Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen

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Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
Junge Menschen brauchen
Kultur. Egal, wie reich ihre
Eltern sind.

Deshalb sorgt Evonik in Essen dafür, dass Kinder
und Jugendliche aus allen Schichten Zugang zu Theater
und Philharmonie bekommen. So leisten wir einen
wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt in unserer Stadt.
Und das von Herzen gern.

www.evonik.de

                                                        Schauspiel Essen 2018 | 2019
                                                                                       SCH AUSPIEL ESSEN
Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
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Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
> L IE B E S P U B L IK U M!
                                                                   Alles umsonst?
                                                                   Nein!
                                                                   Dank Ihrer großartigen Unterstützung und mit Ihnen gemeinsam haben wir
                                                                   im vergangenen Jahr eine fantastische Jubiläumsspielzeit anlässlich des
                                                                   125. Geburtstages unseres Theaters erleben dürfen.
                                                                   So haben Sie im Rahmen unserer Publikumsaktion „Wünsch dir was!“ ­Friedrich
                                                                   Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ nicht nur zur E­ r­öffnungspremiere
                                                                   erwählt, sondern diese Inszenierung im Laufe der Spielzeit mit einer nahezu
                                                                   100%igen Auslastung zu einer wahren Quotenkönigin gekürt. Auf den Tag
                                                                   genau 125 Jahre nach der Eröffnung unseres Theaters haben Sie mit uns
                                                                   gefeiert – am einzigen trockenen Samstag im September 2017. Nicht nur bei
                                                                   den zahlreichen Theaterführungen an diesem Tag ­haben Sie Ihr „Grillo“ von
                                                                   ganz anderen Seiten kennengelernt: Mit „Prinzen“ und „Bettelknaben“ haben
                                                                   Sie sich die Plätze auf unseren bequemen roten Theatersesseln wie auch die
                                                                   auf dem nackten Boden geteilt, um am Ende des Abends gemeinsam von der
                                                                   Bühne in den Zuschauerraum und in eine (utopische) Zukunft zu schauen,
                                                                   in der vielleicht nicht alles umsonst, aber zumindest der Reichtum dieser
                                                                   Erde gerechter verteilt sein wird.
                                                                   Sie haben den neugierigen Maulwurf Jupp im letzten Jahr der Bergbau-Ära im
                                                                   Ruhrgebiet bei seiner Suche nach dem Vermächtnis unseres Theater­vaters
                                                                   Friedrich Grillo begleitet und in Luchino Viscontis „Der Fall der G  ­ ötter“
                                                                   erfahren, wie mit einer Familiendynastie zugleich eine ganze E ­ poche unter­
                                                                   geht.
                                                                   Das alles war – um unser diesjähriges, hoffentlich irritierendes Motto zu
       Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter,    zitieren – keineswegs „umsonst“. Genauso wenig wie das Engagement der
       als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden    Familie Grillo vor nunmehr 126 Jahren, die ihrer Heimatstadt das Grillo-­
                                       und laut zu sagen: Nein!    Theater geschenkt hat und der genauso wie Ihnen, die Sie immer wieder Ihr
                                                  Kurt Tucholsky   Theater besuchen und unterstützen, größter Dank gebührt!

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Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
Denn „umsonst“ war Theater niemals zu haben: Viel Geld aus öffentlicher,        Sollten wir nicht besonnener und nachhaltiger mit knapper werdenden
    aber immer wieder auch privater Hand und nicht zuletzt aus der Wirtschaft       ­Ressourcen umgehen? Und sollten wir uns gleichzeitig nicht streitlustiger
    sind in das Theater geflossen: als Investition in die Zukunft einer lebens-      und ­optimistischer mit den tiefsitzenden (Verlust-)Ängsten unserer Zeit
    werten Stadt.                                                                    ­konfrontieren? Ist es nicht höchste Zeit, Partizipation zuzulassen, wo immer
    Hier seien stellvertretend die Stadtwerke Essen AG und die Sparkasse              wir können, statt den immer augenfälligeren nationalistischen Bestrebungen
    ­Essen genannt, die seit über einer Dekade das Schauspiel mit bedeut­samen        nachzugeben und über Jahrzehnte erworbene Errungenschaften leichtfertig
     ­Beträgen unterstützen. Dass sich die Stadtwerke von Beginn an für die jähr-     aufs Spiel zu setzen? Sollen sämtliche Anstrengungen der letzten Jahre im
      liche Förderung des Familienstücks im Großen Haus entschieden haben,            Hinblick auf ein friedvolles, buntes, zukunftsorientiertes Zusammenleben,
      zeigt deren Ab- und Weitsicht, sich für die jungen Familien der Stadt zu        alle Begegnungen und alle Einsichten umsonst gewesen sein?
      engagieren. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass sich beide Insti-     Lassen Sie uns gemeinsam nachdenken!
      tutionen seit drei Jahren gemeinsam mit der WAZ/NRZ als Partner unserer
      Aktion „Der geschenkte Platz“ angenommen haben. Mit dem Ergebnis, dass        Ich freue mich auf Sie und wünsche uns allen eine spannende Spielzeit
      die Spenden von Essener Bürgerinnen und Bürgern in den vergangenen drei       2018/2019!
      Jahren bereits 3.369 Kindern und Jugendlichen und deren Familien, die sonst
      kaum an der sogenannten Hochkultur partizipieren können, einen Theater-       Ihr
      besuch ermöglicht haben.
      Denn Theater ist Bildung – in jeder Hinsicht! Und ca. 20.000 Besucherinnen
      und Besucher zwischen vier und achtzehn Jahren bestätigen sicher gerne,
      dass es dazu auch noch auch auf vielfältige Weise Spaß bringt.
                                                                                    Christian Tombeil
    Jedoch: Kunst, an die Worte Karl Valentins erinnernd, ist „schön, macht aber
    viel Arbeit“. Ein umfassendes Kulturangebot – so preiswert es auch sein
    mag – ist nicht umsonst und auch nicht zu Discounter-Preisen zu ­haben.
    Ganz im Gegenteil: Sollten wir nicht unseren Anspruch hinterfragen, mög-
    lichst alles umsonst oder zumindest so billig wie es nur geht zu b
                                                                     ­ ekommen?

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Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
> A LLE S U MS O NST                                                               Alles umsonst?

                                                                                       Fete, geile Fete, ich zünd noch eine Rakete.
                                                                                       Fete, geile Fete, was haben wir gelacht.
                                                                                       Da liegt das alte Europa und sagt gute Nacht.
                                                                                       (Rainald Grebe)

                                                                                       Denn global betrachtet musste der gemeinsame Spaß in den letzten Jahren
                                                                                       ­herbe Rückschläge einstecken. Während man in der sprichwörtlichen Küche
                                                                                        noch beim gediegenen Glas Weißwein angeregt diskutierte, sich über das
                                                                                        ­Erreichte freute und sicher war, dass es zwar langsam voranginge, aber dass
                                                                                         man mit den Jahrzehnten des immerhin europäischen Friedens und der schritt-
    Itʼs late and Iʼm with my love alone.
                                                                                         weisen internationalen Annäherung nun endlich doch noch die richtige Ab-
    We drink to forget the coming storm.
                                                                                         zweigung auf dem Weg zum besseren Übermorgen genommen hätte, passierte
    We love to the sound of our favourite song,
                                                                                         in Wohn­zimmer, Badezimmer und Flur das, was jeder guten und auch weniger
    Over and over.
                                                                                         guten Party droht: Die Stimmung kippte, und den Ton gab auf einmal die Sorte
    Dancing with tears in my eyes!
                                                                                         von Leuten an, von denen sich am Tag danach niemand mehr so recht erinnern
    (Ultravox)
                                                                                         kann, wer sie eigentlich eingeladen hat. Eben die Sorte von Leuten, bei denen
    Mensch, war das eine Fete! 125 Jahre Grillo-Theater haben wir in der Spielzeit       man froh sein kann, wenn ihnen nur der Getränkevorrat und vielleicht das ein
    2017/2018 gefeiert – und unser Publikum mit uns. Gemeinsam haben wir beim            oder andere Stück Geschirr zum Opfer fallen und sie darauf verzichten, beim
    Theaterfest ausgelassen getanzt, haben mit diversen, ästhetisch ausgesprochen        Nachhausegehen den Feuerlöscher im Treppenhaus zu entleeren.
    unterschiedlichen Inszenierungen den Blick zurück gelenkt auf die Stadt, die         Von Trump bis Brexit sah man sich auf einmal mit einem globalen Rollback
    das Grillo-Theater erst hervorgebracht hat, auf ihre sozialen Verhältnisse heute     konfrontiert, das in Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten Erkämpftes lautstark
    und ihre Geschichte. Im Fokus der vergangenen Spielzeit stand – gerade auch in       gröhlend zum Fenster hinauswarf. Aufgekündigte Klimaabkommen, das Wieder-
    der Erinnerung an Friedrich Grillo, den Stifter des Theaters – nicht zuletzt der     erstarken nationalistischer Strömungen, neue, offene Konflikte zwischen
    Gedanke, die Bürgerschaft der Stadt Essen an ihre kulturellen Institutionen und      der Nato und ehemaligen Blockstaaten und nukleare Drohgebärden seitens
    ihre Verantwortung für diese zu erinnern. Denn gerade in Essen hätte es ohne         ­Nationen, deren Führer man schon lange für verrückt gehalten hatte, und sei-
    die Bürgerinnen und Bürger der Stadt eine derart reiche Kulturlandschaft, wie         tens Nationen, bei denen man nun doch immerhin ernsthafte Zweifel bekommen
    sie heute existiert, nie geben können.                                                musste: In der Küche rieb man sich verwundert die Augen und fragte sich, wie
    Doch auch die schönste Geburtstagsfeier geht einmal zu Ende, über dem letzten         sich dieses nette Beisammensein innerhalb kürzester Zeit in eine 80er-­Jahre-
    Schluck aus der Champagnerflasche macht sich langsam Katerstimmung breit              Revival-Mottoparty hatte verwandeln können. Doch bei genauerem Hinsehen
    und beim gemeinsamen Zusammenfegen des magentafarbenen Konfetti begin-                bemerkt man, dass die Charaktermasken, deren politische Programme einem
    nen wir uns zu fragen: Was ist übrig von der Party? Haben unsere Anstrengungen        oft wie blanker Hohn erscheinen, häufig nur die Ressentiments und Anspruchs-
    sich gelohnt? Oder bleibt beim Griff zur Aspirin-Packung bei Sonnenaufgang            haltungen des Teils der Bevölkerung bedienen, der die Versprechungen einer
    nur zu konstatieren:                                                                  entfesselten Marktwirtschaft allzu sehr beim Wort nimmt und nur eines will:

