M BILITY BUSINESS NOVEMBER 2019 & - DAS MAGAZIN FÜR MOBILITÄTSMANAGEMENT IN UNTERNEHMEN - Horizont
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BUSINESS& NOVEMBER 2019 M BILITY DAS MAGAZIN FÜR MOBILITÄTSMANAGEMENT IN UNTERNEHMEN WANDEL WIE SICH FIRMEN AUF AUTO-ABOS WARUM DIE FLEXIBLE GENERATION E WELCHE ELEKTRO- DIE NEUE MOBILITÄT EINSTELLEN NUTZUNG IM TREND LIEGT AUTOS IN DIE FUHRPARKS ROLLEN
Den besten Weg zum Ziel kennen Es ist Bewegung drin in der beruflichen Mobilität. Um von Termin A zu Kunde B zu kommen, haben die Mitarbeiter mehr Möglichkeiten, das Ziel zu erreichen. Der klassische Firmenwagen ist nicht mehr zwangsläufig das sinnvollste Ver- kehrsmittel der Wahl. Gerade in Städten bieten sich immer BUSINESS& NOVEMBER 2019 mehr Alternativen an – seien es Carsharing-Autos, Mit- M BILITY DAS MAGAZIN FÜR MOBILITÄTSMANAGEMENT IN UNTERNEHMEN fahrdienste (Ride-Hailing), Leihräder oder -roller. Dank digitaler Apps lässt sich der ÖPNV ebenfalls WANDEL WIE SICH FIRMEN AUF DIE NEUE MOBILITÄT EINSTELLEN AUTO-ABOS WARUM DIE FLEXIBLE NUTZUNG IM TREND LIEGT GENERATION E WELCHE ELEKTRO- AUTOS IN DIE FUHRPARKS ROLLEN komfortabler und spontaner Das neue DFV-Magazin Business & Mobility widmet in die Reiseplanung einbezie- sich dem Mobilitätsmanage- ment in Unternehmen. Als hen, auch wenn es im Alltagsein- Supplement der DFV-Titel Lebensmittel Zeitung, Textil- satz noch vielfach hakt (Seite 24). Steu- Wirtschaft, HORIZONT, AHGZ und fvw erreicht es branchen- erliche Anreize machen nun auch E-Autos und übergreifend die Zielgruppe der Entscheider, die in die Jochen Zimmer Ressortleitung Plug-in-Hybride als Dienstwagen interessanter Organisation der dienstlichen Mobilität involviert sind, HORIZONT Specials und stellen die Fahrer und Flottenmanager vor vielfach selbst Firmenwagen fahren und auf jeden Fall Rechenaufgaben. Der Anteil fuhrparktauglicher dienstlich häufig unterwegs sind – mit Auto, Bahn, Flug- E-Fahrzeuge steigt jedenfalls rasant an (Seite 42). zeug und alternativen Ver- kehrsmitteln. Deren Informa- Neben Leasing rücken aufgrund neuer Bilanzie- tionsbedürfnis soll Business & Mobility künftig mit zwei FOTO SEITE 1: VOLKSWAGEN; ILLUSTRATION SEITE3: CATRIN ALTENBRANDT Ausgaben pro Jahr bedienen. rungsregeln auch flexiblere Auto-Abo-Modelle stärker in den Fokus (Seite 34). Für die Entschei- der in den Unternehmen gibt es demnach viel Neuland in Bezug auf dienstliche Mobilität zu er- kunden. Dieses Magazin verschafft Überblick und versucht, die wichtigsten Fragen zu beantworten. BUSINESS & MOBILITY 3
ILLUSTRATION: SVEN LOEFFLER / STOCK.ADOBE.COM 12 Neben Firmenwagen gewinnen alternative Mobilitätslösungen in den Unternehmen und für die Mitarbeiter an Bedeutung INHALT AUFTAKT: Autonome Busse, Lastenräder, Ladeinfrastruktur – ein Blick auf News und Fakten zur beruflichen Mobilität. 6 LÖSUNGEN: Wie Unternehmen unterschied- licher Branchen und Größe ihre Fuhrparks auf den Stand der Zeit bringen. 16 STUDIEN:Befragungen von Mitarbeitern RECHNUNG: Elektrofahrzeuge im Vergleich und Fuhrparkmanagern zeigen, dass Fir- zu Schwestermodellen mit Benzinmotor – menwagen noch wichtig sind. 10 was es den Nutzern bringt und kostet. 19 WANDEL: Fuhrparkmanager und Mitarbei- ANTRIEB: Elektro, Hybrid, Wasserstoff, Erd- ter stellen sich auf die Anforderungen alter- gas, E-Fuels – welche Vor- und Nachteile die nativer Mobilitätslösungen ein. 12 alternativen Antriebstechniken bieten. 20 4 BUSINESS & MOBILITY
FOTO: VADIM OFEYEV / FOT YER OLIA; MONTAG E: HORIZONT 34 ILLUSTRATION: DOMINQUE ROSSI 24 Auto-Abos rücken neben Leasing, Miete und Kauf als flexible Form der Fahrzeugnutzung in den Fokus Viele Unternehmen arbeiten an digitalen Lösungen für die Verkehrswende. Doch im Alltagseinsatz hakt es noch INTERVIEW: Mobilitätsexpertin Martina AUTO-ABOS: Veränderte Bilanzregeln und Kohlhuber über Zukunftsszenarien für digitale Lösungen bringen flexible Nut- Stadt und Land. 22 zungsformen von Autos ins Spiel. 34 MOBILITÄTS-APPS: Das Ziel, die Verkehrs- FUHRPARK: Welche Marken und Modelle mittel intelligent zu verknüpfen, liegt noch prägen die Flotten und welche Antriebs- in der Ferne. Ein Erfahrungsbericht. 24 arten liegen im Trend. Ein Überblick. 42 FLOTTENMARKT: Studien zeigen, welchen GENERATION E: Mit langem Anlauf kommen Stellenwert E-Antriebe in den Flotten ha- nun alltagstaugliche E-Autos auf den ben und wer Firmenwagen fährt. 32 Markt. Top-Modelle im Profil. 46 BUSINESS & MOBILITY 5
ES FÄHRT AUCH ANDERS ZUR ARBEIT UND ZUM KUNDEN UND ZURÜCK – ELF ANSICHTEN ZUM GESCHÄFTSVERKEHR ZUSAMMENGESTELLT VON WOLFGANG BORGFELD UND JOCHEN ZIMMER FOTO: DINGO PHOTOS AUTONOME kleine Fahrzeuge, die morgens Mitarbeiter ins Büro bringen, tagsüber Waren ausliefern und nach Feierabend ihre Kunden zum wahren, schönen Guten fahren – das ist MicroSnap von Rinspeed, die Jubiläums- kreation des Innovators Frank M. Rinderknecht. Der Passagierbereich ist stylish, erinnert gleichwohl an eine Seilbahnkabine. Richtig: Das ConceptCar, dessen Auf- bauten sich fix wechseln lassen, kommt aus der Schweiz. GESCHÄFTSMOBIL: Expo 2000 in Hannover. Weil die Hotels entweder voll oder teuer waren, gab es Über- nachtungsalternativen. Eine davon war der Hymer- Wohnpark auf der grünen Wiese. Zu diesem Zweck waren einfach Hunderte Fahrzeuge für Expo-Besucher abgestellt worden. Die Idee, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden, gefällt Vertrieblern, die viel unterwegs sind und trotzdem nach Feierabend die Beine in den vertrauten vier Wänden hochlegen wollen. Auch Controller, die Hotelpreise von 350 Euro pro FOTO: HYMER Nacht für überzogen halten, können der Idee derartiger Geschäftsfahrzeuge durchaus etwas abgewinnen. 6 BUSINESS & MOBILITY
FOTO: TU HAMBURG WARNUNG: Die Monopol- kommission zu den Ener- giemärkten mahnt: Fehlende Konkurrenz kann zu hohen Strompreisen führen und die Verbreitung der Elektromobili- tät erschweren. Wie groß die Preisunterschiede sind, hat der Ökostromanbieter Lichtblick AUTOMOBIL im eigentlichen Wortsinn ist der Shuttle, ILLUSTRATION: ELECTRICEYE / STOCK.ADOBE.COM ermittelt: Umgerechnet auf der seit 11. Oktober in Lauenburg an der Elbe seine Kosten pro Kilowattstunde Runden dreht. Unter Beteiligung der Verkehrsbetriebe verlangt EnBW 54,5 Cent, bei Hamburg-Holstein GmbH (VHH) und der TU Hamburg Mainova kostet das Laden 13,3 wird auf steilen Fahrwegen, engen Straßen mit un- Cent. Die günstigste Ladesäule regelmäßigem Pflaster und viel Verkehr die Praxis zu erwischen ist – Glücksache. automatisiert verkehrender Busse erprobt. Die Er- fahrungen mit TaBuLa soll helfen, Mobilität in ländlich geprägten Räumen weiter zu entwickeln. DIE MATTE MACHTS: Keine Säule, kein Stecker. E-Fahrzeug über Matte platziert, schon kann das Laden beginnen. Noch ist das eine Vision. Doch nach Erwerb von Lizenzen ILLUSTRATION: DOMINIQUE ROSSI / HORIZONT für die Magnet-Resonanz-Technologie beginnt der Automobilzulieferer Mahle nun mit der Entwicklung der Ladetechnik. Zu den Zielen zählt, parkende Fahrzeuge auch als Pufferspeicher nutzen zu können, die Ener- gie wieder ins Netz zurückspeisen. Eine gute Idee angesichts Tausender täglich auf Feier- abend wartender Dienstwagen. 