Mehr als nur Corona Deutscher Lokaljournalistenpreis 2020 - www.kas.de - Konrad-Adenauer-Stiftung
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2 In Krisenzeiten brauchen wir verlässlichen Journalismus Prof. Dr. Norbert Lammert Wenn es dieses Beweises noch bedurft hätte, so wurde er in der Corona-Krise erbracht: Qualitätsjournalismus – besonders im Lokalen – stillt nicht nur das Informations- bedürfnis der Menschen, er blickt hinter die Kulissen, klärt auf, versachlicht die Debatte und baut Vorurteile ab. Er holt die Menschen dort ab, wo sie sich befinden, bringt sie ins Gespräch und sorgt für Verbundenheit. Gerade in Krisen suchen die Menschen Darüber hinaus gewinnt die Rolle des verlässliche Nachrichtenquellen – und Lokalmediums als Forum an Bedeu- dazu zählen nach wie vor die konven- tung. Während des Lockdowns, als ein tionellen Medien. Das zeigen Zahlen direkter Austausch kaum mehr mög- des BDZV, wonach die Zeitungen in lich war, haben viele Lokalredaktionen Deutschland im Pandemiejahr 2020 den öffentlichen Diskurs geführt und mehr als drei Millionen zusätzliche moderiert. Sie haben Plattformen ins Leserinnen und Leser pro Woche ge- Leben gerufen, um den lokalen Han- winnen konnten. Gerade die Lokal- del, die Gastronomie und die Kultur und Regionalzeitungen können auf zu unterstützen. Damit fördert der großes Vertrauen bauen, denn sie Lokaljournalismus Gemeinsinn und stehen für Glaubwürdigkeit. leistet einen wichtigen Beitrag für eine funktionierende demokratische Ein Vorteil gegenüber sozialen Medien Gesellschaft. ist, dass Zeitungen nicht nur Informa- tionen, sondern dazu Einordnung und Den historischen Herausforderungen Hintergrund liefern. Gerade in Krisen- in der Corona-Krise widmet diese Pub- zeiten fragen die Menschen besorgt: likation einen Sonderteil „Lokaljourna- Welche Gefahren bestehen für mich lismus in Zeiten der Pandemie“. Bei- und meine Familie? Welche Folgen spiele zeigen, wie kreativ die Redak- haben die staatlichen Maßnahmen tionen mit dem Ausnahmezustand für meinen Arbeitsplatz, meine Frei- umgegangen sind. Begleitet werden zeit, meinen Alltag? Antworten darauf sie durch Beiträge aus Wissenschaft, liefern gute Lokalredaktionen. Politik und Medien.
Der Vorsitzende 3 Ebenso werden in dieser Publikation die drei Hauptpreise, Über die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger hat der Volontärspreis und die acht Nominierten auf der Aus- eine neu zusammengesetzte Jury entschieden. Neue Vor- wahlliste dokumentiert. Sie haben sich unter 354 Einsendun- sitzende ist Jana Klameth, stellvertretende Chefredakteurin gen durchgesetzt, darunter 45 Volontärsbeiträge. der Freien Presse in Chemnitz. Uwe Conradt, Oberbürger- meister der Landeshauptstadt Saarbrücken, sowie Jasmin Den ersten Preis vergibt die Jury an den Südkurier für seine Off, stellvertretende Chefredakteurin der Lübecker Nach- eindrucksvolle Berichterstattung über die Grenzschließung richten, sind seit diesem Jahr neu in der Jury. zur Schweiz. Die Redaktion hat die einschneidenden Ereig- nisse nicht nur beschrieben, sondern den Leserinnen und Abschließend danke ich den Jurymitgliedern, die turnus- Lesern zugleich vor Augen geführt, dass ein friedlich verein- mäßig ausgeschieden sind: Heike Groll, Peter Pauls, Anton tes Europa mit offenen Grenzen unersetzlich ist. Der zweite Sahlender und Hans-Josef Vogel haben über Jahre hinweg Preis geht an die Hamburger Morgenpost für ihre Serie wertvolle Arbeit für den Deutschen Lokaljournalistenpreis „Jüdisches Leben in Hamburg“. Ein Jahr bevor offener Anti- geleistet. semitismus zunehmend für negative Schlagzeilen sorgte, hat die Redaktion das Thema aufgegriffen, für Aufklärung gesorgt und für Verständigung geworben. Mit dem dritten Preis wird der Hanauer Anzeiger ausgezeichnet, der über den schockierenden Terrorakt in der Stadt berichten muss- te und sich dabei nicht nur als einfühlsame und verlässliche Nachrichtenquelle zeigte, sondern auch als Mediator in Prof. Dr. Norbert Lammert einer erschütterten Stadtgesellschaft. Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Präsident des Deutschen Bundestages a. D. Der Volontärspreis geht an zwei Nachwuchsjournalistinnen der Rheinischen Post, die durch ihre Heimat fuhren und das Lebensgefühl der Menschen einfingen. Mit ihrer Serie „Rheinstories“ zeigen sie, dass auch in sozialen Medien guter Lokaljournalismus möglich ist und man damit junge Menschen erreichen kann.
4 Journalismus und Pandemie – ein ambivalentes Verhältnis Jana Klameth Als im Dezember 2019 das erste Mal vicecharakter, sie berichteten über von einem neuen Erreger in der Milli- Schicksale und versorgten ihre Leser onenmetropole Wuhan Meldungen mit Informationen über die aktuells- über die Ticker liefen, schwappte die ten Regeln, die sie verständlich und Diskussion auch in der Redaktion hoch: übersichtlich aufbereiteten. Ein Teil der Kollegen meinte: Bitte keine Panik machen, das ist weit weg. All das leisteten Regionalzeitungen Andere waren der Meinung: Dieses deutschlandweit zuverlässig und von Corona wird auch uns ereilen, und das Monat zu Monat professioneller. Heu- wird nicht lustig. Die anderen behiel- te können Verlage nicht nur über ein ten recht. Am 27. Januar 2020 wurde gewachsenes Leserinteresse berich- ein erster Fall in Deutschland gemel- ten, sondern nach vielen Jahren sin- det – seitdem hat das Virus auch die kender Abozahlen teils auch über eine Medien fest im Griff. Trendwende. Regionale Medien punk- ten gerade in der Pandemie mit Kom- Und das Verhältnis Pandemie – Jour- petenz, Glaubwürdigkeit und Relevanz, nalismus ist ein ambivalentes. Auf der erweisen sich in der Krise als verlässli- einen Seite brachen Anzeigen in nicht che Nachrichtenquelle. Und sie haben unbeträchtlichen Größenordnungen zugleich vielerorts – teils notgedrun- weg. Das öffentliche Leben war ja mehr gen – einen großen Schritt in Richtung oder weniger zum Erliegen gekommen, Digitalisierung gemacht. Auch Verlage, mit enormen Auswirkungen auf Wirt- die auf diesem Gebiet noch hinter- schaft, Kultur, Sport, Freizeit. Verlage herhinkten, waren plötzlich gezwun- waren also angehalten, möglichst an gen, in die technische Ausstattung zu allen Ecken und Enden zu sparen. Viele investieren. Homeoffice war nicht nur griffen zum Mittel der Kurzarbeit, auch möglich, sondern von einem Tag auf in den Redaktionen. Gegenläufig wuchs den anderen nötig. Mit dem mobilen Tag für Tag das Informationsinteresse Arbeiten einher ging die zunehmende der Menschen. Vor allem im Regiona- Konzentration auf digitale Angebote, len und im Lokalen. Zahlen und Daten die wiederum gerade in der Krise von zur Pandemie erwiesen sich als heiße neuen, jüngeren Nutzern gern ange- Ware. Je detaillierter und ortsgenauer nommen wurden. Die Trendwende bei Regionalzeitungen sie veröffentlichten, der Aboentwicklung ist nicht zuletzt umso größer war das Leserinteresse. auf eine starke Zunahme der Online- Zudem lieferten die Redaktionen Bei- Angebote zurückzuführen. träge mit Hintergrundwissen und Ser-
Die Sprecherin der Jury 5 Neben dem Südkurier haben sich viele Redaktionen mit Corona beschäftigt und Beiträge dazu eingesendet. Die große thematischen Breite und die Umsetzung auf allen Kanälen haben dabei überzeugt und teils auch überrascht. Der Lokaljournalismus punktete gerade in der Krise mit Kreativität. Und letztlich sind alle Arbeiten des Jahres 2020 unter Pandemiebedingungen entstanden: Interviews konn- ten nicht persönlich stattfinden, Reporter konnten nur selten vor Ort recherchieren, Fotos und Videos waren nur schwer möglich … Noch ist die Pandemie nicht vorbei. Aber irgendwann wird Also alles gut in der regionalen Medienlandschaft? Man es eine Zeit nach Corona geben. Wie werden die regionalen kann sicher sagen, dass die Pandemie in vielen Bereichen Medien damit umgehen? Zurückkehren zum Terminjour- des Journalismus als Entwicklungsbeschleuniger wirkt. nalismus? Oder hat sich das eigene Themensetzen mitt- Aber es gibt auch immer Luft nach oben. Fragt man die lerweile etabliert? Es ist und bleibt spannend. Die Bewer- Leser, dann haben die eine Reihe von Forderungen. Eine bungen um den Lokaljournalistenpreis 2021 werden erste der wichtigsten ist, Informationen nicht nur zu verbreiten, Antworten liefern. Die Jury freut sich darauf. Politikermeinungen und -entscheidungen nicht nur zu ver- öffentlichen, sondern sie auch zu hinterfragen: Hat das Ganze wirklich Sinn? Welche Folgen hat diese oder jene Entscheidung? Die Grenzschließung 2020 zum Beispiel. „Deutschland hat da völlig überreagiert und unsere Nach- barn brüskiert. Ich habe mich geschämt für unser Land.“ Das sagt Uwe Conradt, Oberbürgermeister von Saarbrü- cken und Jurymitglied für den Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung. Diesen Aspekt hat er auch bei der Berichterstattung des Südkuriers etwas vermisst. Aber im Vergleich zu anderen Regionalblättern lag die Zeitung bei der Umsetzung dieses Themas sehr weit vorn und ist ein würdiger Preisträger. Jana Klameth ist stellvertretende Chefredakteurin der Freien Presse in Chemnitz. Seit 2021 ist sie Sprecherin der Jury.
