SCHWEIZ IMMOBILIA - SVIT Schweiz
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# 01 — JANUAR 2020 — 87. Jahrgang / Erscheint monatlich / CHF 7.– / www.svit.ch SC HW E IZ IMMOBILIA FOKUS ALEX SCHMID ÜBER DIE VORTEILE VON CHATBOTS 04 IMMOBILIEN- WIRTSCHAFT UNGÜNSTIGE MIKROLAGEN VON VERKAUFSFLÄCHEN 16 BAU & HAUS MODERNER HOLZBAU IM WALLFAHRTSORT HERGISWALD 28 BOTS UNTERSTÜTZEN BEWIRTSCHAFTER
EDITORIAL VON—ANDREAS INGOLD Software-Gesamtlösung für das Immobilien- management HETZE GEGEN DAS GRUNDEIGENTUM Abacus Forum – Arbeitszeiterfassung 12.03.2020 in WittenbachSG Wer geglaubt hat, die Volksabstimmung über die Mieterverbandsinitiative vom 9. Februar sei 25.03.2020 in Olten für Immobilienwirtschaft, Eigentümer und Ver- 22.04.2020 in Bern mieter ein Spaziergang, reibt sich die Augen. Die Anmeldung abacus.ch/forum SRG-Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern – durchgeführt in der ersten Dezemberhälfte 2019 – attestiert der Initiative einen guten Start in den Abstimmungskampf. 66% der Befragten sind «bestimmt dafür» oder «eher dafür». Der Vorsprung der Ja-Seite beträgt derzeit nicht we- niger als 36 Prozentpunkte auf das Nein-Lager. ICH RUFE DIE IMMOBI- LIENWIRTSCHAFT AUF, SICH AKTIV AN DER ABSTIMMUNGS DISKUSSION ZU BETEILIGEN. ANDREAS INGOLD Zwar ist die Debatte erst im Januar in Schwung gekommen. Erfahrungsgemäss büsst je- de Initiative mit zunehmender Dauer Boden ein, und schliesslich ist mit dem Ständemehr eine ho- he Hürde zu nehmen. Doch darauf verlassen wür- de ich mich nicht. • Verwaltung von Mietliegenschaften, Die Umfrageergebnisse geben mir zu denken. Stockwerkeigentümergemeinschaften Die polemischen Argumente und falschen Ver- und Wohnbaugenossenschaften sprechungen der Initianten verfangen leichter, • Prozessorientierte Programmassistenten als die breit abgestützten Fakten unseres Nein- • Individuell gestaltbare Masken Komitees zu überzeugen vermögen. Eine Unter- suchung des SVIT Schweiz zeigt, dass die Schwei- • Elektronische Ablage sämtlicher Dokumente zer Haushalte im Durchschnitt weniger fürs • Mobile Wohnungsübergabe inkl. Abnahme Wohnen ausgeben als noch im Jahr 2000. Dies protokoll auf iPad wird von den Initianten ausgeblendet. Wenn ausserdem in einigen wenigen Städten ein Nach- www.abacus.ch frageüberhang besteht, so ist das gerade ein Argu- ment gegen die Initiative, die einen flächende- ckenden Anteil gemeinnütziger Wohnungen am Neubau fordert – also auch in der Peripherie, wo ein ausreichendes, günstiges Wohnungsangebot besteht. «Spekulanten stoppen!» lautet der Slogan der Befürworter – «Spekulanten, die immer höheren Renditen nachjagen». Diese Hetze dürfen wir nicht unkommentiert lassen. Sie ist nicht weni- ger als ein Frontalangriff gegen das Grundeigen- tum und ein Aufruf zur schrittweisen Verstaatli- chung des Mietwesens. 2
INHALT IMMOBILIA —INHALT NR. 01 JANUAR 2020 FOKUS 04 «EIN BOT IST WIE EIN KLEINES KIND» Mithilfe von Chatbots können Immobilienbewirtschafter kostbare Zeit spa- ren. Alex Schmid, Mitgründer des Unternehmens Immobilienbot, erklärt ih- re Vorzüge im Detail. IMMOBILIENWIRTSCHAFT 12 BEWIRTSCHAFTER DRINGEND GESUCHT Der «Fachkräftemangel» sorgt auch in der Immobilienbranche für Schlag- 10 zeilen. Besonders gesucht sind nach wie vor Bewirtschafter mit einem eid- genössischen Fachausweis. 14 DIGITALE PROZESSE BRINGEN RUHE IN DIE BUDE POLITIK Massgeschneiderte Softwarelösungen schaffen Freiraum – und die Digita- MEHR PREISGÜNSTIGE lisierung eröffnet Hauseigentümern, Mietern und Verwaltungen ganz neue Perspektiven. WOHNUNGEN 18 TOP 10 DIGITAL REAL ESTATE DER ONLINE-WOHNUNGSINDEX DES SVIT SCHWEIZ Die Bau- und Immobilienwirtschaft setzt sich intensiv mit der Digitalisie- ATTESTIERT DEM MIETWOHNUNGSMARKT EINE rung auseinander. Die exklusive Auswahl «Top 10» zeichnet die besten Tools WEITERE ENTSPANNUNG, VOR ALLEM IM SEGMENT aus – angefangen bei BIM bis zur Digitalisierung beim Recycling. DER KLEINEN GÜNSTIGEN WOHNUNGEN. 22 DER MONAT IN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT IMMOBILIENRECHT 26 RICHTERLICHER SEGEN FÜR WOHNINITIATIVE Das Urteil aus Lausanne erteilt der Umsetzung der Berner Bauordnung grünes Licht. Ob damit eine Grundlage zur staatlichen Förderung von preis- günstigen Mietwohnungen geschaffen wurde, wird sich zeigen. BAU & HAUS YNTHESE AUS GEMÜTLICHKEIT UND HIGHTECH 32 S Die moderne Architektur ist geprägt von den Werkstoffen Stahl, Glas und Beton. Als Material der Zukunft allerdings gilt Holz. Neue digitale Planungs- 16 methoden vereinfachen den Umgang mit dem Rohstoff enorm. IMMOBILIENBERUF IMMOBILIENWIRTSCHAFT INE OFT UNTERSCHÄTZTE SCHLÜSSELFIGUR 34 E Es gibt Stararchitekten, Totalunternehmer und Bauherrenvertreter – aber ERDGESCHOSS- gibt es auch Star-Bauherren? Denkt man bei ihm nicht eher an eine graue NUTZUNG IM WANDEL Maus oder Eminenz? Oder allenfalls an einen Alleinherrscher? 37 SEMINARE UND TAGUNGEN «HANDEL IM WANDEL» BEDEUTET FÜR VERMIE- TER, SICH AUF NEUE ZIELGRUPPEN MIT TIEFERER 38 KURSE DER SVIT-MITGLIEDERORGANISATIONEN WERTSCHÖPFUNG UND VERÄNDERTEN FLÄCHEN- VERBAND ANFORDERUNGEN EINZUSTELLEN SOWIE VER- KAUFSFLÄCHEN AN UNGENÜGENDEN LAGEN GUT GEMEINT IST NICHT IMMER EFFIZIENT» 40 « ZU REPOSITIONIEREN. Je stärker die staatlichen Eingriffe sind, desto besser sollten diese auf Stufe Gesetz oder gar Verfassung festgelegt werden. Dieses Vorgehen bürge für ei- ne demokratische Legitimierung, sagt Strategieberater Urs Hausmann. CHNELLER ZUGRIFF AUF REGELN,GESETZE UND NORMEN 41 S In den letzten zwei Jahren hat die Kammer unabhängiger Bauherrenberater KUB vier Merkblätter zu wichtigen Themen im Planungs- und Bauprozess verfasst. Sie stehen allen Interessierten kostenlos zur Verfügung. 