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Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
Alles, umsonst.                                                                       sein, und kosten darf es möglichst nichts. Und doch unterscheidet sich der Ruf
                                                                                          nach dem Schnellen und Unverbindlichen von anderen Rufen auf der Straße,
    I want it all, I want it all,
                                                                                          die schon lange nicht mehr nur die internationale Solidarität hochleben lassen,
    I want it all and I want it now!
                                                                                          sondern etwas für alle fordern:
    (Queen)

    Ja, wir wollen alles – für uns, nicht für die anderen. Vor allem wollen wir mehr      Alles! Umsonst!
    von allem. Und billig soll es bitte sein. Und während auf der einen Seite des
    Atlantiks Wahlen mit dem Slogan „America first!“ gewonnen werden, ist man             Die Straßen aus Zucker werden brennen,
    sich auf der anderen immerhin einig, dass man doch wohl keine 15 Euro für ein         Ich werfe Mollis mit Sahne, gewinn Karamel!
    T-Shirt bezahlt! Ja, eigentlich weiß man ja, dass der Überfluss an Waren, mit         (Grim104)
    dem wir heute konfrontiert sind, sei der Packungspreis auch noch so niedrig,
    am einen oder anderen Ort der Welt definitiv seinen Preis hat, aber man kann          Denn abseits der Frage, ob man einfach ohne nachzudenken nehmen und
    sich ja auch nicht um alles kümmern, immerhin ist man selbst viel zu sehr             den Dancefloor für die eigene Party auf dem Rücken des Restes der Welt-
    mit dem alltäglichen eigenen Kampf gegen das System beschäftigt: Rabatte,             bevölkerung eröffnen soll, kann man tatsächlich überlegen: Warum soll Arbeit
    ­Gutscheine, Coupons, Treuekarten, sind sie auch erkennbar nichts als Werkzeu-        und nicht Vergnügen das Maß aller Dinge sein – vorausgesetzt man schadet
     ge zum Sammeln von Daten, werden gefühlt zum Weg, dem Markt ein Schnipp-             niemandem mit diesem Vergnügen? Warum muss man sich alles im Sinne des
     chen zu schlagen. Schaut mich an! Ich hab das billiger gekriegt! Dahinter steht      globalen Marktes „verdienen“? Haben nicht genügend Generationen ihren
     jedoch eine Angst, die unter der Oberfläche der schillernden Warenwelt stets         Schweiß in die Mehrwertproduktion fließen lassen? Können wir wirklich nur
     mit verkauft wird, die Angst, im Rennen zurückzubleiben. Wir nehmen alles            innerhalb unserer festgefügten Kategorien weiter handeln, oder ließe sich viel-
     mit, nur nehmt uns bitte mit! Und so leben wir in einer Gesellschaft, in der sich    leicht eine Gesellschaft denken, die auf völlig anderen Prinzipien beruht als den
     eine Für-Lau-Mentalität breit gemacht hat, die nicht alleine den Geldbeutel,         jahrhundertelang internalisierten von Arbeit und Lohn, Mühe und Verdienst?
     sondern auch den Geist der Menschen betrifft. 1892 öffnete das Grillo-Theater        Und könnte diese G  ­ esellschaft dann eine sein, in der wir nicht nur finanziell,
     seine Pforten und so altbacken das Bild vom bürgerlichen „Tempel der Kunst“          sondern auch moralisch keine „Schulden“ mehr machen? Warum sollte unser
     heute wirken mag, so ernsthaft muss man feststellen, dass über dem vielleicht        erklärtes Ziel nicht wirklich sein, dass alle freien Zugang zu allem haben – und
     meistfrequentierten neuen „Tempel“ der Essener Innenstadt das grellblaue Logo        natürlich zuvorderst auch zu Kunst und Kultur? Hätten wir also vielleicht in der
     eines Textildiscounters prangt. Und während 2017 125 Jahre Grillo-Theater ge-        Jubiläumsspielzeit bereits im Sinne aller formulieren sollen: „Wir wollen kein
     feiert wurden, feiert man 2018 immerhin 50 Jahre Big Mac. Wer würde ernst-           Stück vom Geburtstagskuchen! Wir wollen die ganze Bäckerei!“? So oszilliert
     haft eine Wette eingehen wollen, von welchem Jubiläum mehr Bürgerinnen und           das Motto der Spielzeit 2018/2019 zwischen Geld und Geist, Frust und Lust –
     ­Bürger der Stadt auf die eine oder andere Art Kenntnis erhalten? Bildung, Kultur,   Resignation und Utopie.
      Demokratie sind als Werte in einer „Alles Umsonst-Gesellschaft“ schritt­weise
      unattraktiv geworden, weil sie einerseits Geld, andererseits aber vor allem                              Carola Hannusch, Judith Heese, Florian Heller, Vera Ring
      Verantwortung kosten. Investieren muss man hier nicht nur finanzielle Mittel,
      sondern auch sich selbst. Nein, fast niemand will mehr in Langfristiges und
      Gemeinnütziges investieren. Sofort verfügbar muss es sein, bequem muss es

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Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
> IN H A £ T

      2   Vorwort von Intendant Christian Tombeil    40    Kunst5 – Die TUP-Festtage 2019
      6   Alles umsonst                              43    Und sonst noch
     12   Unsere Partner                             52    Jazz in Essen
     14   Premierenübersicht 2018/2019               56    Theaterpädagogik
     16   Wiederaufnahmen 2018/2019                  64    Ensemble
                                                     75    Rückblick 2017/2018
     		   Die Premieren der Spielzeit 2018/2019
     18   Die Hauptstadt (Deutsche Erstaufführung)   82    Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
     20   Biografie: Ein Spiel                       86    Die TUP – Theater und Philharmonie Essen
     22   Der Zauberer von Oz                        88    Freunde der TUP
     24   Ein großer Aufbruch                        90    Kartenverkauf
     26   Cash – Und ewig rauschen die Gelder        93    Abonnements 2018/2019
     28   Der Kirschgarten                           98    Saalpläne
     30   Auerhaus                                   100   Abonnement-Bedingungen der TUP
     32   ≈ [ungefähr gleich]                        102   Allgemeine Geschäftsbedingungen der TUP
     34   Am Boden                                   104   Service
     36   Der stumme Diener                          110   Impressum
                                                     112   So erreichen Sie uns

10                                                                                                       11
Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
> >U N SE R E PA R T N E R
           Allen unseren Förderern und Sponsoren
           danken wir sehr herzlich für die großzügige Unterstützung!

                                                                                                                      > > $TÜCK€
                                                                           Marianne Kaimer

     Ministerium für
     Kultur und Wissenschaft
     des Landes Nordrhein-Westfalen.