6 Die Jurymitglieder Jana Klameth ist seit 2011 stellver- Jasmin Off ist seit 2018 stellvertreten- tretende Chefredakteurin der Freien de Chefredakteurin der zur Madsack Presse in Chemnitz. Sie ist dort in ers- Mediengruppe gehörenden Lübecker ter Linie für Inhalte und Organisation Nachrichten. Nach dem Studium in der 19 Lokalredaktionen sowie die Aus- München und Washington, D.C. volon- bildung der Volontärinnen und Volon- tierte die ehemalige Stipendiatin der täre verantwortlich. Nach dem Studium Journalistischen Nachwuchsförderung der Journalistik in Leipzig begann sie der Konrad-Adenauer-Stiftung bei Süd- 1987 ihre berufliche Laufbahn bei der deutsche.de. Von 2016 bis 2018 leitete Sächsischen Zeitung, wo sie ab 1998 sie die Online-Redaktion der Schwäbi- in der Chefredaktion Lokales und schen Zeitung. Seit 2021 ist sie Mitglied Gesamtausgabe miteinander verband. der Jury. Seit 2021 ist sie Sprecherin der Jury. Uwe Conradt ist seit 2019 Ober- Inken Boyens ist Verlegerin und bürgermeister der Landeshauptstadt Geschäftsführerin der Boyens Medien Saarbrücken. Zuvor war er Direktor GmbH & Co. KG in Heide. Das Medien- der Landesmedienanstalt Saarland. haus gibt unter anderem die Dithmar- Von 2009 bis 2019 war er Mitglied im scher Landeszeitung sowie deren Man- Stadtrat von Saarbrücken und von telausgaben Brunsbütteler Zeitung, 2012 bis 2016 Mitglied des Saarlän- Marner Zeitung und Dithmarscher dischen Landtags sowie medien- und Kurier heraus. Außerdem ist sie stell- jugendpolitischer Sprecher der CDU- vertretende Vorsitzende des Verban- Landtagsfraktion. Seit 2021 ist der des Deutscher Lokalzeitungen. Seit Altstipendiat der Konrad-Adenauer- 2018 ist sie Mitglied der Jury. Stiftung Mitglied der Jury. Dr. Jost Lübben ist seit 2015 Chef- Dr. Jochen Blind ist seit 2019 Presse- redakteur der Westfalenpost und der sprecher der Konrad-Adenauer-Stif- Westfälischen Rundschau. Zuvor war tung und leitet das Medienzentrum. er Chefredakteur der Nordsee-Zei- Der ausgebildete Journalist und Alt- tung, bei der er auch volontiert hatte, stipendiat war von 2010 bis 2018 in sowie der Zevener Zeitung und der der Pressestelle der CDU Deutschlands Kreiszeitung Wesermarsch. Er arbeitet beschäftigt, die letzten vier Jahre als unter anderem mit beim Journalisten- Sprecher der Partei. Danach arbeitete programm der Bundeszentrale für er im Leitungsbereich des Bundesmi- politische Bildung und ist Speaker bei nisteriums der Verteidigung. Seit 2020 der Wiener Medienstiftung fjum. Seit ist er Mitglied der Jury. 2018 ist er Mitglied der Jury.
7 Inhaltsverzeichnis Preisträger 2020 8 Lokaljournalismus in Zeiten der Pandemie 20 Grenzschließung zur Schweiz – Täglicher Blog über das Familienleben in Corona-Zeiten Chronik einer Ausnahmesituation Mannheimer Morgen 20 Südkurier 8 Reflexionen zur Krise mit Essays von A bis Z Einblicke in jüdisches Leben helfen Mindener Tageblatt 22 Vorurteile abzubauen Hamburger Morgenpost 10 In den Netzwerken der Querdenkerszene Weißenburger Tagblatt 24 Nach Terrorakt steht die Würde der Opfer an erster Stelle Lebensbegleitung durch versammelten Expertenrat Hanauer Anzeiger 12 Kölner Stadt-Anzeiger 26 Reise durch die Region als digitaler Road Trip Lokalmedien konnten ihren Rheinische Post 14 Vertrauenskredit vergrößern Interview mit Wiebke Möhring 28 Auswahlliste 2020 16 Lokaljournalismus als Kampf gegen eine „Infodemie“ Hans-Josef Vogel 30 Gedenkseite für Corona-Tote Der Tagesspiegel 16 Die Krise ist Bestätigung und Verpflichtung zugleich Jost Lübben 32 Die Erfindung eines Verbrechens Berliner Zeitung 16 Digitalisierung und Organisation: Veränderungen durch die Krise Ein Abgeordneter auf Abwegen Jasmin Off 34 Mannheimer Morgen 17 Umfrage: Was uns die Krise lehrt Mit Auswanderern um die Welt und was davon bleiben wird Mitteldeutsche Zeitung 17 Robert Domes 36 Fakten und Erfolgsgeschichten Neue Presse Hannover 18 Schmerzmittel im Sport Heidenheimer Zeitung 18 Jahrmarkt virtuell und „dahoam“ n Mittelbayerische Zeitung 19 atione d Inform halte u n rna s- li Alle In n L o kaljou Das Märchen vom schnellen Geld eutsch e ehe- zum D k tu e llen und a das Badische Zeitung 19 is, die sowie tenpre w inner malige n G e den Sie g sp ortal fin er- Bewer bun utsch .k a s .de/de www is unter enpre ljo u r nalist loka
8 Grenzschließung zur Schweiz – Chronik einer Ausnahmesituation Für rund drei Monate werden im Frühjahr 2020 die Grenzen zur Schweiz 1. Preis geschlossen. Mit Zäunen abgeriegelt, bewacht von bewaffneten Bundes- Begründung der Jury polizisten. Der Südkurier hat die historische Ausnahmesituation von allen Seiten beleuchtet und sich der Fragen, Sorgen und Nöte der Menschen Die Redaktion des Südkuriers hat angenommen. es sich vom ersten Tag der Grenz- schließung an zur Aufgabe gemacht, Um die Ausbreitung des Corona-Virus Das komplexe Thema wird in viele Be- für das Miteinander an der Grenze einzudämmen, werden am 16. März reiche zerlegt und sorgfältig aufberei- zu kämpfen. In Wort, Bild und Gra- über Nacht 200 Kilometer Grenze zur tet. Auf der Grundlage von täglichen fik widmete sie sich allumfassend Schweiz dichtgemacht. Menschen wer- Datenanalysen kann die Redaktion diesem Thema. Mit der Vielfalt der den getrennt, Familien und Liebes- schnell ableiten, wie stark ein Thema Aspekte, der Tiefe der Recherche, paare auseinandergerissen, der Berufs- interessiert und welche Aspekte beson- der gelungenen optischen Umset- und Warenverkehr wird eingeschränkt, dere Aufmerksamkeit wecken. zung und der crossmedialen Aufbe- der Privatverkehr verboten. reitung hat der Südkurier Außerge- Als Segen erweist sich, dass auch aus wöhnliches geleistet und Maßstäbe Am Grenzzaun zwischen dem deut- der Schweiz stammende und dort im Lokaljournalismus gesetzt. Die schen Konstanz und dem schweizeri- wohnberechtigte Kollegen im Redak- Redaktion verstand sich als Verbün- schen Kreuzlingen kommt es zu herz- tionsteam mitarbeiten. So kann von dete der Leserinnen und Leser, zerreißenden Szenen, Paare küssen beiden Seiten des neuen Grenzzauns nahm sich der alltäglichen Sorgen sich durch Gitterstäbe. Um auch das berichtet werden. Ein wichtiger Beitrag und Nöte an, beantwortete drän- zu unterbinden, errichtet die Schweiz entsteht in Kooperation mit Schweizer gende Fragen, lieferte Service. Das einen