42 HNE FLEISS KEIN PREIS O Wertschätzung für die besten Lernenden der Ostschweiz: Vier junge Berufs- leute haben vom SVIT Ostschweiz ihre Urkunde für die erfolgreich bestan- dene Lehrabschlussprüfung erhalten. 28 43 « ICH ARBEITE IMMER NACH DEM OPTIMUMPRINZIP» Diana Asani hat mit der Abschlussnote 5,3 die beste Lehrabschlussprüfung der Ostschweiz hingelegt. Im Interview erzählt sie, was sie an der Immobi BAU & HAUS lienbranche schätzt. DREI SCHICHTEN UND 44 A LTE KONZEPTE NEU ENTDECKT Ein Blick in die Vergangenheit, der Anbau des Zürcher Landesmuseums und TROTZDEM EINE EINHEIT die täglichen Herausforderungen rund ums Facility-Management faszinier- IM WALLFAHRTSORT HERGISWALD HAT GION A. ten am diesjährigen «Good Morning FM». CAMINADA MIT EINEM ERSATZNEUBAU FÜR DAS 46 M EINES, DEINES ODER UNSERES? ALTE GASTHAUS EINEN BEMERKENSWERTEN HOLZ- Was gehört mir und was gehört allen? Eine Frage, die in der Immobilien- BAU REALISIERT. FÜR DEN ARCHITEKTEN WAR DER wirtschaft lange kein Thema war, bis in Europa die Forderung nach Enteig- BEZUG ZUM LOKALEN EIN MUSS. nung laut wurde. Bröckelt das Eigentumsrecht auch in der Schweiz? STANDARDS: STELLENMARKT 27 / MARKTPLATZ & PRODUKTE-NEWS 47 / BEZUGSQUELLENREGISTER 50 / ADRESSEN & TERMINE 53 / ZUGUTERLETZT & IMPRESSUM 54
FOKUS INTERVIEW DIGITALISIERUNG Ob beim Mietersupport oder bei der Beantwortung von Standardanfragen – mithilfe von Chatbots können Bewirt- schafter kostbare Zeit sparen. Alex Schmid, Mitgründer des Unternehmens Immobilienbot, erklärt ihre Vorzüge im Detail. INTERVIEW—DIETMAR KNOPF* FOTOS—URS BIGLER Welchen Mehrwert bietet Ihr Unternehmen Immobilienbot? Alex Schmid: Das Unternehmen Immobilienbot ist als eine Ergänzung der digitalen Plattform The SmarterPlace entstanden, die wir vor drei Jahren gegründet haben. Unser Ziel ist es, die Immobilien- bewirtschafter mithilfe von Chatbots zu entlasten. Da das Tagesgeschäft der Bewirtschafter überwie- gend aus Anfragen mit ähnlichen Kommunikations- mustern besteht, haben wir uns überlegt, wie sich diese Muster digital abbilden lassen. Unsere Dienst- leistungen können Effizienzgewinne bis zu 30 Pro- zent generieren. Diese Zahlen beruhen auf Auswer- tungen von Banken und Versicherungen, wo Bots, was eine Abkürzung von Robot bedeutet, schon län- ger eingesetzt werden. ANZEIGE IMMOBILIA / Januar 2020 5
FOKUS INTERVIEW DIGITALISIERUNG Wie hoch sind die Kosteneinsparungen Fragen können Bots, die auf den Websites der Un- BIOGRAPHIE gegenüber normalen Papierlösungen? ternehmen oder über Apps aufgerufen werden, be- ALEX SCHMID Unsere Lösungen haben wenig mit Papierlösungen antworten. Erst in einem zweiten Schritt, wenn der (*1961), in Männedorf, zu tun. Immobilienbot setzt bei der täglichen Tele- Bot keine Antwort geben kann, kommt die Bewirt- ist Sprach- und Be- fonkommunikation eines Bewirtschafters mit den schaftung wieder ins Spiel. triebswissenschafter Mietern an. Dabei geht es zum Beispiel um Fragen, Wer sind Ihre Kunden? sowie Unternehmer im Digitalbereich. Nach wie der Hauswart heisst oder wann die Abfall Die meisten unserer Kunden sind Immobilienmak- dem Studium der Philo- entsorgung das nächste Mal kommt. Solch einfache ler und mittelgrosse Unternehmen der Immobili- sophie, Germanistik enbewirtschaftung. und Psychologie an der Universität Zürich ar- Wie reagieren «ältere» Kunden auf den beitete er als Wirt- elektronischen Ansprechpartner? schaftsjournalist und Die elektronischen Kommunikationsmittel, wie Redaktor bei der Zuger Zeitung, der Handels- beispielsweise Whatsapp, sind inzwischen in der zeitung und der Swiss- Mitte der Gesellschaft angekommen. Das heisst, com. Nach der Mitar- auch 60-Jährige können mit Bots umgehen, die Al- beit in einem tersgruppen darüber brauchen gelegentlich etwas Immobilien-Start-up und der Gründung ei- Starthilfe. nes Unternehmens für Wie funktioniert ein Chatbot? Simulation im 2003 Ein Bot ähnelt einem kleinen Kind, das erst etwas gründete er 2017 die Immobilienplattform lernen muss, bevor es Fragen beantworten kann. TheSmarterPlace und Das heisst, je grösser und präziser die Datenmenge 2018 das Start-up Im- ist, mit der wir einen Bot «füttern», desto mehr Ant- mobilienbot. worten kann er geben. Dies bedeutet wiederum, ein Bot lernt nie aus, sondern wird immer besser, je län- ger er in Betrieb ist. 6 IMMOBILIA / Januar 2020
