Märkte und Trends 2020 - Vorhang auf! Melodram - nächster Akt - Helaba
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Volkswirtschaft | Research Märkte und Trends 2020 Vorhang auf! Melodram – nächster Akt Werte, die bewegen.
Dr. Gertrud R. Traud Chefvolkswirtin / Leitung Research Editorial „Theater wird erst wirklich, wenn das Publikum innerlich mitspielt.“ Hermann Bahr (1863 – 1934) Diese Feststellung über das Theater ist Ansporn und Drohung zugleich. Derzeit spielen sich manche Parteien und Staatsoberhäupter gekonnt in den Vordergrund. Viele Zuschauer sind ergriffen und zeigen ihre Begeisterung an der Wahlurne. Andere Akteure können dagegen mit ihrer Political Correctness auf der Bühne nur schwer bestehen. Wird die Schauspieltruppe letztlich doch Einsicht zumindest in das Notwendige zeigen? Dies wäre die Voraussetzung, damit das Melodram erträglich ausgeht. 2 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
Sehr geehrte Leserinnen und Leser, wer leitet die große weltwirtschaftliche Aufführung 2020? Ist es Shakespeare, Molière, Brecht oder übernehmen die Hauptdarsteller auch die Regie? Ist es eine Tragödie, eine Komödie oder doch eher ein Melodram? Das Melodram hält Einzug in die Politik Wünschen würde ich mir eine Komödie. Auch wenn sie die mensch lichen Schwächen zum Thema hat, lernt man, sich selbst nicht so Seit dem Brexit-Referendum und dem Wahlsieg von Donald wichtig zu nehmen – zum Nutzen aller. Wahrscheinlicher ist aber, Trump 2016 beherrscht die Politik die Kapitalmärkte. Bis dahin dass der vierte Akt des laufenden Melodrams aufgeführt wird. konnte sich kaum jemand vorstellen, dass ein Land die EU ver lassen oder sich zwischen den großen Nationen eine Zoll erhöhungsspirale drehen würde. Eine Frau dirigiert Aber nicht nur die Themen sind neu, sondern auch der Politikstil. Zu einem Melodram gehört häufig Musik. Erstmals hält eine Frau So wird mit allen Mitteln des Melodrams gearbeitet: Die Haupt den Dirigentenstab der Europäischen Zentralbank (EZB) in der darsteller teilen ungehemmt ihre Einstellungen, Gefühle und Hand. Ob die neue Chefin Christine Lagarde den geldpolitischen Befindlichkeiten mit dem weltweiten Publikum in unzähligen Kurs von Mario Draghi ändert, ist eher eine perspektivische Frage. Tweets. Dabei reicht das verbale Spektrum von überbordender Kurzfristig wird sie kaum von seiner Partitur abweichen. Sie wird Euphorie über spontane Meinungsäußerungen bis zu Hass jedoch den Taktstock ganz anders führen als ihr Vorgänger. tiraden. Damit polarisieren und emotionalisieren die Protago nisten gezielt Themen, um ihre Interessen durchzusetzen. Die zunehmende Zerrissenheit innerhalb des Orchesters, also im EZB-Rat, hat zu Missklängen geführt, die nicht nur die Darsteller, sondern auch die Zuschauer irritieren. Fingerspitzengefühl ist Bekannte Hauptdarsteller gefragt, um die Empfindlichkeiten der einzelnen Gruppen im höchsten EZB-Entscheidungsgremium einzufangen. Inzwischen befinden wir uns im dritten Jahr dieses Melodrams. Ängste grassieren, dass das Abgleiten in die Tragödie kurz bevor steht. Umso spannender ist die nächste Spielzeit. Die Hauptdar- „Das Mandat erfüllen und sicherstellen, dass das Team steller sind weitgehend bekannt. Wie in der letzten Saison wird funktioniert und zusammenhält.“ der große Blonde jenseits des Atlantiks die männliche Haupt Christine Lagarde, gefragt nach ihren Hauptaufgaben bei der EZB rolle einnehmen. Voraussichtlich wird sein Pendant in London (Die Zeit, 07.11.2019) ebenfalls wieder eine tragende Rolle spielen. Aber welches Stück wird aufgeführt? Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 3
Wichtige Neubesetzungen der eher im Hintergrund die Fäden zieht. vorbereitet. Hinter und vor den Kulissen Auch diese Aufgabe bleibt mit Kristalina herrscht rege Betriebsamkeit. Die Theater- War 2019 in der EU das Jahr der Castings Georgiewa in den Händen einer Frau. kritiker bringen sich in Stellung. Nun stellt und der Rollenverteilung, wartet die sich die Frage: Wer performt wie? gespannte Weltöffentlichkeit nun auf die angekündigten Aufführungen. Die Glimpflicher Ausgang im Melodram Aktien und Renten hatten schon 2019 Neubesetzung der EU-Kommissare im ihren großen Auftritt. Bei ihnen ist das November und der voraussichtliche Die Verstrickung von Darstellern und Ertragspotenzial 2020 überschaubar. Amtsantritt der neuen Kommission im Regisseur erzeugt den Spannungsbogen Allerdings kann es zeitweilig zu Über Dezember – mit Ursula von der Leyen im Melodram 2020. Jegliches Ereignis treibungen bei Aktien kommen, weil auch unter der Führung einer Frau – wird für das Publikum ausgeschmückt der Mangel an Anlagealternativen grund schaffen die Rahmenbedingungen dafür, zelebriert – immer mit dem Versuch, sätzlich anhält. Dieses Setting sorgt auch dass sich die EU-Institutionen wieder die einen zu erhöhen, um gleichzeitig für die unverändert große Beliebtheit von stärker auf ihre eigentlichen Aufgaben die anderen zu erniedrigen. Immobilien beim Anleger-Publikum. Gold konzentrieren können. glänzt im Rampenlicht. Sowohl Geld- als Wesentlich für dieses Theatergenre auch Fiskalpolitik sind die maßgeblichen Obwohl einiges in der EU länger auf sich ist aber im Gegensatz zur Tragödie, dass Akteure, die dem Edelmetall das Revival warten lässt, bleibt das Publikum der das Stück ein gutes Ende nehmen kann. ins nächste Jahr verlängern. Companie durchaus gewogen: Im jüngsten Dazu müssen die Protagonisten Einsicht Eurobarometer gaben 45 % der befragten in das Notwendige zeigen. Hier stellt sich Auch für Präsident Trump hält das EU-Bürger an, ein eher positives Bild die rettende Wendung ein: Denn weder Melodram etwas bereit. Wünscht er von der EU zu haben, Tendenz steigend. der US-Hauptdarsteller noch sein Wider- sich doch einen schwachen US-Dollar, Dabei vertrauen sogar mehr Befragte der sacher aus China haben letztlich einen um die Exportwirtschaft zu stärken. EU als der eigenen Regierung. Anreiz, den Handelskonflikt so eskalieren Hier besteht Hoffnung: 2020 dürfte zu lassen, dass damit die Weltkonjunktur die US-Währung gegenüber dem gegen die Wand fährt. Mit der Entspannung Euro abwerten. „Das Wesentliche ist für die Augen im Handelskrieg sowie einer geordneten, unsichtbar.“ dauerhaften Brexit-Lösung werden sich Schon Heinrich Heine (1797 – 1856) Antoine de Saint-Exupéry, „Der kleine Prinz“ die wirtschaftlichen Perspektiven weltweit arbeitete mit verschiedenen Szenarien: wieder aufhellen. Vieles von dem, was auf europäischer „Liebe ist in Frankreich Ebene passiert, ist für das Publikum nicht Bühne frei für die Assetklassen eine Komödie, in England unmittelbar sichtbar – genauso wie im eine Tragödie, in Italien eine Theater die Technik, die jedoch für die Das Stück steht fest, die Rollen sind Oper und in Deutschland Aufführung unerlässlich ist. Gleiches gilt verteilt, die Instrumente gestimmt, ein Melodram.“ für den Internationalen Währungsfonds, Technik, Kulissen und Schnürboden 4 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