zweiten Zaun in zwei Metern Medien: die bildliche Dokumentation ist Lokaljournalismus vom Feinsten. Abstand – küssen unmöglich. Für die des Ausnahmezustands. Fotografen 900.000 Einwohner in den Landkrei- halten beiderseits der Grenze an Hun- Link: sen der Grenzregion, die eng mitei- derten Punkten die Sperrgitter, gesenk- www.suedkurier.de/baden- nander verflochten sind, ist es ein te Schlagbäume und bewachte Bürger- wuerttemberg/grenzschliessun- einschneidendes Erlebnis. steige fest. gen-eine-chronologie-der-sehn- sucht-des-hoffens-und-des-ban- Die Redaktion des Südkuriers steht Online und in der gedruckten Zeitung gens;art417930,10504475 vor einer Aufgabe, für die niemand entsteht damit ein Dokument über ein einen Projektplan schreiben konnte. Stück Zeitgeschichte. Die Redaktion Kontakt: Sechs der 17 Lokalredaktionen liegen legt auf diese Weise offen, wie eng die Jörg-Peter Rau, Chefredaktion nahe oder direkt an der Grenze. Sie Menschen der Grenzregion miteinan- Lokales, Südkurier GmbH entwickeln mit dem Mantelteam meh- der verbunden sind. Und sie zeigt, wie T +49 7531 999-1510 rere Themenstränge, um jeweils ver- wichtig offene Grenzen sind. T +49 170 577 7285 schiedene Zielgruppen anzusprechen: joerg-peter.rau@suedkurier.de Wirtschaft und Arbeitswelt, Trennung Die umfassende Berichterstattung ist und Wiedersehen, Leserservice, Zeit- bei den Leserinnen und Lesern ange- Simone Ise, Projektredakteurin geschichte, Menschen und Schicksale, kommen und hat auch zum wirtschaft- in der Chefredaktion Kurioses. lichen Erfolg des Medienhauses in der T +49 7531 999-1235 Krise beigetragen. T +49 151 544 08674 simone.ise@suedkurier.de Tipp: Medium: Südkurier „Wenn etwas ganz Großes passiert, zerlegt es mutig Auflage: 114.000 in kleine Teile – einzelne Schauplätze, Lebenslagen, Verbreitungsgebiet: Bodensee, Schwarzwald, Hochrhein Alltagsfragen, Blickwinkel. Habt keine Angst vor Anzahl Lokalteile: 12 scheinbar trivialen Fragen, denn oft sind sie die Redaktionsgröße: 100 besten. Und schafft über starke Bilder eine emotio- nale Brücke zu den Lesern.“
Preisträger 9 18 KONSTANZ SÜDKURIER NR. 66 | K 18 KONSTANZ D S ÜO DN KN UE R ISETRA GN,R 1. 96. 6M| ÄKR Z 2 0 2 0 DONNERSTAG, 19. MÄRZ 2020 Plötzlich wieder getrennt Ein fotografischer Spaziergang entlang der gesperrten Grenzübergänge zwischen Konstanz und Kreuzlingen. Seit Montag wirkt sich die Corona-Krise auch auf die Bewegungsfreiheit vieler Konstanzer und ihrer Nachbarn in Kreuzlingen aus. Durch die Schließung der Grenzen – inklusive vorläufiger Sperrungen der kleineren Übergänge – erinnern sich viele Menschen an längst vergangene Zeiten zurück. Unsere Fotografin hat Eindrücke aus Konstanz gesammelt. Trotz wieder errich- tetem Grenzzaun ist es zahlreichen Schweizern und Deutschen – wie hier Sandra Lenherr aus Tägerwilen und Gabi Rasche aus Konstanz – ein Her- zensanliegen, die grenzüberschreiten- den Freundscha� � 2006 wurde der Grenzzaun zwischen Konstanz und Kreuzlingen am weiter zu pflegen. Klein Venedig abgebaut, nun steht er provisorisch wieder. Auch der Konstanzer Uli Topka musste die erneute Grenzzaun- Ziehung mit eige- nen Augen gesehen haben. „Das hätte ich mir nie im Leben vorstellen können“, Kein Durchkommen mehr am Zoll Klein Venedig. Vor Jahren fiel auch hier der deutsch-schweizerische Grenzzaun, erklärt er. nun ist wieder unübersehbar eine Absperrung vorhanden. Dem Zaun zum Trotz: Sie können sich weder dies- noch jenseits der Grenze tr� e�n und halten deshalb ei- nen Plausch durch das Gitter hindurch (v.l.): Gabi Rasche, Dagmar Meinicke, Dominik Böhringer, Die grüne Grenze an Sandra Lenherr, der Grenzbachstra- Werner Sauter, Hugo ße wurde bisher nur Pf� hauser und mittels Absperrband David Roth. geschlossen. Auch der Übergang von der Wiesenstra- ße nach Kreuzlingen ist jetzt provisorisch Auch der Grenzübergang Tägerwilen, umgangssprachlich als Gottlieber Zoll bekannt, ist gesperrt – und damit auch abgeriegelt. der Zugang zum Tägermoos, das eigentlich eine Gemarkung von Konstanz ist. BILDER: AURELIA SCHERRER
10 Einblicke in jüdisches Leben helfen Vorurteile abzubauen Seit Ende 2019 wird in Hamburg über den Wiederaufbau der Bornplatz- 2. Preis synagoge diskutiert. Eine Initiative will das 1938 zerstörte Gebäude wie- Begründung der Jury dererrichten. Kritiker lehnen das ab. Damit die Verständigung nicht aus dem Blick gerät, stellt die Hamburger Morgenpost in einer Serie „Jüdi- Die Redaktion hat Mut bewiesen, sich sches Leben in Hamburg“ vor. mit dieser Intensität dem jüdischen Leben in Hamburg zu widmen. Und Die Hauptsynagoge am Bornplatz war Hamburger Judentums vor. Und sie das auf eine Art und Weise, die Spaß ein repräsentatives Gebäude mit einer lassen sich vom Alltag als Jude erzäh- macht, die Geschichten zu lesen. Die Kuppel, das 1906 eingeweiht wurde. In len, zu dem auch Übergriffe und Hass Beiträge sind optisch hervorragend der Reichspogromnacht 1938 wurde gehören. umgesetzt, die Texte zeichnen sich sie von Nazis verwüstet und 1939 ab- durch eine wohltuende Sachlichkeit gerissen. Heute erinnert ein Boden- Die Autorinnen setzen auf nüchterne und zugleich einen hohen Unterhal- mosaik an die Synagoge. Seit eine Ini- Beschreibungen, lassen die Protago- tungswert aus. Hervorzuheben ist, tiative ihren Wiederaufbau fordert, nisten sprechen. Einer von ihnen sagt: dass die Serie von einer Volontärin – findet die Diskussion quer durch alle „Ein Problem ist, dass so wenige Men- Nicola Daumann – gemeinsam politischen Lager statt und spaltet schen etwas über das jüdische Leben mit der Redakteurin Nina Gessner auch die jüdische Gemeinde selbst. wissen." Die Reportagen sollen dem umgesetzt wurde. Beide haben ein abhelfen, wollen Einblicke geben, Wis- relevantes Thema frühzeitig erkannt Für die einen wäre die Rekonstruk- sen vermitteln, Vorurteile ab- und Nähe und hervorragend umgesetzt. Auch tion des neoromanischen Gebäudes aufbauen. wenn die Jury eine digitale Umset- ein Symbol der Versöhnung und ein zung des Themas vermisste, hält sie Zeichen im Kampf gegen Antisemitis- Größte Schwierigkeit dabei sind die diese Serie für absolut preiswürdig. mus. Für die anderen bedeutet dies Corona-Beschränkungen, die den Zu- die Zerstörung eines wichtigen Orts tritt zu Gebäuden und Kontakte zu Kontakt: der Erinnerungskultur