WIR BIETEN CHATBOTS FÜR KLEINERE BIS MITTLERE IMMOBILIEN UNTERNEHMEN AN. Wer entscheidet, womit die Bots ge- Wie reagieren die Bots auf Fragen, füttert werden, und wer übernimmt auf die sie keine Antwort haben? diese Aufgabe? Es ist ein wichtiger Teil unserer Kundengespräche, Die Entscheidung liegt in den meisten Fällen bei wie viel Bots wissen sollen. Was genau soll er preis- den Marketing- und IT-Verantwortlichen der Un- geben? Ab einer bestimmten Stufe an Komplexität ternehmen. Das generelle Sprachverständnis der kommt dann zum Beispiel die Antwort: «Es tut mir Bots, das zum Beispiel ein Hund ein Tier ist, stammt leid. Ich kann Ihnen nicht mehr weiterhelfen. Bitte aus spezialisierten Datenbanken. Durch sie be- wenden Sie sich an Frau oder Herr XY.» Manche kommt der Bot sein Grundvokabular. Wir sorgen Nutzer wollen ihn ärgern und fragen nach dem Wet- dann für immobilienspezifische Anpassungen wie ter. Dann antwortet er: «Es tut mir leid, ich kann nur zum Beispiel: Wie viele Zimmer hat eine Liegen- Fragen über Immobilien beantworten.» schaft? Aus welchem Material bestehen sie? Mit den Chatbots bieten Sie Ihren Welche Informationen stecken in dieser Kunden einen 24-Stunden-Service. immobilienspezifischen Datenbank? Funktioniert dieser Service auch Ein Grossteil der Informationen besteht aus ge- ohne Mitarbeiter? scannten Immobiliendokumenten verschiedenster Für Standardanfragen, ja. Da fast alle Bots über die Art, die mithilfe von künstlicher Intelligenz nach Websites der Unternehmen laufen, können die Nut- Keywords durchsucht und aufbereitet werden. Die- zer auch morgens um 2 Uhr noch Dokumente bestel- se Schlagwörter dienen als Basiskommunikation len oder Fragen stellen. Allerdings machen Anfragen für spätere spezialisierte Chatbots. Alle Bots basie- in der Nacht nur rund 20 Prozent aller Anliegen aus. ren auf dem gleichen Prinzip: Je mehr Keywords, Der Einsatz von Bots verschafft den Sätze und mögliche Fragen sie kennen, desto Immobilienbewirtschaftern mehr freie Zeit. umfangreicher sind ihre Antworten. Was fangen sie damit an? IMMOBILIA / Januar 2020 7
Der Immobilien- Dienstleister Wincasa bietet Ihnen ein umfassendes Dienstleistungsportfolio – mit der Expertise von 920 Spezialisten an 28 Standorten. Für uns sind strategische Beratung und Positionierung, Planung, Bau, operativer Betrieb, Revitalisierung und Repositionierung einer Immobilie keine isolierten Abläufe, sondern zentrale Schritte auf dem Weg zu einem erfolgreichen Gesamtprojekt. www.wincasa.ch
FOKUS INTERVIEW DIGITALISIERUNG BOTS TRETEN IN VERSCHIEDENEN ROLLEN AUF, JE NACH DEN KOM- MUNIKATIONSBE- DÜRFNISSEN DES UNTERNEHMENS. Unsere Meinung ist, dass die gewonnene Zeit für trägt die Verantwortung dafür, welche Daten es sei- produktivere Tätigkeiten eingesetzt werden sollte. nen Kunden zur Verfügung stellen will. Das könnten längere Kundengespräche am Telefon Wie wird sich der Einsatz von künstlicher sein oder administrative Arbeiten, die bisher zu Intelligenz in der Immobilienwirtschaft kurz kamen. weiterentwickeln? Wie werden die Daten ausgewertet? Ich denke, dass künstliche Intelligenz auch in der Einerseits werten wir Gespräche aus, damit die Be- Immobilienwirtschaft in Zukunft eine zentrale wirtschafter nachvollziehen können, worüber ge- Rolle spielen wird, weil sie verbesserte Effizienz sprochen wurde. Andererseits lernen wir – und un- und Automatisierung bietet. Andere Wirtschafts- sere Datenbank – , welche Themen unsere Kunden zweige sind uns in diesem Bereich bereits einige beschäftigen, und können die Bots dementspre- Schritte voraus. chend vorbereiten. Dies aber alles immer unter Be- Was waren Ihre wichtigsten beruflichen rücksichtigung der Data Privacy. Stationen vor der Firmengründung? Können Sie die Bots vor Datenmissbrauch Aufgrund meiner verschiedenen Interessen bin ich schützen? keinem geraden Berufsweg gefolgt. Ursprünglich ha- Während eines Chats können Bots nicht miss- be ich Germanistik und Philosophie studiert und ha- braucht werden. Sie können nicht mehr preisgeben be auch im Medien- und Immobilienbereich gearbei- *DIETMAR KNOPF als das, was sie gelernt haben. Und da wir nur als Ver- tet. Weil mich neben Sprachen schon immer auch Der diplomierte mittler auftreten, also die Unternehmen die Daten Computer interessiert haben, bin ich glücklich darü- Architekt ist zur Verfügung stellen, sind wir nur für technische Da- ber, dass ich nun mit der Gründung von Immobilien- Chefredaktor der tenmissbräuche verantwortlich. Jedes U nternehmen bot beide Vorlieben miteinander verknüpfen kann. Zeitschrift Immobilia. IMMOBILIA / Januar 2020 9
IMMOBILIENPOLITIK MIETWOHNUNGSMARKT Der Online-Wohnungsindex OWI des SVIT Schweiz verzeichnet von Oktober 2018 bis DER WOHNUNGSMARKT September 2019 6,4% mehr Wohnungsinse- rate als im Vorjahr. In 10 von 12 untersuchten ENTSPANNT SICH WEITER Schweizer Städten nimmt das Angebot im Segment der preisgünstigen Wohnungen zu. TEXT—IVO CATHOMEN* LÄNGERE INSERTIONSZEITEN Erneut fanden Vermieter in Zürich, zum Teil deutlich. Diese Entwicklung weist IN DER HÄLFTE DER STÄDTE Bern, Genf und Lausanne mit 18, 20 und je auf eine Entspannung in diesem vormals an- Die Zahl der im Internet inserierten 22 Tagen am schnellsten einen Mieter. Am gespannten Marktsegment hin. Prof. Dr. Pe- Mietwohnungen ist in der Periode von Ok- längsten mussten sich Vermieter wieder- ter Ilg, Leiter des Swiss Real Estate Instituts, tober 2018 bis September 2019 gegenüber um in Lugano (57 Tage) und St. Gallen (36 sieht für diese erfreuliche Entwicklung vor dem Vorjahreszeitraum um 6,4% auf rund Tage) gedulden. Bemerkenswert ist die Si- allem zwei Gründe: «Investoren und Pro- 400 000 Mietwohnungsinserate gestiegen. tuation in Lugano. Trotz rekordhohen In- jektentwickler haben zusehends erkannt, Trotz der Angebotsausweitung blieb die sertionszeiten kommen dort Jahr für Jahr dass es möglich ist, auch in Städten