Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV

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Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
Magazin des
  Berliner Mieter-
  verein e.V.,
  Landesverband
  Berlin im
  Deutschen

                                                    Ist Holz
  Mieterbund

  Dezember
  12/2021

                                                   der Baustoff
                                                     der Zukunft?
MieterMagazin

                                                       Berlins Leuchtturmprojekte
                                                              beim nachhaltigen Bauen
              www.berliner-mieterverein.de

                                             GaraGen und           enerGiekosten-            Volks-
                                             Pkw-stellPlätze       exPlosion                 entscheid
                                             wohnnebenfläche       wie lässt sich energie-   demokratie
                                             oder Geschäftsraum?   armut vermeiden?          direkt
Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
MARKTPLATZ

     Mitglieder werben Mitglieder

            Machen Sie den Berliner
                                                                           Viel Wissen ...
           Mieterverein noch stärker!                                                         für wenig Geld
   Überzeugen Sie Ihre Freunde, Bekannten, Arbeits-
    kollegen oder Nachbarn von den Vorteilen einer
   Mitgliedschaft im Berliner Mieterverein: Sie haben
                                                                           Komplett aktualisiert
   Anspruch auf Beratung und Unterstützung in allen
  wohnungs- und mietrechtlichen Fragen. Der Berliner
 Mieterverein setzt berechtigte Mieteransprüche gegen-
 über Vermietern durch. Überprüfungen der Ansprüche
  und ausführliche Rechtsberatung sind für Mitglieder
          des Berliner Mietervereins kostenlos.
   Für jedes neugeworbene Mitglied erhält der Werber
   15,- Euro auf seinem Mitgliedskonto gutgeschrieben.

                                
  
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                                                                           Seit Jahrzehnten ist das Mieterlexikon des Deutschen
                                                       Mieterbundes das zuverlässige, umfassende und immer
                                                                           aktuelle Nachschlagewerk für Fachleute und Laien.
                                                         
                                          
                                                                        Eine Reihe neuer gesetzlicher Bestimmungen und zahlreiche

                              ”Œ“•ŠŒŠŒ”Œ”ŠŒ
                                                       ­­   neue Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs so-
                      ’“ † 
          •ŽŠ ƒ–ƒ   €‚ƒ         wie unzählige Urteile der Amts- und Landgerichte haben das
                                                                           Mietrecht in Deutschland seit der letzten Auflage des Mieter-
                                                                           lexikons spürbar verändert. Mieter – aber auch Vermieter –
                                                                           müssen hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten in vielen Punk-
       MieterMagazin online lesen                                          ten umdenken. Das Mieterlexikon 2020/2021 bringt sie auf
                                                                           den neuesten Stand.
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                                                                           erhältlich über den Online-Shop des DMB-Verlages
        www.berliner-mieterverein.de/mein-bmv                              https://shop.mieterbund.de/buecher/
Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
INHALT
                                                                               PANORAMA
                Petkusser Straße 34:
                Familienzusammenführung lässt Fragen offen ......................                        6
                Moderne Ausstattung und mehr Beratung ............................                       6
                Abfindungsvereinbarung:
                Drohkulisse mit eingebautem Trick .......................................                7
                Buchtipp: Agenda eines amtlichen Aktivisten .......................
                Neue Heizkostenverordnung: Viele Chancen vertan ..............
                                                                                                         7
                                                                                                         8     14
                Mietenregulierung: Keinen Stopp mit der Ampel? ................                          8
                Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“:                                              Das Wohngebäude aus Holz hat
                Initiative befürchtet Hinhaltetaktik ........................................            9    seine exklusive Nische in den Vorstädten
                Plattenbauten in der Wilhelmstraße:                                                           und auf den Landsitzen verlassen und
                Risse im barocken Denkmal ...................................................            9    erobert die Städte. Wir zeigen Ihnen
                Bundesverwaltungsgericht zum Vorkaufsrecht:                                                   Beispiele in Berlin.
                Herber Schlag gegen den Milieuschutz .................................                  10
                Buchtipp: Alltag im Zuckerbäckerpalast gestern und heute .....                          10
                Adler Group: Zu hoch geflogen? ............................................             11
                Housing First: Mit individueller Hilfe gelingt der Neustart .......                     11
                Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung:                                                      Mit den Festlich-
                Seit zehn Jahren ein ungelöstes Problem ...............................                 12      keiten mehren
                Webtipp: Den Zwischenraum im Blick ...................................                  12     sich alle
                                                                                                                      Jahre
                Schlüterstraße 44: Skandalöses Attest ...................................               13       wieder auch
                Buchtipp: Nischen für das gemeinschaftliche,
                                                                                                                   die Anlässe,
                selbstorganisierte Wohnen ....................................................          13
                                                                                                                 bei den Nach-
                                                                                                               barn anzuecken.
                                                                                               TITEL
                Ist Holz der Baustoff der Zukunft?                                                                         22
                Berlins Leuchtturmprojekte beim nachhaltigen Bauen ........ 14

                                                                          HINTERGRUND
                Garagen und Pkw-Stellplätze:
                Wohnnebenfläche oder Geschäftsraum? ...............................                     19
                Energiekostenexplosion:
                Wie lässt sich Energiearmut vermeiden? ...............................                  20
                10 Fragen zu Weihnachten und Silvester:
                Alle Jahre wieder ...................................................................   22
                Volksentscheid: Demokratie direkt ........................................              24
                Kiezbündnis Klausenerplatz:
                Junge Leute zu gewinnen ist nicht einfach ............................                  26

                                                                                 MIETRECHT                         26
                Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ............................ 27                          Der Klausenerplatz hat Sanierungs-
                                                                                                                geschichte geschrieben, aber in den
                                                                                        SERVICE                 90er Jahren drohte der Kiez abzu-
                                                                                                                rutschen. Eine    Initiative hat sich
                Impressum .............................................................................. 4      erfolgreich dagegengestemmt.
                Leserbriefe ............................................................................. 4
                Corona-Krise: BMV-Organisation und Mieterberatung .......... 5
                Die BMV-Beratungszentren .................................................... 31
                Beratungsstellen und weitere Angebote ................................. 32
                                                                                                                                          Abbildungen: Sabine
                                                                                                                                         Mittermeier, Lisa Smith

MieterMagazin 12/2021                                                                                                                                         3
Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
Zum Jahresende
            SPENDENADVENT 2021 – wir verdoppeln!                                             Wir wünschen Ihnen ein
                                                                                        frohes Fest trotz aller Pande-
            Die Tage werden kürzer, die Nächte kälter.                                      mie-Beschränkungen und
            Während wir uns in geschützte Wohnungen zurückzie-                             für das Jahr 2022 Gesund-
            hen können, ist diese Möglichkeit vielen Menschen oh-                              heit, Glück und Erfolg.
            ne feste Bleibe verwehrt. Sie haben jede Unterstützung
                                                                                            Vorstand und Geschäfts­
            verdient – deshalb möchten wir mit Ihnen zusammen
                                                                                        führung des Berliner Mieter­
            Sach- und Geldspenden in Kooperation mit drei gemein-
                                                                                        vereins sowie die Redaktion
            nützigen Organisationen sammeln:
                                                                                                des MieterMagazins
            L Berliner Kältehilfe e.V.
            L Berliner Stadtmission
            L Zentrale Beratungsstelle für Menschen
            in Wohnungsnot
            Wir haben im Vorfeld nachgefragt: Die Menschen wür-
            den sich über Hygieneartikel wie zum Beispiel Zahnbürs-
            ten und Zahnpasta, Cremes, Deodorants, Feuchttücher,
            Binden, Tampons et cetera freuen.                                                           Berliner Mieterverein auch bei Facebook
            Ihre Spenden können Sie gerne in unseren Beratungszen-

                                                                                   Gut zu wissen
                                                                                                        https://www.facebook.com/BerlinerMieterverein/
            tren abgeben (eine Übersicht finden Sie auf Seite 31 in
            diesem Heft). Wer lieber Geld spenden möchte, kann                                     Änderung Ihrer persönlichen Daten
            dies ebenfalls in unseren Beratungszentren tun, dort                                   Ihre Anschrift, Ihre Kontoverbindung oder Ihr Nach-
            stehen Spendendosen bereit.                                                            name hat sich geändert? Aktuell können Sie Ihre
                                                                                                   Daten wegen Anpassungsarbeiten nicht online un-
            Außerdem ist eine kontaktlose Geld-
                                                                                                   ter www.berliner-mieterverein.de/mein-bmv mittei-
            spende per Paypal möglich.
                                                                                                   len. Nutzen Sie bitte stattdessen die Mail-Anschrift
            Bitte nutzen Sie den QR-Code
                                                                                                   buchhaltung@berliner­mieterverein.de. Vielen Dank.
            oder geben Sie in Ihrem Browser ein:
            https://kurzelinks.de/spenden­fuer­obdachlose                                          MieterMagazin online lesen
            Jede noch so kleine Spende hilft! Jeder gespendete                                     Wenn Sie künftig zu den Online-Nutzern des
            Euro unserer Mitglieder wird von uns verdoppelt.                                       MieterMaga zins gehören wollen, dann melden Sie
                                                                                                   sich an unter buchhaltung@berliner­mieterverein.de
            Wir bedanken uns bereits jetzt sehr herzlich für Ihre
            Unterstützung und wünschen Ihnen eine schöne
            Adventszeit!
            Ihr Berliner Mieterverein