70 % Melodram 10 % Tragödie 20 % Komödie Negatives Alternativszenario: Tragödie Positives Alternativszenario: Komödie Als Abonnent /-in unseres Spielplans 2020 wünsche ich Ihnen anregende Einsichten! In unserem negativen Alternativszenario Wie in einer Komödie dominiert in unse- geht es in der Weltwirtschaft zu wie in rem positiven Alternativszenario eine Ihre einer klassischen Tragödie. Die vorherr- heitere Grundstimmung. Die Störma schenden Konflikte entwickeln eine Eigen növer der beiden großen blonden Haupt dynamik und führen zu einer globalen darsteller ebben ab und führen zu einem Rezession. Dabei durchlaufen die Haupt- glücklichen Ende. Die teilweise skurrilen Chefvolkswirtin / Leitung Research figuren schicksalhafte Entwicklungen. Persönlichkeitszüge einiger Darsteller Großbritannien versinkt mit seinen Brexit- werden nicht mehr als Belastung wahr Protagonisten vollkommen im politischen genommen, sondern münden in eine Chaos. Weitere Versuche des US-amerika- kooperative Zusammenarbeit der Natio- nischen Hauptdarstellers, seinen Kopf zu nen. Die Weltwirtschaft nimmt wieder retten, könnten vom Handelskrieg in den richtig Fahrt auf und die Aktienmärkte Währungskrieg münden und eine Spirale applaudieren. von Abwertungen und zusätzlichen helaba.com/de/research Handelsbarrieren mit sich bringen. Besuchen Sie unsere Website und entdecken Sie dort zusätzliche Inhalte, Videos und unseren Podcast. Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 5
Inhalt Editorial Seite 2 1 Hauptszenario Melodram (70 %) Seite 8 Zinsen und Renten ■ EZB-Ensemble unter Druck 14 Covered Bonds ■ NeuePlatzverteilung 16 Credits ■ Keine Trendwende in Sicht 17 2 Länder und Regionen im Hauptszenario Seite 26 Italien ■ Keine Änderung des Programms 34 Aktien Europäische Union Spanien ■ Nicht übersteuern! 18 ■ Start in die neue Spielzeit 27 ■ Weniger Dynamik 35 Gold Deutschland Schweden ■ Strukturell aufgewertet 21 ■ Happy End mit offenen Fragen 28 ■ Solider Auftritt 37 Immobilien ■ Spot an: Hessen, Thüringen, Polen, Tschechien, Ungarn ■ Die Vorstellung geht weiter 22 NRW und Brandenburg 31 ■ DieSpannung steigt 38 Devisen Frankreich Großbritannien ■ Abwärts mit dem US-Dollar? 24 ■ Applaus! 33 ■ NächsterAkt im Brexit-Drama 40 6 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
USA ■ Laienspiel in Washington – die Fortsetzung? 42 3 Alternativszenario Tragödie (10 %) Seite 50 Japan ■ Temporär schwächer China 45 4 Alternativszenario Komödie (20 %) Seite 53 ■ Die Kunst des Handelskrieges 46 Russland ■ Kraftlose Performance 48 Brasilien ■ Reformen im Rampenlicht 49 5 Prognosetabellen im Hauptszenario Seite 56 ■ Kapitalmarktprognosen 57 ■ Devisenprognosen 58 ■ Bruttoinlandsprodukt, Inflation, Budgetsaldo 59 ■ Adressverzeichnis 60 ■ Impressum 62 Redaktionsschluss: 14. November 2019 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 7
Hauptszenario Vorhang auf! Melodram – nächster Akt (70 %) Die Weltwirtschaft steht Ende 2019 am Rande einer Rezession, dem ökonomischen Pendant zu einem Nervenzusammenbruch. Vor allem der industrielle Sektor schwächelt, viele Aktivitätsindikatoren befinden sich im Kontraktionsbereich. Die von manchen vertretene These, eine weltweite Rezession sei kurzfristig unvermeidlich, ja schicksalhaft, ist jedoch alles andere als zwingend. Die globale Konjunktur wird sich ins Jahr 2020 hinein fangen und die Expansion fortsetzen, wenn auch mit überschaubarer Dynamik. Ist das nur das sprichwörtliche Pfeifen im Walde? Zweifellos gibt Der freie Handel wurde zuletzt in den 1930er Jahren weltweit es erhebliche Risiken und Unsicherheiten. Über die Ursachen der so schlagartig in Frage gestellt. Entsprechend wenig Erfahrung derzeitigen konjunkturellen Schwäche gehen die Meinungen aus- haben wir mit den Auswirkungen auf die globalisierte Wirt- einander. Die „üblichen Verdächtigen“ für eine konjunkturelle schaft des 21. Jahrhunderts. Eine für unser Szenario notwendige Verlangsamung oder Kontraktion – ein Ölpreisschock und eine Bedingung ist, dass der Handelsstreit nicht wie 2018 / 2019 restriktive Fiskal- oder Geldpolitik – fallen diesmal aus. Am ehes- immer weiter eskaliert, sondern sich die Kontrahenten zumin- ten besteht Einigkeit darin, dass die Handelspolitik – oder besser: dest auf einen Waffenstillstand einigen. Es ist sogar vorstellbar, der mit ihr verbundene massive Anstieg der Unsicherheit über dass den USA und China mit einem Abkommen der Einstieg in die Zukunft der globalisierten Wertschöpfungsketten, vor allem eine stufenweise Rücknahme bestehender Zölle gelingt. im Verarbeitenden Gewerbe – einer der wichtigsten Faktoren ist. Dies erklärt, warum die sehr offene deutsche Wirtschaft in den vergangenen zwei Jahren zu den Hauptleidtragenden zählte. Unsicherheit als wichtigster Belastungsfaktor Wie kaum eine andere große Wirtschaft hängen wir am Tropf der globalen Industriekonjunktur und eines funktionierenden welt- Zu den bekannten Irritationen „Brexit“ und „Handelsstreit“ kam weiten Warenaustauschs. Damit ist aber auch das Aufwärtspoten- 2019 ein weiteres politisches Thema hinzu, das in den kommen- zial größer, wenn die Belastungen abklingen. den Jahren noch an Bedeutung gewinnen wird. Die Klimadebatte hat das Potenzial, über Jahrzehnte gewachsene wirtschaftliche Strukturen auf relativ kurze Sicht in erheblichem Maße zu hinter- „Wer ist unser größerer Feind, [Fed-Präsident] fragen oder gar obsolet zu machen. Dies geht über die nicht Powell oder [Chinas Präsident] Xi?“ zuletzt für die deutsche Industrie entscheidende Frage „Wie sieht Donald Trump, US-Präsident die Zukunft der individuellen Mobilität aus?“ weit hinaus. Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 9
