Luag nei - LACH MIT UNS! Luag nei 1 - Die Lebenshilfe Ostallgäu
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Inhalt Themen Titelthema: Corona-Pandemie Fachbeitrag Autismus 4 8 6 Dem Unsichtbaren ein Gesicht geben Zu Beginn der Pandemie, während der sogenannten ersten Wellen, haben wir uns umgehört. Es gibt so viele Perspek- tiven, die in einer Ausnahmesituation wie dieser Raum Kunst & Kultur 20 finden. Ein paar hiervon haben wir in der vorliegenden Luag nei veröffentlicht. Gesichter 24 Verein, Werkstatt & Ehrenamt 32 Wir nehmen Abschied Wir sagen Danke 42 44 8 Fachbeitrag Autismus Autismus ist ein weites Feld, deswegen möchten wir in einer Artikelreihe einige Facetten des Themas beleuchten. Denn Autismus hat in den letzten Jahren große Ferien & Freizeit 46 Bedeutung gewonnen. Viele neue Erkenntnisse kamen hinzu und somit auch andere Unterstützungs- Sport 52 möglichkeiten. Wohnen & Wohlfühlen 60 38 Kurz & Knapp 62 Namenswettbewerb: Unsere Wichtel sind los Recht & Rat 66 Im vergangenen Sommer wurden die Weichen für die Zukunft gestellt: Unsere Kitas in Kaufbeuren (ehemaliger Willi Nörgel 69 Montessori-Kindergarten) und in Füssen haben neue Namen bekommen. Adressen und Kontakt 70 Impressum Herausgeber Lebenshilfe Ostallgäu e.V. Irseer Straße 1, 87600 Kaufbeuren Tel: 08341 9003-0, Fax: 08341 9003-99 E-Mail: info@lebenshilfe-oal.de www.lebenshilfe-oal.de Lebenshilfe Ostallgäu mit Wertachtal-Werkstätten Redaktion Luag nei Johanna Zwick (verantwortlich, Adresse wie Herausgeber) Fotos Redaktion der Luag nei (wenn nicht anders vermerkt) Titelbild: Uwe Zimmermann, Portraitbilder der Ihr Kontakt zur Redaktion Mitarbeiter *innen: Stefanie Giesder Gestaltung Aufgepasst: Wir brauchen Ihre Unterstützung Theresa Schleser und Ihr Feedback! Druck skala druckagentur mailservice GmbH & Co. KG, Hauptstraße 16, 86698 Oberndorf Nehmen Sie an unserer Versand Umfrage teil und helfen Büro- und Logistikgruppe der Wertachtal- Sie uns, unsere Luag nei Werkstätten Kaufbeuren zu verbessern. Auflage 1.700 Stück Es warten tolle Gewinne! Bankverbindung Sparkasse Kaufbeuren IBAN DE 48 7345 0000 0000 0147 95 BIC BYLADEM1KFB
Editorial Was hatten wir uns in den letzten Monaten nicht alles vorgenommen bei der Lebenshilfe Ostallgäu. Die Mit- wirkungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung wollten wir weiterentwickeln, die Selbstbestimmung so- wieso. Ein neues Leitbild stand auf dem Programm, so etwas wie das Grundgesetz der Lebenshilfe (Näheres dazu finden Sie in dieser Ausgabe). Und dann kommt Corona... und wischt alle Planungen vom Tisch. Plötzlich stehen ganz neue Herausforderungen im Raum. Nahezu alles herunterfahren, keine physischen Kontakte mehr, alles auf null. Dank einer umsichtigen Geschäftsführung und vielen flexiblen, enga- gierten Mitarbeiter *innen konnten wir die erste Corona-„Welle“ ziemlich gut bewältigen. Wir vom Vorstand waren und sind davon ausgesprochen beeindruckt und allen Beteiligten sehr dankbar. Da können wir nur sagen: „Das habt Ihr super gemacht.“ Für die Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen war und ist das alles mit massiven Belastungen verbunden. Auf einen Schlag konnten wir im Frühjahr unsere Unterstützungsangebote nicht mehr zur Verfügung stellen und mussten die Menschen weitgehend auf sich gestellt lassen. Das tat und tut weh. Was für fast alle Menschen in der Krise galt, dass sie sich nämlich mehr als üblich mit sich selbst beschäftigen mussten, galt nun auch für die Lebenshilfe. Doch in der aktuellen Lage müssen wir erneut täglich auf die Corona-Lage reagieren. Zum zweiten Mal seit Ausbruch der Pandemie sind Geschäftsführung und Mitarbeiter *innen massiv gefordert. Die Belastungen für die Menschen mit Behinderung und ihre Angehö- rigen wollen wir auf jeden Fall so klein wie möglich halten. Hoffen wir, dass es gelingt. Wir werden das Virus bezwingen, auch wenn uns die Folgen noch eine Weile beschäftigen werden. Unser Ziel bleibt weiterhin, den Menschen mit Behinderung möglichst selbstbe- stimmte, kompetente Unterstützungen mit Herz anzubieten, auch unter veränderten Um- ständen. Keines unserer kurzfristig auf Eis gelegten Ziele werden wir aus den Augen verlieren. Auch an unserer langfristigen Strategie „Mehr Inklusion“ werden wir festhalten. Da wird es vielleicht krisenbedingte Rückschläge geben, aber wir werden uns nicht entmutigen lassen. Wir gehen auch mit Hoffnung durch die Pandemie. Vielleicht gewinnt Mitmenschlichkeit und Vernunft wieder mehr Oberhand in zunehmend gespaltenen Gesellschaften. Vielleicht führt ein neues Bewusstsein gegen Diskriminierungen auch zu einer Verbesserung der Lebenssituation für Menschen mit Behinderung. Vielleicht vergessen wir nicht, welche Berufe wirklich existentiell für das Funktionieren einer Gesellschaft sind und sorgen für ihre angemessene Entlohnung. Vielleicht wird mancher Despot in der Welt von dem Virus davongespült… Bleiben wir also optimistisch und hoffnungsvoll, und vor allem: gesund! Herzlichst, Ihr Wolfgang Neumayer 1. Vorsitzender Luag nei 3
Titelthema: Corona Dem Unsichtbaren Farbe Zu Beginn der Corona-Pandemie und dem fol- genden Shutdown im Frühjahr beschäftigten sich die Bewohner *innen aus der Wohnanlage in der verpassen Ganghofer Straße kunstvoll mit dem Thema Virus. Bunte Collagen sind dabei entstanden. Symbolisch tauchen diese Kunst-Viren in unserer Luag nei an unterschiedlichen Stellen auf. Warum? Ganz klar: Wir hatten und haben in allen unseren Ein- richtungen vielfältige Einschränkungen durch die Pandemie. Viele Ängste sind da, Unsicherheiten und Fragen, die nicht immer beantwortet werden können. Wir könnten Ihnen in dieser Luag nei umfassendste Berichte aus unseren über 40 Einrichtungen und Diensten liefern, die nicht immer schön zu lesen sind. Tun wir aber nicht. Denn wir haben trotz Co- rona so viele tolle und positive Texte, Nachrichten und Bilder gesammelt, die unsere Lebenshilfe viel besser beschreiben. Und das möchten wir Ihnen nicht vorenthalten. Mit einer Sammlung an Texten lassen wir Sie aber doch ein wenig Einblick gewinnen – zu Beginn der Pandemie haben wir uns an unterschiedlichen Stellen umgehört. Eine Auswahl an sehr unter- schiedlichen, aber sehr persönlichen Impulsen ist dabei entstanden. Wir trotzen der Situation und blicken nach vorne – Sie auch? 4 Luag nei