IMPRESSUM
Herausgeber und Verlag: Berliner Mieterverein e.V., Landesverband Berlin
im Deutschen Mieterbund, Spichernstr. 1, 10777 Berlin, S 030/226 26 0,
Telefax 030/22626 - 161, www.berliner-mieterverein.de, E-Mail: @ber liner-
mieterverein.de · Konto für Beitragszahlungen: bitte die Kontenangaben
unserer Überweisungsträger nutzen · Bankverbindung für sonstige Zahlun-
gen: IBAN: DE21 1004 0000 0771 9008 00 (keine Beitragszahlungen)
BIC: COBADEFFXXX (für Zahlungen aus dem Ausland) · 69. Jahrgang 2021
Geschäftsführender Redakteur: Hermann Behlau · Chefredakteur: Udo
Hildenstab (v.i.S.d.P.) · Redaktion: Sebastian Bartels, Frank Maciejewski,
Wibke Werner, Reiner Wild · Mitarbeiter: Katharina Buri, Birgit Leiß, Rose-
marie Mieder, Jens Sethmann · Titel: Sabine Mittermeier · Fotografen/Bild­
agenturen: Julia Gandras, Sabine Mittermeier, Christian Muhrbeck, pic ture
alliance, Nils Richter · Layout: Kers ten Urbanke · Anzeigen: Hermann Behlau
(verant wortlich) · Anzeigenver kauf: scala media Ver lagsservice GmbH,            Einsender dieses Fotos ist Manfred Laue.
Wilhelmine-Gemberg-Weg 11, 10179 Berlin, S 211 00 95, Fax 211 00 99,
E-Mail: scalamedia@ arcor.de · Zur zeit gilt Anzeigenpreisliste 9 vom 1.1.2021 ·
                                                                                   Augenblicke
Satz: ComPress Media Ser vices GmbH, Berlin · Druck: Sattler Media Press           Ob ein Bild zum Nachdenken, ein Motiv mit Witz
GmbH, Hornburg
Das MieterMagazin ist das offizielle Organ des Berliner Mieterverein e.V.          oder ein Foto aus ungewöhnlicher Perspektive:
und erscheint mit zehn Ausgaben jährlich, wovon zwei Hefte Doppelnum-              Schicken Sie dem MieterMagazin Ihre Moment­
mern sind. Abonnement: 20 Euro pro Jahr, Vorabüberweisung auf obiges
Konto des Berliner Mietervereins. Für unverlangt eingesandte Manuskripte           aufnahme rund um das Thema Wohnen – die
wird keine Haftung übernommen. Namentlich gekennzeichnete Artikel                  Redaktion honoriert den Abdruck mit 40 Euro.
stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Nachdrucke nur
nach Rücksprache mit der Redaktion. ISSN 0723-3418

4                                                                                                                              MieterMagazin 12/2021
Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
Wir sind für Sie da!
 Corona und Mieterberatung

                             In unseren Beratungszentren und der Geschäfts­
                             stelle gilt ab 1. Januar 2020 die 3G­Regel.
                             Liebe Ratsuchende, liebe Mitglieder,
                             gerne beraten und unterstützen wir Sie. Auf das aktuelle         Beratung per E-Mail zusenden (an: unterlagen@berliner­
                             Infektionsgeschehen wollen wir wegen der hohen Erkran-           mieterverein.de). Bitte geben Sie im Betreff Ihren Nach-
                             kungsrisiken durch das Corona-Virus jedoch mit weiteren          namen und Ihre Mitgliedsnummer an und nutzen Sie bei
                             Schutzmaßnahmen reagieren – wie dies an vielen anderen           Anhängen die drei gängigen Formate PDF, Office-Do-
                             Stellen in der Stadt auch geschieht. Zu Ihrem Schutz, zum        kumente und JPEG.
                             Schutz anderer Ratsuchender und zum Schutz unseres
                             Personals.                                                       Vorkehrungen für den Gesundheitsschutz
                             Ab 1. Januar 2022 gilt daher in all unseren Geschäftsräu-        In den Beratungszentren haben wir die erforderlichen
                             men für Besucher/innen und Ratsuchende die sogenannte            Vorkehrungen für den Gesundheitsschutz getroffen. Falls
                             3G­Regel.                                                        Sie einen Termin für den persönlichen Besuch in der Bera-
                                                                                              tung vereinbart haben, bitten wir Sie, neben der Einhal­
                             Zugang können Sie mit einem vollständigen Impfnach-
                                                                                              tung der 3G­Regel folgende Punkte zu beachten:
                             weis (doppelt geimpft + 14 Tage) erhalten.
                                                                                              L Bitte bleiben Sie auch bei leichten Krankheitssymp­
                             Wer von Corona genesen ist, kann ein mindestens 28 Tage
                                                                                              tomen wie Husten und Fieber oder einer positiven Tes­
                             und höchstens sechs Monate zurückliegendes positives
                                                                                              tung zu Hause und nutzen Sie die telefonische Rechts­
                             PCR-Testergebnis vorlegen. Liegt der Nachweis einer Co-
                                                                                              beratung. Dies trifft auch dann zu, wenn Sie sich haben
                             rona-Infektion dagegen schon mehr als 6 Monate zurück,
                                                                                              testen lassen und das Ergebnis noch aussteht.
                             muss neben diesem Testergebnis zusätzlich eine Impfung
                             nachgewiesen werden, die mindestens 14 Tage vor dem              L Erscheinen Sie bitte pünktlich. Der Zutritt zur Bera-
                             Besuch in der Beratungsstelle stattgefunden hat.                 tungsstelle ist zur Vermeidung von Kontakten erst 5 Mi-
                                                                                              nuten vor Ihrem vereinbarten Termin möglich.
                             Sie können alternativ auch ein negatives PCR- oder An-
                                                                                              L Es ist eine FFP2-Maske zu tragen und der Mindest-
                             tigen-Testergebnis vorlegen, jedoch keinen Selbsttest. Der
                                                                                              abstand von 1,50 Metern einzuhalten.
                             Test darf nicht älter als 24 Stunden sein.
                             Wer eine persönliche Beratung aktuell meiden möchte,             Weitere Beratungsangebote
                             sei auf die kontaktlose Telefonberatung (siehe unten) hin-
                                                                                              Alle „kleinen“ Beratungsstellen, für die wir Räume an-
                             gewiesen.
                                                                                              derer Träger nutzen, sind vorübergehend geschlossen.
                             Bitte beachten Sie zudem die nachfolgenden Hinweise,             Auskünfte erhalten Sie über unser Servicetelefon
                             damit Ihre Beratung unter Einhaltung der Corona-Schutz-          S 030­226 260.
                             maßnahmen sicher möglich ist.                                    Telefonische Kurzberatung ohne Terminvereinbarung
                                                                                              montags bis freitags von 13 bis 16 Uhr sowie montags
                             Persönliche Beratungen nur nach Terminvereinbarung
                                                                                              und donnerstags von 17 bis 20 Uhr unter
                             Die persönliche Beratung ist weiterhin nur nach vorheriger te-   S 030­226 26­152.
                             lefonischer Terminvereinbarung möglich. Bitte vereinbaren        Hier ist allerdings keine Einsicht in Unterlagen möglich.
                             Sie Ihren Termin über unser Servicetelefon S 030­226 260.        Falls dies erforderlich ist, vereinbaren Sie bitte einen Ter-
                             Bitte kommen Sie alleine. Es kann nur eine einzelne Per-         min für die ausführliche Telefonberatung.
                             son pro Termin beraten werden, es sei denn, Sie benötigen
                                                                                              E­Mail­Beratung/schriftliche Anfragen
                             einen Dolmetscher/eine Assistenz, dann ist eine Begleitung
                                                                                              Ihre E-Mail-Anfrage bitte an unterlagen@berliner­mieter
                             möglich.
                                                                                              verein.de oder Ihren Brief an den Berliner Mieterverein,
                             Nutzen Sie auch die kontaktlose Telefonberatung                  Spichernstraße 1, 10777 Berlin.
                             Mit einer umfassenden Telefonberatung können Sie kon-            Mitglied werden
                             takt frei und gut beraten werden. Bitte vereinbaren Sie
                                                                                              Bitte nutzen Sie unsere Beitrittsformulare unter
                             über unser Servicetelefon S 030­226 260 einen Termin
                                                                                              www.berliner­mieterverein.de/beitreten.htm . Für Rückfragen
                             für einen Rückruf.
                                                                                              stehen wir Ihnen unter Servicetelefon S 030­226 260
                             Sie werden dann zur vereinbarten Zeit von unseren bera-          gerne zur Verfügung.
                             tenden Anwältinnen und Anwälten zurückgerufen und
                             können Ihre Angelegenheit ausführlich besprechen.                Mit Ihren Fragen dürfen Sie sich gerne melden.
                             Für diese ausführliche Telefonberatung können Sie uns            Vielen Dank.
                             Ihre Unterlagen bitte bis spätestens zwei Tage vor der           i.V. Reiner Wild, Geschäftsführer