Deutschland besonders offen Handelsoffenheit, Summe der Exporte und Importe von Gütern und Dienstleistungen in % des BIP 100 100 Deutschland 80 80 60 60 40 China 40 Japan 20 USA 20 0 0 70 75 80 85 90 95 00 05 10 15 Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft / Research „[As] we know, there are known knowns; there are sion seit 2009 in der Realwirtschaft nie wirklich eine Phase der things we know we know. We also know there are known Euphorie gab. Zurückhaltung war das Motto dieses Zyklus: Die unknowns; that is to say we know there are some things Sparquote der sonst so spendierfreudigen privaten Haushalte in we do not know. But there are also unknown unknowns – den USA ist z. B. überdurchschnittlich hoch. Eine Welle sorgloser the ones we don’t know we don’t know. And […] it is the Über- oder Fehlinvestitionen ist zumindest in den großen Industrie latter category that tend to be the difficult ones.“ ländern nicht zu erkennen. Entsprechend gibt es keinen oder Donald Rumsfeld, ehemaliger US-Verteidigungsminister nur einen geringen Korrekturbedarf. Die durch solche strukturellen Faktoren verursachte Verunsiche- Monetäre Impulse stützen rung kann zusätzlich zur zyklischen Dynamik zu Investitions- und / oder Konsumzurückhaltung führen. Eine Rezession ist stets in Fiskal- und Geldpolitik sind gegen die in erster Linie politischen erster Linie ein psychologisches Phänomen. Nach der Euphorie Belastungen nicht die effektivsten Gegenmittel, zumal ihre Hand- des Booms, während der alle Risiken ausgeblendet oder kleinge lungsfähigkeit verglichen mit früheren Zyklen geringer ist. Trotz- redet werden, schlägt die Stimmung ins Gegenteil um. Aufgebau- dem wird die Fiskalpolitik 2020 insgesamt wohl leicht expansiv te Ungleichgewichte werden korrigiert. Diese Ungleichgewichte wirken. Die Fed und die EZB haben bereits im Verlauf von 2019 sind diesmal aber überschaubar, vielleicht weil es in der Expan- eine geldpolitische Kehrtwende vollzogen. Die Fed ist von 10 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
Zinserhöhungen auf Zinssenkungen Prognoseübersicht im Hauptszenario die auslaufende konjunkturelle Schwäche umgeschwenkt und ihre Bilanzsumme phase den Preisdruck dämpft. Daher wird wird nach einer spürbaren Schrumpfung In Deutschland und in der Eurozone fällt die Inflation 2020 den Notenbanken keine bald wieder wachsen. Die EZB hat die das Wirtschaftswachstum trotz konjunk- klaren Handlungssignale geben, weder Zinswende abgeblasen, den Einlagenzins tureller Belebung im Jahresdurchschnitt für eine restriktivere noch eine merklich gesenkt und ein neues Kaufprogramm mit 1 % bzw. 1,3 % verhalten aus. Die USA expansivere Geldpolitik. gestartet. Diese Maßnahmen werden 2020 expandieren um 2 %. Der Preisauftrieb zunehmend positive konjunkturelle bleibt in der Eurozone deutlich unter dem Die geldpolitische Kehrtwende führte Folgen haben, auch wenn nichts mehr Zielwert der EZB, während die Inflation am Rentenmarkt 2019 zu einer Premiere. „draufgepackt“ wird. In beiden Notenban- in den USA 2 % erreicht. Nach einem spektakulären Renditerutsch ken zeichnet sich jedoch eine intensive notierten zeitweise alle Bundesanleihen interne Diskussion über die grundsätz Wir gehen davon aus, dass der Ölpreis im negativen Terrain. Damit einher gingen liche geldpolitische Strategie ab. um 60 US-Dollar pro Barrel pendelt und erhebliche Kursgewinne. Angesichts der Ausgewählte Prognosen für 2020 Eurozone Deutschland USA BIP-Wachstum, % 1,3 BIP-Wachstum, % 1,0 BIP-Wachstum, % 2,0 Inflation, % 1,3 Inflation, % 1,6 Inflation, % 2,0 1. – 4. Quartal 1. – 4. Quartal 1. – 4. Quartal Leitzinsen, % 3-Monats-Euribor, % Leitzinsen (Mittelwert), % 0,00 0,00 0,00 0,00 – 0,50 – 0,50 – 0,50 – 0,50 1,63 1,63 1,63 1,63 1 USD/ Euro 10-jährige Bundesanleihen, % 10-jährige Treasuries, % 1,15 1,20 1,20 1,25 – 0,40 – 0,30 – 0,25 – 0,20 1,80 1,90 2,00 2,10 EURO STOXX 50, Indexstand DAX, Indexstand S&P 500, Indexstand 3.850 3.900 3.850 3.750 13.800 14.000 13.800 13.500 3.180 3.200 3.180 3.140 Quelle: Helaba Volkswirtschaft / Research Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 11
Konjunkturerholung wird sich diese Niveau und die Refinanzierungskosten Allen politischen und wirtschaftlichen Performance 2020 nicht ansatzweise günstig. Die Kreditprofile befinden sich Irritationen zum Trotz konnten Aktien wiederholen lassen. Selbst eine weitere in solider Verfassung. Dies sorgt auch bei 2019 überdurchschnittliche Kursgewinne Zinssenkung der EZB dürfte nur temporär den Banken für eine stabile Bilanzqualität, verbuchen. Obwohl die gefühlte politi- für steigende Anleihekurse sorgen. Am ihre Profitabilität bleibt aber angesichts sche und wirtschaftliche Unsicherheit Jahresende 2020 erwarten wir die Rendite des Niedrigzinsumfelds, einer Verschär- neue Höchststände erreicht hatte, blieben 10-jähriger Bundesanleihen bei – 0,2 %. fung des Wettbewerbs und hoher Aufwen- die Anleger, abgesehen von kurzen Unter- Gegen eine nachhaltige Rückkehr in den dungen für Regulierung und Digitalisie- brechungen, insgesamt gelassen. Der positiven Renditebereich sprechen neben rung unter Druck. Hauptgrund hierfür dürfte die ultralockere der fortgesetzt lockeren Geldpolitik der Geldpolitik der großen Notenbanken EZB vor allem anhaltend niedrige Infla- Die weiterhin robusten Covered Bonds gewesen sein, die zu einem deutlichen tionserwartungen. Am US-Rentenmarkt sehen sich einer verstärkten Nachfrage Rückgang der Renditen bei sicheren dürften 10-jährige Treasuries Ende 2020 der EZB gegenüber. Mit Blick auf das Anlagen geführt hat und somit die rela über 2 % notieren. anhaltend niedrige Renditeniveau tive Attraktivität von Aktien erhöhte. werden sich die Risikoprämien jedoch Aktien werden sich wohl auch 2020 im Bei europäischen Corporates bleiben nur moderat einengen. Spannungsfeld hoher Bewertung und die Spreads 2020 auf recht moderatem dem Mangel an Anlagealternativen Geldpolitische Wende % gg. Vj. % gg. Vj. 30 12 25 10 Bilanzsummen* Fed, EZB, BoJ 20 (linke Skala) 8 15 6 10 4 5 2 0 0 Industrieproduktion** OECD –5 –2 (rechte Skala) 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 * BIP-gewichtete aggregierte Veränderungsrate ** ohne Bauwirtschaft Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft / Research 12 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