                                                          Sunhild und Christian Sutter

      Medienpartner:                                                                         Kulturpartner der TUP:

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Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
PR E MIE R E N
G R I L LO -T H E AT E R                                                                                                              CASA                                                                 B OX

Deutsche Erstaufführung                                               Cash – Und ewig                                                                                      Uraufführung
                                                           6+                                                                                    16+
Die Hauptstadt                       Der Zauberer von Oz              rauschen die Gelder                   Der Kirschgarten          Auerhaus                             Rien ne va plus                 Am Boden                       Der stumme Diener

nach dem Roman                       nach dem Kinderbuch              Eine Farce von Michael Cooney         von Anton Tschechow       nach dem Roman von Bov Bjerg         Ein Mehrspartenprojekt          von George Brant               von Harold Pinter
von Robert Menasse                   von Lyman Frank Baum             Ins Deutsche übertragen               Premiere am 4. Mai 2019   Bühnenfassung von                    im Rahmen der TUP-Festtage      Deutsch von Henning Bochert    Deutsch von Michael Walter
Bühnenfassung                        Bühnenfassung von Anne Spaeter   von Paul Overhoff                     Gefördert von der         Karsten Dahlem und Judith Heese      „Kunst5“ 2019                   Inszenierung: Felicia Daniel   Inszenierung: Tabea Schattmaier
von Hermann Schmidt-Rahmer           Musik von Dominik Dittrich       Inszenierung: Tobias Materna          Kulturstiftung Essen.     Inszenierung: Karsten Dahlem         Inszenierung: Sascha Krohn      Premiere am 22. Februar 2019   Premiere am 26. April 2019
Inszenierung: Hermann                Inszenierung: Anne Spaeter       Premiere am 2. März 2019                                        Premiere am 6. Oktober 2018          und Marijke Malitius
Schmidt-Rahmer                       Musikalische Leitung:            Gefördert vom Freundeskreis                                     Gefördert von der GENO BANK Essen.   Choreografie: Igor Volkovskyy
Premiere am 5. Oktober 2018          Dominik Dittrich                 Theater und Philharmonie Essen e.V.                                                                  Premiere am 27. März 2019
Gefördert von der Sparkasse Essen.   Premiere am 10. November 2018                                                                    ≈ [ungefähr gleich]
                                     Gefördert von der
                                                                                                                                      von Jonas Hassen Khemiri
Biografie: Ein Spiel                 Stadtwerke Essen AG.
                                                                                                                                      Deutsch von Jana Hallberg
von Max Frisch                                                                                                                        Inszenierung: Magz Barrawasser
                                     Ein großer Aufbruch
Neue Fassung 1984                                                                                                                     Premiere am 30. November 2018
Inszenierung: Thomas Ladwig          von Magnus Vattrodt
Premiere am 12. Oktober 2018         nach seinem gleichnamigen Film
                                     Inszenierung: Gustav Rueb
                                     Premiere am 1. Dezember 2018
Junge Menschen brauchen Kultur. Egal, wie reich ihre Eltern sind - Theater und Philharmonie Essen
W IE D E R -       G R I L LO -T H E AT E R                                                    HELDENBAR                               CASA                                                                      B OX
                                                                                                UND MOBILES
 AU F N A H M € N                                                                               T H E AT E R
                                                                                                                        2+
                                                                                                Das versteckte Zimmer                                                       Uraufführung                                              4+             Ichglaubeaneineneinzigengott.
                    Der Besuch der alten Dame              Leben des Galilei                    Drei Farben                             Metropolis                          Das beste aller möglichen Leben       Ein König zu viel                  (Credoinunsolodio.)

                    Eine tragische Komödie                  Schauspiel von Bertolt Brecht        Eine experimentell-mediale             nach Thea von Harbou                von Noah Haidle                       Theaterstreit für Kinder           Monolog von Stefano Massini
                    von ­Friedrich Dürrenmatt               mit Musik von Hanns Eisler          ­Performance                            und Fritz Lang                      Deutsch von Barbara Christ            ab 4 Jahren                        Deutsch von Sabine Heymann
                    Inszenierung: Thomas Krupa              Inszenierung: Konstanze              für Menschen ab 2 Jahren               Ein Live-Animationsfilm             Inszenierung und Bühne:               von Gertrud Pigor                  Inszenierung: Sascha Flocken
                    Ab dem 20. Oktober 2018                ­Lauterbach                           von und mit Christiane Holtschulte     von sputnic                         Thomas Krupa                          mit Musik von Jan-Willem Fritsch
                                                                                                                                                                                                                                                                 8+
                    Mit freundlicher Unterstützung          Musikalische Leitung: Achim          (Projektionen), Manuel Loos            Konzept, Buch & Inszenierung:                                             Inszenierung: Christian Tombeil    Die Wanze
                                                                                                                                                                                           14+
                    der Sparkasse Essen aus Mitteln der     Gieseler                             (Musik), Jasper Schmitz                Nils Voges (sputnic)                Superhero                             Ab dem 27. Oktober 2018
                                                                                                                                                                                                                                                     Ein Insektenkrimi
                    Lotterie „PS – Sparen und Gewinnen“.    Gefördert durch eine private         (Performance) und Carolin Vogel        Ab dem 12. Oktober 2018
                                                                                                                                                                            nach dem Roman                                              8+           nach Paul Shipton
                                                            Spende der Eheleute Sunhild          (Produktionsleitung, Dramaturgie)      Gefördert vom Ministerium für                                             Die erstaunlichen
                                                                                                                                                                            von Anthony McCarten                                                     In einer Fassung von Karin Eppler,
                    Der Fall der Götter                     und Christian Sutter.                Gefördert von der ­AllbauStiftung,     Kultur und Wissenschaft des                                               Abenteuer der Maulina Schmitt
                                                                                                                                                                            Aus dem Englischen von Manfred                                           Daniela Merz und Gerd Ritter
                                                                                                 dem Kulturbüro der Stadt Essen sowie   Landes ­Nordrhein-Westfalen.
                    nach dem Film „Die Verdammten“                                                                                                                          Allié und Gabriele Kempf-Allié        nach dem Buch                      Inszenierung: Thomas Ladwig
                                                           „Kunst“                               vom Institut für Theaterwissenschaft
                    von Luchino Visconti                                                                                                          14+                       Theaterfassung von Karsten            von Finn-Ole Heinrich              Gefördert von der Alfried Krupp
                                                                                                 der Ruhr-Universität Bochum.           Tschick
                    Für die Bühne übersetzt und            Komödie von Yasmina Reza                                                                                         ­Dahlem und Carola Hannusch           Theaterfassung von Tobias Dömer    von Bohlen und Halbach-Stiftung.
                    bearbeitet von Hans Peter Litscher     Aus dem Französischen                                        4+              von Wolfgang Herrndorf               Inszenierung: Karsten Dahlem         und Carola Hannusch
                    Inszenierung: Jan Neumann                                                   Das versteckte Zimmer                                                                                             Inszenierung: Tobias Dömer
                                                           von Eugen Helmlé                                                             Bühnenfassung von Robert Koall       Gefördert von der GENO BANK Essen.
                    Ab dem 27. Oktober 2018                Inszenierung: Anne Spaeter           KleineMenschenLachen                    Konzeption: polasek&grau                                                  Ab dem 10. November 2018
                    Gefördert von der Kulturstiftung       Gefördert von der GENO BANK Essen.   Eine interaktive Forschungs­            Inszenierung: Jana Milena Polasek
                                                                                                                                                                                                                                  14+
                    Essen und durch eine Privatspende                                           theater-Performance                     Ab dem 5. Dezember 2018                                                   Unter W@sser
                    von Marianne Kaimer.                                                        für Menschen ab 4 Jahren                                                                                          von Andréanne Joubert
                                                                                                Konzept: Esther Aust, Miriam                                                                                      und Jean-François Guilbault
                    Willkommen                                                                  Michel, Marguerite Windblut                                                                                       Übersetzt von Frank Weigand
                    Komödie von Lutz Hübner                                                     Konzeptionelle Begleitung:                                                                                        im Auftrag des Saarländischen
                    und Sarah Nemitz                                                            Renate Breitig, Maura Meyer                                                                                       Rundfunks
                    Inszenierung: Thomas Ladwig                                                 In Kooperation mit TUKI Berlin.                                                                                   Inszenierung: Marieke Werner
                    Ab dem 20. Dezember 2018
                    Gefördert von der GENO BANK Essen.
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Deutsche Erstaufführung

                                                                                           ▸DIE H AU P T STA DT
                                                                nach dem Roman von Robert Menasse | Bühnenfassung von Hermann Schmidt-Rahmer

