Meret Oppenheim KUNSTMUSEUM SOLOTHURN - DOKUMENTATION FÜR LEHRPERSONEN ALLER STUFEN
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Impressum Kunstmuseum Solothurn 2021 Ein Kulturengagement des Lotteriefonds des Kantons Solothurn Text und Idee: Regula Straumann An der Museumskasse für CHF 10.– erhältlich 2
Inhalt Vorwort 4 Kapitel 1: Organisation eines Museumsbesuches 5 Kapitel 2: Einführung 9 Kapitel 3: Methodisch-didaktische Arbeitsvorschläge 14 3.1 - Meret Oppenheim, Das Schulheft, 1930 15 - Frühe Arbeiten aus den Jahren 1930–1934 3.2 Darstellung der Frau/Selbstbildnisse 21 3.3 Bilder von Raupen, Schmetterlingen und Vögeln 33 3.4 Abstraktionen 43 3.5. Stilvielfalt, Leitmotive und Reihen 52 3.6 Meret Oppenheim und die Surrealisten 65 Literaturverzeichnis 79 3
Vorwort „Zeichnungen können schon durch das Mittel spontaner wirken und zeigen oft Absichten des Künstlers auf direktere Art.“ (Meret Oppenheim) In Meret Oppenheims Werk ist die Zeichnung das entscheidende Ausdrucksmittel. Für die Künstlerin war die Zeichnung den Gattungen Malerei und Skulptur ebenbürtig. 1974 hatte sie ihre erste Einzelausstellung in der Schweiz im Kunstmuseum Solothurn. Umso schöner ist es, dass unser Haus nun rund 100 ihrer wunderbaren Arbeiten auf Papier präsentieren darf, von denen sich 18 Original- Arbeiten aus allen Schaffensphasen im Besitz des Kunstmuseums Solothurn befinden. So kann von den frühen Bleistiftzeichnungen und Aquarellen der Jugendzeit bis zu den letzten grossartigen Gouachen auf dunklem Papier das breite Spektrum ihres Könnens gezeigt werden. Die kleinen Blätter erfordern einen konzentrierten Blick, um ihre Bedeutung ermessen zu können. Man spürt in ihnen die Experimentierfreude und die dialogische Offenheit der Künstlerin. Ihre oft karge Bildsprache wirkt unmittelbar auf die BetrachterInnen ein. Vergebens sucht man Entwürfe von dreidimensionalen Objekten mit genauen Angaben zu Dimension und Proportionen, die man im traditionellen Sinne “Bildhauerzeichnungen“ nennen könnte. Eher scheinen sich in den Skizzen der Künstlerin ihre Ideen zu verdichten. Veränderungsprozesse der Natur, elementare Kräfte und Polaritäten, auch der Geschlechter, sowie das zeitliche und kosmische Eingebundensein sind zentrale Themen in ihrem Schaffen. Das Abbilden von Gegenständen, wie beispielsweise bei der dreiteiligen Interior-Serie Bergün aus dem Jahre 1939, kommt v. a. in den früheren Jahren vor. Insgesamt überwiegt ein abstrahierender linearer Zeichenstil, der die Dinge mit wenigen knappen Konturen ganzheitlich erfasst. Die Linie wird zur Ausdrucksträgerin einer Stimmung, die von heiterer Gelassenheit bis zur melancholischen Selbstbesinnung reicht. Das Dargestellte ist selten erzählerisch und sein Thema ist nicht eindeutig festlegbar. Meret Oppenheims bildhafte Sprache ist poetisch, lässt sich jedoch nur schwer erschliessen. Oppenheims fantasievolles Schaffen spricht Kinder und Jugendliche an und lädt ein, sich mit der Klasse auf ihre Arbeiten auf Papier einzulassen. Ihre breite Stilpalette bietet vielfältige Anregungen für gestalterisches Tun. Tauchen Sie mit Ihren SchülerInnen in das abwechslungsreiche Werk der Künstlerin ein, das in seiner Vielseitigkeit ebenso überrascht wie in seiner Qualität und seinem formalen Raffinement. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Vorbereiten, Ihrer Klasse einen gelungenen Museumsbesuch und Ihnen allen viel Vergnügen bei der Vertiefung des Themas in der Schule. Meret Oppenheim wusste, dass man wie der Rumänische Pianist Dinu Lipatti sagte, “unendlich wach sein muss, um seine Träume aufzuzeichnen“. Regula Straumann 4
Allgemeine Informationen Adresse: Kunstmuseum Solothurn Werkhofstrasse 30 4500 Solothurn www.kunstmuseum-so.ch E-Mail: kunstmuseum@solothurn.ch Anmeldung: Klasse unbedingt anmelden. Es ist schwierig, im Museum zu arbeiten, wenn weitere Klassen da sind. Tel: 032 624 40 00 Fax: 032 622 50 01 Öffnungszeiten Museum: Dienstag–Freitag 11–17 Uhr Samstag/Sonntag 10–17 Uhr Zusätzlich für Schulklassen: Montag 08–12, 14–17 Uhr Dienstag–Freitag 08–11 Uhr (Anmeldung der Klasse obligatorisch. Es wird eine Aufsichtsperson aufgeboten, die CHF 42. – pro Stunde kostet.) Eintritt: für Schulklassen kostenlos Vorhandene Materialien: Sitzkissen Klappstühle Unterlagen (A3) Alle weiteren Materialien und Hilfsmittel muss die Lehrkraft selbst ins Museum mitbringen. 6
Angebote für Lehrpersonen Neben dem vorliegenden Heft bietet das Kunstmuseum Solothurn weitere methodisch-didaktische Arbeitsgrundlagen an: Zu einzelnen Künstlern Cuno Amiet Frank Buchser Otto Frölicher Max Gubler Ferdinand Hodler Albert Trachsel Zur Kunstpädagogik im Allgemeinen Methoden der Kunstpädagogik SchülerInnen im Museum/Arbeitsmethodik Zu künstlerischen Grundfragen Thema Farbe Kunst und Material (mit Museumskoffer) Thema Form Raum und Perspektive Licht und Schatten Thema Bewegung Kubismus Zu Kunstgattungen Porträtmalerei Stilllebenmalerei Landschaftsmalerei Bildhauerkunst Zur Sammlung des Museums Meisterwerke des Kunstmuseums Solothurn Highlights der zeitgenössischen Schweizer Kunst Efeukranz und Lilienzauber: Jugendstil und Symbolismus in der Schweizer Malerei (mit Museumskoffer) Zu fächerübergreifenden Themen Kunst und Natur (mit Museumskoffer) Kunst und Bewegung (Theater spielen im Museum) Kunst und Schreiben (kreative Schreibanlässe im Museum) Kunst und Musik (Wechselwirkungen zwischen Bildender Kunst und Musik) Der Preis der einzelnen Hefte beträgt je nach Umfang CHF 10.– bis CHF 15.–. Die Hefte sind an der Museumskasse erhältlich oder können telefonisch bestellt und per Rechnung bezahlt werden. Lehrkräfte können sich zudem telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch beraten lassen. Auskunft: Kunstmuseum Solothurn, Tel: 032 624 40 00. 7
Arbeiten mit Klassen im Kunstmuseum Oberste Priorität hat die Sicherheit der Kunstwerke. Die Lehrperson entscheidet, ob die Disziplin und das Verantwortungsbewusstsein ihrer Klasse einen Besuch im Museum zulassen. Die Lehrkraft soll aufgrund ihrer Erfahrung mit ihrer Klasse beurteilen, ob das Durchführen einer Übung eine Gefahr für Kunstwerke bedeutet oder ob sich dadurch andere Besucher im Museum gestört fühlen. Im Kunstmuseum Solothurn darf mit vielseitigem Material gearbeitet werden, wobei die Lehrperson dafür verantwortlich ist, dass die Räumlichkeiten unbeschadet bleiben. Bitte keine die Kunstwerke gefährdenden Gegenstände (Spitziges, Nasses, Esswaren) mitnehmen. Allgemein gilt: • keine Kunstwerke berühren • nichts werfen • nicht herumrennen • sich nicht balgen • nicht schreien • nichts essen (Kaugummis!) Empfehlungen: • Es ist von Vorteil, bereits im Schulzimmer die Verhaltensregeln im Museum zu erklären. Eine Wiederholung im Museum bietet sich an. • Klasse nie unbeaufsichtigt lassen. Es ist sinnvoll, eine Begleitperson ins Museum mitzunehmen, die für die Disziplin mitverantwortlich ist. • Sollten die Kinder immer wieder vergessen, dass Bilder nicht angefasst werden dürfen, kann man im Abstand von ca. einem Meter vor dem Bild ein Stück Malerklebband auf dem Boden befestigen. Niemand darf diese Linie überschreiten. • Szenische Spielformen im Innern eines Sitzkreises stattfinden lassen. Dies vermindert die Gefahr für Kunstwerke. • Praktische Arbeiten auf einer Unterlage oder einer Plastikabdeckung ausführen. • Bitte überprüfen Sie vor jedem Besuch, ob die gewünschten Bilder hängen. Bilder im Depot werden Ihnen bei frühzeitiger Vorbestellung hochgeholt. 8