Aktien und Gold mit überdurchschnittlichen Zuwächsen Index 31.12.2018 = 100, Euro 130 130 125 Aktien (EURO STOXX 50) 125 120 120 Gold 115 115 110 Rohstoffe (CRB-Index) 110 105 Renten (iBoxx Deutschland) 105 100 Liquidität (3M EUR) 100 95 95 Jan. Feb. Mär. Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft / Research bewegen. Bei einer zu erwartenden Verbesserung der Wachs- ahnen ebenfalls zur Vorsicht. Der politische Gegenwind für den m tumsaussichten werden Anleger vermutlich das Risiko- dem Euro dürfte nachlassen bzw. könnte zu Lasten der US-Währung Renditekalkül unterordnen. Dabei kann es zeitweilig durchaus zu drehen. Wenn zudem die Eurozone zunehmend konjunkturelle Übertreibungen kommen. Ein Ausflug des DAX über die Marke von Lebenszeichen gibt, wird der Euro-Dollar-Kurs 2020 steigen. 14.000 Punkten dürfte sich aber als nicht nachhaltig erweisen. Gegen Jahresende wird er voraussichtlich im Bereich um 13.500 Die geldpolitische Kehrtwende katapultierte Gold im Sommer Punkte notieren. 2019 über 1.500 US-Dollar je Feinunze, den höchsten Wert seit 2013. Seitdem hält sich der Goldpreis etwa auf diesem Niveau. Immobilien bleiben bei extrem niedrigen Zinsen relativ attraktiv. Der weltweite Renditerutsch an den Rentenmärkten sorgte dafür, Allerdings könnte die jüngste wirtschaftliche Schwäche dafür dass die Opportunitätskosten für Gold gesunken sind. Davon sorgen, dass Mieten und Kaufpreise 2020 etwas weniger dyna- profitiert das Edelmetall auch 2020. Im Jahresverlauf dürfte Gold misch zulegen. Am deutschen Wohnungsmarkt wird sich die weitere Erfolge feiern und bis auf 1.700 US-Dollar je Unze steigen. Lage nicht entspannen, solange restriktive politische Maßnahmen Aufgrund der Wechselkursentwicklung ergibt sich lediglich eine die Neubautätigkeit belasten. Seitwärtsbewegung um 1.400 Euro je Unze. Der US-Dollar hielt sich 2019 vergleichsweise robust – zum Ärger von US-Präsident Trump. In dessen protektionistische Agenda passt eine schwächere US-Währung. Ohnehin ist der US-Dollar deutlich überbewertet. US-Handels- und -Haushaltsdefizite Patrick Franke Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 13
Unruhe im Publikum Vorbehalte richten sich vor allem gegen das expansive Kaufpro- gramm – nicht nur im EZB-Rat. Dieses unkonventionelle Instru- ment sichert durch die Beeinflussung der Finanzmärkte zwar die Währungsunion gegen kritische Marktbewegungen ab und gibt der Fiskalpolitik größere Handlungsspielräume. Erkauft wird dies jedoch mit einem Anlagenotstand von historischen Ausmaßen. Mit einfachen und konservativen Strategien lassen sich kaum noch positive Erträge erwirtschaften. Investoren sind gezwungen, sich Zinsen und Renten in unbekanntes Terrain zu wagen, mit allen damit verbundenen Risiken. Eine Ausweitung des Kaufprogramms – aktuell werden EZB-Ensemble unter Druck im Monat für zusätzlich 20 Mrd. Euro Assets gekauft – ist daher nicht zu erwarten. Die Konjunkturschwäche sowie die geldpolitische Lockerung haben die Renditen auf neue historische Tiefstände gedrückt. Dies hat Staatsanleihen 2019 beachtliche Kursgewinne beschert. EZB zwischen Kakofonie und virtuosem Instrumenteneinsatz Die Zinswelt steht Kopf und vieles spricht dafür, dass dies so bleibt. Wahrscheinlich legt die EZB sogar nach und senkt den Neben der lockeren Geldpolitik sprechen anhaltend moderate Einlagensatz noch einmal. Angesichts der zyklischen Erholung Inflationserwartungen für ein niedriges Renditeniveau. Struktur- im Jahresverlauf dürfte das Ertragspotenzial bei Renten 2020 veränderungen, z. B. die voranschreitende Digitalisierung und jedoch gering sein. die optimierten globalen Wertschöpfungsketten, haben offenbar einen größeren Einfluss auf die Teuerung als die Geldpolitik. Trotz des extremen Instrumenteneinsatzes ist es der EZB aber bislang Das alte Jahr endet mit der Übergabe des Dirigentenstabs an der nicht gelungen, das Inflationsziel von knapp 2 % dauerhaft zu Spitze der Europäischen Zentralbank. Ob die neue Chefin Christine erreichen. Eine Überprüfung und Anpassung an das veränderte Lagarde den geldpolitischen Kurs ihres Vorgängers ändert, ist eher Umfeld wäre für die EZB eine Option, sich aus der geldpolitischen eine perspektivische Frage. Kurzfristig wird sie kaum von Mario Ecke zu befreien, in die sie sich manövriert hat. Ob dies allerdings Draghis Partitur abweichen. Ganz im Gegenteil: Die Konjunktur- die Tauben im EZB-Rat zulassen, ist fraglich. Immerhin könnten schwäche zwingt sie in ein klassisches Rollenmuster. Um Hand- durch weniger ambitionierte, dafür aber realistischere Ziele die lungsstärke zu beweisen, dürfte der neu formierte EZB-Rat den Inflationserwartungen weiter abrutschen. Einlagensatz voraussichtlich ein weiteres Mal senken, um dann eine längere zinspolitische Pause einzulegen. Viele im Rat hatten Eine Abkehr vom Draghi-Kurs würde zu spürbaren Kursverlusten mit diesem Instrument zuletzt kaum Probleme, trotz des negati- nicht nur bei Anleihen führen. Dies liegt auch an einer deutlichen ven Vorzeichens. Auch wurde die Belastung für Banken durch Verschiebung der langfristigen Zinserwartungen, ausgelöst den gestaffelten Einlagensatz reduziert. durch die überraschende Kehrtwende der EZB 2019. Schwankten 14 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
die Langfristprognosen für 10-jährige Bundesanleihen mit einem Horizont von Prognose Ende ... Q2 / 2020 Q4 / 2020 vier Jahren lange zwischen 1,5 % und 2 %, sackte der jüngste Konsenswert auf 0,5 % 3M Euribor – 0,50 % – 0,50 % ab. Die Wachstums- und Inflationsprojek- 10j. Bundesanleihen – 0,30 % – 0,20 % tionen wurden dagegen nur leicht redu- ziert. In dieser Konstellation besteht 10j. US-Treasuries 1,90 % 2,10 % die Gefahr, dass ein verbaler Zickzack- mehr Zinsprognosen auf Seite 57 Quelle: Helaba Volkswirtschaft / Research kurs der geldpolitisch wenig erfahrenen Christine Lagarde zu starken Kursschwan- kungen führt. Gleichwohl ist selbst im Fall einer zufrie- dürften sich daher auch 2020 trotz zykli denstellenden Konjunkturerholung nicht scher Erholung überwiegend im negativen mit einer Abkehr vom geldpolitischen Bereich bewegen. Wir erwarten die Rendite „Unsere Maßnahmen laufen so Dauerkrisenmodus zu rechnen. Dafür 10-jähriger Bundesanleihen Ende 2020 lange, bis sich die Wirtschaft erholt steht insbesondere der neue EZB-Chef- bei – 0,2 %, begleitet von einer insgesamt und sich die Inflation wieder nach volkswirt Philip Lane, der vor allem die steileren Laufzeitenkurve. haltig unserem Ziel von knapp zwei latenten Konjunkturrisiken und die niedri- Prozent nähert.“ gen Inflationserwartungen im Blick hat. Vor dem Hintergrund des laufenden Philip R. Lane, EZB-Chefvolkswirt Die Kapitalmarktzinsen in Deutschland EZB-Kaufprogramms, des akuten Anlage- notstands sowie einer verbesserten Konjunktur ist mit überschaubaren Risikoaufschlägen bei Euro-Staatsan Ein weiteres Jahr mit Negativzinsen leihen zu rechnen. Vergleichsweise wenig % bzw. Prozentpunkte Impulse sind vom US-Rentenmarkt zu 2,0 2,0 erwarten. Hier ist bei stabilen Leitzinsen 1,5 1,5 mit Renditen 10-jähriger US-Staatsan Rendite 10-jährige Bunds 1,0 1,0 leihen von rund 2 % zu rechnen. 0,5 0,5 0,0 0,0 – 0,5 EZB-Einlagensatz – 0,5 – 1,0 Abweichung der Inflations- – 1,0 erwartungen* vom EZB-Ziel** 13 14 15 16 17 18 19 20 * 5y5y Inflation Forward Euroraum ** rund 2 % Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft / Research Ulf Krauss Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 15