und damit die Personen erschweren. Die Reportagen Nina Gessner, Redakteurin Verschleierung der nationalsozialisti- gelingen nicht zuletzt dank der Unter- T +49 40 809 057 223 schen Verbrechen. stützung der Jüdischen Gemeinde. nina.gessner@mopo.de Die Hamburger Morgenpost beglei- Die Redaktion bekommt viele Leser- Nicola Daumann, Volontärin tet die Debatte von Anfang an. Die briefe zu den Artikeln. Neben großer T +49 40 809 057 503 Redaktion entschließt sich zu einer Zustimmung gibt es auch nicht wenige nicola.daumann@mopo.de Serie, die nicht den Streit in den Blick Stimmen mit antisemitischem Hinter- nimmt, sondern für Aufklärung sorgt. grund, wie etwa die Forderung, die Medium: Hamburger Morgenpost Titel: „Jüdisches Leben in Hamburg“. jüdische Gemeinde solle „gefälligst Auflage: 40.000 Redakteurin Nina Gessner und Volon- selbst“ den Wiederaufbau bezahlen. Verbreitungsgebiet: Region tärin Nicola Daumann porträtieren Die Autorinnen treten mit einigen Hamburg Mitglieder der jüdischen Gemeinde, Lesern per E-Mail in Dialog und stellen Anzahl Lokalteile: 1 sie geben Einblicke in die bestehende fest, dass häufig Unkenntnis hinter Redaktionsgröße: 45 Synagoge, berichten über die jüdische den Vorurteilen steckt. Sie sehen sich Schule, besuchen einen koscheren in ihrer Arbeit bestätigt. Laden. Sie stellen Traditionen und die verschiedenen Strömungen des Tipp: „Unserer Ansicht nach ist es wichtig, bei Themen dieser Art besonders darauf zu achten, nicht zu vereinheitlichen und nicht zu sehr zu verkürzen. Sonst läuft man Gefahr, mit den Artikeln selbst Vorurteile zu schüren und zu verbreiten.“
Preisträger 11 16 HAMBURG Foto: Quandt Foto: Meyer Shelly Meyer lebt in Hamburg, seit sie sechs Jahre alt ist. Bei einer Ferienfreizeit der „Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland“ in Israel wird ausgelassen getanzt. „Die meisten Vorurteile entstehen, weil viele keine Juden kennen“ MEET A JEW Wie sich zwei junge Hamburger ehrenamtlich gegen Antisemitismus einsetzen NICOLA DAUMANN Schüler der Jahrgangsstufe se Hebräisch spricht. nur wenige Juden in weisen.“ Für sie persönlich 11 schon erlebt, viele von Meyer engagiert sich in Deutschland“, sagt Sheffer, hat das Judentum mehr mit nicola.daumann@mopo.de ihnen in der Schule. „Häufig der Jüdischen Gemeinde, „und die meisten Vorurteile Traditionen als mit ihren re- wurden die Vorfälle kaum seit sie 14 Jahre alt ist, und entstehen, weil viele keine ligiösen Überzeugungen zu Schmierereien, Beleidigun- beachtet“, erzählt Sheffer hilft derzeit als Mitarbeiterin Juden kennen.“ tun. Meyer ernährt sich nicht gen, körperliche Angriffe: der MOPO. Um sich dem des Jugendreferats beim Häufig bringen die Frei- koscher und hält den Schab- 2032 antisemitische Strafta- nicht auszusetzen, ver- Aufbau des Jugendzentrums willigen eigene persönliche bat ebenfalls nicht ein. Und ten wurden 2019 deutsch- schweigen viele seiner jüdi- und einer Community für 18- Gegenstände wie einen Cha- trotzdem: Wenn sie jüdi- landweit gemeldet – doch die schen Freunde in ihren Schu- bis 35-Jährige. Sie hat die nukka-Leuchter zu den Be- schen Festen oder Bräuchen Dunkelziffer ist weit höher. len, dass sie Juden sind, so Veranstaltung „Sushi in der gegnungen mit oder vertei- beiwohnt, fühle sich das hei- Die MOPO hat mit zwei jun- Sheffer. Sukka“ am 4. Oktober 2020 len koschere Gummibärchen misch an. gen Juden gesprochen, die Auch Shelly Meyer wurde organisiert, bei der ein guter – so soll die abstrakte Idee Meyers Großeltern haben selbst angefeindet wurden schon antisemitisch belei- Freund vor der Synagoge mit vom Judentum, das den den Holocaust erlebt. Trotz- – und etwas ändern wollen. digt und sogar körperlich an- einem Klappspaten angegrif- meisten nur aus dem Religi- dem macht es sie wütend, gegangen. Die 25-jährige Stu- fen und verletzt wurde. Seit- ons- oder Geschichtsunter- wenn sich junge Menschen Noah Sheffer ist 16 Jahre alt. dentin wurde in Israel gebo- dem sei sie vorsichtiger ge- richt bekannt ist, mit Leben für die Verbrechen des Nazi- Er mag Apfelsaft, interes- ren und lebt in Hamburg, worden, erzählt sie. gefüllt werden. Zu Nicht-Co- Regimes bei ihr entschuldi- siert sich für Politik und seit sie sechs Jahre alt ist. Aber Sheffer und Meyer rona-Zeiten finden über das gen. Natürlich dürfe man den möchte später einmal in den „Du Juden- arbeiten ak- Projekt bundesweit zwi- Holocaust nicht vergessen, so Moin, USA Wirtschaftswissen- schwein“ tiv gegen schen 50 und 60 Begegnun- Meyer. „Für das, was damals schaften studieren. Wie vie- wurde ihr Antisemi- gen im Monat statt. passiert ist, tragen wir heute Schal m le andere Jungs in seinem schon hin- tismus an: Die Ehrenamtlichen sind aber keine Schuld“, sagt sie. Alter spielt er in seiner Frei- terhergeru- Sie sind immer zu zweit, häufig aus „Aber wir tragen Verantwor- zeit gern Computer. Weniger fen, Haken- zwei von unterschiedlichen jüdischen tung für die Gegenwart und gewöhnlich ist hingegen sein kreuze auf über 300 Strömungen, um die Vielsei- dafür, was in Zukunft sein Noah Sheffer bei e ehrenamtliches Engagement: ihr Bild ge- Jüdisches Leben in Hamburg Fr e iw i l l i - tigkeit des jüdischen Lebens wird.“ Kundgebung der In Denn er erzählt Interessier- malt oder gen, die sich zu zeigen. „Ich möchte, dass Was jeder Einzelne gegen die Bornplatz-Syna ten von seinem Alltag – und Hassnachrichten in den so- bundesweit bei dem Projekt das „Jüdischsein“ gesell- Antisemitismus tun kann? Hamburg vor dem baut so Vorurteile gegen Ju- zialen Medien geschrieben. „Meet a Jew“ vom Zentralrat schaftlich normalisiert Nicht einfach an Schmiere- den ab. Um Anfeindungen zu entge- der Juden engagieren und in wird“, so Meyer. „Ich zeige reien oder Beleidigungen vor- Sheffer ist in Hamburg ge- hen, telefoniert sie mit ihren Schulen, Unis, Vereinen oder mich selbst und damit auch, beigehen, sondern sie melden, boren und aufgewachsen. Eltern an öffentlichen Orten Unternehmen Fragen über dass wir zwar andere Bräu- sagt Sheffer. Und den betrof- Und er ist Jude. Mehrere an- auf Deutsch oder Englisch ihr Leben und ihren Alltag che haben, aber menschlich fenen Menschen zeigen, dass tisemitische Vorfälle hat der – obwohl die Familie zu Hau- beantworten. „Es gibt eben viele Gemeinsamkeiten auf- sie nicht alleine sind.
