat. Dort wohnen die beiden sonderheit, dass aufgrund einer frü- Mein Stalinbau. Eine noch heute. Die Literaturwissenschaftlerin Michaela Nowotnick heren Modernisierungsförderung Berliner Straße und und der Fotograf Thorsten Klapsch, die beide selber in den „Sta- noch bis 2026 Sozialbindungen die Geschichten linbauten“ wohnen, haben sich für ihren jüngst erschienenen bestehen. Doch der Käufer hatte ihrer Bewohner. 208 Bildband mit Erstmietern und Zugezogenen unterhalten. Sie al- mit seiner Weigerung, eine Abwen- Seiten, be.bra Verlag, le sind mit diesem geschichtsträchtigen Ort in besonderer Wei- dungsvereinbarung zu unterschrei- Juli 2021. 20 Euro se verbunden. Zum Beispiel Mieteraktivist Wolfgang Grabowski, ben, deutlich gemacht, dass er sich einst Botschafter der DDR. 2009 organisierte er den Protest ge- nicht an weitergehende Auflagen gen den Verkauf und die Privatisierung der Wohnungen. Dass die zum Schutz der Mieterschaft halten einstigen Arbeiterpaläste längst zum Spekulationsobjekt gewor- möchte. den sind, ist ein trauriger Teil der Geschichte. bl 10 MieterMagazin 12/2021
adler group die adler group zu hoch geflogen? muss wegen schul den verkaufen: um schulden abzubauen, will der neubau der immo börsennotierte wohnungskonzern bilienfirma in der Fotos: Christian Muhrbeck adler group sich massiv verkleinern. Berliner europa city die konkurrenten vonovia und leg haben schon ihre fühler ausgestreckt. Auf dem deutschen Immobilienmarkt geht es turbulent zu. Nachdem der Branchenprimus Vonovia die Deut- sche Wohnen übernommen und Ake- lius seine gesamten deutschen Be- stand macht diese hochfliegenden börsennotiertes Wohnungsunter- stände an Heimstaden verkauft hat, Pläne jedoch zunichte. Zudem nehmen mit 145 000 Wohnungen – sieht sich die verschuldete Adler brachten im Oktober Vorwürfe ei- von Adler 15 350 Wohnungen in Group nun gezwungen, große Tei- nes britischen Börsenspekulanten, Norddeutschland, was als Share le zu verkaufen. Adler habe die Bilanzen geschönt Deal unter Umgehung der Grund- Die Adler Group hat rund 70 000 und seine Aktionäre getäuscht, den erwerbsteuer abgewickelt wird. Wohnungen in Deutschland, da- Vorstand in Erklärungsnöte. Adler muss aber noch mehr absto- runter knapp 20 000 in Berlin. Sie Die Vonovia – nach der Übernah- ßen. Mit Verkäufen in einer Größen- ist erst 2020 durch die Fusion von me der Deutschen Wohnen etwa ordnung von 50 000 Wohnungen Adler, ADO und Consus entstanden. 550 000 Wohnungen schwer – nutz- könne sich das Unternehmen „sig- „Die neue Adler Group ist auf dem te die Gelegenheit und sicherte sich nifikant entschulden“, so Vorstand Weg, die viertgrößte börsennotier- eine Ankaufsoption für 13,3 Pro- Maximilian Rienecker. Im Haifisch- te Immobiliengesellschaft für Wohn- zent der Adler-Aktien. Außerdem becken der Immobilien-Aktiengesell- immobilien in Europa zu werden“, kauft die LEG – bis 2008 die Lan- schaften ballt sich die Marktmacht heißt es noch auf der Internetseite desentwicklungsgesellschaft von zunehmend bei wenigen Großkon- des Konzerns. Der hohe Schulden- Nordrhein-Westfalen und heute ein zernen. Jens Sethmann housing first mit individueller hilfe gelingt der neustart nach jahrelangem leben auf der Das Resultat ist mehr als ermutigend: des Projektes. Das wird – nach Aus- straße endlich wieder eine woh Das Konzept von „Housing First Ber- laufen der Senatsfinanzierung – erst nung zu erhalten, das schaffen die lin“ ist aufgegangen. In den zurück- einmal in Partnerschaft mit der Ber- meisten obdachlosen menschen al liegenden drei Jahren, in denen die liner Stadtmission und der Neue lein nicht. aber mit unterstützung Modellprojektphase von der