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MITEINANDER
Gemeinsamer Brief der Garchinger Gemeinden
       Laudatekirche und St. Severin
                 Ostern 2022
                 In der Heftmitte:
           Osterkerzensuche in Garching

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Titelseite: Osterkerze 2022 und Grafik aus www.gemeindebrief.de

    Inhaltsverzeichnis						Seite
    Editorial von Pfarrerin Kathrin Frowein 			                       03
    Editorial von Pfarrer Michael Ljubisic			                         05
    Ökumenisches Friedensgebet				                                    08
    Ostergottesdienste			              			                            10
    Warum Kirche? - Wie stehe ich zu meiner Kirche                    12
    Persönliche Stellungnahmen
    Osterkerzensuche						                                            33
    Serie: Das Kreuzzeichen					                                      35
    Aus unseren Pfarrgemeinden			                                     38
    Abschied Pater Oswald, Vorstellung Pater Kulik, Spätlese,
    Unterstützung Tansania, Kirchen-App, Kinderzeltlager, Chor, Leserbrief
    Kinderseiten, Karwoche und Ostern für Kinder erklärt              49
    Freud und Leid						                                              56
    Gottesdienste Laudatekirche und St. Severin		                     58
    Pfarrämter Laudatekirche und St. Severin		                        62
    Evangelium nach Lukas					                                        64
    ___________________________________________________________
    Impressum MITEINANDER
    Herausgeber: Katholisches Pfarramt St. Severin, Poststr. 8, 85748
    Garching und Evangelisches Pfarramt Laudatekirche, Martin-
    Luther-Platz 1, 85748 Garching
    Redaktion: Pfarrer Michael Ljubisic (verantwortlich),
               Pfarrerin Kathrin Frowein (verantwortlich),
    Gemeindereferentin Marlene Goldbrunner, Alexander Bautzmann,
    Nicola Gerhardt, Dr. Gerhard Leibold, Dr. Norbert Ruhs,
    Herbert Bauernfeind (Gestaltung)

    Auflage: 6700 Stück Der Nachdruck namentlich gekennzeichneter Arti-
    kel ist nur nach Genehmigung und mit Quellenangabe gestattet. Namen
    und Daten sind nur für den innerkirchlichen Gebrauch bestimmt. Wir
    bedanken uns für Ihre Leserzuschriften.

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Editorial von Pfarrerin Frowein
Liebe Brüder und Schwestern,
liebe Leserinnen und Leser,

„Die Feier der Auferstehung
in der Osternacht ist mir fast
wichtiger als Weihnachten!“,
sagt    Lydia      Hütter    im
Interview zur Bedeutung der
Kirchenmitgliedschaft.     Auch
ich freu mich jetzt schon auf
den Ostermorgen, wenn sich in
der Dämmerung das Prasseln
der Holzscheite mit den ersten
Vogelstimmen        und     dem
gesungenen Halleluja mischt
und die vielen kleinen Kerzen in
unseren Händen brennen.

Bis dahin allerdings mutet die          Pfarrerin Kathrin Frowein
allgemeine Stimmung seit zwei                Laudatekirche
Jahren eher karsamstäglich
an; abgesagte Feste, stornierte     verurteilen und töten. Aber
Veranstaltungen und Urlaubs-        nach drei Tagen wird er von
reisen, Krankenhausampel und        den Toten auferstehen.“ heißt
überlastete Kindertagesstätten.     es nach Markus 8, 31; welchen
                                    Trost kann das spenden?
All das passt eher zum Tag
der Grabesruhe Jesu Christi als     Jesus weiß von vorneherein:
zum Ostersonntag, und mit der       das Martyrium hat ein Ende,
politischen Entwicklung haben       es ist absehbar, es hat ein Ziel
wir     -   kirchenjahreszeitlich   und keinesfalls das letzte
gesehen - einen weiteren            Wort. Wenn die drei Tage rum
Rückschritt vollzogen: Krieg in     sind, haben seine Widersacher
Europa, das ist Karfreitag.         ausgespielt. Kreuz und Tod
                                    sind kein Dauerzustand, im
Ich taste nach Halt im              Gegenteil,   nur     Werkzeuge
Glauben und lese die erste          für etwas Großes: schon „drei
Leidensankündigung:      „Der       Tage später“, also nach einem
Menschensohn wird viel leiden.      definitiv begrenzten Zeitraum,
Die Führenden werden ihn            wird die Situation ganz anders

                                                                       3
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sein, und die Machtverhältnisse      Ohne die Kirche als eine
    werden zurechtgerückt. Das ist       zwar schwerfällige, dadurch
    unsere christliche Hoffnung: der     aber      auch    stabile    und
    Tod, die Gewalt und das Unrecht      zeitenüberdauernde Institution,
    behalten nicht das letzte Wort.      also auch ohne Gottesdienste
                                         und Religionsunterricht, ohne
    Keinesfalls müssen wir mit           Konfirmand:innenzeit         und
    Bismarck sagen: „Wir fürchten        Kirchengemeinden hätte ich
    Gott und sonst niemanden!“,          von dieser Hoffnung auf den
    ganz im Gegenteil! Die Größe         christlichen Gott nie erfahren.
    des Mutes ist zu messen an der
    Größe der Furcht; und wer keine      Deshalb bin ich, allen Schrecken
    Furcht kennt, dem macht ja alles     zum Trotz, dankbar weiterhin
    nichts aus! Der braucht keinen       Mitglied und Mitarbeitende
    Mut und hat vielleicht auch gar      meiner, unserer christlichen
    keinen!                              Kirche.

    Es ist angemessen, dass uns jetzt    Ich wünsche uns allen Frieden
    die Bestürzung und das Grauen        überall auf der Welt, behütete
    packen angesichts von Krieg in       Tage in der Passionszeit und der
    Europa und sonstwo, angesichts       Karwoche und ein gesegnetes
    des Todes, angesichts unserer        Fest der Auferstehung.
    anderen Sorgen.
                                            Ihre Pfarrerin Kathrin Frowein
    Aber:                                        mit dem ganzen Team der
    So wie Jesus weiß, dass er sterben                       Laudatekirche
    wird, so wissen auch wir, dass
    wir sterben werden; und so wie
    Jesus weiß, dass er aufersteht, so
    haben auch wir die Hoffnung,
    dass wir auferstehen, und
    dass wir durch das Leid dieser
    Erde hindurch auf ein Paradies
    hin leben, in dem es weder
    Krankheit noch Tod geben wird
    noch Krieg und Leid.

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Editorial von Pfarrer Ljubisic
Liebe Leserinnen und Leser!

Das große Thema der gesam-
ten österlichen Erneuerungs-
und guten Besserungszeit ist
Umkehr und Versöhnung. Auf
Schritt und Tritt begegnen uns
im Alten und Neuen bzw. im
ersten und zweiten Testament
der Hl. Schrift mahnende und
werbende, ernsthafte und ener-
gische Aufrufe zur persönlichen
Umkehr; einerseits eine starke
Forderung und Herausforde-
rung, andererseits eine großar-
tige Einladung und Chance zu              Pfarrer Michael Ljubisic
einer völlig neuen und wunder-                  St. Severin
baren Lebensqualität.
                                    schenkt Vergebung und Neuan-
Das finden wir auch in den Wor-     fang aus dem Dilemma der Ab-
ten der Lesung aus dem Buch         sonderung der Sünde, der Iso-
Hosea in seinem letzten Kapitel     lation, des selbst geschaufelten
(Hos 14,2-10), die uns die Litur-   Grabes und der Götzendienerei
gie der Kirche am Freitag der 3.    (Hos 14,2-4).
Fastenwoche anbietet.
                                    Dann aber folgen die erstaun-
Es braucht die deutlich klaren      lichen und erfreulichen Bilder
Worte der Einsicht, der Selbster-   und Verheißungen, wie sich die
kenntnis und des Eingestehens       von Gott gewirkte Heilung und
der eigenen Schuld. Es braucht      Rettung zeigt und erfahren lässt.
die Bitte um Hilfe und Heilung      Ganzheitlich, mit allen Sinnen
aus der Not, aus der man sich       werden wir da angesprochen,
nicht selbst retten kann und        um eine lebendige Vorstellung
keine noch so große Macht der       von dem zu bekommen, was ge-
Erde befreien kann. Es braucht      meint ist.
das reumütige Schlagen an die
eigene Brust mit dem entspre-       Prächtig und mächtig sollen wir
chenden Brustton der eigenen        aufblühen, wachsen, gedeihen,
Überzeugung. Gott allein, nichts    Frucht bringen in einem wahr-
und niemand sonst, schafft und      haft erfüllten und erfüllenden

