Journal STADTTEIL-ZENTREN - GESUNDHEITS-Welche Konzepte sind sinnvoll? - Kassenärztliche Vereinigung Hamburg

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Journal STADTTEIL-ZENTREN - GESUNDHEITS-Welche Konzepte sind sinnvoll? - Kassenärztliche Vereinigung Hamburg
Rundschreiben des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg   ISSN 2568-9517   2/ 2022

                                                                   journal

        STADTTEIL-
       GESUNDHEITS-
         ZENTREN
                  Welche Konzepte sind sinnvoll?

   VERGÜTUNG                                       WIRKSTOFFVEREINBARUNG
Honorarvertrag für 2022                                 Anpassungen und Neuerungen
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IMPRESSUM

Das KVH-Journal enthält Informationen für den Praxisalltag, die für das
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KVH-Journal
der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg
für ihre Mitglieder und deren Mitarbeiter
ISSN (Print) 2568-972X
ISSN (Online) 2568-9517
Erscheinungsweise monatlich
Abdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers
Namentlich gezeichnete Artikel geben die
Meinung des Autors und nicht unbedingt
die des Herausgebers wieder.
VISDP: Walter Plassmann
Redaktion: Abt. Politik und Öffentlichkeitsarbeit
Martin Niggeschmidt, Dr. Jochen Kriens
Kassenärztliche Vereinigung Hamburg,
Humboldtstraße 56, 22083 Hamburg
Tel: 040 / 22802 - 655
E-Mail: redaktion@kvhh.de
Titelillustration: Sebastian Haslauer
Layout und Infografik: Sandra Kaiser
www.BueroSandraKaiser.de
Ausgabe 2/2022 (Februar 2022)

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EDITORIAL

                 Liebe Leserin, lieber Leser!
                 Viele Ärztevertreter sehen eine Impfpflicht mit          Nichts von alledem liegt bei der Impfung
                 Sorge. Denn irgendjemand muss den Zwang               gegen das SARS CoV-2-Virus vor. Zwar ist
                 zur Impfung ja im Falle eines Falles durchset-        die „Überlastung des Gesundheitswesens“
                 zen – mit entsprechenden Problemen in den             – das schützenswerte Gut – vom Bundes-
                 Praxen. Das ist eine der Fragen, die so gar nicht     verfassungsgericht in seinem (Nicht-)Urteil
                 bedacht werden, wenn über eine Impflicht              zum „Lockdown“ als grundsätzlich mögliche
                 debattiert wird. Eine andere ist die juristische      Begründung für eine Grundrechtseinschrän-
                 Umsetzbarkeit. Eine allgemeine Impfpflicht            kung akzeptiert worden. Aber bei einer
                 dürfte verfassungswidrig sein.                        Impfpflicht müsste nachgewiesen werden,
                    Impfen ist juristisch gesehen ein Eingriff         dass allein und ausschließlich die Nicht-Ge-
                 in die körperliche Unversehrtheit. Diese ist          impften diesen Kollaps herbeiführen.
                 geschützt in Artikel 2 des Grundgesetzes und             Selbst wenn dies gelänge (was schwer
                 gehört damit zu den „ewigen Grundrechten“,            vorstellbar ist), lägen die übrigen Vorausset-
                 die niemals verändert werden dürfen. Für              zungen für eine Grundrechtseinschränkung
                 einen Eingriff in diese Grundrechte gibt es           nicht vor: Die Wirkung der Impfung steht
                 hohe Hürden. Im Hinblick auf eine Impfpflicht         noch nicht fest, das Virus ist hoch mutati-
                 bedeutete dies, es müsste ein Gut geben,              onsfreudig und ein Impfschema deshalb gar
                 das höher einzustufen ist als die körperliche         nicht aufstellbar. Es wäre mit dem vom Ver-
                 Unversehrtheit, die Maßnahme müsste sicher            fassungsgericht bei Grundrechtseinschrän-
                 geeignet sein, um das Ziel zu erreichen, sie          kungen geforderten Bestimmtheitsgrundsatz
                 müsste klar beschreibbar sein und es dürfte           nicht vereinbar, wenn die Impfpflicht nach
                 keine milderen Mittel geben.                          Belieben durch politische oder gar adminis-
                    Ein Beispiel, bei dem diese Bedingungen            trative Entscheidungen immer neu festge-
                 vorgelegen haben, war die Polio-Schutzimp-            stellt werden müsste.
                 fung. Es gab ein klares Ziel, nämlich die von            Es erstaunt, dass bei einem derart eindeu-
                 der WHO weltweit koordinierte Ausrottung              tigen Befund die juristische Dimension so
                 des Polio-Virus. Das Virus ist völlig stabil, recht   gut wie nicht diskutiert wird – wie ja über-
                 einfach strukturiert. Es gibt einen Impfstoff,        haupt weniger mit Argumenten gearbeitet
                 dessen Wirkung 100 Prozent beträgt und ein            wird als mit Emotionen. Aber das passt zu
                 klares Impfschema: eine einzige Impfung im            den Erfahrungen, die wir in zwei Jahren
                 Kindesalter. Die Impfkampagne hatte Erfolg,           Corona machen mussten. Eigentlich können
                 das Polio-Virus gilt hierzulande als ausgerottet.     wir das besser.

                 Ihr Walter Plassmann,
                 Vorsitzender der KV Hamburg

KO N TA K T
Wir freuen uns über Reaktionen auf unsere Artikel, über Themenvorschläge und Meinungsäußerungen.
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I N H A LT

           Rundschreiben des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg   ISSN 2568-972X   2/ 2022

                                                                              journal

                                                                                                              SCHWERPUNKT
                   STADTTEIL-
                  GESUNDHEITS-                                                                                06_ Nachgefragt: Welches Konzept eines
                    ZENTREN                                                                                       Gesundheitszentrums ist für die
                             Welche Konzepte sind sinnvoll?
                                                                                                                  Versorgung benachteiligter
                                                                                                                  Stadtteile sinnvoll?
                                                                                                              08_ Gesundheitskiosk Billstedt/Horn:
                                                                                                                  Projekt der Ärzteschaft vor Ort
                                                                                                              12_ Poliklinik Veddel: Multidisziplinäres
                                                                                                                  Gesundheitszentrum auf der Elbinsel

              VERGÜTUNG                                       WIRKSTOFFVEREINBARUNG                           GESUNDEITSPOLITIK
           Honorarvertrag für 2022                                 Anpassungen und Neuerungen

                                                                                                              16_ Nach Druck aus der Ärzteschaft:
                                                                                                                  Testphase für eRezept
                                                                                                                  wird verlängert

                                                                                                              HONORAR

                                                                                                              18_ Honorarvertrag für 2022:
                                                                                                                  Hartes Ringen um ein "Weiter so"

                                                                                                              AU S D E R P R A X I S F Ü R D I E P R A X I S

                                                                                                              20_ Fragen und Antworten

    WEITERLESEN IM NETZ: WWW.KVHH.DE
    Auf unserer Internetseite finden Sie Informationen rund um den Praxisalltag – unter anderem zu Honorar, Abrechnung, Phar-
    makotherapie und Qualitätssicherung. Es gibt alphabetisch sortierte Glossare, in denen Sie Formulare/Anträge und Verträge
    herunterladen können. Sie haben Zugriff auf Patientenflyer, Pressemitteilungen, Telegramme und Periodika der KV Hamburg.