Covered Bonds Covered Bonds zuletzt für einige Häuser gegenüber dem negativen Einlagenzins Neue Platzverteilung der EZB attraktiv. Der jüngst eingeführte Staffelzins und die teilweise Verschonung Die EZB lässt sich 2020 auf dem Covered von Zentralbankguthaben werden dies Bond-Markt wieder öfter sehen. Dennoch nicht vollkommen ändern. werden sich die Spreads mit Blick auf das anhaltend niedrige Renditeniveau nur moderat einengen. Banken werden nur vereinzelt EZB-Einlagen gedeckten Papieren vorziehen. Mit der Wiederbelebung des Kaufpro- gramms dürften 2020 Papiere im Umfang von 40 bis 45 Mrd. Euro an die Währungs- Den Spielraum für weitere Spread-Einen- hüter fließen. Damit wäre knapp die Hälfte gungen sehen wir dennoch für die iBoxx der erwarteten ankaufsfähigen Neuemis- EUR Covered-Indizes der Kernmärkte sionen bereits verteilt. Insgesamt erwarten auf bis zu 10 Basispunkte begrenzt. So wir bei anstehenden Fälligkeiten von zeichnete sich im September und Oktober knapp 121 Mrd. Euro ein Euro-Benchmark- bereits eine höhere Nachfrage nach Emissionsvolumen von rund 140 Mrd. längeren Laufzeiten und positiven Euro. Das neue Refinanzierungsprogramm Renditen ab. (TLTRO III) und der regulatorisch motivierte Ausbau von unbesicherten Verbindlich Immerhin notierten Ende Oktober über keiten sollten das Covered Bond-Angebot 90 % der Euro-Benchmark-Anleihen mit allenfalls leicht belasten. Fördernd wirken negativen Renditen. Die hohen Preise dagegen weiter steigende Immobilien dürften daher vor allem Investoren mit kreditvolumina in vielen europäischen höheren Renditeansprüchen wie Ver Ländern und zunehmende Platzierungen sicherungen und Pensionskassen von junger oder neuer Emittenten. der Teilnahme abhalten. Gleichzeitig treten zunehmend Anleger auf, die Bleibt die Frage, wie stark das Gerangel das noch kleine, aber stark wachsende am Covered Bond-Markt ausfallen wird. Segment der nachhaltigen Covered Zahlreiche Banken werden allein zur Bonds stützen. Erfüllung der regulatorischen Liquiditäts- anforderungen weiterhin zugreifen. Selbst bei negativen Renditen blieben Sabrina Miehs 16 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
Credits mittel bei europäischen Firmen daher moderat ausfallen. Die Kreditprofile der allermeisten Gesellschaften dürften Keine Trendwende in Sicht somit auch 2020 in solider Verfassung bleiben. Die Finanzschulden europäischer Unternehmen dürften auch 2020 nur moderat steigen. Daher sollten die Refinanzierungs- Banken: Hohe Qualität gefragt kosten sehr niedrig bleiben. Bei Bankanleihen empfehlen wir, auf Emittenten mit hoher Bonität zu setzen, hier aber den Ren Das stabile Kreditgeschäft wird die Bilanzqualität der Banken diteaufschlag bei Non-Preferred-Senior-Anleihen zu nutzen. gemäß unserer Erwartung stützen. Angesichts der seit der Finanz marktkrise merklich gestiegenen Eigenkapitalquoten werden Gewinne zwar vermehrt für Ausschüttungen und Wachstum Corporates: Weiterhin solide Bilanzen genutzt. Weiter verschärfte regulatorische Anforderungen sorgen jedoch für eine fortgesetzte Stärkung der Eigenkapitalaus Die Aussicht auf eine Stabilisierung der konjunkturellen Lage hat stattung. Die Kreditausfälle dürften zwar steigen, jedoch unter zuletzt zu einem leichten Rückgang der Euro-Corporates-Spreads ihrem historischen Durchschnitt bleiben. Die Niedrigzinsen geführt. 2020 dürften diese aufgrund der erneuten EZB-Ankäufe belasten allerdings weiter die Erträge. Der Margenwettbewerb zunächst weiter sinken. Mit dem Nachlassen dieses Effektes zum wird wohl noch härter, so dass die Gewinne unter Druck bleiben. Jahresende prognostizieren wir für den iBoxx EUR Non-Financials einen etwas höheren Spread von ca. 70 Basispunkten. Aufgrund Für den gesamten Sektor sind die Digitalisierungs- und Regulie- der weiterhin sehr niedrigen Basiszinsen werden die Refinanzie- rungskosten enorm, so dass Kostensenkungsprogramme weiter rungskosten für die Unternehmen gleichwohl auf absehbare Zeit auf der Tagesordnung stehen. Ferner zeigen sich regional immer gering bleiben und auch im kommenden Jahr für einen munteren stärkere Qualitätsunterschiede: Die skandinavischen Länder Primärmarkt für Euro-Corporate Bonds sorgen. beispielsweise haben mit den Folgen der Geldwäscheskandale zu kämpfen; in Deutschland leiden die Institute unter der strukturell niedrigen Profitabilität. Eine strukturelle Verschlechterung der Bonitäten ist derzeit nicht erkennbar. Im insgesamt recht volatilen Umfeld empfehlen wir daher unver- ändert, auf Emittenten mit hoher Bonität zu setzen, hier aber den Renditeaufschlag bei Non-Preferred-Senior-Anleihen zu nutzen. Die Schulden europäischer Corporates werden aller Voraussicht nach weiter steigen. So lassen sich die für den fortschreitenden technologischen Wandel (Stichwort Industrie 4.0) notwendigen Investitionen nur bedingt weiter in die Zukunft verschieben. Allerdings hat die Mehrzahl der Unternehmen ihre Liquiditäts- position und Innenfinanzierungskraft in den letzten Jahren merklich verbessert. In der Summe sollte der Anstieg der Fremd- Dr. Susanne E. Knips, Ulrich Kirschner, CFA Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 17
Aktien Nicht übersteuern! Aktien haben 2019 bereits sehr viel Positives vorweggenommen. Der hauptsächlich durch eine Bewertungsexpansion getriebene Aufschwung an den Börsen stößt allmählich an Grenzen. Kursanstiege werden künftig vorrangig durch eine Erholung der Unternehmensgewinne getragen. Damit ist das Aufwärtspotenzial für Aktien überschaubar. Allen politischen und wirtschaftlichen Irritationen zum Trotz Obwohl die gefühlte politische und wirtschaftliche Unsicherheit – konnten Aktien 2019 deutliche Kursgewinne verbuchen. Dabei gemessen an den Beiträgen in den Wirtschaftszeitungen – neue lieferten sich der S&P 500 und die europäischen Börsenbarometer Höchststände erreicht hatte, blieben die Anleger, abgesehen von DAX und EURO STOXX 50 ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nicht ganz kurzen Unterbrechungen, gelassen. So bewegte sich die implizite mithalten konnte der japanische Nikkei 225. Klar abgeschlagen Aktienvolatilität für die international führenden Indizes die meiste war bis zuletzt der britische FTSE 100. Zeit unterhalb des langfristigen Durchschnitts. Was stimmte Anleger so zuversichtlich? Der Hauptgrund dürfte die ultralockere Geldpolitik der großen Notenbanken gewesen DAX: Kurspotenzial überschaubar sein, die zu einem deutlichen Rückgang der Renditen geführt Indexpunkte hat und somit die relative Attraktivität von Aktien erhöhte. 