Berliner Chance gGmbH weitergeführt. Aber gelingt es, bewies ein Berliner pro Senatsverwaltung für Arbeit, Integra- natürlich hofft das eingespielte Team jekt drei Jahre lang. nun hofft man tion und Soziales finanziert wurde, auf weitere Gelder durch die neue „housing first“ dort auf weitere finanzierung durch konnten 42 Wohnungen an obdach- Landesregierung – vielleicht sogar führt von der den senat – und vielleicht sogar auf lose Menschen vermittelt werden. auf eine Verdoppelung der Mittel, straße weg eine aufstockung der mittel. Damit der Neuanfang gelingt, wer- um einen zweiten Projektstandort den sie zeitlich unbegrenzt und indi- einrichten zu können. Berlins bekun- viduell vom Housing-First-Team un- deter Wille ist es nämlich, die unfrei- terstützt. Denn oft sind psychische willige Obdachlosigkeit in der Stadt Erkrankungen oder Suchtprobleme bis 2030 zu beenden. die Ursache für den sozialen Ab- „Wenn Politik, Immobilienwirtschaft, stieg gewesen. Erst mit Hilfe des soziale Träger und Verwaltung an Foto: Christian Muhrbeck Teams von Housing First fanden sie einem Strang ziehen, lässt sich Ob- aus dem lang anhaltenden Tief her- dachlosigkeit dauerhaft und nach- aus. haltig beseitigen“, erklärt Sebastian Die Erfolgsgeschichten haben sich Böwe, der im Projekt für die Wohn- herumgesprochen: Es stehen noch raumakquise verantwortlich ist. viele Menschen auf der Warteliste Rosemarie Mieder MieterMagazin 12/2021 11
Panorama SozIAlWoHNuNgEN oHNE ANScHluSSförDEruNg Seit zehn Jahren ein ungelöstes Problem In einigen Häusern der Hohenschön- Kostenmiete nicht offengelegt und derselben Wohnanlage eine solche L BMV-Info 165 hauser Konrad-Wolf-Straße sollen ließ die Mieter im Glauben, die Mie- Mieterhöhung erfolgreich abwehren. zum Wegfall der plötzlich 12 Euro Netto-Kaltmiete te würde wie üblich um höchstens Das Grundproblem existiert seit vie- Anschlussförderung: bezahlt werden – und das im Sozi- 13 Cent pro Quadratmeter im Jahr len Jahren. Der rot-rot-grüne Senat www.berliner- alen Wohnungsbau. Das Problem steigen – um dann zweieinhalb Mo- hat 2016 eine Lösung versprochen. mieterverein.de/ der Wohnungen ohne Anschluss- nate später 237 Euro mehr zu ver- Doch die Koalitionsparteien konnten ?s=Info+165& förderung ist seit über zehn Jahren langen. „Es geht nicht an, dass man sich nicht einigen. „Das muss end- submit=Suchen ungelöst. Der nächste Senat muss den Leuten etwas vorgaukelt“, sagt lich gelöst werden“, fordert Mieterin für die gefährdeten Sozialmieter BMV-Rechtsberaterin Aliki Bürger. Kruse vom künftigen Senat. „Es ist Informationen und endlich eine Antwort finden. Bereits vor drei Jahren konnte sie in existenzbedrohend.“ Jens Sethmann Antragstellung zum Mietzuschuss Mit einer Nettokaltmiete von rund bei der IBB: 8,80 Euro pro Quadratmeter sind S 030 2125-4545 die 136 Sozialwohnungen an der www.ibb.de/de/ Konrad-Wolf-Straße 62-64 schon foerderprogramme/ nicht wirklich günstig. Zum 1. Januar mietzuschuss-in- wird die Miete aber auf einen Schlag sozialwohnun um circa 35 Prozent auf 12,11 Euro gen.html angehoben – und das ist legal. Der E-Mail: Grund: Die Wohnanlage gehört zu mietzuschuss@ibb.de den fast 28 000 Sozialwohnungen, die ab dem Jahr 2003 keine An- Foto: Christian Muhrbeck schlussförderung mehr bekommen haben. Deshalb darf der Vermieter In 136 Wohnungen die „Sozialmiete“ auf die sogenann- in der Konrad-Wolf- te Kostenmiete anheben, die sich an Straße soll die den meist überhöhten Baukosten Sozialmiete auf über bemisst. Um rund 200 Euro im Mo- 12 Euro steigen nat soll die 63-Quadratmeter-Woh- nung von Andrea Kruse* teurer wer- den. „Die Miete macht dann knapp Webtipp 50 Prozent unserer Rente aus“, sagt sie. Der Miet zuschuss der Investitions- bank Berlin hilft nicht viel weiter. Um- ziehen kommt für sie nicht in Frage: Den zwischenraum im Blick „Mein Mann ist schwer krank. Wir Wohnqualität wird nicht nur von der eigenen Woh- können hier nicht raus.