                                                                        5
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Leben in Hülle und Fülle, mit      nen Dienst, den sonst der aller-
    bestem Geschmack.                  letzte Diener zu verrichten hat.
                                       Jesus legt das Obergewand ab
    Ja, wer sich davon ansprechen      und umgürtet sich mit einem
    und anrühren lässt, kann neue      Leinentuch, um die Füße der
    Lust auf ein solches Leben be-     Apostel abzutrocknen. Der Apo-
    kommen. So kann das Fasten, in     stel Petrus wehrt sich. Er will
    welcher Form auch immer, ei-       nicht, dass Jesus ihm die Füße
    nen guten und einen menschen-      wäscht. Da muss er sich sagen
    freundlichen Ton bekommen.         lassen, dass er dann auch kei-
    Dann können wir umso dank-         ne Gemeinschaft mit Jesus hat.
    barer den Reichtums unseres        Dies will der Apostel auf kei-
    Glaubens erfahren und emp-         nen Fall riskieren, deshalb bietet
    fänglicher für die großen Feiern   er Jesus an, ihm nicht nur die
    unseres Glaubens werden.           Füße zu waschen, sondern auch
                                       die Hände und den Kopf. Jesus
    Die Liturgie der Kirche nimmt      lehnt dies ab. Alle Apostel sollen
    die Gläubigen insbesondere in      gleich behandelt werden, auch
    der Karwoche und an Ostern         Judas Iskariot. Im Anschluss
    hinein in das Geschehen dieser     an die Fußwaschung gibt Jesu
    Tage.                              den seinen ein neues Gebot:
                                       „Liebt einander, wie ich euch
    Mit Palmen in den Händen wird      geliebt habe. Daran sollen alle
    Jesus begleitet. Wie ein König     erkennen, dass ihr meine Jünger
    zieht Jesus in Jerusalem ein,      seid“. Das Leinentuch des Grün-
    freilich wie ein Friedenskönig     donnerstags wird zum Zeichen
    in die Stadt des Friedens, denn    der Demut und der Liebe. Beim
    das ist der Name der Heiligen      Letzten Abendmahl spricht Je-
    Stadt. Auf einem Esel reitet Je-   sus erstmals die Worte über Brot
    sus und die Menschen breiten       und Wein, die zu seinem Leib
    ihre Kleider auf dem Weg aus,      und seinem Blut werden. „Tut
    um auf diese Weise den „roten      dies zu meinem Gedächtnis!“,
    Teppich“ auszurollen, der Herr-    ist Jesu Auftrag. Er vollzieht sich
    schern zusteht.                    in jeder heiligen Messe.

    Am Gründonnerstag geht es          Am Karfreitag erfolgt das To-
    in den Abendmahlssaal. Es ist      desurteil des Pilatus. Jesus trägt
    ergreifend, wie Jesus den Apo-     das Kreuz hinauf zur Schädel-
    steln die Füße wäscht. Er, der     stätte vor die Tore Jerusalems.
    Herr und Meister, verrichtet ei-   Schmähreden und Spott beglei-

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ten ihn auf seinem letzten Weg.     chenhaftigkeit schon sehr früh
Die Kleider werden ihm vom          aufgegriffen und den Altar, der
Leib gerissen, nur ein schma-       ja Christus versinnbildet, mit
les Leinentuch verhüllt seine       drei Leinentüchern bedeckt.
Scham. So wird er ans Kreuz         Es ist das Tuch der Demut vom
geschlagen. Das Leinentuch ist      Gründonnerstag, das Tuch der
blutgetränkt, als man den to-       sich verschenkenden Liebe vom
ten Heiland vom Kreuz herab-        Karfreitag und das Tuch der
nimmt. Es sind nur wenige, die      Freude vom Ostersonntag. Der
Jesus die letzte Ehre erweisen.     Sinn für solche Zeichen ist heu-
Er wird in das Grab des Joseph      te weithin abhandengekommen.
v. Arimathäa gelegt. Mit Leinen-    Nur noch Spezialisten wissen
binden hat man den Leichnam         um solche Zusammenhänge,
Jesu umhüllt. Nach dem Pascha-      die im 18. und 19. Jahrhundert
fest soll dann die Einbalsamie-     vielen Gläubigen geläufig wa-
rung erfolgen.                      ren. Wenn am Ostersonntag die
                                    Osterkörbchen in die Kirche ge-
Dazu kam es nicht mehr, denn        bracht werden und den Altar
am Ostermorgen erleben die          umstehen, dann sind nicht nur
Frauen, die den Dienst der Ein-     ein Osterlamm, Ostereier, Oster-
balsamierung vollziehen woll-       fladen und Osterschinken darin,
ten, dass der Stein vom Grab        sondern auch ein Tuch, auf dem
weggewälzt ist und der Engel        sich die Osterspeisen befinden.
ihnen sagt: „Der Herr ist von       Dieses Ostertuch erinnert gleich-
den Toten auferstanden.“ Petrus     falls an die Tücher, die bei der
und Johannes nehmen daraufhin       Auferstehung eine Rolle spielen,
das leere Grab in Augenschein.      so dass Ostern mit in den Alltag
Sie sehen die Leinenbinden dort     hineingenommen wird. Ostern
liegen, schön zusammengelegt,       wirkt auf diese Weise weiter.
und daneben das Schweißtuch,
das den Kopf verhüllt hatte. „Sie   Der Gruß des Friedens „Der
sehen und glauben“, wie der         Friede sei mit euch!“, das erste
Evangelist Johannes schreibt.       Wort, das Jesus als Auferstande-
                                    ner an seine Jünger richtet, möge
Dreimal begegnen wir in den         als Botschaft des Auferstande-
heiligen drei Tagen, wie man        nen an die Welt und Menschheit
Gründonnerstag,       Karfreitag    durchdringen, die vom Schock
und Ostersonntag auch nennt,        des Krieges nach dem Ein-
dem Leinentuch. Dies hat die        marsch der russischen Truppen
Liturgie mit ihrem Sinn für Zei-    in der Ukraine gezeichnet ist

                                                                        7
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und mit großer Hilfsbereitschaft   Der Auferstandene gibt uns die
    und Solidarität reagiert.          Kraft und die Fähigkeit, ihn zu
                                       verwirklichen, wenn wir guten
    Bei allen Schwierigkeiten, mit     Willens sind.
    denen wir zu kämpfen haben,
    den Frieden zu schaffen und        So bleibt uns als Christen im
    zu erhalten, sollten wir uns im-   Moment nur die Möglichkeit zu
    mer wieder das Bild vor Augen      beten und den Menschen in der
    führen, wie Jesus den nieder-      Ukraine und den aus ihr fliehen-
    geschlagenen Aposteln seinen       den Flüchtlingen nach Kräften
    Friedensgruß entbietet: „Der       zu helfen.
    Friede sei mit euch!“
                                       Ich wünsche ihnen unter diesen
    Auch an uns, an jeden Einzel-      Umständen einen guten Weg
    nen, an Sie und mich, ist dieser   durch die Fastenzeit sowie frohe
    Friedensgruß gerichtet.            und gesegnete Ostern.

                                     Ihr Pfarrer von St. Severin v. N.
                                                     Michael Ljubisic
    ___________________________________________________________

         Ökumenisches Friedensgebet 2022
                      von Sr. Mary Grace Sawe aus Kenia
               jetzt in Deutschland als Krankenschwester tätig

      Schwester Mary Grace Sawe                    Grafik: Pfeffer

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Friedensgebet
            Gütiger Gott, wir sehnen uns danach,
              miteinander in Frieden zu leben.

    Wenn Egoismus und Ungerechtigkeit überhandnehmen,
         wenn Gewalt zwischen Menschen ausbricht,
          wenn Versöhnung nicht möglich erscheint,
      bist du es, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.

                Wenn Unterschiede in Sprache,
           Kultur oder Glauben uns vergessen lassen,
               dass wir deine Geschöpfe sind und
          dass du uns die Schöpfung als gemeinsame
                     Heimat anvertraut hast,
       bist du es, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.

             Wenn Menschen gegen Menschen
                     ausgespielt werden,
                wenn Macht ausgenutzt wird,
                  um andere auszubeuten,
              wenn Tatsachen verdreht werden,
             um andere zu täuschen, bist du es,
            der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.

              Lehre uns, gerecht und fürsorglich
               miteinander umzugehen und der
                  Korruption zu widerstehen.

           Schenke uns mutige Frauen und Männer,
         die die Wunden heilen, die Hass und Gewalt
                an Leib und Seele hinterlassen.

          Lass uns die richtigen Worte, Gesten und
          Mittel finden, um den Frieden zu fördern.

             In welcher Sprache wir dich auch als
                „Fürst des Friedens“ bekennen,
          lass unsere Stimmen laut vernehmbar sein
              gegen Gewalt und gegen Unrecht.

