Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020

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Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Jugendhilfeplanung
Kinder- und
Jugendförderplan

Planungszeitraum
2015 bis 2020
Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Vorwort
Kinder und Jugendliche benötigen einen Entwick-        Zusätzlich zu den vier Haupthandlungsfeldern
lungs- und Entfaltungsraum, der Selbstbestimmung       werden in diesem Förderplan auch die Ergebnisse
zulässt und positiv zur Persönlichkeitsentwicklung     einer Düsseldorfer Jugendbefragung berücksich-
beiträgt. Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen,     tigt, die im Zuge der Sozialberichterstattung zum
Düsselferien, geschlechtsspezifische Angebote,         Thema „Lebenssituation von Kindern und Jugend-
Projekte und themenbezogene Angebote stellen           lichen in Düsseldorf“ mit Unterstützung des
diesbezüglich eine breite und vielfältige Angebots­    Jugendamtes vom Amt für Statistik und Wahlen
palette dar.                                           durchgeführt wurde. Die Befragung zeigt deutlich
                                                       die Wünsche, Präferenzen und Anregungen der
Damit diese Angebote gezielt und vor allem bedarfs-    Düsseldorfer Kinder und Jugendlichen auf und
gerecht gemacht werden können, bedarf es inten-        konnte somit zum einen als Grundlage für die
siver und vernetzter Planung. Mit dem nun vorlie-      bedarfsgerechte Planung der Angebote dienen.
genden 3. Kinder- und Jugendförderplan für den         Zum anderen stellte die Jugendbefragung eine
Zeitraum 2015 bis 2020 wird die lange Tradition        optimale Plattform dar, um den partizipativen
eines gemeinsamen und umfassenden Planungs-            Gedanken zu leben.
prozesses fortgeführt.
                                                       Der gesamte Arbeitsprozess von der Vorstellung
Neben einer Darstellung der vier Handlungsfelder       über die Entwicklung, bis zur Umsetzung der
„Offene Kinder- und Jugendarbeit“, „Jugendver-         Fassung des aktuellen Kinder- und Jugendförder-
bandsarbeit“, „Jugendsozialarbeit“ und „Erzie-         plans wurde von einer Vielzahl von Akteuren der
herischer Kinder- und Jugendschutz“ gemäß              Kinder- und Jugendhilfe sowie von Mitarbeite-
§§ 11-14 SGB VIII sollen auch die zukünftig hand-      rinnen und Mitarbeitern der beteiligten Ämter und
lungsleitenden Maßnahmen jedes Handlungsfeldes         freien Träger begleitet und gestaltet. Aus diesem
vorgestellt werden. Der Maßnahmenplan dient            Grund gilt mein ausdrücklicher Dank allen Vertre-
dabei nicht nur dem Überblick über die geplanten       terinnen und Vertretern, die zum Gelingen dieser
Handlungsschritte. Er verschafft den Akteuren der      Planung beigetragen haben.
jeweiligen Felder darüber hinaus Planungssicherheit.
                                                       Ihr

                                                       Thomas Geisel

                                                       Oberbürgermeister
                                                       der Landeshauptstadt Düsseldorf

                                                                                                           3
Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Inhalt

    Vorwort                                                                            3

    I. Einleitung                                                                      5

    II. Die Aufgabe der Kinder- und Jugendförderung                                    7

    III. Was brauchen Kinder und ­Jugendliche?                                        14

    IV. Die Handlungsfelder zur ­Kinder- und Jugendförderung                          19

       IV.1. Gesetzliche Grundlagen                                                   19

       IV.2. Offene Kinder- und Jugendarbeit                                          20
       IV.2.1. Inhalte                                                                20
       IV.2.2. Struktur der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Düsseldorf            21
       IV.2.3. Qualität der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Düsseldorf            27
       IV.2.4. Ausblick und Maßnahmen                                                 33

       IV.3. Förderung der Jugendverbände                                             36
       IV.3.1. Aktuelle Themen der Düsseldorfer Jugendverbände                        36
       IV.3.2. Ausblick und Maßnahmen                                                 39

       IV.4. Jugendsozialarbeit                                                       44
       IV.4.1. Aktuelle Inhalte und Angebote in den Feldern
       der Jugendsozialarbeit in Düsseldorf                                           44
       IV.4.2. Ausblick und Maßnahmen                                                 54

       IV.5. Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz                                  58
       IV.5.1. Ausgewählte Schutzbereiche und ihre aktuellen erzieherischen Ansätze   59
       IV.5.2. Ausblick und Maßnahmen                                                 67

    V. Gesamtmaßnahmenplan                                                            70

    Anhang I                                                                          75
      Qualitätskriterien zum System der offenen Kinder- und Jugendarbeit              75

    Anhang II                                                                         80
      Finanzdaten der Jugendförderung                                                 80

    Anhang III                                                                        82
      Liste der Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen                               82

4
Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Einleitung

I. Einleitung

Aus den Grundsätzen der Politik der Bundesregie-         Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass eine enge
rung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachse-         Verzahnung der vier Handlungsfelder auch im
ne, niedergeschrieben im 14. Kinder- und Jugend-         praktischen Alltag der Fachkräfte immer wichtiger
bericht, geht folgendes Zitat hervor:                    wird und die Handlungsansätze ineinandergreifen
                                                         (müssen). Perspektivisch ist sogar davon auszuge-
„Das von der Kommission gewählte Berichtsmotto           hen, dass weitere Aufgabenfelder der Jugendhilfe
‚Kinder- und Jugendhilfe in neuer Verantwortung‘         in eine gemeinsame Planungs- und Steuerungs­
kennzeichnet deren in den letzten Jahren deutlich        praxis einzubeziehen und verstärkt über die
geschärftes Profil im doppelten Sinne: Die Kinder-       Jugendhilfe hinaus integrierte Planungsansätze
und Jugendhilfe ist zu einem zentralen gesellschaft-     zu erarbeiten sind (siehe integrierte Jugendhilfe-
lichen Akteur zur Förderung des Aufwachsens              und Schulentwicklungsplanung sowie Stadtent-
geworden, und ihre Angebote und Leistungen               wicklungskonzept 2025+ für Düsseldorf), um das
erreichen nahezu alle Kinder und Jugendlichen.           gelingende Aufwachsen von Kindern und Jugend-
Hier kommen der Kinder- und Jugendarbeit wich-           lichen in öffentlicher Verantwortung zu sichern
tige Rollen zu: zum einen fungiert sie als Bestandteil   und damit einer erweiterten Rolle der öffentlichen
einer breiten Infrastruktur im Bereich der Bildung       Hand (siehe auch hierzu 14. Kinder- und Jugend-
und Betreuung; zum anderen kann sie einen voraus­        bericht) gerecht zu werden. Doch auch andere
gehenden und niedrigschwelligen Ansatz zu gezielten      Jugendhilfefachplanungen werden Aspekte dieses
Hilfen (z. B. Hilfen zur Erziehung) darstellen.“         Kinder- und Förderplans im Hinblick auf Koope­
                                                         rationen und räumliche Vernetzung aufgreifen
Innerhalb der Jugendhilfe nimmt die Kinder- und          und so im Sinne von Zielgruppenorientierung,
Jugendarbeit für die §§ 11-14 SGB VIII einen             Stadtteilorientierung und Wirksamkeitsorien-
großen Verantwortungsbereich wahr und deckt              tierung unterstützen. Dies gilt insbesondere für
das gesamte Spektrum des Aufwachsens ab – vom            Prozesse in den Bereichen „Jugendhilfe im Straf-
erzieherischen Kinder- und Jugendschutz für die          verfahren“, für Beratungsstellen und die integrierte
Kleinsten und ihre Eltern über das Schulalter über       Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung.
Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Schul-
sozialarbeit bis hin zum Übergang in den Beruf
und zur Integration in das gesellschaftliche Leben
durch die Jugendsozialarbeit. Innerhalb dieses

                                                                                                     I.
großen Feldes spielen Partizipation und Subjekt-
werdung durchgängig eine wichtige Rolle.

Düsseldorf war die erste Kommune, die unter dem
neuen Landesgesetz zur Kinder- und Jugendförde-
rung den Kinder- und Jugendförderplan aufstellte.
Diese Tradition wurde in den letzten Jahren fort-
geführt und wird mit dem aktuellen Plan verstetigt.
Fokussierte sich der gerade beendete Förderplan
(2010-2014) auf die Jugendarbeit (§ 11) und die
Jugendverbandsarbeit (§ 12) und wurde vom
se­paraten und vertiefenden Teilplan zum erziehe-
rischen Kinder- und Jugendschutz (§ 14) und von
einem Sachstandsbericht zur Jugendsozialarbeit
(§ 13) flankiert, so sollen in diesem Kinder- und
Jugendförderplan für die Jahre 2015 bis 2020
die einzelnen Handlungsfelder wieder in einem
Gesamtförderplan zusammengeführt werden.