günstige durchschnittliche Insertionsdauer landes- deutlich mehr Mietwohnungen auf den Wohnungen zu bauen, wenn sie dafür etwas kleiner sein können. Die Mieter ihrerseits sind bereit, an zentralen Lagen auf Wohnflä- che zu verzichten, wenn die Mietzinse dafür «Heatmap» – durchschnittliche Insertionsdauer pro Kanton tiefer und die Wohnungsgrundrisse gut durchdacht sind, indem zum Beispiel eine SH: 53 kleinere, dafür offene Küche oder ein kleine- Insertionstage BS: 30 BL: 45 res Schlafzimmer angeboten wird.» TG: 46 SO: 51 AR: 57 15–20 AG: 44 ZH: 27 ZUNEHMENDE NACHFRAGE 21–25 JU: 45 NACH MIETWOHNUNGEN 26–30 ZG: 17 31–35 SG: 44 AI: 46 11 der 12 untersuchten Städte weisen ei- LU: 34 36–40 ne zunehmende Nachfrage auf. Je nach NE: 45 NW: 34 SZ: 39 41–45 Entwicklung des Angebots verlängerte 46–50 UR: 48 oder verkürzte sich dadurch die Insertions- GL: 49 51–55 BE: 34 zeit. Einzig Neuenburg liegt im Bereich der FR: 31 OW: 29 56–60 VD: 28 GR: 39 abnehmenden Nachfrage. Trotz einer deut- 61–65 lichen Reduktion der Zahl ausgeschriebe- ner Wohnungen ging die Insertionszeit TI: 59 nicht zurück, sondern verlängerte sich GE: 23 VS: 37 noch zusätzlich. RÜCKLÄUFIGE INSERTIONS ZEITEN IN 16 KANTONEN In der Mehrheit aller Kantone verkürz- ten sich die Insertionszeiten teilweise deutlich, in 9 Kantonen dehnten sie sich Die Hotspots des vergangenen Jahrs sind auch jene des Berichtsjahres: moderat aus. Im Kanton Zug sind die Miet- Die Kantone ZG, ZH, GE und VD waren die Kantone mit den kürzesten Insertionszeiten. wohnungen nach Massgabe der Insertions- zeiten am knappsten (17 Insertionstage), im Tessin ist das Überangebot am grössten (59 Insertionstage). Die markanteste Ver- kürzung der Insertionszeit weisen die peri- weit bei 35 Tagen konstant. Dies weist auf Markt. Im Mittelfeld zwischen 23 Tagen pheren Kantone Obwalden (–13 Tage), Ap- eine ebenfalls gestiegene Nachfrage nach- (Winterthur) und 31 Tagen (Neuenburg) penzell Innerrhoden (–10 Tage) und Glarus Mietwohnungen hin. bewegten sich die Ausschreibungszeiten (–8 Tage) auf. Die ausgeprägtesten Verlän- Der vom Schweizerischen Verband der der übrigen 6 Städte. Eine deutliche Ver- gerungen der Ausschreibungszeit verzeich- Immobilienwirtschaft SVIT Schweiz und kürzung der Ausschreibungszeit verzeich- neten die Kantone Neuenburg (+8 Tage) dem Swiss Real Estate Institute der HWZ nete Chur, wo sich die mittlere Insertions- und Solothurn (+5 Tage). Die unterschiedli- halbjährlich veröffentlichte Online-Woh- dauer seit 2017 sukzessive um 14 auf 27 che Entwicklung von Städten und Kanto- nungsindex OWI zeigt, dass im Berichts- Tage verkürzte. nen kann dahingehend interpretiert wer- jahr von 1. Oktober 2018 bis zum 30. Sep- den, dass sich die Nachfrage von den Städten tember 2019 eine steigende Nachfrage das MARKT FÜR PREISGÜNSTIGE in die Regionen verlagert. deutlich ausgeweitete Angebot an Miet- WOHNUNGEN ENTSPANNT SICH wohnungen gut aufnahm. Die Vermieter Im Segment der preiswerten Wohnungen mussten mit 35 Insertionstagen eine Woh- mit einem monatlichen Bruttomietzins von nung gleich lang im Internet inserieren wie unter 1500 CHF verlängerte sich die mittle- *IVO CATHOMEN in der Vorjahresperiode (1. Oktober 2017 – re Insertionszeit während der vergangenen Dr. oec. HSG, ist Herausgeber der 30. September 2018). zwei Jahre in 10 der 12 untersuchten Städte Zeitschrift Immobilia. 10 IMMOBILIA / Januar 2020
KURZMELDUNGEN ANZEIGE QD SCHWEIZ VERWENDUNG NICHTEINTRETEN VON RECYCLING- AUF RPG2 BAUSTOFFEN Die grosse Kammer hat in Der Bund soll künftig, wenn der Wintersession eine weitere möglich, im Hoch-, Tief- und Teilrevision des Raumpla- Strassenbau Recycling-Bau- nungsgesetzes mit 108 zu 83 stoffe verwenden. Das fordert Stimmen bei 6 Enthaltungen die grosse Kammer. Sie hat ei- abgelehnt. Sie folgte dem An- ne Motion von alt Nationalrat trag der vorberatenden Raum- Peter Schilliger (FDP, LU) still- planungskommission, nicht schweigend angenommen. Der auf die Vorlage einzutreten. Die Vorstoss geht nun an den Stän- Kommission sieht zwar Hand- derat. Der Bundesrat unter- lungsbedarf, hält die Pläne des stützt das Anliegen. Damit Bundesrats aber für den fal- könnten einheitliche Stan- schen Ansatz. Sie hält insbe- dards beim Einsatz von Recyc- sondere den vom Bundesrat vorgeschlagenen Planungs- ling-Baustoffen etabliert wer- den. Dies würde den Einsatz workflow und Kompensationsansatz für dieser Baustoffe für private nicht umsetzbar. Bauherren vereinfachen und REVISION DES STWE-RECHTS attraktiver machen, schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf die Motion. dms Der Nationalrat ist in der Wintersession dem Ständerat FRISTVERLÄNGE gefolgt und hat die Motion «55 RUNG FÜR NEUE mobile Jahre Stockwerkeigentum – HAFTUNGSREGELN Zeit für ein Update» von Stän- Die Behandlungsfrist für ei- derat Andrea Caroni (FDP, AR) ne parlamentarische Initiative angenommen. Damit wird von Petra Gössi (FDP, SZ) hat der Bundesrat in Überein der Nationalrat um zwei Jahre web stimmung mit seinem Antrag bis zur Wintersession 2021 beauftragt, die nötigen An verlängert. Die Initiative ver- passungen des Stockwerk langt verbindliche Haftungsre- eigentums (Art. 712a ff. ZGB) geln beim Kauf von Stockwerk- vorzuschlagen, um die Emp- eigentum. Bei Bauten, die fehlungen seines Berichtes weniger als ein Jahr