                            Amen.

                                                           9
Gottesdienste zu Ostern
                      Gottesdienste zu Ostern
                       St. Severin, Garching
     Palmsonntag        10 Uhr      Heilige Messe
     10.4.2022
     Gründonnerstag     19.30 Uhr   Abendmahlgottesdienst
     14.4.2022                      anschließend Beichtgelegenheit
                                    bis 21.30 Uhr im Pfarrhaus
     Karfreitag         08 Uhr      Trauermette zu Karfreitag
     15.4.2022          10 Uhr      Kinderkarfreitag in St. Severin
                        15 Uhr      Feier des Leidens und Sterbens
                                    Jesu Christi;
                                    anschl. Beichtgelegenheit bis
                                    17.30 Uhr im Pfarrhaus
                        19 Uhr      Andacht zu den 7 letzten
                                    Worten Jesu am Kreuz
     Karsamstag         8 Uhr       Trauermette am Heiligen Grab
     16.4.2022                      in St. Katharina
     Ostersonntag       5 Uhr       Feier der Osternacht
     17.4.2022                      mit Speisensegnung
                        10 Uhr      Festgottesdienst
                                    mit Speisensegnung
     Ostermontag        10 Uhr      Festgottesdienst mit Chor
     18.4.2022

                  St. Franziska Romana, Hochbrück
     Palmsonntag       08.30 Uhr    Heilige Messe
     10.4.2022
     Karfreitag        15 Uhr       Feier des Leidens und Sterbens
     15.4.2022                      Jesu Christi
     Karsamstag        21 Uhr       Feier der Osternacht
     16.4.2022                      mit Speisensegnung
     Ostersonntag      08.30 Uhr    Ostermesse mit Speisensegnung
     17.4.2022
     Ostermontag       08.30 Uhr    Heilige Messe
     18.4.2022

10
Laudatekirche
    Wir laden herzlich ein zu den Gottesdiensten
           in der Karwoche und zu Ostern
 Bitte beachten Sie: Die folgenden Termine spiegeln die Planung
bei Redaktionsschluss wieder. Ob die einzelnen Gottesdienste in
der geplanten Form stattfinden können, entnehmen Sie bitte dem
      Schaukasten, der Homepage oder der aktuellen Presse
  Zusätzlich gelten die notwendigen Hygienemaßnahmen und
               Abstandsregeln und Maskenpflicht.

Gründonnerstag, 14. April 2022
An Gründonnerstag hoffen wir, Sie, wie in den Jahren vor Co-
rona, zum Feierabendmahl in der Kirche einladen zu können. Es
gelten die Zugangsbeschränkungen wie auch in der Gastronomie:

18.00 Uhr Feierabendmahl in der Laudatekirche
          mit dem Laudatechor Pfarrerin Frowein

Karfreitag, 15. April 2022
10.00 Uhr Gottesdienst Professor Dr. Arneth

Ostersonntag, 17. April 2020
Sie haben die Wahl zwischen zwei Gottesdiensten. Leider kön-
nen wir Ihnen dieses Jahr noch kein Osterfrühstück zwischen den
Gottesdiensten anbieten.

06.00 Uhr Osternacht im Freien Pfarrerin Frowein
10.00 Uhr Gospelgottesdienst mit Simon Sugaray Son
          im Bürgerhaus, Pfarrerin Frowein

Ostermontag, 18. April 2022
Wir laden Sie ein zu einem Familiengottesdienst mit Spaziergang
nach Unterschleißheim in die Genezareth Kirche, Alleestr. 57a

10.30 Uhr Familiengottesdienst mit Spaziergang
          Pfarrerin Buck und Frau Gerstmann

                                                                  11
Warum Kirche?
                 Warum ich noch in der Kirche bin
     1. Weil mein Glaube mir
     wichtig ist!

     Wie mache ich das Beste aus
     meinem Leben? Reicht es das
     Leben zu genießen? Wozu bin
     ich eigentlich auf der Welt?
     Das sind Grundfragen, die
     sich im Leben eines jeden
     Menschen        immer     wieder
     stellen. Meist sind es schwierige           Nicola Gerhardt
     Lebenssituationen oder gesell-
     schaftliche Umbrüche, die diese     Heldenleistungen, wie die oben
     Fragen aufwerfen. Gerade jetzt      genannten, sondern auch für
     im Angesicht des Ukraine-           unseren kleinen, immer wieder
     Krieges leben wir wieder in         mit Sorgen belasteten Alltag.
     Umbruchzeiten, in denen so viel     Ich darf darauf vertrauen, dass
     Böses, aber auch so viel Gutes      es mir gelingt mit Gottes Hilfe
     geschieht. Tapfere Menschen,        die Dinge zu ordnen, dann
     wie der ukrainische Präsident       wird er letztendlich alles zum
     oder der Bürgermeister von          Guten führen. Was für eine tolle
     Kiew, die für die Freiheit der      Zusage!
     Menschen sogar ihr Leben in die
     Waagschale legen, verbreiten        2. Weil ich dazu die Kirche
     Hoffnung.        Ihr     Handeln    brauche!
     beeindruckt und tröstet sehr,
     weil es auf das Große, für          Wenn man das Glück hatte,
     das uns Gott geschaffen hat,        positiv kirchlich sozialisiert
     verweist.                           zu sein, sind Dinge wie das
                                         gemeinsame Gebet oder der
     Nach meinem Verständnis             Gottesdienst        unglaubliche
     weitet Gott uns den Blick           Quellen der Stärkung. Schon
     von uns selbst weg hin zum          wenn ich eine Kirche betrete,
     Nächsten. In diesem Sinne           vielleicht noch letzte Schwaden
     führt der Glaube hinaus ins         von Weihrauch rieche, Jesus
     Weite und macht unsere              Christus am Kreuz oder Maria
     Finsternis hell (vgl. Psalm 80).    im Kerzenschein sehe, werde
     Das gilt natürlich nicht nur für    ich in einen Meditations-Modus

12
versetzt, der mir dabei hilft,     dass sie nur das Beste für alle
Lasten abzuwerfen und mich         Menschen wollen. Und ich habe
mit innerer Freude erfüllt.        gerade im kirchlichen Umfeld
Wenn ich gemeinsam mit             wertvolle        Freundschaften
anderen im Gottesdienst Gebete     schließen können mit Menschen,
spreche, die jahrhundertealter     für die es selbstverständlich ist,
Tradition entspringen, wenn        anderen Gutes zu tun, ohne auf
ich das Wort Gottes aus dem        den eigenen Vorteil zu schauen.
Evangelium höre, wenn ich in       Auch das ist Kirche!
der Kommunion Jesus Christus
empfange und uns allen am          3. Weil unsere Gesellschaft die
Ende durch den Priester der        Kirche braucht!
Segen Gottes zugesprochen
wird, lässt mich das die „Ups      Wahrscheinlich ist es uns gar
and Downs“ des Lebens ganz         nicht bewusst, wie wichtig die
anders betrachten.                 Kirchen als Verteidiger der
                                   christlichen       Werteordnung
Dagegen halte ich Glauben          für das Fundament und den
alleine, im stillen Kämmerlein     Zusammenhalt der Gesellschaft
zwar für möglich, aber mir         sind. Gerade in jüngster
würde etwas Wesentliches           Zeit haben wir auch in sog.
fehlen: Wie jedes Fest wird        westlichen         Gesellschaften
die Feier des Glaubens erst in     erleben müssen, wie schnell
Gemeinschaft wirklich schön!       sich diese Werte verschieben
                                   können. Gregor Gysi, der nicht
Natürlich bin ich entsetzt,        gläubig ist, hat dies erkannt und
enttäuscht    und     verärgert,   so formuliert: „Aber ich fürchte
wenn ich höre, was kirchliche      eine religionsfreie Gesellschaft,
Mitarbeiter     Kindern     und    weil es dann kaum definierte
schwachen Menschen angetan         Werte und Moralvorstellungen
haben und um wieviel stärker       gäbe und wichtige Traditionen
oft die Sorge um den Ruf der       verschwänden, zum Beispiel
Kirche, als das Mitleid mit den    Weihnachten,       Ostern     und
Opfern war. Das ist für mich       Pfingsten. Außerdem glaube
genau das Gegenteil, wofür         ich insofern, als ich ein
Kirche eigentlich steht. Ich       Zweckoptimist bin. Das hat
habe das Glück, viele Vertreter    mein Leben erleichtert.“
der Kirche zu kennen, die
glaubwürdig und zugewandt          Fazit: Auch wenn Sie mit
sind und denen man anmerkt,        „Ihrer“ Kirche immer wieder

                                                                        13
hadern, ringen Sie mit uns um      Dazu      lädt     Sie      der
     notwendige      Veränderungen      Pfarrgemeinderat     von     St.
     und diskutieren Sie mit uns        Severin am 8. April um
     über den richtigen Weg in die      17.00 Uhr ins Pfarrhaus zum
     Zukunft.                           Gespräch ein. Gerne können
                                        Sie uns auch unter: gerhardt.
                                        garching@freenet.de oder über
                                        das Pfarrbüro kontaktieren!