                                                                                                                5
Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Die Aufgabe der Kinder- und Jugendförderung

                                                  II.
6
Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Die Aufgabe der Kinder- und Jugendförderung

II. Die Aufgabe der Kinder- und
Jugendförderung nach dem SGB
VIII und ihre Herausforderungen
Die Aufgabenerfüllung betreffend Kinder und                           Angebote des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes
Jugendliche in der Jugendhilfe ist normiert im                        in Kooperation mit Experten aus anderen Ämtern
Grundsatz, dass „[j]eder junge Mensch […] ein                         und freien Trägern
Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf
Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und                          Institutionen
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit [hat].“                           ƒƒ   Familien*
(SGB VIII, § 1, Abs. 1)                                               ƒƒ   Kitas*
                                                                      ƒƒ   Freizeiteinrichtungen
Als Leistungen der Jugendhilfe werden in § 2 SGB                      ƒƒ   Jugendverbände
VIII unter anderem Angebote der Jugendarbeit                          ƒƒ   Schulen*
(§ 11 – Kinder- und Jugendarbeit und § 12 – Jugend-                   ƒƒ   Berufsfindung*
verbandsarbeit), der Jugendsozialarbeit (§ 13) und
des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes                         Institutionen für besondere Zielgruppen
(§ 14) benannt. Die vier Handlungsfelder der                          ƒƒ Beratungsstellen (z.B. Jugendberatung,
§§ 11-14 SGB VIII umfassen somit das Aufgaben-                           Beratung zum Übergang Schule-Beruf* u.v.m.)
spektrum der Jugendförderung. Dieser Gliederung                       ƒƒ Schulsozialarbeit
folgend sollen im weiteren Verlauf die Inhalte und                    ƒƒ Jugendwerkstätten
Ziele dieser Bereiche einzeln vorgestellt werden.                     ƒƒ Schulverweigererprojekte
                                                                      ƒƒ Anlaufstellen für Jugendliche auf der Straße
Eine konkrete Ausgestaltung der Jugendförderung
                                                                      * in Kooperation mit Experten aus anderen Ämtern und freien Trägern
in der Jugendhilfe wird für Nordrhein-Westfalen
im „Dritte[n] Gesetz zur Ausführung des Kinder-
und Jugendhilfegesetzes; Gesetz zur Förderung der                    Gesetzgeber nach bis zum 27. Lebensjahr. Zusätz-
Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzie-                  lich gehören Kinder unter 6 Jahren und alle Eltern
herischen Kinder- und Jugendschutzes – Kinder-                       in Fragen des erzieherischen Kinder- und Jugend-
und Jugendförderungsgesetz – (3. AG-KJHG –                           schutzes zur Zielgruppe.
KJFöG)“ getroffen. Am 19.2.2014 beschloss der
Landtag NRW dazu das Gesetz zur Änderung des                         Der erzieherische Kinder- und Jugendschutz ist
Dritten Ausführungsgesetzes des Kinder- und                          dabei für eine sehr breite Zielgruppe verantwort-
Jugendhilfegesetzes, das insbesondere die Erhö-                      lich, von Kleinkindern bis zum jungen Erwach-
hung der Haushaltsmittel auf 100.225.700 Euro                        senen, für Eltern ebenso wie für Fachkräfte und
(jährlich bis einschließlich 31.12.2017) festlegt und                Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in den
an den aktuellen Haushalt anpasst. Damit soll ein                    Einrichtungen. Er erreicht Mädchen und Jungen
deutliches Zeichen bezüglich der Bedeutung der                       in sämtlichen von ihnen besuchten Institutionen
Kinder- und Jugendarbeit als Teil der Lebensbil-                     ebenso wie einzelne Kinder, Jugendliche, Mütter
dung gesetzt werden und den Akteuren vor Ort,                        und Väter, Erzieherinnen und Erzieher, Sozialpä-
die die Mittel jährlich mittels Anträge abrufen                      dagoginnen und Sozialpädagogen sowie Lehrkräf-
können, Planungssicherheit gegeben werden.1                          te. Mit seinen Querschnittsthemen bildet er damit
                                                                     den äußeren Rahmen für die anderen Handlungs-
Kernzielgruppe sind Kinder ab dem Schuleintritt –                    felder im Bereich der Jugendförderung, insbeson-
die Kinder- und Jugendförderung läuft damit par-                     dere für die offene Jugendarbeit und die Jugend-
allel zur Schulbildung und darüber hinaus, dem                       verbände. Aber auch über die konkreten Einrich-
                                                                     tungen hinaus stellt die Jugendarbeit zu allen im
1 Siehe beispielsweise www.recht.nrw.de – genauer: https://recht.    § 11 SGB VIII genannten Inhalten (siehe Kapitel
nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=14270&ver=8         IV.2.1., Seite 20) Finanzmittel und Fachwissen für
&val=14270&sg=0&menu=1&vd_back=N mit aktualisiertem Stand
vom 14.3.2014 (Zugriff am 26.3.2014)                                 alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachse-

                                                                                                                                        7
Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Die Aufgabe der Kinder- und Jugendförderung

    nen zur Verfügung. Die Jugendsozialarbeit stellt        Verteilung finanzieller Ressourcen gegenüber
    innerhalb der Jugendförderung einen Spezialbe-          anderen Bevölke­rungsgruppen ins Hintertreffen,
    reich dar, der sich mit seinen Themen auf die sozial    werden damit aber auch – ökonomisch und in der
    benachteiligten und individuell beeinträchtigten        Sprache der Wirtschaft – zu einer wichtigen Res-
    Jugendlichen fokussiert – wenngleich seine Ziel-        source, die es zu schützen und zu unterstützen gilt.
    gruppe von 14 bis 27 Jahre eine sehr weit gefasste
    ist. Enge Schnittstellen weist sie zum Schulsystem      Auch wenn, womit in Düsseldorf mittelfristig
    sowie zum Berufsfindungssystem (Jobcenter und           zu rechnen ist, der Anteil der jungen Menschen
    Arbeitsagentur) auf.                                    nahezu unverändert bleibt, ist es nicht immer ein-
                                                            fach, notwendige finanzielle Ressourcen für die
    Insgesamt ist das Handlungsfeld der Jugendförde-        Zielgruppe Jugendliche und junge Erwachsene im
    rung also für eine breite Altersgruppe beziehungs-      Zuge des Ausbaus der Infrastruktur der sehr jun-
    weise eine sehr heterogene Gruppe von jungen Men-       gen Kinder (Stichwort „Ausbau U3“) angemessen
    schen in unterschiedlichsten Lebenslagen in der Stadt   zu berücksichtigen und zu sichern. Der Auftrag der
    verantwortlich. Es gibt keine allgemeine und grund-     Jugendförderung hat damit eine gesetzliche Rele-
    legende Jugend, zu der ein bestimmtes Schema passt.     vanz in der Jugendhilfe.
    Vielmehr muss eine gute Kinder- und Jugendför-
    derung so individuell wie möglich auf die jungen        So stellt die Sachverständigenkommission zum 14.
    Menschen zugehen.                                       Kinder- und Jugendbericht 2 (2013) fest:

