MENSCH oder Maschine? - Freudenberg Sealing Technologies
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FREUDENBERG SEALING TECHNOLOGIES GAR NICHT FUTURISTISCH EINFACH MACHEN MENSCH Interview mit der Robotik-Professorin Was hinter „Automatisierung Selma Šabanović. für alle“ von Kuka steckt. oder Maschine? NATUR ALS BLAUPAUSE 2_ 21 Faszinierende Roboter ahmen die Bewegungen von Lebewesen nach. das magazin
Titelthema 3 I N F Ü N FZ I G WO RT E N FREUDENBERG SEALING TECHNOLOGIES Roboter faszinieren. Sie stehen seit jeher für Hoffnungen, aber auch für Ängste. Einst große Maschinen in Fabriken, dem- ESSENTIAL DAS MAGAZIN – #2 2021 GAR NICHT FUTURISTISCH EINFACH MACHEN MENSCH Interview mit der Robotik-Professorin Was hinter „Automatisierung Selma Šabanović. für alle“ von Kuka steckt. oder Maschine? NATUR ALS BLAUPAUSE 2_ 21 Faszinierende Roboter ahmen die Bewegungen von Lebewesen nach. das magazin nächst Kollegen, Fahrzeuge, winzig oder virtuell! Autonome Helfer erobern Branchen und Lebensbereiche. Doch was ist ein Roboter? Was soll er können? Auf der Suche nach Intelligenz und Interaktion, nach Mechanik, Ethik und Emotionen.
4 Essay Essay 5 Mensch oder Maschine? Von Claus Möhlenkamp, Chief Executive Officer, Freudenberg Sealing Technologies Der Traum vom Roboter ist alt – sehr alt. Schon die Griechen einer ist, wenn ich einen sehe.“ Engelberger verstarb 2015, Bewegung ist auch längst in den Markt der Industrieroboter schneller als das modernste Neuronennetzwerk. Es wird auch der Antike erzählen die Sage der belebten Bronzestatue Talos, und vielleicht käme selbst er heute beim zweiten Satz ins gekommen, auch hier lernen die Maschinen hinzu, sollen im- in Zukunft Entwicklungen geben, die uns überraschen – und im buddhistischen Indien stellte man sich vor dreitausend Jah- Schleudern: Roboterhunde, autonome Fahrzeuge, Chatbots, mer selbstständiger arbeiten oder sich fortbewegen und mit andere, die nicht so schnell Realität werden wie erwartet. ren Automaten als Grabwächter vor. Ingenieure aus Rom, der Mars-Rover, Mähroboter, einarmige Industriemaschinen – menschlichen Mitarbeitern kommunizieren. Mensch und Athen oder Ägypten konstruierten bereits vor langer Zeit die Vielfalt an Robotern und autonomen Geräten ist immens Maschine heißt es hier. Sehr alt ist auch die damit verbunde- Klar ist: Der Robotermarkt wird weiter wachsen. Und es wer- Maschinen und Statuen, die sich täuschend echt bewegten, geworden. Und gerade unter Experten wird darüber gestrit- ne Angst der Menschen, dass Roboter einmal intelligenter den auch Fortschritte in der Mechanik hinzukommen. Noch wenn auch vermutlich mit Hydraulik und Drähten. Seit Jahr- ten, wo die Definition des Roboters anfängt. sein werden als wir – und am Ende gar die Weltherrschaft präziser arbeitende Gelenke, die noch mehr Branchen und tausenden sinnieren die Menschen darüber, ob nicht intelli- übernehmen. Diese Angst fußt zum Teil auf einem Missver- Einsatzbereiche erobern, teilweise unter Extrembedingungen, gente Mensch-Maschinen unsere Arbeit übernehmen könn- So sind Software-Bots auf den ersten Blick weit entfernt von ständnis von Intelligenz: Maschinen können Begriffe benut- von der Arktis bis zur Tiefsee. Das alles bedeutet, dass die ten. Und überlegen gleichzeitig, welche Chancen und Risiken Robotik, schließlich existieren sie nur virtuell. In dem, was sie zen oder interpretieren, ohne jemals zu verstehen, was der Ansprüche an Dichtungen steigen – und damit die Chance für darin stecken. Roboter faszinieren. tun, sind sie autonomen Maschinen aus Metall und Kunststoff Begriff tatsächlich bedeutet. Intelligenz ist nicht nur Rechen- uns als Freudenberg Sealing Technologies, unser Know-how aber erstaunlich ähnlich: eigenständig arbeiten, selbstständig leistung, sondern umfasst Sinne, Emotionen und Vorstel- und unsere Qualitätsansprüche auszuspielen. Auch dazu Nun waren die Automaten der antiken Sagen und die frühen hinzulernen, mithilfe von künstlicher Intelligenz auf unvorher- lungskraft. Themen, von denen selbst modernste Roboter haben wir Beispiele in der aktuellen Ausgabe der ESSENTIAL Apparate noch keine „richtigen“ Roboter. Der berechtigte gesehene Ereignisse reagieren. Die Fortschritte in der Informa- noch sehr weit entfernt sind oder die sie möglicherweise gesammelt. Wir sind neugierig auf diese Zukunft und wir sind Einwand führt uns allerdings direkt zur Frage, was genau das tionstechnologie haben uns komplett neue Möglichkeiten niemals beherrschen können. überzeugt, unseren Beitrag dazu leisten zu können. Die Robo- eigentlich ist, ein „richtiger Roboter“. „Ich kann nicht genau eröffnet. In den USA verfügt jeder Haushalt statistisch bereits ter des 21. Jahrhunderts werden keine versteckten Drähte sagen, was ein Roboter ist“, wird Joseph Engelberger zitiert, ei- über sechs intelligente und vernetzte Geräte, vom Smart- Tatsächlich sollten wir nicht vergessen, dass die Geschwindig- mehr haben wie ihre Vorgänger aus der Antike – aber sehr ner der Pioniere industrieller Robotik: „Aber ich weiß, dass es phone über das Auto bis zum Staubsauger. Noch sind viele keit des Fortschritts in der Robotik häufig auch überschätzt viele von ihnen werden Dichtungen besitzen. dieser Geräte keine Roboter, aber sie beginnen bereits damit, wurde. Als die Anfänge der künstlichen Intelligenz in den Informationen über uns zu sammeln, diese zu interpretieren 1950er Jahren entwickelt wurden, erwartete man innerhalb und im wahrsten Sinne des Wortes mit uns zu interagieren. Bis eines Jahrzehnts, menschliche Sprache interpretieren zu kön- zu dem, was die meisten von uns „Roboter“ nennen würden, nen – bis heute haben Roboter damit ihre Probleme. Es gilt Roboterhunde, autonome ist der Schritt gar nicht mehr so weit. Gleichzeitig wirkt die steigende Vernetzung intelligenter Geräte wie ein Katalysator noch immer das in den 1980er Jahren formulierte Paradox von Hans Moravec: Die schwierigsten Herausforderungen für Ro- Die schwierigsten Heraus- Fahr zeuge, Chatbots – für das gesamte Segment der Serviceroboter, die so auf noch boter sind oft diejenigen, die uns Menschen am einfachsten forderungen für Roboter mehr Informationen zugreifen können und sich leichter per die Vielfalt an Robotern Endgerät steuern lassen. Serviceroboter erobern alle Branchen: fallen. Dazu zählen vor allem unsere Wahrnehmung und unse- re Motorik. Trotz Innovation in der Sensorik nehmen viele fallen uns Menschen of t ist immens geworden. Logistik, Sicherheit, Bildung, Einzelhandel oder Medizin und Maschinen bis heute ihre Umgebung noch immer nicht gut am einfachsten. Pflege. Die aktuelle Ausgabe der ESSENTIAL wirft Schlaglichter wahr und scheitern daran, Gegenstände vom Boden aufzuhe- auf einige dieser Branchen und Einsatzmöglichkeiten. ben. Je nach Maßstab lernen Kleinkinder zehn- bis tausendmal
14 48 Interview Android an der Tafel Inhalt Robotik-Professorin Selma Wo können Roboter Šabanović im Interview über tech- in der Pädagogik eine sinnvolle nischen Fortschritt und Emotionen. Rolle spielen? 03 04 08 42 46 In fünfzig Worten Essay Bilderstrecke Kein Tropfen Öl Herz und Drehzahl Roboter: Mensch Warum der Roboter Roboter entspringen Comics, Neue Roboter-Arbeitsbe- In Weinheim werden oder Maschine? uns Menschen unterstützen Muskeln und reiche: Andere Anforde- Getriebe, Schmierstoffe so fasziniert. erkunden Unerforschtes. rungen an Dichtungen. und Dichtungen getestet. 20 27 28 52 59 Automatisch autonom? Zahlencheck Zwei Arme und drei Sterne Mähst du noch? Jetzt erzähle ich Wie unsere Sicht auf das Vor 101 Jahren erblickte Vollautomatische Restau- Mähroboter müssen auch Künstliche Intelligenz hilft Auto den Blick auf auto der Begriff Roboter das rants und Küchenhelfer unter rauen Bedingungen uns im Alltag. Dabei agiert sie nome Fahrzeuge prägt. Licht der Welt. sind auf dem Vormarsch. dauerhaft funktionieren. logisch … und stupide. 30 33 40 60 64 68 Greifen oder Denken Essenziell – Sensoren Infografik Nicht mehr wegzudenken Organisierte Ameisen Wissenswert Warum es so schwierig ist, Ein kleines Bauteil ist ent- Die Robotik ist weltweit auf Zwei Protagonisten berich- Autonome Roboter Neues aus der Welt die menschliche Hand zu scheidend für Innovation dem Vormarsch: im Industrie- ten, wie ihre Firmen und Län- bringen Güter sicher von Freudenberg Sealing imitieren. in der Robotik. wie im Servicesektor. der von Robotern profitieren. und präzise ans Ziel. Technologies. 22 34 54 „Tupfer bitte, Einfach machen Copyright by nature Doktor Roboter“ Was hinter der Kuka- Der Mensch lässt sich Wie Roboter Medizin und den Strategie „Automatisierung von der Natur inspirieren. Ärztealltag verändern. für alle“ steckt. Auch bei der Robotik.