vor dem vom 8. März 2019 umzusetzen. Handwechsel neu erstellt wor- Der Bundesrat muss nun in- den sind, soll der Käufer das QuorumDigital nert zwei Jahren eine Bot- Recht erhalten, vom Verkäufer schaft und einen Entwurf aus- die unentgeltliche Behebung arbeiten. von Mängeln zu verlangen. MASSNAHMEN REVISION DES SOFTWARE FÜR DIE PROFESSIONELLE GEGEN LITTERING DATENSCHUTZ- Der Nationalrat will gegen GESETZES BEWIRTSCHAFTUNG VON LIEGENSCHAFTEN das Littering vorgehen. Er hat Der Ständerat will den eine Motion von Jacques Bour- geois (FDP, FR) mit dieser For- Schutz persönlicher Daten ver- stärken und die Regeln für so- QUORUMSOFTWARE.CH derung stillschweigend ange- genanntes Profiling verschär- nommen. Der Vorstoss findet fen. Bei der Revision des auch Unterstützung vom Bun- Datenschutzgesetzes weicht er desrat. Dieser ist bereit, die Ge- damit von verschiedenen Be- setzgebung anzupassen, um schlüssen des Nationalrats ab. Massnahmen gegen das Litte- Unter anderem sieht die kleine ring ergreifen zu können. Dabei Kammer vor, dass zur Prüfung soll zwischen dem urbanen und der Kreditwürdigkeit keine Da- dem ländlichen Raum unter- ten herangezogen werden dür- schieden werden. fen, die älter als fünf Jahre sind. IMMOBILIA / Januar 2020 11
IMMOBILIENWIRTSCHAFT PERSONAL- UND STELLENSITUATION BEWIRTSCHAFTER Der «Fachkräftemangel» sorgt auch in der Immobilienbranche für Schlagzei- DRINGEND len. Besonders gesucht sind nach wie vor Bewirtschafter mit einem eidge- GESUCHT nössischen Fachausweis. TEXT—JÜRG ZULLIGER* 35 Qualifizierte Spezialisten sind heute sehr umworben – die Immobilienbranche wurde zum Arbeitnehmermarkt. BILD: PRIVERA / MANUEL STETTLER ABSCHLUSS MIT DIPLOM BEVORZUGT Gute Berufsleute im Bereich Bewirt- schaftung sind auf dem Stellenmarkt nach wie vor knapp. «Bei offenen Stellen für Im- mobilienbewirtschafter mit eidgenössi- Ähnlich tönt es bei der Livit in Zürich: Bewirtschaftung, sei es als Mitarbeiten- schem Fachausweis kann der Rekrutie- «Auf dem Arbeitsmarkt sind derzeit vor al- de in diesem Segment, als Teamleiter oder rungsprozess schon etwas länger dauern», lem besondere Immobilienspezialisten ge- mit einem eigenen Geschäft in der Bewirt- erläutert eine Sprecherin von Privera. Das- sucht, etwa Spezialisten für Gewerbeim- schaftung.» Auffallend viele davon hätten selbe gelte für gewisse Funktionen, die ei- mobilien.» Längere Rekrutierungsphasen sich das Ziel gesetzt, eher davon wegzu- nen Abschluss als Immobilientreuhän- würden auch für Fach- und Führungsfunk- kommen. Denn der Zeit- und Kostendruck der voraussetzen. Besonders gesucht seien tionen beobachtet. Vor allem die grösseren sei im Alltag enorm. So seien es nicht we- im Übrigen Assistentinnen und Assisten- professionellen Immobilienbewirtschaf- nige, die mit zusätzlichen Qualifikationen ten, die bereits erste Erfahrungen im Im- tungsfirmen setzen aufgrund der notori- oder mit Umschulungen ein neues Betäti- mobiliensegment gesammelt hätten. «Zu- schen Knappheit vermehrt auf die eigene gungsfeld ausserhalb der Bewirtschaftung dem sind auch Personen aus dem Bereich Nachwuchsförderung, auf interne Bewer- suchen. Laut Claudio Müller sind derzeit Finanzen für unsere Liegenschaftsbuch- bungen und Berufskarrieren innerhalb der auch gut qualifizierte Bauprojektleiter so- haltung gefragt», so die Sprecherin weiter. Firma. «Bei Livit können wir aufgrund un- wie Architekten mit praktischer Erfahrung serer Akademie und der Förderung unserer ausgesprochen gefragt. So gibt es nicht we- Mitarbeiter viele Stellen intern besetzen», nige Architekten, die eine Karriere auf betont die Sprecherin von Livit. Seiten von Immobilienfirmen und Inves- ANZEIGE Claudio Müller ist Leiter des Studien- toren anstreben. Wichtiges Erfolgskriteri- Konflikte im StWE mediativ klären gangs Masters of Advanced Studies in Re- um sei neben der fachlichen Grundausbild Mieterbetreuung für Sanierungen al Estate Management an der Hochschule als Architekt, dass diese «Berufsleute die Moderator / Mediator M.A. für Wirtschaft Zürich (HWZ) und bestä- Sprache der Auftraggeber und Investoren empfiehlt sich. Tel. 079 400 25 93 tigt diese Tendenz: «Nicht wenige Leu- verstehen». Kandidaten in anderen Berei- www.kreuzplatz-mediation.ch te, die unseren Studiengang absolvieren, chen – etwa im Portfolio- und Asset-Ma- verfügen über einen Hintergrund in der nagement – seien hingegen eher verfügbar. 12 IMMOBILIA / Januar 2020
10 SPEZIALISTEN VERZWEIFELT GESUCHT Ganz bestimmte Stellen mit Spezial- kenntnissen im Bereich Immobilien oder Bau sind nach wie vor schwer zu besetzen. Rolf Truninger, Geschäftsleiter des Bera- tungsunternehmens Qualicasa, sagt zum Beispiel: «Wir haben über mehrere Mo- nate vergeblich einen gut qualifizierten abei spielt wohl auch eine Rolle, dass in D Bauschadenexperten gesucht.» Qualica- den letzten Jahren das Ausbildungs- und sa erbringt für verschiedene Auftraggeber KARRIERE MIT EINEM MASTER Weiterbildungsangebot an Universitäten in der Bau- und Immobilienbranche Be- Dass sich eine solide Grundausbildung, und Fachhochschulen deutlich ausgebaut ratungsdienstleistungen und Expertisen. Zusatzqualifikationen und Investitionen worden ist. «Wir haben die vakante Stelle zunächst in die eigene Entwicklung bezahlt machen, auf verschiedenen Kanälen und in den so- bestätigt