MieterMagazin 12/2021                                                                                                                                         5
Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
Panorama

PEtkussER stRassE 34

                                                                                                                         Illustration: Julia Gandras
Familienzusammenführung
lässt Fragen offen
Mit einem ziemlich durchsichtigen
Manöver will ein Eigentümer sämt-
liche Mieter seines Hauses im Be-
zirk Lichtenrade loswerden – für
diese Menschen eine starke nerv-                                                                                         Ob der Eigenbedarf
liche Belastung, denn auch wenn                                                                                          den kritischen
sie sich vor Gericht zur Wehr set-                                                                                       Nachfragen eines
zen, ist ungewiss, wie das Verfah-                                                                                       Richters standhält?
ren ausgeht.

Bereits 2019 hatte der Eigentümer       rungen sei allerdings keine behörd-     greift, sondern auch, ob der Bru-
den Mietern der Petkusser Straße        liche Genehmigung erforderlich.         der aus einem Nicht-EU-Land eine
34 mitgeteilt, dass er das gesamte      In der Rechtsberatung des Berliner      langfristige Aufenthaltserlaubnis in
Haus für Verwandte aus dem Ko-          Mietervereins, an die sich die Mieter   Deutschland hat. An der Angst der
sovo brauche. 2020 wurden dann          wandten, hat man Zweifel an dem         Mieter ändert das wenig. „Ich kann
Vermessungsarbeiten durchgeführt.       behaupteten Eigenbedarf. Vor Ge-        nicht mehr schlafen, ich rechne jeden
Hier werde alles umgebaut und ab-       richt müsste der Vermieter nicht nur    Tag damit, dass die Eigenbedarfs-
gerissen, erzählte der Vermessungs-     darlegen, warum er nicht auf die bei-   kündigung im Briefkasten liegt“,
techniker den fassungslosen Mie-        den leerstehenden Wohnungen zu-         sagt eine Mieterin.       Birgit Leiß
tern. Im September 2021 wurde es
dann konkret. Innerhalb von 14 Ta-
gen sollten sich die Mieter entschei-
den, ob sie einer Auszugsvereinba-
rung zustimmen. Wer bis Ende März
                                                      Moderne ausstattung und mehr Beratung
2022 auszieht, sollte mehrere Tau-
send Euro bekommen. Die drei ver-
mieteten Wohnungen, so hieß es in
dem Schreiben, würden für den Bru-
der aus dem Kosovo, einen Neffen
sowie den derzeit 17-jährigen Sohn
benötigt. Der Eigentümer, Bauunter-
nehmer Bekim Emini, baut und ver-
kauft bundesweit Häuser. Auch in
Berlin gehören ihm mehrere Miets-                                                                                                                      Foto: Sabine Mittermeier
häuser. Zwischenzeitlich wohnte er
mit seiner Familie selber in der Pet-
kusser Straße 34. Dafür waren zwei
Erdgeschosswohnungen in dem ur-
sprünglichen Sechs-Parteien-Haus
zusammengelegt worden. Doch in-
zwischen steht diese Wohnung
leer, ebenso wie die Wohnung ei-                      Das größte Beratungszentrum des Berliner Mietervereins gibt es ab
nes kürzlich verstorbenen Mieters.                    Dezember in der Weddinger Müllerstraße. „Wir ziehen an der alten
Auch der beleuchtete und beheizte                     Adresse in der Müllerstraße 135 in den Nachbarladen und können zu-
Pool im Garten, den Emini vor eini-                   künftig bis zu vier Beratungsgespräche gleichzeitig führen“, so Thomas
gen Jahren aufstellen ließ, ist ver-                  Christel vom Mieterverein (links im Bild). Ein Beratungsraum ist barrie-
waist. Die Mieter dürfen ihn nicht                    refrei. Auch Gäste-WLAN steht zur Verfügung. Vor 15 Jahren war der
benutzen.                                             Berliner Mieterverein mit seiner Beratung noch dreimal wöchentlich
Nach Auskunft des Bezirksamts Tem-                    mit nur einer Anwältin oder einem Anwalt zu Gast bei einer Kirchen-
pelhof-Schöneberg wurde bislang                       gemeinde. „Im Vergleich hierzu hat sich das Beratungsangebot der
weder ein Abriss- noch ein Bauan-                     Weddinger Beratungsstelle verachtfacht – was auch die drastischen
trag gestellt. Für Wohnungszusam-                     Probleme am Berliner Wohnungsmarkt verdeutlicht“, sagt Sebastian
menlegungen und Grundrissände-                        Bartels, BMV-Vizegeschäftsführer (rechts im Bild). mm

6                                                                                                                MieterMagazin 12/2021
Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
aBFiNduNGsVEREiNBaRuNG
drohkulisse mit
eingebautem trick
Eigenbedarfskündigungen haben
Hochkonjunktur. Nicht selten wer-
den sie vorgetäuscht. Vermietern,

                                         Foto: Christian Muhrbeck
denen es nur darum geht, die Woh-
nung leer zu bekommen, ist das
schwer nachzuweisen. dass Mieter
daher schnell klein beigeben, hat
sich der Eigentümer im nachfolgen-
den Fall trickreich zunutze gemacht.

20 Jahre lang hatte Familie Krüger in                     darf gar nicht erwähnt wird. „Offen-

                                                                                                                                                moScout 24
der Raumerstraße 20 in Prenzlauer                         sichtlich hat sich unsere Vermieterin
Berg gewohnt. Dass ihre Wohnung                           über diesen juristischen Schachzug
vor zehn Jahren in Einzeleigentum                         vom Anwalt beraten lassen, um die