12 Nach Terrorakt steht die Würde der Opfer an erster Stelle In der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 2020 erschießt ein Mann in 3. Preis Hanau zehn Menschen und sich selbst. Mit diesem Terrorakt beginnt Begründung der Jury für den Hanauer Anzeiger eine Ausnahmezeit. Die Redaktion ist nicht nur Berichterstatter, sondern Mediator in einer Stadt, die in ihren Am 20. Februar 2020, dem Tag Grundfesten erschüttert ist. nach dem schrecklichen Terrorakt in Hanau, bündelt die Redaktion Am späten Abend des 19. Februar schen aus dem Umfeld der Opfer, mit des Hanauer Anzeigers alle Kräfte – bekommt die Redaktion vage Infor- Politikern, Polizei und Experten. Sie Online, Print, Layout und freie Foto- mationen über eine Schießerei in der beschreibt die Fassungslosigkeit, die grafen. Sie erarbeitet ein Konzept Hanauer Innenstadt. Im Laufe der Trauer, aber auch die große Solidari- und stemmt eine Ausgabe, die die Nacht wird klar: Ein rechtsextremer tät in der Stadt. Jury mit dem dritten Preis auszei- Täter hat neun Menschen erschossen, chnet. Das kleine Team hat es von anschließend seine Mutter und sich In den Tagen und Wochen danach der ersten bis zur letzten Seite die- selbst. versucht die Redaktion, alle Themen ser Ausgabe geschafft, ein allum- abzubilden, die die Menschen im fassendes Bild der Ereignisse zu In Windeseile erstellt die Redaktion ein Zusammenhang mit den Attentaten zeichnen. Dabei ist es Dank einer Konzept für den Folgetag und die Tage bewegen. Dazu zählen Trauerfeiern sehr guten Bildarbeit und sensibler danach. Alle redaktionellen Kräfte wer- und Kundgebungen, Initiativen, die Berichterstattung gelungen, die den einbezogen. In den frühen Morgen- sich gründen, gesellschaftliche und Opfer des Attentats und das Leid stunden wird eine Whatsapp-Gruppe politische Debatten, etwa über die der Angehörigen in den Mittelpunkt eröffnet mit Redakteuren, Fotografen, richtige Form und den richtigen Ort der Berichterstattung zu stellen. Online-Kollegen. Dort werden die Auf- der Trauer. Die Redaktion hat den Opfern ein gaben verteilt und redaktionelle Fra- Gesicht und Würde gegeben. gen diskutiert. Vor allem sucht die Lokalredaktion das Gespräch mit Betroffenen. Die Würde Links: Es ist ein Spagat. Einerseits muss die der Opfer und ihrer Angehörigen steht www.hanauer.de/thema/terror-in- Redaktion die schwierige Nachrichten- an vorderster Stelle. In ständiger Dis- hanau-sti1519756/ lage aufbereiten, bekommt Anfragen kussion wird im Team abgewogen, von Medien aus aller Welt. Andererseits welche Informationen an die Leser Kontakt: ist allen bewusst, dass sie auch der weitergegeben werden. Yvonne Backhaus-Arnold, Stimmung einer aufgewühlten Stadt- Redaktionsleiterin gesellschaft Rechnung tragen muss. Am Tag der Trauerfeier werden neun T +49 618 129 03-317 der zehn Ermordeten einfühlsam por- yvonne.backhaus-arnold@hanauer.de Am Tag nach der Bluttat zeigt das trätiert. Die Seiten entstehen in enger Titelblatt nur eine Kerze vor schwar- Abstimmung mit der Stadt Hanau und Holger Weber-Stoppacher, zem Hintergrund, darüber das Datum den Angehörigen. Der 19. Februar be- Redakteur 19.2.2020. Die Redaktion arbeitet in schäftigt die Lokalzeitung bis heute. Es T +49 618 129 03-366 einer Sonderausgabe die Tat und die geht um die juristische Aufarbeitung, holger.weber@hanauer.de Hintergründe auf, spricht mit Ange- Fragen der Gedenkkultur und des hörigen und Augenzeugen, mit Men- Zusammenlebens in der Stadt. Die Medium: Hanauer Anzeiger Redaktion sieht ihre Aufgabe weiter- Auflage: 13.500 hin als Mediator und Medium an. Verbreitungsgebiet: Hanau/ Tipp: Main-Kinzig-Kreis Anzahl Lokalteile: 1 „Auch in Extremsituationen ist es wichtig, Diskus- Redaktionsgröße: 20 sionen zuzulassen und so Abwägungsprozesse zu ermöglichen. Nie haben wir so viel miteinan- der gesprochen wie in den Tagen und Wochen nach dem 19. Februar – auch deshalb war unsere Berichterstattung so vielfältig und so gut.“
Preisträger 13 295. Jahrgang / Nr. 44 • D 3438 A • 1,70 € FREITAG, 21. FEBRUAR 2020 19. 2. 2020 Foto: Argazs/Pixabay
14 Reise durch die Region als digitaler Road Trip Lokaljournalismus für eine junge Zielgruppe, mit Themen, die junge Men- Sonderpreis für Volontärsprojekte schen interessieren, auf Kanälen, die sie nutzen. Das nahmen sich Maren Begründung der Jury Könemann und Marie Ludwig vor. Herausgekommen sind die RheinStories, eine Reise durch Nordrhein-Westfalen, über die die Volontärinnen im Maren Könemann und Marie Ludwig – digitalen Format berichten. damals beide Volontärinnen bei der Rheinischen Post – haben für ihre Vor dem Road Trip steht über ein Jahr vom Schüler-Start-up bis zur Tier- „RheinStories“ ein Konzept entwickelt, Arbeit. Könemann und Ludwig sind retterin, vom Ballonfahrer bis zur um junge Menschen zwischen 24 davon überzeugt, dass Tageszeitungs- Biobauernfamilie. Es sind bunte und und 45 zu erreichen. Sie senden ihre verlage noch aktiver auf jüngere Gene- spannende Geschichten ebenso wie Geschichten über Instagram, spre- rationen zugehen müssen. Daher ent- nachdenkliche und berührende. chen Podcasts auf und nutzen weitere wickeln sie die Idee, das Format und digitale Kanäle. Dabei setzen sie auf die Inhalte für #RheinStories. Sie erstel- Die zwei Frauen, beide unter 30, haben die Themen Nachhaltigkeit, Heimat- len einen Businessplan und sorgen in einen jungen Blick auf Land und Leute. liebe und Freiheit. Acht Wochen lang Zusammenarbeit mit der Anzeigenab- Das zeigen nicht nur die Themen, son- sind die beiden durchs Rheinland teilung für Kooperationspartner, um dern auch die flotte, sehr persönliche getourt und haben täglich Stories das Projekt auch wirtschaftlich auf eine Erzählweise. Auf Instagram erhalten die produziert – locker, unterhaltsam, solide Basis zu stellen. #RheinStories 21.000 Likes. spannend, lehrreich. Das Projekt ist glänzend gemacht, gut durchdacht Vor allem suchen sie abwechslungs- Jeden Tag recherchieren, moderieren und super strukturiert. Ein gelunge- reiche Geschichten, die sich nach der und erstellen sie eine Instagram-Story nes Beispiel für guten Lokaljournalis- Lebenswirklichkeit junger Menschen auf dem Kanal @rheinischepost, die mus der Zukunft. zwischen 24 und 45 Jahren richten. live gesendet wird. Außerdem produ- Dazu schöne Orte und Alltagshelden. zieren sie einen wöchentlichen Rhein- Link: Nachhaltigkeit, Heimatliebe und Frei- Stories-Podcast, in dem sie von den Instagram: www.instagram.com/ heit sind die Grundthemen. Dazu das Begegnungen der Woche erzählen und rheinischepost Ziel, den Menschen das Rheinland und auch hinter