“ In der Wohn- nung, sondern zum großen Teil von den Interaktio- anlage werden die meisten deutlich nen mit dem Wohnungsumfeld beeinflusst. Den mehr als 30 Prozent ihres Einkom- Zwischenräumen im unmittelbaren oder nahen mens für die Miete zahlen müssen. Wohnungsumfeld kommt hier eine besondere Be- Die Mieterinnen und Mieter haben deutung zu. Auch deshalb, weil durch ein gelunge- sich zusammengeschlossen und ei- nes Wechselspiel von baulicher Gestaltung, Nut- ne Protestkundgebung am Rathaus zungsangeboten und Betriebskonzept die private Lichtenberg abgehalten. Doch die Redefine the In-Between Wohnfläche um Aneignungsmöglichkeiten jenseits IBB hat bestätigt, dass die Mieterhö- – Die Bedeutung des der eigenen vier Wände erweitert wird. Beispielhaft hung auf 12,11 Euro rechtlich zuläs- Zwischenraums als werden halbprivate Vorplätze oder Außenräume sig ist. Eine Überprüfung durch den Komplementärraum und Nutzungsangebote im Quartier genannt, die Berliner Mieterverein (BMV) hat im- der Wohnung unter von den dort Wohnenden als wichtiger Bestand- merhin ergeben, dass die Erhöhung www.bbsr.bundde/ teil ihres Wohnraums angesehen werden. Das Bun- nicht zum 1. Oktober, sondern erst BBSr/DE/ desinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat ab dem 1. Januar greift. veroeffentlichungen/ anhand von sechs Fallstudien in der Schweiz und in * Name geändert Bei einem neu eingezogenen Haus- bbsr-online/2021/bbsr- Deutschland die Bedeutung von wohnungsnahen halt geht der BMV gegen die Miet- online-17-2021-dl.pdf Flächen und Nutzungsangeboten aus Sicht der Be- erhöhung vor. Bei Vertragsabschluss wohnerinnen und Bewohner untersucht. im Juli hat die Hausverwaltung die dmb 12 MieterMagazin 12/2021
ScHlütErStrASSE 44 Skandalöses Attest Die Abrisswelle in charlottenburg- Wilmersdorf rollt weiter. Wieder einmal soll ein 60er-Jahre-Bau mit preisgünstigen Wohnungen einer profitableren Nutzung weichen. Fotos: Nils Richter Mehrere alte und schwer kranke Mieter wissen nun nicht wohin. Beim Berliner Mieterverein (BMV) sorgt der fall für Empörung. Der charlottenburg- Über die auffällig vielen Abrisse in BMV-Geschäftsführung für „recht- den Mietern Abfindungen für den Wilmersdorfer Charlottenburg-Wilmersdorf hat lich haltlos, geradezu skandalös“. Auszug zahlte, waren die 30 Woh- Stadtrat Arne Herz das MieterMagazin bereits berich- Das Negativattest bedeutet, dass nungen mit Mietpreisen von 400 bis (unten links) befindet tet (Ausgabe 1+2/2021, Seite 19: die Abrissgenehmigung nur noch 500 Euro voll vermietet. Mittlerweile das Wohnhaus in der „Ideale Bedingungen für Abriss-Spe- eine Formalie ist und dass der Ei- sind die meisten Mieter ausgezogen. Schlüterstraße 44 kulanten“). Der grüne Baustadtrat gentümer nicht einmal Ersatzwoh- Das Haus, das 1965 mit öffentlichen als „nachweislich“ Oliver Schruoffeneger hatte damals nungen nach dem Zweckentfrem- Fördermitteln gebaut wurde, ist kei- nicht schützenswert sein Bedauern über die „wohnungs- dungsverbotgesetz schaffen muss. nesfalls eine Bruchbude. 