Mit Sicherheit in die digitale Zukunft - Fünf Menschen, fünf Lösungen - www.bundesdruckerei.de
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Mit Sicherheit in die digitale Zukunft Fünf Menschen, fünf Lösungen GESCHÄFTSBERICHT 2016 | MIT SICHERHEIT IN DIE DIGITALE ZUKUNFT www.bundesdruckerei.de
1 Inhalt Mit Sicherheit in die digitale Zukunft Fünf Menschen, fünf Lösungen 3 Editorial 4 Die Bundesdruckerei in Zahlen 5 Die Bundesdruckerei-Gruppe 6 Das neue Corporate Design 8 Sichere Cloud – Dr. Maxim Schnjakin 16 Industrie 4.0 – Matthias Ochs 24 Sichere Identitäten – Kathlen Schröder 32 Sicheres E-Government – Danilo Kamrad 40 Sichere Dokumente – Marek Müller 48 Impressum
EDITORIAL 3 Wer macht unsere Welt sicher? Wir treffen die Menschen hinter den Sicherheitstech nologien. Und lassen uns von ihnen erklären, worauf es in Zukunft ankommt. Das Thema IT-Sicherheit ist oft ein abstraktes. Technologien und Tools, Produkte und Prozesse dominieren die Debatte. Ob als Anbieter, Experte oder Beobachter der Branche: Wir alle benutzen oft – vielleicht zu oft – theoretische Modelle, schwer verständliche Fachbegriffe und kaum bekannte Abkürzungen, um zu erklären, was wir meinen. Dabei gibt es eine andere Ebene des Themas Sicherheit, die mindestens ebenso relevant ist und wahrscheinlich zugänglicher: die Menschen. Hinter jeder Innovation, jedem Prozess, jeder Technologie stehen Mitarbeiter, die sich damit bis ins Detail auskennen. Die sich in der Entwicklung verwirklichen. Im Service aufgehen. Für den Vertrieb brennen. Mit dem Geschäftsbericht 2016 gehen wir auf eine Entdeckungsreise in einen sicheren Alltag: Wir lernen fünf Mitarbeiter der Bundesdruckerei-Gruppe kennen. Menschen, die unser Leben und Wirtschaften jeden Tag sicherer machen. Mit Technik, Know-how und Infrastruktur „Made by Bundesdruckerei“. Wir erfahren, wie die Bundesdruckerei dabei hilft, auch digitale Identitäten verläss- lich und sicher nachweisen und prüfen zu können. Wir lernen, wie sie Unternehmen dabei unterstützt, ihre Produktionsstrecken mit Sensorik, 3D-Druck-Kapazitäten und künstlicher Intelligenz auszustatten. Wir lesen, wie die Bundesdruckerei permanent daran arbeitet, Sicherheitsmerk- male und Produktionsverfahren von Ausweisen und Pässen zu verbessern. Wir erfah- ren, wie Verwaltung und Staat die Bedürfnisse der Bürger besser erfüllen können und mit technischen Mitteln effizienter werden. Wir lesen, wie die Bundesdruckerei an wirklich sicheren Cloud-Lösungen für die Wirtschaft arbeitet. All das erzählen uns die Menschen, die es am besten wissen: unsere Mitarbeiter. Ich persönlich finde diesen Ansatz sehr gelungen und hoffe, dass es Ihnen ebenso geht. Viel Freude bei der Lektüre! Herzlich Ulrich Hamann, Vorsitzender der Geschäftsführung (CEO), Bundesdruckerei GmbH
4 5 Die Bundesdruckerei in Zahlen Die Bundesdruckerei-Gruppe 2016 2015 2014 Umsatz 457,3 464,7 453,4 davon Bereich ID 387,0 388,5 391,5 davon Bereich Banknoten/Sonstiges 70,3 76,2 61,9 Tochterunternehmen Personalaufwand 141,8 127,6 117,8 Investitionen in Sachanlagen, Software, Lizenzen 79,0 46,2 30,8 genua GmbH D-TRUST GmbH – Firewall-Systeme – Elektronische Signaturen Abschreibungen auf Sachanlagen, Software, Lizenzen 40,6 27,3 24,0 – Hochsicherheits-Gateways – PKI-Produkte und -Dienstleistungen – VPN-Systeme – eID-Service-Provider Ergebnis (vor Zinsen, Steuern und Abschreibung)* 95,4 123,4 96,3 – Mobile-Security-Lösungen – Qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter Angaben in Mio. € | * EBITDA 2016 2015 2014 Maurer Electronics GmbH iNCO Spółka z o.o. – Entwicklungszentrum Secure ID – Datenerfassung und Produktion Bilanzsumme 852,8 868,0 840,1 – ID-Systeme für elektronische Publikationen – Personalisierungssysteme – Scan-Dienstleistungen Anlagevermögen 601,0 593,4 569,5 – Businessservices mit Umlaufvermögen 245,2 268,4 263,9 Administrationsdienstleistungen davon liquide Mittel 94,6 116,9 157,4 Beteiligungen Eigenkapital 445,7 444,8 443,7 Angaben in Mio. € Veridos GmbH DERMALOG Identification Systems GmbH – Internationales ID-Regierungsgeschäft – Automatische Fingerabdruck- 2016 2015 2014 Identifikationssysteme (AFIS) Aufwendungen für Forschung und Entwicklung 58,8 46,2 34,7 Mitarbeiter (ohne Praktikanten, Azubis, Werkstudenten) 1.928 1.868 1.821 cv cryptovision GmbH Angaben in Mio. € (außer Mitarbeiterzahl) – Innovative Kryptografie – Public-Key-Infrastruktur (PKI)
DAS NEUE CORPORATE DESIGN 7 Ein zukunftsträchtiges Symbol Die Bundesdruckerei hat sich grundlegend gewandelt. Das neue Logo trägt dem nun Rechnung. Seit mehr als 250 Jahren stehen die Bundesdruckerei und ihre Vorgängerunter nehmen für Verlässlichkeit, Vertrauen und Fortschritt. In unserer Geschichte haben wir immer wieder bewiesen, dass wir mit unternehmerischem Weitblick und Wandlungsfähigkeit auf Veränderungen reagieren und diese zum Anlass nehmen, erfolgreiche Lösungen für Gesellschaft und Wirtschaft zu entwickeln. 1994 wird die Bundesdruckerei Heute befinden wir uns mitten in einer fundamentalen Transformation hin zu in eine GmbH umgewandelt. einer digitalen Welt, deren Auswirkungen Experten als „vierte industrielle Revolution“ 1994 In diesem Zusammenhang wird auch das Logo angepasst und das bekannte schwarz- bezeichnen. Als produzierendes Unternehmen haben wir diese Transformation bereits erfolgreich durchlaufen und sind jetzt optimal aufgestellt, um unsere Erfah- rot-goldene Motiv entwickelt. rung und Expertise zu teilen. Unseren Kunden möchten wir als Partner auf Augen- höhe größtmögliche digitale Souveränität ermöglichen. Was ist unser Ziel? Wir wollen die Bundesdruckerei als eines der führenden Unternehmen für IT-Sicherheitslösungen „Made in Germany“ etablieren. Mit dieser Unternehmensstrategie verstehen wir uns als kompetenter Berater, Impulsgeber 1951 erhält die Bundesdruckerei und Anbieter innovativer Sicherheitslösungen – stets mit dem Anspruch, einen 1967 ihren heutigen Namen. Ab 1967 nutzt sie auch ein neues Logo – relevanten Beitrag für das souveräne Handeln unserer Kunden zu leisten. Egal im Mittelpunkt steht nun die ob in der analogen oder in der digitalen Welt. Abbildung eines stilisierten Adlers. Um diesem Wandel ein Gesicht zu geben, haben wir ein neues Logo entwickelt, das das Wesen der Bundesdruckerei verkörpert: innovativ, am Puls der Zeit und „Made in Germany“. Denn die schwarz-rot-goldene Farbgebung betont unsere hoheitlichen Wurzeln und steht für Professionalität und Verlässlichkeit. Der selbstbewusste Auftritt zeigt, wie zukunftsorientiert und wettbewerbsfähig die Bundesdruckerei ist. 1879 wird die Geheime Ober- Hofbuchdruckerei mit der König- 1879 lich-Preußischen Staatsdruckerei zur Reichsdruckerei zusammen- geführt. Etwas später findet sich dann auch erstmals der Adler in einem Logo der Reichsdruckerei.