Bunte Corona-Viren wurden in der Wohnanlage Ganghoferstraße in Kaufbeuren Bilder: Svenja Griesmann gestaltet. Einige davon haben wir in unserer Luag nei verteilt – habt ihr schon alle entdeckt? Interview mit Bewohnerin Claudia T. und Be- wohner Hansi S. am 23.04.2020 Luag nei: Wie geht’s dir in dieser Zeit? Mir geht’s gut, die Leute sind sehr nett. Luag nei: Was vermisst du am meisten? Meine Eltern, das Zuhause und Marlies und Rita von der Werkstatt. Luag nei: Was gefällt dir zurzeit am meisten? Hmmm… Dass wir Arbeit von der Werkstatt bekommen, die wir hier machen können, dass wir trotzdem das Werkstatt-Mittagessen bekommen, aber auch dass wir trotzdem Samstag und Sonntag beim Kochen helfen können. Und, was ich auch schön finde, dass wir Un- terstützung von Mitarbeitern aus anderen Bereichen bekommen haben! Luag nei: Was ist deine momentane Lieblingsbe- schäftigung? Was wir machen, ist eigentlich egal, bin ich einmal mittendrin, macht mir alles Spaß! Bewohner Hansi Luag nei: Wie geht’s dir in dieser Zeit? Mir geht´s ganz gut. Luag nei: Was vermisst du am meisten? Mit Claudia zusammen zu arbeiten und meine Freundin Carolin. Luag nei: Was willst du als erstes nach dieser Zeit machen? Einfach losdüsen und wieder spazieren gehen. Luag nei: Was ist deine momentane Lieblingsbe- schäftigung? Das Basteln mit den anderen Bewohnern und Be- treuern. Luag nei: Freust du dich schon wieder auf die Arbeit? Ja natürlich! Claudia gibt ein Interview im Wohnheim Mühlsteig in Marktoberdorf. Bilder: Wohnheim Marktoberdorf Luag nei 5
Atmosphäre die eigentlich unsere Einrichtungen prägt. Ich vermisse es auch, gemeinsam Ideen zu spinnen und Projekte zu realisieren. Derzeit ist alles Titelthema: Corona geprägt vom Coronavirus und seinen Folgen. Das lässt kaum Platz für Kreativität und das Umsetzen Von Nah und von geplanten Vorhaben. Neben den Sorgen und Fragen gibt es ganz viele Lichtblicke und Antworten. Die Motivation der Fern Mitarbeiter *innen erlebe ich als sehr hoch, die Stim- mung ist trotz vieler Ängste gut. Das motiviert auch mich und stärkt meine Zuversicht. Natürlich spielt auch die Arbeitsplatzsicherung eine große Rolle und Zu Beginn der Pandemie, während ich verstehe alle Mitarbeiter *innen die sich Sorgen der sogenannten ersten Wellen, machen. Aber wir sind hier sehr gut unterwegs. Die Zusammenarbeit mit beiden Betriebsräten haben wir uns umgehört. Es gibt ist äußerst konstruktiv und von gegenseitigem so viele Perspektiven, die in einer Wohlwollen geprägt. Auch seitens der Politik und Ausnahmesituation wie dieser Raum der Kostenträger erhalten wir insgesamt positive Signale. Wir finden immer mehr Wege, wie wir finden. Ein paar hiervon haben wir Teile unserer Leistungen in anderer Form wieder abgedruckt. (Stand: Frühjahr/Herbst 2020). aufnehmen können. Ich bin beeindruckt von der Solidarität und dem Seit ziemlich genau zwei Jahren habe ich zwei Büros. Engagement unserer Mitarbeiter *innen, der Sou- Eines im Gebäude der Heilpädagogischen Tages- veränität, Kreativität und ja, auch Belastbarkeit stätte am Sonneneck und eines in der Gebäude unserer Leitungen und Stabstellen und immer der Hauptwerkstatt der Wertachtal Werkstätten wieder froh einen Vorstand zu haben, der uns aus in der Porschestraße. Die Arbeitsplätze haben zwei der Geschäftsführung vertraut und uns unterstützt. Gemeinsamkeiten: Beide sind in Büros mit einem Und ganz wichtig: Auch mittels Skype und Zoom weiteren Arbeitsplatz, ich teile mir die Büros also kann sich miteinander gefreut und gelacht werden! jeweils mit einem Kollegen. Da ich gerne im Team So werden wir als Lebenshilfe und Wertachtal- arbeite, mag ich die damit einhergehende Selbst- Werkstätten auch diese Krise gut überstehen und verständlichkeit des Miteinander-Arbeitens sehr. an der ein oder anderen Stelle sogar gestärkt her- Noch wichtiger: Beide Arbeitsplätze sind „mitten- vorgehen. Davon bin ich überzeugt! drin“, also dort wo die Mitarbeiter *innen der Le- benshilfe und der Wertachtal-Werkstätten Kinder, Ralf Grath, Geschäftsführer Jugendliche und Erwachsene fördern, beraten, unterstützen und betreuen. In meinem Alltag be- komme diese tagtägliche Arbeit, die ja das Wesen der Lebenshilfe und der Wertachtal-Werkstätten ausmacht, leider oft nur indirekt mit. Durch diese räumliche Nähe habe ich aber Kontakt zu vielen Menschen, die unsere Einrichtungen nutzen. Und das schätze ich wirklich sehr. Beginnt mein Arbeitstag oben in der Porschestraße werde ich von den Beschäftigten freundlich begrüßt, es finden kurze Gespräche statt und manchmal werde ich auch bis zu meinem Büro begleitet. Im Büro am Sonneneck sehe ich mittags die aus der Ludwig-Reinhard-Schule kommenden Kinder, die sich auf das Mittagessen in der HPT freuen und mich grinsend durch die Fensterscheibe grüßen. Ab und an kommt auch mal eines der Kinder im Büro vorbei und das alles ist gerade anders. Ich vermisse die Begegnungen, die Lautstärke, die vielen lachenden Gesichter, diese ganz besondere 6 Luag nei ,
Was war denn da im Frühjahr los? Hatte ich Urlaub in den Keller, um meine Werkstatt aufzuräumen. oder was? Keine Termine bei der Lebenshilfe oder Komm ich ja sonst nie dazu… sonst irgendwo, keine Musik, keine Freunde. Dafür Wolfgang Neumayer, Vorsitzender lese ich viel, hänge im Liegestuhl rum und hab plötzlich ziemlich viel Zeit. Natürlich hatte ich keinen Urlaub (hat man als Rentner ja sowieso nie), denn es war ja Corona. Mein Lebensgefühl war… ja wie eigentlich? Unwirklich, komisch, aber ehrlich gesagt: Als am 18.03.2020 die Wertachtal-Werkstätten nicht schlecht. Ich hielt oft inne und staunte über aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen wur- die aktuelle Situation und meinen Alltag. Ich habe den, bekam ich den ersten Eindruck, wie gefährlich vieles vermisst, was ich sonst so gerne mache, ich dieses Virus ist. Die ersten Tage Zuhause empfand hatte das Gefühl, nur auf Sparflamme zu fahren, ich noch – als Abstand von der Arbeit – als teilweise die Tage waren sehr „entschleunigt“. angenehm, fast wie ein unerwarteter Urlaub! Langeweile? Nö, komischerweise gar nicht. Im Ge- DOCH: Mit der Medienverfolgung was die Aus- genteil, es fühlte sich gut an. Zumindest eine Weile. breitung, Ängste, Veränderungen und vor allem Hatte ich Angst? Nö, auch nicht. Ein wenig besorgt die horrend hochsteigende Anzahl der erkrankten war ich schon. Hoffentlich kommen alle Menschen Menschen und derer die verstarben bekam ich es die ich kenne und mag persönlich und gesundheit- mit der Angst zu tun. Ich blieb zuhause und traute lich gut durch die schwere Zeit (und alle anderen mich nicht mehr nach draußen. Als die Ausgangs- natürlich auch). Hoffentlich kommen wir als Le- beschränkung und das Tragen der Mund-Nasen- benshilfe aus dem ganzen Schlamassel wieder gut Masken Pflicht wurde, fingen die Depressionen raus? Hoffentlich lernen die Menschen etwas aus an. Kein persönlicher Kontakt zu Freunden. Nicht der Krise und darüber, was wirklich wichtig ist im mehr selbst einkaufen gehen, keine Busfahrten Leben. Immer mehr, immer größer immer schneller, nach