Deep Deep Down In die Sphären, in die der Mensch nicht vordringen kann, entsen- det er Roboter. So gelingt es ihm, sich ein Bild von unbekannten Welten zu machen und sein Wissen zu mehren. Doch nicht nur auf weit entfernten Planeten vertrauen Forschende auf die High- tech-Maschinen. Auch auf der Erde erkunden sie Orte mit deren Hilfe. Etwa die Tiefsee. Selbst mit Spezialtauchbooten drang der Mensch noch nicht bis an die tiefste Stelle im pazifischen Maria- nengraben vor. Das gelang bislang nur Robotern. Zuletzt im März 2021 einem Softbot der Universität von Hangzhou. Bestimmte Tauchroboter können inzwischen Tieren autonom folgen und so deren Lebensweise dokumentieren. Das hier abgebildete Exem plar wird zur Inspektion von Öl- und Gasleitungen im Südchinesi- schen Meer genutzt.
Stabiles Korsett Krebstiere und Insekten besitzen ein Exoskelett. Es schützt und stützt – wie es das bei diesen Zikaden getan hat – den Körper mit seiner verstärkenden äußerlichen Struktur. Der Mensch hat sich davon inspirieren lassen. Schon in den 1960er Jahren gab es Versuche, das Heben schwerer Lasten durch maschinelle Hilfe zu erleichtern. Heute sind Exoskelette funktional und leicht. Die trag- bare Robotik registriert, wenn Muskeln angespannt und Bewegun- gen ausgeführt werden, und unterstützt diese automatisch. Exo- skelette helfen in der Produktion und Logistik beim Heben schwerer Gegenstände sowie bei Überkopf- und Überschulterarbeiten. Auch die Medizin macht sich Exoskelette zunutze. Dort ermöglichen sie älteren und gehbehinderten Menschen, wieder auf eigenen Beinen zu stehen und eigenständig kurze Strecken zu gehen.
Reale Fiktion In Japan erfreuen sich Roboter ganz besonders großer Populari- tät. Beflügelt wird diese seit vielen Jahrzehnten durch zahlreiche Animationsfilme. Auf das Jahr 1979 geht das erfolgreiche Gun- dam-Franchise zurück. In der ersten TV-Produktion spielte eine Einheit von Kampfrobotern unter just diesem Namen eine zen trale Rolle. Es folgten Manga-Hefte und Kinofilme, die Fanszene wuchs. Im letzten Jahr schaffte ein Roboter der Serie gar den Sprung in die Realität … auf denkbar imposante Weise. Im Hafen von Yokohama steht eine 18 Meter große und 25 Tonnen schwe- re Version des Riesenroboters Gundam RX-87-2. Die Realisierung der Touristenattraktion erforderte sechs Jahre Entwicklungs- und Bauzeit. 24 bewegliche Teile erlauben es der Figur sogar, sich hinzuknien sowie Arme und Finger zu bewegen.
14 Interview – Dr. Selma Šabanović Interview – Dr. Selma Šabanović 15 „Wir sprechen Dr. Selma Šabanović Außerordentliche Professorin für Infor- matik und kognitive Wissenschaft an der Indiana University, Bloomington, USA. über Robotik, Sie leitet dort das R-House Human- Robot Interaction Lab, das sie selbst ge- gründet hat. Ihre Forschung kombiniert Studien zu Design, Nutzung und Konse- quenzen von sozial interaktiven und assistierenden Robotern. Šabanović ist als läge das in Chefredakteurin der Zeitschrift ACM Transactions on Human-Robot Interaction und Co-Autorin des Buchs „Mensch- Roboter-Interaktion: Eine Einführung“. Das Buch richtet sich insbesondere an Studierende und alle, die sich einen Überblick über den Forschungsstand der Zukunft“ verschaffen wollen. Die Themen reichen von den Teilbereichen der Mechanik bis hin zu ethischen Fragen. Auf Deutsch 2020 erschienen bei Hanser. Roboter und Mensch werden künftig immer enger interagieren. Die Wissenschaftlerin Selma Šabanović von der Indiana University argumentiert sogar: Robotik ist längst in unserem Alltag ange- kommen – wir nehmen sie nur nicht wahr. Ein Gespräch über Emotionen und kulturelle Sichtweisen und warum ausgerechnet Staubsaugerroboter so erfolgreich sind.