10 SICHERE CLOUD WIE SICHERN WIR IDENTITÄTEN? 11 „Weil Cloud- Computing Kosten reduziert und mit Bdrive auch sicher ist.“ Dr. Maxim Schnjakin, Principal Secure Identity Der Informatiker hat zum Thema Cloud-Security promoviert. In der Bundesdruckerei wendet er sein Wissen nun praktisch an und arbeitet in der Abteilung Innovations an neuen Technologien.
12 SICHERE CLOUD SICHERE CLOUD13 Unsere Mission ist die sichere Cloud „Made in Germany“ zusammenbricht. Und bei der Verschlüsselung arbeiten wir mit starken symmetrischen und asymmetrischen Verfahren, was ein besonders hohes Maß an Sicherheit gewährleistet. Die Bundesdruckerei hat mit Bdrive einen besonders sicheren Cloud- Speicherdienst auf den Markt gebracht. Daten werden verschlüsselt Wie steht es dabei um die Benutzerfreundlichkeit von Bdrive? und auf mehrere Anbieter von Cloud-Speichern verteilt. Nur autori- Die Nutzer können ihre Daten wie in einer normalen Verzeichnisstruktur ablegen und sierte Nutzer haben Zugriff. bekommen von den Aktivitäten im Hintergrund nichts mit. Unser Ziel war es von Anfang an, die gesamte Anwendung so benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten. Wir haben uns zuerst angeschaut, wie andere Cloud-Lösungen funktionieren, wie die Nutzer ihre Daten üblicherweise ablegen und wie sie unsere Lösung möglichst intuitiv bedienen können. Erst dann haben wir ein zuverlässiges Sicherheitskonzept erarbeitet und mit der Softwareentwicklung begonnen. Die Bundesdruckerei wagt sich mit der neuen Cloud-Lösung in einen hart umkämpften Markt. Warum dieser Schritt? Herr Dr. Schnjakin, den Grundstein für den neuen Cloud-Speicherdienst Bdrive Wir wollen mit Bdrive natürlich Geld verdienen. Aber wir haben auch eine Mission. Unser Ziel haben Sie bereits an der Universität gelegt. Wie ist der Sprung von der Theorie ist es, einen Cloud-Service „Made in Germany“ auf dem Markt zu etablieren und für das in die Praxis gelungen? Thema Sicherheit neue Maßstäbe zu setzen. Bdrive legt die Datensouveränität in die Hände Ich habe am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam auf dem Gebiet Cloud-Security promo- der Nutzer. Nur sie allein entscheiden darüber, wer ihre Daten sehen oder verarbeiten darf viert. Die zentrale Frage lautete: Wie kann man Ressourcen schützen, auf die man als und wer nicht. Weder kriminelle Hacker noch wir als Cloud-Provider können darauf zugreifen. Nutzer in der Cloud keinen physischen Zugriff hat? Dafür haben wir in der Forschungs- Die Bundesdruckerei ist in diesem Punkt absolut glaubwürdig und deshalb für mich genau gruppe einen Ansatz entwickelt. Dann hat mich der Innovationschef der Bundesdruckerei, der richtige Anbieter dieser Lösung. Dr. Manfred Paeschke, in sein Team geholt. Unsere Aufgabe bestand darin, die in der Forschungsarbeit konzipierte Cloud-Speicherlösung möglichst schnell bis zur Marktreife Wie wollen Sie sich gegen die großen IT-Konzerne aus den USA behaupten? zu entwickeln. Das ist uns innerhalb eines Jahres gelungen. Der Cloud-Markt für Unternehmen ist in Deutschland noch nicht so weit entwickelt wie in ande- ren Ländern. Wir reden also nicht über die letzten 20 Prozent, die noch zu verteilen sind. Gleich Was ist das Besondere an Bdrive? zeitig gestalten wir unser Angebot so überzeugend, dass die Nutzer anderer Cloud-Dienste auf Unsere Lösung ist benutzerfreundlich und ausfallsicher und schützt die Daten ihrer Nutzer unser Produkt umsteigen. So können alle User von den Vorteilen von Bdrive profitieren – wie kein anderes System. Im Gegensatz zu anderen Anbietern setzen wir bereits bei der auch wenn sie ihre Daten vorher bei Google, Amazon, Microsoft oder Strato abgelegt haben. Identifizierung der Nutzer an. Bevor ein Unternehmen Bdrive einsetzen kann, bestimmt es einen Administrator, dessen Identität überprüft wird. Der Administrator ist damit der Vertrau- Warum kommt Cloud-Computing in Deutschland nur schleppend voran? ensanker im Unternehmen und kann weitere Benutzer freigeben. Das System bietet eine Viele Unternehmen, vor allem im Mittelstand, befürchten, dass ihre Daten verloren gehen, dass hohe Ausfallsicherheit und kurze Zugriffszeiten. Die Verschlüsselung garantiert, dass nur sie mit gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten oder dass sie die Hoheit über ihre IT verlieren. der Nutzer selbst sowie von ihm freigegebene Personen an die Daten herankommen. Die zahlreichen Cyberangriffe haben gezeigt, dass diese Sorgen berechtigt sind. Dazu kommen die extrem komplexen gesetzlichen Vorgaben für den internationalen Datenaustausch. Vor die- Wie funktioniert Bdrive genau? sem Hintergrund haben wir eine Lösung entwickelt, die ein hohes Maß an Sicherheit und Daten- Das Grundprinzip ist einfach. Bdrive verschlüsselt die Daten eines Users direkt am Arbeitsplatz, schutz gewährleistet, aber gleichzeitig die enormen Vorteile von Cloud-Computing ausschöpft. zerlegt sie in einzelne Teile und verteilt diese dann auf mehrere Cloud-Speicherdienste. Wenn die Nutzer darauf zugreifen wollen, werden die Daten wieder zusammengesetzt und entschlüsselt. Wo sehen Sie das größte Potenzial dieser Technologie? Cloud-Computing reduziert Kosten und macht Unternehmen agiler. Diese können IT-Leistungen Warum werden die Daten zerlegt und verteilt? wie Speicherplatz, Rechenleistung oder Software dann abrufen, wenn sie sie brauchen. Die Verteilung der Daten macht das System flexibler, kostengünstiger und effizienter, weil es Die Unternehmen können sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Außerdem lassen sich auf parallel auf mehrere Cloud-Speicheranbieter zugreifen kann. Gleichzeitig kann Bdrive die Cloud-Basis neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln. Aus meiner Sicht werden wir in Daten auch dann wieder rekonstruieren, wenn ein oder sogar mehrere Cloud-Speicherdienste einigen Jahren den Begriff Cloud-Computing kaum noch verwenden, weil nahezu sämtliche gleichzeitig ausfallen. Die Daten bleiben also verfügbar, solange nicht das ganze Internet IT-Systeme Cloud-basiert sein werden.