                                                                                                                                           Screenshot : Im
                                                                                                                                                             Vom Nachbarn als
umgewandelt und an eine Münch-                            Wohnung ohne Mieter für einen viel                                                                 kaufangebot im
nerin verkauft wurde, hat sie nicht                       höheren Preis verkaufen zu können“,                                                                internet gefunden:
weiter beunruhigt: „Die neue Eigen-                       vermutet Thomas Krüger.                                                                            Raumerstraße 20
tümerin hat uns immer versichert,                         Bei Auszugsvereinbarungen kann
dass es für sie nur eine Kapitalanlage                    man viele Fehler machen, erklärt Se-       Vermieter behaupteten Eigenbedarf
wäre,“ erklärt Thomas Krüger. Doch                        bastian Bartels von der Geschäfts-         in die Vereinbarung zu schreiben.“
zehn Jahre später, kurz nach Ablauf                       führung des Berliner Mietervereins:        Auszugsvereinbarungen sollten da-
der Kündigungssperrfrist, teilte sie                     „Was man auf jeden Fall machen              her immer mit der Rechtsberatung
der Familie per E-Mail mit, dass sie                      sollte, ist, seinen Bezug zur Kündi-       durchgesprochen werden.
die Wohnung nun selber benötige.                          gung beziehungsweise zum vom               Birgit Leiß
Sie und ihr Mann hätten vor, ihren
Lebensmittelpunkt nach Berlin zu
verlegen. Für einen Auszug vor Ende
der Kündigungsfrist bot sie 10 000
Euro.                                                                                        Buchtipp
Da Familie Krüger eine neue Woh-                                                             agenda eines amtlichen aktivisten
nung in Aussicht hatte und schnell
entscheiden musste, nahm sie dieses                                                          Florian Schmidt, seit 2016 grüner Baustadtrat von Fried-
Angebot an. „Wir sind davon ausge-                                                           richshain-Kreuzberg, sieht sich selbst als „Aktivist im Amt“.
gangen, dass der Eigenbedarf nicht                                                           In den vergangenen fünf Jahren bekam er für seine un-
zu beanstanden ist und wir daher                                                             konventionellen, teils aufsehenerregenden Aktionen von
vor Gericht ohnehin keine Chancen                                                            den einen viel Anerkennung, für die anderen wurde er
gehabt hätten“, sagt Thomas Krüger.                                                          zu einer Reizfigur. Er weitete den Milieuschutz auf bei-
Dass eine E-Mail schon aus formalen                                                          nah den gesamten Bezirk aus, nutzte das Vorkaufsrecht
Gründen keine wirksame Kündigung                                                             konsequent und beschritt dabei mit einer eigens gegrün-
darstellt, erfuhr er erst später.                                         Florian Schmidt:   deten Genossenschaft neue Wege. Mietergemeinschaf-
Richtig sauer wurde er jedoch, als                                       Wir holen uns die   ten und Bürgerinitiativen unterstützte sein Amt mit Rat
er von einem ehemaligen Nachbarn                                            Stadt zurück –   und Tat. In verkehrsgeplagten Wohngebieten ließ er kur-
darauf hingewiesen wurde, dass die                                      Wie wir uns gegen    zerhand den Durchgangsverkehr mit Pollern unterbinden
Wohnung schon kurz nach seinem                                        Mietenwahnsinn und     und testete in der Bergmannstraße verschiedene Instru-
Auszug für 1,15 Millionen Euro auf                                      Bodenspekulation     mente zur Verkehrsberuhigung – bis hin zu Felsbrocken
dem Immobilienportal ImmoScout                                            wehren können.     gegen Falschparker. „Wir holen uns die Stadt zurück“
zum Verkauf angeboten wurde. Die                                          Berlin 2021, 302   heißt sein Buch, mit dem er für eine gemeinwohlorien-
zu Rate gezogene Anwältin musste                                        Seiten, 17,99 Euro   tierte Stadtentwicklung wirbt. Sein Credo lautet „Com-
dem Mieter erklären, dass er trotz                                                           munalisierung“: eine starke Kommune, die dem „Com-
der vorgetäuschten Eigenbedarfs-                                                             mons“-Prinzip verpflichtet ist: Das Gemeingut dürfen al-
kündigung keinerlei Ansprüche auf                                                            le nutzen. Florian Schmidt zeigt: Die Lokalpolitik ist nicht
Schadensersatz habe, weil in der                                                             machtlos, und Bürgerinnen und Bürger können gemein-
Auszugsvereinbarung der Eigenbe-                                                             sam durchaus etwas erreichen. js

MieterMagazin 12/2021                                                                                                                                                             7
Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
Panorama

Neue HeizKosteNVerorDNuNg
Viele Chancen vertan

                                                                                                   Foto: MieterMagazin­Archiv
Der Bundesrat hat am 5. November                              nach Verbrauch und 30 Prozent nach
grünes Licht für die neue Heizkos­                            Fläche zuzulassen.“ Nach wie vor
tenverordnung gegeben. Der Berli­                             dürfen Vermieter auch 50:50 als
ner Mieterverein (BMV) kritisiert,                           Verteilungsmaßstab festlegen. Spar­
dass die Chance für eine gerechtere                           sames Heizen lohnt sich dadurch
Kostenverteilung und mehr Klima­                              deutlich weniger.
schutz vertan wurde.                                          Der BMV fordert außerdem, das
                                                              Kürzungsrecht für Mieterinnen und                                                                  Heizkostenverteiler
 Die an den Heizkörpern montierten                            Mieter zu erhöhen, wenn nicht ver­                           gelt DMB­Bundesdirektorin Melanie     müssen ab 2026
 Heizkostenverteiler müssen bis Ende                          brauchsabhängig abgerechnet wird.                            Weber­Moritz. Der CO2­Preis soll      fernablesbar sein –
2026 durch fernablesbare Geräte er­                          „Das heutige Kürzungsrecht von 15                             eigentlich einen Anstoß für klima­    „Mehr Kosten als
 setzt werden. Wo schon per Funk                              Prozent ist kein hinreichender Ab­                           schützende Investitionen geben.       Nutzen“, befürchtet
 ablesbare Erfassungsgeräte vorhan­                           schreckungsgrund“, hat Reiner Wild                           Wenn Vermieter die Kosten aber        DMB­Bundesdirek­
 den sind, muss die Hausverwaltung                            beobachtet.                                                  an die Mieter weiterreichen dürfen,   torin Melanie Weber­
 den Mieterinnen und Mietern ab                              „Leider wurde im Rahmen der An­                               verfehlt er seine Wirkung und be­     Moritz (unten links)
Januar 2022 monatlich Verbrauchs­                             passung der Heizkostenverordnung                             lastet gerade Mieterhaushalte in
 informationen bereitstellen – neben                         versäumt, die einseitige Umlage der                           unsanierten Gebäuden mit deutlich
 dem Monatsverbrauch gehört auch                              CO2­Bepreisung auf die Mieterinnen                           höheren Heizkosten.
 ein Vergleich zum Vormonat und                               und Mieter zu beenden“, bemän­                               Jens Sethmann
zum selben Vorjahresmonat sowie
zum Durchschnittsverbrauch im
 Haus dazu.
 Das sorgt zwar für mehr Transpa­                                         Mietenregulierung: Keinen stopp mit der Ampel?
 renz. „Es ist aber zu befürchten, dass
 Mieterinnen und Mieter für diese
 Geräte und die Abrechnungs­ und
Verbrauchsinformationen mehr be­
zahlen müssen als sie an Energie­
 kosten einsparen“, sagt Melanie We­
 ber­Moritz, Bundesdirektorin des
 Deutschen Mieterbundes (DMB).
 Der Bundesrat beschloss deshalb,
 nach drei Jahren zu überprüfen, ob
 dafür eine Kostendeckelung not­
wendig ist.
„Die Neuerungen reichen bei Wei­
tem nicht aus“, kritisiert auch BMV­
                                                                                                                                                                      Foto: Nils Richter

 Geschäftsführer Reiner Wild. „Von
größerer Bedeutung zur Verringe­
 rung des Energieverbrauchs und da­
 mit auch des CO2­Ausstoßes wäre,
 in der Heizkostenabrechnung nur
 noch ein Verhältnis von 70 Prozent                                       Fand sich in den Wahlprogrammen von SPD und Grünen noch die For­
                                                                          derung nach einer bundesweiten Mietenbegrenzung, so ist im Sondie­
                                                                          rungspapier der verhandelten Ampelkoalition keine Rede mehr davon.
                                                                          Mit einer vier Meter hohen Stopp­Hand hat die überparteiliche „Kam­
                                                                          pagne Mietenstopp“ daher Ende Oktober vor dem Bundestag noch
                                                                          einmal ihre Forderungen nach einer Wende in der Mieten­ und Woh­
                                                                          nungspolitik der künftigen Bundesregierung bekräftigt. „Der Mieten­
                                                                          stopp darf nicht als Zugeständnis an die Liberalen geopfert werden“,
                                      Foto: Grit Gernhardt

                                                                          sagt Matthias Weinzierl, Sprecher der Kampagne. Nachdem die FDP
                                                                          schon einige Forderungen der beiden großen Partner in den Sondie­
                                                                          rungsgesprächen abgeräumt hat, darf man gespannt sein, wie viel
                                                                          Mieterschutz und Mietenbegrenzung sich in einer Koalitionsvereinba­
                                                                          rung noch findet. mm

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Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
VoLKseNtsCHeiD „DeutsCHe WoHNeN & Co eNteigNeN“
initiative befürchtet Hinhaltetaktik
Für die Berliner Koalitionsverhand­       zu bilden. Die Initiative „Deutsche
lungen haben sPD, grüne und Lin­          Wohnen & Co enteignen“ soll daran
ke sich darauf verständigt, eine ex­      beteiligt werden. Ziel ist, dass die
pertenkommission für die umset­           Kommission innerhalb eines Jahres
zung des Volksentscheids zur Ver­         eine Empfehlung für das weitere
gesellschaftung großer immobilien­        Vorgehen erarbeitet. Der Senat will
konzerne zu bilden. Die enteignungs­      dann darüber entscheiden.
initiative befürchtet eine Hinhalte­      Die Enteignungsinitiative sieht darin
taktik.                                   eine „Verschleppung des Volksent­