                                                    Nicola Gerhardt
                                        Pfarrgemeinderatsvorsitzende
     ___________________________________________________________
                Missbrauchsskandal, Reformbedarf
                       und Kirchenaustritte
                                        Frage: „Betrifft mich das? Was
                                        kann, soll oder muss ich tun?“

                                        Die Tiefe des Betroffenseins
                                        hängt auch davon ab, wie
                                        sehr man mit seiner Kirche
                                        verbunden war oder ist.
                                        Meine Sozialisation wurde
                                        geprägt durch ein mehrheitlich
                                        katholisches    Umfeld,     was
                                        für     einen    Münsterländer
                                        nicht verwunderlich ist. Dies
                                        beeinflusste   natürlich    die
                                        für mich wichtigen Werte,
          Prof. Dr. H.-G. Hegering
                                        Verhaltensmuster           und

     S  eit geraumer Zeit werden
        wir     konfrontiert
     immer neuen Nachrichten,
                                 mit
                                        Einstellungen    bei   meinem
                                        Engagement als Oberministrant,
                                        Jugendleiter, Mitglied einer
     Kommentaren,       Leserbriefen,   kath.     Studentenverbindung,
     Stellungnahmen und öffentliche     im Kirchenchor und in der
     Diskussionen        zu      den    Kirchenverwaltung.
     Themen     Missbrauchsskandal      Ich bin dankbar, dass ich in
     und Reformbedarf in der            Gemeinschaft mit vielen aktiven
     Katholischen     Kirche.   Und     und positiv im gemeinsamen
     natürlich stellt sich mir die      Glauben           verbundenen

14
Mitchristen viel Gutes habe         Die Aufklärung erfolgte oft
erleben    können     und    bei    sehr zögerlich, Täter wurden
etlichen interessanten Projekten    häufig   nur    versetzt   und
mitwirken durfte. Das vollzog       Täterschützer fanden sich auch
sich überwiegend in der Kirche      unter hohen Verantwortlichen,
vor Ort, der Pfarrgemeinde.         der    gebotene    Opferschutz
Es gilt auch für mich, was          wurde     vernachlässigt.   Die
ich in einem Leserbrief der         neueren Missbrauchsgutachten
Münchner Kirchenzeitung vom         haben auf die längst überfällige
20.2.22 las: „…Wie bei den          Transparenz und Konsequenz
meisten anderen Gläubigen war       bei der Strafverfolgung sowie
meine Kindheit und Jugend           beim Umgang mit Opfern
und meine Jahrzehnte im             hingewiesen.
Erwachsenenleben nicht durch
Verfehlungen von Priestern,         Kirchenaustritte gibt es nicht nur
sondern von deren Engagement        wegen sexuellen Missbrauchs.
für die ihnen anvertrauten          Wir müssen reagieren auf
Pfarrangehörigen geprägt.“          die abnehmende Zahl von
                                    Gottesdienstbesuchern         und
Der erste mir bekannte Fall eines   Priesteramtskandidaten sowie
Kindesmissbrauchs geschah in        pastoralen      Mitarbeiterinnen
einem Sportverein, Kindesmiss-      und Mitarbeitern. Kirchliche
handlung durch körperliche          Führungsstrukturen         dürfen
Gewaltanwendung gehörte bei         nicht    zur     Unterdrückung
der Kinder-Landverschickung         sinnvoller Dialogformate und
und in der Schule oft zu den        zur einseitigen Bildung von
Standardstrafmaßnahmen.             Machtstrukturen führen. Über
Von        einem       sexuellen    die zukünftige und hoffentlich
Kindesmissbrauch durch Priester     einflussreichere    Rolle     von
erfuhr ich zum ersten Mal, als      Frauen in der Kirche sollte nicht
gegen unseren Jugendkaplan          nur guten Willens diskutiert
polizeilich ermittelt wurde         werden, sondern es sollten
und ich als Jugendleiter zu         zunehmend Beschlüsse gefasst
einer       Zeugenvernehmung        und umgesetzt werden.
geladen wurde. Der Kaplan
wurde zu einer Gefängnisstrafe      Auch die Sexualmoral der
verurteilt. In den letzten          katholischen Kirche trägt zur
Jahrzehnten sind im Inland und      Entfremdung von der Kirche
Ausland zahlreiche sexuelle         bei, denn die in der kirchlichen
Missbräuche entdeckt worden.        Morallehre        vorgetragenen

                                                                         15
Gebote werden von vielen             Die derzeitige Situation bietet
     Gläubigen als lebensfremd und        zugleich die Chance für unsere
     unverständlich     empfunden         Kirche, sich zu reformieren.
     und      deshalb  durch   eine       Das Leben Jesu und seine frohe
     Orientierung an den eigenen          Botschaft weisen den Weg. Wer
     Gewissensüberzeugungen               bei der Veränderung des in
     ersetzt.                             Schieflage geratenen Systems
                                          Kirche mitgestalten will, muss
     In diesem Zusammenhang muss          mitmachen und darf nicht
     auch auf das Pflichtzölibat oder     austreten.
     die Initiative #OutInChurch
     verwiesen       werden.        Der   Der Münchner Merkur vom
     Reformbedarf der Kirche wird         21.2.22 berichtete, dass sich
     derzeit in vier Foren (Macht,        bei fast allen Pfarrgemeinden
     Sexualmoral,         Priesterliche   im Erzbistum München und
     Lebensformen, die Stellung           Freising für die Wahl zu den
     der    Frau)    innerhalb      des   Pfarrgemeinderäten am 20.
     Dialogformats         „Synodaler     März       entsprechend viele
     Weg“     zwischen      Vertretern    Kandidaten und Kandidatinnen
     der           Bischofskonferenz      zur Verfügung gestellt haben.
     und      Laienvertretern       des   Das lässt hoffen!
     Zentralkomitees der deutschen
     Katholiken             diskutiert.           Prof. Dr. H.-G. Hegering
     Hoffentlich bilden sich auf Seiten      Kirchenverwaltung St. Severin
     der Bischöfe keine hartnäckigen              Ehem. Leiter des Leibniz-
     Sperrminoritäten.                                    Rechenzentrums

16
KIRCHE IST MEHR (von Marlene Goldbrunner)

Kirche ist mehr
- als der Machtmissbrauch in den verschiedenen Lebensbereichen.
- als der Machtkampf untereinander.
- als das Fehlverhalten von Menschen, die in ihr wirken.
- als Vertuschung und Lügengebilde, die ans Licht kommen.
- als die Angst vor dem Verlust des Ansehens in der Gesellschaft.
- als das Gefangensein in festgefahrenen Strukturen.
- als viele gerade wahrnehmen.

Kirche ist
- von Jesus und auf ihn gegründet.
- von Jesus den Menschen anvertraut - Männern und Frauen!
- und bleibt lebendig durch das Wirken aller Getauften mit ihren
  je eigenen Fähigkeiten!
- eine Gemeinschaft von Menschen und daher auch fehlerhaft
  und angreifbar.
- dennoch ein Ort, wo die Frohe Botschaft Gottes hörbar,
  spürbar und sichtbar wird; wo täglich Gutes geschieht.
- ein Ort, wo unterschiedliche Menschen miteinander beten,
  feiern und sich austauschen; ein Ort, wo Menschen sich
  immer noch beheimatet fühlen.
- ein wesentlicher Bestandteil der Gesellschaft.

Kirche muss
- immer im Wandel sein – zu jeder Zeit!
- sich hinterfragen lassen – zu jeder Zeit!
- sich den Herausforderungen der Zeit stellen!
- die Menschen annehmen wie sie sind!
- Barmherzigkeit und Vergebung schenken, aber beides auch
  selbst für sich erbitten!
- uns alle angehen und tätig werden lassen!
- sich immer wieder neu an der Botschaft und dem Wirken
  Jesu orientieren und danach handeln!

Denn… Kirche ist mehr als wir ahnen. Sie ist von Gott gewollt!
Kirche ist von Glauben, Hoffnung und Liebe getragen.
Kirche muss sich täglich neu auf Gott besinnen,
denn mit IHM hat sie eine Zukunft.