16 Interview – Dr. Selma Šabanović Interview – Dr. Selma Šabanović 17 Aber sobald sie Sensoren haben, werden sie zu Robotern. Erst der Sensor bewirkt, dass Maschinen planen und ausführen können.“ FRAU ŠABANOVIĆ, WO FÄNGT ROBOTERSEIN AN? WAS IST MIT DEM AUTONOMEN AUTO? Unternehmen arbeitest, wurden die Mitarbeitenden umge- WAS IST EIN ROBOTER? Auch das ist ein Roboter. Denken Sie an Einparkhilfen oder schult. Das war ein Unterschied. Den spüren wir bis heute. Das ist die große Frage, die viele immer wieder stellen. Und es Abstandskontrolle. Das sind Funktionen, die alle Parameter für wird auch jeder Experte eine leicht andere Antwort haben. Für Robotik erfüllen. Unser Auto steuert selbstständig, basierend INDEM IN JAPAN ROBOTER POSITIVER GESEHEN mich hat das etwas mit Embodiment zu tun. Also einem auf den eigenen Sensoren. Ehrlich gesagt ist das sehr span- WERDEN? Körper mit physischer Interaktion. Roboter können ihre Um- nend: Wir sprechen häufig über Robotik, als läge das in der Denken Sie an die herausragenden Vertreter der Popkultur. welt wahrnehmen und sie können mit ihrer Umwelt interagie- Zukunft. Dinge, die bereits existieren, akzeptieren wir als Im Westen sind es Figuren wie der Terminator. In Japan eher ren. Das würde zum Beispiel Smart Speaker ausschließen, die gegeben. Mit „Roboter“ verbinden wir etwas Futuristisches, Figuren wie der Android Astro Boy, der Krieg und Unrecht ent- zwar künstliche Intelligenz besitzen, aber sich nicht bewegen. aber in gewisser Weise sind sie längst Teil des Alltags. gegentritt. Das heißt nicht, dass jeder Japaner Robotik positiv Paro-Roboter Wobei ein sozialer Roboter wie „Jibo“ im Grunde nicht sehr an- sieht. Aber es gibt Unterschiede, wie sich Geschichten und ders ist – er kann sich nur eben im Raum bewegen, also mit der MAN HAT HÄUFIG DAS GEFÜHL, MENSCHEN HABEN Archetypen im Bewusstsein etabliert haben. Der Paro ist ein robbenähnlicher Umgebung interagieren. ANGST VOR ROBOTERN. WOHER KOMMT DAS? Roboter, dessen Sensoren erken- Die Angst existierte schon, bevor es den Begriff Roboter gab. STAMMEN DAHER AUCH DIE GLOBALEN UNTERSCHIEDE nen können, wenn er hochge- SMART SPEAKER WIE ALEXA ODER ECHO KÖNNEN Es gibt alte Mythen von Maschinen, die so menschenähnlich IN DEN ANWENDUNGSFELDERN? nommen oder gestreichelt wird. LICHT ANSCHALTEN ODER ROLLLÄDEN BEWEGEN. aussehen, dass sie uns täuschen. Das hat mit einer zentralen Das hat häufig mit der Forschungsfinanzierung zu tun. In den Er reagiert mit Geräuschen und Richtig, in dem Sinne wären sie als Teil eines Smart Homes Frage zu tun, die uns als Menschen umtreibt: Was bedeutet USA zum Beispiel investiert die Armee viel in Robotik. In Japan Bewegungen. Studien belegen, sehr wohl Roboter. Menschsein? Woran macht man das fest – am Aussehen, am war es zunächst die Industrie, dadurch wird mehr im Konsu- dass er damit nicht nur das Gefühl Verhalten, an der Seele? Und ist der menschliche Körper nicht mentenbereich entwickelt. Wobei insgesamt das Wachstum von Einsamkeit verringert, son- WO BEGINNT DER UNTERSCHIED ZWISCHEN auch nur eine Maschine? Das beschäftigt uns bis heute. des Segments im Servicebereich nicht ganz so schnell ist, wie dern auch die Beziehungen zwi- AUTOMATISIERUNG UND ROBOTERN? man dachte. Der Staubsaugerroboter Roomba ist eine Erfolgs- schen Bewohnern von Pflegehei- Dort, wo die Maschine ihre Umwelt wahrnimmt und auf sie DAZU KOMMT DAS THEMA ARBEITSPLATZVERLUST …? story, die relativ einzigartig geblieben ist. men stimuliert. Er ist seit 2006 in adaptiv reagiert. Industrieroboter, die das gleiche Teil am Ja, wann immer wir Maschinen erfunden haben, hat das die Japan und seit 2009 in den USA selben Ort bearbeiten, sind Automatisierung. Aber sobald sie Arbeit von Menschen verändert. Aber eigentlich ging es oft WIESO AUSGERECHNET EIN STAUBSAUGERROBOTER? erhältlich. mithilfe von Sensoren dynamisch reagieren können, werden viel mehr um die Frage, wie die Technologie in die Gesellschaft Weil er einen klar definierten Nutzen hat. Er macht das, was er sie zu Robotern. Erst der Sensor bewirkt, dass Maschinen integriert wurde. In westlichen Industriestaaten hat Automati- tun soll, und die Nutzer erwarten von ihm auch kein unglaub- planen und ausführen können und auf Änderungen ihrer sierung zu Entlassungen geführt. In Japan hingegen, wo früher lich fortschrittliches Verhalten. Die Lehre daraus für alle Ent- Umwelt ansprechen. noch der Grundsatz galt, dass du dein Leben lang im selben wickler muss folgende Frage sein: Wo lassen sich existierende
18 Interview – Dr. Selma Šabanović Interview – Dr. Selma Šabanović 19 Wir werden künftigen Gene rationen beibringen müssen: Diese Maschinen sind keine technische Fähigkeiten gut verknüpfen mit dem, was der IST ES EIN PROBLEM, DASS WIR ROBOTERN Mensch gerade benötigt? Schon vor Jahrzehnten hatte man in EMOTIONEN ZUSCHREIBEN? Menschen, auch wenn sie der Logistik die Vision der Lights-out-Factory, der roboter gesteuerten Fabrik – das wird vermutlich so nicht kommen. Das kommt darauf an. Wenn ältere Menschen, die allein sind, ihrem Haustierroboter „Paro“ Gefühle zuschreiben, halte ich Emotionen simulieren!“ STATTDESSEN ARBEITEN MENSCH UND ROBOTER das nicht für schlimm. Dafür sind sie ja entwickelt worden: für den positiven Effekt, Freude zu teilen. Dass wir Dinge HAND IN HAND. vermenschlichen, ist ein Reflex, der uns hilft, sozial zu sein. Die entscheidende Herausforderung ist immer: Wie verheira- Ein Problem wird es aber zum Beispiel, wenn Soldaten ihre ten wir die Stärken eines Roboters mit denen eines Menschen? Roboter, die für die Bombenentschärfung vorgeschickt wer- Kollaboration wird das Stichwort der Zukunft. den, vermenschlichen. Und sich dann selbst in Gefahr bringen. Solches Verhalten wurde schon beobachtet. Da werden wir DAFÜR ABER MÜSSEN ROBOTER LERNEN, künftigen Generationen beibringen müssen: Diese Maschinen MENSCHEN KORREKT ZU INTERPRETIEREN … sind keine Menschen, auch wenn sie Emotionen simulieren! Smart Speaker verstehen Kinder oft nicht, weil Kinder anders sprechen als Erwachsene. Wir haben am Institut gerade ein HAT UNSERE GESELLSCHAFT EINE FALSCHE Forschungsprojekt für Robotereinsätze mit älteren Menschen, VORSTELLUNG VON DER ZUKUNFT DER ROBOTER? also zum Beispiel zum Einsatz in der Pflege. Auch Senioren Es gibt auf jeden Fall sehr verschiedene Vorstellungen. Die sprechen anders als junge Erwachsene. Ingenieure und Ent- eine ist geprägt von Filmen und Büchern. Eine Zukunft, in der wickler müssen da umdenken. Früher wurden Roboter an den Roboter als Individuen herumlaufen. Aktuell sind sie aber sehr zehn Mitarbeitenden im Labor getestet. Aber damit entwickelt limitiert. Die Eingangsfrage, mit der wir gestartet sind, be- man möglicherweise an der Zielgruppe vorbei. Wenn wir von schreibt ja eine komplexe Herausforderung: die Interaktion Roboter-Mensch-Interaktion sprechen, sollten frühzeitig die mit der Umwelt. Wir werden noch lange nicht so weit sein, richtigen Fragen gestellt werden: Was soll der Roboter kön- dass Roboter in Menschengestalt herumlaufen und mit den nen? Was sind die Ziele? Die Limits? Und aus welchen Daten unzähligen Unsicherheitsfaktoren eines Stadtzentrums inter- speist der Roboter sein Wissen? Sonst besteht die Gefahr, dass agieren können. Es gibt aber eine Zukunft, in der Robotertech- ganze gesellschaftliche Gruppen ausgeschlossen werden. nologie in vielen Alltagsdingen implementiert ist, und die ist quasi schon da. Wir haben keine Roboter wie aus dem Film BRAUCHT DER ROBOTER EMOTIONEN, „I, Robot“. Aber Lieferroboter – die sind real. UM KOMMUNIZIEREN ZU KÖNNEN? Das ist eine spannende Frage, weil wir Menschen ständig und IHRE VISION FÜR DIE ROBOTERZUKUNFT? unterbewusst Emotionen in Dinge interpretieren. Wenn ein Heiter, hoffentlich. Und dass der Fokus dabei auf uns Roboter darauf programmiert ist, auf eine Lichtquelle zuzu- Menschen und der Gesellschaft liegt. Was wollen wir mit der steuern, reagieren Beobachter mit Sätzen wie: „Oh, er mag Technologie bewirken? Das ist wichtig, damit wir darauf Licht!“ Wenn Roboter also Emotionen zeigen, hilft das bei Gesetze und Regeln aufbauen können. Und wie kann uns der Interaktion mit Menschen. Ein Lieferroboter, der langsamer Robotik helfen, unser Leben zu verbessern? Sozial, wirtschaft- wird, wenn er auf Sie zukommt, demonstriert dadurch lich, psychologisch. Dazu sollte Technologie da sein. Nicht zum Vorsicht. Menschen verstehen solche Signale. Wir müssen aber Selbstzweck. auch nicht alles reproduzieren, was Menschen können. Vielleicht hilft es in bestimmten Situationen auch, wenn Robo- ter eben keine Emotionen haben.