18.000 18.000 Immerhin übersprang das weltweite Volumen negativ verzinster Positivszenario* Staatsanleihen zur Jahresmitte die bisherigen Rekordwerte 16.000 16.000 aus dem Jahr 2016. 14.000 14.000 12.000 Hauptszenario* 12.000 Aktien werden sich wohl auch 2020 im Spannungsfeld aus hoher 10.000 10.000 Bewertung und dem Mangel an Anlagealternativen bewegen. 8.000 8.000 Bei einer zu erwartenden Verbesserung der Wachstumsaussichten 6.000 6.000 werden Anleger vermutlich das Risiko- dem Renditekalkül unter Negativszenario* ordnen. Dabei kann es zeitweilig durchaus zu Übertreibungen 4.000 4.000 kommen. 2.000 2.000 0 0 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 US-Aktienmärkte im Bann des Wahlkampfs * Bänder: fairer Wert aus Gewinn, Dividende, Cashflow und Buchwert Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft / Research Politische Börsen haben zwar sprichwörtlich kurze Beine. 2020 stehen in den USA allerdings Präsidentschaftswahlen an, und 18 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
kaum ein US-Staatsoberhaupt zuvor hat Bliebe der „Big Deal“ mit China, der aus ziffern sind US-Blue Chips inzwischen als Indikator für seinen (wirtschafts-) unserer Sicht jedoch unrealistisch ist. hoch bewertet und bewegen sich leicht politischen Erfolg so stark auf die positive Bestenfalls gelingt der Einstieg in eine oberhalb des langfristigen Normalbandes. Entwicklung an den Aktienmärkten stufenweise Rücknahme bestehender Auch wenn das Zinsniveau weiterhin abgestellt wie Donald Trump. Kursrück- Strafzölle. niedrig bleibt, besteht kaum Spielraum schläge würden seine Wiederwahlchan- für dauerhaft höhere Bewertungen. cen enorm schmälern. Reicht diese Entspannung für nachhaltig Vielmehr dürfte der Kursanstieg etwas steigende Notierungen am US-Aktien- geringer ausfallen als das Wachstum der Welche Trümpfe stehen noch zur Verfü- markt aus oder ist sie ohnehin schon Unternehmensgewinne. Für den S&P 500 gung, um den Aktienmarkt positiv zu eingepreist? Der S&P 500 erreichte trotz ergibt sich 2020 ein faires Bewertungs- beeinflussen? Die Steuersenkungskarte stagnierender Unternehmensgewinne band von 2.500 bis 3.200 Punkten. Somit ist bereits ausgespielt. Zudem übte 2019 immer neue Höchststände und besteht wenig Aufwärtspotenzial. Die Trump massiven Druck auf die US-Noten- konnte gegenüber dem Jahresultimo bis- Erfahrung aus Wahlzyklen der letzten 90 bank aus, die Zinsen zu reduzieren. Mit lang gut 20 % zulegen. Der Kursanstieg Jahre stimmt ebenfalls verhalten. Unter inzwischen drei Zinssenkungen dürfte die ist somit fast ausschließlich bewertungs republikanischen Präsidenten legte der Fed ihren Job weitgehend erledigt haben. getrieben. Auf Basis der gängigen Kenn S&P 500 in Wahljahren lediglich um Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 19
knapp 4 % zu, unter demokratischen Präsidenten dagegen um rund 12 %. Prognose Ende ... Q2 / 2020 Q4 / 2020 DAX 14.000 13.500 DAX – Gefangener der Globalisierung EURO STOXX 50 3.900 3.750 Auch der DAX erlebte bislang ein über- S&P 500 3.200 3.140 durchschnittlich gutes Jahr. Bis zum mehr Aktienmarktprognosen auf Seite 57 Quelle: Helaba Volkswirtschaft / Research Jahreswechsel 2018 / 2019 hatten Wachs tumsängste zu Korrekturen von zwischen- zeitlich mehr als 20 % geführt. Angesichts zunehmender Zinssenkungshoffnungen Auch diesmal ist das Kurs-Gewinn- Aktien in diesem Zyklus aber schon setzte bereits zu Jahresbeginn eine Erho- Verhältnis für die aktuelle Zyklusphase ungewöhnlich früh damit begonnen lung ein, auch wenn die Höchststände aus zu hoch. Schließlich stieg der DAX rein haben, eine Konjunkturerholung vor 2018 bislang nicht erreicht wurden. Die bewertungsgetrieben, während die Unter wegzunehmen, ist das Aufwärtspoten EZB hat inzwischen mit einer Zinssenkung nehmensgewinne unter der Schwäche des zial überschaubar. und der Reaktivierung des Anleihekauf internationalen Handels leiden. Etwas Kurs programms geliefert. Vermutlich kommt spielraum ergibt sich im Jahresverlauf Im Hauptszenario bewegt sich der DAX sogar noch ein Zinsschritt. 2020 durch eine Aufhellung der Wachs- überwiegend in der oberen Hälfte des tums- und Gewinnperspektiven. fairen Bewertungsbandes von 10.500 Was kann angesichts der Rückendeckung bis 14.000 Punkten. Da Aktien häufig durch die Geldpolitik eigentlich schief übertreiben, könnten sie nicht zuletzt gehen? Lockere Geldpolitik alleine reicht Die Notenbanken haben geliefert. aufgrund negativer Renditen bei Staats- nicht. Dies zeigt ein Blick ins Frühjahr Jetzt muss die Konjunktur durch- anleihen zeitweilig durchaus die Bewer- 2015. Damals feierten die Anleger den starten, sonst wird es eng für tung weiter ausdehnen und den DAX über Einstieg der EZB in das sogenannte Quan- Aktien! 14.000 Punkte klettern lassen. Ähnlich titative Easing. Von Januar bis April 2015 wie 2015 sollte man sich für diesen Fall schoss der DAX um 26 % in die Höhe. Es aber darauf einstellen, dass es dann relativ folgte ein Einbruch bis Februar 2016 um Dabei kommt es angesichts des hohen unvermittelt zu Kursrücksetzern kommen fast 30 %, obwohl in diesem Zeitraum die Offenheitsgrads der deutschen Volks- kann. Auf einem DAX-Niveau über 13.000 Bilanzsumme der EZB durch Anleihekäufe wirtschaft und des beachtlichen Umsatz- Punkten sind die Risiken stärker ausge- kontinuierlich stieg. Letztendlich wurde anteils der DAX-Unternehmen im Ausland prägt als die Chancen. dem DAX die zu hohe Bewertung zum insbesondere darauf an, dass der Vor- Verhängnis. marsch des Protektionismus gestoppt wird und der globale Handel seine Schwächephase hinter sich lässt. Da Markus Reinwand, CFA 20 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