        Brüssel. Fenia Xenopoulou konnte in der Europäischen              Robert Menasse wirft in seinem mit dem Deutschen Buch-               Inszenierung
     ­ ommission schon einige Sprossen der Erfolgsleiter erklimmen,
     K                                                                 preis 2017 ausgezeichneten Roman einen spannenden, unter-               Hermann Schmidt-Rahmer
     doch jetzt hat es sie ausgerechnet in die Generaldirektion Kul-   haltsamen und zugleich bissigen Blick auf ein Europa, dessen            Bühne
     tur verschlagen, ins „Alibi-Ressort“, wie es die Kollegen wenig   Zusammenhalt durch nationalistische Bestrebungen ernsthaft              Thilo Reuther
     schmeichelhaft nennen. Sie muss sich unbedingt profilieren,       gefährdet ist. Virtuos verknüpft der österreichische Erfolgs­           Kostüme
     um diese Sackgasse der Bedeutungslosigkeit schnellstmöglich       autor zahlreiche Biografien zu einem Reigen über Schuld und             Michael Sieberock-
     wieder zu verlassen. Da kommt ihr der Auftrag, das Image der      Ideale, Politik und Geschichte, über Bürokratie und Lobby­              Serafimowitsch
     EU-Kommission mit einer Geburtstagsfeier zum 50-jährigen          ismus, Sehnsucht und Tod. Menasse gelingt dabei ein gleicher-           Dramaturgie
     Jubiläum aufzupolieren, gerade recht. Als kompetente Füh-         maßen leidenschaftliches wie kritisches Plädoyer für Europa             Carola Hannusch
     rungskraft delegiert sie diese Aufgabe an den Referenten          und gegen das leichtfertige Aufgeben gemeinsam erzielter
     Martin Susmann, der eine Idee entwickelt, die tatsächlich für     ­Errungenschaften. Ein Plädoyer auch gegen das Vergessen.               Premiere
     Aufsehen sorgt – wenn auch nicht so, wie Fenia das im Sinne                                                                               5. Oktober 2018
     hatte …                                                           Hermann Schmidt-Rahmer, geboren 1960 in Düsseldorf,                     Grillo-Theater
        Derweil berät ein Think Tank über die Zukunft Europas, zieht   ­studierte Musikwissenschaft und Philosophie in München und
     einer der letzten Überlebenden des Holocaust in ein Brüsseler      absolvierte ein Schauspielstudium an der Universität der Künste        Gefördert von der
                                                                                                                                               Sparkasse Essen.
     Altersheim, geschieht ein Mord, der schneller vertuscht ist als    Berlin. Seit 1990 arbeitet er als freier Regisseur, u. a. in Köln,
     der Kommissar die Ermittlungen aufnehmen kann und läuft ein        Berlin, Basel, Dortmund, am Düsseldorfer Schauspielhaus, am
     herrenloses Schwein durch die Straßen der belgischen Haupt-        Schauspielhaus Bochum und am Volkstheater Wien. Er ist zudem
     stadt. Und während EU-Beamtinnen und Beamte bilateral ver-         Autor, Übersetzer und Professor für Szene an der Universität der
     handeln und perfide Machtspiele initiieren, Anträge und Ideen      Künste in Berlin. Im Jahr 2011 wurde er für den Theaterpreis
     in bürokratischen Formalitäten versanden, während ein Mörder       „DER FAUST” nominiert. Hermann Schmidt-Rahmer inszenierte
     nach Polen flieht, ein emeritierter Professor letzte Worte vor-    bereits mehrmals am Schauspiel Essen, u. a. Elfriede Jelineks
     bereitet und Vertreter der EU-Nationen an der Überwindung          ­„Ulrike Maria Stuart“ (Preis für die beste Inszenierung beim NRW
     des Nationalismus scheitern, sucht Brüssel nach einem Namen         Theatertreffen 2012), „Clockwork Orange” von Anthony Burgess
     für das Schwein, das noch immer herumirrt!                          und „Manderlay” nach Lars von Trier. Zuletzt war seine Theater­
                                                                         fassung von Fjodor Dostojewskis „Dämonen“ zu sehen.

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>BIO G R A F IE: E IN SPIE L
                                                                                                                              von Max Frisch | Neue Fassung 1984

        „Wenn ich noch einmal anfangen könnte, ich wüsste, was ich       jeweiligen Veränderungspotenziale hin überprüft. Im Mittel-          Inszenierung
     anders machen würde!“ – Die Zeit zurückdrehen und mit dem           punkt steht dabei stets die existenzielle Frage nach der in-         Thomas Ladwig
     Wissen von Heute noch einmal von vorne beginnen: Hannes             dividuellen Freiheit des Menschen: Haben wir bei unseren             Bühne und Kostüme
     Kürmann, Professor für Verhaltensforschung, bekommt jene            Lebensentscheidungen wirklich die freie Wahl? Und sind
                                                                         ­                                                                    Ulrich Leitner
     Chance, von der wohl jeder schon einmal geträumt hat. Zwei          wir bereit, die daraus resultierende Verantwortung zu über­          Dramaturgie
     „Spielleiter“ lassen ihn die zentralen Momente seiner Bio­grafie    nehmen?                                                              Vera Ring
     erneut erleben – mit der Möglichkeit, sie nachträglich zu verän-
     dern. Die vielleicht folgenschwerste Fehlentscheidung seines        Thomas Ladwig, geboren 1981 in Essen, studierte Theater­             Premiere
     Lebens scheint Kürmann die Ehe mit seiner Frau Antoinette zu        wissenschaft und Germanistik an der Universität Leipzig. Bereits     12. Oktober 2018
     sein, die er nun mit aller Macht zu verhindern sucht. Gleich        während des Studiums entstanden erste eigene Inszenierungen.         Grillo-Theater
     ihre erste Begegnung hätte vermieden werden müssen, die             Es folgten vier Jahre als Regieassistent am Schauspiel Leipzig und
     erste gemeinsame Nacht sowieso, und niemals, niemals hätte          Schauspiel Essen. Seit 2010 arbeitet Thomas Ladwig als freier
     Kürmann sich verlieben dürfen! Doch die Korrektur seiner Vita       ­Regisseur, zum Beispiel am Theater Aachen, am Theater Lüne-
     fällt ihm schwerer als gedacht. Immer wieder fällt er zurück in      burg, am Landestheater Schwaben, am Schauspielhaus Bochum
     alte Verhaltensmuster und emotionale Verstrickungen, schei-          und immer wieder auch am Schauspiel Essen, wo er u. a. „Kaspar
     tert und versucht es erneut: „Ich weigere mich zu glauben,           Häuser Meer“, „Die Wanze“ und zuletzt Lutz Hübners und Sarah
     dass unsere Biografie, meine oder ihre, oder irgendeine, nicht       Nemitz‘ Komödie „Willkommen“ inszenierte. Für seine Inszenie-
     anders ausgehen könnte. Vollkommen anders. Ich brauche mich          rung von Jonathan Safran Foers Roman „Alles ist erleuchtet“
     nur ein einziges Mal anders zu verhalten …“                          am Schauspiel Essen wurde er in der Kritikerumfrage 2015 der
                                                                          Fachzeitschrift Theater heute als bester Nachwuchsregisseur
       1967 schrieb Max Frisch die erste Version des Stückes, von         nominiert.
     dem er später sagen sollte, er habe es „als Komödie ­gemeint“.
     Jahre später, 1984, legte er eine neue Fassung vor, die den
     Spielcharakter noch augenscheinlicher werden ließ und gleich-
     zeitig das (Schau-)Spiel selbst zum Thema machte: In einer
     theatralen Versuchsanordnung, einem „Spiel im Spiel“, wird
     das Leben Kürmanns den Bedingungen des „Was-wäre-wenn?“
     wie auch des „Was-wäre-wenn-nicht?“ ausgesetzt und auf ihre

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6+

                                                                 D E R Z AU B E R E R VO N OZ
                             nach dem Kinderbuch von Lyman Frank Baum | Bühnenfassung von Anne Spaeter | Musik von Dominik Dittrich