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22_ Interview zum Konzept des              N E TZ W E R K
    Corona-Impfnewsletters:                EV I D E N Z B A S I E RT E M E D I Z I N
    "Wir verstehen uns als                 28_Hausärztliche
    Informations-Broker"                      Herausforderung
                                              "Polypharmazie"
24_ Corona-Impfpflicht für
    in Praxen tätige Personen
                                           RUBRIKEN
      Nachweispflicht für Masern-
      Impfung bis Ende Juli verlängert     02_Impressum
                                           03_Editorial
25_ DMP: Pandemiebedingte Sonder-
    regelungen laufen aus                  KO L U M N E
                                           32_Zwischenruf
      Förderung der Weiterbildung:            von Dr. Matthias Soyka
      Neuerungen seit Jahresbeginn
                                           FORUM
      Kodierrätsel: Was bedeuten die
                                           33_Leserbrief
      Ausrufezeichen?
                                           TERMINKALENDER
                                           34_Termine und geplante
ARZN EIM ITTEL
                                              Veranstaltungen
26_ Anpassung der Wirkstoff-
    vereinbarung

S E L B S T V E R WA LT U N G

31_ Steckbrief: Dr. Sabine Sobirey

                                         BI LDNACHWEIS
                                         Titelillustration: Sebastian Haslauer
                                         Seite 3: Michael Zapf; Seite 7: AOK Rheinland/
                                         Hamburg, Stadtteilbüro Dulsberg; Seite 9 und
                                         10: Klaus Balzer / Gesundheit für Billstedt/
                                         Horn UG; Seite 12 und 13 oben: Marcus Vogel;
                                         Seite 13 unten: Wonkee – Büro für Gestaltung;
                                         Seite 14: Miguel Ferraz Araujo; Seite 15: Yuris
                                         Arcurs Photography/Fotolia; Seite 21: Studioline
                                         Hamburg; Seite 23: Martin Zitzlaff Photography/
                                         www.zitzlaff.com; Seite 34: Michael Zapf; Icons:
                                         iStockfoto

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NACHG EFRAGT

Welches Konzept
eines Gesund-
heitszentrums ist
für die Versorgung
benachteiligter                Dr. Gerd Fass
                               Facharzt für Chirurgie und Orthopädie

Stadtteile sinnvoll?           in Mümmelmannsberg

                               Mümmelmannsberg
                               kann Vorbild sein
                               Die Praxisklinik Mümmelmannsberg wurde als inter-
                               disziplinäres und sektorenübergreifendes Zentrum
                               konzipiert und funktioniert seit Jahrzehnten. Der
                               stationäre Bereich und die Praxen sind im selben
                               Gebäude untergebracht. Man findet dort fast alle
                               ärztlichen Disziplinen. Außerdem gibt es eine Physio-
                               therapie-Praxis und eine Apotheke und einen Ableger
                               des Gesundheitskiosks, in dem Arztbesuche vor- und
                               nachbereitet werden und Beratungen zur gesundheitli-
                               chen Prävention und Schulungen stattfinden. Die Zahl
                               der benötigten Belegbetten hat abgenommen, doch
                               davon abgesehen bleibt das Zentrum in Mümmel-
                               mannsberg ein erfolgreiches und tragfähiges Modell,
                               das meines Erachtens auf andere Stadtteile mit hohen
                               gesundheitlichen Belastungen übertragen werden
                               kann. Die vom Senat geplanten lokalen Gesund-
                               heitszentren (siehe Kasten Seite 11) sind anders konst-
                               ruiert. Auch dieses Modell ist gut, doch es gibt zwei
                               Schwachstellen: Erstens ist die Fördersumme zu gering,
                               die Zentren wären stark unterfinanziert. Zweitens sind
                               die Förderkriterien zu eng und unflexibel. Solche
                               Zentren müssen angepasst sein an die Strukturen und
                               Initiativen im Stadtteil und zusammen mit den Ärztin-
                               nen und Ärzten konzipiert werden.

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NACHG EFRAGT

Matthias Mohrmann                                        Jürgen Fiedler
Mitglied des Vorstandes der AOK                          Leiter des Stadtteilbüros
Rheinland/Hamburg                                        Dulsberg

Modell der Poliklinik                                    Berücksichtigung der
als Beispiel                                             Gegebenheiten vor Ort
Aktuell ist es häufig so, dass keine oder zu wenig       Ein lokales Gesundheitszentrum (vgl. Kasten Seite 11)
Koordination zwischen den an der haus- und fachärztli-   mit seiner Niedrigschwelligkeit, seiner lokalen Veror-
chen Versorgung Beteiligten stattfindet und die Kom-     tung, seiner Neutralität in der Erstberatung und der
munikation von den Patientinnen und Patienten als        Vielfalt der komplettierenden sozialräumlichen Ange-
unzureichend beschrieben wird. Sinnvoll und notwen-      bote bietet chancenreiche Voraussetzungen, um diejeni-
dig ist es daher aus unserer Sicht, eine vernetzte       gen Bevölkerungsgruppen, die wenig informiert, zudem
Versorgung zu etablieren und die Menschen durch das      reserviert Angeboten gegenüberstehen, anzusprechen.
komplexe Versorgungssystem zu leiten. Beispielhaft ist   Wichtiges Erfordernis dafür ist, die Idee eines lokalen
hier das Modell der Polikliniken zu nennen, andere       Gesundheitszentrums vor Ort zu vermitteln. Dabei
Formen der Vernetzung von Einzelpraxen sind ebenso       braucht es die KV als Partner und vermittelnden Akteur,
denkbar und wünschenswert. Aspekte wie eine ge-          denn, so meine Erfahrung, es begegnet einem vor allem
meinsame Datenbasis der verschiedenen Fachdiszipli-      Skepsis und wenig intrinsische Motivation bei der
nen für eine abgestimmte Diagnostik und Therapie und     Ansprache an die lokale Ärzteschaft. Zudem benötigt es
eine Reduzierung der Wartezeiten auf fachärztliche       Förderbedingungen, in denen die unterschiedlichen
Termine können maßgeblich dazu beitragen, die            Rahmenbedingungen vor Ort hinreichend berücksich-
Versorgung messbar zu verbessern.                        tigt werden: Ist der Wunsch „alles unter einem Dach“
                                                         aufgrund der Zuschnitte der gewerblichen Einheiten im
                                                         Gebäudebestand überhaupt umsetzbar? Die Frage, ob
                                                         mit Arztsitz oder als Kooperation, muss vor Ort ent-
                                                         schieden werden, je nach Bereitschaft der jeweiligen
                                                         Ärzteschaft. Unterm Strich bleibt die Aufforderung,
                                                         das Thema zwischen Ärzteschaft und den sozialen
                                                         Dienstleistern intensiver zu diskutieren.

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                                          VON DR. DIRK HEINRICH

                     Projekt
                 der Ärzteschaft
                     vor Ort
                                  Wie muss ein Gesundheitszentrum
                               konstruiert sein, damit es die Versorgung
                                 in prekären Stadtvierteln verbessert?
                                         Der Gesundheitskiosk
                                    Billstedt/Horn zeigt, wie’s geht.

L    okale Gesundheits- und Bera-
     tungszentren stehen derzeit
hoch im Kurs. Die neue Bundesre-
                                       renübergreifenden Versorgungsan-
                                       sätzen, die in die Regelversorgung
                                       überführt werden können“, so die
                                                                                  Die Idee, eine niedrigschwellige
                                                                               Anlaufstelle mit medizinischen und
                                                                               sozialen Angeboten einzurichten,
gierung hat in ihrem Koalitions-       Hamburger Sozialbehörde.                entstand während der Versamm-
vertrag angekündigt, in besonders         Der bislang einzige deutsche Ge-     lungen unseres KV-Kreises Bill­
benachteiligten Kommunen und           sundheitskiosk arbeitet in Billstedt-   stedt/Horn. Wir haben in unseren
Stadtteilen „niedrigschwellige Bera-   Horn und hat bereits gezeigt, dass er   Praxen oftmals mit Menschen aus
tungsangebote (z.B. Gesundheitski-     funktioniert. Der Abschlussbericht      einem gesundheitlich belastendem
oske) für Behandlung und Präventi-     der wissenschaftlichen Begleiteva-      Lebensumfeld zu tun. Die Einwoh-
on“ zu errichten. Die Stadt Hamburg    luation, den das Hamburg Center         ner von Billstedt und Horn sterben
will lokale Gesundheitszentren in      for Health Economics (HCHE) der         im Schnitt zehn Jahre früher als die
Stadtteilen auf den Weg bringen,       Universität Hamburg im April 2021       Eimsbüttler oder Blankeneser. Viele
die eine hohe Konzentration sozia-     vorgelegt hat, kommt zu dem Ergeb-      unserer Patientinnen und Patienten
ler Problemlagen aufweisen. Damit      nis: „Der Gesundheitskiosk verbes-      haben einen Migrationshinter-
will Hamburg „auch Erfahrungen         sert die Versorgung in den sozial       grund, sie zu beraten ist manchmal
sammeln mit zukunftsfähigen,           benachteiligten Stadtteilen Billstedt   sehr aufwändig und schwierig. Wir
patientenorientierten und sekto-       und Horn.“                              beschlossen, ein Ärztenetz zu grün-

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Gesundheitskiosk in Billstedt: Die umliegenden Praxen überweisen Patienten, die eine Beratung, Schulung oder Steuerung in
passende Gesundheitsangebote brauchen.