Kaufbeuren, Augsburg oder sonst wohin. immer billiger, das kann`s wohl auf Dauer nicht Ich fühlte mich eingesperrt, gefangen und die Decke sein. Weniger Hass und mehr Solidarität, das wäre schön. Ja ich gebe zu, ich hatte auch Optimismus. Ich glaubte, die Krise sei eine Chance für unseren Nur noch zuhause in der Planeten, die Menschheit und für jeden Einzelnen. Vielleicht könnten wir eines nicht zu fernen Tages Wohnung bleiben auch auf viel Gutes blicken, was durch Corona entstanden ist. Da hoffe ich immer noch. fiel mir auf den Kopf. Suchte nach Ablenkung, las viel und flüchtete mich in die Musik. Das war wie Aber jetzt geht`s erneut los, doch es fühlt sich die warme Decke in der Kälte. anders an als im Frühjahr. Ich verspüre weniger Ich dachte an all die Menschen, die auf Hilfe ande- Endzeitstimmung. Obwohl die Bedrohung ja wohl rer angewiesen sind, konnte gut nachvollziehen, nicht kleiner ist. Ich bin weiter zuversichtlich, dass was sie durchmachten. Hätte ich meinen Sohn, wir (und damit meine ich auch unsere Lebenshilfe) telefonische Gespräche mit Freunden und vor gut durch die sogenannte zweite Welle kommen. allem meine beiden Haustiere nicht gehabt, wäre Ernüchterung ist aber auch eingekehrt, wenn ich ich sicherlich durchgedreht. sehe, dass der Hass und die Spaltung in den Ge- sellschaften offenbar nicht abnimmt, sondern eher Die Zahlen gehen zurück, ich bin beruhigter und noch ansteigt. Ich denke viel darüber nach, warum hoffe, dass die Menschen aus der Situation etwas das so ist und wie es anders werden könnte. gelernt haben: Nichts ist selbstverständlich! Wir habe die Natur und Umwelt mit Füßen getreten, Ich hoffe auch nicht, dass unsere Bemühungen um nicht auf sie geachtet. Das ist nun die Strafe dafür. mehr Normalität und Teilhabe für Menschen mit Ein großes Dankeschön an das Personal der WTW Behinderung zurückgeworfen werden. Aber auch – was sie alles geleistet haben und wie wunderbar da bin und bleibe ich Optimist. sie sich um alle gekümmert haben, als die Arbeit wieder begann. Was noch? Ich verspüre hohen Respekt und viel Dankbarkeit. Für alle, die in dieser Zeit an wichtiger Herzlichen Dank für Alles! Stelle dafür sorgen, dass es weitergeht. Das sollten wir ihnen nie vergessen und uns diesen Respekt Marion Riethmüller, Beschäftigte in den bewahren. So und nun werde ich noch ein bisschen Wertachtal-Werkstätten Marktoberdorf meinen Gedanken nachhängen und dann gehe ich Luag nei 7
Autismus Ein weites Thema Das ist es in der Tat, deswegen möchten wir in einer nehmen wir oft nichts Besonderes wahr, weil uns Artikelreihe einige Facetten des Themas beleuchten. die damit verbundenen Reize vertraut sind. Erst Denn Autismus hat in den letzten Jahren große wenn sich was ändert, z. B. eine Naht oder das Bedeutung gewonnen. Viele neue Erkenntnisse Etikett durchs bügeln hart geworden ist und uns kamen hinzu und somit auch andere Unterstüt- permanent kratzt, spüren wird dies bewusst. Man- zungsmöglichkeiten. che Eltern autistischer Kinder kennen die Situation, dass nämlich nur und ausschließlich bestimmte Menschen mit Autismus reagieren häufig auf alltäg- Kleidungsstücke oder Schuhe von ihrem Kind ge- liche Situationen in einer anderen Art und Weise, die tragen werden und sogar das Waschen dieser Teile für uns sogenannten „neurotypischen Menschen“ zum Problem wird. Das hängt damit zusammen, oft unverständlich und fremd ist und die wir erst dass die Reize durch ein anderes oder neues Klei- mal nicht nachvollziehen können. Dies hängt damit dungsstück extrem stark wahrgenommen werden zusammen, dass der Aufbau des Gehirns eines und nicht ausgeblendet werden können. Einige autistischen Menschen anders ist und daher auch Autisten spüren jeden Faltenwurf des Stoffes, die viele Reaktionen. unzähligen Nähte oder das andere Material an ih- Nicht wollen und nicht können ist ein Unterschied. Ich will, aber kann oft nicht. Gee Vero Aber warum ist das so? Autismus ist eine neurologische Entwicklungsstö- rem gesamten Körper. Diese Reize sind dann ganz rung, d.h. die Struktur und Funktionsweise des ungewohnt und übermäßig intensiv und können Gehirns ist anders. Die Informations- und Wahr- fast nicht ausgehalten werden. Um das besser zu nehmungsverarbeitung läuft somit ganz speziell verstehen werfen wir zuerst einmal einen sehr ab und wirkt sich auf die Entwicklung der sozia- vereinfachten Blick auf die Abläufe im Gehirn. len Interaktion, der Kommunikation und auf das Verhalten aus. Die Ausprägung ist je nach Person Ein Baby lernt von Geburt an verschiedene Gegen- unterschiedlich. Schon seit Jahren wissen wir, dass stände, Materialien, Geräusche, Empfindungen, etc. Autisten viele und zum Teil sogar enorme Fähig- kennen und hat die Möglichkeit diese eingehend keiten haben. Dafür brauchen sie aber andere und mit allen Sinnen zu erforschen. Unser Gehirn Rahmenbedingungen im Alltag. speichert diese Entdeckungen und Erfahrungen ab und dockt sie an ähnlichen Stellen an. Im Laufe Reize aus der Umwelt des Größer Werdens erweitert sich der Radius des Das müssen wir uns mal vorstellen: Pro Sekunde Umfeldes sowie das Empfinden des Körpers und sind wir ca. 30 000 Reizen ausgesetzt. Dies ist eine bezieht die vorher gemachten Erfahrungen mit ein. enorme und eigentlich nicht vorstellbare Zahl und Beim Abspeichern findet dabei auch automatisch das mag man auch erst mal gar nicht glauben. Vom eine Sortierung in gefährlich oder ungefährlich / Gehirn verarbeitet werden aber nur ca. 16-25 Reize. bekannt oder unbekannt bzw. neu statt. Die mei- Als Reize gelten alle Dinge, die uns umgeben, die sten Reize in unserem Alltag lassen uns „kalt“, weil wir sehen, riechen, hören, fühlen oder schmecken, sie uns vertraut sind oder von unserem Gehirn aber auch unsere eigene Körperlage in Bezug zur schnell und zuverlässig als bekannt und unge- Umwelt. Wenn wir uns z.B. morgens anziehen, fährlich eingestuft werden. Das bedeutet für uns, 8 Luag nei