14 SICHERE CLOUD SICHERE CLOUD15 Cloud-Computing für alle – aber sicher! 57 Prozent der befragten Cloud-Skeptiker sehen Probleme beim Thema Daten- schutz bzw. Privatsphäre, und die Hälfte hält die Datensicherheit in der Cloud Weil nur wenige Unternehmen Cloud-Computing vertrauen, für nicht ausreichend. Tatsächlich waren Cloud-Provider in den vergangenen Jahren räumt die Bundesdruckerei Sicherheitsbedenken mit neuen immer wieder Ziel von IT-Angriffen. Angeboten aus. Inzwischen haben einige Cloud-Anbieter auf die Vorbehalte reagiert und Stand- orte für Rechenzentren in Deutschland aufgebaut – eines der wichtigsten Kriterien bei der Auswahl eines Cloud-Providers. Die Bundesdruckerei ist im Jahr 2016 in diesen Markt eingestiegen und kooperiert seitdem mit Microsoft. Mit Bdrive bietet sie nun einen eigenen Cloud-Speicherdienst und eine Lösung für das Identitäts management in der Cloud. Erklärtes Ziel: eine sichere Cloud „Made in Germany“. Sicher in der Cloud mit Lösungen der Bundesdruckerei Als die Macher der CeBIT vor sechs Jahren Cloud-Computing zum Schwerpunktthema der Hightech-Messe machten, war die Technologie für viele IT-Experten schon ein alter Hut. Doch 2011 begann Cloud-Computing einen Siegeszug, der in der IT-Welt mit dem Cloud- des Personal Computer oder des Internets vergleichbar ist. „IT-Leistungen wie Spei- Computing cherplatz, Rechenkapazität oder Software über Datennetze bereitzustellen, bietet umfasst drei unschlagbare Vorteile“, sagt Dr. Maxim Schnjakin, Cloud-Experte der Bundesdruckerei Bdrive: D-TRUST-Zertifikate: Trusted Identity Engine: Servicemodelle, nämlich Zugang (s. Interview S. 12). Denn man muss diese Ressourcen nicht mehr selbst und dauerhaft Der Cloud-Speicherdienst Seit 2016 sichert die Die Trusted Identity zu: Infrastruktur bereitstellen, sondern kann sie bei Bedarf abrufen und bezahlen. Das macht Unterneh- der Bundesdruckerei Bundesdruckerei mit den Engine (TIE) ist die sichere (Hardware men flexibler, innovativer und effizienter. Selbst kleine Unternehmen können in der verfügt über ein weltweit digitalen Zertifikaten ID-Provider-Plattform für ressourcen), Plattformen Cloud kostengünstig auf komplexe Anwendungen wie Big-Data-Analysen oder künstli- einmaliges Sicherheits ihrer Tochter D-TRUST die Verwaltung von digita- (auf denen che Intelligenz zugreifen. „The Cloud is for everyone. The Cloud is a democracy“, spitzt konzept. Bdrive zerlegt die die Kommunikation in len Identitäten über deren Software ent es der US-Cloud-Pionier Marc Benioff zu. Nicht zuletzt gilt Cloud-Computing als Basis- Daten, verschlüsselt sie der „Microsoft Cloud gesamten Lebenszyklus. wickelt oder technologie bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle. und verteilt die Datenpakete Deutschland“, die in Die TIE ermöglicht es, ausgeführt werden kann) In Deutschland nutzen bislang vor allem Großunternehmen Cloud-Computing. auf mehrere Speicher in der Zusammenarbeit mit sowohl die Attribute der ID und Software Allerdings setzen die meisten auf sogenanntes Private-Cloud-Computing. Dabei Cloud. Benötigen die Nutzer der Deutschen Telekom als auch ihre Authentifi- (Programme betreiben die Unternehmen die Cloud-Infrastruktur entweder selbst oder mit die Daten, setzt sie Bdrive betrieben wird. Mit zierungsvarianten schnell für den End anwender). Unterstützung eines IT-Dienstleisters in einem internen Netzwerk. Bei Public- in Millisekunden wieder den Zertifikaten werden und flexibel, aber zugleich Cloud-Computing beziehen sie dagegen standardisierte IT-Leistungen über das zusammen. Die Verschlüs- Nutzer und Server sicher zu managen. Die offene Internet. Diese Form von Cloud-Computing nutzen bislang deutlich weniger selung stellt sicher, dass nur zuverlässig authentifi- Plattform kommt sowohl Unternehmen. Vorteil von Private Clouds ist, dass die Auftraggeber Einfluss auf die die Nutzer selbst auf die ziert, um einen sicher für Bundesdruckerei- Vertragsgestaltung haben und zum Beispiel regeln können, welche Sicherheitslevel Daten zugreifen können. verschlüsselten Daten- interne Lösungsentwick- einzuhalten sind oder wer bei einem Datenverlust haftet. Dagegen sind Public- Deren Verteilung auf unab- verkehr zu gewährleisten. lungen als auch bei Cloud-Dienste deutlich kostengünstiger und technologisch vielseitiger. „Beide hängige Anbieter gewähr- kundenindividuellen Auf- Konzepte haben ihre Berechtigung. Allerdings lassen sich die Potenziale der Tech- leistet eine hohe Ausfall gabenstellungen zum nologie erst mit Public-Cloud-Computing voll ausschöpfen“, sagt Schnjakin. sicherheit. Selbst wenn Einsatz. Doch Sicherheitsbedenken und die Sorge vor einem Kontrollverlust bremsen die zwei oder mehr Cloud- Nutzung der Public Cloud. 81 Prozent der Unternehmen, die in Deutschland auf Cloud- Speicher gleichzeitig aus- Computing verzichten, tun dies, weil sie selbst die Hoheit über ihre IT haben wollen – fallen, kann Bdrive die das hat eine Studie von KantarEMNID im Auftrag der Bundesdruckerei ergeben. Daten wiederherstellen.
18 WIE SICHERN WIR IDENTITÄTEN? SICHERE INDUSTRIE 4.019 „Etwa, indem wir mit unserer cyber-diode Maschinen sicher in die Cloud integrieren.“ Matthias Ochs, Geschäftsführer, genua GmbH Der IT-Security-Experte entwickelt mit seinem Team hochsichere Lösungen für Behörden und Industrie, um den Bedrohungen aus dem Netz immer einen Schritt voraus zu sein.