den und dies mit der Schaffung ei-         Jahren durch eine Förderung des            tinnen und Ärzte festgestellt. Das
nes institutionalisierten Beratungs-       Innovationsfonds des G-BA.                 Ärztenetz Billtedt-Horn hat mitt-
angebots zu verbinden. Allerdings          Der Gesundheitskiosk hat mittler-          lerweile 65 Mitglieder. Behandelt
war klar, dass dieses Projekt nur          weile drei Standorte: in Billstedt         man beispielsweise einen schlecht
funktionieren kann, wenn es von            (Möllner Landstraße 18), Mümmel-           Deutsch sprechenden Patienten mit
einer Management-Gesellschaft              mannsberg (Oskar-Schlemmer-                Übergewicht und Diabetes, ist die
organisiert wird. Im Jahr 2016 grün-       Straße 9-15) und in Horn (Am               Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß,
deten wir als Trägergesellschaft           Gojenboom 46). Insgesamt arbeiten          dass eine Gesundheitsberatung nur
für einen Gesundheitskiosk nach            dort etwa sechs Personen in Vollzeit       in der Arztpraxis ausreicht. Also
                                                                                      schlägt die Ärztin oder der Arzt eine
                                                                                      eingehende, zusätzliche mutter-
   Die Idee, ein Beratungsangebot einzurichten,                                       sprachliche Beratung im Gesund-
   entstand in der Kreisversammlung.                                                  heitskiosk vor. Wenn der Patient ein-
                                                                                      verstanden ist, wird er in das Projekt
                                                                                      eingeschrieben. Er bekommt eine
finnischem Vorbild die „Gesundheit         – vor allem akademisierte Pflege-          Überweisung, geht in den Gesund-
für Billstedt/Horn UG“, an der zu          kräfte, die mindestens noch eine           heitskiosk und erhält dort beispiels-
60 Prozent unser Ärztenetz, zu 30          Sprache zusätzlich beherrschen,            weise eine Diabetesberatung, eine
Prozent Optimedis sowie zu jeweils         manche auch zwei.                          Anleitung zur Gewichtsreduktion
fünf Prozent die Stadtteil Klinik             Die Notwendigkeit einer Bera-           oder Bewegungsangebote. Falls
Hamburg (SKH) und der Virchow-             tung, Schulung oder eines anderen          nötig, wird er durch das Gesund-
Bund beteiligt waren. Finanziert           Angebots im Gesundheitskiosk wird          heitssystem gelotst ­– beispielsweise
wurde das Projekt in den ersten drei       in den Praxen der beteiligten Ärz-         bei einer sektorenübergreifenden

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Beratung im Gesundheitskiosk: weniger Diabetes-Entgleisungen, weniger hypertone Krisen, weniger Klinikeinweisungen

Versorgung mit Krankenhaus und            und Ärzten entgegen, die eher im          und Patienten durch die Beratung
Reha. Außerdem erfahren die Men-          Team arbeiten wollen und sich             in passende Gesundheitsangebote
schen, welche Hilfen und Angebote         mehr Austausch und Diskussion             gesteuert werden. Es gibt weniger
es sonst noch im Stadtteil gibt:          über Patienten wünschen. Auch das         Diabetes-Entgleisungen, weniger
Sportverein, Kulturverein, Billenetz      wird durch das Projekt möglich.           hypertone Krisen, weil die Men-
und auch städtische Einrichtungen         ● Die Ärztinnen und Ärzte er-             schen besser betreut werden. Die
wie Mütter-Beratungsstellen. Auch         halten eine zusätzliche (add-on)          gemeinsame Zusammenarbeit mit
das wird von der „Gesundheit für          Vergütung für die Überweisung             dem Gesundheitskiosk, in einem
Billstedt-Horn UG“, der von uns           an den Gesundheitskiosk und für           „multiprofessionellen“ Ärzte-Pflege-
gegründeten Trägergesellschaft des        bestimmte Zusatz-Leistungen wie           Tandem in der Patientenversorgung,
Gesundheitskiosk, koordiniert. Wir        die Erfassung des Risikoprofils und       führt zu besseren Kenntnissen über
haben versucht, im Rahmen einer           Zielvereinbarungsgespräche mit            das Gesundheitswesen. Die Not-
Art Stadtteilkonferenz alle Instituti-    den Patienten sowie das Mitwir-           aufnahme wird deshalb seltener
onen und Beratungsstrukturen, die         ken an Arzneimittelkonsilen und           in Anspruch genommen, wenn das
                                                                                    Anliegen noch Zeit hat, bis die Arzt-
                                                                                    praxen oder der Gesundheitskiosk
     Die beteiligten Praxen erhalten eine                                           öffnen.
     Ver­gütung für erbrachte Zusatzleistungen.                                         Nachdem die Förderung durch
                                                                                    den Innovationsfonds ausgelaufen
                                                                                    war, stiegen neben der AOK Rhein-
im Stadtteil eine Rolle spielen, zu       Qualitätszirkeln. Die zusätzliche         land/Hamburg noch die TK, die DAK
vernetzen und zusammenzuführen.           Vergütung wird mit der Gesellschaft       Gesundheit, die Barmer und schließ-
   Für die Ärztinnen und Ärzte in         „Gesundheit für Billstedt/Horn“           lich die Mobil Krankenkasse in den
der Umgebung gibt es drei Anreize,        abgerechnet.                              Vertrag mit ein. Damit können fast
sich an diesem Projekt zu beteiligen:        Der Evaluation des HCHE zufolge        90 Prozent der Versicherten in Bill­
● Aufwändige Patienten werden             berichten die am Projekt teilneh-         stedt/Horn am Projekt Gesundheits-
besser betreut. Das macht die             menden Ärztinnen und Ärzte von            kiosk teilnehmen.
Versorgung erfolgreicher – und            einer Arbeitserleichterung und               Ist es nun an der Zeit, das Modell
es reduziert den Aufwand in der           einer Verbesserung der Versorgung.        Gesundheitskiosk in die Regelver-
Praxis, sodass mehr Zeit für andere       Vermeidbare Krankenhausfälle sind         sorgung zu überführen? Ich würde
Patienten bleibt.                         nachweisbar um fast 20 Prozent            sagen: ja. Allerdings hängt der
● Die vernetzte Arbeit im Stadtteil       zurückgegangen. Wir können                Erfolg eines Gesundheitskiosks ganz
kommt gerade jüngeren Ärztinnen           feststellen, dass die Patientinnen        entscheidend vom Engagement