Bildnachweis: www.freepik.com dass wir viele Reize ausblenden oder teilweise gar vermehrt und ungefiltert auf Autisten ein. Die- nicht bewusst wahrnehmen. Wir schrecken erst ser sogenannte „Reizstau“ kann nicht bewältigt dann auf, wenn ein Reiz entweder unerwartet werden, baut immer mehr Druck auf und führt auftritt oder schon als gefährlich abgespeichert zu einem erhöhten inneren Anspannungsniveau. ist. Das „Erschrecken“ macht uns deutlich, dass Dies kann dann zu einem Zustand des „overload“ unser Gehirn extrem schnell vorsortiert und wir führen. Beispiele: Kinder halten sich die Ohren zu, ohne bewusstes steuern reagieren. summen vor sich hin, schaukeln mit dem Körper hin und her, spielen mit den Fingern oder einem Da unser Gehirn viel schneller arbeitet als wir Gegenstand, reagieren nicht auf Ansprache, etc. reagieren können, findet die Vorsortierung also unbewusst statt, und auch die Reaktion darauf Staut sich auf diese Weise ein Reiz nach dem Ande- wird von unserem Gehirn automatisch gesteuert. ren an, kann eine harmlos erscheinende Frage oder Verantwortlich dafür sind u.a. zwei besondere Teile Bemerkung, Geräusche, Gerüche oder Anforderun- unseres Gehirns, der Thalamus und die Amygdala. gen das Fass zum Überlaufen bringen. Es kommt zu Der Thalamus fungiert wie ein Pförtner, der die einem sogenannten „meltdown“ (Kernschmelze). Unterscheidung in gefährlich bzw. ungefährlich vor- Dies sieht von außen aus, wie ein Wutausbruch, ist nimmt. Die Amygdala warnt uns sicher vor Gefahren aber ein Zustand großer Verzweiflung auf den der und setzt die nötigen chemischen Reaktionen in autistische Mensch keinen Einfluss mehr hat. So unserem Körper in Gang (z.B. Ausschüttung von ein Zusammenbruch oder „Ausrasten“, hat nichts Adrenalin oder anderen Botenstoffen). mit einem Wutanfall zu tun sondern ist ein Aus- Da das Gehirn von Autisten aber andere Strukturen druck völliger Reizüberflutung und Verzweiflung. aufweist, findet auch die Verarbeitung von Reizen Die Person hat in diesem Moment keinen Einfluss in anderer Form statt. mehr auf das, was passiert. Das Schmerzempfin- den kann herabgesetzt sein, so dass Verletzungen Eindrücke und Erfahrungen werden nicht sicher an nicht bemerkt werden. Ansprechen, gut zureden der „passenden“ Stelle bei der ähnlichen Erfahrung oder Anfassen wäre ein weiterer Reiz und somit oder Erkenntnis abgespeichert. Das macht es für völlig kontraproduktiv. Wichtig für Außenstehende den Thalamus schwierig, Reize aus der Umgebung ist in solchen Situationen: Abstand halten, Ruhe wieder zu finden oder als bekannt oder unbekannt, bewahren, darauf achten, dass niemand verletzt gefährlich oder ungefährlich einzustufen. Dies führt wird und möglichst nicht sprechen. dazu, dass die Amygdala oftmals Gefahr signalisiert (und die chemischen Prozesse im Körper in Gang setzt), weil der Reiz nicht schnell genug vorsortiert Da Wahrnehmung werden kann. Gefahrensignale wo keine sind, erhö- hen den inneren Stressfaktor und so sind Autisten subjektiv ist, hat jeder von Haus aus einem gewissen Dauerstress ausge- setzt, dem sie nicht entfliehen können. von uns seine eigene Reize auszublenden ist für Autisten kaum möglich, Wahrnehmung. Wir sind also alle anders. im Gegenteil, sie werden häufig sogar übermäßig intensiv wahrgenommen, brauchen zum Teil auch mehr Zeit in der Verarbeitung und dringen oft Gee Vero Luag nei 9
Bildnachweis: www.freepik.com Bei Kindern kann es ja öfter mal zu einem Wutaus- Aber schon der normale Alltag erfordert von au- bruch kommen, wenn Wünsche gerade nicht erfüllt tistischen Menschen sehr viel Kraft und Energie. werden. Eltern und Angehörige kennen aber ihr Kind Um extreme Situationen so gering wie möglich zu sehr gut und können somit auch den Unterschied halten, sind klare Strukturen hilfreich, aber auch feststellen und entsprechend reagieren. Rückzugsmöglichkeiten. Wenn kein Entrinnen aus dem overload möglich Zur Entlastung können Tages-, Wochen- oder an- ist, oder auch nach einem meltdown, kommt es dere Abläufe mit Schrift- oder Bildkarten sichtbar häufig zu einem shutdown (Abschalten). Das heißt, gemacht werden. Hilfreich ist aber auch, dass wir die Person ist eine Zeit lang nicht ansprechbar, als Angehörige oder Betreuungspersonal darauf liegt eingerollt in einer Ecke, zieht sich eine Decke achten, wie die Umgebungssituation ist und da- über den Kopf oder schaukelt mit dem Körper hin und her. In dieser Phase kann das Bedürfnis nach körperlicher Nähe oder Distanz sehr unterschied- lich sein und muss unbedingt respektiert werden. Mit manchen Autisten ist es möglich, die Situation Hilfreich ist es, sich die verschiedenen Stufen im Nachhinein zu reflektieren und zu analysieren. vor Augen zu führen, in denen sich Autisten Gemeinsam wird überlegt, welche Einflüsse dazu möglicherweise befinden und auf die wir geführt haben und wie man dies in Zukunft evtl. angemessen reagieren müssen. verhindern kann. Autisten haben von sich aus oft kein Konzept, was sie in bestimmten Situationen machen können. Hier kann es hilfreich sein, ihnen Overload / Überbelastung Hinweiskarten (z.B. Bildkarten) anzubieten oder Zu viele Reize (Geräusche, Bilder, Gerüche mit ihnen andere Strategien zu überlegen. Over- etc.) reihen sich aneinander, überfluten einen load, meltdown, shutdown sind für Autisten sehr und alles wird Unübersichtlich. Man kann anstrengende Situationen, die extrem viel Energie unwichtige Sachen nicht rausfiltern und im verbrauchen, müde machen und noch einige Zeit Kopf entsteht ein Chaos aus Eindrücken und „nachhängen“ (evtl. auch einige Tage). Gefühlen, die einen total überlasten. Für mich ist Autismus Meltdown / Ventil hält den Druck nicht mehr aus extremes Menschsein. Da der innere Druck zu groß ist, „öffnet sich Autistische Kinder das Ventil“ in Form eines Wutausbruchs mit schreien, schlagen, Dingen werfen, kratzen, wirken oft ungezogen, spucken, oder Ähnlichem. Es geht darum, das Chaos loswerden zu wollen. Viele Autisten dabei versuchen merken, dass sie sich danebenbenehmen und sind hinterher oft traurig darüber, haben sie „nur“, mit aber in dem Moment keinerlei Kontrolle darüber. Aber es gibt immer einen Grund, neuen Situationen auch wenn wir ihn nicht (sofort) erkennen. klarzukommen. Gee Vero 10 Luag nei
Wenn wir alle anders sind, dann ist anders zu sein die Norm – und Autismus eine Variante dieser Norm. Gee Vero rauf entsprechend einwirken. Beispiele: sind viele diese bewusst wahrzunehmen. Mit Möglichkeiten Personen im Raum, wie hoch ist der Geräuschpe- wie Musik mit Kopfhörer zu hören, sich in andere gel im Raum aber auch draußen, gibt es spezielle Räume, ruhigere Ecken, etc. zurückzuziehen, können Gerüche, Lichtreflexe, etc.? Dabei ist zu bedenken, wir die Umgebungssituation für Autisten verträg- dass wir diese Reize nicht oder wesentlicher schwä- licher gestalten und ihnen solche kräftezehrenden Situationen ersparen oder sie zumindest reduzieren. Autisten reagieren oft Zusammengefasst können wir festhalten: mit extremen Emotionen Durch wissenschaftliche Untersuchungen (bildge- cher wahrnehmen. Ein autistischer Mensch hört bende Verfahren) wurde eine andere Funktions- die Dinge draußen oder im Nebenraum oftmals weise des Gehirns bei Autisten nachgewiesen. Die lauter, wir hingegen registrieren sie gar nicht. Hier Informationsübertragung zwischen den Nervenzel- sind wir gefordert eine große Sensibilität dafür zu len ist nicht etwa insgesamt stärker oder schwächer entwickeln, welche Reize