die Kulissen ihrer Arbeit Podcast: rp-online.de/nrw/rheinsto- seine Besonderheiten näherzubringen. blicken lassen. Mehrere Artikel für Print ries/rheinstories-der-podcast-nach- Bevorzugter Kanal ist Instagram. und Online ergänzen das Paket. Damit haltige-bulli-reise-durchs-rheinland_ verwirklichen die beiden Frauen das aid-51598523 Mehr als 60 Themen haben die beiden bislang größte Multimediaprojekt des RP Online: rp-online.de/nrw/rheinsto- Volontärinnen im Gepäck, als sie sich Verlags. ries/, https://interaktiv.rp-online.de/ im Sommer 2020 mit einem elektrisch rheinstories umgebauten T1-Bulli auf die Reise Könemann und Ludwig, die inzwischen durch das Rheinland machen. In acht als Redakteurinnen beim WDR arbei- Kontakt: Wochen besuchen sie acht Regionen, ten, bekommen viel positive Resonanz Maren Könemann, Redakteurin, verbringen 55 Nächte im Dachzelt und auf ihre RheinStories. Das Projekt zeige, derzeit WDR produzieren täglich Geschichten. dass sich auch junge Menschen für T +49 178 628 8917 lokale Themen interessieren, wenn kontakt@marenkoenemann.de Die Themenpalette reicht vom Borus- die Geschichten auf den richtigen sia-Fan bis zum Karnevalswagenbauer, Plattformen stattfinden und zielgrup- Marie Ludwig, Redakteurin, derzeit pengerecht aufbereitet seien. WDR/funk T+49 / 173 828 2850 Tipp: post@marieludwig.de Medium: Rheinische Post „Wichtig sind vor allem: genügend Teampower für Auflage: 262.500 qualitatives Community-Management, strukturier- Verbreitungsgebiet: Nordrhein- tes Story-Scripting, genug Puffer zwischen Produk- Westfalen Anzahl Lokalteile: 19 tion und Ausstrahlung – und ganz viel rheinisches Redaktionsgröße: 230 „Lebensjeföhl“ ;).“
Preisträger 15
16 Gedenkseite für Die Erfindung Corona-Tote eines Verbrechens Für die Toten der Pandemie gibt es keine große 34 Jahre nach dem Tod eines Mosambikaners in der Trauerfeier. Diese Menschen verschwinden leise. DDR wird aus dem Unglück ein Gewaltverbrechen. Die Der Berliner Tagesspiegel ruft für sie ein Online- Berliner Zeitung deckt die Geschichte einer Lüge auf. Gedenkprojekt ins Leben. Der 23-jährige DDR-Vertragsarbeiter Manuel Diogo stirbt Zu den täglichen Meldungen rund um die Corona-Pan- 1986 bei einer Zugfahrt in Brandenburg. Für die DDR- demie gehört die Zahl der Verstorbenen. Auch in der Behörden ist es ein Unfall. Aber mehr als 30 Jahre später Redaktion des Tagesspiegels sind sie Alltag. Ende des Jah- heißt es plötzlich, der Mosambikaner sei von Neonazis res 2020 beschließt die Story-Redaktion, den Zahlen etwas ermordet worden. Die Staatsanwaltschaft rollt den Fall entgegenzusetzen. Sie will den Toten ein Gesicht geben, neu auf. Ein Historiker aus dem Westen hat die These vom mahnen und auch trösten. Neonazimord aufgestellt. Die Stasi habe den Mord ver- tuscht. Zeitungen und Fernsehen verbreiten die Mord- Zusammen mit dem Team des Innovation Lab wird eine these, Bücher werden dazu veröffentlicht. Online-Gedenkseite eröffnet für jene, die an und mit COVID-19 gestorben sind. Dort wird ihre Geschichte in klei- Anja Reich und Jenni Roth von der Berliner Zeitung recher- nen Texten erzählt. Am Verfassen der Nachrufe beteiligen chieren, was damals wirklich passiert ist. Sie finden her- sich diverse Autorinnen und Autoren des Tagesspiegels. aus: Es gibt keinen Hinweis auf einen Mord. Sie erzählen Die Informationen kommen von Hinterbliebenen, die sich die Geschichte einer Lüge und wie sich ein ganzes System per E-Mail melden. darum herum bilden konnte, zu dem Zeitungen, Fernseh- sender, Buchverlage, Historiker und Politiker gehören. Die Gedenkseite, die laufend aktualisiert wird, erhebt keinen Alle haben sich schnell auf eine Seite geschlagen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Allerdings findet sich für jeden die andere richtig geprüft zu haben. Bei der Recherche Corona-Toten Berlins eine digitale Kerze. Als die Seite kurz wird klar: Es geht gar nicht um Fakten, sondern darum, vor Weihnachten erscheint, sind es bereits über 1.000 Ker- wie DDR-Geschichte heute erzählt wird. zen. Im Januar kommen 1.005 neue Flammen hinzu, so viele Tote wie in keinem anderen Monat der Pandemie. Auch Die Redakteurinnen veröffentlichen ihre Recherchen in diese Botschaft wollen die Macher der Seite geben: Passt auf einem Report, beleuchten die Hintergründe in mehreren euch und auf die Menschen um euch herum auf. Auch im Artikeln und Porträts. Sie arbeiten den Fall in einem mehr- Blatt wird das Projekt mit mehreren Seiten begleitet. teiligen Doku-Podcast auf. Link: Link: interaktiv.tagesspiegel.de/lab/den-toten-der- www.berliner-zeitung.de/podcast/wie-aus-einem-tragi- coronapandemie schen-unfall-ein-brutaler-neonazi-mord-wurde-li.125336 Kontakt: Kontakt: Maris Hubschmid, Stellvertretende Ressortleiterin Story Anja Reich, Teamchefin Dossier dritte@tagesspiegel.de anja.reich@berlinerverlag.com Jenni Roth, Redakteurin – Schwerpunkt Podcast Medium: Der Tagesspiegel T +49 163 235 7646 Auflage: 110.000 jenni.roth@berlinerverlag.com Verbreitungsgebiet: Berlin Anzahl Lokalteile: 2 Medium: Berliner Zeitung Redaktionsgröße: 130 Auflage: 87.000 (Verbreitung 3/2020), Reichweite: 0,28 Mio. (MA 2019) Verbreitungsgebiet: Berlin und Region Anzahl Lokalteile: 1 Redaktionsgröße: 150
Auswahlliste 17 Ein Abgeordneter Mit Auswanderern auf Abwegen um die Welt Im Wahlkampf machte sich Nikolas Löbel für Tausende Sachsen-Anhalter sind ausgewandert, leben bezahlbaren Wohnraum stark. Doch er selbst heute irgendwo auf der Welt. Die Mitteldeutsche Zei- vermietet teure Wohnungen. Nur eine von vielen tung stellt einige von ihnen in einer Serie vor. Ungereimtheiten. Sie leben in New York, Toronto oder Moskau, in Peru, Boli- Der Mannheimer Nikolas Löbel zieht 2017 für die CDU in vien oder auf Saba in der Karibik. Es sind einige der vielen den Bundestag ein. Drei Jahre später gerät der Politiker Menschen, die Sachsen-Anhalt verlassen haben. Wie sieht in die Kritik. Grund sind seine privaten und unternehme- ihr Alltag aus, die Arbeit, ihre Beziehungen? Wie hoch ist die rischen Aktivitäten. Der 34-Jährige vermietet Wohnun- Miete, wie groß die Wohnung? Was ist ihr Lieblingsplatz? Was gen über Kurzzeitwohnportale, für andere Wohnungen aus ihrer alten Heimat vermissen sie? In der Serie werden verlangt er eine teure Miete. Einem langjährigen Mieter sehr persönliche Geschichten von Auswanderern erzählt. seines Hauses hat er gekündigt und die Wohnung – wesentlich teurer – weitervermietet. Dabei hatte sich Betreut wird die Serie von der freien Autorin Janine Gürtler, Löbel im Wahlkampf 2017 für die Schaffung von mehr die selbst