50000 neue Ladestationen sollen Wo Deutschlands Elektro-Ladesäulen stehen bis 2022 in Deutschland gebaut Anteil der Ladestationen für Elektroautos nach Standorten im Mai 2019 in Prozent werden, bis 2030 soll die Zahl eine Parkplatz / -haus 25,0 Million betragen. Aktuell gibt es, Öffentliche Straße 12,5 da schwanken die Angaben, rund Hotel 8,0 20000. Das Ziel ist also – ambitio- Unternehmen 7,2 niert! Wo die stehen werden, ist Handel 6,7 ungewiss. Wer auf E-Mobilität Automobilhändler 6,4 setzt, muss wohl selbst in Lade- Rathaus 3,0 infrastruktur investieren. Im Mai Autobahn 3,0 2019 hatten dies zahlreiche Unter- Restaurant 1,9 nehmen bereits gemacht, ihr Privat 1,7 Anteil an allen Ladestationen Bahnhof 1,6 betrug 7,2 Prozent. Am großen Tankstelle 1,4 Durcheinander mit Apps, Kun- Sonstige 21,6 denkarten, unterschiedlichen Tarifsystemen und Preisen ändert Quelle: ChargeMap.com/Statista das aber leider nichts. BUSINESS & MOBILITY 7
BIO-HYBRID klingt nach neuem Antrieb, ist Muskel- kraft plus Elektromotor. Wird als Zweisitzer und als Lieferwagen angeboten, mit einer Reichweite von 50 Kilometern eine Alternative für Berufspendler und stadtnahe Zustellungen. Akku lädt an jeder normalen Steckdose. Preis und Vertriebskonzept? Noch offen. CARSHARING kann eine Firmenflotte ersetzen: Die Sparkasse Bremen ist das erste Unternehmen in der Hansestadt mit einer eigenen Carsharing-Station. Für Mitarbeitende der Verwaltung am Brill sind während der Geschäftszeiten im Parkhaus fünf stationsbasierte Fahrzeuge des Anbie- ters Cambio reserviert. Davor und danach stehen die Fahrzeuge allen Cambio-Kun- den zur Verfügung. Gebucht wird online FOTO: MICHAEL BAHLO oder über die App. Wie es sich für eine Sparkasse gehört, hängen die Schlüssel neben der Station in einem Tresor. 8 BUSINESS & MOBILITY
FOTO: BIO HYBRID CO2-ALB: „Wenn ich nur wüsst, wie’s richtig ist!“ Manchmal ist es einfach: Zugfahren ist umweltfreund- ILLUSTRATION: CELIANE STUDIO / ADOBESTOCK licher als Autofahren: Der CO2-Ausstoß je Personen- kilometer beträgt im Fernverkehr nur gut ein Viertel. Beim Fliegen wird laut Bundesumweltamt etwa sechs- mal mehr CO2 rausgeblasen als auf Schienen. Wird bei Elektroautos dann aber der ökologische Rucksack aufgemacht, sieht die Rechnung wieder anders aus. SERVICE ist das A&O im Be- FOTO: HOTEL I31 herbergungsgewerbe, also versuchen Hotels auch mit Mobilitätsangeboten zu punk- ten: Zum Fuhrpark der Amano Group gehören Fahrräder, Tandem- und Kinderfahrräder mit Kindersitzen und Anhän- gern, E-Fahrräder, Scooter und E-Tretroller. Und Gästen des Berliner Boutique Hotel i31 stehen neben zwei BMW i3 auch drei Elektroroller kostenfrei für Ausflüge zur Verfügung. RADVERKEHR wird im Auto- land D eher klein geschrieben, wie ein Blick auf die Investitio- nen belegt: Sind in München laut Greenpeace 2,30 Euro pro Einwohner im Haushaltsplan eingestellt und in Stuttgart 5 Euro, sind es in Kopenhagen 35,60 Euro; in Utrecht sollen es sogar 130 Euro sein. Hier steht auch der Welt größtes Park- haus für 12.500 Fahrräder. FOTO: JOCHEN TACK / IMAGO IMAGES BUSINESS & MOBILITY 9
NUN KOMMT POWERED BY BEWEGUNG IN DIE FLOTTE WIE STELLEN SICH FLOTTENMANAGER UND MITARBEITER AUF DIE MOBILITÄTSWENDE EIN? DIESER FRAGE WIDMEN SICH ZWEI STUDIEN FÜR DAS MAGAZIN AUTOFLOTTE. WIR ZEIGEN ERSTE ERGEBNISSE EXKLUSIV VORAB Bereits zum dritten Mal hat Puls Marktforschung im VON JOCHEN ZIMMER August Fuhrparkmanager kleinerer und mittlerer Flotten in verschiedenen Branchen nach den Trends befragt. Als wichtigste Erkenntnis des AUTOFLOTTE FUHRPARK-MONITORS 2019 konstatiert Puls-Chef Kon- rad Weßner einen signifikanten Trend zu von Mit- arbeitern individuell zusammenstellbaren Mobilitäts- budgets. Mehr als ein Viertel der Fuhrparkmanager hat bereits ein solches Angebot, 43 Prozent schreiben Das Interesse an Firmenwagen bleibt bei Arbeitneh- diesen wachsende Bedeutung zu. In Metropolen sind mern hoch. So lautet ein zentrales Ergebnis der Studie es aber mit 63 Prozent gut doppelt so viele wie in JOB MOBILITY 19, die Roland Vogt vom Institut Zegemo ländlichen Gegenden. „Die Firmen stehen unter mit Studierenden der JOM München im Großraum Druck, bei der Suche nach Talenten deren Nachfrage München durchgeführt hat. Demnach nutzen 43 Pro- nach neuen Mobilitätsbedürfnissen zu befriedigen“, zent der Befragten zurzeit zum Pendeln den eigenen sagt Weßner. Dies weiche die traditionelle „Car Policy“ Pkw, 28 Prozent den ÖPNV. Letzteres würden nur auf in Richtung flexiblerer Pakete unter Einbezug von noch 18 Prozent tun, wenn sie einen Firmenwagen ÖPNV, Job-Bikes, Carsharing und anderen Angeboten. hätten. In der Großstadt lebende Arbeitnehmer nut- Das Auto als Teil dieser multimodalen Mobilität werde zen zu 45 Prozent den ÖPNV und zu 23 Prozent jedoch nicht infrage gestellt, sondern eher bestärkt. Privat-Pkw. Befragt nach wünschenswerten Mobili- tätsleistungen seitens der Arbeitgeber landen Firmen- 63% parkplätze mit rund 40 Prozent auf Rang 1, dicht gefolgt von Duschen für Radfahrer sowie Fahrtkosten- zuschüssen. Mobilitätsbudgets spielen keine Rolle, da offenbar noch kaum bekannt. Die nicht repräsentative Befragung überwiegend jüngerer Arbeitnehmer bis 35 Jahre ergab, dass diese Wert auf Statussymbole wie Firmenwagen und persönliche Parkplätze legen. Auch bei jüngeren Mitarbeitern der Fuhrparkmanager in bleiben Firmenwagen beliebt. Metropolen sehen Mobilitäts- Statt 28 % würden dann nur noch budgets als Trend, das sind mehr als doppelt so viele wie 18 in ländlichen Gebieten. KONRAD WESSNER, PULS MARKTFORSCHUNG % den ÖPNV im Raum München nutzen. ROLAND VOGT, ZEGEMO / FOM MÜNCHEN Das Magazin Autoflotte erscheint JOB MOBILITY 19: Gemeinsam mit AUTOFLOTTE FUHRPARK MONI- elfmal pro Jahr mit einer Auflage von Studenten der FOM München hat TOR 2019: Puls Marktforschung 25000 bei Springer Automotive Media Professor Roland Vogt, der auch führte im Juli/August 320 CATI- in München. Es richtet sich an Fuhr- Leiter des Instituts Zegemo ist, Interviews mit Fuhrparkentschei- parkentscheider in Unternehmen und mehr als 1000 Arbeitnehmer im dern in Unternehmen mit minde- Behörden mit über zehn Fahrzeugen. Großraum München zu ihrem stens drei bis über 99 Fahrzeugen. Chefredakteur ist Michael Blumen- Mobilitätsverhalten gefragt. Die Die Firmen repräsentieren ver- stein. Das E-Paper ist frei abrufbar auf nicht repräsentative Umfrage soll zu schiedene Größen, Branchen und AUTOFLOTTE.DE. einer bundesweit repräsentativen Firmenstandorte von ländlicher Studie zur Job-Mobilität werden. Gegend bis Metropolen über 500000 Einwohner. 10 BUSINESS & MOBILITY
DIE VIEL FINDEN NEUEN 12 BUSINESS & MOBILITY ILLUSTRATION: DEUTSCHE AKADEMIE DER TECHNIKWISSENSCHAFTEN ACATECH 2019