                                                                                                       Foto: Kai­Uwe Heinrich/pa
                                          scheids“. Der Beschluss zur Verge­
Mit 56 Prozent der abgegebenen            sellschaftung sei bereits von einer
Stimmen haben die Berlinerinnen           Million Berlinerinnen und Berlinern
und Berliner am 26. September da­         im Volksentscheid gefasst worden.
für gestimmt, große profitorientier­      Etliche Gutachten haben die juris­
te Wohnungsunternehmen zu ver­            tische Machbarkeit der Vergesell­
gesellschaften. Die drei Parteien, die    schaftung bestätigt. „Eine weitere
nun eine neue Senatskoalition bilden      Prüfung durch eine Expertenkom­                                                                                             „unnötig und unde­
wollen, sind sich aber uneinig, wie       mission ist nicht nur völlig unnötig,                                               tungsgesetzes. Dass noch rechtliche     mokratisch“ nennt
der Volksentscheid umgesetzt wer­         sondern auch undemokratisch“, er­                                                   Detailfragen geklärt werden müssen,     initiativensprecher
den soll. Die SPD lehnt ihn ab, die       klärt Initiativensprecher Rouzbeh                                                   ist unstrittig.                         taheri die Prüfung
Linke ist dafür und die Grünen ste­       Taheri. „Durchschaubare Verzöge­                                                    Deshalb meint der Berliner Mieter­      durch eine experten­
hen dazwischen.                           rungstaktiken werden wir nicht hin­                                                 verein: „Eine Expertenkommission        kommission
In der Sondierung haben sie be­           nehmen.“ Statt juristischer Prüfun­                                                 zur Umsetzung des Volksentscheids
schlossen, eine „Expertenkommis­          gen zum „Ob“ der Vergesellschaf­                                                    ist richtig“, so Geschäftsführer Rei­
sion zur Prüfung der Möglichkeiten,       tung fordert die Initiative konkrete                                                ner Wild. „Ein unnötiges Hinauszö­
Wege und Voraussetzungen der              Schritte zum „Wie“ und die zügige                                                   gern aber darf es nicht geben.“
Umsetzung des Volksbegehrens“             Erarbeitung eines Vergesellschaf­                                                   Jens Sethmann

                       PLAtteNBAuteN iN Der WiLHeLMstrAsse
                       risse im barocken Denkmal
                       seit september dieses Jahres stehen                            Undichte Fenster, veraltete Rohre,                          städtebaulich aufzuwerten, behaup­
                       die Plattenbauten in der Wilhelm­                              Risse in der Wand und Legionellen                           tet Gerhard Hoya, Vorstandsvorsit­
 Denkmalgeschützte     straße zwischen Voß­ und Behren­                               in den Warmwasserrohren – beim                              zender des Vereins. Eine Denkmal­
   Plattenbauten in    straße unter Denkmalschutz. Doch                               Berliner Mieterverein (BMV) ist das                         würdigkeit kann er nicht erkennen.
       der Wilhelm­    im innern der Häuser liegt einiges                            von 1987 bis 1992 erbaute Spätwerk                           Berlins Landeskonservator Christoph
     straße in Mitte   im Argen.                                                      des DDR­Städtebaus vor allem durch                          Rauhut spricht dagegen von einem
                                                                                      gravierende Mängel und störenden                            Leuchtturmprojekt der Ost­Berliner
                                                                                      Ferienwohnungsbetrieb bekannt. So                           Hauptstadtplanung. Das Viertel un­
                                                          Foto: Christian Muhrbeck

                                                                                      berichten Mieter aus der Gertrud­                           terscheide sich in vielerlei Hinsicht
                                                                                      Kolmar­Straße, dass das Treppen­                            von anderen Plattenbauquartieren.
                                                                                      haus seit dem Erstbezug noch nie                            Rauhut: Mit ihren Erkern, Balkonen,
                                                                                      renoviert worden ist. Auf Schreiben                         Loggien, den betonten Ecken und
                                                                                      reagiere die Hausverwaltung gar                             Mittelachsen würden die freistehen­
                                                                                      nicht oder erst nach Monaten.                               den, sich um Höfe gruppierenden
                                                                                      Grundsätzliche Kritik an der Ent­                           Häuser auf die barocken Palais an­
                                                                                      scheidung des Denkmalamts kommt                             spielen, die im 18. Jahrhundert die
                                                                                     von der Gesellschaft Historisches                            Wilhelmstraße gesäumt haben. In
                                                                                      Berlin. Der Verein spricht von einer                        den individuell geschnittenen, unge­
                                                                                     „fatalen Fehlentscheidung“. Das un­                          wöhnlich großen Wohnungen wohn­
                                                                                     vollendete Ensemble sei ein Versuch                          ten einst Angehörige der DDR­Füh­
                                                                                      gewesen, das Todesstreifengelände                           rungselite.               Birgit Leiß

MieterMagazin 12/20214/2021                                                                                                                                                              9
Ist Holz der Baustoff der Zukunft? - Berliner Mieterverein eV
Panorama

Bundesverwaltungsgericht zum vorkaufsrecht
herber schlag gegen den milieuschutz
es ist ein herber rückschlag für die                           „Die Entscheidung ist ein herber                            Auch Schmidt und Scheel verlangen      L Bundesver-
soziale stadtpolitik: das Bundes­                              Schlag im Kampf gegen die Speku-                            eine Änderung des Baugesetzbu-         waltungsgericht,
verwaltungsgericht hat die aus­                                 lation mit Wohnraum und gegen die                          ches. Der Senator kündigte eine        Urteil vom 9. No-
übung des vorkaufsrechts in milieu­                            Verdrängung von Menschen aus ih-                            Bundesratsinitiative an. Der politi-   vember 2021 –
schutzgebieten nahezu unmöglich                                 rer Nachbarschaft – nicht nur in Ber-                      sche Wille müsste bei der künftigen    BVerwG 4 C 1.20
gemacht. der Bund ist gefordert,                                lin, sondern auch in allen anderen
das Baugesetzbuch schnell zu än­                               Städten“, kommentiert Friedrichs-
dern.                                                           hain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian
                                                               Schmidt (Grüne), der das Vorkaufs-
Wenn ein Mietshaus zu einem Preis                               recht bisher am entschlossensten ge-
verkauft wird, der weit über dem Er-                            nutzt hat. Stadtentwicklungssenator
tragswert der aktuellen Mieten liegt,                          Sebastian Scheel (Linke) äußerte
ist zu befürchten, dass der neue Ei-                            sich „fassungslos“ über das Urteil:
gentümer vorhat, zur Refinanzierung                            „Das Gericht nimmt den Kommunen
seiner Investition die Mieten auf die                          fast gänzlich die Möglichkeit, das

                                                                                                          Foto: Nils Richter
eine oder andere Weise kräftig zu                              Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebie-
erhöhen oder Mietwohnungen in                                  ten auszuüben. Das ist eine Katas-
Eigentum umzuwandeln. In Milieu-                               trophe. Ein Instrument zur Sicherung
schutzgebieten haben die Bezirke in                             der Zusammensetzung der Wohnbe-
                                                               völkerung ist damit so gut wie tot.“                                                                 eine wachsende ver­
                                                                Der Berliner Mieterverein (BMV)                           Ampelkoalition vorhanden sein: Die        drängung befürchtet
                                                                spricht von einer „bitteren Entschei-                     schwarz-rote Bundesregierung hat        florian schmidt, fried­
                                                                dung“. „Wir fordern von der neuen                         erst im Juni das Baugesetzbuch ge-      richshain­kreuzberger
                                                                Bundesregierung, dass sie umge-                           ändert – ausdrücklich auch um das           Baustadtrat „nicht
                                                                hend das Baurecht korrigiert“, so                         Vorkaufsrecht zu stärken.                nur in Berlin, sondern
                                    Foto: Christian Muhrbeck

                                                                BMV-Geschäftsführer Reiner Wild.                          Jens Sethmann                                auch andernorts“