20 SICHERE INDUSTRIE 4.0 SICHERE INDUSTRIE 4.021 Wenn Maschinenbauer Softwareupdates liefern müssen Gerade Letzteres birgt große Chancen, weil die Hersteller über neue Features mit ihren Kunden in Kontakt bleiben können. Um die Potenziale vernetzter Maschinen ausschöpfen zu können, müssen Hersteller und IT-Anbieter enger zusammenarbeiten. Sind die Menschen in den Unternehmen mit Industrie 4.0, Big Data, Eine der zentralen Herausforderungen ist dabei die Sicherheit. Cloud-Computing und künstlicher Intelligenz überfordert? Immer nur neue Buzzwords fördern jedenfalls nicht das Verständnis zwischen den Disziplinen. Die IT-Branche nutzt sie, um neue Anwendungen zu verkaufen. Gleichzeitig mangelt es vielen IT-Anbietern an Verständnis für die spezifischen Bedürfnisse des produzierenden Gewerbes. Die Industrie ist von Ingenieuren geprägt, die Innovationen in der Mechanik, Elektrotechnik oder Hydraulik entwickeln. Die IT galt bislang eher als eine Art Hilfswissenschaft. Diese kulturellen Gräben gilt es zu überwinden, um gemeinsam einen Mehrwert erzielen zu können. Wir müssen uns also von Buzzwords lösen und den Ingenieuren erklären, was die verschiedenen Tech nologien in der Praxis bringen. Die anfallenden Maschinendaten können zum Beispiel zentral Herr Ochs, der Begriff Industrie 4.0 wird inzwischen inflationär verwendet. Haben in der Cloud gespeichert und mit einer intelligenten Software ausgewertet werden, um wir es hier mit einem Hype zu tun, der bald wieder vorbei ist? Wartungsarbeiten effizienter zu gestalten. Eine Bilderkennung verbessert die Qualitätskont- Nein. Die digitale Vernetzung von Maschinen, Geräten oder Bauteilen in der industriellen Ferti rolle. Das Ergebnis ist weniger Ausschuss und eine höhere Produktivität. gung ist eine evolutionäre Entwicklung, die sich nicht aufhalten lässt. Die Verknüpfung inner halb einer Fabrikhalle oder Produktionsanlage ist ja eigentlich auch nichts Neues. Neu ist nur, Vernetzung birgt immer auch das Risiko von IT-Angriffen. dass Unternehmen ihre Anlagen jetzt standortübergreifend oder mit Lieferanten, Kunden Worauf müssen sich Industriebetriebe einstellen? oder anderen externen Partnern vernetzen. Der eigentliche Sprung zur Industrie 4.0 gelingt Produktionsnetze können wie alle vernetzten IT-Systeme mehr oder weniger zufällig mit aus meiner Sicht erst, wenn die Hersteller auf Basis dieser Verknüpfungen und der dabei Schadsoftware infiziert werden. Besonders gefährlich sind aber gezielte Angriffe. Das können anfallenden Daten neue Geschäftsmodelle entwickeln. Denial-of-Service-Attacken sein, die das Produktionsnetz lahmlegen, oder der Diebstahl sensibler Daten. Es gab Fälle von Sabotage, bei denen gefälschte Produktspezifikationen in die Welche Daten werden denn wie ausgewertet und was bringt das? Fertigung eingeschleust wurden. Das fällt unter Umständen erst beim Kunden auf und In der modernen Fertigung werden Sensor- und Maschinendaten erfasst, um einen Produk erfordert dann eine Rückrufaktion, die großen finanziellen Schaden verursacht – vom Image- tionsprozess in Echtzeit zu überwachen und zu steuern. Zusätzlich gewinnt der Hersteller schaden ganz zu schweigen. Daten aus dem laufenden Betrieb eines fertigen und bereits genutzten Produkts oder einer Anlage, zum Beispiel einer Turbine, die Energie produziert, einer Förderschnecke im Bergbau Welchen Ansatz verfolgt die Bundesdruckerei für den Schutz oder einer Raffinerie. Mithilfe dieser Daten trifft er Vorhersagen darüber, wann die Anlagen von Industrieunternehmen? gewartet und Teile ausgetauscht werden müssen – Stichwort Predictive Maintenance. Das kann Wir sichern den gesamten Produktionsprozess und setzen bereits bei der Authentifizierung feste Wartungsintervalle ergänzen oder sogar ersetzen. Ein weiterer Vorteil: Der Hersteller der Nutzer an. Der Hersteller erfährt: Wer hat wann was gemacht und in welchem System? nutzt die Informationen, um seine Produktionsprozesse zu verbessern, zum Beispiel, weil die Außerdem erfordern vernetzte Systeme in der Industrie 4.0 sichere Verbindungen. Dafür bieten Beanspruchung gelieferter Teile in der Praxis größer war als angenommen. wir moderne VPN-Lösungen mit einer Netzwerkverschlüsselung an. Mit dem Fernwartungs- modul von genua können wir hochsichere Servicezugriffe über das Internet gewährleisten. Wie gut aufgestellt ist die deutsche Industrie bei der Digitalisierung der Und mit unserer cyber-diode lassen sich Maschinen und Produktionsanlagen sicher in eine Produktion im internationalen Vergleich? Cloud-Umgebung integrieren. Die Diode ermöglicht Datenverkehr ausschließlich in eine Rich- Die Voraussetzungen sind gut, aber man spürt bei vielen Unternehmen noch eine gewisse tung, zum Beispiel, um Monitoring-Daten zu versenden. Eingehende Daten sind über eine Zurückhaltung vor dem nächsten Schritt. Ein Beispiel: Viele Maschinenbauer statten ihre Diode technisch ausgeschlossen – so werden Angriffe zuverlässig verhindert. Anlagen heute mit vollständigen Rechnern, Bildschirmen und vernetzten Steuerungen aus. Allerdings endet die Verantwortung für das System Maschine häufig mit der Auslieferung. Maschinenbauer und andere Produzenten sind längst zu Softwarelieferanten geworden, sollten also auch wie solche agieren: zum Beispiel, indem sie regelmäßig Updates verteilen, um auftauchende Sicherheitslücken schnell zu schließen und neue Funktionen auszurollen.
22 SICHERE INDUSTRIE 4.0 SICHERE INDUSTRIE 4.023 Minifabrik im Containerformat Vorteile der ID MiniFab Die Bundesdruckerei hat mit der ID MiniFab eine Produktions anlage für Pässe gebaut, die kompakt, digital vernetzt und 1 2 3 ein Paradebeispiel für die Industrie 4.0 ist. Sicherheit Souveränität Print-on-Demand Intelligente Prozess- Produktion von hoch Einzelfertigung bei hoher und Systemsteuerung und sicheren ID-Dokumenten Taktleistung und in höchs- Datensicherung komplett im eigenen Land ter Qualität ohne Umrüst- auf höchstem Niveau und Stillstandszeiten „Total kompakt.“ Mit nur zwei Worten beschreibt Projektleiter Herbert Richter, was die neue ID MiniFab so besonders macht. Denn die von der Bundesdruckerei entwickelte Produktionsanlage für Reisepässe passt mit Gehäuse und Leitstand in nur wenige Seecontainer. „In aller Welt können Regierungen die ID MiniFab Industrie 4.0 mit nur wenigen Handgriffen in Betrieb nehmen“, sagt Richter. Selbst Hitze, hohe ist ein Begriff Luftfeuchtigkeit oder Staub machen ihr nichts aus – die Anlage schafft sich für ein Organisa- ihre eigenen klimatischen Bedingungen im Innern. Gut produzieren lässt es sich bei tionsgestal- Passkarte Passlasche tungskonzept, in Temperaturen um 23 Grad, 50 Prozent relativer Luftfeuchte und Bedingungen der zuführen anschweißen Heft zusammen Buch falzen Seriennummer Optische dem intelligent Reinraumklasse 9. tragen und laminieren perforieren QA agierende Sys- Visabogen „Erst moderne Robotertechnik hat die kompakte Bauweise ermöglicht“, sagt zuführen teme derart mit- einander ver- Richter. Im Innern der Maschine reichen vier Roboter mit ihren flexiblen Greifern die Heft Einband Buchkontur RFID-Chip- netzt sind und Werkstücke von einem Fertigungsschritt zum nächsten. nähen einschleusen stanzen Prüfung Pässe ausgeben kommunizieren, Visaseiten Visaseiten Vorsatz Mit der ID MiniFab geht die Bundesdruckerei den Weg in die Industrie 4.0. Die personalisieren schneiden zusammentragen dass sie eine Anlage ist digital vernetzt und steuert sich mit ihren eigenen Produktionsdaten selbst organi- sierte Produk- selbst. So erkennt die Anlage zum Beispiel anhand der Auftragsdaten und der ein- tion ermögli- gelegten Materialien, was sie produzieren muss. „Neben Reisepässen kann die Die ID MiniFab in Zahlen chen. ID MiniFab ohne Umrüsten im ständigen Wechsel andere Dokumente wie Dienst- 8 5 1 oder Diplomatenpässe herstellen“, sagt Richter. Kameras und Sensoren über wachen die Produktion. Eine Software wertet die Bilder aus, erkennt Fehler und leitet Korrekturen ein, indem sie Parameter wie Temperatur oder Druck verändert. Meter lang ist die Minuten dauert die Pro Million Pässe kann Über ein intuitives Bedienkonzept auf Tablets können Fachkräfte die Maschine ID MiniFab. duktion eines 32-seitigen die Anlage pro Jahr einfach bedienen. Reisepasses. produzieren. Außerdem ist die ID MiniFab sicher: Sämtliche Daten werden verschlüsselt über 4 1 12 tragen. Die integrierten Komponenten der Bundesdruckerei-Tochter genua ermög lichen eine hochsichere Fernwartung und die Überwachung des Datenverkehrs. Die ID MiniFab kann zwischen 750.000 und einer Million Dokumente pro Jahr Roboterarme reichen Mensch kann parallel Tonnen wiegt die ID herstellen. „Wir haben mittelgroße Länder mit einem entsprechenden Bedarf im die Werkstücke von zwei Anlagen bedienen. MiniFab und passt in nur Blick“, sagt Richter. Die Kunden könnten aber auch mehrere ID MiniFabs neben einem Fertigungsschritt wenige Seecontainer. einanderstellen. Viel Platz brauchen die Anlagen ja nicht. zum nächsten.