auf uns einwirken und ausgeprägt, sondern räumlich verschoben. Autisten reagieren auf eigentlich unbedeutende Ereignisse oder Objekte oft mit extremen Emotionen. Op- tische, akustische oder taktile Reize können nicht Shutdown Abschaltung / eingeordnet und einzelne Sinneseindrücke nicht zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Deshalb Der innerlicher Rückzug nehmen Autisten Reize anders wahr und lernen, Ein Shutdown ist ein völliger Rückzug. interpretieren und verhalten sich daher anders. Viele Autisten sind dann eine gewisse Zeit nicht mehr ansprechbar. Es ist gut, dann Wir sind gefragt, die Rahmenbedingungen im Alltag einfach da zu sein, sich ruhig zu verhalten so zu verändern, dass autistische Menschen sich und dafür zu sorgen, weitere Reize zu gut darin zurecht finden, denn ihr Alltag ist von minimieren. Wenn kein Rückzug, keine Haus aus schon extrem stressig. Selbststimulation, kein Entrinnen aus dem Overload möglich ist, kann sich dieser auch In der nächsten Ausgabe der Luag nei beschäftigen zu einem Shutdown entwickeln. wir uns mit Besonderheiten der Wahrnehmung. Rosi Haser-Neumayer Bildgebende Verfahren (Neuroimaging ) – ermöglichen uns Einblicke in die inneren Strukturen oder Vorgänge des Gehirns, ohne tatsächlich in den Schädel eindringen zu müssen. Rosi Haser-Neumayer Die am häufigsten verwandten Verfahren Fachdienst Autismus sind die Magnetresonanztomografie r.haser-neumayer@ (MRT), die davon abgeleitete funktionelle lebenshilfe-oal.de Magnetresonanztomografie (fMRT) und die Positronen-Emissions-Tomografie (PET). Luag nei 11
Autismus Definition: abgeleitet vom griech. Wort ‘autos‘ = selbst, ‘ismos‘ = Zustand Geschichte des Autismus Eugen Bleuler (1857–1939), ein Schweizer Psychiater, eine Vielzahl an Büchern veröffentlicht, in denen prägte 1911 den Begriff Autismus der mit „selbst- sie einen guten und z.T. sehr persönlichen Einblick bezogen“ übersetzt werden kann und beschreibt in die andere Welt der Wahrnehmung geben. Dies Menschen, die sich von der Umwelt abkapseln und macht es den Nichtfachleuten möglich, sich dem sich in ihre eigene Welt zurückziehen. Thema auf unterhaltsame Art zu nähern. Leo Kanner (1896–1981), ein Österreichischer Psy- chiater arbeitete 3 Jahre an der Charite in Berlin und wanderte 1924 in die USA aus. Er war der Be- gründer der Kinder-und Jugendpsychiatrie in den USA. Seine Erstbeschreibung vom „Frühkindlichen Autismus“ erschien 1943, auch „Kanner-Syndrom“ Klassifikationssysteme genannt. In seinen Studien stellte er fest, dass die ICD – Internationale statistische spätere Entwicklung mit der Vielfalt von reifungs- K lassif ikation der K rankheiten und und umgebungsspezifischen Aspekten zu tun hatte, ver wandter Gesundheitsprobleme – sowie mit der Reaktion der Betroffenen auf ein (International Statistical Classification of wachsendes Bewusstsein über ihre Besonder- Diseases and Related Health Problems) der heiten. Ein wichtiger positiver Faktor war seines Weltgesundheitsorganisation (WHO). Erachtens, wenn es noch vor dem 5.Lebensjahr zu einem Spracherwerb gekommen ist. Das wichtigste, welt weit anerkannte Klassifikationssystem für medizinische Hans Asperger (1906–1980), ein österreichischer Diagnosen beschreibt und klassifiziert Kinderarzt und Heilpädagoge beschrieb 1944 Autis- sämtliche medizinische Erkrankungen. mus unter dem Begriff „autistische Psychopathen im Kindesalter“. Seine deutschsprachige Veröffent- Aktuell gilt der ICD 10, er wird gerade lichung war in der internationalen wissenschaftli- überarbeitet und soll im Januar 2022 als chen Gemeinschaft kaum bekannt. Die britische ICD 11 in Kraft treten. Psychiaterin Lorna Wing (hat eine autistische Toch- ter) bezog die Arbeit von Asperger in ihre Studien ein und benannte 1981 erstmals das „Autismus- Spektrum“ und das „Asperger-Syndrom“. Einige Beispiele für Kennziffern In den späten 1980er Jahren wurden dann von ver- schiedenen Seiten Diagnosekriterien formuliert, die und Diagnosen nach ICD 10: sich zum Teil erheblich voneinander unterschieden. F80-F89: Entwicklungsstörungen F84.0: Frühkindlicher Autismus 1991 übersetzte Uta Frith, (*1941 deutsche Ent- F84.2: Rett-Syndrom wicklungspsychologin, Neurowissenschaftlerin und F84.5: Asperger-Syndrom Autismusforscherin) die Arbeit von Hans Asper- F84.8: sonstige tiefgreifende Ent- ger von 1944 über das später nach ihm benannte wicklungsstörung Asperger-Syndrom 1991 ins Englische. F84.9: nicht näher bezeichnete tiefgreifende Im Jahre 1992 wurde das Asperger-Syndrom in Entwicklungsstörung das medizinische Klassifikationssystem ICD auf- genommen, im DSM war es ab 1994 enthalten. In den letzten Jahren haben betroffene Autisten 12 Luag nei
Bildnachweis: www.freepik.com Stellung der Diagnose • Sollte von einem Kinder- und Jugendpsychiater erstellt werden • Sichere Diagnosestellung erst ab 18 Monaten, vorher besteht aber häufig schon ein Verdacht • Anhand spezieller Fragebögen, Tests und Untersuchungen wird festgestellt, ob Autismus vorliegt und falls ja, in welcher Form. Für die sichere Autismus-Diagnose ist oft ein längerer Beobachtungszeitraum nötig • Neben der eingehenden Befragung und Beobachtung führt der Psychiater zur Absicherung der Diagnose weitere körperliche, psychiatrische, neurologische und labormedizinische Untersuchung durch um Krankheitsbilder mit ähnlichen Symptomen auszuschließen • Je früher Autismus erkannt wird, desto gezielter und wirkungsvoller lässt er sich behandeln DSM – Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen ist ein Klassifikationssystem der Psychiatrie für Momentan befinden wir uns in einem Wandel der die USA, wird von Experten erarbeitet und der Sichtweise auf Autismus. Schon der Begriff „Autis- Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft (APA) mus-Spektrum-Störung“ zeigt, dass vorwiegend herausgegeben. die Defizite beachtet und bewertet wurden. Die Andersartigkeit der autistischen Menschen war im Es spielt eine zentrale Rolle bei der Definition von Fokus, und es wurde erwartet, dass sie sich unserer psychischen Erkrankungen, enthält zum Teil ge- Welt anpassen mussten. In der heutigen Zeit liegt nauere diagnostische Kriterien als der ICD und ist der Fokus auf der anderen Art der Wahrnehmung, dadurch für die Forschung besonders interessant. mit dem Wissen, dass diese auch viele Qualitäten Aktuell gültig und für die psychiatrische Diagnostik und Vorteile bietet. verbindliche Ausgabe ist seit Mai 2013 der DSM-5. Es gibt eine enge Abstimmung zwischen der WHO In Zeiten der Inklusion ist der Anspruch an nicht- und der APA. Im DSM 5 wird Autismus erstmals autistische Menschen der, die Andersartigkeit von anders bewertet und nicht mehr in den früheren Menschen mit Autismus zu akzeptieren und ihnen Begriffen (z.B. Kanner-, Asperger-Syndrom,etc.) eine Umgebung und Struktur zu bieten, damit sie unterschieden. sich in unserer Welt und Kultur gut zurechtzufinden können. An dieser Stelle sei hier schon mal auf den Der Fokus liegt mehr auf den Stärken der autis- TEACCH-Ansatz verwiesen. tischen Wahrnehmung unter Einbeziehung der Ausprägung im Alltag und somit der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Luag nei 13