                                                                                                 Buchtipp
solchen Fällen regelmäßig ihr Vor-                                                               alltag im zuckerbäckerpalast
kaufsrecht genutzt, um die Mieter-
schaft vor Verdrängung zu schützen.
                                                                                                 gestern und heute
Dem hat das Bundesverwaltungs-                                                                   Armin Dürr und seine Frau Christa haben ihre Wohnung in ei-
gericht am 9. November einen Riegel                                                              nem der Blöcke der Stalinallee mit viel Schweiß und ein wenig
vorgeschoben: Die Annahme, dass                                                                  Glück ergattert. Für 300 Stunden Schutt wegräumen und Mör-
ein Immobilienkäufer in Zukunft Mie-                                                             tel klopfen konnte man sich ein Los in der Aufbaulotterie verdie-
ter verdrängen könnte, reiche nicht                                                              nen. Jedes dritte Los gewann. Armin Dürr wollte unbedingt ei-
aus, um das Vorkaufsrecht auszuüben.                                                             ne der modernen, komfortablen Neubauwohnungen haben, die
Entschieden wurde über den Fall                                                                  in den 1950er Jahren gebaut wurden: „Jeden Tag bin ich auf die
eines Hauses in der Heimstraße im                                                                Baustelle und hab’ jeackert.“ Schließlich konnte das Ehepaar ei-
Kreuzberger Milieuschutzgebiet                                              Thorsten Klapsch,    ne Dreizimmerwohnung mit zwei Balkonen beziehen, die es spä-
Chamissoplatz. Hier besteht die Be-                                     Michaela Nowotnick:      ter gegen eine kleinere getauscht hat. Dort wohnen die beiden
sonderheit, dass aufgrund einer frü-                                     Mein Stalinbau. Eine    noch heute. Die Literaturwissenschaftlerin Michaela Nowotnick
heren Modernisierungsförderung                                            Berliner Straße und    und der Fotograf Thorsten Klapsch, die beide selber in den „Sta-
noch bis 2026 Sozialbindungen                                                 die Geschichten    linbauten“ wohnen, haben sich für ihren jüngst erschienenen
bestehen. Doch der Käufer hatte                                          ihrer Bewohner. 208     Bildband mit Erstmietern und Zugezogenen unterhalten. Sie al-
mit seiner Weigerung, eine Abwen-                                       Seiten, be.bra Verlag,   le sind mit diesem geschichtsträchtigen Ort in besonderer Wei-
dungsvereinbarung zu unterschrei-                                           Juli 2021. 20 Euro   se verbunden. Zum Beispiel Mieteraktivist Wolfgang Grabowski,
ben, deutlich gemacht, dass er sich                                                              einst Botschafter der DDR. 2009 organisierte er den Protest ge-
nicht an weitergehende Auflagen                                                                  gen den Verkauf und die Privatisierung der Wohnungen. Dass die
zum Schutz der Mieterschaft halten                                                               einstigen Arbeiterpaläste längst zum Spekulationsobjekt gewor-
möchte.                                                                                          den sind, ist ein trauriger Teil der Geschichte. bl

10                                                                                                                                                         MieterMagazin 12/2021
adler group
                                                                                                                                                                     die adler group
zu hoch geflogen?                                                                                                                                                    muss wegen schul­
                                                                                                                                                                     den verkaufen:
um schulden abzubauen, will der                                                                                                                                      neubau der immo­
börsennotierte wohnungskonzern                                                                                                                                       bilienfirma in der

                                        Fotos: Christian Muhrbeck
adler group sich massiv verkleinern.                                                                                                                                 Berliner europa city
die konkurrenten vonovia und leg
haben schon ihre fühler ausgestreckt.

Auf dem deutschen Immobilienmarkt
geht es turbulent zu. Nachdem der
 Branchenprimus Vonovia die Deut-
 sche Wohnen übernommen und Ake-
 lius seine gesamten deutschen Be-                            stand macht diese hochfliegenden                              börsennotiertes Wohnungsunter-
 stände an Heimstaden verkauft hat,                           Pläne jedoch zunichte. Zudem                                  nehmen mit 145 000 Wohnungen –
 sieht sich die verschuldete Adler                            brachten im Oktober Vorwürfe ei-                              von Adler 15 350 Wohnungen in
 Group nun gezwungen, große Tei-                              nes britischen Börsenspekulanten,                             Norddeutschland, was als Share
 le zu verkaufen.                                             Adler habe die Bilanzen geschönt                              Deal unter Umgehung der Grund-
 Die Adler Group hat rund 70 000                              und seine Aktionäre getäuscht, den                            erwerbsteuer abgewickelt wird.
Wohnungen in Deutschland, da-                                 Vorstand in Erklärungsnöte.                                   Adler muss aber noch mehr absto-
 runter knapp 20 000 in Berlin. Sie                           Die Vonovia – nach der Übernah-                               ßen. Mit Verkäufen in einer Größen-
 ist erst 2020 durch die Fusion von                           me der Deutschen Wohnen etwa                                  ordnung von 50 000 Wohnungen
Adler, ADO und Consus entstanden.                             550 000 Wohnungen schwer – nutz-                              könne sich das Unternehmen „sig-
„Die neue Adler Group ist auf dem                             te die Gelegenheit und sicherte sich                          nifikant entschulden“, so Vorstand
Weg, die viertgrößte börsennotier-                            eine Ankaufsoption für 13,3 Pro-                              Maximilian Rienecker. Im Haifisch-
te Immobiliengesellschaft für Wohn-                           zent der Adler-Aktien. Außerdem                               becken der Immobilien-Aktiengesell-
 immobilien in Europa zu werden“,                             kauft die LEG – bis 2008 die Lan-                             schaften ballt sich die Marktmacht
 heißt es noch auf der Internetseite                          desentwicklungsgesellschaft von                               zunehmend bei wenigen Großkon-
 des Konzerns. Der hohe Schulden-                             Nordrhein-Westfalen und heute ein                             zernen.              Jens Sethmann

                       housing first
                       mit individueller hilfe gelingt der neustart
                       nach jahrelangem leben auf der                                                   Das Resultat ist mehr als ermutigend:    des Projektes. Das wird – nach Aus-
                       straße endlich wieder eine woh­                                                  Das Konzept von „Housing First Ber-      laufen der Senatsfinanzierung – erst
                       nung zu erhalten, das schaffen die                                               lin“ ist aufgegangen. In den zurück-     einmal in Partnerschaft mit der Ber-
                       meisten obdachlosen menschen al­                                                 liegenden drei Jahren, in denen die      liner Stadtmission und der Neue
                       lein nicht. aber mit unterstützung                                               Modellprojektphase von der Berliner      Chance gGmbH weitergeführt. Aber
                       gelingt es, bewies ein Berliner pro­                                             Senatsverwaltung für Arbeit, Integra-    natürlich hofft das eingespielte Team
                       jekt drei Jahre lang. nun hofft man                                              tion und Soziales finanziert wurde,      auf weitere Gelder durch die neue
     „housing first“   dort auf weitere finanzierung durch                                              konnten 42 Wohnungen an obdach-          Landesregierung – vielleicht sogar
       führt von der   den senat – und vielleicht sogar auf                                             lose Menschen vermittelt werden.         auf eine Verdoppelung der Mittel,
         straße weg    eine aufstockung der mittel.                                                     Damit der Neuanfang gelingt, wer-        um einen zweiten Projektstandort
                                                                                                        den sie zeitlich unbegrenzt und indi-    einrichten zu können. Berlins bekun-
                                                                                                        viduell vom Housing-First-Team un-       deter Wille ist es nämlich, die unfrei-
                                                                                                        terstützt. Denn oft sind psychische      willige Obdachlosigkeit in der Stadt
                                                                                                        Erkrankungen oder Suchtprobleme          bis 2030 zu beenden.
                                                                                                        die Ursache für den sozialen Ab-        „Wenn Politik, Immobilienwirtschaft,
                                                                                                        stieg gewesen. Erst mit Hilfe des        soziale Träger und Verwaltung an
                                                                             Foto: Christian Muhrbeck

                                                                                                        Teams von Housing First fanden sie       einem Strang ziehen, lässt sich Ob-
                                                                                                        aus dem lang anhaltenden Tief her-       dachlosigkeit dauerhaft und nach-
                                                                                                        aus.                                     haltig beseitigen“, erklärt Sebastian
                                                                                                        Die Erfolgsgeschichten haben sich        Böwe, der im Projekt für die Wohn-
                                                                                                        herumgesprochen: Es stehen noch          raumakquise verantwortlich ist.
                                                                                                        viele Menschen auf der Warteliste        Rosemarie Mieder

MieterMagazin 12/2021                                                                                                                                                                  11
Panorama