ausgewandert ist und von den USA aus arbeitet. und bezahlbarem Wohnraum starkgemacht. Sie findet Protagonisten mithilfe sozialer Netzwerke, Mund- propaganda und viel Beharrlichkeit. Fotos und Videos liefern Stefan Proetel recherchiert diese Geschäftspraktiken die Protagonisten. Per Selfie-Video zeigen sie ihre Wohnung, und die Hintergründe für den Mannheimer Morgen und ihr Umfeld, berichten von ihrem Alltag. stößt auf immer mehr Ungereimtheiten. Etwa bei der Untervermietung von Räumen der CDU-Geschäftsstelle Die Serie will neue Perspektiven auf andere Länder eröffnen an Löbels Firma. Trotz der wachsenden Kritik steht die und zugleich den Bezug der Protagonisten zu ihrer alten Mehrheit des Kreisverbands hinter dem Politiker, viel- Heimat zeigen. Warum sind sie ausgewandert? Hatten sie mehr wird der Reporter angefeindet. Löbel geht juristisch Zweifel? Denken sie daran zurückzukehren? gegen die Berichterstattung vor. Seine Partei duckt sich weg und mauert. Proetel bleibt unverdrossen dran. Seine Die Serie erscheint jeden Monat im Print und auf mz-web. investigativen Recherchen über Löbels Geschäfts- und de. Die Videos können mit der App „MZ virtuell“ abgespielt Politikstil finden wenige Monate darauf eine Bestätigung. werden. Zusätzlich werden sie für Instagram aufbereitet. Beim Kauf von Corona-Masken kassiert Löbels Firma Die Abrufzahlen sind überdurchschnittlich. hohe Provisionen. Der Politiker muss zurücktreten. Kontakt: Link: Stefan Proetel, Ressortleiter Lokales/Regionales www.mz-web.de und Mitglied der Chefredaktion T +49 621 392-1338 Das Team: sproetel@mamo.de Idee, Layout, Produktion: Jessica Quick Recherche, Umsetzung, Briefing: Janine Gürtler Medium: Mannheimer Morgen Illustration: Tobias Büttner Auflage: 45.000 (Mannheimer Morgen und Südhessen Morgen) Kontakt: Verbreitungsgebiet: Mannheim, Teile des Jessica Quick, Ressortleiterin Neue Medien/Sonderprojekte Rhein-Neckar-Kreises, Südhessen T +49 345 565 4020 Lokalteile: 2 (Mannheimer Morgen und jessica.quick@mz.de Südhessen Morgen) Redaktionsgröße: 60 Medium: Mitteldeutsche Zeitung Auflage: ca. 146.000 Reichweite Online: 12 Mio. Visits, 4 Mio. Unique User Verbreitungsgebiet: Südliches Sachsen-Anhalt Anzahl Lokalteile: 17 Redaktionsgröße: ca. 150
18 Fakten und Schmerzmittel Erfolgsgeschichten im Sport Fünf Jahre nach dem berühmten Satz der Kanzlerin zur Schmerzmittel gelten im Amateursport als kleines Flüchtlingspolitik erzählt die Neue Presse Hannover Doping. Wie verbreitet und wie gefährlich der Miss- Geschichten von Flüchtlingen, die es geschafft haben. brauch ist, zeigt eine Serie der Heidenheimer Zeitung. „Wir schaffen das“, sagte Angela Merkel im August 2015. Ein ARD-Beitrag über Schmerzmittelkonsum im Fußball Fünf Jahre danach fragt die Redaktion der NP: Was hat die- ist für die Zeitung der Anlass, auf lokaler Ebene nachzu- ses Land und was haben die Flüchtlinge tatsächlich erreicht? fragen. Denn offenbar ist das Thema nicht nur im Profi- sport präsent. Reporter Marc Hosinner will herausfinden, Als Antwort darauf entsteht eine Serie mit acht Folgen in wie Athleten in und um Heidenheim mit Schmerzmitteln Print und Online. Die Autorinnen und Autoren stellen sechs umgehen. Er verteilt einen Fragebogen an Sportler und Geschichten von Flüchtlingen vor. Sie berichten von ihrem Mannschaften aus unterschiedlichen Disziplinen. 100 beschwerlichen Weg nach Hannover und davon, wie sie es Sportler geben anonym Antworten. geschafft haben. Erzählt wird von einem jungen Mann aus Pakistan, der heute Auszubildender in einer Tischlerei ist. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, aber dennoch Von einer jungen Frau aus Syrien, die ihr Abitur geschafft überraschend. 41 Prozent der Befragten geben an, dass hat. Von einem syrischen Paar, das neue Berufe erlernt hat. sie auf Schmerzmittel zurückgreifen. Die meisten neh- men die Pillen bei Verletzungen oder Schmerzen, was ja Zum Auftakt der Serie gibt die Redaktion Antwort auf Sinn der Sache ist. Aber immerhin ein Viertel von ihnen 50 Fragen: Wie viele Menschen kamen seit 2015 nach nimmt die Mittel vor einem Wettkampf oder einem Spiel. Deutschland und Hannover? Was hat das die Stadt gekos- Und hier sprechen Experten bereits von Missbrauch. tet? Wie viele sind an der Universität immatrikuliert? Wie entwickelt sich die Zahl der von Flüchtlingen begangenen Nach fünf Monaten Vorarbeit verarbeitet Hosinner die Straftaten? Am Ende der Serie zieht ein Sozialpsychologe Recherchen zu einer fünfteiligen Serie. Darin beschreibt ein – überwiegend positives – Fazit. er die Fakten für Heidenheim und Umgebung, er spricht mit Sportlern und Betreuern über ihre Erfahrungen, Zur Planung gehört neben den Inhalten auch die Optik. Zah- befragt Mediziner und eine Politikerin. Vor allem schildert len und Daten für Grafiken müssen beschafft werden. Die er die Nebenwirkungen der rezeptfreien Analgetika, die Visualisierung soll dem Thema gerecht werden und seine offenbar von vielen Sportlern unterschätzt werden. Aussage sichtbar machen. Das Team: Link: Idee und Konzept: Zoran Pantic Zusätzlich zu der Serie in Print und Online gibt es auch Autoren: Petra Rückerl, Josina Kelz, Britta Lüers, einen Podcast zum Thema: www.hz.de/sport/mehr/ Christian Bohnenkamp, Andreas Krasselt, Zoran Pantic podcast-unterm-dach-_33_-warum-amateursportler- Layout und Grafik: Mirja Pflug, Sigrun Fleischhauer aus-dem-kreis-heidenheim-zu-schmerzmitteln-grei- fen-53514863.html Kontakt: Mirja Pflug, Art Director Kontakt: T +49 511 121 222 08 Marc Hosinner, Reporter/Rechercheteam pflug@neuepresse.de Heidenheimer Zeitung T +49 732 134 7163 Medium: Neue Presse marc.hosinner@hz.de Auflage: 37.000 Verbreitungsgebiet: Stadt und Region Hannover Medium: Heidenheimer Zeitung Anzahl Lokalteile: Vollredaktion mit lokaler Berichterstat- Auflage: 23.000 tung in allen Ressorts Verbreitungsgebiet: Landkreis Heidenheim Redaktionsgröße: 29 Redakteure, 1 Fotograf, 3 Layouter Anzahl Lokalteile: 1 Redaktionsgröße: 20