        Wenn Dorothy aus dem Fenster des Hauses blickt, das sie mit       Lyman Frank Baums 1900 erschienener und 1939 mit Judy              Inszenierung
     Tante Em und Onkel Henry bewohnt, sieht sie vor allem eines:       Garland als Dorothy verfilmter Kinderbuch-Klassiker erzählt          Anne Spaeter
     nichts Besonderes. Tellerflach erstreckt sich die graue Prärie     vom Wunsch nach Veränderung, dem Zauber der Freundschaft             Musikalische Leitung
     von Kansas bis zum Horizont, von Abenteuer keine Spur. Doch        und der Erkenntnis, dass manchmal das, was wir am meisten            Dominik Dittrich
     das ändert sich schlagartig, als ein großer Sturm den Staub        suchen, längst in uns verborgen liegt.                               Bühne
     von Kansas mächtig aufwirbelt und das Mädchen samt Haus                                                                                 Fabian Lüdicke
     mit sich fort trägt. Als Dorothy wieder zu sich kommt, findet      Anne Spaeter gab 2008 in Kiel ihr Regiedebüt mit der                 Kostüme
     sie sich in einem unbekannten, magischen Land wieder. Dessen       ­Shakespeare-Collage „Meuchlings – per Eilpost zum Himmel“. Für      Anne Koltermann
     seltsame Bewohner begrüßen sie jubelnd, denn die böse Hexe          ihre Inszenierung von Felicia Zellers „Kaspar Häuser Meer“ am       Dramaturgie
     des Ostens, die hier grausam geherrscht hatte, ist von ­Dorothys    Theater Krefeld Mönchengladbach gewann sie 2010 den J­ oachim       Vera Ring
     Landung im fliegenden Eigenheim im wahrsten Sinne des Wor-          Fontheim Preis für Nachwuchsregie. Es folgten Arbeiten an der
     tes geplättet – nur noch ihre magischen Schuhe sind übrig           Landesbühne Wilhelmshaven, am Theater Lüneburg, Staats-             Premiere
     geblieben. Für Dorothy stellt sich nun allerdings die Frage, wie    theater Meiningen, Schauspiel Kiel, Theater Hof und bei den         10. November 2018
     sie wieder nach Hause kommen soll. Da kann nur einer helfen:        ­Gandersheimer Domfestspielen. Am Schauspiel Essen inszenierte      Grillo-Theater
     der große und mächtige Zauberer von Oz! Auf dem Weg zu ihm           sie bereits das Kinderstück „Ente, Tod und Tulpe“, die Familien­
     trifft Dorothy eine Vogelscheuche, die unzufrieden mit ihrem         stücke „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ und „Der          Alle Vorstellungstermine
     strohgefüllten Kopf ist und lieber ein schlaues Hirn ihr Eigen       satan­archäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ sowie Yasmina        finden Sie auf Seite 96.
     nennen würde, einen Blechmann, der zwar äußerlich unver-             Rezas Kult-Komödie „Kunst“.                                        Der Kartenvorverkauf
     wüstlich ist, aber sich nach nichts mehr sehnt als nach einem                                                                           beginnt am 30. Juni 2018.
     liebenden Herz in seiner metallenen Brust und zu guter Letzt
     einen Löwen, der zwar stark und gefährlich tut, dem aber zum                                                                            Gefördert von der
     König der Tiere eine entscheidende Eigenschaft fehlt: der Mut.                                                                          Stadtwerke Essen AG.

     Gemeinsam begibt sich die merkwürdige Reisegruppe in die
     Smaragdstadt, um sich vom großen Zauberer Hilfe zu erbitten.
     Doch sie müssen auf der Hut sein, denn stets auf ihren Fersen
     ist die böse Hexe des Westens, die nach Dorothys unsanftem
     Aufschlag auf ihrer östlichen Schwester noch eine Rechnung
     mit dem Mädchen offen hat.

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↳E IN G ROSSE R AU F B R U C H
                                                                                                       von Magnus Vattrodt | nach seinem gleichnamigen Film

          Holm möchte selbstbestimmt sterben – nicht seinem Ende         immer hochpolitische Diskussion rund ums Thema Sterbehilfe.            Inszenierung
     entgegen vegetieren. Vom gefassten Plan, in der Schweiz             Das alles macht „Ein großer Aufbruch“ zu einem höchst unter-           Gustav Rueb
     Sterbe­hilfe in Anspruch zu nehmen, weiß bislang bloß noch          haltsamen Plädoyer für das rechtzeitige Hinterfragen seiner            Bühne
     niemand. Auch darüber, dass er todkrank ist, hat Holm vorerst       Selbst und das Klären von Konflikten.                                  Peter Lehmann
     nur mit seiner Ex-Frau und Ärztin Ella gesprochen. Bei einem                                                                               Kostüme
     letzten gemeinsamen Essen im Ferienhaus am See will er nun          Gustav Rueb, geboren und aufgewachsen in Zürich, s­ tudierte           Dorothee Joisten
     die wichtigsten Menschen in seinem Leben zusammen­führen,           ­Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin, bevor es ihn ans           Dramaturgie
     reinen Tisch machen und sich verabschieden. Für ­immer.              ­Theater verschlug. Als freier Regisseur arbeitete er bislang unter   Judith Heese
     Doch Freunde und Familie akzeptieren seine Entscheidung               anderem am Schauspielhaus Graz, Staatsschauspiel Dresden,
     ­keineswegs. Das Wiedersehen eskaliert und wird zu einer              Schauspielhaus Bochum, an den Theatern Lübeck und ­Osnabrück,        Premiere
      schonungslosen Abrechnung mit Holms Lebensführung: Alte              am Staatstheater Darmstadt, Staatstheater Saarbrücken und            1. Dezember 2018
      Konflikte kochen hoch, neue Geständnisse vernichten lang             an der Neuköllner Oper. Rueb war außerdem als Dozent am              Grillo-Theater
      ­Geglaubtes. Und schon bald muss der Ingenieur im Ruhe-              Max-Reinhardt-Seminar Wien, an der Film- und Fernsehhoch-
       stand, der sich in ­Afrika in der Entwicklungshilfe engagierte,     schule ­Potsdam-Babelsberg und an der Hochschule für Musik
       ­erleben, wie seine vom Geist der 68er-Bewegung umwehte             und Theater Rostock tätig. Seit 2006 realisiert er auch eigene
        Überzeugung, im L­ eben sehr vieles richtig gemacht zu haben,      Operninszenierungen. 2010 erhielt Rueb den Hessischen Theater­
        ins ­Wanken gerät ...                                              preis in der Kategorie „Beste Inszenierung“ für Euripides’ „Die
                                                                           Bakchen“ am Staatstheater Kassel. Am Schauspiel Essen waren
       Magnus Vattrodt hätte sein emotionsgeladenes Kammerspiel            bereits zwei Arbeiten von ihm zu sehen: die deutschsprachige
     auch „Das große Aufräumen“ nennen können: Nichts bleibt un-           Erstaufführung von Nick Dears „Frankenstein“ und „Parsifal“
     ausgesprochen, alles wird ausgepackt – bis auch der Letzte            nach Wagner und Dorst.
     verletzt ist. Gekonnt entlarvt Vattrodt die Art Lebenslügen, die
     man vor allem sich selbst so gern erzählt, um der Angst vorm
     Sterben, vorm Scheitern und vorm Nichterreichen gesteckter
     Lebensziele irgendetwas entgegenzusetzen. Für die Filmvor-
     lage zum Stück erhielt Vattrodt 2016 den Deutschen Fernseh-
     preis für das beste Drehbuch. Seine geistreichen, vor Zynismus
     und Ironie strotzenden Dialoge streifen wie beiläufig die noch

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▸C A SH – UND EWIG R AUSCHEN DIE GELDER
                                                                               Eine Farce von Michael Cooney | Ins Deutsche übertragen von Paul Overhoff

           Eric Swan und sein Onkel George haben ein geniales                  Was zunächst nur die eigene Existenz sichern sollte, wird            Inszenierung
        ­ eschäftsmodell entwickelt – nicht legal, aber lukrativ!
        G                                                                  zum selbstverständlichen und prosperierenden Finanz­system:              Tobias Materna
       ­Eigentlich hatte Eric vor zwei Jahren nur seiner Ehefrau Linda     Michael Cooney nimmt in „Cash – Und ewig rauschen die                    Bühne
        den Rausschmiss bei den Stadtwerken verheimlichen wollen,          ­Gelder“ sowohl eine grassierende Selbstbedienungsmentalität             Till Kuhnert
        da landete die Lösung seines akuten Finanzproblems im Brief-        aufs Korn als auch ein Sozialsystem, das mit Ungerechtigkei-            Dramaturgie
        kasten: ein Scheck vom Sozialamt für seinen Untermieter, der        ten und Gesetzeslücken seine Ausnutzung geradezu forciert.              Carola Hannusch
        längst nach Kanada ausgewandert war. Als ordentlicher Bürger        Dabei zieht er alle Register lupenreinen Boulevards: pointen-
        hätte er den Scheck zurückgeben müssen. Doch Eric kassiert          sicher, tempo- und wortspielreich, voller Verwechslungen und            Premiere
        ab. Und setzt noch einen drauf! Er erfindet diverse weitere         Situations­komik und gespickt mit viel schwarzem Humor.                 2. März 2019
        Untermieter samt Familienanhang, für die er die unterschied-                                                                                Grillo-Theater
        lichsten Sozialleistungen beantragt. Ohne Probleme erhält er       Tobias Materna wurde 1971 in Tübingen geboren und war nach
        Arbeitslosenhilfe, Witwen- und Frührente, Schlechtwetter-,         dem Abitur an verschiedenen Theatern als Assistent der Technischen       Gefördert vom
                                                                                                                                                    Freundeskreis Theater
        Kinder-, Wohn- und Krankengeld, während sein Onkel die Zu-         ­Leitung, der Intendanz und als Regieassistent engagiert. Nach einer
                                                                                                                                                    und Philharmonie Essen e.V.
        satzleistungen der fiktiven Hilfsbedürftigen einlöst und einen      Ausbildung zum Fernsehredakteur zog es ihn zurück zum Theater. Er
        florierenden Schwarzmarkt für Stützstrümpfe, Perücken und           arbeitete zunächst als Regieassistent u. a. am Schauspiel Bonn und
        Reha-Maßnahmen unterhält. Doch dann steht Mr. Jenkins vom           am Burgtheater Wien. Nach ersten eigenen Arbeiten am Schauspiel
        Sozialamt vor der Tür: Es gebe ein paar Unstimmigkeiten bei         Bonn war er von 2003 bis 2008 Mitglied der künstlerischen Leitung
        den Abrechnungen! In Nullkommanichts verstrickt sich Eric in        und Hausregisseur am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. Seitdem
        fadenscheinige Erklärungsversuche und absurde Ausreden, in          arbeitet er als freiberuflicher Regisseur u. a. regelmäßig am Theater
        die er auch seinen einzigen echten Untermieter Norman hinein-       Pforzheim, am Vorarlberger Landestheater Bregenz, am Landes­
        zieht, bis dieser selbst nicht mehr weiß, wer er eigentlich ist.    theater Coburg und am Düsseldorfer Schauspielhaus. In den letzten
        Und die Verwirrung wächst noch, als sich weitere unerwartete        Jahren wandte er sich auch dem Musiktheater zu – seine Inszenie-
        Besucher die Klinke in die Hand geben …                             rung von „Die stumme Serenade“ am Landestheater Coburg wurde
                                                                            mit dem „Operettenfrosch“ von BR Klassik für die beste Operetten­
                                                                            inszenierung des Jahres 2017 ausgezeichnet.