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und der Beteiligung der Praxen im        Gesundheitszentrum schicken?                  Anders als das lokale Gesund-
Stadtteil ab. Ein solches Modell funk-   Eine vertragsärztliche Praxis zum          heitszentrum kann der Gesund-
tioniert nur, wenn die im Umfeld         festen Kernbestandteil eines lokalen       heitskiosk aber immerhin zwei
niedergelassenen Ärztinnen und           Gesundheitszentrums zu machen,             Aspekte vorweisen, die eine Nieder-
Ärzte der Arbeit des Kiosks vertrau-     stellt wohl auch einen Versuch dar,        lassung in prekären Gegenden
en und sich aktiv beteiligen. Wenn       Ärztinnen und Ärzte an Gegenden zu         attraktiver machen: die bessere
sie wissen, dass dort in ihrem Sinne     binden, die vergleichsweise schlecht       Vernetzung und die zusätzlichen
beraten wird und wenn sie deshalb        versorgt sind. Doch das geht an der        Einnahmen aus Add-on-Honoraren.
in großer Zahl Patientinnen und          Problemlage vorbei. Das Problem            Das sind wichtige Anreize, die dafür
Patienten überweisen.                    ist die Honorarmisere der Praxen in        sorgen, dass der Gesundheitskiosk
  Die von der Hamburger Sozialbe-        den prekären Stadtteilen, und Schuld       von den umliegenden Praxen
hörde geplanten lokalen Gesund-          daran ist die Einnahmeschwäche des         getragen wird, erfolgreich arbeiten
heitszentren (siehe Kasten) sind an-     GKV-Bereichs. Wer Ärztinnen und            kann und damit auf Dauer auch
ders konstruiert. Die umliegenden        Ärzte in ärmeren Gegenden halten           eine Anziehungskraft auf niederlas-
Praxen sind nicht direkt beteiligt.      will, muss die Budgetierung aufhe-         sungswillige Ärztinnen und Ärzte
Werden die Ärztinnen und Ärzte           ben – das ist mein ceterum censeo          ausübt.
aus der Umgebung gut mit einem           seit vielen Jahren.
Zentrum zusammenarbeiten, in                Das TSVG hat hier schon Verbes-                  DR. DIRK HEINRICH
dessen Trägerschaft und inhaltliche      serungen gebracht, aber das reicht                  ist Mit-Initiator des Ge-
Ausrichtung sie nicht eingebunden        noch nicht aus. Nur eine Bezahlung                  sundheitskiosks Billstedt/
sind? Bei dem sie nicht wissen, ob       der GKV-Leistungen zu 100 Prozent                   Horn, zweiter Vorsitzen-
die Beratung dem entspricht, was         würde die Einkommensunterschiede           der des Ärztenetzes Billstedt/
sie für medizinisch richtig halten?      zwischen Praxen in prekären Stadt-         Horn, Bundesvorsitzender des
  Und es gibt ein weiteres Prob-         teilen und Praxen in wohlhabenden          Virchowbundes und Vorsitzender
lem: Konstitutiver Teil der von der      Gegenden mit vielen Privatpatienten        der Vertreterversammlung der KV
Sozialbehörde geplanten Gesund-          auf ein erträgliches Maß reduzieren.       Hamburg
heitszentren soll eine haus- oder
kinderärztliche Praxis sein. Doch
wenn eine Praxis direkt im Ge-
sundheitszentrum sitzt, besteht das
Risiko, dass die Patienten sagen:
                                             Lokale Gesundheitszentren:
„Warum soll ich zu dem Arzt zurück-          Das Konzept des Senats
gehen, der mich hergeschickt hat?
Hier gibt’s doch auch einen Arzt, da         Die Stadt Hamburg will in benach-       (Gemeindeschwester, Community
                                             teiligten Stadtteilen insgesamt         Health Nurse) sowie eine Sozialbe-
bleibe ich doch gleich hier.“ Das ist
                                             sieben Gesundheitszentren auf den       ratung. Um eine sektorenübergrei-
natürlich nicht im Sinne der umlie-          Weg bringen. Gemeinnützige Träger       fende Vernetzung zu fördern, soll das
genden Praxen, die ein berechtigtes          konnten sich von Anfang 2020 bis        Gesundheitszentrum außerdem feste
Interesse daran haben, ihre Patien-          Ende 2021 um eine Förderung von         Kooperationen mit Einrichtungen aus
                                             100.000 Euro jährlich und um die        dem Stadtteil eingehen – beispiels-
tinnen und Patienten nicht an einen          Finanzierung einer halben Stelle für    weise mit Pflegediensten, Beratungs-
Konkurrenten zu verlieren, der als           Sozialberatung bewerben. Konsti-        stellen und psychotherapeutischen
Teil des Gesundheitszentrums ein             tutiver Bestandteil des jeweiligen      oder psychosozialen Angeboten. Die
                                             Gesundheitszentrums ist mindestens      finanzielle Förderung für die Zentren
Alleinstellungsmerkmal und einen
                                             eine kooperierende hausärztliche        soll zunächst über drei Jahre laufen.
Wettbewerbsvorteil hat.                      oder pädiatrische Praxis. Außerdem      Nach Auskunft der Sozialbehörde
  Werden die umliegenden Arzt-               soll es am selben Ort ein medizi-       sind bis Fristende sechs Bewerbungen
praxen ihre Patienten unter diesen           nisch-pflegerisches Angebot geben       eingegangen.
Voraussetzungen zur Beratung ins

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RUBRIK

INTERVIEW

»Wirksameres Arbeiten«
Was ist die Idee hinter der Poliklinik auf der Veddel? OLE BONNEMEIER über
die Ideal-Version eines Gesundheitszentrums, die Vorteile multiprofessioneller
Zusammenarbeit und die Versorgungskonzepte der Gesundheitsbehörde.

                  "Gesundheit hängt unter anderem von der sozialen und wirtschaftlichen Umgebung ab."
                  Ole Bonnemeier arbeitet seit 2017 als Facharzt für Allgemeinmedizin in der Poliklinik Veddel.

Wie ist die Poliklinik Veddel ent-             lichen Umgebung abhängt. Die                 mit der Situation auf der Veddel zu
standen?                                       Veddel ist ein Gebiet, in dem meh-           beschäftigen, hatten sich dort seit
BONNEMEIER: Unser Ziel war                     rere Faktoren zusammenkommen:                Jahren keine Ärztinnen und Ärzte
es, ein lokales, multidisziplinäres            Viele der Einwohner leben in einem           mehr niedergelassen. Von ehemals
Gesundheitszentrum zu realisieren.             gesundheitlich belastenden Um-               vier Praxen im Stadtteil war nur
Das Modell ist in anderen Ländern              feld, was zu höherer Morbidität und          noch eine einzige übrig.
erfolgreich, denn es berücksichtigt,           Mortalität führt. Gleichzeitig gibt
dass Gesundheit unter anderem                  es einen Mangel an Gesundheits-              Im Jahr 2017 haben Sie eine Son-
von der sozialen und wirtschaft-               angeboten. Als wir begannen, uns             derbedarfszulassung beantragt

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S C H W E RRPUUBNRK
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                                                                                  Die Angebote sind nicht mehr un-
                                                                                  ter einem Dach?
                                                                                  BONNEMEIER: Leider nur teilweise.
                                                                                  Die Grundidee des Konzepts ist, die
      Poliklinik am Zollhafen: Praxis als Teil des Gesundheitszentrums            Professionen eng zu verzahnen und
                                                                                  kurze Wege zu ermöglichen. Das
                                                                                  ist nur bedingt gelungen, weil die
                                                                                  Fläche am Zollhafen zu klein wurde
                                                                                  und wir keine größere zusammen-
                                                                                  hängende Räumlichkeit gefunden
                                                                                  haben. Doch die drei Standorte sind
                                                                                  zumindest nicht weit voneinander
                                                                                  entfernt.

                                                                                  Wie würde ein ideales Gesund-
                                                                                  heitszentrum für die Veddel aus­
                                                                                  sehen?
                                                                                  BONNEMEIER: Ideal wäre vor
                                                                                  allem eine verlässliche Vergütungs-
                                                                                  struktur für die nichtärztlichen
                                                                                  Versorgungsbereiche inklusive
      Multidisziplinäres Angebot mit Gesundheits- und Sozialberatung              Organisation und Verwaltung.
                                                                                  Darüber hinaus sollten möglichst
                                                                                  viele Fachdisziplinen an einem
                                                                                  Ort zusammengeführt werden.
                                                                                  Im medizinischen Bereich braucht
                                                                                  es zunächst ein gynäkologisches
und eine allgemeinmedizinische             für Stadtteil-Arbeit sowie ein Com-    Angebot. Eine pädiatrische Sprech-
Praxis am Zollhafen eröffnet …             munity-Health-Nurse-Konzept. Im        stunde wäre sinnvoll, eine physio-
BONNEMEIER: Ja. Die Praxis war             April 2021 haben wir einen weiteren    therapeutische Praxis im Stadtteil
von Anfang an als Teil eines multi-        Arztsitz übernommen. Der Praxisbe-     ebenso. Außerdem würde ich mir
disziplinären Gesundheitszentrums          reich ist in eine Berufsausübungsge-   größere Räumlichkeiten wünschen,
konzipiert. Im Laufe der Zeit kamen        meinschaft mit zwei Betriebsstätten    in denen Präventionsmaßnahmen
Sozialberatung, psychologische Be-         überführt worden. Im Rahmen der        und Schulungen, Versammlungen
ratung und eine Hebammen-Praxis            Ausweitung unserer Angebote wur-       und Nachbarschaftstreffen noch
hinzu. Außerdem gibt es eine Stelle        de ein dritter Standort etabliert.     effektiver stattfinden können.     ➞