20 Autonom Auto fahren 21 Nicht automatisch autonom Autonome Fahrzeuge scheinen eine ganz Autonom transportieren lassen? Die Bereitschaft dazu ist global unter- besondere Roboterspezies darzustellen. Doch schiedlich. Der französische Hersteller Navya aus Lyon hat bereits verschie- der Unterschied ist weder technisch noch dene Modelle von Kleinbussen entwi- ckelt – die größten Marktchancen kaufmännisch zu begründen, er liegt vielmehr sieht er aktuell in Asien. in unserer Sicht auf das Autofahren. In jenem Moment, da sich Herbie nachts von der Brücke stür- schied liegt aber gar nicht darin, was das Roboterfahrzeug autonomer Fahrzeuge für sinnvoll halten. Wer wirklich etwas Doch warum gibt es dann immer noch kein einziges selbstfah- zen will, weil er gegen einen roten Lamborghini eingetauscht tut, sondern in unserer Sicht auf die Tätigkeit. 24 Stunden am auf sich hält, lässt sich im Reich der Mitte ohnehin auch schon rendes Auto zu kaufen? Der Grund ist in einer Fehlkalkulation werden soll, leidet auch der härteste Autofeind mit. So absurd Tag die immer gleiche Schweißnaht aufzubringen oder jeden heute von einem Chauffeur fahren. Im Autoland Deutschland zu suchen. Die ganze Technik, die ein Roboterauto mitbringen diese Szene ist: Der mehr als 50 Jahre alte Disney-Film „Ein Morgen für eine Stunde den Rasen zu mähen sind aus unserer liegt die Zustimmung hingegen nur bei 52 Prozent. muss, macht es Zehntausende Euro teurer. Für einen privaten toller Käfer“ beantwortet visionär die grundlegende Frage, Sicht monotone Tätigkeiten, die wenig Intelligenz erfordern Pkw ist schlicht das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu gering. „Wir wie wir mit einem Roboterauto umgehen werden. Wir werden und keine starken Emotionen hervorrufen. Autofahren ist hin- Enormer Fortschritt, keine Serie sehen im Pkw auf absehbare Zeit eher Assistenzsysteme mit gar nicht anders können, als mit ihm zu sprechen und zu ver gegen eine kognitiv anspruchsvolle Tätigkeit, zumindest so Trotzdem stehen deutsche Autohersteller mittlerweile tech- erweiterten Funktionen“, sagt etwa Thorsten Gollewski, für suchen, uns in das Artefakt aus Stahl und Computerplatinen lange wir nicht stundenlang geradeaus mit gezügelter Ge- nologisch wieder ganz vorn, wenn es um die Entwicklung die autonomen Mobilitätssysteme beim Automobilzulieferer hineinzudenken. Und wir werden Gefühle entwickeln, mehr schwindigkeit durch den Westen der USA fahren. Wenn etwas autonomer Fahrzeuge geht. Aufgeschreckt durch die 2012 ver- ZF Friedrichshafen verantwortlich. „Ein höheres Level an Auto- als jenen Robotern gegenüber jedenfalls, die in den Fabriken Technisches uns ersetzen kann, dann soll es sich wenigstens öffentlichten Bilder eines von Google programmierten Toyota matisierung ist derzeit vor allem für Lkw und People Mover neben uns arbeiten oder uns den Rasen mähen. um eine ganz besondere Maschine handeln. Alles andere wür- Prius starteten die Premiumhersteller milliardenschwere Ent- interessant.“ Hintergrund ist das Geschäftsmodell: Im Güter- de unser Selbstbild bedrohen. wicklungsprogramme. Der technische Fortschritt war in den verkehr machen Lohn- und Nebenkosten in entwickelten Län- Warum ist das so? Aus technischer Sicht unterscheidet ein letzten zehn Jahren enorm, selbst komplexe Verkehrssituatio- dern rund ein Drittel der gesamten Lebenszykluskosten aus, ohne jeden menschlichen Eingriff fahrendes Fahrzeug nichts Gestützt wird diese These von Umfragen zur Akzeptanz des nen in Innenstädten sind überwiegend zu meistern. Und sogar die Abschreibung auf die Fahrzeugkosten schlägt hingegen nur Grundlegendes von einem mobilen Industrieroboter. Es ist autonomen Fahrens. Sie ist in jenen Märkten besonders hoch, die Gesetzgebung bewegte sich rasch, als erstes Land der Welt mit rund neun Prozent zu Buche. Letztendlich entscheidet zwar mit umfangreicherer Sensorik und leistungsfähigeren in denen autofahrerisches Können eher gering geschätzt wird. verabschiedete Deutschland verbindliche Regeln für den Ein- rationales Kalkül über den Einsatz von autonomen Fahrzeu- Rechnern ausgestattet, aber das regelnde Grundprinzip ist das So ergab eine Mobilitätsstudie des Zulieferers Continental, satz voll automatisierter Fahrzeuge ohne Überwachungsfah- gen – und das eint den Roboter-Lkw mit seinem Kollegen in der gleiche: erkennen, berechnen, handeln. Der eigentliche Unter- dass in China 89 Prozent aller Autofahrenden die Entwicklung rer im öffentlichen Straßenverkehr. Fabrikhalle.