    Kinder und Jugendliche können sich unterschei-          „Die Wirkungen der Investitionen in frühe Kind-
    den bezüglich                                           heit werden ihre Nachhaltigkeit dann entfalten,
    ƒƒ Lebensform (Aufwachsen in der Familie oder           wenn auch in die Rahmenbedingungen des Auf-
        bei nur einem Elternteil, mit/ohne Geschwister)     wachsens der Jugendlichen und jungen Erwachsenen
    ƒƒ erlebter Erziehungsstile, Wertesysteme               investiert wird. Insofern plädiert die K
                                                                                                   ­ ommission
    ƒƒ des ökonomischen Hintergrundes                       für eine Neugewichtung der Bedeutung des
    ƒƒ Kulturkreis                                          Jugendalters bei einer gleichzeitigen Beibehaltung
    ƒƒ Interessen, Freundeskreis                            der Förderung frühkindlicher Bildungsbemühungen
    ƒƒ Stärken und Schwächen (Beeinträchtigungen)           und plädiert auch für eine sorgfältige Reflexion der
                                                            Erfordernisse zur Übernahme öffentlicher Verant-
    Um die Kinder passgenau zu unterstützen, ist ein        wortung im frühen Erwachsenenalter. Es geht um
    starkes Miteinander beziehungsweise ein Netzwerk        eine konsistente und durchgängige Kinder- und
    aus Familie, Schule, Jugendhilfe und anderen Part-      Jugendpolitik.“ (Deutscher Bundestag 2013, S. 374)
    nern aus dem Sport-, Kultur- oder Gesundheits-
    bereich nötig, das sich auch an den Meinungen,          Jugendpolitik
    Wünschen und Bedürfnissen von Kindern und
    Jugendlichen selbst orientiert. Denn nicht zuletzt      Die bundesweite Initiative „Eigenständige Jugend-
    ist dieses Handlungsfeld als Anwaltschaft der           politik“ zeugt nicht zuletzt von dem Versuch, die
    Kinder und Jugendlichen zu verstehen. Die Kunst         Jugendpolitik und damit auch die Jugendförde-
    besteht darin, einerseits ein starkes Netzwerk an       rung, die hinter den Anstrengungen zur frühkind-
    pädagogischen Akteurinnen und Akteuren auf-             lichen Erziehung, Bildung und Betreuung und
    zubauen und andererseits den jungen Menschen            aufgrund wachsender Kosten im Kinderschutz aus
    in der Stadt auch pädagogikfreie Räume zur Ver-         dem gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und
    fügung zu stellen und so ihren Wünschen nach            inhaltlichen Fokus geraten war, erneut zu beleben
    unbeaufsichtigtem Miteinander nachzukommen.             und zu stärken. Zudem zielte der Versuch darauf
                                                            ab, die Lebensphase Jugend und die altersspezi-
    Herausforderungen für die Kinder- und                   fischen Belange der jungen Menschen als hand-
    Jugendarbeit                                            lungsrelevante Herausforderung für Gesellschaft
                                                            und Politik in den Vordergrund zu bringen.
    Kinder und Jugendliche stellen in Deutschland
    einen immer geringer werden Anteil an der ins-
    gesamt „alternden“ Gesamtbevölkerung dar. Sie           2 Siehe http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/
                                                            Pdf-Anlagen/14-Kinder-und-Jugendbericht,property=pdf,bereich=b
    geraten damit zwar beispielsweise bezüglich der         mfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf (Zugriff am 26.3.2014)

8
Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Die Aufgabe der Kinder- und Jugendförderung

Die Sachverständigenkommission für den 14. Kin-                       und speziell in der offenen Arbeit auszubauen und
der- und Jugendbericht stützt diesen Ansatz und                       ihr neue Attraktivität zu verleihen. Dazu wird eine
spricht dementsprechend von Jugend als „eine[r]                       Diskussion über veränderte Öffnungszeiten von
autonomen Phase der Entwicklung, Individuation                        Jugendfreizeiteinrichtungen und Jugendangebote
und Sozialisation junger Menschen hin zu einem                        genauso zu führen sein wie über besondere Inhalte
selbstverantwortlichen und selbstbestimmten                           und Initiativen, was sich in der Jahresplanung der
Leben“ (Deutscher Bundestag 2013, S. 415). Weiter                     Einrichtungen widerspiegeln muss (siehe Kapitel
empfiehlt sie für das Gelingen dieser Phase eine                      IV.2.2.). Darüber hinaus gilt es, die Zielgruppen
„ganzheitliche Jugendpolitik“ (ebd.). Gemeint ist                     wieder stärker in den Blick zu nehmen, indem auch
damit die individuelle Förderung und infrastruktu-                    Freiräume im städtischen Raum und neue Formen
relle Unterstützung, die Teilhabe und Partizipation                   der Gemeinwesenarbeit geschaffen werden. Bezogen
der jungen Menschen in der Gesellschaft und den                       auf die Jugendsozialarbeit ist auch die Zielgruppe
Strukturen der Politik und der Jugendhilfe sowie                      der jungen Erwachsenen bis 27 Jahre im Blick zu
die biografische Begleitung vor allem junger Men-                     behalten beziehungsweise wieder stärker in den
schen in prekären Lebenslagen und bei der Bewäl-                      Blick zu nehmen und zu begleiten – gerade die The-
tigung der Übergänge (vgl. Lüders 2013).3                             matik des Übergangs in den Beruf stellt über das
                                                                      18. Lebensjahr hinaus einen wichtigen Faktor der
Die Sachverständigenkommission sieht eine Not-                        Zukunftsplanung und Lebensgestaltung dar.
wendigkeit in der Neugestaltung des Aufwachsens,
die in einem „vielschichtige[n] Ineinandergreifen                     Partizipation
von staatlicher, zivilgesellschaftlicher, marktför-
miger und privat-familialer Verantwortungs-                           Die Partizipation von Mädchen und Jungen ist
übernahme für das Aufwachsen von Kindern“                             als pädagogisches Grund- und übergreifendes
umgesetzt werden könnte (Deutscher Bundestag                          Arbeitsprinzip gefordert und verankert (siehe
2013, S. 49). Familien sollen damit nicht aus ihrer                   §§ 8, 9, 11 und 12 SGB VIII oder § 6 des 3. Aus-
Verantwortung entlassen werden, vielmehr sieht                        führungsgesetzes NRW) mit dem Ziel, die Hand-
die Kommission ein engeres Zusammenwirken                             lungskompetenzen der Kinder und Jugendlichen
der genannten Akteurinnen und Akteure und die                         zu stärken. Sie sollen zur gesellschaftlichen und
Unterstützung durch die Politik hierbei als gesell-                   politischen Teilhabe, zu Engagement, Solidarität,
schaftlich relevant an.                                               Eigenverantwortung und zur kritischen Analyse
                                                                      angeregt werden.
Düsseldorf stellt sich – im Vergleich zum Trend
vieler anderer Städte in NRW – als wachsende                          In der Düsseldorfer Jugendverbandsarbeit ist die
und relativ junge Stadt dar. Bis zum Jahr 2025                        manifestierte Form der Selbstverantwortung und
wird nach der Bevölkerungsprognose des Amtes                          Teilhabe durchgängig strukturell verankert. Der
für Statistik und Wahlen der Anteil der unter                         Jugendring als Arbeitsgemeinschaft der Jugendver-
21-Jährigen in Düsseldorf um insgesamt rund                           bände ist hier der kommunale Ansprechpartner für
6,6 Prozent zunehmen.4 Der Anteil der 6- bis unter                    die Belange der Kinder und Jugendlichen. Auch zu
18-Jährigen wird dabei am deutlichsten, nämlich                       erwähnen sei an dieser Stelle das selbstverwaltete
um mehr als 10 Prozent steigen. Aktuell liegt der                     Jugendzentrum Haus Spilles in Benrath, welches
Anteil dieser jungen Menschen von 6 bis 18 Jahren                     historisch gewachsen ist und für die Einrichtungs-
an der Gesamtbevölkerung bei rund 9 Prozent.5                         landschaft in Düsseldorf für wichtig erachtet wird.