SozIAlWoHNuNgEN oHNE ANScHluSSförDEruNg
Seit zehn Jahren ein ungelöstes Problem
In einigen Häusern der Hohenschön-                                 Kostenmiete nicht offengelegt und          derselben Wohnanlage eine solche        L BMV-Info 165
hauser Konrad-Wolf-Straße sollen                                   ließ die Mieter im Glauben, die Mie-       Mieterhöhung erfolgreich abwehren.      zum Wegfall der
plötzlich 12 Euro Netto-Kaltmiete                                  te würde wie üblich um höchstens           Das Grundproblem existiert seit vie-    Anschlussförderung:
bezahlt werden – und das im Sozi-                                  13 Cent pro Quadratmeter im Jahr           len Jahren. Der rot-rot-grüne Senat     www.berliner-
alen Wohnungsbau. Das Problem                                      steigen – um dann zweieinhalb Mo-          hat 2016 eine Lösung versprochen.       mieterverein.de/
der Wohnungen ohne Anschluss-                                      nate später 237 Euro mehr zu ver-          Doch die Koalitionsparteien konnten     ?s=Info+165&
förderung ist seit über zehn Jahren                                langen. „Es geht nicht an, dass man        sich nicht einigen. „Das muss end-      submit=Suchen
ungelöst. Der nächste Senat muss                                   den Leuten etwas vorgaukelt“, sagt         lich gelöst werden“, fordert Mieterin
für die gefährdeten Sozialmieter                                   BMV-Rechtsberaterin Aliki Bürger.          Kruse vom künftigen Senat. „Es ist      Informationen und
endlich eine Antwort finden.                                       Bereits vor drei Jahren konnte sie in      existenzbedrohend.“ Jens Sethmann       Antragstellung
                                                                                                                                                      zum Mietzuschuss
Mit einer Nettokaltmiete von rund                                                                                                                     bei der IBB:
 8,80 Euro pro Quadratmeter sind                                                                                                                      S 030 2125-4545
 die 136 Sozialwohnungen an der                                                                                                                       www.ibb.de/de/
 Konrad-Wolf-Straße 62-64 schon                                                                                                                       foerderprogramme/
 nicht wirklich günstig. Zum 1. Januar                                                                                                                mietzuschuss-in-
wird die Miete aber auf einen Schlag                                                                                                                  sozialwohnun
 um circa 35 Prozent auf 12,11 Euro                                                                                                                   gen.html
 angehoben – und das ist legal. Der                                                                                                                   E-Mail:
 Grund: Die Wohnanlage gehört zu                                                                                                                      mietzuschuss@ibb.de
 den fast 28 000 Sozialwohnungen,
 die ab dem Jahr 2003 keine An-
                                               Foto: Christian Muhrbeck

 schlussförderung mehr bekommen
 haben. Deshalb darf der Vermieter                                                                                                                    In 136 Wohnungen
 die „Sozialmiete“ auf die sogenann-                                                                                                                  in der Konrad-Wolf-
te Kostenmiete anheben, die sich an                                                                                                                   Straße soll die
 den meist überhöhten Baukosten                                                                                                                       Sozialmiete auf über
 bemisst. Um rund 200 Euro im Mo-                                                                                                                     12 Euro steigen
 nat soll die 63-Quadratmeter-Woh-
 nung von Andrea Kruse* teurer wer-
 den. „Die Miete macht dann knapp

                                                                                                        Webtipp
 50 Prozent unserer Rente aus“, sagt
 sie. Der Miet zuschuss der Investitions-
 bank Berlin hilft nicht viel weiter. Um-
ziehen kommt für sie nicht in Frage:
                                                                                                        Den zwischenraum im Blick
„Mein Mann ist schwer krank. Wir                                                                        Wohnqualität wird nicht nur von der eigenen Woh-
 können hier nicht raus.“ In der Wohn-                                                                  nung, sondern zum großen Teil von den Interaktio-
 anlage werden die meisten deutlich                                                                     nen mit dem Wohnungsumfeld beeinflusst. Den
 mehr als 30 Prozent ihres Einkom-                                                                      Zwischenräumen im unmittelbaren oder nahen
 mens für die Miete zahlen müssen.                                                                      Wohnungsumfeld kommt hier eine besondere Be-
 Die Mieterinnen und Mieter haben                                                                       deutung zu. Auch deshalb, weil durch ein gelunge-
 sich zusammengeschlossen und ei-                                                                       nes Wechselspiel von baulicher Gestaltung, Nut-
 ne Protestkundgebung am Rathaus                                                                        zungsangeboten und Betriebskonzept die private
 Lichtenberg abgehalten. Doch die                                             Redefine the In-Between   Wohnfläche um Aneignungsmöglichkeiten jenseits
 IBB hat bestätigt, dass die Mieterhö-                                            – Die Bedeutung des   der eigenen vier Wände erweitert wird. Beispielhaft
 hung auf 12,11 Euro rechtlich zuläs-                                               Zwischenraums als   werden halbprivate Vorplätze oder Außenräume
 sig ist. Eine Überprüfung durch den                                               Komplementärraum     und Nutzungsangebote im Quartier genannt, die
 Berliner Mieterverein (BMV) hat im-                                               der Wohnung unter    von den dort Wohnenden als wichtiger Bestand-
 merhin ergeben, dass die Erhöhung                                                 www.bbsr.bundde/     teil ihres Wohnraums angesehen werden. Das Bun-
 nicht zum 1. Oktober, sondern erst                                                         BBSr/DE/    desinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat
 ab dem 1. Januar greift.                                                        veroeffentlichungen/   anhand von sechs Fallstudien in der Schweiz und in
                                        * Name geändert

 Bei einem neu eingezogenen Haus-                                              bbsr-online/2021/bbsr-   Deutschland die Bedeutung von wohnungsnahen
 halt geht der BMV gegen die Miet-                                              online-17-2021-dl.pdf   Flächen und Nutzungsangeboten aus Sicht der Be-
 erhöhung vor. Bei Vertragsabschluss                                                                    wohnerinnen und Bewohner untersucht.
 im Juli hat die Hausverwaltung die                                                                     dmb

12                                                                                                                                            MieterMagazin 12/2021
ScHlütErStrASSE 44
Skandalöses
Attest
Die Abrisswelle in charlottenburg-
Wilmersdorf rollt weiter. Wieder
einmal soll ein 60er-Jahre-Bau mit
preisgünstigen Wohnungen einer
profitableren Nutzung weichen.          Fotos: Nils Richter
Mehrere alte und schwer kranke
Mieter wissen nun nicht wohin.
Beim Berliner Mieterverein (BMV)
sorgt der fall für Empörung.
                                                                                                                                               Der charlottenburg-
Über die auffällig vielen Abrisse in                     BMV-Geschäftsführung für „recht-             den Mietern Abfindungen für den          Wilmersdorfer
 Charlottenburg-Wilmersdorf hat                          lich haltlos, geradezu skandalös“.           Auszug zahlte, waren die 30 Woh-         Stadtrat Arne Herz
 das MieterMagazin bereits berich-                       Das Negativattest bedeutet, dass             nungen mit Mietpreisen von 400 bis       (unten links) befindet
tet (Ausgabe 1+2/2021, Seite 19:                         die Abrissgenehmigung nur noch               500 Euro voll vermietet. Mittlerweile    das Wohnhaus in der
„Ideale Bedingungen für Abriss-Spe-                      eine Formalie ist und dass der Ei-           sind die meisten Mieter ausgezogen.      Schlüterstraße 44
 kulanten“). Der grüne Baustadtrat                       gentümer nicht einmal Ersatzwoh-             Das Haus, das 1965 mit öffentlichen      als „nachweislich“
 Oliver Schruoffeneger hatte damals                      nungen nach dem Zweckentfrem-                Fördermitteln gebaut wurde, ist kei-     nicht schützenswert
 sein Bedauern über die „wohnungs-                       dungsverbotgesetz schaffen muss.             nesfalls eine Bruchbude. 2012 hat der
 politische Katastrophe“ geäußert.                       Warum es sich hier, wie Stadtrat             Vorbesitzer sogar noch eine Strang-
Zum Fall Schlüterstraße 44 schweigt                      Herz anführt, „nachweislich“ nicht           sanierung durchgeführt und nagel-
 er. Anfragen, sowohl vom Mieter-                        um schützenswerten Wohnraum                  neue Bäder eingebaut. All das scheint
 Magazin als auch vom Berliner Mie-                      im Sinne des Gesetzes handelt, ist           das Bezirksamt nicht zu interessieren.
terverein, werden ausschließlich von                     nicht nachvollziehbar. Bevor Bscher          Birgit Leiß
 dem für Zweckentfremdung zustän-
 digen Stadtrat Arne Herz (CDU) be-
 antwortet.
Zur Vorgeschichte: Bereits vor fünf
Jahren hat der Eigentümer, der be-                                                           buchtipp
 kannte ehemalige Rennfahrer Tho-
 mas Bscher, den Mietern mitgeteilt,                                                         Nischen für das gemeinschaftliche,
 dass er das Haus abreißen und statt-
 dessen auf dem gesamten Grund-
                                                                                             selbstorganisierte Wohnen
 stück ein Geschäftshaus errichten                                                           Der Gedanke liegt nahe: Wenn der Markt nichts mehr her-
will. Inzwischen hat er dem Bezirks-                                                         gibt, will man die Wohnungsfrage selbst in die Hand nehmen.
 amt eine negative Renditeberech-                                                            Zusammen mit anderen kann man unkonventionelle Formen
 nung vorgelegt, wonach die Wieder-                                                          gemeinschaftlichen Wohnens entwickeln, das Haus selbst
 herstellungskosten eines „einfachen                                                         verwalten und ohne Gewinnstreben bewirtschaften. Bau-
Wohnstandards“ die Mieteinnah-                                                               gruppen, Hausprojekte, Kollektive und neue Genossenschaf-
 men in den nächsten zehn Jahren                                                             ten haben in den letzten Jahren viele Erfahrungen gesammelt.
 übersteigen würden. Dass Bezirks-                                                           Doch der Versuch, gemeinschaftliches Wohnen und selbstor-
 stadtrat Herz daraufhin ein soge-                                                           ganisiertes Bauen zu verwirklichen, stößt oft an ökonomische
 nanntes Negativattest ausgestellt                                Andrej Holm/Christoph      Grenzen. Wo es innerhalb des kapitalistischen Systems noch
 hat, hält Sebastian Bartels von der                             Laimer (Hrsg.): Gemein-     Nischen gibt und wie man sie nutzen kann, möchte der Sam-
                                                                     schaftliches Wohnen     melband „Gemeinschaftliches Wohnen und selbstorganisier-
                                                                   und selbstorganisiertes   tes Bauen“ aufzeigen, der in einem Projekt der Technischen
                                                                       Bauen, Wien 2021,     Universität Wien entstanden ist. Neben historischen Rückbli-
                                                                   19,50 Euro, als E-Book    cken auf sozial-utopische Experimente des 19. Jahrhunderts
                                                                        open access unter    oder auf die Selbsthilfe-Förderung im alten West-Berlin finden
                                                                         www.tuwien.at/      sich theoretische Beiträge über Eigentum, Commons und so-
                                                                  academicpressprodukt/      lidarische Ökonomien, ebenso wie Vorstellungen praktischer
                                                                      gemeinschaftliches-    Beispiele und alternativer Finanzierungsinstrumente sowie In-
                                                                      wohnen-und-selbst      terviews mit Bewohnern selbstverwalteter Hausprojekte in
                                                                    organisiertes-bauen/     Deutschland, Österreich und der Schweiz. js