22 Medizinroboter Medizinroboter 23 „Tupfer bitte, Doktor Roboter!“ Können Roboter präzisere Schnitte setzen als menschliche Chirurgen? Theoretisch ja. Trotz- dem werden wir bis auf Weiteres nicht von autonomen Maschinen operiert. Medizin- Roboter sind aber längst präsent im OP-Saal – und vielleicht demnächst in unserer Blutbahn. Bereits Anfang der 1990er Jahre arbeite- klinikum Heidelberg. Was damals erst te erstmals ein Roboter im OP-Saal. Das verspätet auffiel: „Der Roboter hat ver- System „Robodoc“ sollte die Chirurgie einzelt auch die Muskulatur weggefräst“, revolutionieren. Es war in der Lage, fasst es Müller zusammen. Und selbst Knochen präziser und gleichmäßiger zu bei den Knochen konnte es zu Abwei- fräsen als die menschliche Hand. Wich- chungen kommen, die ein menschlicher tig zum Beispiel bei der Implantation Chirurg vermutlich im Laufe der OP be- künstlicher Hüftgelenke. Je exakter der merkt hätte – der Roboter aber nicht. Ein Schnitt, desto passgenauer sitzt die Pro- „Lehrstück deutscher Medizingeschich- these – desto schneller und besser ist te“ nannte es 2009 in der Rückschau das sie später belastbar. Robodoc basierte deutsche Magazin Der Spiegel. Und auf einem eigens angepassten Indus meinte damit: Der Glaube an den Segen trieroboter. moderner Technik habe damals man- chen Arzt und auch Patienten geblendet. „Das war auch wirklich sehr präzise“, Vielleicht kam er einfach zu früh. sagt Dr. Beat Müller, Leiter der Sektion für minimalinvasive Chirurgie und robo- Rund 30 Jahre später arbeiten mehr terassistierte Chirurgie am Universitäts- und mehr Roboter in den OP-Sälen. Sie
24 Medizinroboter Medizinroboter 25 heißen anders und sehen anders aus. Müller. Bei einer Biopsie durch die Schä- Müller begrüßt die Robotik. Er ist außer- deldecke zum Beispiel. Er weiß aber auch dem ein Anhänger der sogenannten von erfolgversprechenden Forschungs- „minimalinvasiven Chirurgie“, einer Chi projekten für automatisiert gesetzte rurgie, die so wenig Gewebe wie mög- Darmnähte und autonome Kamerafüh- lich verletzen will. Das erfordert eine rung in der minimalinvasiven Chirurgie. andere Herangehensweise und wurde Attraktiv ist robotergestützte Medizin vor 30 Jahren ebenfalls skeptisch beäugt. auf jeden Fall – allerdings auch teuer. Vielleicht ist Müller deswegen gegen- „Ich habe das lange Zeit unterschätzt; über Innovationen so aufgeschlossen: der Markt ist zu klein, also ist er für Ent- „Ich wollte immer das Neue ausprobie- wickler weniger attraktiv als Roboter im ren, ich habe damit gute Erfahrungen Konsumentenbereich“, hat der Chirurg gemacht.“ Die moderne Generation an festgestellt. OP-Robotern vereint beides: Ärzte kön- nen mit Roboterunterstützung leichter Dennoch kommt Bewegung in die Bran- minimalinvasiv operieren. che. Dabei müssen Medizinroboter noch Prof. Dr. med. Beat Müller nicht einmal Arme haben oder Skalpelle Müller stellt allerdings direkt klar, dass führen. Im Mai 2020 veröffentlichte ein Beat Müller absolvierte 1997 seine es sich bei den maschinellen Helfern Team des Stuttgarter Max-Planck-Insti- Approbation in Zürich und wech- nicht um autonom agierende Roboter tuts für Intelligente Systeme (MPI-IS) selte neun Jahre später an das Uni- handelt. Das „Da-Vinci-System“, der heu- einen Bericht über Mikroroboter von der versitätsklinikum Heidelberg. Seit te am häufigsten installierte OP-Roboter Größe eines weißen Blutkörperchens. Anfang seiner Karriere interessiert (etwa 5.000 Exemplare weltweit), ist Der kugelförmige Roboter könnte so ins er sich für die minimalinvasive unter dem Strich nichts anderes als ein Blut eingeschleust werden und dort Chirurgie. Seit 2010 leitet er in verlängerter Arm des Chirurgen. „Er macht Medikamente genau an der Stelle abge- Heidelberg die „Sektion für Mini- nichts, was der Arzt nicht macht“, sagt ben, wo sie gebraucht werden. Der Mi „Mein Fokus war immer, mal Invasive und Roboter-assis- Müller. Nur dass der Arzt eben nicht kroroboter kann sich aktiv gegen den Herangehensweisen weiter- tierte Chirurgie“, die unter ihm mehr direkt neben dem Patienten steht, Blutkreislauf bewegen und navigieren. zuentwickeln“, sagt Dr. Beat mit „Exzellenzstatus“ ausgezeich- sondern an einem Display sitzt und dort „Unsere Roboter können selbstständig Müller. Er ist offen für Neues. net wurde. mit einem Hebel die Operation steuert. interessante Zellen erkennen, beispiels- „Das ist ergonomisch besser, und man weise Krebszellen“, sagt Yunus Alapan, „Es ist wie ein Mikroskop hat gewissermaßen ein Mikroskop im Post-Doc in der Abteilung für Physische im Bauch des Patienten“: Bauch des Patienten“, beschreibt es Intelligenz. „Und sie können Wirkstoff- Das Da-Vinci-System (rechts) Müller. Damit sind Schnitte möglich, die moleküle während der Fahrt freisetzen.“ lässt sich aus der Ferne eine menschliche Hand in dieser Präzisi- Allerdings: Von Tests in menschlichen steuern. on wohl kaum leisten könnte. Körpern sind diese Mikroroboter derzeit weit entfernt. Und für eine sinnvolle Echte Automatisierung im Operations- Medizinabgabe müssten ganze Schwär- saal ist insofern knifflig, als dass der me zum Einsatz kommen. Forscher der menschliche Körper sehr komplex ist, vor Schweizer ETH Zürich stellten im Novem- allem was weiches Gewebe angeht – ber 2020 ein Konzept für „Mikrovehikel“ wie der „Robodoc“ eindrücklich bewie- vor, das in eine ähnliche Richtung geht. sen hat. „Dort, wo er wirklich stabil ist, Hier handelt es sich aber ebenfalls noch ließe sich leichter automatisieren“, sagt um Materialexperimente.
26 Medizinroboter Hinterfragt 27 ZAHLENCHECK 101 Jahre testet der britische National Health Ser- vice (NHS) wie er Ärzte bei Konsultatio- nen entlasten kann, indem er Chatbots einsetzt, die über künstliche Intelligenz verfügen. Bei all diesen Einsatzfeldern ist die Logik die gleiche: Roboter können re- petitive Aufgaben übernehmen, damit das Personal mehr Freiraum für jene Auf- gaben hat, bei denen menschliche Intelli- genz und Intuition gefragt sind. Denn bei D Patientenfragen geht es oft um wieder- kehrende Themen – idealerweise hätten er Begriff Roboter ist ein Internatio- die Ärzte also mehr Zeit für ausführliche nalismus. Das heißt, er wird in zahl- Diagnosen oder Gespräche. „Hausrobo- reichen Sprachen ähnlich geschrie- ter“ könnten in Zukunft kranke Men- ben und mit der gleichen Bedeutung ver- schen zu Hause begleiten und im Notfall knüpft. Das Wort Roboter blickt auf eine Alarm schlagen – und so Krankenhäuser 101-jährige Geschichte zurück. 1920 ver- Minimalinvasiv operieren: entlasten oder Älteren ein längeres öffentlichte der tschechische Autor Karel Viele Chirurgen scheuen den Leben zu Hause ermöglichen. Für viele Čapek das Schauspiel R.U.R. (Rossumovi Uni- Aufwand. Roboterunterstützung dieser Visionen sind entsprechende verzálni Roboti), in dem ein gleichnamiges erleichtert den Schritt erheblich. Prototypen längst entwickelt. Unternehmen menschenähnliche Maschi- nen erschafft. Sie sollen den Menschen als Chirurg Beat Müller in Heidelberg ver- Arbeitskräfte dienen und Wohlstand sowie folgt interessiert die Innovationen rund sozialen Frieden herbeiführen. Die Sache um die Robotik. „Der Roboter nimmt nimmt jedoch eine dramatische Wendung. dem Chirurgen nicht die Arbeit weg, son- Die Maschinen begehren auf und überneh- Klar ist: Auch außerhalb des Operations- dern er macht ihn besser“, sagt Müller. men die Herrschaft über die Menschheit, saals werden Roboter in der Medizin künf- „Ich empfinde das als eine sehr char- bevor ihnen selbst das Ende droht. tig relevant und sollen Aufgaben über- mante Vision.“ Er hat auch nicht das nehmen: „Roboter-Pflegekräfte“ könnten Gefühl, dass Patienten von operieren- Angeblich wollte Čapek den künstlichen Patienten überwachen, Blut abnehmen den Robotern eingeschüchtert seien – Geschöpfen das englische Wort labor ge- oder bei der Hygiene helfen. Damit hät- eher im Gegenteil. „Roboter sind präzi- ben. Doch sein Bruder Josef überzeugte ihn ten die Menschen wieder mehr Zeit für ser als der Mensch, werden gesteuert von roboty. Es entstammt dem tschechi- 5.000 etwas, das sie besser können als Robo- durch Menschen, und der Mensch kann schen Wort robota, das für Fronarbeit oder ter: Kommunikation und menschliche seine Flexibilität beisteuern, auf unter- Schwerarbeit steht und auf das altslawische Nähe. 2018 entwickelte die amerikani- schiedliche Situationen zu reagieren“, Wort rab (Sklave) zurückgeht. Im Jahr 1921 sche Rutgers University aus New Jersey fasst es Müller zusammen. Entscheidend feierte R.U.R. im heutigen Tschechien Pre- den Prototyp eines Roboters, der Blut Exemplare des Da-Vinci-Systems sei eben, dass die Patienten verstehen, miere und fand rasch seinen Weg auf inter- abnehmen und sogar direkt analysieren sind weltweit im Einsatz. was genau der Roboter im Operations- nationale Bühnen. Roboty ging in andere kann. „Jedes Jahr wird allein in den USA Ursprünglich wurde es für saal macht. „Man darf nicht das Bild Sprachen über und wird heute weltweit zwei Milliarden Mal Blut abgenommen“, Fernoperationen erfunden. entstehen lassen, dass der Roboter Un- als Oberbegriff für Maschinen verwendet erklärte Projektleiter Martin Yarmush fug mit den Patienten treibt, ohne dass und verstanden, die bestimmte Funktionen dem Smithsonian Magazine. Seit 2017 es jemand merkt.“ eines Menschen ausführen können.