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>D E R K IR S C H G A R TE N
                                                                                                                                            von Anton Tschechow

        Nach Jahren in Paris kehrt die Gutsbesitzerin Ranjewskaja          Anton Tschechow porträtiert in seiner leisen Komödie aus        Premiere
     zurück zu ihrem schmerzlich vermissten Kirschgarten – Zeit         dem Jahre 1904 eine Gesellschaft im Wandel. Die einen halten       4. Mai 2019
     für ein Wiedersehen mit Familie und Freunden. Als da wären:        so sehr am Bestehenden fest, dass sie letztlich alles verlieren.   Grillo-Theater
     ihr Bruder, der unentwegt die gute alte Zeit beschwört, ihre       Die anderen sehnen sich nach Veränderung, bleiben aber im
     Tochter Anja, die sich nichts sehnlicher wünscht als Verände-      Modus des Schwärmens und Fantasierens stecken. Nur einer,          Gefördert von der
                                                                                                                                           Kulturstiftung Essen.
     rung, der ewige Student Trofimow, der lieber über den Sinn         Lopachin, greift gierig nach dem Neuen. Die vielbeschworenen
     des Lebens philosophiert als zu arbeiten und Ranjewskajas          alten Ideale wirft er leichten Herzens über Bord, schließlich
     Ziehtochter Warja, die sich die ganze Zeit um Gut und ­Garten      hatte er als Mann aus einfachen Verhältnissen sowieso nie
     gekümmert hat. Die Geschwister schwelgen in glücklichen            Zeit und Muße dafür. Jetzt schlägt die Stunde des Kaufmanns,
     Kindheitserinnerungen, verlieren sich in kulturellen Veranstal-    für den der immaterielle Wert eines Kirschgartens voller
     tungen und Feierlichkeiten und dabei den eigentlichen Grund        ­Erinnerungen nichts zählt. Profitstreben und Aufstiegswille auf
     ihrer Rückkehr aus den Augen: Das Anwesen ist überschuldet,         der einen, Verdrängung und Vergangenheitsfixierung auf der
     der Kirschgarten unrentabel, eine Zwangsversteigerung droht!        anderen Seite: Tschechows Menschen sind ungeheuer modern
     Man müsste etwas tun ... Der Kaufmann Lopachin schlägt vor,         in ihrem Streben nach individuellem Glück, Geld und einem
     den Kirschgarten abzuholzen, das Grundstück zu parzellieren         Sinn im Leben.
     und es an so viele Erholungssuchende aus der Stadt wie mög-
     lich zu verpachten. Was für eine grauenhafte Vorstellung für die
     Ranjewskaja, schließlich geht es um ihr Elternhaus und einen
     Ort der Besinnung und Ruhe! Es wird schon gutgehen, hofft sie.
     Lopachin aber nutzt seine Chance zum Aufstieg: Er wird der
     neue Besitzer des Kirschgartens. Und die ersten Bäume fallen
     bereits, als Ranjewskaja und ihr Gefolge sich für immer von
     ihrer Heimat verabschieden.

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↳AU E R H AUS
                                                                                                                                                                  16+

                                                       nach dem Roman von Bov Bjerg | Theaterfassung von Karsten Dahlem und Judith Heese

         Zwischen Schlachthof und Krematorium liegt das Irrenhaus.      Karsten Dahlem, Jahrgang 1975, ist ausgebildeter Schauspieler         Inszenierung
     Im Irrenhaus liegt Frieder. Und sein bester Freund Hühner-         und Drehbuchautor. Nach Abschluss des Schauspielstudiums an           Karsten Dahlem
     höppner ist heilfroh, ihn nach einem gescheiterten Selbst-         der Folkwang Universität der Künste Essen stand er als Ensemble­      Bühne und Kostüme
     mordversuch dort und eben nicht im Krematorium abholen zu          mitglied am Staatsschauspiel Dresden, Volkstheater München und        Inga Timm
     können. Nur wieso wollte er sich umbringen? Und wie lässt sich     Wiener Volkstheater auf der Bühne. Es folgten Gast­engagements        Musik
     verhindern, dass Frieder es erneut und erfolgreicher ­probiert?    am Maxim Gorki Theater Berlin, Schauspielhaus Bochum und an           Philipp Zdebel
     Kurzerhand beschließen seine engsten Freunde, mit ihrem            der Schaubühne Berlin sowie diverse Film- und Fernseh­rollen.         Dramaturgie
     depressiven Mitschüler zusammenzuziehen. Und so wird aus           Als Regisseur arbeitete er u. a. am Maxim Gorki Theater, an den       Judith Heese
     dem leerstehenden Bauernhaus von Frieders verstorbenem             Staatstheatern in Nürnberg und Oldenburg, am Theater Linz,
     Opa das Auerhaus. Eine Zeit kolossaler Freiheit und über­          Bremen, Oberhausen und am Düsseldorfer Schauspielhaus.
                                                                        ­                                                                     Premiere
     großer Verantwortung beginnt, in der sich die jüngste und wohl     Mehrfach wurden seine Inszenierungen ausgezeichnet, u. a. mit         6. Oktober 2018
     auch einzige WG des Dorfs lebenslange Erinnerungen schafft:        dem STELLA-Theaterpreis, dem Oberhausener Theaterpreis und            Casa
     ­Wilde ­Parties, „Einkaufen mit Anführungszeichen“ (wenn in        dem JugendStückePreis des Heidelberger Stückemarkts. Dahlems
      der G
          ­ emeinschaftskasse mal wieder gähnende Leere herrscht),      gemeinsam mit Stephan Lacant geschriebene Kinodrehbücher              Gefördert von der
                                                                                                                                              GENO BANK Essen.
      immerwährende Zaziki-Vorräte, erste Lieben, fragwürdig
      ­                                                                 ­„Freier Fall“ und „Fremde Tochter“ wurden für den SWR verfilmt.
      frisierte Lehrer und die Querelen mit dem Dorfpolizisten           2016 debütierte Dahlem selbst als Filmregisseur: Sein erster Kurz-
      ­Bogatzki wird keiner der Freunde je wieder vergessen ...          film „Princess“ war u. a. für den Max-Ophüls-Preis nominiert und
                                                                         zu zahlreichen Festivals eingeladen. „Auerhaus“ ist bereits sei-
        Der Berliner Autor und Kabarettist Bov Bjerg porträtiert         ne fünfte Arbeit für das Schauspiel Essen. Zuletzt inszenierte er
     in seinem 2015 erschienenen Bestseller liebevoll eine Dorf­         ­„Superhero“ nach dem Roman von Anthony McCarten.
     jugend, die ihre eigenen Lebensentwürfe sucht. Mutig, idea-
     listisch und einfallsreich ringt sie um ihr individuelles Glück.
     „Auerhaus“ ist dabei mehr als eine weitere bewegende Coming-
     of-Age-­Geschichte: Bjerg stellt, so humorvoll wie nachdenklich,
     die Frage aller Fragen – nach dem Sinn des Lebens, dem Warum
     und Wozu, und erzählt zugleich, wie dicht pure Lebensfreude
     und Todessehnsucht beieinanderliegen können.