2012 hat der politische Katastrophe“ geäußert. Warum es sich hier, wie Stadtrat Vorbesitzer sogar noch eine Strang- Zum Fall Schlüterstraße 44 schweigt Herz anführt, „nachweislich“ nicht sanierung durchgeführt und nagel- er. Anfragen, sowohl vom Mieter- um schützenswerten Wohnraum neue Bäder eingebaut. All das scheint Magazin als auch vom Berliner Mie- im Sinne des Gesetzes handelt, ist das Bezirksamt nicht zu interessieren. terverein, werden ausschließlich von nicht nachvollziehbar. Bevor Bscher Birgit Leiß dem für Zweckentfremdung zustän- digen Stadtrat Arne Herz (CDU) be- antwortet. Zur Vorgeschichte: Bereits vor fünf Jahren hat der Eigentümer, der be- buchtipp kannte ehemalige Rennfahrer Tho- mas Bscher, den Mietern mitgeteilt, Nischen für das gemeinschaftliche, dass er das Haus abreißen und statt- dessen auf dem gesamten Grund- selbstorganisierte Wohnen stück ein Geschäftshaus errichten Der Gedanke liegt nahe: Wenn der Markt nichts mehr her- will. Inzwischen hat er dem Bezirks- gibt, will man die Wohnungsfrage selbst in die Hand nehmen. amt eine negative Renditeberech- Zusammen mit anderen kann man unkonventionelle Formen nung vorgelegt, wonach die Wieder- gemeinschaftlichen Wohnens entwickeln, das Haus selbst herstellungskosten eines „einfachen verwalten und ohne Gewinnstreben bewirtschaften. Bau- Wohnstandards“ die Mieteinnah- gruppen, Hausprojekte, Kollektive und neue Genossenschaf- men in den nächsten zehn Jahren ten haben in den letzten Jahren viele Erfahrungen gesammelt. übersteigen würden. Dass Bezirks- Doch der Versuch, gemeinschaftliches Wohnen und selbstor- stadtrat Herz daraufhin ein soge- ganisiertes Bauen zu verwirklichen, stößt oft an ökonomische nanntes Negativattest ausgestellt Andrej Holm/Christoph Grenzen. Wo es innerhalb des kapitalistischen Systems noch hat, hält Sebastian Bartels von der Laimer (Hrsg.): Gemein- Nischen gibt und wie man sie nutzen kann, möchte der Sam- schaftliches Wohnen melband „Gemeinschaftliches Wohnen und selbstorganisier- und selbstorganisiertes tes Bauen“ aufzeigen, der in einem Projekt der Technischen Bauen, Wien 2021, Universität Wien entstanden ist. Neben historischen Rückbli- 19,50 Euro, als E-Book cken auf sozial-utopische Experimente des 19. Jahrhunderts open access unter oder auf die Selbsthilfe-Förderung im alten West-Berlin finden www.tuwien.at/ sich theoretische Beiträge über Eigentum, Commons und so- academicpressprodukt/ lidarische Ökonomien, ebenso wie Vorstellungen praktischer gemeinschaftliches- Beispiele und alternativer Finanzierungsinstrumente sowie In- wohnen-und-selbst terviews mit Bewohnern selbstverwalteter Hausprojekte in organisiertes-bauen/ Deutschland, Österreich und der Schweiz. js MieterMagazin 12/2021 13
TITEL Foto: Howoge/Klaus Dombrowsky Ist Holz der Baustoff Fotos: Sabine Mittermeier der Zukunft? Berlins Leuchtturmprojekte beim nachhaltigen Bauen Nach dem ersten mehrstöckigen Wohnhaus aus Holz weltweit nun die größte Holzbausied- lung und das höchste Holzhochhaus Europas – Berlin verfolgt ein ambitioniertes Ziel: Bauen mit Holz soll selbstverständlich werden. Der Rohstoff hat eine gute Ökobilanz, ist stabil und lässt sich gut verarbeiten. Und: Er wächst buchstäblich vor der Haustür. Allerdings müs- sen noch viele Voraussetzungen geschaffen und Herausforderungen gemeistert werden, da- mit sich die Holzbauweise im Mehrfamilien-Wohnungsbau etabliert. 14 MieterMagazin 12/2021
W o noch vor zwei Jahren eines jeden Gebäudes mindestens Als die Architekten Tom Kaden und Flugzeuge ihr Fahrwerk einen Anteil von 50 Prozent einneh- Tom Klingbeil 2007 in der Esmarch- ausgefahren haben – zwi- men. Denn Holz ist nicht nur ein straße in Prenzlauer Berg im Auftrag schen dem Reinickendorfer Kurt- nachwachsender Rohstoff, der in einer Baugruppe ein siebengeschos- Schumacher-Platz und der Lande- seiner Verarbeitung keine Treibhaus- siges Mehrfamilienhaus in reiner bahn des Flughafens Tegel – steht gasemissionen freisetzt, er verwan- Holzbauweise planten, war das ein ein klimapolitisch