Grundsätzliches zu den vorgeschlagenen Ideen Für einen Museumsbesuch sollten mindestens eineinhalb Stunden einberechnet werden. Die Lehrkraft entscheidet, welche Vorschläge aus den Abläufen zum Einsatz kommen. Selbstverständlich sollen nur Methoden ausgewählt werden, die für die Klasse geeignet sind und der Lehrperson entsprechen. Die Dauer der Übungen hängt stark von der Grösse und der Zusammensetzung der Gruppe ab. Bei den Vorschlägen für die Unterstufe ist auch der Kindergarten einbezogen. Die unter Varianten vorgeschlagenen Aufgabestellungen bieten weitere Anregungen. Die Spielformen der Kunstpädagogik sind nicht Selbstzweck, sondern helfen, das Kunstwerk ganzheitlich zu erleben. Eine Spielform sollte immer mit Worten ein- und ausgeleitet werden. Das Spiel ist Mittel zur Erkenntnis, ist der Motor des nachfolgenden Prozesses in der Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk. Die methodisch-didaktischen Abläufe zu den einzelnen Kunstwerken sind immer nach dem gleichen Prinzip aufgebaut: • Zuerst erfolgt ein spielerischer Einstieg, verbunden mit einem Rundgang durch die Sammlung. • Dann folgt die Auseinandersetzung mit einem einzelnen Kunstwerk, das mithilfe vielseitiger Anregungen ganzheitlich erlebt werden soll. Die Werkbetrachtung wird mit einem Gespräch eingeleitet bzw. abgerundet. • Weiterführende Aufgaben sollen die gemachten Beobachtungen und Erfahrungen vertiefen. Gestalterische Arbeiten eignen sich auch zur Umsetzung im Schulzimmer, da in der Sammlung z. B. nicht mit Wasserfarben gemalt werden darf. • Wichtig ist auch ein gemeinsamer Abschluss, um den Museumsbesuch nochmals Revue passieren zu lassen: Was ist den SchülerInnen bei den entstandenen Arbeiten alles aufgefallen? Welche Erkenntnisse haben sie durch die Werkbetrachtung gewonnen? Wie hat den SchülerInnen der Besuch im Kunstmuseum Solothurn gefallen? Die Arbeitsabläufe sollen und können nach Belieben variiert und erweitert werden. Für alle Vorschläge in diesem Arbeitsheft gilt, dass es die Lehrperson auch anders machen kann. Hauptsache, der Besuch wird spannend und anregend. Eine Vor- und Nachbereitung des Besuches bietet sich an. Die Einführung ins Thema und die weitere Verarbeitung können zusätzliche Lern- und Erlebnismöglichkeiten bieten. 10
Meret Oppenheim Biografie und Werk Meret Oppenheim wird 1913 als erstes Kind eines Deutschen und einer Schweizerin in Berlin geboren. Nach dem 1. Weltkrieg ziehen die Eltern mit ihren drei Kindern nach Steinen im Wiesental (Deutschland), wo der Vater eine Arztpraxis betreibt. Die Grosseltern mütterlicherseits besitzen ein Haus in Carona (Tessin), wo Meret als Jugendliche viel Zeit verbringt und KünstlerInnen wie Hugo Ball, Emmy Hennings und Hermann Hesse kennenlernt. Ihre Grossmutter Lisa Wenger war Malerin, Autorin und Frauenrechtlerin. Sie wird für Meret Oppenheim zu einem wichtigen Vorbild. Über ihren Vater, der Seminare von Carl Gustav Jung in Zürich besucht, lernt Meret Jungs Theorien kennen. Sie beginnt ihre Träume aufzuschreiben, was sie bis an ihr Lebensende fortführt. Diese sind eine wichtige Inspirationsquelle für ihr Schaffen. In Lörrach besucht Meret die Oberrealschule und lernt in Basel verschiedene KünstlerInnen kennen. Darunter ist auch die Malerin und Tänzerin Irène Zurkinden, die eine enge Freundin wird. Eineinhalb Jahre vor der Matura verlässt Meret die Schule und beschliesst, Malerin zu werden. Mit Irène Zurkinden reist sie 1932 im Zug nach Paris. Sie besucht Ausstellungen und lernt Alberto Giacometti, Hans Arp und später Pablo Picasso und Dora Maar kennen. Meret Oppenheim macht zahlreiche Zeichnungen, gestaltet Objekte und schreibt ihre ersten Gedichte. Ab und zu besucht sie die Académie de la Grande Chaumière, arbeitet aber lieber allein bei sich und in den Kaffeehäusern. In ihrem Drang nach Freiheit sucht sie die grösstmögliche Unabhängigkeit. 1933 entstehen zahlreiche Werke, die von ihrem zielbewussten Vorgehen, ihrer schöpferischen Verspieltheit, ihrer sinnlichen Direktheit und ihrem Desinteresse an einem einheitlichen Stil geprägt sind. Von 1933–1937 nimmt Meret Oppenheim regelmässig am Salon des Surindépendants der SurrealistInnen teil und verkehrt in deren Stammlokal Café del la Place Blanche. Man Rays bekannte Fotografien mit ihr an der Druckpresse entstehen, aufgenommen im Atelier von Louis Marcoussis. 1934 lernt sie Max Ernst kennen, mit dem sie eine kurze leidenschaftliche Liebesbeziehung eingeht. Ab dem Herbst 1935 ist sie häufig mit Marcel Duchamps zusammen. Durch seine Emigration in die USA im Jahr 1942 wird diese Verbindung unterbrochen. In ihrer Pariser Zeit leidet sie immer wieder an Depressionen, die sie später als ein gebrochenes Selbstwertgefühl beschreibt. Als der Vater aufgrund seines jüdischen Namens Schwierigkeiten bekommt, gibt er seine Praxis in Steinen auf, und die finanzielle Unterstützung der Eltern bleibt aus. Meret versucht ab 1935 mit Schmuck- und Modeentwürfen Geld zu verdienen, doch selbst den progressivsten Couturiers sind ihre Vorschläge zu extravagant. Für Elsa Schiaparelli entwirft sie ein Armband aus einem geschnittenen, geschliffenen und mit Pelz beklebten Metallreif, für das sie umgerechnet zwölf Schweizerfranken bekommt. Nachbestellungen bleiben jedoch leider aus. Als Pablo Picasso das Armband sieht, gibt er ihr den entscheidenden Impuls für die Pelztasse. Sie kauft bei Uniprix eine grosse Tasse mit Teller und Löffel und überzieht alles mit dem Fell einer chinesischen Gazelle. Zur Ikone wird dieses Objekt, weil es Elemente zusammenbringt, die eigentlich nicht zusammenpassen. Diese Kombination ermöglicht vielfältige Assoziationen und provoziert bei den BetrachterInnen einen Schauer. 1936 entsteht also das Objekt Le déjeuner en fourrure, die bekannte 11