auch Claudio Müller: «Sämtliche SWISS PRIME SITE: zialen Medien ausgeschrieben», so Trunin- Kandidaten, die bei uns ein Master-Dip- SPEZIALISIERTE BERUFSBILDER ger. Die Stellenausschreibung sei von über lom erlangen, sind auf dem Stellenmarkt Swiss Prime Site, die grösste kotierte 2300 Personen gelesen worden, aber gera- der Immobilienbranche sehr gesucht.» Als Schweizer Immobiliengesellschaft, rek- de nur zwei Bewerber hätten sich tatsäch- Arbeitgeber käme die ganze Breite unter- rutiert vor allem heterogene und teils sehr lich gemeldet. Auch der Appell, dass Be- schiedlichster Akteure und Investoren in- spezialisierte Berufsbilder. Im Kernbe- rufsleute im Alter 50 plus ausdrücklich zur frage, etwa bei Immobilienunternehmen, reich sind dies vor allem Fachleute für Ak- Bewerbung eingeladen seien, blieb vorerst kotierten Gesellschaften, Immobilien-An- quisition & Sales, Development, Construc- ohne konkretes Ergebnis. lagestiftungen, Baugenossenschaften oder tion und Asset Management. Es sei aber Rolf Truninger kann sich dies nur so öfters auch bei der öffentlichen Hand. Auf- nicht so, dass laufend eine grössere Zahl erklären, dass sich Architekten oder Be- fallend ist auch folgende Beobachtung: Der neuer Bewerber gesucht sei, präzisiert Pe- rufsleute vom Bau die Aufgabe wohl nicht Master of Advanced Studies in Real Esta- tra Weigert, Leiterin Human Resources: zutrauten. Dabei wäre der Arbeitgeber ge- te Management eröffnet oft schon wäh- «In jüngster Zeit haben wir vor allem ein- willt, den betreffenden Kandidaten gründ- rend des Lehrgangs neue Karriereper zelne spezifische Kompetenzen ausgebaut lich intern zu schulen und zu qualifizieren, spektiven und öffnet Türen. Laut Claudio und gestärkt.» Dazu zählen unter anderem um eine Zertifizierung als Gerichtsexperte Müller wechselt nämlich rund ein Drittel Asset Manager mit ganz bestimmten Zu- zu erlangen. Generell stellt Rolf Truninger der Studierenden schon während der Wei- satzkenntnissen und Fähigkeiten, etwa im fest, dass in weiten Teilen der Immobilien- terbildung den Arbeitgeber. Fazit: Sich zu- Bereich Recht, Bewirtschaftung oder Bau. branche heute ganz spezifische Anforde- sätzliches Know-how anzueignen und hö- Auch Swiss Prime Site erkennt soge- rungen gesucht sind. Früher sei es im Hu- here Ziele anzustreben, ist der Attraktivität nanntes Employer-Branding als Aufgabe, man-Ressources-Bereich weit verbreitet auf dem Arbeitsmarkt sehr förderlich. Die bei der es darum geht, das Unternehmen gewesen, dass man die gängigen Berufsbil- meisten Studierenden können problemlos als attraktive Arbeitgebermarke zu positio- der direkt mit Abgängern der Berufsschu- weitervermittelt werden und erhalten dank nieren und die verschiedenen Berufsbilder len und anderer Institutionen besetzen des Lehrgangs Zugang zu wertvollen Kon- bekannt zu machen. Das Ziel lautet, fähi- konnte. «Das ist heute je länger desto we- takten und Karrierechancen. ge Berufsleute zu gewinnen und längerfris- niger der Fall», stellt Rolf Truninger fest. In tig im Betrieb zu halten. «Wir werden die- mehr als der Hälfte der Fälle würde Quali- *JÜRG ZULLIGER ses Thema ab diesem Jahr neu aufsetzen», casa heute Berufsleute rekrutieren, diesen Der Autor, lic. phil. I, ist Fachjour- erläutert Petra Weigert. Dabei setzt SPS das nötige Rüstzeug dann aber «on the Job» nalist und Buchautor mit dem auch «auf die bestehende Belegschaft als weitervermitteln und sehr viel in die Aus- Themenschwerpunkt Immobilien authentische Botschafter». und Weiterbildung investieren. und Immobilienwirtschaft. ANZEIGE IMMOBILIA / Januar 2020 13
IMMOBILIENWIRTSCHAFT LIEGENSCHAFTSDOSSIER Auch bei der Immobilienbranche klop- DIGITALE PRO- fen Digitalisierung und Automatisierung laut an. Massgeschneiderte Soft- warelösungen schaffen Freiraum – und ZESSE BRINGEN die Digitalisierung eröffnet Hauseigen- tümern, Mietern und Verwaltungen RUHE IN DIE BUDE ganz neue Perspektiven. TEXT—ALEX HIRZEL* EIGENTÜMER WOLLEN INDIVIDUALITÄT «Der Wettbewerbs- sowie der Preisdruck steigen Die Immobilienbranche ist ein eher konservatives, ständig und alle müssen ihre Prozesse automatisie- stark papierbasiertes Business mit individuellen An- ren, um schneller und zu jeder Zeit auf die Bedürfnis- forderungen verschiedenster Stakeholder. Eigentü- se der Mieter reagieren zu können und gleichzeitig die mer wollen individuell betreut sein und die Mieter zu- Erwartungen der Eigentümer zu befriedigen», beob- friedengestellt werden. Alles, inklusive Verträge, muss achtet Marcel Hug, CEO beim Schweizerischen Ver- in Liegenschaftsdossiers dokumentiert sein. Zudem band für Immobilienwirtschaft SVIT Schweiz. Auch müssen rechtliche Auflagen berücksichtigt werden. die starke Verlagerung von Liegenschaften hin zu insti- Papierbasiert kommt man so um Doppelablagen, viel- tutionellen Anlegern ist ein grosses Thema. Regionale fach auch um doppelten Aufwand, kaum herum. Immobilienbewirtschaftungen müssen sich neu posi- Weil viele Dienstleistungen rund um die Liegen- tionieren, um diesem grossen Markt und den wachsen- schaftsverwaltung stark papiergestützt sind, bie- den Anforderungen gerecht werden zu können. ten sich die Vorzüge der Digitalisierung geradezu an. Für die besonderen Ansprüche der Immobilienbe- Um auf dem umkämpften Markt der Immobilienbe- wirtschaftung