Die Jugendarbeit – gerade für die Zielgruppe der                      Seit der Gründung des Düsseldorfer Jugendrates im
über 14-Jährigen – gilt es dabei auch, in Düsseldorf                  Jahre 2007 verfügt die Landeshauptstadt über ein
                                                                      weiteres und weitreichendes Instrument, welches
3 Vgl. Lüders, Christian (2013): Der 14. Kinder- und Jugendbericht    die institutionelle Beteiligung, verbrieft mit Beteili-
der Bundesregierung und die Eigenständige Jugendpolitik; Autoren-
beitrag auf: http://www.allianz-fuer-jugend.de/Autorenbeitraege/
                                                                      gungs- und Mitwirkungsrechten junger Menschen,
Der-14--Kinder--und-Jugendbericht-der-Bundesregierung-und-die-        in unserer Stadt ermöglicht. Um diesen Ansatz auch
Eigenstaendige-Jugendpolitik/461d77/ (Zugriff 26.3.2014)
4 Quelle: Landeshauptstadt Düsseldorf (Hg.): Lebenssituation von
                                                                      bei der vorliegenden Planung zum Ausdruck zu
Kindern und Jugendlichen in Düsseldorf. Kommunale Sozialbericht-      bringen, wurde unter anderem im Jahr 2013 eine
erstattung, Düsseldorf 2014
                                                                      Online-Jugendbefragung durchgeführt, über die
5 Quelle: Statistikabzug aus dem Einwohnermelderegister zum
31.12.2012                                                            sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bei

                                                                                                                                9
Jugendhilfeplanung Kinder- und Jugendförderplan Planungszeitraum 2015 bis 2020
Die Aufgabe der Kinder- und Jugendförderung

     der Entwicklung dieses Kinder- und Jugendförder-       des Jugendrates sind der Einsatz für mehr
     planes beteiligen konnten (siehe Seite 14).            Toleranz, verschiedene schul- und bildungs-
                                                            relevante Themen, das Nachtfahrtangebot
     Zukünftige Vorhaben im Bereich der Partizipation       der Rheinbahn und die Sport- und
     sollen insbesondere darauf ausgerichtet sein, den-     Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche in
     jenigen Kindern und Jugendlichen eine Beteiligung      Düsseldorf. Der Jugendrat möchte den Kindern
     zu ermöglichen, die von den bisherigen Angeboten       und Jugendlichen aber besonders Politik
     nicht angesprochen werden oder deren Beteiligung       näherbringen. Im Frühjahr 2014 setzten der
     aufgrund der konkreten Ausgestaltung erschwert         Jugendrat und der Jugendring gemeinsam die
     ist. In Überlegung sind hier beispielsweise Jugend-    Kampagne zur Kommunalwahl 2014 an vielen
     foren oder Projekte zur e-Partizipation.               Düsseldorfer Schulen mit Diskussionsrunden
                                                            und dem Wahlmobil um und informierten
      EXKURS ZUM 3. JUGENDRAT                               Erstwählerinnen und Erstwähler über ihre
                                                            Möglichkeiten (Kommunalwahlrecht ab
      Der Düsseldorfer Jugendrat – politische               16 Jahren).
      Partizipation von Kindern und Jugendlichen
      in Düsseldorf
                                                           Kinder und Jugendliche sind nicht nur Objekte des
      Der Düsseldorfer Jugendrat ist die offizielle        Handelns, sondern sie gestalten und bestimmen die
      Interessensvertretung der Düsseldorfer Kinder        Inhalte und Methoden entscheidend mit – sie par-
      und Jugendlichen. 31 weibliche und männ-             tizipieren. So können wir hier von einer realen Sub-
      liche Jugendliche werden für drei Jahre von          jektwerdung im Aufwachsen sprechen. Im Gegen-
      den 11- bis unter 21-Jährigen gewählt. Die           satz zur Schule beispielsweise kann die Kinder- und
      Nationalität der Jugendlichen spielt dabei           Jugendarbeit viele Möglichkeiten und Gelegenheiten
      keine Rolle. Die rechtlichen Grundlagen              aufzeigen, bei denen sich Kinder und Jugendliche
      des Düsseldorfer Jugendrates bilden die              als aktive Gestalterinnen und Gestalter der ange-
      UN-Kinderrechtskonvention § 12 (1), das SGB          botenen Räume, Programme und darüber hinaus
      VII (KJHG) § 11 Abs. 1 und der 3. AG-KJHG            einbringen und erleben können. Wie bereits im letz-
      § 6 (2) und § 6 (4) sowie die Satzung des            ten Förderplan soll auch weiterhin die Strategie des
      Jugendrates vom August 2013. Der zurzeit             Partizipationsmixes verfolgt werden. Dieses gilt für
      amtierende 3. Düsseldorfer Jugendrat ist             das gesamte System der Kinder- und Jugendarbeit in
      am 4.12.2013 gewählt worden. Die näch-               Düsseldorf (siehe auch Kapitel IV.2.3., Seite 27).
      ste Wahl findet 2016 statt. Die gewählten
      Jugendlichen haben eine beratende Stimme             Bildung
      in den zehn Bezirksvertretungen sowie in den
      Ausschüssen des Rates, außer im Personal-            Bildung stellt für Kinder eine wichtige Basis für
      und im Finanz- und Hauptausschuss. In den            gelingendes Aufwachsen dar. Der deutsche Bun-
      Bezirksvertretungen und Ausschüssen werden           destag geht von einem erweiterten Bildungsbegriff
      sie zu kinder- und jugendrelevanten Themen           aus, da nicht nur das Elternhaus und die Schule als
      angehört.                                            Faktoren zu sehen sind, die den Erwerb von Kom-
                                                           petenzen zur Persönlichkeitsentwicklung beglei-
      Bei den eigenen Jugendratsitzungen stellen           ten, sondern auch unterschiedliche altersentspre-
      die Jugendlichen Anfragen und Anträge an die         chende Angebote aus der Kinder- und Jugendhilfe
      kommunale Politik und Verwaltung. Dadurch            (siehe Deutscher Bundestag 2013, Seite 9).
      werden jugendrelevante Themen und Inhalte
      angestoßen, in der Politik diskutiert und gege-      Eben dieser erweiterte Bildungsbegriff entspricht
      benenfalls umgesetzt. Darüber hinaus kann            schon lange dem grundlegenden Verständnis von
      der Jugendrat Projekte entwickeln und sich für       Jugendarbeit. Jugendarbeit wird somit gleichzei-
      selbstbestimmte Inhalte stark machen.                tig auch immer zu Jugendbildungsarbeit, jedoch
                                                           nicht im Sinne einer formalen Bildung, sondern
      Die Themen des Jugendrates werden jähr-              nicht-formaler und informeller Bildungsprozesse,
      lich auf Planungswochenenden entwickelt              die gleichsam die Basis für eine formale Bildungs-
      und festgelegt. Übergreifende Themen                 entwicklung bilden. Die Jugendarbeit stellt mit