Pelztasse, die von Alfred Barr Junior für das Museum of Modern Art in New York erworben wird. Es ist das meistzitierte Werk der Surrealisten und wird für Meret Oppenheim zu einer Last, da sie ihr Leben lang immer wieder an ihr gemessen wird. Im selben Jahr hat sie ihre erste Einzelausstellung in einer Galerie in Basel, für die Max Ernst die Einladungskarte gestaltet und einen Text beisteuert. 1937 kehrt Meret Oppenheim nach Basel zurück, wo sie zwei Jahre lang die Kunstgewerbeschule besucht. Es ist der Beginn einer 18 Jahre langen Krise, während der sie zwar viel arbeitet, aber auch viel zerstört. Dennoch bleiben aus dieser Zeit wichtige Werke erhalten, z. B. das Gemälde Peperoni auf dem Wasser (1938), das sich in der Sammlung des Kunstmuseums Solothurn befindet. Ihre Familie ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen und lebt im Haus der Grossmutter in Corona. Meret pflegt Kontakt zur Basler Gruppe 33 und zur Schweizer Künstlervereinigung Allianz. Sie hat nur noch mit wenigen KünstlerInnen aus ihrer Pariser Zeit Kontakt, einer davon ist Alberto Giacometti. 1939 nimmt sie nochmals an einer Ausstellung in Paris teil und kehrt danach elf Jahre nicht mehr in die französische Hauptstadt zurück. Sie lebt und arbeitet im Haus ihrer Grossmutter im Klingental bei Basel. Erst 1950 trifft sie wieder FreundInnen in Paris, die sie vor dem 2. Weltkrieg verlassen musste. 1945 lernt Meret Oppenheim den Kaufmann Wolfgang La Roche kennen, den sie vier Jahre später heiratet. Arnold Rüdlinger, der damalige Direktor der Kunsthalle Bern, öffnet ihr den Zugang zum Berner Künstlerkreis. 1954 geht Meret Oppenheims Schaffenskrise zu Ende. Sie bezieht ein Atelier in Bern, und es entstehen Gouachen, Ölbilder und bildhafte Tuschezeichnungen. 1956 entwirft Meret Oppenheim Kostüme und Masken für Daniel Spoerris Inszenierung von Pablo Picassos Wie man Wünsche am Schwanz packt an einem Theater in Bern. 1959 organisiert die Künstlerin in Bern ein Frühlingsfest, dessen Mahlzeit auf dem Körper einer nackten Frau inszeniert wird. Am Essen nehmen drei Paare teil. Zu einem der Paare gehört auch die Frau auf dem Tische. André Breton drängt sie zu einer Wiederholung anlässlich einer Surrealistenausstellung in Paris, die ihre letzte Ausstellung mit der Gruppe der Surrealisten wird. Trotzdem wird sie weiterhin mit dem Etikett “Surrealistin“ versehen. In den sechziger Jahren entstehen vermehrt Himmelsbilder mit flächigen Gestirnen und stilisierten Wolken. Diese Werke zeugen vom Eingebundensein in räumliche, zeitliche und mystische Dimensionen. Oppenheims Aufmerksamkeit zielt auf das Unbewusste. Sie ist überzeugt, dass Ratio und Logik wichtig, aber letztlich nur bescheidene Mittel sind, um der Unendlichkeit der Natur beizukommen. Auch die jüngeren Werke zielen auf das Aufbrechen, Erweitern und Neubesetzen von Sprache. Der Humor ist für Oppenheim eine ins Schaffen integrierte Waffe gegen das Eingeengtsein durch den eigenen hohen Anspruch. Meret Oppenheim setzt sich auch für den Feminismus ein. Nach ihrer Retrospektive in Stockholm 1967 erfährt Meret Oppenheim eine Wiederentdeckung. 1974 findet ihre erste Einzelausstellung in der Schweiz im Kunstmuseum Solothurn statt. Diese ist als Wanderausstellung konzipiert und wird anschliessend in Winterthur und Duisburg gezeigt. Ein Jahr später erhält sie den Kunstpreis der Stadt Basel und 1982 den Grossen Preis der Stadt Berlin. Es folgt eine Einladung an die documenta 7 nach Kassel und Bice Curigers Werkmonografie über die Künstlerin. 1983 wird auf dem Waisenhausplatz in Bern ein Brunnen nach Meret Oppenheims Plänen aufgestellt, der bis heute zu kontroversen Debatten führt. 12
1985 stirbt Meret Oppenheim an einem Herzinfarkt in Basel, am Tag der Vernissage ihres Buches Caroline mit Gedichten und Graphiken. Sie wird im Familiengrab in Carona bestattet. 13
Kapitel 3 Methodisch-didaktische Arbeitsvorschläge 14
Meret Oppenheim, Das Schulheft, 1930, Tinte, Collage, 20.5 x 33.6 cm „Meret Oppenheim las als Schülerin Johann Wolfgang von Goethe, die Romantiker, Gottfried Keller, Rainer Maria Rilke und Hermann Hesse. Bildtitel wie Die Erlkönigin, Rotkäppchen und der Wolf oder Das Leiden der Genoveva beziehen sich auf Märchen, Gedichte und Erzählungen aus ihrer Kindheit und Jugend. Und sie war an bildender Kunst interessiert. So erinnerte sie sich später, dass sie als Kind Reproduktionen des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald beeindruckt hatten. Ausserdem interessierte sie sich für den deutschen Expressionismus, Pablo Picassos époques bleue et rose, Amadeo Modigliani, Henri Matisse und die Neue Sachlichkeit. 1929 fand in der Kunsthalle Basel eine Ausstellung des Bauhauses statt, in der 38 Werke von Paul Klee gezeigt wurden. Die Titel seiner Bilder weckten ihr Verständnis für abstrakte Kunst. Der Schule überdrüssig – entstand dann, was sie später als ihr erstes “surrealistisches“ Werk bezeichnet hat: eine Schulheftseite mit der Gleichung “x = Hase“ (siehe Abbildung Seite). Sie war sich bewusst, dass sie mit einem roten Hasen ein Signal senden würde, das ihr Vater unmöglich übersehen konnte. Hasen spielten im Leben der Familien Wenger und Oppenheim eine bedeutende Rolle. Die Grossmutter Lisa Wenger schuf im selben Jahr wie Joggeli söll ga Birli schüttle! mit Das weisse Osterhäschen ein weiteres selbst illustriertes Kinderbuch, und über ihre Mutter Eva heisst es in den von Hans Christoph Tavel zusammengetragenen “Spuren eine Biographie“: „ [...] ihr ganzes Leben hielt sie viele Hühner und Kaninchen. Später gewann sie mit ihrer Zucht von “Champagne-Silber“ sogar Goldmedaillen.“ Bereits einige Jahre zuvor scheint dem Vater aufgefallen zu sein, dass seiner Tochter nicht nach Lernen zumute war, schrieb er doch am 1. Juni 1924 in einem Brief an Hermann Hesse: „Nur meine Tochter Meret schwimmt in Seligkeit, und treibt die Rösselrite um frei fahren zu dürfen, sie tut das schon 3 oder 4 Stunden lang. Wenn doch die Schule auch solche Freifahrten erfinden wollte, dann brauchten sich die Lehrer nicht über das Fehlen ihrer Conzentrationsfähgkeit zu beklagen. Warum wird in der Schule übrigens nur Concentration verlangt, statt auch die Excentricität zu pflegen?! Diese Frage sollte auf einem der nächsten Schulcongresse beim Thema ’Schule und Harmonie’ behandelt werden.“ Anderthalb Jahre vor der Matura verliess Meret Oppenheim die Schule und beschloss, Malerin zu werden.“1 1 Simon Baur: Meret Oppenheim Geheimnisse. Eine Reise durch Leben und Werk, Verlag Scheidegger & Spiess AG, Zürich 2021, S. 24/25. 15
Meret Oppenheim, Das Schulheft, 1930, Tinte, Collage, 20.5 x 33.5 cm 16