                                                                    17
Wie stehe ich zu meiner Kirche
                                         Heizungsanlage läuft - wie
                                         oft war es unvermutet bei der
                                         Ankunft eiskalt im Haus, der
                                         Notdienst natürlich am späten
                                         Freitagabend      nicht     mehr
                                         erreichbar, so dass eine Nacht
                                         mit vier Schichten Kleidung
                                         und Mütze, Wärmflaschen
                                         und     eisigen     Atemwolken
                                         durchzustehen war? An diesem
                                         Punkt angekommen, wird mein
                                         Grübeln oft grundsätzlich: Ist
                                         angesichts des beständigen
                                         Mangels      an     bezahlbarem
                                         Wohnraum          für       junge
                                         Familien eine Ferienwohnung
                                         überhaupt       ethisch,      der
         Pfarrerin Kathrin Frowein       Energieverbrauch ökologisch,
                                         die        Zweitwohnsitzsteuer

     E   ine    begnadete     Fahrerin
         war ich noch nie. Schon auf
     der Autobahn auf der Fahrt
                                         ökonomisch            vertretbar?
                                         Ich hadere - bis ich auf
                                         meinem Lieblingsplatz am
     zu meiner Ferienwohnung             Balkongeländer sitze. Ich lehne
     denke ich mit flauem Gefühl         mich an die Hauswand, in den
     in der Magengegend an die           Händen ein Becher Kaffee - und
     letzten paar hundert Meter,         ich komme zur Ruhe.
     und spätestens an dieser einen
     steilen Stelle bricht mir der       Meine Augen wandern über
     Schweiß aus und ich hoffe           das Bergmassiv auf der anderen
     inständig,      dass     niemand    Seite vom Tal; es stand dort
     entgegenkommt und ich nicht         schon, als noch mein Vater
     ausgerechnet hier Schwung           mit seiner Mutter und später
     verliere - ich komm doch sonst      mit meiner Mutter hier Urlaub
     da nie wieder weg! Warum            gemacht hat; dass alle drei lange
     muss diese Ferienwohnung nur        gestorben sind, das rührt die
     so eine steile, rutschige Anfahrt   Alpen kein bißchen. Auch wenn
     haben?                              ich irgendwann längst unter
     Und wenn ich dann endlich           der Erde liegen werde, stehen
     droben bin, weiß ich nie,           die Gipfel vermutlich exakt
     ob die etwas störanfällige          genauso noch dort wie heute.

18
Minuten sind erst vergangen         - (hier hinkt natürlich auch
seit     meiner     hektischen,     mein Vergleich); aber weil ich
angespannten Ankunft nach           diesen unseren Gott ohne die
einer aufreibenden Anreise -        Kirche nie kennengelernt hätte,
und doch bin ich jetzt bereits      und weil mir der Glauben an
innerlich     „runtergefahren“,     Gott und die Gemeinschaft der
Puls und Blutdruck und              Mitchrist:innen so viel Halt gibt,
Nerven haben sich beruhigt.         den mir nichts anderes geben
Ich bin im „Urlaubsmodus“           kann - deshalb bin ich trotz
angekommen, sozusagen, bin          aller kritischen Überlegungen
tiefenentspannt und mit mir,        immer noch Mitglied und
der Welt, der Anreise und allen     werde das vermutlich auch
Unbequemlichkeiten versöhnt.        in nächster Zukunft nicht
                                    ändern. Und: ähnlich wie mein
Und weil das so ist, und weil es    Ferienobjekt hab ich mir die
ziemlich berechenbar jedesmal       Heimat im Christentum nicht
wieder so ist, wenn ich mich        bewusst ausgesucht, sondern
erst aufgerafft habe und            sie von meinen Eltern und der
hierher angereist bin, und weil     Herkunftsfamilie übernommen.
ich diesen Effekt und diesen        Erst mit den Jahren sind mir
Erholungswert der Berge für         beide ans Herz gewachsen und
mich nie entdeckt hätte ohne        selbstverständlich geworden.
dieses Objekt, deshalb hab ich
den „Sehnsuchtsort“, diese
Unterkunft trotz aller kritischen   Wie es wohl anderen mit ihrer
Überlegungen immer noch und         Kirche geht?
werde mich vermutlich auch in
nächster Zukunft nicht davon        Ich frage Flo Hellmich und
trennen.                            Niklas Weber - beide Anfang
                                    zwanzig - aus dem Kreis unserer
Und mit meiner Kirche geht          Jugendleiter:innen.
es mir im übertragenen Sinne        Die beiden sehen sich ratlos an
ähnlich.                            - „Ja, warum bin ich eigentlich
                                    Mitglied?“, wiederholt Niklas
Auch hier spricht immer wieder      meine Frage gedehnt. „Du
mal vieles dafür, ihr den Rücken    hast ein Einkommen, du zahlst
zu kehren. Wahrhaftig nicht nur     Kirchensteuer..?“, hake ich
ein Kritikpunkt an ihr wiegt        nach. „Du musst doch wissen,
schwerer als alle ernsthaften       warum?“ Sein Zögern scheint
Bedenken gegen ein Ferienobjekt     mir zugleich Teil einer Antwort

                                                                         19
Florian Hellmich          Niklas Weber
         Helga Müller

     zu sein: Auch er hat sich nicht     Auch Helga Müller (86)
     bewusst     entschieden,  oder      weist die Möglichkeit eines
     jedenfalls erst nachträglich,       Kirchenaustrittes weit von sich.
     bei der Konfirmation. Flo weiß      „Das kommt überhaupt nicht in
     immerhin, warum er dabei            Frage!“, erklärt sie und erzählt,
     bleiben will: „Ich möchte mal       wie sie als kleines Mädchen
     kirchlich heiraten!“                sehnsüchtig drauf gewartet hat,
                                         endlich alt genug zu sein für den
     Beide nennen dann noch              Kindergottesdienst.
     die Jugendarbeit: dass es
     Spaß macht, dass man dort           Die Mitchrist:innen in der
     Freundschaften schließen und        Kirchengemeinde        waren
     sich sinnvoll einbringen kann,      später eine Art erweiterter
     dass man gerne dazugehört           Familienkreis für sie.
     und sich wohlfühlt - all das sind
     gute Argumente gegen einen          Heute fällt Helga Müller
     Kirchenaustritt, der bei beiden     der      Kirchgang      schwer;
     aktuell gar nicht im Raum zu        umso        selbstverständlicher
     stehen scheint.                     ist für sie die Teilnahme am
                                         Fernsehgottesdienst,        und
                                         vielleicht macht sie demnächst
                                         auch an einem der Abende beim
                                         Glaubenskurs mit.

20
Besinnung, der Andacht und
                                     der inneren Einkehr für sie:
                                     „Ich würde das Abendmahl
                                     vermissen, und die Osternacht
                                     mit der Auferstehungsfeier am
                                     Feuer bedeutet mir fast mehr
                                     als Weihnachten!“ Hier schaltet
                                     sich ihr erwachsener Sohn
                                     Christian (48) ins Gespräch ein
                                     und erzählt aus der Arbeitswelt,
                                     wo man sich Gott im Alltag nicht
            Lydia Hütter             sonderlich nahe fühlt. Zwar
                                     ist man mit Mitarbeitenden
Ich nehme bei Hütter‘s am            über den Glauben und die
Küchentisch Platz. Alle fünf         unterschiedlichen     Religionen
sind auf je eigene Art in der        und Konfessionen durchaus
Kirche engagiert: Lydia (72)         im Gespräch, und oft erntet
ist Teil des Teams für Spätlese      er Überraschung, wenn sich
und Kirchenkaffee, sie hilft         herausstellt, dass „ausgerechnet
beim      Feierabendmahl      am     er“ tief gläubiger Christ,
Gründonnerstag und beim              Mitglied im Kirchenvorstand
Osterfrühstück, sie backt, wann      und engagierter ehrenamtlicher
immer Kuchen gebraucht wird -        Mitarbeiter in seiner Gemeinde
„Ich möchte ein Teil der Kirche      ist: „Entscheidend ist mir die
sein!“, betont sie, und sie geht     evangelische Freiheit. Ich hab
noch weiter: „Ich glaube an die      zwar in meinem Leben bisher
Kirche!“ Als Institution begleitet   keine fünf Mal selbst in der
die Kirche schon ihr ganzes          Bibel gelesen - aber mir muss
Leben; Lydia war katholisch,         die Kirche trotzdem nicht sagen,
und ihr evangelischer Bräutigam      was ich glauben soll. Man fühlt
wurde sich beim Traugespräch         sich Gott nie so nahe wie im
mit dem katholischen Pfarrer         Gottesdienst, beim Vaterunser
nicht einig. Die Hochzeit schien     in der Gemeinschaft mit
plötzlich fraglich; „Bevor er        anderen. Ich hab vorher schon
mich nicht heiratet, wurde ich       manchmal eigentlich keine Lust
lieber evangelisch!“, lacht Lydia.   und denk mir, hinterher leg ich
                                     mich wieder hin. Aber nachher
Das     Kirchengebäude  und          bin ich immer beseelt. Und
die Feier des Gottesdienstes         wieder ins Bett gegangen bin ich
ist ein Ort der Ruhe und der         nach der Kirche noch nie....“