MieterMagazin 12/2021                                                                                                                                            13
TITEL

                                                                                                                                      Foto: Howoge/Klaus Dombrowsky
      Ist Holz
     der Baustoff
                                                                                                          Fotos: Sabine Mittermeier
       der Zukunft?
      Berlins Leuchtturmprojekte beim nachhaltigen Bauen

        Nach dem ersten mehrstöckigen Wohnhaus aus Holz weltweit nun die größte Holzbausied-
        lung und das höchste Holzhochhaus Europas – Berlin verfolgt ein ambitioniertes Ziel:
        Bauen mit Holz soll selbstverständlich werden. Der Rohstoff hat eine gute Ökobilanz, ist stabil
        und lässt sich gut verarbeiten. Und: Er wächst buchstäblich vor der Haustür. Allerdings müs-
        sen noch viele Voraussetzungen geschaffen und Herausforderungen gemeistert werden, da-
        mit sich die Holzbauweise im Mehrfamilien-Wohnungsbau etabliert.
14                                                                                    MieterMagazin 12/2021
W
            o noch vor zwei Jahren                                  eines jeden Gebäudes mindestens          Als die Architekten Tom Kaden und
            Flugzeuge ihr Fahrwerk                                  einen Anteil von 50 Prozent einneh-      Tom Klingbeil 2007 in der Esmarch-
            ausgefahren haben – zwi-                                men. Denn Holz ist nicht nur ein         straße in Prenzlauer Berg im Auftrag
schen dem Reinickendorfer Kurt-                                     nachwachsender Rohstoff, der in          einer Baugruppe ein siebengeschos-
Schumacher-Platz und der Lande-                                     seiner Verarbeitung keine Treibhaus-     siges Mehrfamilienhaus in reiner
bahn des Flughafens Tegel – steht                                   gasemissionen freisetzt, er verwan-      Holzbauweise planten, war das ein
ein klimapolitisch ambitioniertes und                               delt ein Gebäude auch in einen Spei-     Neuanfang – und eine Pionierleis-
bautechnisch innovatives Ziel auf der                               cher, der das vom Baum während           tung in gestalterischer und bautech-
Agenda: Das geplante Schumacher                                     seines jahrzehntelangen Wachstums        nischer Hinsicht. Denn nicht nur die
Quartier mit über 5000 Wohnungen                                    aufgenommene und eingelagerte            Decken und Fußböden, sondern
für mehr als 10 000 Menschen ist                                    CO2 dauerhaft festhält.                  auch Tragwerk und Wände wurden
nicht nur eines der größten Woh-                                    Das Schumacher Quartier wird so-         aus Holz geschaffen. Dafür musste
nungsbauprojekte der nächsten Jahre,                                mit buchstäblich auch zu einem ge-       die Landesbauordnung durch ergän-
es wird auch weltweit das erste über-
wiegend in Holzbauweise errichtete
Wohnviertel dieser Dimension.
„Mit dem Pilotprojekt Schumacher
Quartier betreten wir in vielem Neu-
land“, erklärt Gudrun Sack, Geschäfts-
führerin der Tegel Projekt GmbH,
                                                                                  Foto: Sabine Mittermeier

einer Gesellschaft, die das Areal des
ehemaligen Flughafens entwickelt.
„Vor allem aber soll hier eine Wen-
de beim Bauen eingeleitet werden.“
Dessen Belastungen für das globale

                                                                                                                                                                              Fotos: TegelProjekt-rendertaxi
Klima sind in den zurückliegenden
Jahren immer deutlicher wahrgenom-
men worden: So braucht es zum ei-
nen für die Herstellung von Beton,
dem wichtigsten Baustoff auf der

 Holz hilft die Klima-
  ziele zu erreichen
                                         Foto: Sabine Mittermeier

                                                                                                                                 „Holz wurde bei einem Quartier dieser
                                                                                                                                 Größenordnung noch nie eingesetzt“:
                                                                                                                                 Gudrun Sack, Geschäftsführerin der
Welt, geeigneten Sand. Die Ressour-                                                                                              Tegel Projekt GmbH
ce ist knapp, wird teuer gehandelt,
um die ganze Welt transportiert und
ihr Abbau ist in Ländern wie Malay-
sia, Thailand, Kambodscha und vor                                   waltigen CO2-Depot. Der Plan für         zende Sicherheitsmaßnahmen in Be-
allem Indonesien für dramatische                                    das neue Wohngebiet sieht vor al-        zug auf den Brandschutz angepasst
Umweltschäden verantwortlich.                                       lem sechs- bis achtgeschossige Wohn-     werden, denn sie erlaubte bis dahin
Zum anderen verursacht die Herstel-                                 häuser vor, aber auch mehrere „Hoch-     lediglich Holzbauten mit bis zu fünf
lung von Zement, dem Bindemittel                                    punkte“ mit bis zu 18 Stockwerken.       Vollgeschossen. Seitdem hat der
für Beton, weltweit sechs bis sieben                                „Es gibt durchaus Erfahrungen im         Holzbau in der Stadt an Bedeutung          L Weitere inter-
Prozent der CO2-Emissionen, deut-                                   Holzbau – aber in einem so großen        gewonnen.                                  essante Holzbau-
lich mehr als der gesamte Flugver-                                  Stadtquartier wie hier ist der Roh-      2014 entstand das Projekt „Spree-          projekte in Berlin
kehr. Das liegt am Brennen von Kalk,                                stoff bisher noch nicht eingesetzt       feld“. Eine Baugruppe ließ an der          und Brandenburg
einem Produktionsvorgang, bei dem                                   worden“, erklärt die Architektin         Grenze zwischen Mitte und Fried-           auf der Website
gebundenes CO2 freigesetzt wird.                                    Gudrun Sack. Das Material war mit        richshain drei baugleiche Holz-Beton-      https://holzbau
Schließlich ist auch das Formen von                                 der Industrialisierung und den ra-       Hybridgebäude errichten, in denen          atlas.berlin/
Stahl ein energieintensiver und da-                                 sant wachsenden Städten nach und         sich 63 individuell gestaltete Woh-
mit klimabelastender Prozess,                                       nach von den großen Baustellen ver-      nungen, eine Kita und eine Holz-
Im Schumacher Quartier dagegen                                      schwunden – verdrängt vom Mauer-         Werkstatt befinden.
soll – nach den Plänen der Entwick-                                 werk und später von den in Masse         „Nach vielen Jahren, in denen im
ler – nachhaltig gebaut werden. Holz                                produzierten Baustoffen Stahl und        städtischen Kontext vor allem Beton,
wird in Konstruktion und Fassade                                    Beton.                                   Glas und Stahl das Erscheinungsbild

MieterMagazin 12/2021                                                                                                                                                    15
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