10
Die Aufgabe der Kinder- und Jugendförderung

ihrem Ansatz eine Schnittstelle zwischen Bildung         den Sprung auf das Gymnasium – der prestige-
und Freizeit dar, die Übergänge sind fließend. Im        trächtigsten Schulform – zu schaffen. Nach den
Vordergrund steht die Freizeitgestaltung, sie wird       Bildungszielen der OECD wird das Abitur immer
strukturiert durch sozialpädagogische Prozesse, in       mehr zum „Regelabschluss“.
denen sich vielfältige nicht-formale und informelle
Bildungsprozesse für die Kinder und Jugendlichen         Gemäß diesem Trend geraten alternative Bildungs-
ergeben und implizit ablaufen.                           wege immer häufiger in den Hintergrund und ver-
                                                         schwinden zu großen Teilen ganz aus dem Blick-
Die Bundesregierung formuliert in ihren Emp-             feld, obgleich sie eine Reihe von Möglichkeiten
fehlungen zum 14. Kinder- und Jugendbericht              bereithalten, die den jeweiligen Ausbildungs- oder
folgendes Qualitätsmerkmal für die Betreuung,            Studienwunsch unterstützen und ihm entgegen-
Erziehung und Bildung von jungen Menschen:               kommen. Aus diesem Grund stellt das Abitur den
                                                         nächsten Zielwert dar, den es in möglichst kur-
„Zur Qualität gehört die Ausbalancierung von             zer Zeit und mit Bestnoten zu erreichen gilt, da
Schulzeit, Familienzeit, Lernförderung, organi-          andernfalls der ersehnte Berufswunsch unerreich-
sierter Freizeit und freier Zeit für die Kinder und      bar scheint. In der Düsseldorfer Jugendbefragung
Jugendlichen ebenso wie der Ausgleich sozialer           hatten die Kinder im Alter von 11 bis 13 Jahren
Disparitäten des Kompetenzerwerbs. Dabei kommt           die geringste durchschnittliche Stundenzahl an
der besseren Verbindung von schulischen und              Freizeit (montags bis freitags). Mit zunehmendem
außerschulischen Bildungsorten, der verstärkten          Alter, insbesondere für junge Studierende und
Beteiligung der Eltern sowie insbesondere auch der       diejenigen, die sich dazu entschlossen haben, ein
Partizipation der Kinder und Jugendlichen selbst         freiwilliges Soziales (oder auch ähnlich angelegtes)
eine zentrale Bedeutung zu.“ (Bundestag 2013, S. 12)     Jahr abzuleisten, entspannte sich das Budget an
                                                         freier Zeit (siehe ausführlicher Seite 14).
Die Notwendigkeit einer solchen Verbindung von
Jugendhilfe, insbesondere der Jugendförderung,           Die Jugend(bildungs)arbeit dagegen setzt auf sub-
und Schule – und nicht zuletzt der Eltern – ist dabei    jekt- und demokratietheoretische Begründungs­
unbenommen: Es handelt sich um dieselben Kinder          linien und eigenständige Bildung und Selbstbe-
und Jugendlichen, die die Schulen und Einrich-           stimmung des Menschen. Das Erlernen der Fähig-
tungen der Jugendförderung besuchen. Beiden Insti-       keit zu Kritik und Widerstand wird als wichtig
tutionen liegen die Kinder und Jugendlichen, ihr         erachtet. Die Freiwilligkeit der Teilnahme stellt
Wohl, ihre Teilhabe und ihre Bildung am Herzen.          dabei eine Grundbedingung dar. Eine Gefahr für
Gerade durch den Charakter der Offenheit ist die         die Jugendarbeit besteht jedoch darin, dass auch sie
Jugendförderung automatisch inklusiv angelegt und        und ihre Daseinsberechtigung am ökonomischen
damit auf alle Kinder und Jugendlichen ausgelegt.        Nutzen und an der Nachfrageentwicklung am
                                                         Arbeitsmarkt gemessen werden.
Kooperation von Jugendhilfe und Schule
                                                         Schule sozialisiert durch vermittelte Normen und
Das WIE stellt bei der Zusammenarbeit von                differenzierte Leistungsbeurteilungen zu einem
Jugendhilfe und Schule jedoch die grundsätzliche         großen Teil unmittelbar gemäß den Anforderun-
Frage dar. Ein entscheidender Spagat wird dabei          gen der Arbeitswelt. Aber auch die Jugendarbeit
zwischen den beiden Bildungsansätzen – ver-              vermittelt durch ihre Ausrichtung auf eine eigen-
meintlich im Hintergrund – aufgrund des ökono-           ständige Persönlichkeitsbildung wichtige Schlüs-
mischen Systems (siehe oben) gemacht: Kinder             selqualifikationen. Diese Leistung wird jedoch zu
und Jugendliche werden in einer älter werdenden          selten geachtet und gereicht der Jugendarbeit so
Gesellschaft zum entscheidenden „Humankapital“,          zum Nachteil. Dabei vermag sie zu ergänzen oder
das umso nutzbarer ist, je schneller und formaler        gar aufzufangen, was an informeller Bildung in
gut gebildet es dem Arbeitsmarkt zur Verfügung           den Familien nicht mehr oder nicht genug geleistet
steht. Seine Leistungsfähigkeit wird dabei ent-          wird oder geleistet werden kann – und setzt genau
sprechend den Gesetzmäßigkeiten der modernen             an den Empfehlungen des 14. Kinder- und Jugend-
Produktions- und Konsumgesellschaft gemessen.            berichts an: der Verschränkung von privater und
Leistungsdruck entsteht dadurch bereits ab der           öffentlicher Verantwortung beim Aufwachsen der
ersten Klasse, denn es geht von Anfang an darum,         Jungen und Mädchen.

                                                                                                                11
Die Aufgabe der Kinder- und Jugendförderung

     Die Offene Ganztagsschule im Primarbereich               Partner – ein Ganztagskonzept, das regelmäßig
     (OGS) verfolgt das Ziel einer ganzheitlichen Bil-        fortgeschrieben wird.
     dungs-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit.             ƒƒ Im Rahmen der Partizipation ist die Schule
                                                              verpflichtet, für einen regelmäßigen Austausch
     Dies erfolgt insbesondere für die Kinder, denen es       zwischen Lehrkräften und den Kräften der
     an häuslicher Unterstützung fehlt. Ebenso werden         Jugendhilfeträger zu sorgen.
     damit dem sozialpolitischen Aspekt der besseren       ƒƒ Mindestens eine Vertreterin oder ein Vertre-
     Vereinbarung von Familie und Beruf Rechnung              ter des Jugendhilfeträgers wird als beratendes
     getragen sowie Bildungsungleichheiten abgebaut.          Mitglied in die Schulkonferenz berufen, und es
     Die Stadt Düsseldorf hat dieses Angebot als Chan-        werden besondere Regelungen zur Mitwirkung
     ce verstanden und mit Beginn des Schuljahres             dieser Kräfte vereinbart.
     2003/04 ein umfassendes und qualitativ hochwer-       ƒƒ Für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist
     tiges OGS-Angebot unter maßgeblicher Beteili-            eine Steuerungsgruppe an der Schule zu bilden,
     gung der Jugendhilfeträger eingerichtet.                 der Beschäftigte des Jugendhilfeträgers und
                                                              Teile des Kollegiums angehören.
     Das „Düsseldorfer Modell“ basiert auf Koope­          ƒƒ Die Schulleitung ist unter Beteiligung der Steu-
     rationsvereinbarungen mit Schulträger und                erungsgruppe für die Durchführung der OGS
     Schulaufsicht, Jugendhilfeträger als Partner der         sowie eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung
     pädagogischen Betreuung und externem Bildungs-           und Evaluation in der Schule verantwortlich.
     anbieter für ein Bildungs- und Erziehungsangebot,
     das sich am jeweiligen Bedarf der Kinder und der      Hiermit ist der im Kapitel 5 des Hauptbandes der
     Eltern orientiert. Hierbei kommt den Jugendhilfe-     1. Integrierten Jugendhilfe- und Schulentwick-
     trägern die wichtige Aufgabe zu, im Rahmen des        lungsplanung 2008 formulierte Kooperationsge-
     schulischen Netzwerks eine hochwertige päda-          danke von Jugendhilfe und Schule konkretisiert
     gogische Arbeit mit den Kindern wie auch eine         worden. Trotz der grundsätzlich einheitlich defi-
     vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den anderen        nierten Qualitätsstandards muss in den Schulen
     Professionen zu sichern. Die Kooperationsverein-      insofern differenziert gearbeitet werden, als die
     barung, die zusammen mit den Schulen und den          individuelle Bildungsförderung der Kinder – auch
     Jugendhilfeträgern entwickelt wurde, beinhaltet       im Sinne des Landeserlasses – einen der Schwer-
     die Festlegung einheitlicher Standards und schafft    punkte der Arbeit in der OGS darstellt.
     damit Planungssicherheit für alle Akteure. Darüber
     hinaus wurden unter Mitwirkung der Jugendhilfe-       Der jeweilige Bedarf der Kinder steht im Fokus,
     träger im Laufe der Jahre grundlegende Strukturen     sodass in den 94 OGS-Schulen Düsseldorfs durch-
     und Qualitätskriterien für das OGS-Angebot fest-      aus unterschiedliche Maßstäbe gelten können.
     gelegt. Beispielhaft zu nennen sind:                  Aus Sicht der offenen Kinder- und Jugendarbeit
                                                           bleibt dennoch festzustellen, dass auch in einer
     ƒƒ Die Kooperationsvereinbarung enthält eine          solchen Kooperationsstruktur weiter zwei sehr
        detaillierte Aufgabenbeschreibung und regelt       unterschiedliche (Lern-)Systeme existieren, die
        damit die Einzelleistungen der Bildungs- und       zudem nicht ohne Probleme miteinander harmo-
        Erziehungsarbeit in der OGS.                       nieren. Will die Jugendarbeit sicherstellen, mehr
     ƒƒ Die Vereinbarungen werden regelmäßig im            als Betreuungsgehilfe der Schule zu sein, so gilt
        Einvernehmen mit den Jugendhilfeträgern            es, das eigene Profil mit seinen inhärenten Bil-
        fortgeschrieben.                                   dungsansprüchen wieder stärker nach außen zu
     ƒƒ Es existiert eine verbindliche Vertragslaufzeit    vertreten und dies auch in der Kooperation mit der
        für die Jugendhilfeträger über 5 Jahre mit gesi-   Schule auszudrücken. Dabei ist konstant das Ziel
        cherter Finanzierung.                              zu verfolgen, bestehende Kooperationsstrukturen
     ƒƒ Qualifikationsvorgabe für die Beschäftigten in     weiterzuentwickeln bzw. eine aktive Kooperations-
        der OGS (mind. Erzieherin oder Erzieher) und       form zu manifestieren (siehe oben und siehe Maß-
        die Pflicht zur Fort- und Weiterbildung dieser     nahmen, Seite 35).
        Kräfte.
     ƒƒ Schule und pädagogische Fachkräfte der
        Jugendhilfeträger entwickeln gemeinsam –
        ggfs. unter Beteiligung weiterer schulischer