28 Gastronomie Gastronomie 29 Zwei Arme und das Versprechen real geworden, auch kompliziertere Gerichte und Zuberei tungsschritte maschinell zu verwirkli chen. drei Sterne Die automatisierte Roboterküche trifft den Nerv einer Zeit, in der Kunden gleichzeitig Geschwindigkeit und Indi vidualität erwarten: Ein Roboterkoch kommt nicht durcheinander mit Extra wünschen, egal ob es spezielle Zutaten sind, Erdnussallergie oder salzarme Kü che. Knopfdruck genügt. Das Unterneh men Nala Robotics aus Illinois will noch Roboter punkten als Küchenhelfer mit Präzision 2021 ebenfalls ihr erstes automatisier tes Restaurant eröffnen, in dem eine und Hygiene. Noch sorgen voll automatisierte Kombination aus einem Roboterarm mit künstlicher Intelligenz Tausende ver Restaurants oder Android-Kellner für Aufsehen. Zwei Roboterarme, über schiedener Rezepte kocht. Über die 5.000 Rezepte. „Moley“ schafft Technologie dahinter schweigt man sich Der Trend zur Robotergastronomie hat aber auch komplizierte Gerichte. allerdings noch aus. nachvollziehbare Gründe. Der Robo-Chef kann nicht kosten Wird in Zukunft das nächste Drei-Sterne- Restaurant von einem Chef mit Platine und Prozessor betrieben? Es ist zumin dest nicht ausgeschlossen, dass die KI Das vermutlich älteste Roboterrestau bestellen am Tisch per Bildschirm, die gleichen Grund, weswegen sie bereits lich Schüsseln und die Gerichte meist imstande sein könnte, dank Big Data rant der Welt war kein Restaurant. Zulieferroboter servieren. Köche und Kü in der Lebensmittelindustrie verbreitet zusammengemixte, klein geschnittene und Deep-Learning-Methoden komplett „Robo Restaurant“ in Tokio besaß be chenchefs müssen angesichts dessen sind: Roboter können in sehr hoher Potpourris: Komplexere Menüs können neue Gerichte zu kreieren und in diesem reits 2012 Roboter, die tanzend auf der noch keine Angst haben, ihren Job zu Geschwindigkeit Routineaufgaben wie die Automaten nicht handhaben. Das Sinne „kreativ“ zu sein. An einem Punkt Bühne standen. Das Konzept war Show verlieren: Es handelt sich letztlich nur Schneiden, Zerkleinern oder Rühren Restaurant wirbt mit Gerichten ab acht aber werden die Roboterköche bis auf und Entertainment, nicht Küche. Extrem um Logistikroboter. Einen Schritt weiter übernehmen – und punkten dabei mit US-Dollar, die „in weniger als drei Minu Weiteres scheitern: Sie können ihre Ge erfolgreich war das trotzdem, wenn hingegen ist der „Roboterrestaurant- Hygiene und Präzision. Insbesondere für ten“ servierfertig seien. richte weder abschmecken noch rie auch als Touristenfalle verschrien. In jün Komplex“ im chinesischen Foshan: Hier die Systemgastronomie mit ihren stan chen. Sie wissen zwar, wie man salzarm 120 gerer Zeit eröffnen weltweit immer arbeiten 40 Roboter für bis zu 600 Gäste dardisierten Abläufen sind das verlo Individuelle Zutaten: kein Problem kocht, aber nicht, wie „salzig“ schmeckt. mehr Läden, deren Anspruch es tatsäch rund um die Uhr, auch in der Küche. Da ckende Aussichten. Das britische Start-up Moley wiederum lich ist, Essen zu kochen und zu servie bei brauche ein „Nudelroboter“ nur vier präsentierte 2015 den Prototyp einer Das „Robo Restaurant“ in Tokio hat mitt ren – mithilfe von Robotern. Quadratmeter Platz, könne aber 120 Nu Das „Spyce“ Restaurant in Boston ver vollautomatischen Küche, mit zwei Ro lerweile seine Türen für immer geschlos Nudelgerichte delgerichte pro Stunde fertigen, rechnen fügt seit 2018 über eine voll automati boterarmen, die von der Decke hängend sen: Die Pandemie hat der Unterhal In Indien feiert die Kette „Robot Restau in der Stunde kochen die Roboter die Betreiber vor. sierte Küche. Dort werden die Zutaten Soßen rühren oder Gemüse schneiden tungsshow den Todesstoß versetzt, rants“ Erfolge mit Robotern, die den im chinesischen Foshan. vermischt und gerührt – die Köche sind und mehrere Kochplatten gleichzeitig denn Gäste waren fast ausschließlich Gästen die Speisen an den Tisch bringen. Schneiden, zerkleinern, rühren nur noch dafür verantwortlich, die Re bedienen können. Über 5.000 Rezepte Touristen, keine Einheimischen. So lukra Filialen existieren mittlerweile zum Bei Für die Branchenexperten steht außer zepte vorzugeben und am Ende einen beherrscht diese Robo-Küche, und sie ist tiv die Idee war – vielleicht hätten die spiel in Chennai und dem indischen Frage, dass die Roboter bald vermehrt Spritzer Dressing auf die Schüssel zu ge seit diesem Jahr auf dem Markt erhält Inhaber doch besser auf eine echte Technologiezentrum Bangalore. Gäste in die Küchen einziehen werden. Aus dem ben. Tatsächlich sind es fast ausschließ lich – für rund 300.000 Euro. Damit ist Roboterküche setzen sollen.