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SCHWERPUNKT

                                                                                        offenbar gibt es teilweise Probleme,
                                                                                        Ärztinnen und Ärzte zu finden, die
                                                                                        sich darauf einlassen. Das alles ist
                                                                                        neu, die Ärztinnen und Ärzte wissen
                                                                                        nicht genau, was auf sie zukommt.
                                                                                        Hier könnte die KV helfen, indem
                                                                                        sie die Projekte mit bestehendem
                                                                                        Instrumentarium unterstützt – zum
                                                                                        Beispiel, indem sie ihren Einfluss auf
                                                                                        Landes- und Zulassungsausschuss
                                                                                        geltend macht, um zusätzliche
                                                                                        Arztsitze in unterversorgten Ge-
                                                                                        bieten zur Verfügung zu stellen. Es
                                                                                        braucht meines Erachtens hierfür
                                                                                        auch erweiterte lokale Bewertungs-
             Wegweiser zur Poliklinik: "Die umliegenden Praxen sind weit weg."
                                                                                        verfahren. Die aktuelle Bedarfs-
                                                                                        planung bildet die Bedürfnisse der
                                                                                        Bewohnerinnen und Bewohner in
➞ Wie haben die umliegenden Pra-                BONNEMEIER: In vielen Konstella-        unterversorgten Gebieten nicht
   xen auf die Eröffnung der Polikli-           tionen wäre es sicher ein gangbarer     adäquat ab. Eine andere Frage ist
   nik reagiert?                                Weg, wenn sich Ärztinnen und Ärz-       die Finanzierung der nicht-ärztli-
   BONNEMEIER: Die umliegenden                  te zusammentun und zusammen             chen Leistungen. Hierfür sieht das
   Praxen sind weit weg. Die dort               mit gemeinnützigen Trägern ein          Konzept der Gesundheitsbehörde
   arbeitenden Ärztinnen und Ärzte              Gesundheitszentrum gründen. Es          bestimmte Gelder vor. Das ist noch
   haben die Eröffnung des Gesund-              gilt, die strukturellen Voraussetzun-   unzureichend, doch es ist immerhin
   heitszentrums eher befürwortet,              gen dafür zu schaffen. Der weitere      der Versuch, sich der Kostenkalkula-
                                                                                        tion eines multiprofessionellen Ge-
                                                                                        sundheitszentrums von städtischer
        "Die Versorgung der Patienten verbessert                                        Seite konzeptuell zu nähern. Das
        sich in dieser Konstellation oftmals                                            geschieht so zum ersten Mal. Ich bin
        deutlich – das ist sehr befriedigend."                                          froh, dass jetzt über neue Versor-
                                                                                        gungsstrukturen diskutiert wird.

   denn sie wussten aus ihrer tägli-            Abfluss von Sitzen in vorwiegend        Mal abgesehen von der konzeptu-
   chen Arbeit, dass es auf der Veddel          profitorientierte Strukturen muss       ellen Ausgestaltung: Was könnte
   einen echten Mangel gibt. Sie wären          verhindert werden.                      denn Ärztinnen und Ärzte daran
   wohl auch nicht dazu in der Lage                                                     reizen, mit einem lokalen Gesund-
   gewesen, noch mehr Versorgung auf            Was halten Sie vom Konzept der          heitszentrum zu kooperieren?
   der Veddel selbst zu übernehmen.             lokalen Gesundheitszentren, das die     BONNEMEIER: Ich empfinde es als
   Auch in den umliegenden Stadttei-            Gesundheitsbehörde entwickelt hat?      Gewinn, in einem multiprofessio-
   len, Rothenburgsort im Norden und            BONNEMEIER: Das Konzept ist             nellen lokalen Gesundheitszentrum
   Wilhelmsburg im Süden, gibt es ja            begrüßenswert. Es geht ja zunächst      zu arbeiten, weil sich die Versor-
   vergleichsweise wenige Praxen.               mal um eine Kooperation zwischen        gung der Patientinnen und Patien-
                                                einer medizinischen Einrichtung         ten in dieser Konstellation oftmals
   Wäre es möglich gewesen, ein                 und einem gemeinnützigen Träger         deutlich verbessert. Es ist ein
   Ärztenetz zum Träger des Gesund-             auf rein formaler Ebene – nicht         wirksameres Arbeiten – das ist sehr
   heitszentrums zu machen?                     mehr und nicht weniger. Doch            befriedigend.

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Auf Drängen der Ärzteschaft:
Testphase für eRezept wird verlängert
Auch die Vertreterversammlung der KV Hamburg hatte eine Resolution gegen einen
verpflichtenden Starttermin verabschiedet

                      N      ach massiver Kritik hat
                             das Bundesministerium
                       für Gesundheit (BMG) die für
                                                        den“, heißt es in der Resolution
                                                        der Vertreterversammlung.
                                                        „Erst wenn das System stabil
                                                                                           Anfang Dezember in einer ge-
                                                                                           meinsamen Mitteilung gegen
                                                                                           den ursprünglichen Startter-
                       den 1. Januar 2022 geplante      und fehlerfrei läuft, kann es      min ausgesprochen.
                       verpflichtende Einführung        scharf geschaltet werden.“            Laut Gematik soll die erwei-
                       des eRezepts ausgesetzt. Die     Der Beschlussfassung voraus-       terte Testphase dazu genutzt
                       Testphase wird verlängert, die   gegangen war eine kritische        werden, um die Anzahl der
                       Umsetzung soll nun sukzessive    Diskussion des Plenums zum         Teilnehmenden an den Tests
                       erfolgen.                        Chaos bei der Einführung von       zu erhöhen, Updates aufzu-
                          Auch die Hamburger Ver-       eRezept, eAU und ePA, die          spielen, die nötige Software zu
                       tragsärzteschaft hatte sich      spontan zur Forderung nach         installieren, das Personal zu
                       gegen den verpflichtenden        einem Moratorium und zur           schulen und die Stabilität des
                       Starttermin des eRezepts und     Formulierung der Resolution        Zusammenwirkens der einzel-
                       der eAU positioniert. Am 16.     führte.                            nen erforderlichen Komponen-
                       Dezember 2021 forderte die          Die KV Bayerns (KVB) hatte      ten intensiv zu prüfen. Beob-
                       Vertreterversammlung der         zuvor eine Petition gestartet,     achter in Berlin werten diesen
                       KV Hamburg in einer von der      mit der sie einjährige Test-       Schwenk als Zeichen, dass der
                       Hausärztin Dr. Silke Lüder       phasen für die eAU und das         neue Bundesgesundheitsmi-
                       eingebrachten Resolution das     eRezept sowie perspektivisch       nister das Thema Digitalisie-
                       BMG dazu auf, die strikten       für alle künftigen TI-Anwen-       rung des Gesundheitswesens
                       Vorgaben zur Einführung des      dungen sowie eine Beibe-           nicht mit derselben Vehemenz
                       eRezeptes aufzuheben, da an-     haltung von Ersatzverfahren        umsetzen möchte, die sein
                       sonsten die Praxen lahmgelegt    forderte – und konnte dafür        Vorgänger an den Tag gelegt
                       und die ambulante Versorgung     über 53.000 Unterstützerinnen      hatte.
                       der Patienten zum Erliegen       und Unterstützer gewinnen.            Die Ärztinnen und Ärzte
                       kommen könnte. „Vor der Ein-     Jetzt muss sich der Petitions-     waren ohne ihr Zutun in eine
                       führung von eAU und eRezept      ausschuss des Bundestages          Zwickmühle geraten, da die
                       müssen valide flächendecken-     mit dieser Resolution befassen;    Nutzung des eRezepts für die
                       de Tests durchgeführt wer-       er kann eine Empfehlung an         Praxen verpflichtend werden
                                                        den Bundestag aussprechen.         sollte, die technischen Voraus-
                                                           Scharfe Kritik an der chaoti-   setzungen aber nicht flächen-
                                                        schen Einführung des eRezepts      deckend gegeben waren. Für
                                                        kam auch von den Bundesor-         die Praxen bedeutet die
                                                        ganisationen der Leistungs-        Verlängerung der Testphase
                                                        erbringer, die an der Gematik      nun eine enorme Entlastung,
                                                        als Gesellschafter beteiligt       da sie erst einmal am bewähr-
                                                        sind: Ärzte, Zahnärzte, Apothe-    ten Papier-Verfahren festhal-
                                                        ker und Kliniken hatten sich       ten können.

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HONORAR

Hartes Ringen um ein »Weiter so«
Die Komplexität von Verhandlungen lässt sich nicht immer am Verhandlungsergebnis
ablesen. Der Honorarvertrag für 2022 sieht im Wesentlichen ein „Weiter so“ vor.
Das war aber gar nicht so einfach zu erreichen.