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≈ [U N G E FÄ H R G LE IC H]
                                                                                                         von Jonas Hassen Khemiri | Deutsch von Jana Hallberg

        Ein Job mit fettem Gehalt, hübscher Sekretärin und Firmen-       sich im Spannungsfeld zwischen Unterordnung und Rebellion             Inszenierung
     wagen – das wär‘s doch. Andrej hat am Abendkolleg den Kurs          dazu verhalten müssen. Mal düster-zynisch, mal humorvoll,             Magz Barrawasser
     „Grundlagen von Wirtschaft und Marketing“ belegt und ist nun        aber stets berührend und mit beinahe liebevoll anmutendem             Bühne
     fest entschlossen, endlich „das System“ kennenzulernen und sich     Verständnis für seine Figuren fragt er nach der Möglichkeit von       Friederike Külpmann
     seinen Platz darin zu sichern. Nicht wie Peter, dieser Schnorrer,   Freiheit in der „freien“ Marktwirtschaft, reißt dem Kapitalis-        Kostüme
     der mit Sicherheit kein Obdachloser, sondern ein ­Betrüger ist.     mus den Schleier der „Jeder kann es schaffen“-Rhetorik vom            Rabea Stadthaus
     Das System von innen heraus zu verändern, dazu ist w    ­ iederum   angeblich menschlichen Antlitz und verrät uns ganz nebenbei           Dramaturgie
     Mani fest entschlossen und versucht, den ­Studierenden in ­seinen   die Formel für die Berechnung des Unterhaltungswertes eines           Carola Hannusch
     Vorlesungen das Genie und den Wahnsinn in Vergessenheit             Theaterabends.
     ­geratener Ökonomen zu vermitteln. Martina träumt u  ­ nterdessen                                                                         Premiere
      davon, die Stadt endlich hinter sich lassen zu können, um auf      Magz Barrawasser assistierte ab 2005 an verschiedenen                 30. November 2018
      dem Land als Öko-Selbstversorgerin zu leben. Doch mit dem Job      Theatern in Berlin und Umgebung und arbeitete theater­
                                                                         ­                                                                     Casa
      im Tabakladen wird sie das Geld dafür wohl nicht zusammen          pädagogisch und als Tourmanagerin für das GRIPS Theater. Von
      bekommen. Und dann ist da noch diese zweite Martina in ihrem       2008 bis 2011 studierte sie Regie an der theakademie, Berlin;
      Kopf, die nicht mehr warten will, sondern nehmen – ­nehmen,        außerdem leitete sie von 2010 bis 2013 Theaterworkshops und
      was ihr doch genauso zusteht wie den anderen auch! Freja           inszenierte in der freien Szene u. a. „Mechanische Tiere“ von
      schließlich würde sprichwörtlich über Leichen gehen, nur um        ­Rebekka ­Kricheldorf sowie die deutschsprachige Erstaufführung
      wenigstens ihren alten Job zurückzubekommen.                        von „Notas de Cocina“ von R. García. Von 2013 bis 2016 war
                                                                          sie als Regieassistentin und Inspizientin am Hessischen Landes­
       „Unten treten, oben buckeln, sexy mit dem Arsch wackeln“,          theater Marburg engagiert. Hier realisierte sie eigene Gast­spiele
     so beschreiben die Rapper NMZS und Danger Dan in ihrem Song          und Projekte, leitete das Theaterlabor und inszenierte in der
     „Lebensmotto Tarnkappe“ die absurde Zurichtung des Einzel-           Spielzeit 2015/2016 „demut vor deinen taten baby“ von Laura
     nen in der ideologischen Maschinerie der Selbstvermarktung.          Naumann. In der Spielzeit 2016/2017 war Magz Barrawasser als
     Jonas Hassen Khemiri, einer der bekanntesten Gegenwarts­             Regie­assistentin am Schauspiel Essen engagiert. Hier inszenierte
     autoren Schwedens, exerziert diese Zumutung einer zur Markt-         sie die Uraufführung „Pussy Riots – Aufstand in drei Akkorden“,
     halle gewordenen Welt an den erzählerisch kunstvoll verzahn-         für die sie gemeinsam mit Dramaturg Florian Heller auch die Text-
     ten Schicksalen von fünf Menschen durch, die den Anschluss           fassung entwarf. Die Inszenierung wurde als Teil des Rahmen­
     an die ökonomische Entwicklung längst verloren haben und             programms zum Heidelberger Stückemarkt 2018 eingeladen.

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>A M B O D E N
                                                                                                             von George Brant | Deutsch von Henning Bochert

         Eine junge Kampfpilotin meldet sich zu Wort. Viele Jahre           Der amerikanische Dramatiker George Brant schrieb mit           Inszenierung
       hat sie den Adrenalinkick im Himmel genossen und sich in        „Am Boden“ sein bislang erfolgreichstes Stück. Der ­sorgfältig       Felicia Daniel
     der Männerdomäne einen Namen gemacht. In verschiedenen            ­recherchierte Monolog hat seit seiner Uraufführung 2013             Bühne und Kostüme
     Kriegsgebieten stationiert, führte sie maximal Fernbeziehun-       in San Francisco nichts an Aktualität eingebüßt: Er liefert         Gesa Gröning
     gen und war glücklich damit. Doch dann begeistert sich Eric        ­einen packenden Einblick in die Welt des modernen drohnen­         Dramaturgie
     für die selbstbewusste Frau im Flieger-Overall. Mit ihm zieht       basierten Kriegs. „Grounded“, so der englische Originaltitel,      Judith Heese
     „der ganz wahre Kitsch“, wie sie es nennt, in ihr Leben ein,        ­entwickelt noch dazu sprachlich enorme Zugkraft und zwingt
     und schon bald muss sie den Dienst in der Luft quittieren,           zur Auseinandersetzung mit der Frage, was es gesellschaftlich     Premiere
     weil sie schwanger ist. Samantha wird geboren, und die frisch        und moralisch bedeutet, wenn wir Kriegsführung zunehmend          22. Februar 2019
     gebackene Mutter verzichtet drei Jahre lang auf berufliche           ins Virtuelle verlagern und es nur noch eines anonymen Knopf-     Box
     ­Erfüllung – bis ihre Sehnsucht zu groß wird und sie sich bei        druckes am anderen Ende der Welt bedarf, um ganze Menschen-
      ihrem Kommandanten zurückmeldet. Der Krieg hat sich jedoch          gruppen auszulöschen.
      gewandelt. Als Drohnenpilotin fliegt sie jetzt eine Reaper im
      Wert von 11 Millionen Dollar, ganz ohne ins himmlische Blau      Felicia Daniel war direkt nach dem Abitur als Regieassistentin
      einzutauchen. Sie pendelt im Schichtdienst zwischen Kinder-      am Hessischen Landestheater Marburg engagiert und studierte
      garten und Luftwaffenstützpunkt in der Wüste, zwischen           dann Theaterwissenschaft und Philosophie in Leipzig. Während
      ­Liebesleben mit ihrem Mann und automatisiertem Töten. Und       dieser Zeit war sie bereits als Regisseurin in der Freien Theater­
       zunehmend tobt auch nach Feierabend der Krieg in ihrem Kopf.    szene tätig und inszenierte vier Performances, die unter anderem
       Die Grenze zwischen Privatleben und Terroristenjagd via Bild-   im LOFFT Leipzig und an der Studiobühne Köln zu sehen waren.
       schirm verschwimmt gefährlich, und eines Tages ist sie nicht    Nach ihrem Studium arbeitete sie als Regieassistentin am Jungen
       mehr in der Lage, den Befehl ihres Vorgesetzten auszuführen.    ­Theater Regensburg. Dort gründete sie in der Spielzeit 2015/2016
                                                                        mit der Theaterpädagogik den Kinderclub des Theaters Regens-
                                                                        burg und inszenierte die Deutschsprachige Erstaufführung von
                                                                        ­Valeria Cavallis „Flossenlos“, ein Stück für Kinder ab 8 Jahren.
                                                                         Seit der Spielzeit 2017/2018 ist Felicia Daniel Regieassistentin
                                                                         am Schauspiel Essen.