braucht es massgeschneiderte Lösun- WARUM wirtschaftung bestehen zu können, müssen sich auch gen. In der Regel ist bereits eine zentrale Software er- bisher träge Unternehmen digital aufstellen. In der folgreich im Einsatz, welche die üblichen Aufgaben Schweiz erhöhen schon allein die fortschrittlichen abdeckt. Für zusätzlichen Mehrwert kann die Imple- Und das ist erst der Anfang! Grossen den Druck auf die anderen. Wie die aktuel- mentierung von branchenrelevanten Massnahmen le 4. «Digital Real Estate Umfrage Schweiz» zeigt, ist sorgen. Therefore™ das digitale Potenzial kann in der Branche an lange aber noch die Anforderungen so gut wie aller nicht ausgeschöpft. ZEITERSPARNIS DURCH Abteilungen und Prozesse angepasst werden, was zu DIGITALE WORKFLOWS effizienteren Betriebsabläufen, WUNSCH NACH HOCHVERFÜGBARER höherer Was sind Produktivität nun aber die besonderen Anforderungen und größerer Kundenzufriedenheit führt. INFORMATION der Liegenschaftsverwaltung? Mit einer Lösung, die Insbesondere in der Immobilienbewirtschaftung wie ein elektronischer Aktenschrank sämtliche Do- ist das Bedürfnis nach Informationsgewinnung, nach kumente strukturiert und speichert, können Informa- standardisierten Prozessen mit der Möglichkeit, auf tionen, Rechnungen oder Objektdossiers schnell und individuelle Anforderungen einzugehen, und nach ei- einfach abgelegt, wiedergefunden, aufgerufen und be- nem transparenten Informationsaustausch gross. Eine arbeitet werden. Weil die Immobilien-Software mit Vielzahl von Anfragen kommt auf vielen unterschiedli- der bestehenden zentralen Software kommuniziert, chen Kanälen daher. Gerade auch, um die Kosten in der können Bewirtschafter schneller und effizienter ar- Verwaltung im Griff behalten zu können, gilt es, diese beiten. Rechnungen und Dokumente können zu jeder schnell, verlässlich und zufriedenstellend zu bearbeiten. Zeit überall eingesehen und bearbeitet werden. Die Ab- QUOTE Mobile Anwen- dungen opti- mieren den Arbeitsprozess und steigern die Effizienz für BILDER: CANON Immobilien- dienstleister. 14 IMMOBILIA / Januar 2020
läufe sind elektronisch abgebildet und auf Sonderwün- Dokumente dann sche der Eigentümer wird eingegangen. verfügbar machen, wenn sie gebraucht Für die Buchhaltung bedeutet das ganz konkret werden, und indivi- Zeit- und Platzersparnis: Rechnungen sind schnell duell abgestimmt auf auffindbar und der Status im Genehmigungsablauf ist die Anforderungen auf Knopfdruck bekannt. Mit einem Klick kann direkt der verschiedenen aus dem Buchhaltungsprogramm auf die Rechnungen Stakeholder. (BILD: CANON) zugegriffen werden. Den Rechnungen können weite- re Dokumente wie Aufträge, Bestellungen und andere zum Objekt zugehörige Dokumente angefügt werden. Um dahinzukommen, werden eingehende Rechnun- M THEREFORE™? CANON (SCHWEIZ) AG gen direkt nach dem Posteingang gescannt. Dabei wer- Die Canon (Schweiz) AG mit Sitz in Wallisellen berät Unter- den alle relevanten Daten automatisiert ausgelesen nehmen bei der im Artikel beschriebenen digitalen Transfor- und unmittelbar zielgenau einer Liegenschaft und da- mation. Dabei werden, vom digitalen Dossier bis hin zu unter- mit der im ERP hinterlegten Kontaktperson (Buchhal- schiedlichsten Workflows, alle Anforderungen auf das ter, Bewirtschafter, Flexibel Sachbearbeiter) zugeordnet. jeweilige Unternehmen abgestimmt. Ein bewährtes Fünf- Punkte-Vorgehen garantiert – atypisch für IT-Projekte – wann Am Standort oder in der Cloud; für und wie und vor allem zu welchem Preis die integrierte Bran- FIT INeinzelne ZEITEN DER «SOFORT»-MENTALITÄT Abteilungen oder Unternehmen chenlösung erwartet werden kann. Ansprechpartner: Marko Mobile Anwendungen mit mehreren Standorten. optimieren den Arbeits- Jessen-Richardsen, Canon (Schweiz) AG, Tel.: 0848 833 835, prozess und steigern die Effizienz für Immobilien- marko.jessen-richardsen@canon.ch Dienstleister. Tauchen zum Beispiel bei einer Woh- nungsübergabe plötzlich Fragen auf, lassen sich diese Intuitiv leichter klären, wenn man auf vertragliche Absprachen nen Markt gerecht zu werden, bedarf es neuer Ansät- und Daten sofort Benutzer zugreifen lernen kann. schnell und Das digitale Mieter- einfach, ze, die eben durch weitere konsequente Digitalisierung das System zu verwenden. dossier vereinfacht Planung, Steuerung und Kontrol- gestützt werden. le der Immobilien. Sind die Akten digitalisiert, entfällt das zeitaufwendige Suchen in Papierakten. Fragen las- BERUHIGUNG WIDER VERSCHWENDUNG sen sich schnell und auf Knopfdruck beantworten, weil Letztlich gilt in Anlehnung an die Lean-Philosophie Skalierbar die Infos auf dem Rechner respektive in der Cloud ver- für die Optimierung von Organisationseinheiten alles fügbarFangen sind. Das verbessert Sie klein den Kundenservice. an und fügen Sie als Verschwendung, was Kosten verursacht und zu Diezusätzliche Ansprüche Komponenten hinzu, wenn von Ihr Geschäft wächst. Eigentümern und Mietern neh- Zeitverlusten führt, ohne den Wert einer Leistung aus men laufend zu. Natürlich trifft das nicht auf alle zu, Sicht des Kunden zu steigern. Und genau hierin liegt aber die «Sofort»-Mentalität ist ein grundsätzlicher das Potenzial der Digitalisierung. Mit den für die Bran- Trend. Um dem in einem stark wettbewerbsgetriebe- che massgeschneiderten Softwarelösungen kann