Meret Oppenheim, Das Schulheft, 1930, Tinte, Collage, 20.5 x 33.6 cm Frühe Arbeiten aus den Jahren 1930–1934 Themen: Jugendjahre Ausbildung Erste Jahre in Paris Eigenständigkeit Kreativität Surrealismus Zeichenstil Bild-Text-Kombinationen Urzeit Venus Linienzeichnungen Zielgruppe: Mittel- und Oberstufe Ablauf: 1) Einstieg ins Thema Mittel- und Oberstufe: Jugendzeit und Schulabbruch Den Text von S.15 vorlesen oder frei zusammenfassen. Mit den SchülerInnen über den Stellenwert der verschiedenen Schulfächer und Beurteilungskriterien sprechen. Welches sind für die SchülerInnen wichtige Fähigkeiten, die einen auf das Leben nach der Schulzeit vorbereiten? Wie denken sie darüber, dass Meret mit 19 Jahren die Schule abgebrochen hat, um Malerin zu werden, und mit ihrer Freundin nach Paris gereist ist, wo sie mehrere Jahre alleine lebte? Variante Mittel- und Oberstufe: x = Hase Die Abbildung von S.16 aus dem Schulheft vergrössert ausdrucken und gemeinsam betrachten. Meret Oppenheim bezeichnete später diese Gleichung als ihr erstes surrealistisches Werk. Gemeinsam besprechen, was Surrealismus bedeuten und was an dieser Gleichung und vor allem an der Probe auf der rechten Seite surrealistisch sein könnte. Woran erinnert der linke Gegenstand bei der Probe auf der rechten Seite? Meret zeigte diese Gleichung ihrem Vater, um ihm ihren Unmut über das Gelernte vorzutragen. Mathematik war nicht ihre Stärke. Die Schule war ihr verleidet: Eineinhalb Jahre vor dem Abitur brach sie die Schule ab, mit dem Wunsch Malerin zu werden. Auf der rechten Seite des Schulheftes steht der Hase nun auf dem Kopf in einer Gleichung mit einem Gegenstand, der an ein zusammengerafftes Tüchlein erinnert, für den sich aber keine klare Bezeichnung finden lässt. Eine Probe also, die genauso im Dunkeln bleibt wie die Unbekannte x. Ein wenig erinnert der Gegenstand auch an eine abstrakte Karotte mit Grünzeug. Möglich wäre auch, dass es sich bei dem unbekannten Gegenstand der “Probe“ um 17
den Schirm ihrer Mutter handelt, heisst es doch in einer von Merets letzten Traumnotizen vom 4. Mai 1985: „Ich halte eine zylinderförmige hölzerne Hülse in der Hand. Darin ist der zusammengeschobene Schirm (“Knirps“) meiner Mutter (im Stil der 30er Jahre). Oben in der Hülse steckt ein Stöpsel, der im obersten Teil ein fein geschnittenes Gewinde hat. Ich bewundere diese handwerkliche Arbeit.“ Auch von der Bedeutung der Hasen in der Familie Oppenheim-Wenger erzählen. Variante Mittel- und Oberstufe: Arbeiten aus den frühen Jahren in Paris (1930–1934) Zweiergruppen bilden. Im ersten Saal unten rechts eine Arbeit aus Merets frühen Schaffensjahren auswählen. Notizen machen, was einem alles auffällt (Was? Wo? Wie?). Wie ist der Zeichenstil (klassisch oder modern)? Was interessiert die Gruppe an dieser Arbeit? Danach werden die Beobachtungen einander vorgestellt. Variante Mittel- und Oberstufe: Urzeitvenus Den Grundriss für Urzeit-Venus von 1933 betrachten: Ist das ein Grundriss der Plastik oder gleichzeitig ein Grund- und Aufriss? Oder handelt es sich eher um einen Plan? Was für ein Objekt könnte das werden? Was stellt ihr euch unter einer Urzeit- Venus vor? Welche Bedeutung hat die Venus (Venus: Römische Göttin der Liebe, des erotischen Verlangens und der Schönheit)? Die Zeichnung mit dem Foto der Plastik Urzeit-Venus von 1933/1962 vergleichen: Aus welchem Material besteht dieses Objekt? Welche Assoziationen kommen euch in den Sinn? Warum ist die Figur so rudimentär dargestellt? Was könnte sie mit Fruchtbarkeitsgöttinnen zu tun haben? Warum passt das Material gut zu dieser Plastik? Meret Oppenheim, Urzeit-Venus, 1933/1962, Bemalte Terracotta, glasiertes Stroh, 64 x 26.5 x 20 cm 18
Variante Mittel- und Oberstufe: Linienzeichnungen von Tieren Die Zeichnung Vogel von 1933 betrachten ohne das Schildchen anzuschauen (Lehrperson kann sich mit dem Rücken vor das Schildchen stellen): Wie ist diese Zeichnung gemacht (Technik)? Woran erinnert die Umrisslinie? Was könnte die Zeichnung darstellen? Welches sind die typischen Merkmale für eure Vermutung? Wie können Tiere auf das Wesentlichste reduziert werden? Auch Pablo Picasso hat solche Linienzeichnungen gemacht. Meret lernte Picasso in Paris kennen und war mit seiner Frau Dora Maar und ihm befreundet. Unten siehst du einige Beispiele dieses Künstlers von Tieren, die nur mit einer Linie gemalt worden sind. Was ist bei Meret Oppenheim anders? 2) Bildbetrachtung/Gegenüberstellung von folgenden Bild-Text Zeichnungen: Meret Oppenheim, Alaska Du Schöne, 1933 Meret Oppenheim, Pourquoi j’aime mes chaussures, 1934 Meret Oppenheim, Ich bin die Gerechtigkeit mit dem Backsteinröckchen, 1934 Meret Oppenheim, Alaska hmhmhm ..., 1933 Seit dem Schulheft erprobte Meret Oppenheim das Verfahren, Text und Bild miteinander zu kombinieren. In der Zeichnung Warum ich meine Schuhe liebe von 1934 lässt sich höchstens eines der drei Bildelemente mit einem Schuh assoziieren. Meret Oppenheim hat mit ihrer Kunst eine eigene Grammatik erschaffen, in der “Lyrisches Erzählen“ von Bildpartikeln und Satzfragmenten ausgeht oder aber von diesen irritiert wird. Josef Helfenstein hat in dieser Verbindung nicht zusammengehöriger Elemente einen Grundzug von Meret Oppenheims Kunst erkannt: „Die Alogik der Bildsprache setzt dem Verständnis des Betrachters eine Grenze. Einzelelemente können isoliert werden und sind als solche bestimmbar, doch das Kunstwerk als Gesamtes entzieht sich einem rationalen Verständnis. Oft bewirkt gerade die alogische, provozierende Kombination die starke poetische Assoziationskraft, die von dieser Arbeit ausgeht.“ Es geht bei Meret Oppenheim also um die Annäherung verschiedener Wirklichkeiten. Dies wurde bereits im Schulheft deutlich, in dem schulische Leistungen (Mathematik) mit Eindrücken aus der Natur (Hase) oder Erinnerungen aus der Kindheit (Schirm bzw. Knirps der Mutter) kombiniert werden. Folgende Fragen könnten gestellt werden: • Was fällt euch bei diesen Zeichnungen alles auf? • Womit sind sie gezeichnet? • Woran erinnern die einzelnen Bildelemente? • Was bedeuten die Satzfragmente? • Was haben Bild und Text miteinander zu tun? • Weshalb lösen sie beim Betrachten Irritation aus? • Warum lösen die Zeichnungen starke Assoziationen aus? • Was bewirkt diese Kombination von verschiedenen Wirklichkeiten? • Man redet bei Meret Oppenheims Kunst auch von “Lyrischem Erzählen“ oder einer eigenen Grammatik. Was könnte man darunter verstehen? 19