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▸D E R ST U M M E DIE N E R
                                                                                                              von Harold Pinter | Deutsch von Michael Walter

       Das Anstrengendste an ihrem Job ist das Warten: Ben und         rechtsverletzungen. Immer wieder thematisieren seine doppel­        Inszenierung
     Gus sind Auftragskiller in bester Tarantino-Manier. In m
                                                            ­ aroden   bödigen Stücke die existenzielle Unsicherheit des Menschen          Tabea Schattmaier
     Hotelzimmern harren sie ihrer Opfer, erledigen kurz und           in einer undurchschaubaren Realität und dessen verzweifelte
     schmerzlos ihren Job und verschwinden so unauffällig wie          Suche nach (Selbst-)Gewissheit. „Der stumme Diener“ wurde           Premiere
     möglich wieder.                                                   1960 uraufgeführt und 1987 von Robert Altman mit Tom Conti          26. April 2019
       Doch diesmal ist alles anders: Per „stummem Diener”, einem      und John Travolta in den Hauptrollen verfilmt.                      Box
     kleinen Aufzug in der Wand, flattert eine Bestellung erlesener
     Speisen nach der anderen ins Zimmer. Was tun? Sollten sie         Tabea Schattmaier wurde 1989 geboren und wuchs in Heidelberg
     vielleicht einfach ein paar Lebensmittel hinaufschicken, um       auf. Sie studierte Theater, Medien und Germanistik in ­Bayreuth.
     kein Misstrauen zu erregen? Allerdings haben Gus und Ben          Während ihres Studiums hospitierte sie an den Theatern Heidel-
     nicht eben viel Essbares dabei – und dieser Job macht sich        berg und Darmstadt. Außerdem arbeitete sie beim universitäts-
     nun wahrlich nicht leicht auf nüchternen Magen! Und über-         eigenen Campus TV mit, realisierte theatrale und filmische
     haupt: Wer ist der mysteriöse Absender der immer kurioser         Projekte und war Stipendiatin der Bayerischen Akademie des
     werdenden Bestellungen eigentlich? Spielt er nur ein perfides     Schreibens. Ihr Studium schloss sie mit einer Bühnenadaption
     Spielchen mit ihnen? Oder will man sie auf die Probe stellen?     des Romans „Der Joker“ von Markus Zusak ab. Von 2014 bis 2016
     Ihre „Prüfungen“ haben sie doch schon vor Jahren bestanden!       arbeitete sie als Regieassistentin am Hessischen Landestheater
     Trotzdem kann es nicht schaden, noch ein weiteres Mal die         Marburg, wo sie neben verschiedenen kleineren Projekten in der
     Anweisungen ihres Auftraggebers zu rekapitulieren. Doch Ben       Spielzeit 2015/2016 „Agonie und Ekstase des Steve Jobs“ von
     scheint unkonzentriert, und Gus wird immer nervöser. Und er       Mike Daisey inszenierte. Zudem führte sie Regie bei der Stückent-
     hat auch allen Grund dazu …                                       wicklung „Die Elemente“, die mit Kindern von ­Marburger Musik-
                                                                       und Tanzschulen aufgeführt wurde. In der Spielzeit 2016/2017
       Harold Pinter (1930-2008) zählt zu den meistgespielten          ­arbeitete sie als freie Regieassistentin und Inspizientin am
     und einflussreichsten britischen Dramatikern unserer Zeit.         ­Theater Paderborn. Seit 2017 ist Tabea Schattmaier als Regie­
     Der 2005 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnete Autor           assistentin am Schauspiel Essen engagiert.
     verfasste neben Theaterstücken auch Drehbücher sowie Hör-
     und Fernsehspiele, führte Regie und arbeitete als Schauspieler
     für Film und Theater. In den 1980er Jahren begann außerdem
     sein anhaltendes politisches Engagement gegen Menschen-

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Freitag, 22. März 2019                    Samstag, 23. März 2019                              Sonntag, 24. März 2019                         Mittwoch, 27. März 2019
     D IE T UP - F ES T T AG E 2 0 1 9
                                                                                                      ERÖFFNUNG DER                             E I N F Ü H R U N G Z U „ M E D E A“                N OA W I L DS C H U T                          Premiere | Uraufführung
                                                                                                      T U P - F E ST TAG E                      18:30 Uhr, Aalto-Theater, Foyer                     Werke von Franz Schubert, César Franck u. a.   R I E N N E VA P LU S
                                                                                                      Auftakt mit den Intendanten                                                                   Mit Noa Wildschut (Violine),                   Ein Mehrspartenprojekt im Rahmen der
                                                                                                      Hein Mulders, Christian Tombeil und       Premiere                                            Elisabeth Brauß (Klavier)                      TUP-Festtage
                                                                                                      Ben Van Cauwenbergh                       MEDEA                                               11:00 Uhr, Philharmonie Essen,                 Inszenierung Sascha Krohn, Marijke Malitius
                                                                                                      16:30 Uhr, Aalto-Theater, Cafeteria       Oper von Aribert Reimann                            Alfried Krupp Saal                             Choreografie Igor Volkovskyy
                                                                                                                                                Musikalische Leitung Robert Jindra                  Eintritt € 18,00                               19:00 Uhr, Schauspiel Essen, Casa
     R IE N N E V A P L U S                                                                           Anschließend:                             Inszenierung Kay Link                               Im Anschluss Künstlergespräch im Foyer.        Eintritt € 19,00
     22.-31. MÄRZ 2019                                                                                                                          19:00 Uhr, Aalto-Theater
                                                                                                      I T ’S T E AT I M E                       Eintritt € 16,00-77,00
     „Denkst du wirklich, es ist Schwäche, einer Versuchung nachzugeben? Es gibt furchtbare           zur Premiere „Medea“                                                                          E I N F Ü H R U N G Z U „O N E G I N “         Donnerstag, 28. März 2019
     Versuchungen, denen zu unterliegen Kraft verlangt. Kraft und Mut. Sein ganzes Leben in           Mit Fräulein Vorlaut (Marie-Helen Joël)   Orgelkonzert                                        17:30 Uhr, Aalto-Theater, Foyer
     einem einzigen Moment aufs Spiel zu setzen, alles in einem Wurf zu wagen – das ist keine         und ihren Gästen                          H O M M AG E À B AC H                                                                              E I N F Ü H R U N G Z U „ M E D E A“
     Schwäche.“ Diese charmante Argumentation des Protagonisten in Oscar Wildes „Ein idealer          Aalto-Theater, Cafeteria                  C H R I ST I A N S C H M I T T                      ONEGIN                                         19:00 Uhr, Aalto-Theater, Foyer
     Gatte“ hat als Bonmot in einer britischen Komödie Ende des 19. Jahrhunderts durchaus ihren       Eintritt frei, Zählkarten sind beim       Werke von Robert Schumann, J. S. Bach,              Ballett von John Cranko
     Reiz. Im „echten Leben“ hingegen kann dieses Kokettieren mit dem Risiko fatale Folgen nach       Einlasspersonal erhältlich.               Jean Langlais, Arvo Pärt u. a.                      Musik von Pjotr I. Tschaikowski,               MEDEA
     sich ziehen. Was sind die Konsequenzen, wenn man sein Glück, sein Hab und Gut, ja sogar                                                    Mit Christian Schmitt (Orgel)                       arrangiert von Kurt-Heinz Stolze               Oper von Aribert Reimann
     Menschenleben aufs Spiel setzt, um seinem Ziel näher zu kommen? Wo liegt die Verantwortung       Jugendkonzert                             20:00 Uhr, Philharmonie Essen,                      Choreografie John Cranko                       Musikalische Leitung Robert Jindra
     für den Ausgang einer (Lebens-)Geschichte? Bei allen Beteiligten oder beim Einzelnen? Beim       FILMMUSIK                                 Alfried Krupp Saal                                  Musikalische Leitung Johannes Witt             Inszenierung Kay Link
     Schicksal? Bei Gott?                                                                             Mit Neue Philharmonie Westfalen,          Eintritt € 21,00                                    18:00 Uhr, Aalto-Theater                       19:30 Uhr, Aalto-Theater
                                                                                                      Rasmus Baumann (Dirigent),                Gefördert von der Alfred und Cläre Pott-Stiftung.   Eintritt € 11,00-49,00                         Eintritt € 11,00-49,00
     „Rien ne va plus“ – Nichts geht mehr: der Punkt, an dem für einen Moment die Zeit still steht,   Klaus Kauker (Moderation)                                                                     Gefördert von der Sparkasse Essen.             Im Anschluss Nachgespräch in der Cafeteria.
     der Ausgang der Ereignisse vollkommen offen ist und sich alles entscheidet. Existenzen werden    20:00 Uhr, Philharmonie Essen,
     zerstört oder das Glück wird gemacht. Der eine verschuldet sich, der andere wird schuldig.       Alfried Krupp Saal                                                                                                                           BIOGRAFIE: EIN SPIEL
     Die TUP-Festtage 2019 betrachten unter diesem Motto aufs Spiel gesetzte Schicksale dort,         Eintritt € 18,00                                                                              Dienstag, 26. März 2019                        von Max Frisch
     wo das Spiel der Wahrheit so nahe kommt wie nirgendwo sonst: auf der Bühne.                                                                                                                                                                   Neue Fassung 1984
                                                                                                                                                                                                    S P I E L M I R DA S L I E D VO M G LÜ C K     Inszenierung Thomas Ladwig
     Die TUP-Festtage 2019 werden ermöglicht durch die Sparkasse Essen.                                                                                                                             Mit Marie-Helen Joël, Heribert Feckler         19:30 Uhr, Grillo-Theater
                                                                                                                                                                                                    sowie weiteren Künstlerinnen und Künstlern     Eintritt € 14,00-29,00
                                                                                                                                                                                                    19:30 Uhr, Aalto-Theater, Foyer
                                                                                                                                                                                                    Eintritt € 16,00

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