12
Was brauchen Kinder und Jugendliche?

        III.
                                       13
Was brauchen Kinder und Jugendliche?

     III. Was brauchen Kinder und
     ­Jugendliche?
     Lebenslagen und Bedürfnisse gemäß den Ergebnissen der
     Düsseldorfer Online-Befragung

     Jugendliche in Deutschland werden heute ver-                             Identifikationsmöglichkeiten und Erfahrungsräu-
     gleichsweise früh geschlechtsreif, gleichzeitig ver-                     me bieten.
     schiebt sich jedoch das gefühlte Ende der Jugend-
     zeit (oft durch eigene Familiengründung und                              In Düsseldorf wurde im Jahr 2013 im Rahmen
     ökonomische Unabhängigkeit wahrgenommen)                                 der kommunalen Sozialberichterstattung eine
     hin zum 30. Geburtstag. In Deutschland werden                            Online-Befragung von Kindern, Jugendlichen und
     weniger Kinder geboren, diese wachsen in der                             jungen Erwachsenen im Alter von 11 bis 20 Jahren
     Regel sehr beschützt auf, werden aber schon früh                         durchgeführt.8 Im Mittelpunkt standen dabei die
     dazu angehalten, selbstständig Entscheidungen zu                         Aspekte Freizeit und Unterstützungsbedürfnisse
     treffen und, bei gleichzeitiger Vervielfachung der                       der jungen Menschen. Die Befragung diente von
     Entfaltungsmöglichkeiten, bestimmten Leistungs-                          Anfang an auch dazu, die Rückmeldungen der
     anforderungen nachzukommen.                                              jungen Düsseldorferinnen und Düsseldorfer in
                                                                              diesen Kinder- und Jugendförderplan einfließen zu
     Der Freiheit steht dabei schnell die Verantwor-                          lassen. Damit stellt die Online-Befragung ein zen-
     tung und damit der Druck gegenüber, die richtige                         trales Beteiligungsinstrument dar.
     Entscheidung zu fällen. Jedoch bleibt bei all den
     allgemeingültigen Tendenzen darauf zu achten,                            Betrachtet man zunächst die freie Zeit, die den
     dass es die Jugend an sich nicht (mehr) gibt. Des-                       jungen Düsseldorferinnen und Düsseldorfern nach
     halb ist es nötig, einen differenzierten Blick auf die                   eigenen Angaben zur Verfügung steht (durch-
     unterschiedlichen Lebenslagen und auch Bedürf-                           schnittlich von montags bis freitags), so zeigt sich
     nisse von Kindern und Jugendlichen zu werfen.                            eine starke Differenzierung nach dem Alter sowie
     Die in regelmäßigen Abständen stattfindende                              der Tatsache, ob sie noch zur Schule gehen bezie-
     Shell Jugendstudie bietet eine gute Möglichkeit,                         hungsweise welcher Tätigkeit sie nach Verlassen
     Einblicke in die Lebenswelten Jugendlicher zu                            der Schule nachgehen. Kinder zwischen 11 und 13
     bekommen. So ergab die letzte Studie aus dem Jahr                        Jahren nennen durchschnittlich etwa 18 Stunden
     2010 zum Beispiel, dass sich die Jugendlichen in                         frei gestaltbare Zeit in der Woche. Im Alter zwi-
     Deutschland eher „materialistischen“ Wertorien-                          schen 14 und 17 Jahren haben die Jugendlichen
     tierungen zuwenden, etwa in Form von Ordnung,                            nach eigenen Angaben eine frei zur Verfügung
     Sicherheit oder auch Konzentration.                                      stehende Zeit pro Woche von durchschnittlich
                                                                              23 Stunden. Die volljährigen Jugendlichen bis 20
     Auch eine stetig steigende Tendenz auf dem Frei-                         Jahre kommen auf eine wöchentlich freie Zeit von
     zeit- und Konsummarkt im Hinblick auf Medien-                            28 Stunden. Schülerinnen und Schüler geben ihre
     nutzung und den Gebrauch namhafter Marken bei                            freie Zeit durchschnittlich mit 21 Stunden an, wäh-
     materiellen Gegenständen oder Kleidungsteilen                            rend diejenigen, die nicht mehr die Schule besu-
     konnte die Studie verzeichnen.6 Auch die soge-                           chen, diese Zeit mit rund 30 Stunden beziffern.
     nannte MediKuS-Studie (Medien, Kultur und
     Sport) des Deutschen Jugendinstituts (DJI) 7 zeich-                      Diejenigen jungen Menschen, die bereits berufs-
     net ein sehr aktives Bild der jungen Deutschen                           tätig sind oder sich in der Ausbildung befinden,
     von 9 bis 24 Jahren, für die Musik, Kunst, Medien,                       haben die geringste Freizeit (22 bzw. 23 Stunden).
     ehrenamtliches Engagement und Sport wichtige                             Am meisten Freizeit können die Freiwilligen-
                                                                              dienstleistenden und jobbenden Jugendlichen
     6 Vgl. Albert, M. / Hurrelmann, K. / Quenzel, G. / TNS Infratest Sozi-
     alforschung (2010): 16. Shell Jugendstudie. Jugend 2010. Frankfurt
                                                                              (32 bzw. 37 Stunden) genießen, gefolgt von Prak-
     am Main: Fischer
     7 Siehe Zusammenfassung im Internet unter http://www.dji.de/             8 Vgl. Landeshauptstadt Düsseldorf (Hg.): Lebenssituation von Kin-
     fileadmin/user_upload/gespraeche/MediKuS_Ergebnisse.pdf                  dern und Jugendlichen in Düsseldorf. Kommunale Sozialberichter-
     (23.5.2014)                                                              stattung, Düsseldorf 2014..

14
Was brauchen Kinder und Jugendliche?

tikantinnen und Praktikanten sowie Studieren-
den, die ihre wöchentliche freie Zeit auf etwa gut
28 Stunden einschätzen.

Die Tabelle (siehe unten) zeigt, welche Freizeit­
tätigkeiten die jungen Menschen präferieren.

Je nach Alter zeigen sich hier erwartungsgemäß
beträchtliche Unterschiede. Während sich 65 Pro-
zent der 11- bis 13-Jährigen noch sehr gerne
regelmäßig (täglich, wöchentlich oder monatlich)
künstlerisch betätigen, ist dies nur noch für 50 Pro-
zent der 18- bis 20-Jährigen der Fall. Umgekehrt
wächst mit steigendem Alter der Anteil der jungen
Menschen stark, der sich mit Freundinnen und
Freunden im Café trifft oder Einkaufen geht. Darü-
ber hinaus wird einmal mehr der hohe Stellenwert
des Internets und seiner Kommunikationsmög-
lichkeiten deutlich – und dies über alle Altersstu-
fen hinweg (94 Prozent der Befragten gehen dieser
Tätigkeit regelmäßig nach).

Die zehn häufigsten Freizeitbeschäftigun­gen, denen regelmäßig nachgegangen wird                                  9

                                                                                          Anteil an Personen, die dieser
 Freizeitaktivitäten – regelmäßig
                                                                                          Tätigkeit nachgehen in %

 1. Im Internet surfen / chatten / etc.                                                   94

 2. Mit Freundinnen / Freunden zu Hause treffen                                           89

 3. Sport treiben – aber nicht im Verein                                                  85

 4. Bücher, Zeitschriften usw. lesen                                                      83

 5. Mit Freundinnen / Freunden draußen (auf öffentlichen Plätzen) treffen                 83

 6. Shoppen gehen / einen Einkaufsbummel machen                                           71

 7. Computer spielen                                                                      62

 8. Sport im Verein oder Club betreiben                                                   61

 9. Mit Freundinnen / Freunden im Cafe oder (Fast-Food-) Restaurant treffen               61

 10. Mich künstlerisch betätigen                                                          57

9 Quelle: Landeshauptstadt Düsseldorf (Hg.): Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Düsseldorf. Kommunale Sozialberichterstat-
tung, Düsseldorf 2014, S. 67.