3) Weiterführende Aufgaben Mittel- und Oberstufe: Stellenwert der Schule Welche Fächer, Fähigkeiten und Werte werden in der Schule vermittelt? Welche davon sind für das Leben wichtig? Was fehlt für das Bestehen der Einzelnen in der aktuellen Gesellschaft? Ausgehend von einer gemeinsamen Diskussion zu diesen und weiteren Fragen einen utopischen bzw. visionären Schulentwurf planen und gestalterisch umsetzen. Mittel- und Oberstufe: x = Hase Ausgehend vom Schulheft von Meret Oppenheim eine mathematische, physikalische oder chemische Formel wählen und zu einer surrealistischen Gleichung samt Probe umsetzten. Die gewählten Bildzeichen sollen mit dem persönlichen Erleben der SchülerInnen zu tun haben. Die Klasse soll der Frage nachgehen, was Mathematik, Physik oder Chemie aktuell mit ihrem Leben zu tun hat. Variante Mittel- und Oberstufe: Arbeiten aus den frühen Jahren in Paris (1930–1934) Ausgehend von den Bild-Text Zeichnungen von Meret Oppenheim mit Tusche eigene Bild-Text Kombinationen gestalten. Die SchülerInnen sollen von ihren persönlichen Erfahrungen ausgehen: Erinnerungen aus der Kindheit, aktuelle Erlebnisse, Träume, Wünsche, Visionen u. a. Variante Mittel- und Oberstufe: Urzeitvenus Sich mit dem Thema Venus und Fruchtbarkeitsgöttinnen auseinandersetzten. Dazu selbst eine Plastik gestalten. Variante Mittel- und Oberstufe: Linienzeichnungen von Tieren Ausgehend von Tierbildern selbst Linienzeichnungen von Tieren herstellen. Das bedeutet, dass die Körperform, bzw. die Umrisslinie mit einem Schwung gezeichnet werden soll. Der Stift darf also nicht vom Blatt abgehoben werden. Als Vorübung kann man auch, wie Pablo Picasso u. a. es gemacht haben, mit einer Taschenlampe in einem abgedunkelten Raum Tierformen “mit Licht zeichnen“ und danach mit breitem Pinsel auf ein grosses Papier an der Wand oder auf einer Staffelei malen. Dabei kann den folgenden Fragen nachgegangen werden: Welches sind die markanten Merkmale des jeweiligen Tieres? Wie kann man die Formen so vereinfachen, abstrahieren, dass das Tier doch noch zu erkennen ist? 20
Darstellung der Frau/Selbstbildnisse/Geschlechterrollen Ausgehend vom Solothurner Werkbestand umkreist die aktuelle Ausstellung auch die Motive Frau und Selbstbildnisse. Mit der Frage der Selbstreflexion ist eine Werkreihe mit den Motiven Gesicht und Spiegel verbunden. Nur selten kommt im Schaffen von Meret Oppenheim ihr eigenes Abbild vor. Meret Oppenheim ist skeptisch gegenüber der Abbildbarkeit der menschlichen Individualität im Porträt. In den beiden Bildern Meine Mutter auf dem Totenbett von 1959, eines davon im Profil, wagt sie eine zeichnerisch-realistische Annäherung. Gemäss Meret Oppenheim zeigt sich im Tod das Gesicht, in dem sich die Wahrheit des Individuums zeigt. Die Erkundung des eigenen Gesichts findet bei Meret Oppenheim ausschliesslich beim Zeichnen statt. Meist schafft die Künstlerin Spiegelbilder ohne Selbst, Porträts ohne Gesicht und spielt mit verschlüsselten Selbstdarstellungen, um sich von den üblichen Erwartungen zu befreien. Der neue Bildtypus von “geistigen Selbstporträts“, den die Künstlerin für sich entdeckt, verbindet innere und äussere Wirklichkeiten. Dabei dienen ihr Träume als Hilfestellung. Katrin Steffen schreibt im Ausstellungskatalog: „Meret Oppenheims Sinn für Hintergründe, Geheimnisvolles und für die Natur knüpft an ein zentrales Ziel der Romantik an: durch Verbindung von Vernunft und Fantasie zum ganzen Menschen zu gelangen und damit die Spaltung zwischen Natur, Mensch und Kultur zu überwinden, die mit der Entwicklung der Naturwissenschaften in Europa einhergeht.“ Die Künstlerin ist überzeugt, dass jedes Selbst in grössere räumliche, zeitliche und mythische Dimensionen eingebunden ist. Das selbst gestaltete Cover des Solothurner Katalogs von 1974, auf dem Meret Oppenheims Namenszug hell aus einem grau schraffierten Wolkengebilde leuchtet, ist diesbezüglich interessant anzuschauen. Auch in der Zeit der avantgardistischen Surrealisten bleibt das traditionelle Rollenverständnis, die Frau in ihrer weiblichen Rolle als Gefährtin des Mannes und Gebärerin zu sehen, bestehen. Meret Oppenheim und andere Künstlerinnen wie Leonor Fini oder Leonora Carrington, die in den surrealistischen Kreisen verkehren, reagieren darauf mit individuellen Gegenentwürfen. 1936 gelingt Meret Oppenheim mit ihrer Pelztasse Déjeuner en fourrure ein originelles Kunstwerk, das es mit den Readymades von Marcel Duchamp aufnehmen kann, bei denen der Künstler mehr auswählt als erfindet: damals ein gefährliches Unterfangen für eine Künstlerin, da es gemäss Isabelle Graw als Beweis für die “nicht schöpferische Natur der Frau“ gelesen werden kann. Im Zuge der feministischen Bewegung der 1970er Jahre findet erneut eine Auseinandersetzung mit den Geschlechterrollen statt, die eine Hinterfragung traditioneller Rollenmuster voraussetzt. In diesem Kontext wird Meret Oppenheim zur Identifikationsfigur und Projektionsfläche. Jedoch wehrt sie sich wie schon damals bei den Surrealisten gegen diesen einseitigen Zugriff auf ihre Person und lehnt die Teilnahme an ausschliesslich Künstlerinnen gewidmeten Ausstellungen ab. Die Beteiligung hätte für sie eine neuerliche Herabsetzung bedeutet. Meret Oppenheim sagt dazu: „Kunst hat keine Geschlechtermerkmale. Es gibt nur ein Einmaleins [...] Grosse Kunst ist immer männlich-weiblich.“ Für einen Wandel des Verhältnisses zwischen Mann und Frau braucht es für Meret Oppenheim folgende Aspekte: die internalisierte Geringschätzung der eigenen Weiblichkeit zu überwinden sowie das Geistig-Männliche in sich zu akzeptieren und gleichzeitig den überlieferten Rollenmustern eine Absage zu erteilen. Ihr Ziel war ein auf Geschlechtergleichheit 21
hin ausgelegter Ansatz des Feminismus. In der Person ihrer Grossmutter Lisa Wenger, der bekannten Schriftstellerin und Kinderbuchillustratorin, die sich zeitlebens für die Rechte der Frauen engagiert, findet Meret Oppenheim Inspiration. Im Portrait mit Tätowierung von 1980 bearbeitet die Künstlerin ein zwei Jahre zuvor entstandenes Foto ihrer selbst mithilfe von Spray und Schablone zu einer Art “Schamanin“, die spannungsvoll zwischen Abbild und Mythos pendelt. Gemäss Heike Eipeldauer ist das Portrait mit Tätowierung ein ironischer Kommentar zur Legendenbildung und zum Kult um ihre Person in der Kunstkritik. Katrin Steffen schreibt dazu: „Ihr Fotoporträt nutzt die Künstlerin als Zeichenträger, um die Rolle als (Anschauungs-)Objekt zu verhandeln. Bild und Abbild, Gesicht und Maske, Zeigen und Verbergen, Fremdprojektion und Selbstbehauptung sind darin untrennbar verknüpft.“ 22