Zukunftsbild: Die Studie Neue Automobilität II von Acatech entwirft Szenarien eines nachhaltigen Mobili- tätssystems (siehe Interview Seite 22) LEN WEGE N DIE MOBILITÄTSANFORDERUNGEN UND -BEDÜRFNISSE VON UNTERNEHMEN UND MITARBEITERN WANDELN SICH. DOCH DER WEG IN DIE ZUKUNFT IST STEINIG VON JOCHEN ZIMMER · ILLUSTRATION: ACATECH
und batteriebetriebene Fahrzeuge ange- sichts eines überschaubaren Angebots, ho- her Preise und eingeschränkter Alltags- tauglichkeit bislang auf noch eher mäßige Nachfrage stoßen. Doch nun kommt die Elektrifizierungsoffensive der Hersteller in Schwung und 2020 wird das Angebot an rein batteriegetriebenen Modellen stark an- steigen (siehe Seite 42 ff.). Auch die derzeit teilweise langen Lieferfristen dürften nach Experteneinschätzungen sinken: Ausliefe- rungen, so die Vermutung, werden derzeit vielfach bis ins Jahr 2020 geschoben, um die Fahrzeuge in die ab dann fällige CO2-Rech- nung einbringen zu können. Was bedeuten diese Entwicklungen nun für die berufliche Nutzung von Fahrzeugen im engeren Sinne und die Organisation der Mobilität zur und während der Arbeit all- gemein? Längst stellen sich die Unterneh- ei ihrem jüngsten Autogipfel Anfang No- men auf die Neuerungen ein – wenn auch vember haben Regierung und Industrie mit unterschiedlicher Verve je nach Bran- noch einen draufgesetzt: Statt 4000 Euro che und Fuhrparkgröße. Schließlich sehen soll es beim Kauf eines Elektrofahrzeugs sich die Unternehmen – auch dies in unter- unter 40000 Euro künftig 6000 Euro geben, schiedlichem Maße – ebenfalls gefordert, bei Plug-in-Hybriden 4500 Euro – ebenfalls ihre CO2-Bilanz zu verbessern, sei es um die Hälfte mehr. Bei Autos bis 65000 Euro Auflagen zu erfüllen, sei es um den Image- steigt der Zuschuss um ein Viertel auf 5000 Anforderungen zu entsprechen, die in Zei- Euro. Auch die Ladeinfrastruktur soll bis ten von Fridays for Future immer offener 2030 massiv ausgebaut werden – auf eine gegenüber Unternehmen formuliert wer- Million Ladepunkte von derzeit 21000. den, von Verbraucherseite, aber auch sei- Dass die Regierung erneut so massiv ihr tens der eigenen Mitarbeiter. Die umwelt- E-Füllhorn öffnet, kann man getrost als gerechtere Organisation der beruflichen einen Akt der Verzweiflung sehen. Denn sie Mobilität im erweiterten Sinne dient dabei steht massiv unter Druck, die ambitionier- als ein Hebel, dem Ziel näher zu kommen. ten Klimaziele zu erreichen, die bislang ver- fehlt werden. Statt einer Million Elektro- MOBILITÄTSBEDÜRFNISSE autos, wie von Merkel vor etwa einer Deka- BEFINDEN SICH IM WANDEL de avisiert, fahren auf deutschen Straßen derzeit nur etwa 220000 – mit entspre- Dass die jüngere Bevölkerung dem Auto chend ungünstigen Auswirkungen auf die weniger huldigt als ältere Generationen, be- CO2-Bilanz. stätigen einschlägige Studien und sinkende Unter enormem Druck stehen aller- Absatzzahlen. Das Durchschnittsalter der dings auch die Autobauer. Denn sie müssen Autokäufer nimmt zu. Der Stellenwert ebenfalls mit ihren Flotten ab 2020 die von eines eigenen Automobils lässt nach – nicht der EU formulierten ambitionierten CO2- nur bei Jüngeren –, vor allem im urbanen Ziele erreichen, sonst drohen Strafzahlun- Raum, wo inzwischen mit Carsharing, gen in Milliardenhöhe. Diese strengen Vor- Leihbikes und gut ausgebautem ÖPNV Al- gaben sind zwar seit langem bekannt, doch ternativen zum Auto bestehen. Zumal des- die Industrie hat sich bis zum Dieselskandal sen Anschaffungs- und Unterhaltskosten vor vier Jahren eher auf den Ausbau ihrer deutlich gestiegen sind und der Nutzwert in margenträchtigen SUV-Flotte mit hohen der Stadt nicht zuletzt durch zunehmende Verbrauchswerten und meist Dieselmotor Staus und schwierige Parkplatzsuche be- fokussiert und die Entwicklung zukunfts- sonders abnimmt. In ländlichen Gebieten weisender alternativer Antriebe eher halb- sieht dies allerdings anders aus, hier bleibt herzig betrieben. das Auto ein wichtiges Fortbewegungsmit- Angesichts der nach wie vor langen In- tel – sowohl privat wie beruflich. novationszyklen in der Autoindustrie las- Doch auch in städtischen Gebieten ist es sen sich Kurskorrekturen jedoch nur keineswegs so, dass das Auto etwa bei den schrittweise realisieren. Zumal die Investi- Millennials keine Rolle mehr spielt. Laut tionen in die Entwicklung alternativer An- einer internationalen Studie von Duff & triebe ebenfalls Milliarden verschlingen Phelps besitzen drei Viertel der befragten 14 BUSINESS & MOBILITY
23- bis 38-Jährigen ein Auto, in Deutsch- ben“. Ein Porsche etwa sei nicht mehr so Laufe des Jahres weiter an, wobei die einge- land seien es vier von fünf. Die überwälti- wichtig. Stattdessen gewinne für immer schränkten Lieferfähigkeiten den Zuwachs gende Mehrheit plane in den kommenden mehr Bewerber ein nachhaltiger Mobili- sogar beschränkten. Autos mit Erd- oder fünf Jahren die Anschaffung. tätsmix an Bedeutung. Ein Befund, den Flüssiggas-Antrieb verlören dagegen mit Konrad Weßner, Chef der Puls Marktfor- aktuell 0,4 Prozent wieder an Relevanz (sie- FIRMENWAGEN BLEIBEN FÜR schung, bestätigt. Er sieht die Firmen unter he Seite 42). MEHRHEIT UNVERZICHTBAR Druck, beim Wettbewerb um Talente deren Auch wenn die Kurve bei den alternati- neue Mobilitätsbedürfnisse zu befriedigen ven Antrieben nach oben zeigt: Sie spielen Oliver Wyman kommt in der Studie Smart (siehe Seite 10). weiterhin in den Flotten nur eine absolute Mobility Services, für die im August dieses Benjamin Kibies, Analyst des auf den Nebenrolle. In 94 Prozent aller Fuhrpark- Jahres1000 Verbraucher befragt wurden, zu Flottenmarkt spezialisierten Instituts Data- fahrzeuge brummt auch heute ein Diesel- dem Ergebnis, dass 63 Prozent nicht bereit force, konstatiert bei den Fuhrparkmana- oder Benzinmotor. 2015 waren dies jedoch sind, das eigene Auto durch neue Mobili- gern eine abnehmende Skepsis gegenüber noch 98,3 Prozent. Dieselantriebe haben tätsdienste zu ersetzen. 78 Prozent nutzen neuen Mobilitätsangeboten. Dabei seien es seitdem fast 20 Prozentpunkte eingebüßt, gar keine Mobilitätsdienste wie etwa E-Rol- vielfach die Nachfragen jüngerer Mitarbei- sichern sich mit 55,7 Prozent indes wei- ler, Carsharing, Ride-Hailing oder Taxi- ter, die einen Sinneswandel bewirkten. terhin den Löwenanteil. Benziner legten Apps. Diese Durchschnittswerte weichen Auch die Integration von Fahrzeugen mit um 15 Punkte auf 38,3 Prozent zu (jeweils zwar bei der Detailbetrachtung nach Alters- alternativen Antrieben in die Flotten befin- inklusive Mild-Hybrid-Versionen). gruppen und Wohnort voneinander ab, sie det sich im Aufwind, insbesondere seitdem belegen dennoch, dass Mobilitätsdienste 2019 der geldwerte Vorteil von Firmenwa- FUHRPARKMANAGER GEHEN noch eine Nischenfunktion einnehmen gen mit Elektro- und Plug-in-Hybrid-An- AUF MODERNISIERUNGSKURS und das Auto weiterhin eine unangefochten trieb von den Arbeitnehmern nur noch mit wichtige Rolle innehat. 