                                                                        21
Ines und Luis Hütter   Anna-Lena Hütter        Christian Hütter

     Weder        Mutter         noch    sagt sie. Ines und Christian
     Sohn     können     sich   einen    haben immer mit den eigenen
     Kirchenaustritt        vorstellen   Kindern gebetet, ihnen aus der
     - allein schon wegen der            Kinderbibel vorgelesen - und
     Mitfinanzierung von wichtigen       sind stolz drauf, dass sich beide
     Einrichtungen      wie      etwa    in der Gemeinde zuhause fühlen.
     Kindergärten, Beratungsstellen      „Wenn ich nicht Mama und
     und Telefonseelsorge. „Aber ich     Papa hätte und nicht von klein
     hab hier auch so viele Menschen     auf dabei gewesen wäre, würd
     getroffen, die hätte ich ohne       ich nicht hingehen!“, sagt Anna-
     die Kirche nie kennengelernt!“,     Lena (17) ehrlich. Sie engagiert
     erzählt Christian, und Lydia        sich sehr und liebäugelt
     fügt hinzu: „Ich würde Gott         gleichzeitig manchmal damit,
     verraten, wenn ich austreten        mit der Jugendarbeit einfach
     würde.“                             aufzuhören und all die frei
                                         werdende Zeit statt dessen
     Auch für ihre Schwiegertochter      für sich zu haben; aber dann
     kommt dieser Schritt eher nicht     locken doch die vertrauten
     in Betracht; Ines (46) arbeitet     Menschen, die lieb gewordenen
     in der Laudategemeinde als          Rituale und nicht zuletzt die
     Jugendbeauftragte. „Mir ging es     schöne Laudatekirche: „Der
     nie besser in einem Job!“, sagt     Ort schenkt mir Kraft, und die
     sie, auch wenn auch sie natürlich   Inhalte - die würd ich mir nicht
     fassungslos ist, wenn sie liest,    woanders anhören. Und sie tun
     was manche mit der Kirche           mir gut!“, stellt sie fest, und sie
     durchgemacht haben. „Aber die       fügt hinzu: „Ich fand es als Kind
     Institution trägt einen Glauben     auf Freizeiten cool und kann
     weiter, hinter dem ich stehe!“,     das jetzt selber anderen Kindern

22
möglich machen. Erwachsen           Entscheidend scheint mir zu
zu werden überfordert mich          sein, dass die Zugehörigkeit zur
manchmal; in der Jugendarbeit       Kirche bei allen von Kindertagen
kann ich nochmal selber Kind        an einfach dazugehört hat. Ohne
sein und sammle Erfahrungen,        eine Gemeinde aufzuwachsen
die ich woanders so nicht           und dann völlig neutral selbst
machen könnte.“ Ihr Bruder          zu      entscheiden, ob man
Luis (14) erinnert sich, dass er    Kirchenmitglied werden, sein
vor ein paar Jahren begonnen        und auch bleiben möchte, wie
hatte, an dem Bild von Gott als     sich das manchmal moderne
dem „Mann mit dem weißen            junge       Eltern     vorstellen
Bart auf der Wolke“ zu zweifeln.    analog vielleicht zur veganen
                                    Lebensweise, zur Mitgliedschaft
„Durch den Konfikurs hat sich       in einer Partei oder zu
mein Glaube verändert und auch      Ausbildung und Beruf, das
verstärkt; jetzt kann ich anderen   hätte vielleicht bei Hütters nicht
als Mitarbeiter was davon           funktioniert. Über alle Zweifel
weitergeben.“ Auch er täte es,      und Bedenken hinweg trägt die
wie seine Schwester, nicht in       Gemeinschaft vor Ort mit den
jeder beliebigen Gemeinde: „Es      konkreten Menschen und den
hat schon was damit zu tun, wie     Inhalten, den Veranstaltungen
gut man die Gemeinde kennt -        und Aktionen - „Religion und
man merkt einfach, wer cooler       Kultur gehören zusammen!“,
ist...“                             sagt Christian, „und beides
                                    gehört zum Menschen.“
Seine besten Freunde kennt Luis
aus Laudate, und gemeinsam          Die       Amtsinhaber        und
mit ihnen lässt sich hier auch      -inhaberinnen mit ihren -
was auf die Beine stellen. Ein      vielleicht sogar unverzeihlichen
Austritt aus der evangelischen      - Fehlern spielen für Lydia nicht
Kirche steht derzeit weder für      die wichtigste Rolle: „Ich bin
Anna-Lena noch für Luis zur         aus Überzeugung in der Kirche,
Debatte.                            weil ich Gott nahe sein will -
                                    und nicht wegen dem Pfarrer!“,
                                    sagt sie. Auszutreten ist für sie
                                    unvorstellbar.

                                                 Die Gespräche führte
                                            Pfarrerin Kathrin Frowein

                                                                         23
Ich bleibe in der christlichen Gemeinschaft
         (die folgenden beiden Interview führte Alexander Bautzmann)

                                        Es darf nicht sein, dass
                                        die Kirchen sich in ihrem
                                        Handeln bzw. Nichthandeln
                                        außerhalb unserer staatlichen
                                        Gesetze und Vorschriften und
                                        damit deren Anforderungen
                                        und     Mechanismen      stellen.
                                        Mutmaßliche Täter gehören
                                        bei     staatlichen    Behörden
                                        angezeigt, von der Arbeit
                                        freigestellt, amtliche Verfahren
                                        müssen untersuchen und ggf.
                                        verurteilen.
             Thomas Gotterbarm
               Kulturreferent
                                        Das jetzige Krisenmanagement

     I ch bleibe in der christlichen
       Gemeinschaft,       weil
     meinem persönlichen Glauben
                                  es
                                        der Kirchenführung ist ganz
                                        schlecht.    Das      beschädigt
                                        nicht nur die hauptamtlichen
     entspricht und das Christentum     Mitarbeiter in den Gemeinden
     in unserer Gesellschaft weiter     sondern entmutigt auch die
     stark vertreten sein muss!         unzähligen       Ehrenamtlichen
                                        in ihrem bewundernswerten
     Missbrauchsfälle kommen leider     Einsatz für uns alle.
     überall in unserer Gesellschaft
     vor. Die unfassbare Dimension      Die derzeitigen Erschütterungen
     der     Fälle  im    kirchlichen   könnten, ja sollten Anlass
     Umfeld , aber vor allem deren      sein für ein noch intensiveres
     Vertuschung, der Schutz der        ökumenisches Zusammenfinden
     Täter und das Alleinlassen         unserer Kirchen, um die
     der Opfer erschüttert meines       Stärken beider Seiten für einen
     Erachtens insbesondere die         gemeinsamen Weg zu bündeln!
     katholische Kirche in ihren
     Grundfesten. Dies schwächt alle
     christlichen Kirchen in unserer
     offenen Gesellschaft massiv.

24
Christentum, womit den Kirchen
                                    eine große Verantwortung für
                                    unseren Staat zukommt!
                                    Auch wenn Missbrauchsfälle
                                    in der gesamten Gesellschaft
                                    vorkommen, ist die Vielzahl
                                    solcher Vorkommnisse, deren
                                    Vertuschung und fehlende
                                    Aufarbeitung und Transparenz
                                    in der Hierarchie der Kirche
                                    für     unsere     Gesellschaft
     Dr. Dietmar Gruchmann          inakzeptabel. Dies entspricht
          Bürgermeister             nicht den gepredigte Werten, ist
                                    kein Vorbild und kein Vorleben
                                    der Zehn Gebote!
I ch werde aufgrund der
  aktuellen Vorfälle nicht aus
meiner evangelischen Kirche
                                    Persönlich          unterscheide
                                    ich deutlich zwischen der
austreten. Als Katholik hätte ich   Institution der Kirche einerseits
aber wohl mehr Zweifel.             und ihren Gemeinden vor Ort
Ich bin in einem christlichen       andererseits. Als Bürgermeister
Umfeld aufgewachsen und             von Garching bin ich dankbar
geprägt worden. Ich habe dabei      für deren großartigen Beiträge
die große Bedeutung und den         für unsere Stadtgesellschaft, die
Wert der jüdisch-christlichen       Harmonie und Toleranz unseres
Zehn Gebote - Toleranz,             Zusammenlebens.
Friedlichkeit, Rechtssicherheit
- für den Einzelnen und die         Den Institutionen der Kirchen
Gemeinschaft, aber auch die         wünsche ich, dass       sie sich
Gesellschaft insgesamt kennen-      den Forderungen wohl der
und schätzen gelernt. Ich           Großteils ihrer Mitglieder stellt,
erinnere hierbei an den von         wie sie der Militärseelsorger
christlichen Festtagen geprägten    Michael Gmelch jüngst in
Jahresablauf, dessen Rhythmus       seinem Buch mit dem Titel
auch von kirchendistanzierten       formuliert: „Hört endlich auf
Teilen der Gesellschaft gerne       damit, nur „betroffen“ zu sein!“
gelebt    und teils mitgefeiert     Ohne das mutige Umsetzen
wird. Und immerhin bekennen         notwendiger Änderungen ist die
sich noch knapp die Hälfte der      Zukunftsfähigkeit der Kirchen
Menschen in Deutschland zum         leider stark gefährdet.