Gold Strukturell aufgewertet Gold glänzt im Rampenlicht. Sowohl Geld- als auch Fiskalpolitik sind die maßgeblichen Akteure, die dem Edelmetall zu einem Revival verholfen haben. Daran wird sich 2020 wenig ändern. Die geldpolitische Kehrtwende wichtiger Notenbanken zum Jahreswechsel 2018 / 2019 ließ Gold aus der Seitwärts spanne von gut 1.200 und 1.400 US-Dollar je Feinunze aus brechen. Im Sommer 2019 wurde mit mehr als 1.500 US-Dollar der höchste Goldpreis seit 2013 erreicht. Seitdem schwankt er um diesen Wert. Mit dem Abschied der Fed und der EZB von einem Normalisierungs kurs vollzog sich ein beträchtlicher Renditerutsch. Inzwischen wird gut ein Viertel der weltweit ausstehenden Anleihen zu negativen Renditen gehandelt. Mit einem Schlag erhöhten sich die Opportunitätskosten für die sichere Alternative „Staatsan leihen“. Im Gegenzug rückte Gold ins Rampenlicht. Das zinslose Gold ist ein sicherer Hafen in einer zinslosen Welt. „Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles. Ach wir Armen!“ Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832), „Faust“ Prognose Ende ... Q2 / 2020 Q4 / 2020 Mit dem Sprung über die 1.500-Marke vollzog sich ein Paradig- Gold $ /Unze 1.650 1.700 menwechsel. Gold als Inflationsabsicherung ist nicht mehr gefragt, aber sehr wohl als Absicherung gegen politische Gold € / Unze 1.375 1.360 Risiken. Diese resultieren aus einer strukturell zu expansiven Ausrichtung der Geldpolitik. Im Euroraum muss darüber hinaus die EZB der zögerlichen Fiskalpolitik den Rücken freihalten. Quelle: Helaba Volkswirtschaft / Research Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 21
Insgesamt hat die Geldpolitik einen Teil Gold bleibt gefragt ihrer Unabhängigkeit eingebüßt, was Gold US-Dollar bzw. Euro je Unze strukturell aufwertet. Davon profitiert 2.000 2.000 es auch 2020. Im Jahresverlauf dürfte das Edelmetall weitere Erfolge feiern und 1.500 Gold in US-Dollar 1.500 bis auf 1.700 US-Dollar je Unze steigen. 1.000 1.000 In Euro kommt es aufgrund des Wechsel Gold in Euro kurses zu einer Seitwärtsbewegung 500 500 entlang des diesjährigen Spitzenpreises 0 0 von 1.400 Euro je Unze. 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft / Research Claudia Windt Immobilien steht aber eine zunehmende absolute Bei den bereits sehr niedrigen Büroleer- Bewertung gegenüber. Da in vielen standsraten rechnen wir nicht mit einem Die Vorstellung Marktsegmenten wohl auch im kommen- weiteren Rückgang. Einzelhandelsimmo- geht weiter den Jahr die Kaufpreise stärker zulegen werden als die Mieten, nehmen die Über- bilien sind strukturell durch den zuneh- menden Onlinehandel belastet und Immobilien erfreuen sich einer unver bewertungen zu. Auch wenn sich noch werden sich auch 2020 schlechter als ändert großen Beliebtheit beim Anleger- keine Trendwende abzeichnet, steigt andere Marktsegmente entwickeln. Publikum. Für die große Immobilien-Show damit tendenziell die Korrekturanfällig- wird sich dank extrem niedriger Zinsen keit von Immobilien. und einer sich belebenden Wirtschaft der Die verfehlte Wohnungspolitik Vorhang auch 2020 öffnen. Am gewerblichen Vermietungsmarkt entwickelt sich immer mehr zum könnte sich die jüngste konjunkturelle Belastungsfaktor. Schwäche zeitverzögert bemerkbar Der deutsche Immobilienmarkt blickt machen. So wird sich der Stellenaufbau auf ein Jahrzehnt steigender Preise 2020 in Deutschland erheblich verrin Keine Trendwende am Wohnungsmarkt zurück. Auch für 2020 zeichnet sich kein gern, allerdings wohl nicht zum Stillstand Ende des Aufschwungs ab. Zu stark kommen. Für den Büromarkt bedeutet Die wesentlichen Treiber am Wohnungs- wirken die extrem niedrigen Zinsen, die dies eine nachlassende Flächennachfrage, markt gelten weiter: der Zuzug in die der Assetklasse eine Hauptrolle zuweisen. die bei unverändert moderater Bautätig- Ballungszentren, günstige Finanzierungs- Der hohen relativen Attraktivität gegen- keit zu einem geringeren Anstieg der möglichkeiten und eine zu geringe Bau- über festverzinslichen Wertpapieren Büromieten in guten Lagen führen dürfte. tätigkeit. Die Wohnungsbaugenehmigun- 22 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
gen lagen zuletzt unter dem Vorjahresstand Immobilienfonds: Wichtige Akteure an den hohen Nettomittelzuflüssen und sprechen wie auch die sehr hohe am Anlagemarkt dürfte sich bei unverändert hoher rela Kapazitätsauslastung in der Baubranche tiver Attraktivität der Fondskategorie gegen eine spürbar höhere Neubauakti Die Performance offener Immobilien- wenig ändern. Neu aufgelegte Produkte vität. Die restriktive Wohnungspolitik mit fonds in Deutschland wird durch weitere können vermutlich etwas Druck von den verschärfter Mietpreisbremse, Mieten Aufwertungen von Immobilienobjekten etablierten Publikumsfonds nehmen. deckel in Berlin und der Diskussion über getragen. Diese könnten allerdings 2020 Angesichts bereits hoher Marktbewer ähnliche Maßnahmen in anderen Städten wegen der erreichten Preisniveaus und tungen und einem übersichtlichen trägt ebenfalls nicht dazu bei, mehr Wohn der jüngsten konjunkturellen Schwäche Angebot an geeigneten Investment raum zu schaffen. Bestenfalls können etwas niedriger ausfallen. Die Nichtver objekten ist es aber nicht einfach, damit 2020 insgesamt 300.000 Wohnun- zinsung liquider Mittel wird wie im Vorjahr ein Portfolio aus- oder aufzubauen. gen fertiggestellt werden. Nach Jahren die Renditen drücken. Insgesamt sind hoher Preissteigerungen in den Groß- aber keine größeren Veränderungen in städten könnte sich die Dynamik stärker der Fondsperformance zu erwarten, so in deren Umland verlagern. dass im Durchschnitt mit einer Jahres rendite um 2,5 % zu rechnen ist. Auch Dr. Stefan Mitropoulos Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 23
Devisen Abwärts mit dem US-Dollar? Der robuste US-Dollar ärgert Präsident Trump. Jedoch besteht Hoffnung für ihn: Während längerfristig ohnehin einiges für eine Abwertung der US-Währung spricht, dürften konjunkturelle Lebenszeichen in der Eurozone das Bild drehen. Der Euro-Dollar- Kurs wird 2020 vermutlich steigen. Egal wie sehr Präsident Trump über die Stärke der US-Währung jammert und das „Unvermögen“ der eigenen Notenbank beklagt, ganz gleich wie die Überbewertung zunimmt, sich die US-Schulden berge stapeln und das Handelsbilanzdefizit wächst – den Dollar kümmerte das recht wenig. Der Greenback legte 2019 gegenüber dem Euro und vielen anderen Währungen zu. dieses „Zwillingsdefizit“ den US-Dollar belasten. Zudem könnte die Instrumentalisierung des Greenback für politische Zwecke – Eine protektionistische Ausrichtung der Handelspolitik geht Finanzsanktionen gegen einzelne Länder – dessen Attraktivität gewöhnlich mit dem Wunsch nach einer schwächeren Währung verringern. Daneben ist der US-Dollar schon seit längerem auf einher. Donald Trumps Meinung findet in den USA auch in der Basis von Kaufkraftparitäten oder realer Wechselkursindizes Opposition Rückhalt. Währungsabwertungen wären eine Alterna deutlich überbewertet. tive zu