30 Mechanisierte Hände Mechanisierte Hände 31 Greifen ist schwerer Während Rotobertechnik in einigen Bereichen erstaunliche als denken Fortschritte macht, gibt es noch immer einen Körperteil, der den Ingenieuren Kopfzerbrechen bereitet: die Hand. Menschliche Babys können nach Gegenständen greifen – Roboter stoßen da an Grenzen. Eine Bestandsaufnahme. Im Jahr 1996 schlug zum ersten Mal ein Compu- wollen. Erst beim Zugriff selbst ergibt sich die letzte ter einen amtierenden Schachweltmeister: Garri Position und der Druck, mit dem die Finger agieren. Kasparow verlor gegen das kleiderschrankgroße Rechenwunder mit dem Namen „Deep Blue“. Das Wie aber setzt man das für eine Maschine um? Die Duell stand symbolhaft dafür, was Computer bald Berliner Forscher entwickelten eine weiche Robo- alles können würden. 25 Jahre später sind diese terhand mit Fingern aus Silikon, die nur über Luft- Erwartungen nur zum Teil eingetroffen – zumin- druck bewegt werden. Damit passt sich die Hand dest wenn man sich in einer kleinen Drogeriefiliale dem Objekt an, ohne zuvor präzise für dieses um die Ecke umsieht. Mehrmals am Tag werden Objekt programmiert worden zu sein – vom Handy hier Regale befüllt, mit der Zehnerpackung Toilet- bis zur Blumenvase, von der Banane bis zum Teddy- tenpapier oder kleinen Schachteln mit Gesichts- bär. Solch eine Hand – derzeit nur ein Prototyp – creme. Und meist müssen das die Mitarbeitenden könnte gut in der Nahrungsmittelindustrie einge- tun. Gerne würden viele von ihnen diese Arbeit an setzt werden, um etwa Obst und Gemüse zu Roboter abgeben. Allerdings: Die Robotertechnik sortieren. Denn gerade diese Lebensmittel reagie- stößt da heute noch an ihre Grenzen. Große, kleine, ren besonders empfindlich auf zu viel Druck. weiche, feste Produkte hintereinander, die heute anders aussehen als morgen – das überfordert den Einsatz in der Pflege? Roboter. Wie lernt man greifen? Auch für Roboter, die etwa in der Pflege arbeiten könnten, wäre solch eine Hand eine Option: Zwar Sanfte Hand von der Uni gibt es bereits Roboter, die in diesem Bereich ge- Ganz vorn dabei in der Forschung ist die Technische nutzt werden, aber der weitreichende Einsatz Universität in Berlin. Forscher Raphael Deimel be- scheitert auch am Problem „Hand“. Der humanoi- schrieb in einer Sendung des Westdeutschen Rund- de Roboter „Pepper“, ein französisch-japanisches funks ein zentrales Problem: „Man versucht, eine Kooperationsprojekt von Aldebaran Robotics und menschliche Hand nachzubauen, weiß aber nicht, Softbank, ist ein klassisches Beispiel: Er ist 120 Zen- was eigentlich das Wichtigste daran ist.“ Deimels timeter groß, mit Armen und Plastikhänden mit Team ging der Frage nach und experimentierte seit Servoantrieb ausgestattet, kann sprechen, singen Anfang der 2010er Jahre ausgiebig. Dabei stellten und seine Arme und Hände bewegen. Doch sie fest, dass sich beim Greifen die Finger ganz Dr. Karsten Schwarz, Mitarbeiter des FORMAT- spontan dem Objekt anpassen, das sie anheben Projekts an der Uni Halle, wo über den Einsatz
32 Mechanisierte Hände Alltagsgegenstand 33 Wie viel Druck verträgt die Kirsche, und woher weiß die Hand, wo man sie absetzt? Schwierige Fragen für Roboter. ESSENZI ELL – SENSOR EN Regel- und Leistungselektronik ist in die Hand- wurzel integriert, die Schnittstellen sind standardi- siert. So kann die Hand auch mit anderen Roboter- armen kombiniert werden. In der Roboterküche bedienen die Hände souverän Mixer, Messer, Schneebesen, Wasserhahn und Kochfeld. Billig ist das Ganze nicht, aber für etwas mehr als eine Vier- telmillion Euro nennt man dann zumindest ein (noch) ziemlich ungewöhnliches Statussymbol sein Eigen. Für Großküchen macht diese Art von Roboter mehr Sinn – wie auch der Hersteller zugibt. Aller- dings: Die Arme und Hände dieser Küche brauchen auf sowie über der Arbeitsfläche sehr viel Platz – für das am Anfang geschilderte Problem in der Dro- gerie sind sie viel zu groß. Die Firma Dematic, Logistikspezialist aus Heusen- ‚Die‘ Roboterhand gibt es also stamm, setzt eher auf maßgeschneiderte Hände, die konkret auf eine Aufgabe zugeschnitten wer- noch nicht. Je klarer der Einsatz, den. Beim Sortieren von Päckchen in die Regale der je standardisierter die zu greifen Zustellfahrzeuge eines Paketlieferanten sind das eher Schieber, die die Pakete an die richtige Stelle den Objekte, desto besser.“ dirigieren. Beim Einräumen von Regalen wiederum soll ganz bewusst dem Problem der unterschied- lichen Produktgrößen entgegengewirkt werden – mit unterschiedlich großen Fingern. So lässt sich ein Die Rubrik über Dinge, Ein Roboter hat einen Körper, gnetometer, um zu navigieren und solcher Roboter geforscht wird, sagt: „Wir dachten mächtiges Paket mit zwei großen Fingern packen, vielleicht Arme, Software … alles seine Position zu bestimmen. Al- erst, Pepper kann schon greifen und Hol- und Bring- für das kleinere und leichtere kommen schmalere die weit verbreitet, richtig. Aber trotzdem ist er damit lein eine Kamera besteht aus Mil- dienste erledigen oder putzen und den Staubsauger Finger zum Einsatz. Auf diese Weise bleiben die nur eine Maschine, die nicht in- lionen von Lichtsensoren. Ohne führen. Das kann er alles nicht. Die Hände sind Zwischenräume im Regal in einem akzeptablen aber so klein sind, dass teragieren kann. Und die nicht solche Daten ist keine sinnvolle wirklich nur zur Stabilisierung beim Fahren und Rahmen. sie oft nicht wahr- weiß, wo sie sich befindet. Der Reaktion möglich. Sensoren wer- zum Gestikulieren da.“ Mensch hat seine fünf Sinne, der den in Zukunft noch kleiner, noch „Die“ Roboterhand gibt es also noch nicht. Je klarer genommen werden. Roboter braucht Sensoren, um digitaler, und sie werden überall Roboter am Kochfeld der Einsatz, je standardisierter die zu greifenden Eindrücke wahrzunehmen – meist sein. Übrigens brauchen auch Men- In einem anderen Bereich klappt es schon etwas Objekte, desto besser. Einige vielversprechende An- Trotzdem sind sie deutlich mehr als fünf. Tiefensen- schen Sensoren, um Dinge zu er- besser: in einer fertigen Küche der britischen Firma sätze gibt es. Bis auf Weiteres bleibt die menschli- essenziell wichtig. So soren, um den Raum zu erfassen. fassen, die unsere Sinne nicht ein- Moley – bestehend aus vollständiger Küchenzeile che Hand aber ein technisch schwer zu kopierendes Berührungssensoren. Beschleuni- deutig bestimmen können – wie und zwei Roboterarmen. Kernstück sind hier die Wunderwerk, erst recht in Kombination mit Auge, wie eine Dichtung. gungsmesser, Gyroskop und Ma- das Thermometer zum Beispiel. beiden fünffingrigen Hände der Firma Schunk aus Gehirn und Arm. Übrigens: Auch Deep Blue konnte Lauffen am Neckar, bestückt mit je neun Motoren seine Schachfiguren noch nicht selbst bewegen. und zahlreichen Sensoren. Die komplette Steuer-, Das musste damals ein Mensch für ihn erledigen.
34 Firmenporträt: Kuka AG Firmenporträt: Kuka AG 35 Einfach machen Mit einer neuen Strategie will Kuka „Automatisierung für Gerührt oder geschüttelt? Roboter übernehmen immer mehr Auf- alle“ ermöglichen. Wesentlicher Bestandteil ist dabei ein gaben – auch weil die Programmie- rung viel einfacher wird. neues Betriebs- und Ökosystem, das die Programmierung wesentlich vereinfacht. Doch auch klassische Maschinen- bau-Tugenden bleiben für den Markterfolg wichtig.