0,5 Prozent statt 1,0 Prozent versteuert wer- Doch wie sieht es mit der Integration von Auch der Wunsch nach Firmenwagen den muss (siehe Seite 19). alternativen Mobilitätsangeboten in den scheint selbst bei den jüngeren Arbeitneh- So kletterte der Anteil von E-Autos in Unternehmen aus? Auch hier liefert Data- mern noch stark ausgeprägt, wie die Studie den Fuhrparks von Januar bis September force mit der Studie Leasing 2019 Antwor- Job Mobility 19 im Großraum München 2019 auf 2,5 Prozent, gegenüber 1,3 Prozent ten. Generell zeigt sich: Je größer der Fuhr- herausfand (siehe Seite 10). Die Nutzung im Jahr 2018. Bei den (eher in den oberen park, desto größer scheint die Aufgeschlos- des ÖPNV würde dann stark sinken. Segmenten zu findenden) Plug-in-Hybri- senheit gegenüber Neuem: Nur in jedem Dennoch betont Immo Futterlieb, Part- den stieg er lediglich von 1,3 Prozent 2018 zehnten Fuhrpark mit 5 bis 9 Fahrzeugen ner der Personalberatung Heidrick & auf nun 1,5 Prozent. Nicht dienstwagen- werden bereits alternative Mobilitätslösun- Struggles, gegenüber dem Handelsblatt, steuerprivilegierte Hybridfahrzeuge legten gen genutzt, bis 49 Fahrzeuge sind es 20 dass die „Führungskräfte von heute ein an- um 0,3 Punkte auf 1,7 Prozent zu. Laut Prozent, bei mehr als 50 Autos 38 Prozent deres Statusverhältnis von Dienstwagen ha- Kibies zieht die Nachfrage nach E-Autos im (siehe Chart unten). Große Flotten sind innovativer Nutzung alternativer Mobilität nach Flottengröße in Prozent 57,1 42,4 5–9 Fahrzeuge 30,8 71,8 10–49 Fahrzeuge 59,8 50+ Fahrzeuge 32,1 Bikesharing/Dienstrad Poolfahrzeuge Verbreitung in Prozent 53,8 71,8 43,5 52,2 46,4 17,9 Mietwagen Bahn 41,0 29,3 17,9 13,0 12,8 3,6 Taxi/Uber (Corporate) Carsharing Quelle: Dataforce 2019, Leasing 2019 Nur befragte Fuhrparkmanager, die bereits alternative Mobilitätslösungen nutzen, n = 159, Mehrfachnennung BUSINESS & MOBILITY 15
GANZ BEWUSST MOBIL DAS JOBTICKET IST MOBILITÄTS-INCENTIVE #1, GIBT ES EINEN DIENSTWAGEN, SOLLTE DER ATTRAKTIVE CO2-WERTE HABEN – VIER BEISPIELE, WIE UNTERNEHMEN MITARBEITERMOBILITÄT BEGLEITEN REDAKTION: WOLFGANG BORGFELD Damit sie auf ÖPNV UND FAHRRÄDER umsteigen, bietet Werner & Mertz Mitarbeiter/-innen Jobtickets an; die Mutter von Frosch und Erdal bezuschusst auch das Leasing von Diensträdern, die frei gewählt und privat genutzt werden können. Wenn möglich, sollen Außentermine durch Telefon- oder Videokonferenzen ersetzt werden. Der Fuhrpark in Deutschland umfasst 120 Fahrzeuge, die überwiegend Außendienstler fahren. Geachtet wird insbesondere auf geringeren CO2-Ausstoß, erste Hybrid-Fahrzeuge sind bestellt. Eine softwaregestützte Tourenplanung soll helfen, die Durchschnittskilometer pro Besuch zu reduzieren. Darüber hinaus wird mit einem „Eco-Driver Wett- bewerb“ eine wirtschaftliche, vorausschauende Fahr- weise gefördert. Zum Mobilitätskonzept gehören weiterhin kosten- freie Parkplätze für E-Autos mit Stromladestationen. Fahrräder mit Elektromotor können auf dem Werks- gelände kostenfrei aufgeladen werden. Ein „FUTURE MOBILITY“-Team ent- wickelt bereichsübergreifend für die Hen- kel-Mitarbeiter entsprechende Angebote. Neben Job-Ticket für Bus und Bahn zu besonderen Konditionen fördert Henkel auch Carsharing in Zusammenarbeit mit Car2Go/Drive Now. Eine interne Mitfahrbörse für Mitarbeiter soll diese dabei unterstützen, mehr Nutzen je Pkw zu generieren. Henkel in Deutschland verfügt über circa 300 Pool-/Nutzfahr- zeuge (davon 28 Autos mit Elektro-Antrieb), die innerhalb des Werksgeländes oder für kurze Fahrten außerhalb genutzt werden – der Anteil an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben soll kon- tinuierlich weiter ausgebaut werden. In und am Werksgelände Düsseldorf stehen 30 Elektro-Tankstellen. Mit mein-dienstrad.de arbeitet Henkel beim Leasing von Dienstfahrrädern zusammen, Mitarbeiter können bis zu zwei Räder auswählen und zu günstigeren Konditionen leasen. 16 BUSINESS & MOBILITY
Am weitesten verbreitet sind Poolfahr- zeuge und Bahn mit 58 beziehungsweise 54 Prozent im Durchschnitt. Bikesharing/ Diensträder liegen mit durchschnittlich rund 42 Prozent bereits gleichauf mit Miet- wagen, wobei sich deutliche Unterschiede zwischen kleinen und größeren Flotten auf- tun. Auch bei der Taxi-/Uber-Nutzung (Durchschnitt: 30 Prozent) und Carsharing (11 Prozent) ist dies der Fall. Auf sehr wenig Gegenliebe bei den 881 befragten Fuhr- parkmanagern trafen laut Dataforce-Ana- lyst Nils Wehner E-Scooter als neues An- gebot für die letzte Meile. Dafür gibt jeder Dritte mit Erfahrungen bei alternativen Mobilitätskonzepten an, Eine INTERNETBASIERTE MITFAHRBÖRSe für diese künftig häufiger für die Mitarbeiter Beschäftigte der Fraport AG und anderer Unterneh- einzusetzen. Als Hauptgründe werden men am Flughafenstandort Frankfurt könnte den mehr Flexibilität (76 Prozent), Umwelt- Pendlerverkehr der insgesamt 81000 Beschäftigten in aspekte (65), Kostenersparnis für das Un- Zukunft effizienter gestalten. In der Gegenwart neh- ternehmen (48) respektive die Mitarbeiter men 30 Prozent der Fraport-Mitarbeiter/-innen das (43 Prozent) genannt. Andererseits: Vier kostenfreie Jobticket innerhalb des Rhein-Main Ver- von fünf Fuhrparkmanagern haben noch kehrsverbunds an. Für den dienstlich operativen An- gar keine Erfahrungen mit den neuen Mög- lass steht ihnen neben der internen Buslinie der Car- lichkeiten, hauptsächlich, weil sie keinen pool zur Verfügung, ein stationsgebundenes Car- Bedarf sehen (43 Prozent) oder sich noch sharing-Modell mit neun Stationen am Frankfurter nicht damit befasst haben (20 Prozent). Flughafen. Aktuell sind etwa 15 Prozent dieser Car- Als einen der wesentlichen Gründe der pool-Flotte Hybride oder rein elektrisch betrieben. Zurückhaltung identifiziert Wehner neben Mitarbeiter/-innen bestimmter Job-Kategorien der Unternehmensgröße (und den damit wird parallel ein personenbezogenes Dienstfahrzeug korrespondierenden Möglichkeiten eines (User-Chooser-Modell) angeboten. Ab 2020 stehen professionellen Fuhrparkmanagements) hier nur noch Fahrzeuge der Energieklassifizierung die Standortfrage: Liegt der Firmensitz im A** bis C, Elektro- und Hybridfahrzeuge zur Wahl. ländlichen Raum fernab von Bahnhöfen und Carsharing-Pools, bleibt der klassische Firmenwagen das Fortbewegungsmittel der Wahl. Wie unterschiedlich Unterneh- men das Thema Mobilität handhaben, zei- gen die Beispiele auf dieser Seite. MITARBEITER WÜNSCHEN SICH FLEXIBLE MOBILITÄT IM JOB Dass jedoch Unternehmen an eher abge- legenen Standorten durchaus bei neuen Mobilitätsangeboten vorangehen, zeigt et- wa Tobit in Ahaus an der holländischen Grenze. Das Software-Unternehmen mit FUSSLÄUFIG lautet die Entfernungsangabe für die rund 250 Mitarbeitern hat ein Poolsystem meisten Büros auf dem Campus rund um das Zalando- entwickelt, dessen Fahrzeuge sich per Headquarter. Größere Strecken können mit Car- Smartphone reservieren, öffnen und star- sharing-Fahrzeugen von Flinkster sowie unterneh- ten lassen. Die Flotte umfasst Autos und menseigenen E- und Hybrid-Autos bewältigt werden. E-Bikes, die zu gestaffelten Preisen je nach Das Carsharing wird über eine App gesteuert, die Modell auch privat genutzt werden dürfen. Nutzung für private Zwecke ist bundesweit im Flink- Via App verfügen die Mitarbeiter über ein ster-Carsharing-Netz möglich. Ferner stehen Mit- monatliches Mobilitätsbudget von 90 Euro, arbeiter/-innen Leihfahrräder zur Verfügung. Dieses das auch für weitere Unternehmensdienst- Angebot wird künftig weiter ausgebaut. Auch Zalando leistungen eingesetzt werden kann. Private bezuschusst Tickets für den öffentlichen Nahverkehr. E-Fahrzeuge können auf dem Betriebsge- lände kostenlos geladen werden. Laut Dataforce-Analyst Wehner zählen technikaffine Unternehmen aus der IT-und BUSINESS & MOBILITY 17