Häufigkeit von Autismus Der Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt bei etwa 1 %. In Deutschland liegen ungefähr 800 000 Menschen im Autismus-Spektrum, wobei eine große „Dunkelziffer“ angenommen wird. Laut Umwelt- bundeamt liegen Zahlen über die Häufigkeit von Autismus in Deutschland nicht vor. Derzeit wird eine weltweite Prävalenz von 0,6 % – 1 % angenommen. Frühkindliche Autismus (Kanner-Syndrom) eine der bekanntesten Autismus-Formen Asperger-Syndrom • Beginn vor dem dritten Lebensjahr • Beginn etwa ab dem dritten Lebensjahr • Beeinträchtigung der sozialen Interaktion • Keine Intelligenzminderung (gute bis über- • Stark verzögerte Sprachentwicklung durchschnittl. intellektuelle Leistungen) • Beschränkte, repetitive und stereotype Ver- • Keine Störung der Sprachentwicklung (früher haltensweisen Sprachbeginn; grammatikalisch & stilistisch • Meist erheblich eingeschränkte intellektuelle hochstehende Sprache) Leistungen • Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion (intellektuelle Frühreife bei gleichzeitig extre- mer emotionaler Ausdruckslosigkeit) • Stereotypes Verhalten • Auffälligkeiten in der psychomotorischen Entwicklung Jim Sinclair, autistischer Aktivist: Autistische Menschen sind anders als andere Person sich mehr wie eine nicht-autistische Person Menschen. Wir hören das die ganze Zeit, aber verhält. Eine autistische Person wird in dem Ma- was bedeutet es wirklich? ße als erfolgreich betrachtet, in dem sie gelernt hat, sich „normal zu verhalten“. Was für mich so Für nicht-autistische Menschen, einschließlich der etwas wie ein Offenbarung war (und es passierte meisten unserer Eltern und Lehrkräfte, ist das erst, nachdem ich mein Studium abgeschlossen Anderssein einer der beunruhigendsten Aspekte hatte), ist, dass andere Menschen erwarten, dass von Autismus. ich einer von ihnen sein sollte. Das war ziemlich überraschend für mich und es schien mir mehr als Eine Therapie wird in dem Maße als erfolgreich ein bisschen lächerlich, als ich es feststellte, und betrachtet, in dem sie bewirkt, dass die autistische ich verstehe es bis heute nicht wirklich. 14 Luag nei
Bildnachweis: www.freepik.com Atypischer Autismus Rett-Syndrom • Ähnelt weitgehend dem frühkindlichen Au- tismus, setzt aber später ein und/oder zeigt • Tiefgreifende Entwicklungsstörung mit autis- nicht alle drei typischen Hauptmerkmale des tischen Verhaltensweisen Autismus (atypisches Erkrankungsalter oder • Erste Symptome zwischen dem 6. Lebens- atypische Symptome) monat und dem 4. Lebensjahr • Betriff t nur Mädchen Hochfunktionaler Autismus (High-funktioning-Autism) Savants • Alle Symptome des frühkindlichen Autismus • Herausragenden Leistungen in einem ein- zusammen mit normaler Intelligenz zelnen Fach z.B.: Kalenderrechnen, hohes • Diagnostisch wichtig ist hier insbesondere Erinnerungsvermögen, absolutes Gehör, fo- die verzögerte Sprachentwicklung tografisches Gedächtnis • Gegenüber dem Asperger-Syndrom sind die motorischen Fähigkeiten meist deutlich bes- ser „Handlungen, die ihre Belohnung in sich selbst tragen.“ Axel Brauns Luag nei 15
Kompass – Betriebliche Inklusion Innovatives Projekt der Lebenshilfe Ostallgäu in Kooperation mit der Aktion Mensch Seit dem Herbst 2020 setzen sich die Kollegen Kim Menschen mit Behinderung trotz der diversen Lukas und Uwe Zimmermann im neu installierten Unterstützungsangebote von Ämtern und öffent- Inklusionsprojekt der Lebenshilfe Ostallgäu e.V. lichen Trägern, bereits einschlägig manifestiert. „Kompass – Betriebliche Inklusion“ für Diversität Wir als „Kompass – Betriebliche Inklusion“ möch- und Chancengleichheit auf dem allgemeinen Ar- ten jedoch die Menschen mit Behinderung und beitsmarkt ein. auch die regionalen Betriebe darin bestärken, mehr Möglichkeiten und Chancen bei der Teilhabe Dabei begleiten sie Menschen mit erhöhtem Un- am Arbeitsleben wahrzunehmen“, so Kim Lukas, terstützungsbedarf, aber auch Betriebe und Ar- Projektleitung, auf die Frage, welche Vision das beitgeber dabei, Menschen mit Behinderung oder Projekt denn verfolge. Weiter sagt Lukas, solle ein Diagnose in ein sozialversicherungspflichtiges Ar- multiprofessionelles Netzwerk erstellt werden, um beitsverhältnis zu vermitteln. Zusätzlich unterstützt gezielt Arbeitgeber, die ihrer gesellschaftlichen „Kompass – Betriebliche Inklusion“ auch über die Verantwortung zur Teilhabe von Menschen mit Vermittlung hinaus und kann so zur Sicherung des Behinderung nachgehen möchten, umfänglich zu Arbeitsplatzes beitragen. begleiten und unterstützen zu können. Das Besondere an diesem Projekt ist, dass es ko- Bereits während der kurzen Projektdauer konnten stenfrei und unabhängig vom Kostenträger in An- Kooperationen unter anderem zu den Integrations- spruch genommen werden kann. Jeder Mensch mit fachdiensten (IFD), der ergänzenden unabhängi- erhöhtem Unterstützungsbedarf kann antragslos gen Teilhabeberatung (EUTB), dem Jobcenter, der an „Kompass – Betriebliche Inklusion“ teilnehmen. Agentur für Arbeit und der Inklusionskoordination „Kompass – Betriebliche Inklusion“ bietet seine des Landratsamtes Ostallgäu hergestellt werden. Dienste im gesamten Allgäu an. „Kompass – Betriebliche Inklusion“ wird seinen „Es scheint, als sei der berufliche Weg für einen Sitz im Herzen der Stadt Marktoberdorf haben. So bezieht das Team im Frühjahr 2021 Büroräume in der Poststraße. Grundsätzlich können Informations- termine jedoch auch direkt bei den Bewerber *innen oder Betrieben wahrgenommen werden. Kim Lukas Kim Lukas Projektleiter „Kompass – Betriebliche Inklusion“ Tel. 0176 18700907 k.lukas@lebenshilfe-oal.de 16 Luag nei