ambitioniertes und delt ein Gebäude auch in einen Spei- Neuanfang – und eine Pionierleis- bautechnisch innovatives Ziel auf der cher, der das vom Baum während tung in gestalterischer und bautech- Agenda: Das geplante Schumacher seines jahrzehntelangen Wachstums nischer Hinsicht. Denn nicht nur die Quartier mit über 5000 Wohnungen aufgenommene und eingelagerte Decken und Fußböden, sondern für mehr als 10 000 Menschen ist CO2 dauerhaft festhält. auch Tragwerk und Wände wurden nicht nur eines der größten Woh- Das Schumacher Quartier wird so- aus Holz geschaffen. Dafür musste nungsbauprojekte der nächsten Jahre, mit buchstäblich auch zu einem ge- die Landesbauordnung durch ergän- es wird auch weltweit das erste über- wiegend in Holzbauweise errichtete Wohnviertel dieser Dimension. „Mit dem Pilotprojekt Schumacher Quartier betreten wir in vielem Neu- land“, erklärt Gudrun Sack, Geschäfts- führerin der Tegel Projekt GmbH, Foto: Sabine Mittermeier einer Gesellschaft, die das Areal des ehemaligen Flughafens entwickelt. „Vor allem aber soll hier eine Wen- de beim Bauen eingeleitet werden.“ Dessen Belastungen für das globale Fotos: TegelProjekt-rendertaxi Klima sind in den zurückliegenden Jahren immer deutlicher wahrgenom- men worden: So braucht es zum ei- nen für die Herstellung von Beton, dem wichtigsten Baustoff auf der Holz hilft die Klima- ziele zu erreichen Foto: Sabine Mittermeier „Holz wurde bei einem Quartier dieser Größenordnung noch nie eingesetzt“: Gudrun Sack, Geschäftsführerin der Welt, geeigneten Sand. Die Ressour- Tegel Projekt GmbH ce ist knapp, wird teuer gehandelt, um die ganze Welt transportiert und ihr Abbau ist in Ländern wie Malay- sia, Thailand, Kambodscha und vor waltigen CO2-Depot. Der Plan für zende Sicherheitsmaßnahmen in Be- allem Indonesien für dramatische das neue Wohngebiet sieht vor al- zug auf den Brandschutz angepasst Umweltschäden verantwortlich. lem sechs- bis achtgeschossige Wohn- werden, denn sie erlaubte bis dahin Zum anderen verursacht die Herstel- häuser vor, aber auch mehrere „Hoch- lediglich Holzbauten mit bis zu fünf lung von Zement, dem Bindemittel punkte“ mit bis zu 18 Stockwerken. Vollgeschossen. Seitdem hat der für Beton, weltweit sechs bis sieben „Es gibt durchaus Erfahrungen im Holzbau in der Stadt an Bedeutung L Weitere inter- Prozent der CO2-Emissionen, deut- Holzbau – aber in einem so großen gewonnen. essante Holzbau- lich mehr als der gesamte Flugver- Stadtquartier wie hier ist der Roh- 2014 entstand das Projekt „Spree- projekte in Berlin kehr. Das liegt am Brennen von Kalk, stoff bisher noch nicht eingesetzt feld“. Eine Baugruppe ließ an der und Brandenburg einem Produktionsvorgang, bei dem worden“, erklärt die Architektin Grenze zwischen Mitte und Fried- auf der Website gebundenes CO2 freigesetzt wird. Gudrun Sack. Das Material war mit richshain drei baugleiche Holz-Beton- https://holzbau Schließlich ist auch das Formen von der Industrialisierung und den ra- Hybridgebäude errichten, in denen atlas.berlin/ Stahl ein energieintensiver und da- sant wachsenden Städten nach und sich 63 individuell gestaltete Woh- mit klimabelastender Prozess, nach von den großen Baustellen ver- nungen, eine Kita und eine Holz- Im Schumacher Quartier dagegen schwunden – verdrängt vom Mauer- Werkstatt befinden. soll – nach den Plänen der Entwick- werk und später von den in Masse „Nach vielen Jahren, in denen im ler – nachhaltig gebaut werden. Holz produzierten Baustoffen Stahl und städtischen Kontext vor allem Beton, wird in Konstruktion und Fassade Beton. Glas und Stahl das Erscheinungsbild MieterMagazin 12/2021 15
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