                       Unspektakulär kommt er daher, der Honorar-         Die Unparteiischen wiesen zwar die Forde-
                       vertrag für 2022. Die nackten Zahlen:           rung der KBV nach Einbezug der Gehaltser-
                       ● Die auf der Bundesebene vereinbarte An-       höhung zurück (sie wird 2023 berücksichtigt),
                       hebung des Orientierungspunktwertes (OPW)       sahen aber bei anderen Faktoren die Argumen-
                       um 1,275 Prozent auf 11,2662 Euro-Cent wird     te auf Seiten der Ärzte. So wurde die Anhebung
                       übernommen.                                     um 1,275 Prozent festgesetzt. Sie bedeutet für
                       ● Wegen der besonderen Kostensituation der      Hamburg einen Zuwachs von ca. 17,2 Millionen
                       Hamburger Praxen wird der OPW um weitere        Euro, wenn die für 2022 erwartete Leistungs-
                       1,626 Prozent erhöht auf 11,4494 Euro-Cent.     menge tatsächlich abgerechnet wird.
                       ● Die Krankenkassen fördern die pädiatrische       Diese Bundeszahl wird seit einigen Jahren
                       Versorgung in strukturschwächeren Bezirken      mit dem „Hamburg-Zuschlag“ ergänzt. Er be-
                       für drei Jahre mit jeweils 500.000 Euro.        ruht auf einer gesetzlichen Vorschrift, wonach
                       ● Die Krankenkassen beteiligen sich mit         der OPW regional erhöht werden kann, wenn
                       jeweils 1,5 Millionen Euro jährlich für die     die regionalen Kostenfaktoren über dem Bun-
                       nächsten vier Jahre an den Kosten des Arztruf   desdurchschnitt liegen. Die KV Hamburg hatte
                       Hamburg.                                        eine solche Erhöhung gegen den erbitterten
                          Die beiden letzten Punkte enthalten nichts   Widerstand der Krankenkassen durchgesetzt
                       Neues. Trotzdem wurde hierüber hart gerun-      – schlussendlich durch einen Sieg vor dem
                       gen. Denn es sind freiwillige Leistungen der    Bundessozialgericht. Für 2022 ergab sich ein Zu-
                       Krankenkassen, sodass eine Verhandlungslö-      wachs des OPW um weitere 1,626 Prozent, was
                       sung zwingend war.                              weiteren 21,9 Millionen Euro entspricht.
                          Im Vergleich dazu waren die Abschlüs-           Unter dem Strich steigen die Preise für die
                       se zum OPW eher Routinegeschäft. Auf der        ärztlichen und psychotherapeutischen Leistun-
                       Bundesebene hatten die Positionen sehr weit     gen in Hamburg damit um knapp drei Prozent.
                       auseinandergelegen, weil die Kassenärztliche    Das ist angesichts der äußerst schwierigen
                       Bundesvereinigung den hohen Abschluss für       Rahmenbedingungen, unter denen verhandelt
                       die Tarifgehälter der Medizinischen Fachan-     werden musste – die Krankenkassen sind mit
                       gestellten einpreisen wollte. Die Krankenkas-   noch unkalkulierbaren Pandemiekosten kon-
                       sen wollten dagegen den OPW absenken und        frontiert –, recht ordentlich.
                       waren lediglich bereit, „aus Anerkennung für       War diese Pflicht vergleichsweise schnell ab-
                       die großen Leistungen der Ärztinnen und Ärzte   gehakt, so gestaltete sich die „Kür“ sehr schwie-
                       in der Pandemie-Bekämpfung“ einer Nullrun-      rig. Es galt zum einen, die Förderung der Kran-
                       de zuzustimmen. Die KBV rief schließlich das    kenkassen für die pädiatrische Versorgung zu
                       Schiedsamt an.                                  retten. Sie ging zurück auf eine Untersuchung
                                                                       der KV Hamburg, mit der wir nachweisen konn-
                                                                       ten, dass in einzelnen Bezirken Hamburgs trotz
                                                                       einer statistischen Überversorgung Probleme

18   |   KV H - J O U R N A L                                                                                   2/2022
HONORAR

bestehen, die nur mit zusätzlichen Arztsitzen        Die Gelder flossen in den Verwaltungshaushalt
gelöst werden konnten. Der „Landesausschuss“         der KV und entlasteten damit die Ärzte und
ließ sich überzeugen und genehmigte vier zu-         Psychotherapeuten.
sätzliche Kinderarztsitze, und zum allerersten          Nun wurde der Arztruf in den vergangenen
Mal erklärten sich die Kassen bereit, zusätzliche    Jahren massiv ausgebaut. Die Kosten verdop-
Zulassungen zu finanzieren.                          pelten sich. Trotzdem wollten die Krankenkas-
   Das damals gefundene Modell der Erhöhung          sen ihre Unterstützung halbieren. Das hätte
der „morbiditätsbedingten Gesamtvergütung“           entweder zur Folge gehabt, dass der Verwal-
(„Budget“) wurde zwar umgesetzt, stieß jedoch        tungskostenbeitrag der KV-Mitglieder drastisch
auf Kritik durch das für die Kassenaufsicht          hätte angehoben werden müssen oder dass
zuständige „Bundesamt für soziale Sicherung“         einzelne Leistungen des Arztruf hätten gestri-
(BAS). Die Beamten monierten, dass eine zu           chen werden müssen. Beide Alternativen waren
einem späteren Zeitpunkt(!) verabschiedete           nicht sonderlich attraktiv – für beide Seiten.
Gesetzesreform diese Art der Förderung nicht            So konnten sich KV und Kassen in einem
mehr möglich mache. Die KV stufte den BAS-           „Spitzengespräch“ darauf einigen, die Unter-
Brief als rechtlich unerheblich ein, doch die Kas-   stützung in der bisherigen Höhe aufrecht-
sen drängten darauf, die Förderungssystematik        zuerhalten. Damit wurde eine Erhöhung des
umzustellen.                                         Verwaltungskostenbeitrags zwar nicht verhin-
   Nach einigem Hin und Her konnte nun ein           dert, aber doch so abgemildert, dass die Vertre-
Modell gefunden werden, wonach die Pädiater          terversammlung ihr in der Dezembersitzung
in den Bezirken Mitte, Harburg und Bergedorf         zustimmen konnte.
ab dem 1. Quartal 2022 auf die Gesprächsleis-           Unter dem Strich können wir zufrieden sein
tungen GOP 04230 und 04355 jeweils pro Fall          mit diesem Ergebnis. Die gesetzlichen Rah-
einen Zuschlag abrechnen können. Dadurch             menbedingungen sind mittlerweile so strikt,
soll die Zahl der Gesprächsleistungen in diesen      dass es wirkliche Verhandlungen kaum noch
Bezirken erhöht werden. Die betroffenen Kin-         gibt. Vor allem der Zwang, alles gemeinsam mit
derärzte werden von der KV Hamburg individu-         allen Krankenkassen vereinbaren zu müssen,
ell per Brief informiert. Pro Jahr stehen 500.000    ist ein Hemmschuh, der dringend beseitigt
Euro zur Verfügung, der Vertrag gilt zunächst        gehört. Wir müssen wieder die Möglichkeit
für drei Jahre. Der Aufschlag wird gezahlt,          erhalten, auf die Bedingungen der einzelnen
wenn die Menge der abgerechneten Gesprächs-          Krankenkasse eingehen zu können. In 2022
leistungen in 2022 im Vergleich zu 2019 unver-       musste es noch die Einigung auf den „kleinsten
ändert bleibt, in 2023 muss er um drei und in        gemeinsamen Nenner“ sein – doch so klein
2024 um fünf Prozent ansteigen.                      war er dann gar nicht.
   Deutlich höheres Konfliktpotential hatte die
Fortführung der Beteiligung der Krankenkas-          WALTER PLASSMANN
sen an den Kosten des Notdienstes. Vor vier          Vorsitzender
Jahren war es uns gelungen, die Kassen dazu zu       der KV Hamburg
bewegen, die Einführung des Arztruf Hamburg
mit 1,5 Millionen Euro jährlich zu unterstützen.

2/2022                                                                                          KV H - J O U R N A L   |   19
AU S D E R P R A X I S F Ü R D I E P R A X I S

Fragen und Antworten
In dieser Rubrik greifen wir Fragen des Praxisalltags auf, die unserem Infocenter
gestellt wurden. Wenn Sie selbst Fragen haben, rufen Sie bitte an.
Infocenter Tel: 22802-900