                                                                                                                                          15
Was brauchen Kinder und Jugendliche?

                   Differenziert man die Freizeitaktivitäten nach den                                             teinrichtungen (71 Prozent) sowie die Teilnahme
                   Geschlechtern, ergibt sich folgendes Bild (siehe                                               an Jugendgruppen (79 Prozent) werden hier sehr
                   unten):                                                                                        häufig genannt. Differenziert man die Daten für
                                                                                                                  diese beiden Freizeitbeschäftigungen nach dem
                   Demnach sind künstlerische Tätigkeiten, Einkau-                                                Alter, so zeigt sich, dass Kinder im Alter von 11
                   fen gehen oder auch das Lesen eindeutig weiblich                                               bis 13 Jahren noch zu rund 16 Prozent regelmäßig
                   präferiert, wenngleich eine zusätzliche Differen-                                              (täglich, wöchentlich, monatlich) eine offene Frei-
                   zierung nach dem Alter das Bild leicht verändert.                                              zeiteinrichtung besuchen. Bei den 14- bis 17-jäh-
                   Computer spielen, Handwerken und Sport im                                                      rigen Jugendlichen gilt dies noch für 12 Prozent.
                   Verein treiben werden demgegenüber stärker von                                                 An Jugendgruppen nehmen rund 11 Prozent der
                   Jungen und jungen Männern wahrgenommen.                                                        Befragten unter 14 Jahren regelmäßig (täglich,
                   Auffällig ist jedoch auf der anderen Seite der Skala,                                          wöchentlich, monatlich) teil und 13 Prozent der
                   dass es ein großes Spektrum an Freizeitaktivitäten                                             Jugendlichen bis 18 Jahre. Bei den jungen Erwach-
                   gibt, denen die Jugendlichen selten oder nie nach-                                             senen sinkt der Anteil in beiden Freizeitbereichen
                   gehen. Der Besuch von Kinder- und Jugendfreizei-                                               dann wieder auf je 9 Prozent.

                   Die regelmäßigen Freizeitaktivitäten mit der größten geschlechtsspezifischen Differenz 10

                                                                                                                                                                                                                   83	
  
                                                                                       Computer	
  spielen	
  
                                                                                                                                                                   45	
  

                                                                                                                                                          40	
  
                                                                        Mich	
  künstlerisch	
  betä?gen	
  
                                                                                                                                                                                                 72	
  

                                                                                                                                                      37	
  
                    Am	
  Fahrrad	
  schrauben,	
  am	
  Computer	
  basteln,	
  Schreinern	
  usw.	
  
                                                                                                                          9	
  

                                                                                                                                                                               58	
  
                                                                                          Shoppen	
  gehen	
  
                                                                                                                                                                                                              82	
  

                                                                                                                                    22	
  
               Jobben	
  (z.	
  B.	
  BabysiNen,	
  Zeitung	
  austragen	
  usw.)	
  (14	
  bis	
  20	
  Jahre)	
  
                                                                                                                                                 35	
  

                                                                                                                                                                                          68	
  
                                                  Sport	
  in	
  einem	
  Verein	
  oder	
  Club	
  betreiben	
  
                                                                                                                                                                            55	
  

                                                                                                                                                                            55	
  
     Mit	
  Freundinnen	
  /	
  Freunden	
  im	
  Cafe	
  oder	
  (Fast-­‐Food-­‐)	
  Restaurant	
  treffen	
  
                                                                                                                                                                                        66	
  

                                                                                                                                                                                                          78	
  
                                                                  Bücher,	
  ZeitschriWen	
  usw.	
  lesen	
  
                                                                                                                                                                                                                       87	
  

                                                                                                                                    22	
  
                                                            Angebote	
  der	
  Stadtbücherei	
  nutzen	
  
                                                                                                                                             31	
  

                                                                                                                                  männlich	
              weiblich	
  

                   10 Quelle: Landeshauptstadt Düsseldorf (Hg.): Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Düsseldorf. Kommunale Sozialberichterstat-
                   tung, Düsseldorf 2014, S. 69.

16
Was brauchen Kinder und Jugendliche?

Nicht beachtet werden kann bei dieser Auswer-         Informations- Beratungs- und Unterstützungsbe-
tung, dass sich die Zielgruppe in den Kinder- und     darf bei den jungen Düsseldorferinnen und Düssel­
Jugendfreizeiteinrichtungen bezogen auf das Alter     dorfern wurden insgesamt am häufigsten (15 bis
inzwischen stark verjüngt hat. Angebote werden        23 Prozent) zu den Themen „Freizeitgestaltung /
in der Regel ab Schuleintritt (und dies liegt heute   Freizeitangebote“, „Gesundheit / Ernährung“,
teilweise bei 5 Jahren) gemacht. Die offenen Türen    „Umgang mit Geld“ und „Lernschwierigkeiten“
in Düsseldorf haben sich in den letzten Jahren zu     benannt. Bei den Jugendlichen ab 14 Jahren wur-
einem starken Partner der Schulen – vor allem der     den weitere Antwortoptionen angeboten, die sehr
Grundschulen – entwickelt, was sich im vielsei-       hohe Zustimmungswerte erzielten: So zeigt sich
tigen Engagement der Freizeiteinrichtungen im         der deutlichste Bedarf bei der Suche nach einem
OGS-Bereich zeigt. Dennoch gilt es, künftig die       Nebenjob (45 Prozent) und nach einem Ausbil-
Jugendlichen wieder stärker in den Blick zu neh-      dungs- oder Praktikumsplatz (40 Prozent). „Ehren-
men. Der Ansatz der Bundesregierung zur Stär-         amtliche Tätigkeiten / Freiwilliges Engagement“ ist
kung der Jugendpolitik wird hierfür auch auf kom-     für 16 Prozent und „Liebe / Beziehung“ für 11 Pro-
munaler Ebene als motivierender Motor gesehen.        zent in Bezug auf Informationen, Beratung und
                                                      Unterstützung relevant. Betrachtet man die Daten-
Dafür ist es aber wichtig, sich an den Bedürfnissen   lage differenzierter nach Alter, sind unterschied-
der Jugendlichen zu orientieren. Gefragt nach den     liche Akzentuierungen und Bedarfslagen sichtbar.
Zeiten, zu denen sie gerne weitere / andere Frei-     So wünschen sich junge Erwachsene zwischen
zeitangebote wahrnehmen würden, entstand fol-         18 und 21 Jahren mehr Unterstützung und Bera-
gendes Bild: 92 Prozent derjenigen, die im Rahmen     tung zu ehrenamtlichen Tätigkeiten (26 Prozent).
der Befragung hierzu Angaben machten, möchten         14- bis 17-Jährige würden hingegen stärker bei
an Angeboten teilnehmen, die schul- und werktags      Problemen mit Mitschülerinnen und Mitschülern
ab 16 Uhr stattfinden. Zwei Drittel (bei den jungen   Unterstützung beanspruchen (7 Prozent).
Erwachsenen sogar drei Viertel) wünschen sich
zudem Angebote am Samstag- sowie Sonntagnach-         Bei der offenen Frage nach Wünschen, Anre-
mittag. Vor allem bei den Älteren wird von 42 Pro-    gungen und Kritik in der Düsseldorfer Befragung
zent der Jugendlichen und 60 Prozent der jungen       wurde ebenfalls deutlich, dass sich die jungen
Erwachsenen auch der Samstagabend gewünscht.          Bürgerinnen und Bürger weitere Freizeitangebote
                                                      (sowohl mehr als auch vielfältigere) wünschen, die
Freizeitangebote sind auch in den Ferienzeiten        zudem „bezahlbar“ sein sollen. Genannt wurden
stark gefragt. Minderjährige Kinder und Jugend-       Musik, Kunst- und Kulturangebote sowie Spiel-
liche äußerten etwas häufiger als die volljäh-        und Sportanlagen, aber auch ganz konkret Jugend-
rigen Befragten den Wunsch nach mehrtägigen           freizeiteinrichtungen und deren Veranstaltungen.
Freizeitangeboten. Gut zwei Drittel aller 18- bis
20-Jährigen möchten am liebsten an punktuellen        Die Kinder- und Jugendarbeit in Düsseldorf (sie-
Angeboten teilnehmen, während dies lediglich          he nachfolgendes Kapitel) bietet bereits jetzt ein
47 Prozent der 11- bis 13-Jährigen und 59 Prozent     breites, kostengünstiges Angebotsspektrum und
der 14- bis 17-Jährigen, die sich hierzu geäußert     ist darüber hinaus stets bemüht, den Bedürfnissen
haben, angeben.                                       der Jugendlichen noch mehr zu entsprechen. Die
                                                      Ergebnisse der Online-Jugendbefragung stellen
Nachdem die Kinder und Jugendlichen die unter-        deshalb eine wichtige Basis für die konkrete Ausge-
schiedlichsten Fragen zu ihrem Freizeitverhalten      staltung dieses Kinder- und Jugendförderplans für
beantwortet hatten, wurde ihnen im Anschluss          die Jahre 2015 bis einschließlich 2020 dar.
an diesen Themenblock die Möglichkeit gegeben,
weitere Angebote, die sie sich für ihre Freizeitge-
staltung wünschen, offen zu nennen. Hier erfolgte
eine Vielzahl an individuellen Antworten, die dif-
ferenzierter ausgewertet werden müssen (beispiels-
weise wurden häufig bereits vorhandene Angebote
benannt). Insgesamt nahmen rund 40 Prozent
der Befragten die Chance wahr, ihre persönlichen
Wünsche zu formulieren.