Info-Plattform Für Selbst-Vertreter*innen Aufgepasst! Es gibt eine neue Plattform der Lebens- hilfe Bayern mit vielen Informationen für Selbst- Vertreterinnen und Selbst-Vertreter. Selbst-Vertretung – na klar! Sie sind aktiv in einem Gremium der Selbst-Ver- tretung? Sie wollen sich regelmäßig über aktuelle Themen informieren? Sie wollen uns Ihre eigenen Erfahrungen und Ideen mitteilen? Dann schauen Sie doch mal auf unsere neue Info-Plattform! Pinnwand im Internet Die Info-Plattform ist im Internet. Sie sieht aus wie eine Pinnwand und hat den Titel „Selbst- Vertretung – na klar!“. Auf der Pinnwand gibt es aktuelle Informationen für Selbst-Vertreterinnen und Selbst-Vertreter. Es gibt Hinweise auf Fortbil- Internetadresse dungskurse und Tagungen. Es gibt Berichte aus Die Plattform ist über diese Internet- dem Landes-Ausschuss Selbst-Vertreterinnen und Adresse erreichbar: Selbst-Vertreter der Lebenshilfe Bayern. Und es gibt https://www.lebenshil- immer wieder Neues zu Corona und viele weitere fe.de/selbstvertretung/ aktuelle Themen. Die Info-Plattform ist für alle Interessierten offen. Bundesverband der Lebenhilfe Die Aktion Mensch Die Aktion Mensch setzt sich für Inklusion ein. Was zu lesen sein. bedeutet das? Menschen mit und ohne Behinderung Mit den Einnahmen aus ihrer Soziallotterie unter- sollen ganz selbstverständlich zusammenleben: in stützt die Aktion Mensch jeden Monat bis zu 1.000 der Schule, bei der Arbeit und in der Freizeit. Sie soziale Projekte für Menschen mit Behinderung, sollen selbst entscheiden, wie sie leben wollen. Kinder und Jugendliche. Damit ist sie die größte private Förderorganisation im sozialen Bereich in Und sie sollen die Möglichkeit haben, ihre Fähigkei- Deutschland. Jeder kann ganz einfach dazu bei- ten zu zeigen. Damit alle Menschen überall dabei tragen, dass Menschen mit Behinderung besser sein können, müssen Barrieren verschwinden. leben und mehr Inklusion möglich wird: indem Das heißt zum Beispiel: wo Treppen sind, müssen er ein Los kauft, sich freiwillig engagiert oder ein auch Rampen oder Aufzüge sein. Texte von Äm- Projekt startet. Damit das WIR gewinnt. tern oder Informationen im Internet sollten leicht Aktion Mensch Luag nei 17
Die Borderline-Störung Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) wird Jugendhilfe dar. Die Personen schätzen ihre eigene korrekt als emotional-instabile Persönlichkeits- Erziehungskompetenz meist deutlich positiver ein störung vom Borderline-Typ bezeichnet. Gemeint als das Fachpersonal dies wahrnimmt. Bedingt ist damit eine psychische Störung, die sich durch durch die stark ausgeprägte emotionale Instabilität dauerhaft bestehende Symptome zeigt. Beispiele leiden häufig auch die betroffenen Kinder, für die sind Impulsivität, schnell wechselnde emotionale die plötzlichen Stimmungswechsel des Elternteils Zustände (und Schwierigkeiten, diese zu regu- unvorhersehbar kommen und somit die Eltern- lieren), starke Anspannungszustände, instabile Kind-Beziehung und die emotional-psychische Beziehungen, stark ausgeprägte innere Leere, Entwicklung des Kindes stark belasten. Dazu trägt instabiles Selbstbild und häufig selbstschädigende auch bei, dass viele Personen mit BPS, oft ohne es Verhaltensweisen. Das Störungsbild ist komplex und zu merken, in Doppelbotschaften kommunizieren. kann sich bei den einzelnen Personen in der Aus- D.h., dass die inhaltliche Aussage dem widerspricht, prägung und im Schweregrad stark unterscheiden. was die Person nonverbal vermittelt (z.B. Könnte Entgegen der weit verbreiteten Annahme ist nicht eine Mutter ihr Kind, das Kuscheln möchte, zurück- jeder, der sich selbst verletzt, eine Person mit einer weisen und von sich wegschieben und ihm sagen: BPS. Und auch von den Personen mit einer BPS „Du bist mir so wichtig und ich hab dich lieb!“). verletzen sich nicht alle Betroffenen selbst. Dadurch sind Kinder von Eltern mit BPS deutlich In Deutschland erfüllen etwa 2 von 100 Erwachse- stärker gefährdet, selbst psychisch auffällig zu nen die Symptome einer BPS. Die Störung entsteht werden. Sie sind somit besonders auf frühzeitige bereits in der Jugend oder späteren Kindheit. Bei – im Idealfall präventive – Unterstützungsmaß- der Entstehung spielen biologische Neigungen nahmen angewiesen, um sich gesund entwickeln eine Rolle: sehr sensitiv für emotionale Reize zu zu können. Die Aufgabe des Fachpersonals ist sein, starke Gefühlsreaktionen zu haben und ein es, einen Balanceakt zwischen einer einerseits langsamer Rückgang der emotionalen Reaktion wertschätzenden Haltung dem BPS-betroffenen auf das Ausgangsniveau. Zudem kommen viele Elternteil gegenüber und andererseits möglichst negative (Bindungs-)Erfahrungen, insbesondere positive Veränderungen im elterlichen Verhalten ist dabei die sogenannte Invalidierung zu nennen, dem Kind gegenüber zu bewirken. Dies ist eine die Entwertung von kindlichen Gefühlen (z.B. „Das durchaus heikle Angelegenheit, da Menschen mit kann dir gar nicht weh tun“, „Das ist doch nicht BPS sehr zu schwarz-weiß-Denken neigen und schlimm“). häufig schwer differenzieren können zwischen einer Kritik oder einem Verbesserungsvorschlag an ihrem Verhalten und ihrer Person. Als Beispiel Männer und Frauen könnte eine Mutter mit BPS, der vom Fachpersonal sehr direkt empfohlen wird, die Mediennutzung sind etwa gleich häufig von ihres Kindes einzuschränken und stattdessen mit BPS betroffen dem Kind zu spielen, „verstehen“, dass die Betreuer denken, dass sie eine schlechte Mutter sei und im Gegenzug selbst vorwurfsvoll werden. Im Alltag wirkt es oft so, als wären Frauen häufiger von einer BPS betroffen. Die Ursache dafür liegt Es besteht ein großes Risiko, dass zu konfrontativ allerdings darin, dass Männer mit BPS häufig in Haft, vorgebrachte Kritik von BPS-Betroffenen schnell einer forensischen Klinik oder Suchteinrichtungen persönlich genommen wird. Dadurch wird die El- zu finden sind. Die BPS geht häufig mit weiteren ternarbeit schwer belastet und im Extremfall sogar psychischen Störungen wie z.B. Depressionen, von Seiten der Eltern verweigert oder abgebrochen. Suchterkrankungen oder Traumafolgestörungen In der Praxis bewährt hat sich die Elternarbeit mit einher. Die Arbeit mit Eltern, die eine BPS haben, zwei zuständigen Mitarbeitern für Eltern mit BPS. stellt eine große Herausforderung in der Kinder- und Möglich ist dabei auch, wie im WKS-Modell, dass 18 Luag nei