                       BLUTDRUCKMESSGERÄTE                                KRANKENHAUSBEHANDLUNG
                       Ich bin Hausarzt und werde öfter                   Darf ich als psychologische Psycho-
                       gebeten, Blutdruckmessgeräte zu                    therapeutin eine Krankenhausbe-
                       verordnen. In welchen Fällen ist                   handlung auf Muster 2 verordnen?
                       eine solche Verordnung möglich?
                                                                          Ja. Sie dürfen Krankenhausbehandlungen ohne
                                                                          gesonderte Abstimmung mit dem Arzt verordnen,
                       Eine Verordnung zur regelmäßigen häuslichen
                                                                          wenn eine Diagnose aus dem Indikationsspekt-
                       Überwachung ist in folgenden Fällen möglich:
                                                                          rum zur Anwendung von Psychotherapie vorliegt:
                       ● Hypertonus, der medikamentös nur schwer          ● Indikationen nach § 26 der Psychotherapie-
                       behandelbar ist und bei dem der Patient nach       Richtlinie (z. B. depressive Episoden, Angststö-
                       ärztlicher Anleitung die Medikation selbst an-     rungen oder nichtorganische Schlafstörungen)
                       passen kann, oder der dauerhaft einer engma-       ● Indikationen der neuropsychologischen The-
                       schigen Überwachung bedarf                         rapie (z. B. organisches amnestisches Syndrom
                       ● Hypertonie mit fortschreitenden Folgeschä-       oder organische emotional labile (asthenische)
                       den (zum Beispiel des Herzens, der Gefäße oder     Störung)
                       der Nieren), die den Patienten erheblich gefähr-       Zuvor müssen alle alternativen ambulanten
                       den - wenn eine engmaschige Überwachung            Behandlungsangebote geprüft werden. Eine
                       erforderlich ist                                   Genehmigung der KV ist nicht erforderlich.
                       ● Zustand nach Nieren- oder Herztransplantation        Für alle übrigen Indikationen in Kapitel V
                                                                          „Psychische und Verhaltensstörungen“ der ICD-
                       REZEPTE                                            10-GM müssen Sie sich mit dem behandelnden
                       Wir sind ab kommendem Monat                        Arzt abstimmen, um mögliche somatische
                       eine Berufsausübungsgemeinschaft                   Ursachen ärztlich abzuklären.
                       (BAG), und die Betriebsstättennum-
                       mer (BSNR) ändert sich somit. Müs- ONLINEPORTAL
                       sen die Rezepte ab diesem Zeitpunkt Ich habe mein Passwort für das
                       geändert und neu bestellt werden?                 Onlineportal vergessen. Wie kann
                                                                         ich ein neues Passwort beantragen,
                       Ja. Auf Rezepten muss immer die aktuelle BSNR und auf welchem Wege wird mir
                       aufgedruckt sein. Dafür ist es erforderlich, neue dieses zugeschickt?
                       Rezepte zu bestellen. Die BSNR muss unten
                       rechts in der Codierzeile des Rezepts und auch     Damit Ihr Passwort zurückgesetzt werden
                       im Rezeptkopf aufgedruckt werden. So ist si-       kann, müssen Sie online ein neues Passwort
                       chergestellt, dass es sich nicht um eine Rezept-   anfordern. Rufen Sie hierfür die Adresse des
                       fälschung handelt.                                 Onlineportals auf und klicken Sie auf das Feld
                                                                          „Passwort vergessen“. Sie werden im Anschluss

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AU S D E R P R A X I S F Ü R D I E P R A X I S

nach Ihrem Vor- und Nachnamen sowie Ihrer            angeschlossen ist. Nur zugelassene Mitglieder
lebenslangen Arztnummer (LANR) zur Identi-           haben das Recht, den Honorarbescheid einzu-
fizierung gefragt. Nachdem Sie Ihre Daten in         sehen. Das gilt nicht für angestellte Ärztinnen
der vorgesehenen Maske eingegeben haben,             und Ärzte oder das Praxispersonal.
können Sie Ihr neues Passwort mit dem Feld
„Anfordern“ beantragen. Das Passwort wird Ih-        TSS
nen per Post an die Praxisanschrift zugeschickt.     Ich bin psychologischer Psychothe-
Hierbei ist zu beachten, dass Sie das neu zuge-      rapeut und habe eine Akutbehand-
stellte Passwort der KV Hamburg bestätigen           lung über die Terminservicestelle
müssen. Dazu senden Sie das beiliegende An-          (TSS) vermittelt bekommen. In der
schreiben unterschrieben an uns zurück. Bitte
                                                     Mail der TSS wurde mir mitgeteilt,
scannen Sie das unterschriebene Anschreiben
                                                     dass sich der zugewiesene Patient
ein und mailen Sie es an die Mailadresse:
                                                     innerhalb von zwei Wochen für
online-services@kvhh.de. Sie können uns das
                                                     eine Terminvereinbarung bei mir
Anschreiben auch per Fax oder per Post zukom-
men lassen.
                                                     melden wird. Dies ist nicht erfolgt.
   Bitte beachten Sie, dass Ihr altes Passwort bei
                                                     Muss ich außerhalb dieser Frist
Anforderung eines neuen Passwortes automa-
                                                     trotzdem einen Termin zur Verfü-
tisch gesperrt wird.                                 gung stellen?
                                                     Nein. Falls sich der Patient außerhalb dieser
HONORARBESCHEID                                      Zwei-Wochen-Frist nun doch bei Ihnen für eine
Wie kann ich im Onlineportal mei-                    Terminvereinbarung melden sollte, sind Sie
nen Honorarbescheid einsehen?                        nicht verpflichtet, einen Termin anzubieten, da
                                                     die Frist überschritten ist. In diesem Fall kann
Sofern Sie an die Telematikinfrastruktur (TI)        der Patient an die Terminservicestelle verwie-
angebunden sind, können Sie Ihre Honorarab-          sen werden.
rechnung getrennt nach Leistungserbringern
und Betriebsstätten an den TI-angebundenen           Infocenter Tel: 22802-900
Arbeitsplätzen über das geschützte Portal der
KV Hamburg unter folgender Adresse abru-
fen: https://portal.kvhh.kv-safenet.de. Die
gewünschten Informationen stehen Ihnen
im Navigationsbereich „Dokumente“ → „Do-             Ihre Ansprechpartner im Infocenter der KV Hamburg
                                                     (v.l.n.r.): Monique Laloire, Petra Timmann, Katja Egbers,
kumentenmanagement - System starten“ zur             Robin Schmidt, Damla Eymur, Natalie Wawrzeniez
Verfügung. Nach Auswahl des gewünschten
Honorarbescheides können Sie auf der rechten
Seite den Menüpunkt „View“ anklicken. Bitte
beachten Sie, dass die Abfrage ausschließlich an
dem Rechner möglich ist, der an den Konnektor

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AU S D E R P R A X I S F Ü R D I E P R A X I S

INTERVIEW

»Wir verstehen
uns als Informations-Broker«
Welches Konzept verfolgen die Autoren des Hamburger Corona-Impfnewsletters?
PROF. DR. HANS-PETER SCHEIDEL über die Kunst, aus der Fülle an Fachinformationen
herauszufiltern, was für Impfärztinnen und Impfärzte nützlich ist.

Wie ist der Corona-Impfnewsletter entstanden?               des Impfzentrums, Dr. Cornelius Rau, Arzt in Weiterbil-
SCHEIDEL: Wir haben den Newsletter ursprünglich für         dung in der Kinderintensivmedizin des UKE, und ich als
die Mitarbeiter des Impfzentrums erstellt, um sie über      altgedienter Professor. Mit Unterstützung von Herrn
die STIKO-Empfehlungen und die Studienlage zur Coro-        Dr. Rau scanne ich die neuen Empfehlungen und die
na-Impfung auf dem Laufenden zu halten. Außerdem            wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Dann formu-
enthielt der Newsletter praktische Vorgaben zum Impf-       liere ich eine Kurzversion, die von Herrn Dr. Heinrich
Vorgang und zur Hygiene. Es war also ein Instrument         und Herrn Dr. Rau kritisch begutachtet wird. Es werden
der internen Kommunikation, um einen gemeinsamen            noch Zusätze und Korrekturen hinzugefügt, sodass eine
Informationsstand im Impfzentrum sicherzustellen.           echte Teamleistung entsteht. Der Austausch zwischen
                                                            den Autoren ist wichtig. Wir schauen uns die Qualität
Und als das Impfzentrum geschlossen wurde, haben            der wissenschaftlichen Methoden an: Ist das stimmig
Sie den Newsletter weitergeführt?                           oder nicht? Wir prüfen und wägen, welche Ergebnisse
SCHEIDEL: Ja, für die impfenden Ärztinnen und Ärzte in      für den Praxisalltag tatsächlich relevant sind. Anhand
den Praxen. Das geschah auf Anregung der KV. Ich war        der Klick-Zahlen können wir feststellen, dass die prak-
zuletzt selbst als niedergelassener Arzt tätig und weiß,
dass man sich nach einem langen Arbeitstag in der Pra-
xis nicht noch stundenlang hinsetzen kann, um Fachli-
teratur durchzuarbeiten. Allein der RKI-Wochenbericht
                                                                CORONA-IMPFNEWSLETTER:
hat ja manchmal 35 Seiten. Hinzu käme eine regelmä-             NUTZWERTIGE INFORMATIONEN FÜR
ßige Lektüre des New England Journal of Medicine, des           IMPFÄRZTINNEN UND IMPFÄRZTE
British Medical Journal und anderer wichtiger interna-
                                                                Ziel des Corona-Impfnewsletters der KV Hamburg ist
tionaler Fachzeitschriften. Insofern weiß ich, wie wich-        es, die impfenden Praxen mit aktuellen Informationen
tig es ist, Informations-Broker zu haben – und als solche       rund um das Thema Corona-Impfung zu versorgen. Die
haben wir uns immer verstanden. Wir sagen nicht, was            Publikation bietet einen Überblick über den neuesten
richtig und was falsch ist, sondern versuchen, aus der          Stand der Wissenschaft als Hintergrundinformation
                                                                sowie zahlreiche Empfehlungen und praxisrelevante
Fülle der Erkenntnisse und Daten das Wichtigste her-            Tipps, die für das Impfen in der Praxis wichtig sind.
auszufiltern, um damit den Impfärzten in den Praxen             Verfasst wird der Impfnewsletter von Dr. Dirk Heinrich,
Orientierung und Hilfe bei komplexen Entscheidungen             Prof. Dr. Hans-Peter Scheidel und Dr. Cornelius Rau.
                                                                Der Newsletter erscheint unregelmäßig und wird den
anzubieten: News that you can use, news that you can            Abonnenten per E-Mail kostenlos zugeschickt.
trust and news you can comment on.
                                                                Archivierte Beiträge und ein Anmelde-Tool für das
                                                                Abonnement finden Sie auf der Website der KV Ham-
Wie gehen Sie konkret vor bei der Recherche?                    burg: https://www.kvhh.net/de/corona-informationen-fuer-
SCHEIDEL: Wir arbeiten zu dritt am Newsletter: Dr. Dirk         praxen/impfung-gegen-sars-co-v-2/impf-newsletter.html
Heinrich, der ehemalige Sprecher der ärztlichen Leiter