24 SICHERE IDENTITÄTEN Frau Schröder, wie schützen Sie digitale Identitäten?
26 SICHERE IDENTITÄTEN WIE SICHERN WIR IDENTITÄTEN? 27 „Mit innovativen Authentifizierungs verfahren und mit unserem Know-how.“ Kathlen Schröder, Marketing Trusted Identity Solutions Die Marketingexpertin wirkt im Bereich Sichere Identitäten an der Entwicklung neuer Produkte mit. Dafür beobachtet sie die aktuellen technischen und gesellschaftlichen Trends.
28 SICHERE IDENTITÄTEN SICHERE IDENTITÄTEN 29 Auf dem Weg in eine Welt ohne Passwörter Mit Cloud-Computing sollte doch eigentlich alles einfacher, flexibler und besser werden? Bei der Identifizierung von Personen gehört die Zukunft Das stimmt. Cloud-Computing erfordert aber auch neue Sicherheitskonzepte. Einige kleine innovativen Authentifizierungsverfahren, mit denen Sicherheit oder mittelständische Unternehmen haben mit Ausnahme der Endgeräte gar keine eigenen nicht lästig, sondern spielend leicht ist. IT-Systeme mehr. Alles befindet sich in der Cloud. In vielen großen Unternehmen wiederum nutzen einzelne Mitarbeiter oder Abteilungen ohne Wissen der IT-Abteilung ihre eigenen Cloud-Anwendungen wie Google Drive oder Dropbox, weil sie intern nicht angeboten werden oder besser sind als die hauseigenen Systeme. Dann entsteht eine sogenannte Schatten-IT. Die Gefahr ist, dass Hacker die entstehenden Schnittstellen ausnutzen. Hier setzen wir mit appsolution an. Organisationen können damit die digitalen Identitäten ihrer Mitarbeiter in der Cloud verwalten und behalten den Überblick, wer welche Cloud-Anwendungen nutzt. Und beim Ausscheiden eines Mitarbeiters können die Accounts schnell deaktiviert werden. Für besonders viel Sicherheit sorgt hier Bdrive, der Cloud-Speicherdienst der Bundesdruckerei, Frau Schröder, viele Internetnutzer können mit dem Begriff noch immer wenig bei dem die Daten verschlüsselt und dezentral gespeichert werden (siehe S. 15). Aber auch anfangen: Was also ist eine digitale Identität eigentlich genau? außerhalb der Unternehmens- und Arbeitswelt werden vertrauenswürdige digitale Identitäten Eine digitale Identität enthält über eine Person Informationen, die sie auch in der Realität benötigt, etwa im Auto oder Smarthome. Mit unserer Trusted Identity Engine lassen sie sich beschreiben. Das können Name, Anschrift, Geburtsdatum und Kontonummer sein oder bio- über ihren gesamten Lebenszyklus und für jegliche Anwendungsfälle sicher managen. metrische Merkmale wie Fingerabdruck oder Sprache. Eine digitale Identität entsteht zum Beispiel, wenn Internetnutzer bei einem Online-Dienst einen persönlichen Account anlegen. Mehr Sicherheit bedeutet für die Nutzer oft, dass sie lange Passwörter oder Unser Ziel ist es, den gesamten Lebenszyklus einer digitalen Identität abzusichern, vom andere komplizierte Verfahren nutzen müssen. Es gibt spezielle Karten, Lesegeräte Anlegen und Beglaubigen über ihre Anwendung und Verwaltung bis hin zum Stilllegen. Und das oder TAN-Listen. Ist hier Besserung in Sicht? nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für Unternehmen und andere juristische Unterschiedliche Prozesse benötigen unterschiedliche Vertrauenslevel. Bei der Anmeldung in Personen, für Behörden, Maschinen und andere Dinge. einem sozialen Netzwerk reichen Name, E-Mail-Adresse und Passwort in der Regel aus. Bei der Eröffnung eines Kontos oder bei digitalen Behördengängen sind weitere Angaben erforder Auch Maschinen brauchen eine digitale Identität? lich, um eine Person sicherer identifizieren zu können. Unser Ziel ist es, diese Prozesse so Wir befinden uns mitten in der Transformation zur Industrie 4.0, in der Maschinen, Werkzeuge benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten. Dabei hilft uns die Integration innovativer bio- und Bauteile digital vernetzt sind und Produkte individuell gefertigt werden können. Der metrischer Verfahren, wie zum Beispiel die Erkennung des Fingerabdrucks im Mitarbeiter Lackierroboter in der Fertigungslinie eines Autoherstellers weiß dann, dass er ein Fahrzeug ausweis GoID. rot und das nächste blau lackieren muss. Bei der automatisierten Fernwartung einer Maschine in China oder Indien muss sichergestellt werden, dass sich beide Seiten erkennen Werden wir also irgendwann ganz ohne Karten, PINs und Passwörter auskommen? und bestimmte Aktionen durchgeführt werden dürfen. Ein autonomes Fahrzeug muss Ja, aber das wird noch eine Weile dauern. Für die Entsperrung von Smartphones oder Com ebenfalls ständig mit seiner Umwelt kommunizieren. Dafür entwickelt die Bundesdruckerei putern setzen sich gerade biometrische Verfahren wie Fingerabdrucksensor, Irisscan oder Lösungen. Gesichtserkennung durch. Spracherkennungssysteme identifizieren Nutzer anhand ihrer Stimme. Der neueste Trend sind verhaltensbasierte Ansätze: Menschen sind anhand ihrer Warum ist es so wichtig, digitale Identitäten zu schützen? Bewegungen eindeutig identifizierbar, zum Beispiel an ihrem Gang oder ihrer Gestik. Selbst Es besteht durchaus die Gefahr, dass sich kriminelle Hacker der digitalen Identität eines Internet wie sich jemand sein Handy aus der Tasche zieht, ist einmalig. Im normalen Leben lernen wir, nutzers bemächtigen und in seinem Namen Transaktionen durchführen, wie zum Beispiel Menschen auf diese Weise zu erkennen. Diese Fähigkeit bringen wir nun auch Maschinen Produkte bestellen oder sein Bankkonto leerräumen. In Unternehmen geht es vor allem darum, und IT-Systemen bei. die Vielzahl digitaler Identitäten von Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und anderen Partnern optimal zu managen. Die Unternehmen müssen wissen, wer sich physisch in ihren Räumlich- keiten befindet und wer sich virtuell in ihren IT-Systemen bewegt. Der wachsende Trend zum Cloud-Computing erschwert es den IT-Abteilungen, hier die Kontrolle zu behalten.