Darstellung der Frau/Selbstbildnisse/Geschlechterrollen Themen: Darstellung der Frau Selbstbildnisse Gesicht und Spiegel Verschlüsselte Selbstdarstellungen Mutter auf Totenbett Namenszug im Wolkengebilde Hinterfragung von Rollenmustern Gegenentwürfe zu Geschlechterrollen Feminismus 1970er Jahre Oppenheims Ansatz der Geschlechtergleichheit Künstlerin als Projektionsfläche Abbild und Mythos Zielgruppe: Alle Stufen Ablauf: 1) Einstieg ins Thema Alle Stufen: Darstellungen von Frauen Zweiergruppen bilden. Durch die Ausstellung gehen und jede Gruppe wählt ein Bild aus, auf dem eine Frau abgebildet ist. Diskutieren oder Notizen machen, was einem alles auffällt (Was? Wo? Wie?). Wie ist der Zeichenstil (klassisch oder modern)? Was interessierte die Künstlerin wohl an dieser Arbeit? Was interessiert die Gruppe an dieser Darstellung? Danach werden die Beobachtungen einander vorgestellt. Variante alle Stufen: Selbstporträts Die Selbstporträts (siehe Arbeitsblatt Selbstporträts von Meret Oppenheim) miteinander vergleichen: Mit welcher Technik sind sie gemacht? Welche Unterschiede gibt es zwischen ihnen? Wie wirkt Meret Oppenheim auf den verschiedenen Bildern? Welche Stimmung könnte sie auf den jeweiligen Selbstporträts haben? Welche Zeichnung spricht euch an? Weshalb? Die Selbstporträts auf dem Arbeitsblatt mit der Zeichnung Zukunfts-Selbstporträt als Greisin von 1938 in der Ausstellung vergleichen. Was hat sich in der Zwischenzeit verändert? Was könnte der Zeichenstil über die Befindlichkeit von Meret Oppenheim nach ihrer Rückkehr aus Paris aussagen? Warum kann die Zeichnung Meine rechte Hand mit Verbandsstoff umwickelt von 1932, die in der Ausstellung hängt, auch als eine Art Selbstporträt angesehen werden? Welche Gefühle drückt diese Zeichnung aus? Die Zeichnung Meine Mutter auf dem Totenbett von 1959 ist viel genauer gemacht als ihre Selbstporträts. Warum könnte sich Meret Oppenheim für diese Arbeit mehr Zeit genommen haben? Wo hat sie mit dem Bleistift am längsten verweilt? Weshalb? 23
Mittel- und Oberstufe: Vermutungen zu einem Porträt anstellen Arbeitsblatt Vermutungen zu einem Porträt anstellen kopieren. Unterlagen, Papier und Bleistifte verteilen. SchülerInnen wählen eine Zeichnung aus, auf der eine Person abgebildet ist, und beantworten die Fragen auf dem Arbeitsblatt dazu. Anschliessend versuchen sie einen kurzen Steckbrief zu dieser Person zu verfassen (Gesucht wird ...). Mit der Klasse herausfinden, welche Steckbriefe zu welchen Porträts passen. 2) Bildbetrachtung/Gegenüberstellung von folgenden Zeichnungen: a) Meret Oppenheim, Frau mit rotem Haar, 1957 Meret Oppenheim, Kopf einer Frau mit roten Haaren, roten Lippen, violetter Hand, 1957 Meret Oppenheim, Meine Mutter auf dem Totenbett (Profil), 1959 Meret Oppenheim, Meine Mutter auf dem Totenbett, 1959 Meret Oppenheim, Gesicht (mit Hals) Roma, 1985 Meret Oppenheim, Gesicht, Roma 1985 b) Meret Oppenheim Zukunfts-Selbstporträt als Greisin, 1938 Meret Oppenheim, Gesicht mit Handspiegel, 1960 Meret Oppenheim, Spiegel auf rotem Tuch, 1978 Meret Oppenheim, Portrait mit Tätowierung, 1980 c) Meret Oppenheim, Dialog, 1958 Meret Oppenheim, Zwei sich küssend, 1960 Folgende Fragen könnten zu den Bildern von 2a) gestellt werden: • Was fällt euch bei diesen Arbeiten alles auf? • Womit sind sie gezeichnet/gemalt? • Was fällt euch in Bezug auf die Grösse der Bilder auf? • Wie werden die Frauen dargestellt? • Welche Adjektive würden zu ihnen passen? • Welche Frauen passen zum traditionellen Rollenverständnis, in dem die Frau ihre Aufgabe als Mutter wahrnimmt? • Hat sich dieses Rollenverständnis geändert? Falls ja, inwiefern? 24
• Wo wirken die Frauen sinnlich/verführerisch/selbstbewusst? • Welche Arbeiten könnten auch einen Mann abbilden? Warum bzw. warum nicht? • Weshalb hat Meret Oppenheim einige Porträts schnell umgesetzt und sich bei anderen viel Zeit genommen? Folgende Fragen könnten zu den Bildern von 2b) gestellt werden: • Was ist das gemeinsame Thema bei diesen vier Arbeiten? • Welches sind die Unterschiede zwischen ihnen? • Warum zeichnet man wohl Bilder von sich selbst? • Was hebt diese vier Arbeiten von “typischen“ Selbstbildnissen ab? • Was ist die Bedeutung von Tattoos in archaischen Kulturen (Neben einer rituellen Funktion hat die uralte Technik des Tätowierens auch einen sozialen Zweck, indem sie über den familiäre Herkunft und den gesellschaftlichen Status der tätowierten Person Auskunft gibt.)? • Welchen Stellenwert haben Tattoos heute (Identitätsbildung oder modisches Accessoire)? • Weshalb stellt die Künstlerin wohl keine klassischen Selbstporträts von sich her? • Welches der vier Bilder gefällt euch am besten? Weshalb? • Wie würdet ihr ein Selbstbildnis von euch machen? Aus dem Gedächtnis, mithilfe von einer Fotografie oder eines Spiegels? Folgende Fragen könnten zu den Bildern von 2c) gestellt werden: • Was ist auf diesem Bild dargestellt? • Handelt es sich um Mann und Frau? Warum? • Ist das für die Aussage der Zeichnung wichtig? Weshalb? • Was könnte die Arbeit Dialog mit den Sprichwörtern “Mit dem Kopf durch die Wand gehen“ oder “Ein Brett vor dem Kopf haben“ zu tun haben? • Passt der Titel zur Illustration? Weshalb? • Was könnten die bogenförmige Öffnung und das Gebäude bedeuten, welche die beiden Figuren wie ein Zelt oder eine Höhle umgeben? • Weshalb ist es in der Schule, bei der Arbeit und zu Hause wichtig, immer wieder den Dialog bzw. das Gespräch zu suchen? • Wer küsst sich da? • Mann und Frau? • Spielt es eine Rolle, um welche Geschlechter es sich handelt (Aussage begründen)? • Gesichter oder Körper? • Was erkennt man im Hintergrund? • Wie hat Meret Oppenheim diese intime Momentaufnahme umgesetzt (mit feinen Hell-Dunkel- und Grauabstufungen)? 25
3) Weiterführende Aufgaben Alle Stufen: Selbstporträts Aus einem A3- oder A2-Zeichenpapier ein Quadrat zuschneiden. Dieses mithilfe von Bleistift und Lineal in neun gleich grosse Felder unterteilen. In jedes Feld kommt eine andere Art von Selbstporträt: z. B. Selbstporträt mit Spiegel, Selbstporträt mit geschlossenen Augen (die eine Hand zeichnet, während die andere Hand das eigene Gesicht abtastet), Selbstporträt nicht mit der Zeichenhand, Selbstporträt als Linienzeichnung (der Bleistift darf nicht vom Blatt abgehoben werden), Selbstporträt mit Grimasse, Selbstporträt als ältere Person, Selbstporträt mit einem passenden Gegenstand, Selbstporträt mit den Buchstaben des Vor- und Nachnamens, Selbstporträt als Sternzeichen, Selbstporträt als Fabelwesen, Selbstporträt als Foto, das mit Tattoos, Piercings etc. versehen wird, Selbstporträt mit Hand- oder Fingerabdruck u. a. Variante alle Stufen: Selbstporträt mit Wasserfarbe auf einen Spiegel malen Im Grosshandel günstige, möglichst grosse Spiegel für die ganze Klasse kaufen. Alternativ können die Schülerinnen auch einen Handspiegel von zu Hause mitbringen. So können alle ihr Spiegelbild mit Wasserfarbe direkt auf die Spiegeloberfläche malen. Eine Ausstellung mit diesen Spiegelbilder-Selbstporträts machen. Variante alle Stufen: Meret Oppenheim, Spiegel auf rotem Tuch, 1978 Farblaserkopien der Arbeit Spiegel auf