FOTO: UWE UMSTÄTTER / IMAGO IMAGES FOTO: ALEXANDER SHCHERBAK / ITAR-TASS / IMAGO IMAGES Mit dem Rad zur Arbeit: Dies hält nicht nur fit, sondern wird immer Auto fahren, wenn gebraucht: Carsharing-Pools von meist größeren häufiger vom Arbeitgeber (sowie vom Staat) finanziell incentiviert Firmen können von Mitarbeitern zunehmend privat genutzt werden Consulting-Branche zu den Vorreitern bei tos und Plug-ins um die Hälfte besser ab. VARIANTEN GEWERBLICHER innovativen Mobilitätslösungen, da die Wie sich das auf den Nettolohn auswirkt, MOBILITÄT WERDEN ZUNEHMEN Mitarbeiter die digitalen Features zu schät- illustriert eine Beispielrechnung mit einem zen wissen – und anwenden. Zudem sind BMW 118d im Vergleich zum BMW i3 auf Wie geht es in den nächsten Jahren weiter diese Branchen besonders dem „War for Seite 19. Für reine E-Fahrzeuge gilt zudem, mit dem Wandel in der „Car Policy“ von Talents“ ausgesetzt. Da können solche Soft dass weniger Wartungskosten und – je nach Unternehmen? Puls-Marktforscher Weß- Skills nicht schaden. Stromanbieter – weniger Verbrauchskosten ner sieht eine schrittweise Entwicklung hin anfallen, was die Nutzungskosten weiter zur „Mobility Policy“. Dabei werden Autos INCENTIVES MACHEN E-AUTOS senkt, wie eine Musterrechnung anhand weiterhin eine tragende und unverzicht- UND JOB-BIKES INTERESSANT des neuen Corsa zeigt (ebenfalls Seite 19). bare Rolle spielen, mit starken Abstufungen Auf diese Regelung führt Christian je nach Standort, Branche und Unterneh- Dass bei allen Wünschen nach alternativen Schüssler, Commercial Director bei Arval, mensgröße. Auch der Anteil an Fahrzeugen Mobilitätsangeboten der klassische Dienst- einem der größten Autoleasing-Anbieter mit alternativen Antrieben wird vom der- wagen nach wie vor die Wunschliste mit Deutschlands, im Handelsblatt die ver- zeit noch niedrigen Niveau sicherlich stei- Abstand anführt, wurde bereits skizziert. stärkte Nachfrage nach Plug-in-Hybriden gen. Schließlich lassen sich auf dem Fir- Laut Dataforce-Studie Fuhrparkmanage- zurück. Wegen der hohen Anschaffungs- mengelände die Ladeinfrastrukturproble- ment 2019 machen diese an den von Mit- preise von Plug-ins sei dies zwar „aus Kos- me vielfach einfacher lösen als bei den Mit- arbeitern genutzten Möglichkeiten zur Ge- tenaspekten ein Wahnsinn“. Treiber seien arbeitern zu Hause. haltsumwandlung zwei Drittel aus. 9 Pro- hier die Wünsche der Mitarbeiter, die ihre Fuhrparkmanager, die Erfahrungen mit zent nehmen allerdings bereits die Mög- steuerlichen Vorteile erkennen. Bei reinen E-Mobilität gemacht haben, so Dataforce- lichkeit eines Dienstrads in Anspruch, bei E-Fahrzeugen sei derzeit die Nachfrage aus Analyst Kibies, stehen den neuen Entwick- Fuhrparks ab 50 Pkw sind es 15 Prozent. Mangel an fuhrparkgeeigneten Fahrzeugen lungen aufgeschlossener gegenüber. Auch Damit hat das Jobrad die Bahncard mit im noch verhalten. Doch dies ist im Begriff, in Bezug auf die Mobilitätsalternativen Durchschnitt 8 Prozent bereits überrundet. sich zu ändern (siehe Seite 42 ff.). scheint die Offenheit zuzunehmen. Laut Zu dieser Entwicklung haben steuerliche Für Jobräder gelten die vorteilhaften Fuhrpark Barometer 2019 bekunden in Un- Anreize wesentlich beigetragen. Steuervergünstigungen ebenfalls. So müs- ternehmen mit bis zu 99 Mitarbeitern je- In Bezug auf Dienstwagen gelten seit sen bei der überwiegend genutzten pau- weils 13 Prozent der Entscheider, in den 2019 verbesserte Regelungen zur Versteue- schalen Versteuerung für ein 4000 Euro teu- nächsten drei Jahren Carsharing respektive rung des geldwerten Vorteils. Statt bislang res Rad nur 20 Euro pro Monat angesetzt Mobilitätsbudgets anzubieten. In Unter- 1 Prozent des Fahrzeugneupreises müssen werden. Die Kilometerversteuerung ent- nehmen ab 100 Mitarbeitern sind dies 36 seitdem monatlich nur noch 0,5 Prozent fällt. Vor diesem Hintergrund wundert es Prozent (Sharing) beziehungsweise 24 Pro- angesetzt werden – sofern es sich um ein nicht, dass immer mehr Arbeitgeber ihren zent (Budgets). Ein vollständiger Verzicht rein batteriebetriebenes Fahrzeug oder Mitarbeitern diese Möglichkeit anbieten, auf Firmenwagen zugunsten der genannten einen Plug-in-Hybriden mit mindestens 40 wobei wiederum größere Unternehmen Optionen bleibt jedoch tabu. Nur 2 Prozent Kilometer elektrischer Reichweite handelt. vorangehen. Inzwischen haben sich eine der kleineren und 6 Prozent der größeren Auch bei der Versteuerung der Kilometer Reihe von Dienstleistern auf das Handling Firmen würden darauf zugunsten von Mo- vom Wohnort zur Arbeitsstätte mit 0,03 spezialisiert, zum Beispiel Jobrad, Lease-a- bilitätsbudgets verzichten, zugunsten Car- Prozent des Listenpreises schneiden E-Au- bike oder Mein-dienstrad.de. sharing sind es noch weniger. 18 BUSINESS & MOBILITY
BEIM FAHREN SPAREN – ABER WIE VIEL? SCHWARZ AUF WEISS ZU SEHEN, WELCHE FINANZIELLEN VORTEILE DER UMSTIEG AUF ELEKTRIK BIETET, BRINGT DIE LETZTE SICHERHEIT. ZWEI RECHENBEISPIELE REDAKTION: ANDRÉ GÄRISCH Die überwiegende Mehrzahl der Konsumenten zeigt sich aufgeschlossen gegenüber alter- nativen Antriebsstoffen. Doch die wenigsten wissen, wie viel Geld sie konkret sparen, wenn sie auf „umweltfreundlich“ umsteigen. Kein Wunder: Bei der Vielzahl an Förderungen, Abzügen und Rabatten fällt es gar nicht so leicht, den Durchblick zu bewahren. Nackte Zahlen – anschaulich erläutert – sorgen für Klarheit: In Beispiel 1 werden die Gesamtkosten verglichen, Beispiel 2 fokussiert den geldwerten Vorteil bei der Dienstwagennutzung. Jeweils tritt ein Benziner gegen ein E-Modell an. Beispiel 1: „Gesamtkosten“ Anhand der Gegenüberstellung des Corsa doppelt so teuer zu Buche wie der Strom GS Line 1.2 Direct Injection Turbo mit dem (770 Euro). Während sich die Ausgaben Corsa-e First Edition lässt sich verdeutli- für die Versicherung kaum unterschieden, chen, an welchen Stellen die E-Version ge- zeigt sich bei der Kfz-Steuer eine Differenz genüber der Verbrenner-Variante günstiger von 106 Euro – die E-Version fährt hier mit ist. Vergleicht man die Brutto-Listenpreise, dem Nulltarif, denn BEV-Modelle bleiben fällt die E-Version mit 32900 Euro zunächst beträgt insgesamt 4 380 Euro. Im kom- bis zum