                                                                                                            17
Handlungsfelder

                       IV.
18
Handlungsfelder | Gesetzliche Grundlagen

    IV. Die Handlungsfelder zur
    ­Kinder- und Jugendförderung
    IV.1. Gesetzliche Grundlagen
    § 11 SGB VIII – Jugendarbeit –                           § 13 SGB VIII – Jugendsozialarbeit –
    (1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer         (1) Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer
    Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugend-          Benachteiligungen oder zur Überwindung indivi-
    arbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den       dueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf
    Interessen junger Menschen anknüpfen und von             Unterstützung angewiesen sind, sollen im Rahmen
    ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie           der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen ange-
    zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesell-            boten werden, die ihre schulische und berufliche
    schaftlicher Mitverantwortung und sozialem Enga-         Ausbildung, ihre Eingliederung in die Arbeitswelt
    gement anregen und hinführen.                            und ihre soziale Integration fördern.

    (2) Jugendarbeit wird angeboten von Verbänden,           (2) Soweit die Ausbildung dieser jungen Menschen
    Gruppen und Initiativen der Jugend, von anderen          nicht durch Maßnahmen und Programme anderer
    Trägern der Jugendarbeit und den Trägern der             Träger und Organisationen sichergestellt wird, kön-
    öffentlichen Jugendhilfe. Sie umfasst für Mitglieder     nen geeignete sozialpädagogisch begleitete Ausbil-
    bestimmte Angebote, die offene Jugendarbeit und          dungs- und Beschäftigungsmaßnahmen angeboten
    gemeinwesensorientierte Angebote.                        werden, die den Fähigkeiten und dem Entwicklungs-
                                                             stand dieser jungen Menschen Rechnung tragen.
    (3) Zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit gehören:
    1. außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner,        (3) Jungen Menschen kann während der Teilnah-
        politischer, sozialer, gesundheitlicher, kulturel-   me an schulischen oder beruflichen Bildungsmaß-
        ler, naturkundlicher und technischer Bildung,        nahmen oder bei der beruflichen Eingliederung
    2. Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit,        Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten
    3. arbeitswelt-, schul- und familienbezogene             Wohnformen angeboten werden. In diesen Fällen
        Jugendarbeit,                                        soll auch der notwendige Unterhalt des jungen
    4. internationale Jugendarbeit,                          Menschen sichergestellt und Krankenhilfe nach
    5. Kinder- und Jugenderholung,                           Maßgabe des § 40 geleistet werden.

.
    6. Jugendberatung.
                                                             (4) Die Angebote sollen mit den Maßnahmen der
    (4) Angebote der Jugendarbeit können auch Per-           Schulverwaltung, der Bundesagentur für Arbeit,
    sonen, die das 27. Lebensjahr vollendet haben, in        der Träger betrieblicher und außerbetrieblicher
    angemessenem Umfang einbeziehen.                         Ausbildung sowie der Träger von Beschäftigungs­
                                                             angeboten abgestimmt werden.
    § 12 SGB VIII – Förderung der Jugendverbände –
    (1) Die eigenverantwortliche Tätigkeit der Jugend-       § 14 SGB VIII – Erzieherischer Kinder- und
    verbände und Jugendgruppen ist unter Wahrung             Jugendschutz –
    ihres satzungsgemäßen Eigenlebens nach Maßgabe           (1) Jungen Menschen und Erziehungsberechtigten
    des § 74 zu fördern.                                     sollen Angebote des erzieherischen Kinder- und
                                                             Jugendschutzes gemacht werden.
    (2) In Jugendverbänden und Jugendgruppen wird
    Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organi-          (2) Die Maßnahmen sollen junge Menschen
    siert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwor-      befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen
    tet. Ihre Arbeit ist auf Dauer angelegt und in der       zu schützen, und sie zu Kritikfähigkeit, Ent-
    Regel auf die eigenen Mitglieder ausgerichtet, sie       scheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlich-
    kann sich aber auch an junge Menschen wenden,            keit sowie zur Verantwortung gegenüber ihren
    die nicht Mitglieder sind. Durch Jugendverbände          Mitmenschen führen, ferner Eltern und andere
    und ihre Zusammenschlüsse werden Anliegen                Erziehungsberechtigte besser befähigen, Kinder
    und Interessen junger Menschen zum Ausdruck              und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu
    gebracht und vertreten.                                  schützen.

                                                                                                                   19
Handlungsfelder | Offene Kinder- und Jugendarbeit

     IV.2. Offene Kinder- und Jugendarbeit
     IV.2.1. Inhalte
     Langfristig konzipiert und in gemeinsamer Verant-         der Kommunen besser zu verzahnen. Denn die För-
     wortung von freien Trägern, den Jugendverbänden           derpraxis des Landes ist, beispielsweise bezogen auf
     und dem Jugendamt findet die offene Kinder- und           Migrantenselbstorganisationen, aktuell abgekoppelt
     Jugendarbeit überwiegend in Jugendfreizeiteinrich-        von der Systematik in den Kommunen. Kommunal
     tungen und Offenen Türen statt, in denen haupt-           werden anerkannte Träger der Jugendhilfe geför-
     amtliche pädagogische Fachkräfte und qualifizierte        dert. Ein Parallelsystem könnte jedoch entstehen
     nebenberufliche sowie ehrenamtliche Mitarbei-             durch sich verändernde und wachsende Träger-
     terinnen und Mitarbeiter tätig sind. Die Einrich-         strukturen, die für bestimmte Zielgruppen agieren
     tungen der Offenen Jugendarbeit sind Orte der             (z.B. für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte
     Bildung, der Freizeitgestaltung, der pädagogischen        aus einer bestimmten Kultur). Aus diesem Grund
     Arbeit, der eigenständigen jugendkulturellen Entfal-      müssen Veränderungen der Strukturen beobachtet
     tung, Anlaufstelle und mitunter auch „Zuhause“.           und gemeinsam entwickelt werden, damit sie nach
                                                               § 79 SGB VIII integrierbar in das System der öffent-
     Themen- und projektbezogen (zu vorstehend                 lichen Jugendhilfe bleiben.
     genannten gesetzlichen Schwerpunkten) macht die
     Kinder- und Jugendarbeit allen jungen Menschen ab         Die Jugendarbeit in Düsseldorf ist breiten Bevölke-
     circa 6 Jahren in Düsseldorf jährlich vielfältige Ange-   rungsschichten sicherlich durch zentrale und jähr-
     bote und fördert ihre Anliegen. Unterschiedlichste        lich sehr erfolgreich stattfindende Veranstaltungen
     Jugendgruppen oder Vereine können dabei auf die           wie den Weltkindertag, das Olympic Adventure
     Expertise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des        Camp, das KinderKinoFest oder den Girls’ / Boys’
     Jugendamtes zurückgreifen und finanzielle Mittel          Day bekannt. Doch auch Akki e. V. ist nicht nur im
     erhalten, sei es beispielsweise zu einem interkultu-      Zusammenhang mit dem jährlichen „Düsseldörf-
     rellen Projekt oder einer Gedenkstättenfahrt.             chen“ ein Begriff für die jungen Teilnehmerinnen
                                                               und Teilnehmer sowie deren Eltern und weit über
     Entsprechende Anträge können jährlich auch beim           die Grenzen Düsseldorfs bekannt. Er macht auch
     Land NRW gestellt werden. Die Förderungspraxis –          stadtteilbezogene Kulturangebote in Oberbilk
     vor allem für kleinere Träger – gilt es jedoch zu ver-    im Rahmen der Jugendarbeit und gefördert vom
     einheitlichen, transparenter zu gestalten und mit der     Jugendamt. Kulturelle Bildung wird zudem stadt-

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