Bild: Stefanie Giesder einer von beiden neutral bleibt (Prozessbegleitung) Konsequenz und beispielsweise zeitlich begrenzte und potentiell kritische Themen von der anderen Erreichbarkeit (z.B. feste, regelmäßige Gesprächs- Person angesprochen werden (Alltagsbegleiter). zeiten) sind empfehlenswert. Da Menschen mit BPS Wichtig ist es dabei dennoch, dass beide Mitarbeiter große Schwierigkeiten in der Emotionsregulation bei allen Gesprächen mit den Eltern anwesend sind, haben, fällt es ihnen schwer mit den eigenen, häufig um Transparenz und gleichen Informationsstand zu stark erlebten Emotionen umzugehen. gewährleisten und sich als Team zu präsentieren. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Alltagsbe- Dies führt oft dazu, dass vermehrt Kontakt zum gleiter vom BPS-Betroffenen zum Feindbild erklärt Fachpersonal – bereits wegen vermeintlicher „Klei- wird, sich die Person mit dem Prozessbegleiter nigkeiten“ wie z.B. einem Erziehungskonflikt mit verbünden möchte und ein Großteil des Gesprächs dem Kind oder einer schlechten Schulnote – ge- mit dem Prozessbegleiter darum geht, über den All- sucht wird. tagsbegleiter zu schimpfen. Auch klare Absprachen, Lisa Biechele Verschiebung Jahreshauptversammlung 2020 In Anbetracht der unsicheren Lage hatte sich können. Die Mitglieder werden dazu rechtzeitig der Vorstand dazu entschieden, die Jahres- eingeladen und erhalten natürlich auch einen hauptversammlung 2020 zu verschieben. Das Entwurf der neuen Satzung. Risiko war uns im Herbst einfach zu hoch. Wir bitten Sie um Verständnis für diese Ver- Das ist umso bedauerlicher, weil wir eigentlich schiebung. eine dringend notwendige Satzungsänderung beschließen wollten. Klingt langweilig, ist es aber nicht. Eine zeitgemäße Satzung ist die Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit der Lebenshilfe. Wollen Sie bei dieser wichtigen Weichenstellung für die Zukunft der Lebenshilfe mitwirken? Dann werden Sie Mitglied! Wir hoffen, die Ver- sammlung so bald wie möglich nachholen zu Luag nei 19
Kunst& Kultur Kulturwerkstatt und Lebenshilfe Eine fruchtbare Kooperation seit mehr als 30 Jahren Angefangen hat alles in der Turnhalle der blicken auf viele gemeinsame Theaterprojekte Lebenshilfe Tagesstätte! Der Einrichtungslei- und Feste, mehrere inklusive Theatergruppen und ter der Kulturwerkstatt Thomas Garmatsch nicht zuletzt auf die inklusive Wohngemeinschaft gründete seine erste Theatergruppe und „Tetrapack“ in der Bismarckstrasse zurück! Und probte mit ihr in den Räumen der Lebens- das soll nicht alles bleiben – weitere Kooperations- hilfe! projekte sind in Planung. Auch in der momentanen Krisensituation steht man in Verbindung. Herr Heute, ca. 30 Jahre später, hat die Kulturwerk- Wiedemann und Frau Maierhof vom Geschich- statt ihr eigenes Theater im Zentrum der Stadt, tenladen haben sich einen kleinen Stadtrundgang inklusive des kleinen Stadtgeschichtenladens im vorgenommen, der aufgenommen und in den Kaisergässchen. Es wird auf vielen Ebenen Theater Osterfeiertagen exklusiv in den Wohnheimen für und mit ALLEN Menschen gemacht, Inklusion der Lebenshilfe gezeigt wird. Spannung entsteht ist hier nicht nur ein Wort – man macht sie ein- durch ein damit verknüpftes Rätsel, welches gelöst fach! Nicht zuletzt dank der nunmehr seit über werden kann. Das gefundene Lösungswort darf 30 Jahren andauernden, intensiven Kooperation an die Lebenshilfe per Mail gesendet werden, es mit der Lebenshilfe Ostallgäu e.V. wartet eine kleine Überraschung! Längst schon ist es nicht nur einfach eine Zu- In der zweiten Osterferienwoche sollen alle Kinder sammenarbeit – sie basiert auf einem grossen und Familien aus Stadt und Land in den Genuss gegenseitigen Vertrauen und einem freundschaft- des virtuellen Stadtgeschichtenrätsels kommen lichen Miteinander. Die Macher auf beiden Seiten – Infos ueber die sozialen Netzwerke! Simone Dopfer Ja, Inklusion ist eine Utopie. Aber eine, für die es sich zu kämpfen lohnt! Raul Krauthausen, Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit Klare Worte und offene Diskussion: Wir holen Raul Krauthausen, Bild: Esra Rotthof den bekannten Multiplikator für Inklusion zu uns ins Ostallgäu! Jetzt schon vormerken: Freitag, 15. Oktober 2021 Gablonzer Haus Kaufbeuren, Raul Krauthausen – Berliner. Autor. Moderator. Medienmacher. Botschafter. Inklusionsaktivist. 20 Luag nei
TETRA-Pack – der Podcast … oder kreativer Kaffee mit Kunst? Kunst, Kaffee, Kreativität? Johann, Yannick, Illia und Moritz. Das sind die kulturwerkstatt.kaufbeuren.de nachgehört wer- vier Bewohner der inklusiven Wohngemeinschaft den. Ein sehr emotionales Feedback zum Podcast Tetrapack. Hier wohnen Menschen mit und ohne erreichte uns von Familie Glüder, das wir an dieser Behinderung zusammen unter einem Dach, orga- Stelle veröffentlichen dürfen. nisieren ihren Alltag, spielen, lachen, streiten und Johanna Zwick quatschen miteinander. Alle Folgen können jederzeit unter Zu Beginn des Lockdowns im Frühjahr entstand Spotify (TETRA-Pack) ode- die Idee, einen eigenen Podcast zu kreieren. Ein ronline unter: www.kultur- tolles Projekt, dass zehn herrlich ehrliche und werkstatt.kaufbeuren.de gleichzeitig sehr tiefgründige Folgen hervorge- nachgehört werden. bracht hat. Alle Folgen können jederzeit unter Spotify (TETRA-Pack) oder online unter www. Lieber Moritz, Ihr Podcast gefällt uns sehr gut, vielen Dank! Großartig, wie gut Sie die Bewohner der WG zusammenbrin- gen. Johann freut sich immer über die Zusammenkunft mit allen und wir waren erstaunt, dass er so viel von sich erzählt hat. Das traut er sich anscheinend mit und in der WG mehr als daheim. Aber vielleicht sind Sie da geschickter und geduldiger als wir. Jedenfalls freuen wir uns über das gute Miteinander in der WG. Vielen Dank! Illia (links) und Johann (rechts) nehmen konzentriert eine neue Podcast-Folge auf. Bild: Moritz Rauch Luag nei 21
Kunst& Kultur Nachbarschaftskonzerte verbinden Ensemble Aggenstein und das Jugendbla- wurde sogar kräftig zu den Hits getanzt und auf sorchester überraschen die Bewohner des der Besucherterrasse des Pflegeheimes konnten Lebenshilfe-Wohnheimes und des Clemens- die Bewohner bei Sonnenschein das Livekonzert Kessler-Hauses in Marktoberdorf. mitverfolgen. Keine Musik – keine Kultur – keine Unterhaltung – „Eine großartige und so willkommene Abwechs- oder etwa doch? Dank Gemeinschaftsaktionen von lung“, freute sich Geschäftsführerin Claudia Kin- der Kulturwerkstatt Kaufbeuren, dem Clemens- trup über das Konzert des Ensembles, das sich in Kessler-Haus des BRK Ostallgäu und dem Wohn- zwei Proben auf den Auftritt vorbereitet hat. „Wir heim der Lebenshilfe Ostallgäu in Marktoberdorf wollten einfach ein wenig Freude in den derzeit wurden die Bewohner beider Einrichtungen über so anderen Alltag der Wohnheime bringen. Umso den Sommer musikalisch überrascht. schöner, dass wir hier in Marktoberdorf dann gleich zwei Einrichtungen überraschen konnten“, so Si- Das Ensemble Aggenstein rund um den Markt- mone Dopfer von der Kulturwerkstatt Kaufbeuren. oberdorfer Musiker Manfred Eggensberger und Sängern vom Chor der Kulturwerkstatt gestaltete Im Herbst spielte auch noch das Jugendblasorches- zum Beispiel eine Stunde voller musikalischer ter in großer Formation auf dem Gartengelände Höhepunkte. Mit Abstand verfolgten viele Be- zwischen den beiden Wohnheimen. Schön, wenn wohner beider Einrichtungen das Konzert, das im Musik so viele Menschen verbindet! Garten zwischen den beiden Gebäuden stattfand. Auf dem Gelände des Lebenshilfe-Wohnheimes Johanna Zwick 22 Luag nei
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