30 SICHERE IDENTITÄTEN SICHERE IDENTITÄTEN 31 Der ID das Go geben Technische Komponenten der GoID-Karte: Der neue Mitarbeiterausweis der Bundesdruckerei bewährt sich im Praxistest. Das System ist sicherer, benutzerfreundlicher LED-Leuchten Tastenfeld und vielseitiger als herkömmliche Lösungen. LED-Leuchten Alternativ zur scheinen auf beiden biometrischen Seiten durch und Erkennung können zeigen den Nutzern sich Nutzer mit ihrer verschiedene Statusmeldungen an. 1 2 3 persönlichen PIN authentifizieren. Hans-Peter Schmidt 4 5 6 132 54 876 7 8 9 C 0 # Kontaktlos-Chip Der Sicherheits-Chip Sensor Am Eingang zur Bundesdruckerei zücken die Mitarbeiter ihren neuen Unter schützt vor uner Der Sensor scannt nehmensausweis, halten ihn an ein Lesegerät, und die Türen öffnen sich. Klingt nach laubtem Zugriff und den Fingerabdruck ermöglicht eine Vorderseite Rückseite des Karteninhabers einem durchaus trivialen Prozess. Doch dahinter steckt Hightech pur: die neue bequeme, kontakt- und gleicht ihn mit GoID-Lösung mit integriertem Fingerabdrucksensor sowie ein Identitätsmanage- lose Handhabung. den ausschließlich Identität mentsystem im Hintergrund, das sämtliche Vorgänge steuert und überwacht. auf der Karte hin- ist jene Gesamt- Die Bundesdruckerei testet den Ausweis und die weiteren Komponenten parallel terlegten Daten ab. heit von Merk- zur Markteinführung im eigenen Haus. „Wir wollen zeigen, wie gut das System malen, die ein in der Praxis funktioniert, und möglichst viele Anwendungsfälle im eigenen Haus Mit GoID kann man: Objekt oder eine Person kenn- nutzen“, sagt die Projektleiterin Dr. Ute Jatzek. zeichnet und GoID identifiziert den Besitzer anhand seines Fingerabdrucks und gibt erst dann 1 2 3 4 als Individuum den Zugang zu Räumen, Computern oder Maschinen frei. Das Besondere: Anders Zutritt erhalten Sich am Computer Drucken Maschinen steuern beschreibt. Als Relation als bei anderen Systemen sind die biometrischen Informationen stets nur auf der Nur berechtigte einloggen und kopieren Auch die zwischen zwei Karte gespeichert und zu keinem Zeitpunkt in einer Datenbank. „Biometrische Mitarbeiter erhal- Ein mit dem Com Im Büroalltag gibt Produktion muss gegebenen Daten zentral zu speichern, ist datenschutzrechtlich problematisch“, erklärt Projekt ten mit dem Aus- puter verbundenes der Ausweis geschützt werden. Größen bedeu- tet Identität die leiter Christoph Bösch. Zudem könnten kriminelle Hacker bei einem IT-Angriff weis Zutritt zum Kartenlesegerät am Drucker oder Die Mitarbeiter völlige Über Hunderte oder gar Tausende Datensätze gleichzeitig erbeuten. Mit GoID hat man Betriebsgelände, zu identifiziert die Nut- Kopierer die melden sich mit einstimmung. diese Probleme nicht. Gebäuden oder zu zer. Ellenlange Pass- Aufträge der der Karte an, Ein weiteres Sicherheitsmerkmal: Die Kommunikation zwischen der mit einem einzelnen Räumen. wörter sind nicht Benutzer frei. um Maschinen speziellen Sicherheits-Chip versehenen Karte und den Lesegeräten ist verschlüsselt. mehr notwendig. zu steuern. Damit das Gesamtsystem sicher und reibungslos funktioniert, bedarf es einer komplexen Infrastruktur mit speziell gesicherten Kartenlesern und einer Verwaltung 5 6 7 8 der Zugangsberechtigungen. Doch trotz des hohen Sicherheitsniveaus ist der E-Mails und Signieren Bezahlen Vorgänge freigeben Mitarbeiterausweis einfach zu handhaben: Rechts- und Linkshänder können ihn Dateien Um die Herkunft von Die Beschäftigten Mitarbeiter geben bequem greifen und zur Identifikation Daumen und/oder Zeigefinger anlegen. verschlüsseln Dokumenten zu bezahlen in der bestimmte LED-Leuchten geben auf beiden Seiten „der ID das Go“. Für das innovative Konzept Für den Schutz bestätigen, können Kantine ihr Essen Prozesse frei, hat die Bundesdruckerei mit Produktdesignern der Universität der Künste Berlin sensibler Daten Nutzer PDF-Dateien oder ihren zum Beispiel zusammengearbeitet. verschlüsseln die signieren. Eine Sig- Kaffee bargeldlos Rechnungen, Nutzer E-Mails naturkarte ist nicht mit der Karte. Bestellungen oder oder Dateien. mehr erforderlich. Aufträge.
SICHERES E-GOVERNMENT 33 Herr Kamrad, warum haben Sie es in Sachen E-Government so eilig?
34 SICHERES E-GOVERNMENT SICHERES E-GOVERMENT 35 „Weil der technologische Graben zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Sektor gefährlich groß wird.“ Danilo Kamrad, Senior Director Business Services & E-Government Der Wirtschaftswissenschaftler kommt aus der Welt der Start-ups und hat selbst ein Unternehmen mitgegründet. Im Bereich E-Government spürt er mit innovativen Methoden neue Lösungen für die öffentliche Hand auf.
36 SICHERES E-GOVERNMENT SICHERES E-GOVERNMENT 37 Bald hilft der Chatbot bei der Steuererklärung stellt aus der Verkehrsüberwachung Daten zur Verfügung, die dabei helfen, einen Parkplatz zu finden. Das sind nur einige von unzähligen Möglichkeiten. Mit neuen Produkten unterstützt die Bundesdruckerei öffentliche Institutionen dabei, sich und ihre Prozesse zu digitalisieren. Bei der Wie bringt man nun schneller innovative Dienste in Behörden, Entwicklung innovativer Lösungen fürs E-Government kommen Stadtverwaltungen oder in die Justiz? auch Methoden aus der Start-up-Szene zum Einsatz. Zunächst muss der Rechtsrahmen stimmen. Mit dem Open-Data-Gesetz haben wir bereits fortschrittliche Regelungen für die Verwendung öffentlicher Daten. In anderen Bereichen regeln das E-Government-Gesetz, das E-Health-Gesetz oder aktuell die EU-Verordnung über elektro nische Identifizierung und Vertrauensdienste (eIDAS) die Einführung neuer Verfahren. Dabei geht es häufig um Basisanwendungen, die aber sehr wichtig sind und eine große Hebelwirkung für die Akzeptanz neuer E-Government-Angebote entfalten können. Ich nenne das gerne Brot-und-Butter-Digitalisierung: dass Behörden elektronische Rechnungen annehmen, elek- tronische Bezahlverfahren anbieten oder dass sie digitale Unterschriften per Smartphone Herr Kamrad, wie sieht das digitale Bürgeramt in Ihrer Vorstellung aus? akzeptieren. Und wenn Technologien schneller und in früheren Entwicklungsstadien im öffent- Zu diesem Bürgeramt müssen die Bürger idealerweise nicht mehr hingehen, weil sie fast alles lichen Bereich getestet würden, hätten wir auch eine schnellere Entwicklung. Dann würde online erledigen können – so komfortabel und einfach wie bei anderen Online-Diensten. mir bald vielleicht auch ein Chatbot des Finanzamts bei der Steuererklärung helfen. Weil wir uns an diesen Komfort gewöhnt haben, erwarten wir ihn auch, wenn wir auf digitalem Wege mit Behörden und Verwaltungen zu tun haben. Leichte Bedienbarkeit ist ein wichtiger Welchen Beitrag leistet die Bundesdruckerei zur Entwicklung des E-Governments? Faktor für erfolgreiches E-Government. Die Bundesdruckerei ist mit Dokumenten wie dem Personalausweis und den zugehörigen elektronischen Funktionen Teil des E-Government-Ökosystems. Wir verstehen uns als Techno- Alle Welt redet über die Digitalisierung. Gibt es diese Aufbruchstimmung logiepartner und möchten den Mitarbeitern in den öffentlichen Verwaltungen helfen, die Digitali- auch im öffentlichen Sektor? sierung in ihren Häusern voranzutreiben. Dafür arbeiten wir zum Beispiel mit Modellkommunen Der Wille ist da, weil jeder mittlerweile verstanden hat, dass an der Digitalisierung kein Weg zusammen, von denen wir erfahren, was Behörden in der Praxis brauchen. Dort testen wir vorbeiführt. Bürgermeister wollen ihre Städte modernisieren, Behördenleiter schlanke und neue Produkte. Zudem arbeiten wir bei der Entwicklung innovativer Lösungen mit Hochschulen, effiziente Verwaltungsverfahren etablieren. Damit können sie bei ihren Kunden – den Bürgern Forschungseinrichtungen, Thinktanks