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AU S D E R P R A X I S F Ü R D I E P R A X I S

                       Dr. Hans-Peter Scheidel ist Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe, ehe-
                       maliger Chefarzt am Marienkrankenhaus, ehemaliger medizinischer Leiter
                       des Mammazentrum Hamburg und bis August 2021 Mitglied im Team der
                       Leitenden Impfärzte im Impfzentrum Hamburg.

tisch relevanten Beiträge bei den Abonnenten auf ein          SCHEIDEL: Zunächst mal muss man klarstellen: Die
ungleich höheres Interesse stoßen als die Darstellung         STIKO gibt Empfehlungen heraus, keine Richtlinien. In
und Zusammenfassung der Studien. Das macht aber               begründeten Fällen können Ärztinnen und Ärzte von
nichts. Die Beiträge zu den Studien sind gewisserma-          den STIKO-Empfehlungen abweichen. Wenn Sie mich
ßen Arbeitsnachweise. Sie machen transparent, wie             fragen, ob ich die Kritik an der STIKO für berechtigt
wir zu den Auswahlkriterien für die praktisch relevan-        halte, dann sage ich: Nein. In der STIKO arbeiten hoch-
ten Beiträge kommen.                                          qualifizierte Leute, denen ich meinen ganzen Respekt
                                                              zolle. Das Problem ist, dass sich die STIKO manchmal
Gibt es solche Corona-Impfnewsletter auch in anderen          relativ spät und aus Sicht einiger Politiker auch zu spät
Bundesländern?                                                positioniert hat. Doch die STIKO hat nun mal den
SCHEIDEL: Meines Wissens nicht. Nachdem wir die               Auftrag, erst dann Empfehlungen abzugeben, wenn sie
ersten Ausgaben erstellt hatten, gab es Anfragen von          eine sehr starke Evidenz sieht. Wann die Evidenz als
anderen Impfzentren, ob sie den Newsletter ebenfalls          stark genug gelten kann, ist natürlich auch eine Ermes-
nutzen können. Auch heute hat der Newsletter offen-           sensfrage. In der Zulassungsstudie für den Astra-Ze-
bar noch eine relativ große Verbreitung außerhalb             neca-Impfstoff beispielsweise sind die Thrombozytope-
Hamburgs.                                                     nien nicht aufgetreten. Sehr seltene Nebenwirkungen
                                                              fallen erst auf, wenn Millionen Menschen geimpft sind.
Sie bringen Meldungen über die Empfehlungen nati-             Evidenz ist eben ein fortschreitender Erkenntnisprozess.
onaler Institutionen wie der STIKO, werten aber auch          Ich bin der Ansicht: Die STIKO sollte besser ausgestattet
die Veröffentlichungen internationaler Gesundheits-           werden, um schneller arbeiten zu können. Doch wir
behörden aus. Sie können also direkt vergleichen: Wie         können froh sein, ein derart unabhängiges, hochqualifi-
gut arbeitet die STIKO?                                       ziertes Gremium zu haben.

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AU S D E R P R A X I S F Ü R D I E P R A X I S

Corona-Impfpflicht für in Praxen tätige Personen

                      Z     um Schutz der öffentlichen
                            Gesundheit und vulnerab-
                       ler Personengruppen vor einer
                                                          nen, wie Reinigungskräfte oder
                                                          Hausmeister, unabhängig von
                                                          der Art der Beschäftigung (Ar-
                                                                                           NACHWEISFRIST FÜR
                                                                                           MASERN-IMPFUNG BIS
                       COVID-19-Erkrankung hat der        beitsvertrag, Praktikum etc.).   ENDE JULI VERLÄNGERT
                       Gesetzgeber für Personen, die      Sie gilt NICHT für               Das Masernschutzgesetz ver-
                       in Einrichtungen des Gesund-       ● Personen, die die Einrich-     pflichtet Praxispersonal zum
                       heits- und Pflegebereichs tätig    tung/das Unternehmen nur         Nachweis von zwei Masern-
                                                                                           Schutzimpfungen oder einer
                       sind, eine Impfpflicht beschlos-   für einen unerheblichen          Immunität gegen Masern.
                       sen (§20a IfSG). Spätestens        Zeitraum betreten (nur jeweils   Dies gilt für Personen, die
                       zum 15. März 2022 müssen           wenige Minuten)                  nach dem 31. Dezember 1970
                                                                                           geboren sind.
                       die Mitarbeiterinnen und           ● Personen, die in den Ein-
                       Mitarbeiter einen Nachweis         richtungen behandelt, betreut,   Für Beschäftigte, die bereits
                                                                                           vor Inkrafttreten des Gesetzes
                       vorlegen: ein gültiges Impf-       gepflegt oder untergebracht      am 1. März 2020 in der Praxis
                       oder Genesenenzertifikat oder      werden (d. h. die Patienten)     tätig waren, galt eine Über-
                       einen Nachweis über eine           ● Begleitpersonen von behan-     gangsfrist bis Ende Dezember.
                                                                                           Diese Übergangsfrist ist jetzt
                       medizinische Kontraindikation      delten, betreuten, gepflegten
                                                                                           coronabedingt bis Ende Juli
                       gegenüber sämtlichen in der        oder untergebrachten Perso-      2022 ausgeweitet worden.
                       EU zugelassenen Impfstoffen        nen (z. B. Eltern von Minder-
                                                                                           Beschäftigte, die nach dem 1.
                       gegen Sars-Cov-2.                  jährigen)                        März 2020 eingestellt werden
                          Zu den Einrichtungen zäh-                                        oder wurden, müssen oder
                       len unter anderem:                 Nach Ablauf seiner Gültigkeit    mussten den erforderlichen
                                                                                           Nachweis bereits vor Aufnah-
                       ● Arztpraxen                       muss dem Arbeitgeber inner-      me der Tätigkeit erbringen. Sie
                       ● Psychotherapiepraxen             halb eines Monats ein neuer      fallen nicht unter die Über-
                       ● Krankenhäuser                    Nachweis vorgelegt werden.       gangsregelung.
                       ● Einrichtungen für ambulan-         Wird kein Nachweis er-         Weitere Informationen zur
                       tes Operieren                      bracht oder bestehen Zweifel     Masern-Impfpflicht:
                                                                                           https://www.kbv.de/media/
                       ● Dialyseeinrichtungen             an der Echtheit, muss der
                                                                                           sp/praxisinformation_masern.
                                                          Arbeitgeber das Gesundheits-     pdfder%20Weiterbildung%20
                       Die Pflicht gilt sowohl für das    amt informieren. Die Lohnfort-   ab%2001.01.2022.pdf
                       medizinische Personal als auch     zahlungspflicht entfällt. Die
                       für alle weiteren in der Praxis    Behörde kann dann weitere
                       oder Einrichtung tätigen Perso-    Schritte einleiten – bis hin
                                                          zum Verbot der Arbeit in der
                                                          jeweiligen Einrichtung.
                                                          Ansprechpartner:
                                                          Abteilung Praxisberatung
                                                          Tel. 22802-571 / -572

24   |   KV H - J O U R N A L                                                                                      2/2022
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