36 Firmenporträt: Kuka AG Firmenporträt: Kuka AG 37 Mehr als Hardware: Die Kuka- Tochter Swisslog automatisiert komplette Lagersysteme. E ine riesige Halle irgendwo in Deutschland. Im Minutentakt schwingt der Boden, wenn riesige Pressen Stahlbleche umformen. Orange- farbene Roboterarme be- und entladen die Pressen. Etwas weiter in derselben Intensive Beziehung Fabrik schweißen andere Roboter die Bleche zusammen, Schritt für Schritt In den letzten Jahren hat sich die Geschäftsbezie- entsteht so eine Karosserie. Wer heute hung zwischen Kuka und Freudenberg Sealing in einem Karosserie-Rohbau steht, kann Technologies deutlich intensiviert. Ein wesentlicher sich kaum vorstellen, dass diese teil Grund: Mit der Modular Sealing Solution 1 (MSS1) weise gefährlichen Arbeitsschritte bis in hat der Dichtungsspezialist eine Lösung entwickelt, die 1990er Jahre hinein von Menschen die reibungsarm und außerordentlich robust ist. durchgeführt wurden. Doch mit der Öff- Gemeinsam mit Kuka und dem Getriebezulieferer nung globaler Märkte entwickelte sich hat Freudenberg den MSS1 erstmals in einem Indus- die Automobilindustrie als Vorreiter in trieroboter verbaut. „Die Ergebnisse haben alle überzeugt: Die Abdichtung funktioniert zuverlässig, gleichzeitig baut die Dichtung verhältnismäßig Neue Industriewelt: Was kompakt“, schildert Dimitrios Tsituridis, Key Account automatisiert werden kann, Sachen Automatisierung. Davon profi- Manager bei Freudenberg Sealing Technologies. wird auch automatisiert. tiert hat Kuka von Anfang an: Das Augs- Insgesamt liefert Freudenberg mittlerweile jedes burger Unternehmen hatte bereits 1971 Jahr rund 200.000 Radialwellen-Dichtringe an Kuka die erste roboterbetriebene Schweiß- Das neue Kuka-Betriebssystem und dessen Komponentenzulieferer. Parallel erhöht transferstraße für Daimler-Benz gebaut. „iiQKA.OS“ macht Robotik für (fast) Freudenberg Sealing Technologies den Automatisie- 1973 folgte dann der weltweit erste In- jeden zugänglich. rungsgrad der eigenen Fertigung – und hier kom- dustrieroboter, der über sechs Bewe- men wiederum zunehmend Industrieroboter von gungsachsen verfügte – zunächst wenig Kuka zum Einsatz. „Wir wissen ja, dass die Qualität gefragt, bereitete dessen Technik den top ist“, sagt Tsituridis. Bei einem großen Automati- Weg für den Aufschwung in den 1980er sierungsprojekt in Italien konnte die Kuka-Tochter Jahren. Roboter eroberten die Autofabri- den Traditionshersteller. „Automatisie- Swisslog unterstützen. Das Distributionszentrum in ken und Kuka die Poleposition in Europa. rung für alle“, so der programmatische Pinerolo, das vor allem Autoersatzteile an italieni- Titel der Strategie, zielt insbesondere sche Kunden versendet, arbeitet mit einem auto- Eine vergleichbare Revolution steht für auf jene Tätigkeiten, für die sich eine matisierten Lager- und Kommissioniersystem. Dabei den Kuka-Experten Benjamin Baumann Automatisierung in der Vergangenheit entnimmt eine Flotte autonomer Fahrzeuge die nun im Mittelstand und in kleineren Be- nicht lohnte, die bisher noch gar nicht Waren aus den Regalen und transportiert diese zu trieben an: „Wir stehen in allen Indus oder nur selten automatisiert sind, bei- den Mitarbeitern, die den eigentlichen Versand trieländern durch den demografischen spielsweise die Funktionsprüfung elek übernehmen. Wandel vor einem Fachkräftemangel. tronischer Bauteile. „Prinzipiell sind der Insbesondere ergonomisch ungünstige Fantasie aber keine Grenzen gesetzt“, so und monotone Tätigkeiten werden da- Baumann. „Voraussetzung dafür, dass her zunehmend auch in kleineren Betrie- kleinere Unternehmen Roboter gewinn- ben automatisiert.“ Als Produktarchitekt bringend einsetzen können, ist jedoch arbeitet Baumann an der Umsetzung eine hohe Flexibilität der Systeme – und einer neuen Wachstumsstrategie für eine einfachere Programmierung.“
38 Firmenporträt: Kuka AG Firmenporträt: Kuka AG 39 Roboter, die beim Einschenken erkennen können, wie voll ein Bierglas ist (links), Roboter, ses Abbremsen. „Aus Sicht der Dichtung die architektonische Bauteile ist es extrem fordernd, unter solchen Ein- weben und gestalten (Mitte) – satzbedingungen Wartungsintervalle von oder auch Roboter, die auf mehreren Jahren zu erreichen.“ Bei einer Showbühne Schlagzeug Cobots sind zwar die Traglasten und und Keyboard bedienen (rechts): auch die Rotationsgeschwindigkeiten in „Die Einsatzgebiete scheinen der Regel niedriger, dafür steigen die An- Lesen Sie mehr zur Kuka-Mission endlos“, heißt es von Kuka. forderungen an die Präzision der Bewe- 2030: https://www.kuka.com/ gungsabläufe. „Deshalb muss die Rei- de-de/future-production/ bung, die durch Radialwellen-Dichtringe kuka-mission-2030 verursacht wird, auf ein Minimum be- schränkt werden“, erläutert Tsituridis. Wachstum auch in China Für Kuka, mit einer installierten Basis von rund 350.000 Robotern weltweit ei- Programmierung ohne Spezialwissen Es überträgt das von Smartphones ge- „Schnittstellenprobleme und manuelles zision zu arbeiten. Dimitrios Tsituridis, ner der größten Anbieter, sind die In der Programmierung – oft auch als wohnte Denken auf die Robotik: Das Programmieren haben sich damit erle- Key Account Manager bei Freudenberg Wachstumschancen durch zunehmende „Teaching“ bezeichnet – gab es in den Betriebssystem übernimmt alle hard- digt“, verspricht Baumann. Sealing Technologies, beobachtet die Ent- Automatisierung enorm. Besonders at- vergangenen Jahren bereits große Fort- warenahen Aufgaben und steuert die wicklung seines Kunden genau: „Kuka- traktiv ist dabei der chinesische Markt, schritte. So sind längst keine Kenntnisse Kommunikation. Spezialisierte Apps – Den Anfang macht ein Cobot, der „LBR Roboter zeichnen sich durch extreme denn der demografische Wandel schrei- in Hochsprachen mehr notwendig. die über ein ebenfalls „iiQKA“ genanntes iisy“. Mit einer Traglast von maximal drei Robustheit und Langlebigkeit im indust- tet in der „Fabrik der Welt“ besonders Stattdessen kann beispielsweise ein Ecosystem zur Verfügung gestellt wer- Prinzipiell sind der Kilo gehört er zu den kleinsten Robotern riellen Umfeld aus und erhöhen so die rasch voran – und Kuka, seit 2016 im Bewegungsablauf, vom Menschen ge- führt, aufgezeichnet und in Programm- den – übernehmen die anwendungs spezifischen Aufgaben, also etwa ein Fantasie keine im Kuka-Portfolio. Um eine Hightech- Lösung handelt es sich dennoch: In sei- Produktivität des Anwenders. Diesen technischen Anspruch sehe ich auch bei Besitz des chinesischen Midea-Kon- zerns, hat dabei einen guten Marktzu- code übersetzt werden. Doch eine Ro botik für alle verlangt nach einer Schweißgerät anzusteuern. Damit typi- scherweise extern zugelieferte Kompo- Grenzen gesetzt.“ nen sechs Gelenken verbergen sich Momentsensoren, die es ihm ermögli- den Cobots.“ Tsituridis weiß, wovon er spricht. Die Dichtungen, die er verkauft, gang. Selbstverständlich seien auch sei- ne chinesischen Kollegen mit den Programmierung ganz ohne jene Spezia- nenten – wie Lasersensoren oder Greif- Benjamin Baumann, chen, auf kleinste Berührungen zu re- werden unter anderem dort eingesetzt, Kuka-Experten in China im Gespräch, listen, die sich kleinere Betriebe nicht systeme – integriert werden können, ist Produktarchitekt, Kuka AG agieren. Damit ist der LBR iisy dazu in wo jeder Roboter besonders stark belas- berichtet Tsituridis. Er zeigt sich über- leisten können. Ermöglichen soll dies Kuka für sein Ecosystem bereits eine Rei- der Lage, direkt in menschlicher Nähe, tet ist: in den Gelenken. Hoher Beschleu- zeugt: „Automatisierung für alle“ sei das neue Betriebssystem „iiQKA.OS“. he von Partnerschaften eingegangen. gleichzeitig aber auch mit äußerster Prä- nigung folgt ebenso schnelles wie präzi- eine zukunftsweisende Vision.
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