rotem Tuch von 1978 machen und verteilen (siehe aktueller Ausstellungskatalog Kunstmuseum Solothurn, S. 162). Die SchülerInnen sollen die runde rote Spiegelglasfläche in der Mitte ausschneiden und darin etwas Neues gestalten. Es kann auch eine dreidimensionale Arbeit werden. Alternativ klebt man auf die Rückseite der Farblaserkopie ein weisses Papier, das man nach erneutem Umdrehen bemalen kann. Dabei sollen die SchülerInnen der Frage nachgehen, welche Aspekte/Facetten der Künstlerin Meret Oppenheim sich im „roten“ Spiegel zeigen könnten? Das muss nicht unbedingt ein Porträt der Künstlerin sein, sondern das Gemalte kann auch ihre Leitmotive oder Formensprache spiegeln. Variante alle Stufen: Ein Foto von sich selbst weiterbearbeiten Die SchülerInnen sollen eine Fotografie von sich selbst mitbringen, von der die Lehrperson eine vergrösserte Schwarz-Weiss-Kopie herstellt. Diese wird dann frei weiterbearbeitet. Es kann z. B. folgenden Fragestellungen nachgegangen werden: Wie wirke ich auf dieser Fotografie? Was für eine Stimmung drücke ich aus? Was für einen Typ/Charakter stelle ich dar? Wie sehen mich die andern? Was für eine Rolle (wie z. B. bei Oppenheim eine Schamanin) würde zu mir passen? Wie kann ich die Fotovorlage verändern, dass dieser Charakter zum Ausdruck kommt? Variante alle Stufen: Mythische Figuren wie z. B. die Schamanin Als was für eine Figur aus Märchen, Fantasy, Sciencefiction, u. a. Genres sehen sich die SchülerInnen. Meret Oppenheim hat sich z. B. einmal als Schamanin dargestellt. Welcher Charakter/Typ würde zu ihnen passen? Sich als diese Figur verkleiden, inszenieren und ablichten lassen. 26
Variante alle Stufen: Eingebundensein in die Natur Sich selbst in einer passenden Umgebung zeichnen/malen. Dies bedeutet nicht nur eine Nahaufnahme umzusetzen, sondern das Brustbild oder das Ganzkörper- Selbstbildnis in eine passende Umgebung zu betten. Mittel- und Oberstufe: Namenszug gestalten Gemeinsam den Plakatentwurf von 1974 in der Vitrine im linken grossen Saal anschauen. Dort leuchtet Meret Oppenheims Namenszug hell aus einem grau schraffierten Wolkengebilde. Flüchtig wie die Wolken ist der Name der Künstlerin nur eine vorübergehende Erscheinung. Die Namenswolke zeugt vom Eingebundensein des Menschen in die ständigen Veränderungsprozesse der Natur. Wie hat Meret Oppenheim ihren Namenszug für ihre Einzelausstellung im Kunstmuseum Solothurn dargestellt? Woran erinnert der Hintergrund? Die eckigen Buchstabenformen kontrastieren mit dem weichen, sich auflösenden Zeichenstrich des Hintergrunds. Warum hat Meret Oppenheim das so umgesetzt? Wie hat sie sich als Künstlerin zur damaligen Zeit wohl gesehen? Sie erlebte damals den zweiten Höhepunkt ihrer Karriere. Was für eine Stimmung habt ihr aktuell? Wie könntet ihr diese Stimmung in Form eures Namenszuges oder eurer Initialen zum Ausdruck bringen? Die SchülerInnen sollen verschiedene Möglichkeiten ausprobieren. Variante Mittel- und Oberstufe: Gegenentwürfe zum traditionellen Rollenverständnis Ausgehend von Meret Oppenheims berühmter Pelztasse eigene Gegenentwürfe zum traditionellen Rollenbild von Frauen bzw. Männern kreieren und gestalten. Man könnte z. B. vorgängig mit der Klasse durch die Sammlung des Kunstmuseums gehen und schauen, wie Männer und Frauen über die Jahrhunderte dargestellt wurden. Ausgehend von diesen Beobachtungen könnten die SchülerInnen Entwürfe für die heutige Zeit machen. Variante Mittel- und Oberstufe: Mit Gegensatzpaaren zu Meret Oppenheim arbeiten Ausgehend von der Arbeit Idee für Maske von 1959, die ein zweigeteiltes Gesicht zeigt, sollen die SchülerInnen selbst ein Bild oder ein Objekt gestalten, das zu einem der folgenden Gegensatzpaare passt: Bild – Abbild, Subjekt – Objekt, Gesicht – Maske, zeigen – verbergen, Selbstbehauptung – Fremdprojektion. Stillstand – Verwandlung u. a. Variante Mittel- und Oberstufe: Gedichtzeile, -strophe oder ganzes Gedicht gestalterisch umsetzen Arbeitsblätter Gedichte von Meret Oppenheim 1 und 2 kopieren und verteilen. Die SchülerInnen sollen beim Lesen der Gedichte spontan Worte, Satzfragmente oder Zeilen anstreichen, die sie ansprechen. Danach entscheiden sie sich für eine Textstelle, zu der sie eine eigene gestalterische Arbeit machen. Variante Mittel- und Oberstufe: Selbstwahrnehmung/Fremdwahrnehmung Arbeitsblätter Fragen zur eigenen Person beantworten und Vermutungen zu einer anderen Person machen kopieren und verteilen. Zweiergruppen bilden. Alle beantworten die Fragen für sich und so, wie sie denken, dass es für ihren Gruppenpartner bzw. ihre -partnerin passend ist. Danach Austausch in der Zweiergruppe. Im Plenum diskutieren, was man bei diesem Experiment für Erfahrungen gemacht hat. Wie sah wohl Meret Oppenheim ihre Rolle als junge Künstlerin in Paris? Und wie 1974 als etablierte Künstlerin? Welche Bilder hatte die Öffentlichkeit von ihr als junge bzw. als reife Frau? 27
Variante Mittel- und Oberstufe: Selbstbildnis als GreisIn Im Zukunfts-Selbstporträt als Greisin von 1938 stellt sich die damals 25-jährige Künstlerin vorschnell gealtert und mit eingefallenem Gesicht dar. Es ist fast wie ein Sinnbild für eine schöpferisch als “tot“ empfundene Zeit. Die kleine Zeichnung dokumentiert die Wahrnehmung der eigenen Weiblichkeit zu einem Zeitpunkt, an dem sie nach fulminanten Anfangsjahren im Kreis der Surrealisten in Paris in die Schweiz zurückkehrt und beginnt, sich als Frau und als Künstlerin infrage zu stellen. Es kommt Meret Oppenheim damals so vor “als würde die jahrtausendealte Diskriminierung der Frau auf meinen Schultern lasten, als ein in mir steckendes Gefühl der Minderwertigkeit“. Wie sehen die SchülerInnen die Rolle der Frau bzw. des Mannes in der heutigen Zeit? Wie werden die Geschlechterrollen in 60 Jahren aussehen? Zurück zum Matriarchat, immer noch im Patriachat oder auf gleicher Augenhöhe? Wird sich das Verhältnis zwischen den Geschlechtern weg vom Dualismus Mann-Frau zu einem Pluralismus unterschiedlichster Gender-Formen entwickeln? Ausgehend von dieser Diskussion sollen die SchülerInnen sich so zeichnen, wie sie in 60 Jahren aussehen könnten. Variante Mittel- und Oberstufe: Geschlechtergleichheit/Androgynität Interessant ist auch die Zeichnung Selbstbildnis von 1937 (siehe Arbeitsblatt Selbstporträts von Meret Oppenheim), auf der sich Meret Oppenheim mit einem betont androgynen Gesichtsausdruck darstellt. Der Mythos des Androgynen hat im Surrealismus Hochkonjunktur. Die Surrealisten wollten gesellschaftlichen Konventionen eine Absage erteilen. Diese Tabuverletzung stand aber v. a. männlichen Künstlern zu. Marcel Duchamp legte sich beispielsweise mit Rose Sélavy ein weibliches Alter