Auswahlliste 19 Jahrmarkt virtuell Das Märchen und „dahoam“ vom schnellen Geld Für die Menschen und die Mittelbayerische Zeitung Eine Frau aus dem Schwarzwald ist die meistgesuchte gehört der „Gillamoos“ zur Hallertau. Als 2020 das Betrügerin der Welt. Volontärin Tamara Keller macht Fest abgesagt wird, initiiert die Redaktion den „Gilla- sich für die Badische Zeitung auf Spurensuche. moos dahoam“. Ein Podcast der BBC bringt Tamara Keller auf das Thema. Eine umfangreiche Berichterstattung über den Jahrmarkt In „The Missing Cryptoqueen“ wird von einer weltweit „Gillamoos“ hat für die Mittelbayerische Zeitung Tradition. gesuchten Betrügerin erzählt, die in einer Kleinstadt im Seit 2018 geht die Redaktion dabei neue Wege, schreibt Schwarzwald aufgewachsen ist. Mit der angeblichen Krypto- und sendet auf allen Kanälen bis hin zum Web-TV vom währung OneCoin hat sich die Frau Gelder in Milliarden- Festplatz. Für 2020 wurden die Pläne ausgebaut und ver- höhe erschwindelt. Seit 2017 ist sie spurlos verschwunden. feinert. Dann kommt die coronabedingte Absage. Keller fokussiert sich auf die Betroffenen, über die bisher Benjamin Neumaier von der Lokalredaktion Kelheim niemand berichtet hatte. Über mehrere Aufrufe findet sie (inzwischen Leiter Videoredaktion) organisiert in enger Opfer des Betrugs in Südbaden. Sie erzählen von OneCoin- Zusammenarbeit mit der Stadt Abensberg einen virtuel- Informationstreffen, auf denen versprochen wurde, dass len Ersatzjahrmarkt: den „Gillamoos dahoam“. Hauptbe- sie mit der neuen Kryptowährung schnell Geld verdienen. standteil soll die Web-TV-Show Gillamoos-TV werden, um Davon, dass sie naiv daran geglaubt und in ein Schneeball- das nötige Gillamoos-Gefühl in die heimischen Wohnzim- system investiert haben. mer zu bringen. So entsteht ein 75-minütiges Liveformat in einem eigens eingerichteten Studio. Mehrere Teaser- Die Journalistin spürt dem Leben der Frau nach, die als Videos sorgen für Spannung und machen Vorgeschmack Strippenzieherin des Betrugs gilt. Und sie recherchiert die auf mehr. Eine Spendenaktion für Jahrmarktskaufleute, schleppende Aufklärung des Falls. Dabei findet sie heraus, eine Gillamoos-Wiese, die virtuell besucht werden kann, dass in Deutschland gerade einmal zehn Strafanzeigen eine virtuelle Bierprobe und real existierende Markt- bekannt sind, obwohl bundesweit 360 Millionen Euro ver- stände für Gillamoos-Artikel to go runden das Konzept ab. untreut wurden. Viele Opfer schämen sich, andere glauben weiterhin an die Geldvermehrung. Das Format kommt gut an. Gillamoos-TV erreicht über die Website und Facebook-Kanäle der Zeitung insgesamt Nach Veröffentlichung des Reports melden sich weitere rund 186.500 User. 25.000 Menschen sind live dabei. Betroffene. Die Journalistin bleibt an der Geschichte dran. Link: Link: video.mittelbayerische.de/region/kelheim/gillamoos-tv- www.badische-zeitung.de/der-weltweit-groesste-kryp- 2020-wird-dahoam-gefeiert-23776-vid73941.html towaehrungsbetrug-hinterliess-auch-spuren-in-heiters- heim—201196629.html (bezahlpflichtig) Kontakt: tamara-keller.net/portfolio/wie-die-schramberger-krypto- Benjamin Neumaier, Leiter Videoredaktion queen-menschen-aus-suedbaden-schaedigte/ T +49 944 120 324 benjamin.neumaier@mittelbayerische.de Kontakt: Tamara Keller, zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes Medium: Mittelbayerische Zeitung Volontärin, jetzt Redakteurin Redaktion Emmendingen Auflage: 95.500 (Regionalausgabe Kelheim: 10.700) T +49 761 496 9764 Verbreitungsgebiet: Ostbayern (Oberpfalz, keller@badische-zeitung.de Niederbayern) Anzahl Lokalteile: 13 Medium: Badische Zeitung Redaktionsgröße Lokalredaktion Kelheim: 7 Redak- Auflage: 129.000 teure, 1 Pauschalist, 2 Reporter mit Zeitkontingent Verbreitungsgebiet: Südbaden Anzahl Lokalteile: 12 Lokalausgaben Redaktionsgröße: 150
20 Täglicher Blog über das Familienleben in Corona-Zeiten Wie verändert sich das tägliche Leben einer Familie in Zeiten der Pande- Link: mie – ohne Schule, Sportvereine und öffentliche Freizeitmöglichkeiten? morgenweb.de/zwangsauszeit Eva Baumgartner, Redakteurin beim Mannheimer Morgen und Mutter von vier Kindern, schreibt darüber in einem täglichen Blog. Vom ersten Kontakt: Tag des Lockdowns bis heute. Eva Baumgartner, Redakteurin in der Lokalredaktion des Mann- Die Idee entsteht in der Kantine. Als breitungsgebiet ein, Berichte über ver- heimer Morgen der erste Lockdown beginnt, wird Eva hängte Ausgangssperren, aktuelle Inzi- T +49 621 392-1317 Baumgartner von Kollegen gefragt, denzzahlen, ebenso bundesdeutsche ebaumgartner@mamo.de wie es für sie und ihre sechsköpfige Geschehnisse oder auch Weltnach- Familie weitergeht. Kurzerhand rich- richten wie etwa die Amtseinführung Medium: Mannheimer Morgen tet sie einen Online-Blog mit dem Joe Bidens als neuer US-Präsident. So Auflage: 45.000 (Mannheimer Titel „Corona-Zwangsauszeit“ ein. entsteht ein umfassendes Bild des Morgen und Südhessen Morgen) Dort berichtet sie seit dem 14. März vergangenen Jahres, jedoch mit ganz Verbreitungsgebiet: Mannheim, 2020, Tag 1 des ersten Lockdowns in persönlichem Einschlag. Die Länge Teile des Rhein-Neckar-Kreises, Deutschland, täglich – sieben Tage und Form der Beiträge ist variabel, Südhessen die Woche – mit Texten, Bildern und an manchen Tagen sind es wenige Lokalteile: 2 (Mannheimer Morgen Videos vom Familienleben in Corona- Sätze, in anderen Fällen sind es Glos- und Südhessen Morgen) Zeiten. sen, Videos oder längere Berichte. Redaktionsgröße: 60 Baumgartner erzählt vom Alltag mit Baumgartner setzt dieses sehr persön- vier sportbegeisterten Kindern ange- liche, lokale und digitale Corona-Pro- sichts geschlossener Sportstätten, jekt komplett in Eigenregie um – neben vom neuen Leben als Reservelehrerin, ihrer normalen Tätigkeit als Redakteu- vom Dauereinsatz zwischen Kindern, rin in der Lokalredaktion Mannheim. Küche, Homeoffice, von Omas, die Das Format kommt an. Leserinnen und unter der Distanz leiden, und Freun- Leser melden sich, berichten von ähn- den, die Existenzsorgen haben. Aber lichen Erfahrungen und davon, dass die es geht auch um schöne Momente, Lektüre des Blog-Eintrags mittlerweile Mitgefühl, Entschleunigung, Nähe zu ihrem täglichen Ritual gehöre. und Zusammenhalt. Auch mehr als 500 Tage nach der Ziel ist, den Leserinnen und Lesern des ersten Veröffentlichung geht der Blog Mannheimer-Morgen-Onlineauftritts weiter. Noch immer gibt es täglich Neu- Mut zu machen, die Menschen zum igkeiten zu Corona, die Auswirkungen Lachen oder auf andere Gedanken zu auf das Familienleben haben und die bringen. Menschen beschäftigen. Die Autorin kann sich auch vorstellen, ihr Projekt Immer wieder fließen in den Blog in eine Art Familienblog umzuwandeln, auch lokale Ereignisse aus dem Ver- sollte die Pandemie überstanden sein. Denn, so Baumgartner: „Mit vier Kin- dern passiert immer etwas.“ Tipp: „Bei einem täglichen Corona-Blog sollte zwar auf aktuelle Geschehnisse reagiert werden, doch es gibt durchaus Tage, an denen nichts zum Thema passiert. Deshalb ist es ratsam, immer einige zeit- lose Blog-Einträge auf Vorrat zu produzieren – Glossen eignen sich dafür prima.“
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