Ende 2020 für 10 Jahre steuerfrei deutlich teurer aus (GS Line: 23340 Euro). menden Jahr würde der Käufer noch – geplant ist eine Verlängerung bis 2025. Doch nun darf subtrahiert werden. Der mehr sparen, denn die Gesamtprämie für Auch in den Bereichen Wartung und Ser- Hersteller gewährt dank Förderung einen rein elektrische Autos unterhalb eines vice punktet das Öko-Vehikel, mit dem man Umweltbonus von 2000 Euro auf den Net- Listenpreises von 40 000 Euro soll von 4000 im Vergleich über 300 Euro spart. Dem hö- tobetrag von 27647 Euro. In den neuen auf 6 000 Euro steigen. Je 3 000 von Her- heren Grundpreis geschuldet, verliert der Bruttobetrag (25647 Euro + Mehrwertsteu- steller- und staatlicher Seite. Blickt man Corsa-e deutlicher an Wert (GS Line: 3 299 er = 30520 Euro) wird eine staatliche Prä- auf die jährlichen Kosten, so schlägt im Euro; Corsa-e: 3 833 Euro). Summa sum- mie verrechnet; sie beträgt 2000 Euro. Beispiel das Benzin bei einer Laufleistung marum ergibt sich eine jährliche Ersparnis Die Entlastung des Käufers im Beispiel von 15 000 Kilometern (1 440 Euro) etwa von 503 Euro für den Corsa-e. Beispiel 2: „Dienstwagen“ Wer einen Dienstwagen privat fährt, muss Mehr Netto vom Brutto mit einem E-Auto als Dienstwagen jeden Monat eine Pauschale auf das zu ver- Gehalt mit Firmenwagen Gehalt mit BMW i3 steuernde monatliche Gehalt hinzuaddieren BMW 118d 5-Türer (42 kWh) – das ist steuerrechtlich vorgeschrieben. Die geläufigste Methode ist die Pauschal- Neuwagen-Listenpreis 31.250 Euro 38.000 Euro regelung, bei der ein Prozent des Brutto- Brutto-Arbeitslohn 3860,00 Euro 3860,00 Euro listenpreises des Fahrzeugs dazugerechnet wird. Seit Januar genießen Käufer von geldwerter Vorteil Firmenwagen* 312,50 Euro 190,00 Euro E-Autos und Plug-in-Hybriden allerdings geldwerter Vorteil Arbeitsweg** 140,63 Euro 85,50 Euro einen Vorteil: Sie müssen nur noch 0,5 Pro- zent ansetzen. zu versteuerndes Brutto 4313,12 Euro 4135,50 Euro Im Beispiel (siehe Chart) zeigt sich, dass Summe Sozialabgaben*** 865,86 Euro 830,20 Euro deutlich mehr Netto im Geldbeutel verbleibt. So entsteht bei einem Mitarbeiter mit einem Summe Steuern**** 887,57 Euro 827,31 Euro monatlichen Bruttogehalt von 3.860 Euro, der sich für einen fünftürigen BMW 118d Netto-Arbeitslohn 2106,58 Euro 2202,49 Euro entscheidet, ein geldwerter Vorteil von 312,50 *1 % vom Kaufpreis bei BMW 118d; 0,5 % vom Kaufpreis bei BMW i3 Euro – greift er zu einem BMW i3, sind es le- **0,03 % des Kaufpreises mal die einfachen Entfernungskilometer bei BMW 118d; 0,015 % des Kaufpreises mal die einfa- diglich 190 Euro. Kalkuliert man den Arbeits- chen Entfernungskilometer bei BMW i3 weg, hier 15 Kilometer, vergrößert sich die ***Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung, Krankenversicherung Differenz. Durch den deutlichen Unterschied ****Lohnsteuer, Soli-Zuschlag, Kirchensteuer Ausgangslage: Arbeitnehmer, 35 Jahre, unverheiratet mit Lohnsteuerklasse I, Wohnsitz in Bayern, gesetzliche Krankenver- beim geldwerten Vorteil (ca. 178 Euro) sicherung (15,5 %), Entfernung zur Arbeitsstätte (einfacher Weg): 15 km bleiben dem umweltbewussten Fahrer fast Quelle: www.nettolohn.de, Auto Bild 100 Euro mehr Nettogehalt pro Monat. BUSINESS & MOBILITY 19
HYBRID KOMBINIERT zwei Antriebssysteme: eine Ver- brennungsmaschine, meist ein Benziner, mit einem Elek- tromotor – und folglich höhe- rem Gewicht. Die Akkus wer- den über Rekuperation gela- DER E-ANTRIEB zieht seine den – etwa zurückfließende DER PLUG-IN-HYBRID (PHEV) Energie aus einer Lithium- Bremsenergie, nicht extern verfügt über eine etwas grö- Ionen-Batterie, die meist im per Stecker. Deshalb kommt ßereHochvoltbatterieundge- Fahrzeugboden verbaut ist der Batterie eher unterstüt- winnt sowohl per Rekuperati- und an einer Steckdose oder zende und verbrauchsmin- on als auch an der Steckdose Ladesäule aufgeladen wird. dernde Funktion zu. Wird es Energie. Im rein elektrischen Mit der Technologie, der die schneller, schaltet sich der Betrieb beträgt die Reichwei- US-Marke Tesla seit 2008 Verbrenner zu. Insbesondere tezwischen25und50Kilome- einen Schub brachte, lassen Toyota hat die Technik seit ter. Insbesondere bei Mittel- sich Reichweiten über 500 Ki- Mitte der 90er Jahre perfek- und Oberklasse-Limousinen lometer erzielen, meist be- tioniert, stellt das größte An- sowie bei SUVs und Transpor- gnügen sich E-Autos derzeit gebot und die Bestseller. Hy- tern macht sich die Stecker- aus Kosten- und Gewichts- bride gelten als ausgereift, Variante in den Flotten breit, gründenmitetwa200Kilome- profitieren aber nicht von der Langstreckentauglichkeit ist ter Radius. Lange Ladezeiten aktuellen E-Förderung. Den- dank starkem Benzin- oder und eine lückenhafte Ladein- noch macht die hohe Alltags- Dieselmotor ihr großes Plus. frastruktur gelten als weite- tauglichkeit Hybridfahrzeuge Der rein elektrische Betrieb rer Hemmschuh der Battery in den Flotten längst nicht zu hat seine Domäne eher in der ElectricVehicles(BEV)–privat einemAuslaufmodell. Stadt. Premiumhersteller wie und geschäftlich. Auf der Ha- BMW, Mercedes und Volvo benseitestehenniedrigeWar- bauen ihr Angebot aus. Ab tungs-undUnterhaltskosten. einer Batteriereichweite über Da die Hersteller, allen voran 40 Kilometer profitieren Volkswagen, die Technik for- PHEVs von der staatlichen cieren, sind Innovationen und Förderung. Wegen hoher Kostensenkungen zu erwar- Preise und Gewicht sowie der ten. Auch staatliche Förde- komplizierten Technik gelten rungenpushendieTechnik. Plug-ins dennoch langfristig alsAuslaufmodell. REDAKTION: ANDRÉ GÄRISCH UND JOCHEN ZIMMER · ILLUSTRATION: DOMINIQUE ROSSI 20 BUSINESS & MOBILITY
FOTO: PESHKOVA / FOTOLIA ERD- (CNG) UND FLÜSSIGGAS (LPG) fristen ein Nischenda- seinunterdenAntriebsarten– nur wenige Autobauer setzen auf sie. Der VW-Konzern (ins- besondereSeat)pushen CNG, während Dacia mit LPG-Mo- DER MILD-HYBRID ist eine dellen punkten will. Vorteil weitere Übergangslösung hin beider Varianten: Der Brenn- zur Nullemission. Der Haupt- wert liegt über dem von Ben- unterschied zum konventio- zin – die Emissionen sind um nellen Hybrid: Statt eines voll- bis zu 20 Prozent geringer als wertigen E-Motors unter- bei Otto-Motoren, das hilft der E-FUELS IST EIN Sammelbe- stützt eine 48-Volt-Batterie CO2-Bilanz. Das Tankstellen- griff für synthetische Kraft- den Diesel- oder Benzin-Ver- netz umfasst rund 900 CNG- stoffe, die nicht fossilen Ur- brenner beim Starten und im DIE BRENNSTOFFZELLE dient und 7100 LPG-Stationen, Ten- sprungs sind und nachhaltig Betrieb und trägt etwa durch als Herzstück des Wasser- denz eher sinkend. Ein we- mit regenerativer Energie Rekuperation in überschau- stoff-Antriebs. Darin wird sentlicher Unterschied bei produziert werden. Dies un- barem Maße zur Verbrauchs- durch die katalytische Reakti- Autogas- und Erdgas-Fahr- terscheidet sie auch von Bio- reduzierungbei.Damitleisten on von Luft und gasförmigem zeugen: der Tank – bei Erd- kraftstoffen, die