oder Start-ups zusammen. Die Bundesdruckerei ist hier – punkten, Steuergelder einsparen und ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern. Allerdings eine Plattform, die relevante Akteure zusammenbringt, damit alle voneinander lernen können. sind die Rahmenbedingungen schwierig. Das fängt schon bei der Frage an, wer die Kosten der Digitalisierung trägt. Gerade für die notorisch klammen Kommunen ist das ein Problem. Was können Start-ups in diesem stark regulierten Umfeld bewirken? Die sogenannten „Civic Tech“-Start-ups entwickeln Lösungen in Bereichen wie Verkehr, Warum tut sich die öffentliche Hand so schwer mit der Digitalisierung? Gesundheit oder politische Partizipation, die eng mit kommunalen oder staatlichen Aufgaben Über lange Zeit gewachsene, hochkomplexe IT-Infrastrukturen lassen sich nicht von heute auf verknüpft sind. Gerade bei der digitalen Entwicklung von Städten sowie des ländlichen Raums morgen ändern. Zudem erschweren die föderalen Strukturen in Deutschland die notwendige haben junge Unternehmen immer wieder innovative Ideen. Start-ups finden aber nur schwer Zentralisierung der IT. Zu viele Bundesländer möchten hier das Rad immer wieder neu erfinden. Zugang zu potenziellen Kunden im öffentlichen Sektor. Hier können wir Brücken bauen und Außerdem gibt es immer noch gesetzliche Hürden, die verhindern, dass die Bürger bestimmte sind gleichzeitig nah dran an den aktuellen Trends in der Start-up-Szene. Behördengänge online erledigen oder öffentliche Daten nutzen können. Sie haben selbst bei mehreren Start-ups gearbeitet. Wie kann der Staat dazu beitragen, dass das Potenzial der Daten besser Was kann die Bundesdruckerei von Ihren Erfahrungen lernen? genutzt wird? Tech-Start-ups haben grundsätzlich den großen Vorteil, dass sie neue Dinge sinnbildlich auf Indem er zum Beispiel seinen Bürgern jene Daten zur Verfügung stellt, die staatliche Stellen der grünen Wiese ausprobieren können. Dabei setzen sie auf agile Methoden der Software ohnehin erheben – Stichwort „Open Data“. In Großbritannien werden sämtliche Käufe und entwicklung und sind stark auf den Nutzer fokussiert. Auch die Bundesdruckerei hat sich Verkäufe von Häusern registriert und veröffentlicht. So bekommen Hausbesitzer und poten- in den letzten Jahren stark digitalisiert und bietet inzwischen IT-Sicherheitslösungen an. Das zielle Käufer einen schnellen Überblick über den Wert einer Immobilie. Und in den USA kann hat funktioniert, weil wir neue Wege gegangen sind, zum Beispiel durch Partnerschaft man die Historie von Fahrzeugen einfach online nachvollziehen. Die Stadt Dresden wiederum mit Start-ups.
38 SICHERES E-GOVERNMENT SICHERES E-GOVERNMENT 39 Online mit PC, Smartphone oder Tablet unterschreiben deutlich weiter fortgeschritten. So sei es in den USA bereits normal, Bankgeschäfte oder Kaufverträge bis hin zum Kauf von Immobilien online zu unterzeichnen. Digitale Unterschriften waren bislang kompliziert und teuer. Eine Mit der neuen Fernsignatur könnte jetzt der Durchbruch für die elektronische EU-Verordnung soll das ändern. Die Bundesdruckerei bringt mit Unterschrift in Deutschland gelingen. Der Markt entwickelt sich sehr dynamisch. sign-me als erster deutscher Anbieter die Fernsignatur auf den Markt. Die Marktforscher von IndustryARC gehen davon aus, dass sich der weltweite Markt für elektronische Signaturen bis 2022 auf 3,1 Milliarden US-Dollar mehr als verdreifachen wird. Das jährliche Wachstum liegt bei durchschnittlich 29 Prozent. Durch die eIDAS-Verordnung wurde eine weitere Erleichterung für die Digitalisie rung geschaffen: das elektronische Siegel. Im Gegensatz zur Fernsignatur können elektronische Siegel ausschließlich von juristischen Personen, also von Organisa- tionen wie Behörden oder Unternehmen, ausgestellt werden. Die Siegel dienen als eindeutiger Herkunftsnachweis von digitalen Dokumenten und ermöglichen den Schutz der enthaltenen Daten. So könnte ein gesiegelter Bescheid einer Behörde Wer kennt das nicht: Wer bei einer Behörde online etwas erledigen möchte, auf einen sign-me-Antrag erfolgen: Bürger könnten ihren Antrag bei einer Behörde bekommt in der Regel ein PDF zum Download angeboten. Den Antrag auf Elterngeld, online per Fernsignatur unterschreiben und erhielten ebenfalls online einen elek Bafög oder einen Kita-Gutschein kann man dann ausdrucken, unterschreiben tronisch gesiegelten Bescheid zurück. und per Post an die Behörde schicken. „In Ausnahmefällen akzeptiert die Behörde ein Foto des Antrags, das man mit dem Smartphone aufnehmen und per E-Mail E-Government senden kann“, sagt Franca Löwenstein, Abteilungsleiterin für Trusted Solution Marke ist der Ober So funktioniert die digitale Unterschrift mit sign-me im E-Government begriff für ting bei der Bundesdruckerei. „Medienbruchfreiheit sieht anders aus. Darüber E-Administra- hinaus ist hier die Rechtsverbindlichkeit dieses Verfahrens nicht gegeben.“ Doch laut tion und Löwenstein ist Besserung in Sicht: „Mit der neuen Fernsignatur können Nutzer E-Democracy 1 2 3 und eine Quer- digitale Dokumente endlich schnell und komfortabel elektronisch unterzeichnen.“ sign-me schnittsdisziplin Die Bundesdruckerei ist in Deutschland mit sign-me der erste Anbieter, der dafür an der Schnitt- eine entsprechende Lösung auf den Markt gebracht hat. stelle von Infor- mationstechno- Ermöglicht hat das neue Verfahren die EU-Verordnung über elektronische Iden- sign-me auf Behörden- Registrieren Anmelden und digital logie und tifizierung und Vertrauensdienste (eIDAS). Seit Juli 2016 können eIDAS-konforme website auswählen Ähnlich wie bei gängigen unterschreiben Organisations- Vertrauensdienste in Deutschland angeboten werden. Anders als zuvor benötigen Man ruft die Website Online-Bezahlverfahren Als registrierter Nutzer gestaltung. die Nutzer bei sign-me nur PC oder Tablet, eine Internetverbindung und ein Smart- einer Behörde auf und wird man auf die sign- meldet man sich über ein phone, jedoch keine Hardware- oder Softwareinstallation. „Digitale Unterschriften füllt den Antrag auf me-Website weitergelei- mobiles Endgerät wie sind nicht nur für die Beantragung öffentlicher Leistungen nützlich“, sagt Löwen- beispielsweise Bafög, tet. Ist man bereits regist- den Tablet-PC auf der stein. „Mit sign-me können Verbraucher zum Beispiel rechtssicher Verträge unter- Elterngeld oder Pflege- riert, geht es mit Schritt 3 sign-me-Website mit zeichnen oder ein Bankkonto eröffnen.“ geld aus. Dann klickt weiter. Für die Identitäts- Benutzername und Im Vergleich zur händischen Unterschrift bietet das digitale Pendant zahlreiche man auf „Unterschreiben prüfung stehen unter- Passwort an und erhält Vorteile: Personen müssen zum Beispiel bei einer Vertragsunterzeichnung nicht mit sign-me“. schiedliche moderne und eine sechsstellige Trans- persönlich anwesend sein oder Dokumente auf dem Postweg hin- und herschicken. sichere Verfahren zur aktionsnummer per SMS Durch die medienbruchfreie Einbettung in digitale Workflows werden Prozess Verfügung, darunter die auf das Handy, die man zeiten verkürzt, Abbruchquoten gesenkt und Fehlerursachen eliminiert. Und in Unter Online-Ausweisfunktion online eingibt. Der Antrag nehmen entfällt die aufwendige Archivierung von Papierdokumenten. Trotz dieser des Personalausweises, ist jetzt digital unter- Vorteile sind elektronische Signaturen bislang in Deutschland nicht sehr weit ver- die Online-Identifizierung schrieben, was an einem breitet. „Die Verfahren waren aufgrund der Gesetzeslage kompliziert und teuer“, sagt und die Identifizierung am optischen Merkmal im Löwenstein. In anderen Ländern sei die Nutzung elektronischer Signaturen dagegen Point of Sale. Dokument erkennbar ist.