Ego zu und liess sich als herbe Schönheit vom Fotografen Man Ray ablichten. Meret Oppenheim jedoch löste mit den Aktfotografien, die Man Ray von ihr an einer Druckpresse aufnahm, in Basel einen Skandal aus. Von der Öffentlichkeit wurde Meret Oppenheim auf das weibliche Stereotyp der androgynen Kindfrau festgelegt. Wie stellt sich Oppenheim auf diesem Bild dar? Als Mann oder Frau? Wie ist der Zeichenstrich? Entspricht das Bild dem gängigen Schönheitsideal? Falls nein, warum nicht? Was versteht man unter dem Begriff androgyn? Warum könnten androgyne Wesen in der Zeit des Surrealismus in Mode gewesen sein? Ausgehend von dieser Diskussion könnten die SchülerInnen ein Selbstporträt in Textform verfassen, in dem ihre aktuelle Rolle als Junge, Mädchen oder queere Person zum Tragen kommt. Variante Mittel- und Oberstufe: Gestalterische Arbeit zu Titeln, Redewendungen oder Sprichwörtern Ausgehend von den Titeln Dialog und Zwei sich küssend sollen die SchülerInnen selbst eine Arbeit gestalten. Versuchen, nicht einfach 1:1 etwas abzubilden, sondern die Bildsprache zu abstrahieren bzw. zu vereinfachen. Sie können zeichnen, malen, dreidimensional arbeiten oder einen Text schreiben. Ausgehend von Sprichwörtern und Redewendungen zum Thema Beziehungen eine passende Illustration kreieren. 28
Arbeitsblatt Selbstporträts von Meret Oppenheim Im Uhrzeigersinn von oben links: Selbstbildnis (Grimasse), 1932 / Selbstporträt, 1933 /Selbstporträt, 1943 /Selbstbildnis, 1937 29
Arbeitsblatt Vermutungen zu einem Porträt anstellen Versucht die folgenden Fragen zu beantworten und schreibt eure Gedanken auf. 1) Wer ist die abgebildete Person (Beruf etc.)? __________________________ ___________________________________________________________________ 2) Wie alt ist sie? __________________________________________________ 3) Wo befindet sie sich? _____________________________________________ ___________________________________________________________________ 4) Was tut sie in diesem Moment? _____________________________________ ___________________________________________________________________ 5) Was wird sie in einer halben Stunde tun? _____________________________ ___________________________________________________________________ 6) Welchen Ausdruck haben ihre Augen? _______________________________ ___________________________________________________________________ 7) In welcher Stimmung ist sie abgebildet? ______________________________ ___________________________________________________________________ 8) Was denkt sie gerade? ___________________________________________ ___________________________________________________________________ 9) Was macht sie gern? _____________________________________________ ___________________________________________________________________ 10) Was hasst sie? _________________________________________________ ___________________________________________________________________ 11) Wie lebt sie? ___________________________________________________ 30
Arbeitsblatt Vermutungen zu einer anderen Person machen 1) Welchen Gegenstand würde diese Person als Erstes in einen leeren Raum stellen? _____________________________________________________________ 2) Wofür würde sie nie Geld ausgeben?____________________________________ 3) Was für Musik gefällt ihr?_____________________________________________ 4) Welches ist ihre liebste Freizeitbeschäftigung?____________________________ ___________________________________________________________________ 5) Was macht diese Person überhaupt nicht gern?___________________________ ___________________________________________________________________ 6) Was würde sie am liebsten an einer Tombola gewinnen? ____________________ ___________________________________________________________________ 7) Welches ist ihre Lieblingsfarbe?________________________________________ 8) Stell dir vor diese Person wäre ein Tier. Welches würde am besten zu ihrer Art und ihrem Charakter passen?_______________________________________________ 9) Welche Idole (Vorbilder) hat sie?_______________________________________ ___________________________________________________________________ 10) Was ist ihr grösster Wunsch?_________________________________________ ___________________________________________________________________ 11) Wovor fürchtet sich diese Person?____________________________________ ___________________________________________________________________ 12) Welches der vier Elemente (Erde, Wasser, Luft, Feuer) passt zu ihr?__________ 13) Wofür ist sie dankbar?______________________________________________ ___________________________________________________________________ 14) Wie lebt diese Person in 20 Jahren?___________________________________ ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________ 31
Arbeitsblatt Fragen zur eigenen Person beantworten 1) Welchen Gegenstand würdest du als Erstes in einen leeren Raum stellen? _____________________________________________________________ 2) Wofür würdest du nie Geld ausgeben?___________________________________ 3) Was für Musik gefällt dir?_____________________________________________ 4) Welches ist deine liebste Freizeitbeschäftigung?___________________________ ___________________________________________________________________ 5) Was machst du überhaupt nicht gern?___________________________________ ___________________________________________________________________ 6) Was würdest du am liebsten an einer Tombola gewinnen? ___________________ ___________________________________________________________________ 7) Welches ist deine Lieblingsfarbe?_______________________________________ 8) Stell dir vor du wärst ein Tier. Welches würde am besten zu deiner Art und deinem Charakter passen?______________________________________________ 9) Welche Idole (Vorbilder) hast du?_______________________________________ ___________________________________________________________________ 10) Was ist dein grösster Wunsch?________________________________________ ___________________________________________________________________ 11) Wovor fürchtest du dich?____________________________________________ ___________________________________________________________________ 12) Welches der vier Elemente (Erde, Wasser, Luft, Feuer) passt zu dir?__________ 13) Wofür bist du dankbar?______________________________________________ ___________________________________________________________________ 14) Wie lebst du wohl in 20 Jahren?_______________________________________ ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________ 32
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