aus pflanzli- Mild-Hybride einen Beitrag Wasserstoff Energie gewon- gas-Autos größer und schwe- chen oder tierischen Rohstof- zum Erreichen der CO2-Flot- nen, die in einer Batterie ge- rer. Die Umrüstung für den fen erzeugt werden. E-Fuels tenziele. In der Mittel- und speichert wird und einen Erdgas-Betrieb ist in der Re- können Diesel, Benzin und Oberklasse ist die Kombinati- Elektromotor antreibt. Aus gel teurer als die Nachrüs- Gas ersetzen, denn sie haben on mit dem 48-Volt-Akku bei dem Auspuff entweicht nur tungvonFahrzeugenfürFlüs- den großen Vorteil, dass sie in Verbrennern schon weit ver- Wasserdampf. Der Markt be- siggas.DiesteuerlicheFörde- herkömmlichen Verbrenner- breitet,MarkenwieetwaAudi, findet sich in einer Frühphase rung von LPG wird bereits motorengetanktwerdenkön- BMW, Mercedes und Ford – vor allem Hyundai und Toyo- zurückgefahren, für CNG gilt nen und damit zur Verbesse- bauen ihr Angebot aus. Die ta forcieren Fuel Cells und diesab2024. rung der CO2-Bilanz beitra- Technik bringt kaum Mehrge- bieten (teure) Serienmodelle. gen. Das Problem: Die Tech- wicht und ist vergleichsweise Da die Autos emissionsfrei nik befindet sich noch im günstig, profitiert aber nicht fahren, über 500 Kilometer Anfangsstadium – es wird ge- vonderE-Förderung. weitkommenundsichschnell forscht. Entsprechend teuer betanken lassen, sind sie all- und nicht marktfähig ist des- tagstauglich. Noch ist die Zahl halb die Produktion, die zu- der H2-Tankstellen mit unter dem hohe Wirkungsverluste 100 bundesweit lückenhaft, mit sich bringt. Experten se- ihr Ausbau wird jedoch for- hen E-Fuels eher als langfris- ciert. Vor allem im Langstre- tige Alternative mit zunächst ckeneinsatz gilt Wasserstoff speziellenEinsatzzwecken. alsAlternativemitZukunft. BUSINESS & MOBILITY 21
Martina Kohlhuber, Leiterin FOTO: DAVID AUSSERHOFER Themenschwerpunkt Mobilität bei der Deutschen Akademie der Technik- wissenschaften (acatech) Sie haben im September 2019 die Stu- bilder genannt, wie ein funktionierendes die „Neue autoMobilität II“ vorgestellt. und nachhaltiges Mobilitätssystem in Zu- Wie werden wir alle demnach künftig kunft aussehen könnte. Es geht dabei in mobil sein? Wir werden vernetzt, auto- erster Linie darum, alle relevanten und nom, klimafreundlich, nutzerfreundlich künftig verfügbaren Verkehrsträger, Ver- und bedarfsgerecht unterwegs sein. Klar ist kehrsteilnehmer und Infrastrukturen klug aber auch, das wird nicht alles schon in den miteinander zu vernetzen. Auf diese Weise nächsten zehn Jahren so sein. Als Zeithori- lässt sich nicht nur das Verkehrsaufkom- zont nennen wir explizit 2030+, wobei das men verringern, sondern auch viel Raum Plus an dieser Stelle ganz entscheidend ist. anders nutzen, der heute etwa für Park- Viele der von uns vorgestellten Szenarien plätze vorgehalten werden muss. Wir be- werden sicher erst deutlich später Realität. schäftigen uns auch damit, wie eine in- Die Studie Neue autoMobilität II telligente Steuerung den Verkehr in unse- wurde von der Deutschen Aka- Laut BMVI ist die Verkehrsleistung in ren Städten verflüssigen kann. Es geht aber demie der Technikwissenschaf- Deutschland seit 2002 gestiegen – von niemals darum, die individuelle Mobilität ten (acatech) auf der IAA 2019 erstmals vorgestellt. Die Pro- 2,7 Milliarden Personenkilometern der Menschen einzuschränken. jektgruppe der Studie setzt sich pro Tag auf 3,2 Milliarden. Sind das aus mehr als 40 Experten aus gute oder schlechte Nachrichten? Bei- Im urbanen Raum halten Sie künftig Wirtschaft und Wissenschaft des. Es sind gute Nachrichten, weil es zeigt, „kooperativen Mischverkehr autono- zusammen, darunter neben dass Bevölkerung, Wirtschaft und Mobili- mer und nicht-autonomer Fahrzeuge“ Vertretern zahlreicher Univer- tät in Deutschland wachsen. Es sind nicht für möglich, der den Verkehrsfluss sitäten auch Manager von BMW, so gute Nachrichten, weil das damit ver- verbessert. Wären autofreie Innen- VW, Here, Deutsche Bahn, Siemens, Bosch, Nokia, VDA, bundene Verkehrswachstum vor allem in städte nicht die einfachere Lösung? ZVEI und Verband deutscher Städten zu immer größeren Problemen Einzelne Straßen autofrei zu machen, ist Verkehrsunternehmen. Alle führt. Das hat auch eine in unserem Auf- sicher möglich und wird in vielen Städten Ergebnisse der Studie unter trag durchgeführte Allensbach-Studie be- ja auch bereits umgesetzt. Aber für kom- www.acatech.de/verkehr2030 stätigt. Danach sehen die Menschen in plett autofreie Städte fehlen derzeit schlicht puncto Mobilität die größten Probleme die Alternativen. Der ÖPNV ist schon heu- tatsächlich in der Zunahme von Staus, te extrem überlastet. Der Bau neuer U- überlasteten Innenstädten, Luftverschmut- Bahn- und S-Bahn-Trassen wird noch lan- zung und Lärmemissionen. ge dauern. Und nur mit neuen Bussen, au- tonom oder nicht autonom, werden die Der Bericht des BMVI zeigt aber auch: Städte das Problem kurz- bis mittelfristig Für 47 Prozent der Befragten ist es für auch nicht lösen können. den Klimaschutz am wichtigsten, dass Menschen weniger Auto fahren. Geht Was bringt autonomes Fahren? Laut es also primär um Verkehrsreduzie- Allensbach gehen die Menschen zwar da- rung oder -optimierung? Wir zeigen in von aus, dass sich autonomes Fahren im- unserer Studie zwölf Szenarien, Zukunfts- mer weiter verbreitet. Gegenüber einer per- 22 BUSINESS & MOBILITY
„ MOBILITÄTSEXPERTIN MARTINA KOHLHUBER ÜBER ZUKUNFTSSZENARIEN FÜR STADT UND LAND, KOOPERATIVEN MISCHVERKEHR UND INVESTITIONSBEDARF VON ANJA STURM sönlichen Nutzung sind viele jedoch skep- deutlich wachsen. Auch digitale Lösungen gruppe spricht sich klar dafür aus, Kom- tisch. Andere Studien rechnen damit, dass wie verkehrsträgerübergreifende Apps sind munen ins Zentrum der vernetzten Mobi- durch autonome Fahrzeuge der Verkehr für neue Mobilitätskonzepte essenziell, lität von morgen zu stellen und sie auch künftig sogar zunehmen wird. Wichtig und auch automatisierte Parkhäuser, wie es entsprechend auszustatten. wird daher sein, automatisiertes und ver- sie teils beispielsweise schon in München netztes Fahren sinnvoll in das Verkehrs- gibt, können zur Problemlösung beitragen. Laut BMVI-Bericht haben seit 2002 vor und Mobilitätssystem zu integrieren. Ko- Das Wichtigste aber ist: Wir müssen vieles allem Pendler- und dienstliche Fahr- operativer Mischverkehr bezieht alle Fahr- erst mal ausprobieren und schauen, ob und ten deutlich zugenommen. Allein die zeuge, aber auch Infrastruktur und nicht wie es angenommen wird. Verkehrsleitung von Lieferdiensten vernetzte Verkehrsteilnehmer wie Fußgän- hat sich seither verdoppelt. Interessant ger und Radfahrer mit ein. Aber wir müs- Wie relevant werden künftig Fahrrad, ist dabei aber auch, dass die individuellen sen die Themen jetzt angehen, um die neue E-Bike oder E-Scooter als Fortbewe- Autofahrten für private Einkäufe in dersel- Mobilität richtig zu planen. gungsmittel sein? Sehr relevant. Die ge- ben Zeit