                                                                         25
Warum ich in der kath. Kirche bleibe – trotz allem
     „Ein Haus voll Glorie schauet weit
     über alle Land, aus ewgem Stein
     erbauet von Gott Meisterhand.“

     S  o singen viele Gemeinden
        auch heute noch gern,
     besonders an ihren Patrozinien.
     Aber nicht mehr alle. Nicht
     wenigen       bleibt       dieses
     Kirchenlied aus dem Jahr 1876
     gegenwärtig im Halse stecken.
     Heute scheint alles ins Gegenteil
     verkehrt. Nicht hohe Heiligkeit,
     sondern Ansammlung höchster
     Ärgernisse,           gedemütigt          em. Univ.-Prof. DDr.
     von einer jahrzehntelangen                  Gerhard Leibold
     Geschichte     des      sexuellen
     Missbrauchs      von     Kindern     Besserung ist nicht in Sicht,
     durch Kleriker, von Leugnung         jedenfalls nicht mit den Leuten,
     und Vertuschung schlimmster          die diese Krise herbeigeführt
     Verbrechen durch Bischöfe,           haben. Viele Gläubige kehren
     denen nur eines wichtig war:         der katholischen Kirche den
     das Ansehen und die Macht der        Rücken. Vielleicht führt der
     Institution katholische Kirche       Synodale Weg doch noch zu
     zu wahren.                           etwas Gutem, das über die
                                          Rhetorik der Zerknirschung
     Das alles ist ans Licht gekommen     hinausgeht.
     und hat zum Gegenteil der
     ursprünglichen           Absichten   Warum ich selbst in der
     geführt: Die katholische Kirche      katholischen Kirche bleibe –
     in Deutschland (und auch             und das, obwohl ich wie alle
     in anderen Ländern) liegt            rechtschaffenen       Gläubigen
     am Boden, ihre Autorität in          enttäuscht, entsetzt und empört
     moralischen Angelegenheiten          bin über die Vorkommnisse,
     ist zerbröckelt, kaum einer will     die manche Opfer in den Tod
     noch Priester werden.                getrieben haben?
                                          Die katholische Kirche, die
                                          wir gerade in Deutschland

26
erleben, ist wohl die Kirche der    für Gerechtigkeit und Liebe,
gegenwärtigen Kirchenführer,        die auf keine andere Weise zu
es ist „ihre“ Kirche, aber es ist   erlangen sind. Glaube braucht
nicht „Seine Kirche“, nicht die     Gemeinschaft.
Kirche Jesu Christi.
                                    Wir müssen gemeinsam in der
Seine Kirche ist diejenige, in      Kirche beten, und jeder einzelne
der seine Botschaft hinterlegt      muss selber denken.
ist und gelebt wird. Aus
dieser gewinnen wir unseren             Dr. Gerhard Leibold, Prof. em.
Glauben und die Maßstäbe
             __________________________________

  Vergebung, Vertrauen, Engagement in der Kirche

S   exuellen Missbrauch hat
    es leider überall in der
Gesellschaft    gegeben    und
es gibt ihn wahrscheinlich
immer noch. Dass er auch in
der Kirche geschah, dass den
Opfern oft weniger zugehört
wurde als den Tätern und
diese nicht konsequent bestraft,
ihrer    vermeintlichen   Reue
geglaubt und sie nicht von
Kindern ferngehalten wurden,
ist besonders schändlich. Es ist
besonders schändlich, weil die
kirchliche Gemeinschaft für              Herbert Bauernfeind
Werte steht.
                                    das   Unfassbare    möglichst
Die Empörung        in     der      ungeschehen und vor allem
Gesellschaft ist mehr als           nicht an die Öffentlichkeit
verständlich und sie ist auch       kommen lassen wollten.
innerhalb der Kirche und
in den Gemeinden deutlich           Leid tut mir aber der Umgang
hörbar. Es wird vermutet, dass      mit Papst Benedikt em., der
Verantwortliche in der Kirche       sicher auch in seiner Zeit als

                                                                         27
Erzbischof vor 40 Jahren nicht       Auch deshalb,
     konsequent genug gehandelt           - Weil ich viele Seelsorger
     hat. Ihn als Lügner hinzustellen,    kennengelernt habe, die sich mit
     halte ich für ungerecht. Dass er     Herzblut und voller Hingabe für
     sich als 94jähriger nicht mehr       die Sache des Evangeliums und
     an alle Details vor 42 Jahren        der Menschen in der Gemeinde
     erinnern kann, die man ihm in 80     einsetzen.
     Seiten langen Fragen gestellt hat,
     ist menschlich. Trotzdem wäre        - Weil die Pfarrgemeinde für
     eine sofortige Entschuldigung        viele eine Heimat im Glauben
     angebracht     gewesen,     auch     ist bzw. sein soll.
     wenn er nicht selbst an
     Entscheidungen beteiligt war,        - Weil Kardinal Marx das
     denn er trug mehrere Jahre die       Versagen und das Wegschauen
     Verantwortung. Sein Bedauern         der Kirche ehrlich eingestanden
     und     seine    Entschuldigung      und strukturelle Veränderungen
     geschahen leider erst verspätet.     hin zu einer synodalen Kirche
                                          versprochen hat.
     Um das verlorene Vertrauen in
     die nach wie vor gute Sache der      - Weil ich an diesen Wandel in
     kirchlichen Gemeinschaft wieder      der katholischen Kirche glaube
     schrittweise herzustellen, muss      und an schärfere Regelungen,
     jetzt nicht nur ein Reformwille      die sexuellen Missbrauch nicht
     spürbar sein, es müssen zügig        mehr möglich machen bzw.
     auch Reformen erfolgen, um           aufdecken und ihm begegnen
     entsprechendes      schändliches     können.
     Fehlverhalten      vorzubeugen.
     In den Diözesen müssen u.a.          - Weil auch Vergebung zum
     Machtstrukturen aufgebrochen         Christsein gehört. Jesus sagt:
     und die Organisation und             „Wer von euch ohne Sünde ist,
     Leitung durch sogenannte Laien       der werfe den ersten Stein“.
     ergänzt werden.
                                          - Weil Kirche kein Verein ist,
     Dass dies geschieht, darauf          in den man abwechselnd ein-
     vertraue ich und will mich weiter    und austreten kann. Glaube
     intensiv in der Pfarrgemeinde        und kirchliche Gemeinschaft
     engagieren.                          gehören nach meiner Meinung
                                          zusammen.

                                                       Herbert Bauernfeind

28
„Ich glaube an die heilige, katholische Kirche …“

K   ann man so heute noch be-
    ten? Ja, durchaus. Denn
die Heiligkeit der Kirche hängt
nicht von der Fehlerlosigkeit ih-
rer Mitglieder ab, auch nicht der
Amtsträger, sondern sie stammt
von Gott.

Dies ist auch das Thema des
lesenswerten Romans von Gra-
ham Greene, „The Power and
the Glory“, der zur Weltliteratur
gezählt wird. In einem Mexiko
nicht unähnlichen fiktiven Staat             Dr. Friederike Vogl
ist Anfang des 20. Jahrhunderts
ein Priester auf der Flucht vor der   Ja, wir alle litten und leiden mit
Glaubensverfolgung. Obwohl er         den Opfern des Missbrauchs
sich seiner Unwürdigkeit voll         und der sexuellen Gewalt, die
bewusst ist – er ist Alkoholiker      von Vertretern der Kirche ver-
und hat aus einer Beziehung zu        übt wurden.
einer Frau ein Kind – kann er
als geweihter Priester dennoch        Aber wir sollten auch all das
einem angeschossenen Verbre-          Gute nicht übersehen, das die
cher die Beichte abnehmen und         katholische Kirche leistet. Sie
ihn von der Schuld befreien.          ist Trägerin unzähliger karitati-
                                      ver Einrichtungen, Schulen und
So zeigt sich nach Graham Gree-       Kindertagesstätten.
ne in einer Kirche, die völlig da-
niederliegt, dennoch „die Kraft       In vielen afrikanischen Ländern
und die Herrlichkeit“ Gottes.         ist sie ein wichtiger oder sogar
Nach der Hinrichtung des Ar-          der wichtigste Bildungsträger.
me-Leute-Priesters endet der          Weil das staatliche Schulsystem
Roman mit einem Hoffnungs-            unzulänglich ist, bemühen sich
strahl: ein neuer Priester ist in     Pfarrer, Schulen auf Spenden-
der Stadt aufgetaucht.                basis zu bauen und zu unterhal-
                                      ten, (wie Pater Dr. Karl Wallner,
                                      Nationaldirektor von Missio Ös-
                                      terreich, wiederholt feststellt).