Zollmaßnahmen. Sie würden Importe verteuern und die heimische Wirtschaft gegenüber dem Ausland preislich attrak tiver machen. Der staatliche Einfluss auf frei konvertible Wäh Dollar verliert zyklischen Rückenwind rungen ist jedoch eingeschränkt. Die finanziellen Mittel des US-Finanzministeriums sind begrenzt, die Notenbank folgt Diesen langfristig eher belastenden Faktoren standen bislang dem Präsidenten nicht blind. Gleichwohl könnte die Regierung jedoch zyklische Vorteile gegenüber. Die US-Konjunktur hielt auf die Stimmung am Devisenmarkt einwirken. sich vergleichsweise robust, die US-Leitzinsen rentieren klar im positiven Bereich. Von den Folgen des selbst angezettelten Handelskonflikts können sich die USA allerdings nicht freimachen. Langfristige Risiken für US-Währung Das US-Wachstum wird sich etwas verlangsamen. In der Euro zone hingegen ist der Abschwung schon weiter vorangeschritten, Die USA weisen derzeit ein erhöhtes Budgetdefizit sowie ein der US-Wachstumsvorteil dürfte 2020 schmelzen. Beide Noten- markantes, wenn auch nicht enormes Leistungsbilanzdefizit auf, banken legten 2019 eine Kehrtwende ein. Das Zinssenkungs- weshalb sie ausländischer Kapitalzuflüsse bedürfen. Daher kann potenzial der EZB ist allerdings im Vergleich zur Fed begrenzt. 24 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
Der US-Renditevorteil gegenüber dem Euro ist bereits merklich zurückgegangen und signalisiert einen höheren Prognose Ende*... Q2 / 2020 Q4 / 2020 Euro-Dollar-Kurs. US-Dollar 1,20 1,25 Den Euro belasteten 2019 zudem politische Faktoren. Mittler Japanischer Yen 125 127 weile ist das Italien-Problem in den Hintergrund getreten und ein Ende des Brexit-Dramas scheint greifbar. Dafür bergen die Britisches Pfund 0,85 0,80 US-Präsidentschaftswahlen Unsicherheiten, unter denen der Schweizer Franken 1,10 1,15 Dollar leiden könnte. * Kurs gg. Euro, mehr Devisenprognosen auf Seite 58 Quelle: Helaba Volkswirtschaft / Research Da langfristig ohnehin einiges gegen den US-Dollar spricht und 2020 der zyklische sowie politische Rückenwind nachlässt, wird die US-Währung wohl nachgeben. Der Euro-Dollar-Kurs dürfte in „This is because the Euro and other currencies are Richtung 1,25 steigen. Darüber sollte Donald Trump dann nicht devalued against the dollar, putting the U.S. at a big mehr jammern. disadvantage. The Fed interest rate way too high, added to ridiculous quantitative tightening! They don’t have a clue!“ Donald Trump, US-Präsident US-„Zwillingsdefizit“ als Malus für Dollar % am BIP, invertiert US-Dollar – 13 1,6 Franken, Yen und Pfund Euro-Dollar-Kurs 1,5 – 11 (rechte Skala) Ein steigender Euro-Dollar-Kurs spiegelt sich zum Teil gegen- 1,4 –9 über der Schweizer Währung wider. Ein stabileres konjunkturelles 1,3 und politisches Umfeld könnte dem Euro auch gegenüber dem –7 1,2 Franken helfen. Nach einer Seitwärtsbewegung dürfte der Euro- Franken-Kurs in Richtung 1,15 steigen. Der Japanische Yen wird –5 1,1 von den Problemen der US-Währung vermutlich ebenfalls profi –3 US-„Zwillingsdefizit“* 1,0 tieren, gegenüber dem Euro aber ein wenig nachgeben. Das (linke Skala) 0,9 Britische Pfund ist günstig bewertet, zumal das Zinsniveau im –1 Vergleich zur Eurozone erhöht ist. Wenn der britische EU-Austritt 0,8 geordnet erfolgt und während der Verhandlungen über das 90 95 00 05 10 15 20 zukünftige Verhältnis zur EU Verwerfungen ausbleiben, besteht * Summe aus Leistungsbilanzsaldo und Budgetsaldo (US-Bund) hier Aufwertungspotenzial. Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft / Research Christian Apelt, CFA Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 25
2 Länder und Regionen im Hauptszenario 26 Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba
Europäische Union Viele Themen warten Start in die neue Spielzeit Die Herausforderungen auf EU-Ebene sind vielfältig, z. B. bei der Positionierung im Handelsstreit mit den USA sowie in der Weltwirt- Die EU hat ein turbulentes Jahr hinter – und vor sich. War 2019 schaft, bei der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Außen- und das Jahr der Castings und der Rollenverteilung, so warten Sicherheitspolitik und der Haltung zum Thema Migration. sowohl die EU-Bürger als auch die gespannte Weltöffentlichkeit auf die teils schon länger angekündigten Aufführungen. Eine weitere wichtige Aufgabe wird die Verabschiedung des neuen Mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 – 2027 sein, der ursprünglich noch vor der EU-Wahl beschlossen werden Seit den Wahlen zum Europaparlament im vergangenen Mai sollte. Mit der Abschaffung von Rabatten, geringeren Mitteln für dominieren die Vorbereitungen für den Brexit die EU-Bericht- die Kohäsions- und die Agrarpolitik sowie neuen Einnahme erstattung. Mit der Neubesetzung der EU-Kommissare im möglichkeiten, z. B. aus dem Emissionshandel, sollen bei Brexit- November und dem voraussichtlichen Amtsantritt der neuen bedingten Einnahmeausfällen die Weichen für den Haushalt Kommission im Dezember werden die Rahmenbedingungen neu gestellt werden, was die erforderliche Einstimmigkeit bis- dafür geschaffen, dass sich die EU-Institutionen wieder stärker lang erschwert. Der Prozess könnte sich noch bis weit ins Jahr auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren können. 2020 hinziehen. Für Zündstoff sorgt zudem die geplante Ver knüpfung von Auszahlungen und Rechtsstaatlichkeitskriterien. Vertrauensvorschuss für die EU Die Erwartungen sind hoch Einstellung zur EU, Umfrageergebnisse (Differenz zu 100 %: „weiß nicht“), % Obwohl einiges in der EU länger auf sich warten lässt, bleibt das 55 55 Publikum der Companie durchaus gewogen: Im jüngsten Euro Positiv 50 50 barometer gaben 45 % der befragten EU-Bürger an, ein eher 45 45 positives Bild von der EU zu haben, Tendenz steigend. Offenbar 40 Neutral 40 vertrauen sogar mehr Befragte der EU (44 %) als der eigenen 35 35 Regierung (34 %). Dieses Vertrauen ist eine gute Grundlage für 30 30 die Arbeit der neuen Kommission, gleichzeitig aber auch eine 25 25 Verpflichtung, dem Vertrauen gerecht zu werden. Denn hinsicht- 20 Negativ 20 lich der Zukunft der EU sind gut 60 % der Befragten optimistisch – 15 15 so viele wie seit 2009 nicht mehr. So mancher wartet nun 10 10 gespannt darauf, dass sich der Vorhang hebt. 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 Quellen: EU-Kommission (Eurobarometer), Helaba Volkswirtschaft / Research Marion Dezenter Helaba Volkswirtschaft / Research | Dezember 2019 | © Helaba 27
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