zurückgegangen sind – wenn auch samte Mikromobilität ist gerade für die be- nicht in gleichem Maße. Wann wird es Realität sein, dass auto- rühmte letzte Meile, ob in Städten oder auf nome und nichtautonome Fahrzeuge dem Land, ein sehr wichtiger Faktor. Wie lässt sich der zunehmende Pend- und alternative Verkehrsträger wie ler- und Dienstverkehr in den Griff be- Fahrrad oder E-Scooter eine völlig Apropos Land: Hier sprechen Sie von kommen? Zunächst gilt hier das Gleiche neue Mobilitätswelt in den Städten der Schaffung sogenannter Mobilitäts- wie für alle Fahrten, also insbesondere in- prägen? Ich gehe davon aus, dass das si- Hubs. Was genau sollen die bieten? telligente Vernetzung der Verkehrsträger, cher noch viele Jahre, gar Jahrzehnte dau- Mobilitäts-Hubs sollen attraktive Aufent- Ausbau des ÖPNV und anderer Alternati- ern wird. Schließlich müssen neben den haltsorte sein, an denen die Menschen im ven sowie Schaffung von Mobilitäts-Hubs. vielen technologischen Fragen auch noch Grunde alles finden, was sie in den jeweili- jede Menge rechtliche und ethische Fragen gen Orten oder Regionen brauchen, um Und darüber hinaus? Ein Mobilitätsbud- geklärt werden. Ganz klar ist auch: Hier mobil zu sein und bequem in die Städte get, das die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern werden in den nächsten Jahren enorme fi- pendeln zu können – vom Carsharing, zur Verfügung stellen, um auch hier eine nanzielle Mittel investiert werden müssen. über E-Bike-Stationen bis zu autonomen größtmögliche Flexibilität in der Verkehrs- Shuttlebussen. trägerwahl zu ermöglichen, sehen wir als Und in der Zwischenzeit bleibt alles eine Möglichkeit. Aber auch die Digitalisie- beim Alten? Nein. Vieles kann auch ganz Nicht gerade neue Ideen – und in den rung bietet natürlich große Chancen: Flexi- schnell gehen. Mit autonomen Kleinbus- meisten Kommunen kaum zu finanzie- blere Arbeitszeiten und Arbeitsorte könn- sen experimentieren bereits einige Kom- ren. Neu sind die Ideen nicht, und in der ten künftig noch in deutlich stärkerem Ma- munen. An intelligenter Verkehrssteue- Peripherie großer Städte gibt es durchaus ße genutzt werden. Das sind Maßnahmen, rung wird geforscht und gearbeitet. Der auch bereits entsprechende Angebote. Auf die nichts kosten und zugleich die Bedürf- Ausbau von Busspuren und vor allem der dem Land hingegen gibt es sie wenig bis gar nisse der Mitarbeiter besser berücksichti- Ausbau der Radwegenetze muss vorange- nicht. Aber noch einmal: Wir zeigen Szena- gen. Homeoffice ist hier echt eine Lösung. trieben werden. Neue Mobilitätsdienstleis- rien auf, wie Mobilität in Zukunft aussehen Da sind ganz klar die Arbeitgeber gefragt. tungen wie Carsharing und Ride Hailing könnte. Ohne erhebliche Investitionen Viele Unternehmen haben das einfach werden in den nächsten Jahren sicher noch wird es nicht gehen – und unsere Arbeits- noch nicht auf dem Schirm. BUSINESS & MOBILITY 23
SO NAH – UND DOCH NOCH FERN VIELE UNTERNEHMEN ARBEITEN AN DIGITALEN LÖSUNGEN FÜR DIE VERKEHRSWENDE. EIN SELBSTVERSUCH ZEIGT, DASS DIE ZUKUNFT ERST AM ANFANG STEHT VON BETTINA SONNENSCHEIN · ILLUSTRATION: DOMINIQUE ROSSI
nungsfunktion, Apps mit umfassenden In- halten, Apps mit einem Teilangebot. „Die Möglichkeiten sind enorm“, sagt Michel Heider, Leiter der Jelbi-Mobilitätsplatt- form & -stationen der Berliner Verkehrs- betriebe (BVG). „Darum sehen wir uns auch nicht als Allheilmittel, sondern ledig- lich als ein Puzzleteil an, das im Prozess der Verkehrswende seinen Part einnimmt.“ Jel- bi ist in vielerlei Hinsicht derzeit ein Vor- zeigeprodukt: Als Plattform der BVG ver- knüpft die Anwendung eine Vielzahl von Verkehrsangeboten. Bus und Bahn, Leihrä- der, -roller und -scooter, Carsharing-Flot- ten und das Shuttle-Angebot Berlkönig: In- Schnell ein nerhalb von Berlin lassen sich sämtliche Auto nötig? Fahrten, egal mit welchem Verkehrsmittel, Sixt vermietet über die Jelbi-App buchen und – ein ent- seine Flotte auch im scheidender Punkt – auch bezahlen. Sharingsystem Ich allerdings bin ja noch gar nicht in ie Fastlane bleibt mir zunächst einmal ver- Berlin. Um von München an den am Al- sperrt. Ich vermute, das liegt daran, dass ich penrand gelegenen Schliersee zu gelangen, die Sixt-App zum ersten Mal für eine Leih- nützt nämlich kein noch so ausgeklügeltes wagenmiete einsetze. Den Führerschein System: Nur ein gemietetes Fahrzeug er- musste ich dafür abfotografieren und mich möglicht es hier, frei und ungebunden un- auch sonst mit allem Möglichen legitimie- terwegs zu sein. Sixt, als einer der ursprüng- ren – aber beim ersten Mal will dann doch lich klassischen Vermieter, versteht sich ein Mitarbeiter am Counter des Münchner allerdings längst nicht mehr solcher. Auf Hauptbahnhofs echte Dokumente sehen. der Basis seiner Fahrzeugflotte hat das Un- Nicht ganz ohne Grund: Natürlich hatte ich ternehmen die Digitalisierung dazu einge- ein falsches Datum im Profil eingetragen, setzt, Mobilität aller Art zu ermöglichen. das jetzt berichtigt wird. Danach ist alles wie „Unser großer Vorteil ist unser flächende- immer, wenn man ein Mietauto bucht: ckendes Stationsnetzwerk. Dadurch sind Schlüssel in die Hand, Zettel mit dem Stell- wir nicht an ein Geschäftsgebiet gebunden platz auch, 10 Minuten später fahre ich los. wie andere Carsharing-Anbieter“, erläutert Und nächstes Mal führt mich die App dann Kathrin Risom, Senior Executive Manager vielleicht auch direkt zum Auto und lässt es Product & Marketing Sixt Share. „Wir stel- mich per Smartphone aufschließen. len es den Kunden frei, wo sie das Fahrzeug Meine Route für die kommenden fünf zurückgeben – weil wir eben überall in Tage lautet wie folgt: Frankfurt–München, Deutschland Sixt-Stationen haben und die München–Schliersee, Schliersee–Frank- Autos flexibel entweder im Carsharing oder furt, Frankfurt–Wolfenbüttel, Wolfenbüt- in der Autovermietung einsetzen können.“ tel–Berlin und schließlich zurück nach Klingt gut – ein Sixt-Auto wirklich am Frankfurt. Der Trip soll exemplarisch dafür Straßenrand abstellen, das geht bislang aber stehen, mit welchen Anwendungen aus doch nur in Berlin, Bochum, Dresden, dem Bereich „Mobility as a Service“ vielrei- Duisburg, Hamburg, Leipzig, München sende Geschäftsleute heute agieren können. und Nürnberg. Weitere Städte werden fol- Erleichtern sie das Fortkommen? Funktio- gen. Und natürlich entspricht der stück- ILLUSTRATION: DOMINIQUE ROSSI nieren sie überhaupt? weise Ausbau innerhalb urbaner Räume Das heutige Angebot kann ebenso viel- auch der Zielgruppe, die sich derzeit am seitig wie unüberschaubar genannt werden: meisten für Carsharing interessiert. Mitt- Apps für den öffentlichen Nahverkehr, zwanziger bis -vierziger, die selbst in der Apps für Sharing, Apps für Ride-Services, City wohnen, kein eigenes Auto haben und Apps mit Routenplaner, Apps mit Abrech- digitalen Lösungen gegenüber aufgeschlos- 26 BUSINESS & MOBILITY
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