                                                                           29
Zusammen mit der Wohlfahrts-       mie bemerkte ich viele Personen
     organisation „Mary’s Meals“,       in unseren Garchinger Kirchen,
     die kostenlose Schulmahlzeiten     die ich nie in einem Gottesdienst
     zu Verfügung stellt, geben ka-     gesehen habe. Schon unsere
     tholische Schulen Hunderttau-      Vorfahren müssen dies erfahren
     senden von Kindern Hoffnung        haben, denn sie errichteten nicht
     und Zukunft.                       nur unsere Kirchen, sondern
                                        viele Wegkreuze und Kapellen
     In Kriegs- und Krisengebieten      in allen Winkeln und Ecken der
     zählen, wenn die Infrastruktur     Landschaft.
     Großteils zusammengebrochen
     ist, christliche Pfarreien und     Ich bin dankbar für die Sakra-
     Klöster oft zu den letzten ver-    mente der Kirche, die uns an
     bleibenden Anlaufstellen für       den markanten Stellen des Le-
     Notleidende, unabhängig von        bens begleiten und stärken. Ich
     jeder Religion. Wer sollte für     freue mich über unsere Kirchen,
     Nächstenliebe eintreten, wenn      die offen stehen für alle, die ihre
     nicht das Christentum?             Anliegen und Nöte vor Gott
                                        bringen oder auch nur zur Ruhe
     Wer oder was könnte die Kir-       kommen wollen. Sehr dankbar
     che ersetzen? Die Esoterik, eine   bin ich auch für die eucharis-
     andere Religion, der reine Hu-     tische Anbetung, die in St. Se-
     manismus, oder gar Konsum          verin an den meisten Freitagen
     und Wellness?                      stattfindet. Hier kann ich ganz
                                        konkret Gottes Gegenwart er-
     Papst Emeritus Benedikt hat        fahren. Dasselbe erleben auch
     in seinem ersten Band der Je-      die über 70 Teilnehmenden, die
     sus-Trilogie „Jesus von Naza-      diese Gebetsform seit vielen Jah-
     reth“ treffend formuliert: „Was    ren mittragen. „Neue“ sind üb-
     hat uns Christus eigentlich        rigens jederzeit willkommen.
     gebracht? Er hat uns Gott ge-
     bracht.“ Genau das tut auch die    Wir befinden uns in der Fas-
     Kirche.                            tenzeit. Noch immer belastet
                                        uns die Coronapandemie. Dazu
     Natürlich kann man auch im         kommen - wer hätte es im Ad-
     Wald beten oder beim Bügeln.       vent noch für möglich gehal-
     Aber es fehlt doch das konkrete    ten – Krieg und Kriegsgefahr.
     Gegenüber, das ich in der Kir-     Am Aschermittwoch erging an
     che vor dem Tabernakel finde.      uns der Ruf: „…kehrt um zum
     Gerade in der Zeit der Pande-      HERRN, eurem Gott!“ (Joёl

30
So dürfen wir auch dieses Jahr
                                      wieder auf Ostern zugehen,
                                      dem Hochfest der Christenheit.
                                      Ich werde es mit und in der
                                      Kirche feiern. Die Zusage Jesu,
                                      Er werde bei seiner Kirche sein
                                      „alle Tage bis zum Ende der
                                      Welt“ (Mt 28,20b) gibt Kraft
  Mary‘s Meals - Schulspeisung        und Mut. Papst Franziskus lädt
                                      uns in seinem Brief „An das pil-
2,13) Ja, erneuern wir unsere         gernde Volk Gottes in Deutsch-
Beziehung zu Gott! Ich bin über-      land“ vom 29.6.2019 ein, „die
zeugt von der Macht des Gebe-         Freude am Evangelium wieder-
tes. Durch das vereinte Gebet         zugewinnen, die Freude, Christ
vieler, zusammen mit der Für-         zu sein.“
sprache der Gottesmutter Maria,
wurden Türkenkriege beendet,          Diese Freude wünsche ich allen
die Pest besiegt und Österreich       Lesern des Pfarrbriefs. Ein ge-
als souveräner Staat anerkannt.       segnetes Osterfest!

                                                    Dr. Friederike Vogl
          ________________________________________

   Katholische Kirche - Synode und Veränderungen

B   ei der Eröffnung der
    Weltsynode       im    Herbst
2021 unter dem Titel „Für eine
                                      so Franziskus. Der Prozess
                                      solle „nicht eine andere Kirche“
                                      ergeben, sondern eine Kirche,
synodale Kirche: Gemeinschaft,        „die verschieden ist“, die sich
Teilhabe und Sendung“ hat             unterscheidet.
Papst Franziskus alle zur
Teilnahme aufgerufen. Zwar            Ich halte viel vom deutschen
gebe es Fortschritte im Bereich       Synodalen Weg. Er soll der
Partizipation; aber „wir können       gemeinsamen      Suche      nach
nicht umhin, das Unbehagen und        Antworten auf die gegenwärtige
Leid vieler pastoraler Mitarbeiter,   Situation dienen und nach
der partizipativen Organe in den      Schritten zur Stärkung des
Bistümern und Pfarreien und           christlichen Zeugnisses. Er wird
der Frauen“ zu registrieren,          getragen von der Deutschen

                                                                          31
Bischofskonferenz und dem          In    den    Bistümern    sollte
     Zentralkomitee der deutschen       bereits jetzt alles verfügt
     Katholiken (ZdK).                  werden, was kirchenrechtlich
                                        möglich ist. Deutliche Zeichen
     Diese „deutsche Synode“ ist        müssen sichtbar werden: In
     umso wichtiger, um durch           der Einbindung von Laien
     Veränderungen auch deutliche       und selbstverständlich auch
     Zeichen zu setzen, dass man        Frauen in die Personalleitung,
     aus dem Missbrauchsskandal         die Möglichkeit der Predigt
     gelernt hat.                       für    pastorale    Mitarbeiter,
                                        auch       Gemeindereferenten,
     Unterhalb der gemeinsamen          die schrittweise Öffnung des
     Glaubenssätze muss meiner          Diakonatsamts für Frauen, und
     Meinung nach in der kath.          schließlich die Abschaffung
     Kirche das Subsidiaritätsprinzip   des Pflichtzölibats. In einem
     (Eigenverantwortung in den         weiteren Reformprozess halte
     Bistümern und Gemeinden)           ich auch die Öffnung des
     verstärkt angewandt werden.        Priesteramts für Frauen für
     Dieses Prinzip ist ja im           unausweichlich.
     christlich-sozialen      Denken
     entstanden und längst das          Der     Diözesanbischof    (wie
     Grundprinzip der kommunalen        unser Kardinal Marx) hat
     Verwaltung gegenüber der           meiner Meinung nach bereits
     staatlichen Verwaltung. Auch       jetzt    Möglichkeiten,     um
     das        Opportunitätsprinzip,   beispielsweise        pastorale
     das Ermessen (Beurteilungs-        Mitarbeiter zum Predigen und
     spielraum) muss viel stärker       zur Spendung von Sakramenten
     als bisher in der Diözesanpraxis   zu beauftragen. Er sollte alle
     wirken.                            seine jetzt schon vorhandenen
                                        Kompetenzen ausschöpfen.
     Es     müssen      Eigenverant-
     wortlichkeit und Entscheidungs-    Wo sie kirchenrechtlich noch
     räume der Kirchenleitungen         nicht vorhanden sind, sollten
     vor Ort gestärkt werden.           sie weltkirchlich (Weltsynode)
     Nur so kann die Nähe zu            gefordert und versucht werden,
     den      Menschen      bewahrt,    sie in den sogenannten Canons
     auf    ihre   unterschiedlichen    zu verankern.
     Lebenssituationen sowie auf
     unterschiedliche Gesellschaften                 Herbert Bauernfeind
     in den Ländern reagiert werden.

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