40 SICHERE DOKUMENTE WIE SICHERN WIR IDENTITÄTEN? 41 Herr Müller, wie machen Sie Dokumente fälschungssicher?
42 SICHERE DOKUMENTE „Mit neuesten Maschinen, an denen die besten Medientechnologen stehen.“ Marek Müller, Leiter Produktion Identification Documents Der Betriebswirt hat seine Laufbahn bei der Bundesdruckerei bereits während des Studiums begonnen. Nach Stationen im Kartendruck hat er erst die Produktionsleitung im Wertdruck übernommen; heute leitet er den Bereich der Identifikationsdokumente.
44 SICHERE DOKUMENTE SICHERE DOKUMENTE45 Wertdokumente 4.0 und Sensoren die Fertigung überwachen (siehe S. 22). Wir liefern mit den fertigen Druckbogen für die Innenseiten der Pässe ein Vorprodukt für die ID MiniFab. Diese kann dann verschiedene In digital vernetzten Produktionsanlagen fertigt die B undesdruckerei Passtypen ganz ohne Umrüstzeiten produzieren. Die Aufträge werden individuell nach Bedarf ID-Dokumente, die höchsten Sicherheitsanforderungen elektronisch an die Maschine gesendet. genügen. Doch es kommt noch immer auf den Menschen an. Werden die Menschen bei so viel Automatisierung bald überflüssig? Nein. Die Maschinen entwickeln sich natürlich weiter. Aber es sind erfahrene Mitarbeiter, die sie steuern und überwachen. Sie müssen die Maschinen einrichten und auf Grundlage der gelieferten Informationen entscheiden, was im Produktionsprozess zu tun ist. Zum Beispiel, die Fertigung bei einem Problem zu stoppen. Die Mitarbeiter sind diejenigen, die mit ihrem geschulten Auge sehen, ob die Maschinen die gewünschte Qualität auch tatsächlich liefern. Es kommt also immer noch auf den Menschen an. Welche Qualifikationen müssen die Beschäftigten in der Produktion mitbringen? Herr Müller, Sie haben die Produktion im Bereich Wertdruck geleitet. Wir beschäftigen vor allem Medientechnologen mit einer entsprechenden Ausbildung. Was läuft hier jeden Tag vom Band? Neben der Beherrschung verschiedener Druckverfahren sind heute vor allem IT-Kenntnisse Wir fertigen Hunderte verschiedene Produkte mit hoheitlichem Charakter. Das reicht gefragt. Zusätzlich zu den technischen Fertigkeiten ist die Bereitschaft entscheidend, immer von Banknoten und den Innenseiten von Reisepässen über Fahrzeugbriefe, Briefmarken höchste Qualität zu liefern und im Team gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Die Anforde- und Steuerzeichen für Zigarettenpackungen bis hin zu Sportbootführerscheinen. rungen in unserer Fertigung sind enorm hoch. Wir stellen ja keine Müslischachteln her, sondern wichtige persönliche Dokumente, die sehr lange halten müssen. Dafür bilden wir Erst kürzlich wurde der neue Reisepass mit zusätzlichen Sicherheitsfunktionen unsere Mitarbeiter entsprechend weiter. eingeführt. Was macht ihn weitgehend fälschungssicher? Die meisten neuen Sicherheitsfunktionen sind in der sogenannten Passkarte aus Polycarbonat Entwickelt die Bundesdruckerei eigene Produktionsverfahren für ihre zum untergebracht: Hier sind unter anderem ein holografisches Porträt, ein Sicherheitsfaden und ein Teil sehr speziellen Anforderungen? durchsichtiges Fenster eingearbeitet, die jeweils individuelle Informationen zum Passinhaber Wir haben den Anspruch, die Produktion nicht nur bei Themen wie Qualität, Kosten und enthalten. Die Innenseiten des Passbuchs bestehen aus einem neuen Sicherheitspapier Termintreue zu verbessern, sondern innovative Herstellungsverfahren zu entwickeln. Die mit Halbton-Wasserzeichen sowie weiteren Sicherheitsmerkmalen. ID MiniFab, für die wir die Druckbogen herstellen, ist ein Beispiel. Im Wertdruck drucken wir neuerdings Antennen. Es ist viel von der vernetzten Produktion die Rede. Inwieweit ist die Herstellung von Pässen und anderen hoheitlichen Dokumenten bereits digitalisiert? Das klingt jetzt eher nach der Produktion von Radios … Wir arbeiten mit hochmodernen Druckmaschinen, die digital gesteuert und überwacht werden. In Personalausweisen oder Reisepässen werden Chips verbaut, die persönliche Informationen Die Schnittstelle ist ein großer Flachbildschirm, auf dem unsere Techniker sämtliche Prozesse der Bürger wie Name oder Geburtsdatum enthalten. Eine Antenne überträgt die Daten, während der Produktion beobachten – so können sie bei Bedarf eingreifen. Die Maschinen sind beispielsweise bei einer Kontrolle, an das Lesegerät der Beamten. Dieses System aus Antenne mit dem Warenwirtschaftssystem vernetzt und auch die meisten Logistikprozesse sind digitali- und Chip haben wir bisher zugekauft. Mit unserer neuen Produktionsanlage drucken wir siert. Dabei geht es zum Beispiel darum, Vorprodukte aus dem Lager bereitzustellen oder fertige die Antenne selbst auf eine Folie, prüfen ihre Funktion und verbinden sie im nächsten Schritt Dokumente weiterzutransportieren. Allerdings fängt die Digitalisierung schon an, wenn die Bürger mit dem Chip. ihren Reisepass beantragen. Die Mitarbeiter in den Bürgerämtern erfassen sämtliche Angaben, Fotos und Fingerabdrücke elektronisch. Diese Informationen werden an die Bundesdruckerei übermittelt, wo sie in den Produktionsprozess einfließen – und danach gelöscht werden. Ist der moderne Wertdruck also bereits im 4.0-Stadium angekommen? Ja. Ein Paradebeispiel für die Industrie 4.0 ist die neue ID MiniFab der Bundesdruckerei, weil hier tatsächlich sämtliche Produktionsschritte mithilfe von Robotern vollautomatisiert ablaufen
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