viel Ruhe in die Abläufe der Bewirtschaftung gebracht wer- den. Die Reaktionszeit auf Anfragen wird verkürzt und Informationen sind ortsunabhängig hochverfügbar. Rechnungen werden von der Immobilien-Software automatisiert verlässlich und selbstständig eingele- sen. Verglichen mit dem physischen Visierungspro- zess können die Rechnungen mit dem digitalen Work- flowprozess viel schneller verarbeitet werden. Wer langfristig erfolgreich bleiben will, muss sein Geschäftsmodell, seine Prozesse und Leistungen auf den Prüfstand stellen. Nur die Unternehmen, die di- gital aufgestellt sind, haben die Chance, sich auf dem Markt zu etablieren – und das in zweifacher Hinsicht. Zum einen ist der Kampf um die Mitarbeitenden der Zukunft besonders in der Schnittstelle zwischen Tech- nologie und Immobilienwirtschaft gross. Personal mit derartigen Fähigkeiten ist rar und kann häufig auch mit dem Einsatz moderner Technik überzeugt werden. *ALEX HIRZEL Zum anderen gilt Gleiches für die Kunden. Sie sind es Der Autor ist bei aus nahezu allen Wirtschaftszweigen gewohnt, digi- Canon Hauptan- tal zu konsumieren, sich über die digitalen Medien mit sprechpartner für Medienanfragen Unternehmen auszutauschen und den Aufwand für die im B2B- und Corpo- Kommunikation so niedrig wie möglich zu halten. rate-Bereich. IMMOBILIA / Januar 2020 15
IMMOBILIENWIRTSCHAFT 17 VERKAUFSFLÄCHEN ERDGESCHOSS- «Handel im Wandel» bedeutet für Ver- mieter, sich auf neue Zielgruppen mit tieferer Wertschöpfung und veränder- NUTZUNG ten Flächenanforderungen einzustel- len sowie Verkaufsflächen an ungenü- IM WANDEL genden Lagen zu repositionieren. TEXT—RAPHAEL SCHÖNBÄCHLER* VERMIETBAR- KEIT UND Vermietbarkeit Etrtragspotenzial ERTRAGSPO- TENZIAL VON Grosszentren VERKAUFSFLÄ- – Innenstadt sehr gut sehr hoch CHEN NACH – Quartierzentrum sehr gut mittel ZENTRALITÄT – Ungünstige Mikrozentralität (innenstadtnah) gut gering Quelle: – Ungünstige Mikrozentralität (innenstadtfern) schlecht sehr gering Fahrländer Partner Mittelzentren – Innenstadt gut hoch – Ungünstige Mikrozentralität (innenstadtnah) mittel gering – Ungünstige Mikrozentralität (innenstadtfern) schlecht sehr gering Klein-, und Peripheriezentren, grössere Dörfer – Zentrum mittel gering – Ungünstige Mikrozentralität schlecht sehr gering Einkaufszentren, Geschäfts-Agglomeration gut mittel NEUE MIETMODELLE GEFRAGT differenzieren müssen, um auch dem Nach- Burgdorf oder Solothurn füllen Hybridge- Das Immobiliensegment Verkauf wird haltigkeitstrend Rechnung tragen zu können. schäfte wie etwa ein Coiffeur-/Blumenla- aufgrund der Sättigungstendenzen und Der heute grosse Anteil an «Fast Fashion» den oder Gastro-/Lebensmittelgeschäfte die strukturwandelbedingt sehr anspruchsvoll dürfte in Frage gestellt werden. Darüber hi- leer gewordenen Flächen, können aber nicht bleiben. Daran ändern auch die gute Arbeits- naus gibt es infolge des Aufwertungsdrucks die gleichen hohen Mieten bezahlen wie ihre marktlage, die steigende Bevölkerungszahl des Schweizer Frankens gute Gründe, mittel- Vorgänger. Die Städte bemühen sich, die Erd- und die zwischenzeitliche Entspannung bei und langfristig mit tendenziell unter Druck geschosse an den zentralen Lagen weiter zu den Umsätzen nichts. FPRE geht kurzfristig stehenden bis sinkenden inländischen De- bespielen, da die Innenstadtentwicklung seit nicht von einem Aufschwung aus und die Er- tailhandelspreisen zu rechnen. Die Franken- jeher eng an den Detailhandel geknüpft ist. träge bleiben unter Druck. Vermieter sollten stärke ist schon seit Längerem zur strukturel- Vor diesem Hintergrund ist selbst in den In- sich hier mittelfristig auf neue Mietvertrags- len Komponente geworden. Der Detailhandel nenstädten eine Konzentration auf die Plätze modelle und Zielgruppen mit geringerer Zah- wird dadurch gezwungen, die Preise konkur- und Strassenabschnitte mit den besten Mi- lungsfähigkeit einstellen. Selbst in den In- renzfähig zu halten. Darüber hinaus erhöht krolagen angezeigt, anstelle einer möglichst nenstädten der Grosszentren, welche kaum die Digitalisierung die Preistransparenz und flächendeckenden Bewahrung des Detail- Leerstände aufweisen, vollziehen sich Nut- verringert damit die Preissetzungsmacht der handels. Die neuen Kundenbedürfnisse und zungsverschiebungen bei den publikumsin- Anbieter. Konsumgewohnheiten führen darüber hi- tensiven Erdgeschossen. Bekleidungshänd- naus dazu, dass sich auch die Anforderun- ler, welche sich jahrelang dank der – hinter UMSÄTZE UNTER DRUCK gen an die Retailflächen ändern. Der Trend Optikern – zweithöchsten Bruttomargen die Für die Immobilienbranche heisst das un- geht hin zu kleineren Flächen mit mehr Auf- besten Lagen geleistet haben, stehen an meh- ter dem Strich, dass die Vermieter vermehrt enthaltsplatz und Fläche für Dienstleistun- reren Fronten unter Druck: Preiszerfall, On- mit tieferen Mieteinnahmen kalkulieren gen. Ebenso gibt es Druck für neue Partner- linekonkurrenz, Konsumverschiebungen müssen, weil Mieter mit geringeren Margen schaften zwischen Vermietern und Mietern hin zu anderen Ausgabeposten. Sie müssen als Zielgruppen wachsen oder ganz einfach mit etwa einer Dynamisierung von Mietver- auch an den Toplagen vermehrt schliessen die nominalen Umsätze unter Druck gera- tragslaufzeiten und Mieten oder aktiverer und damit anderen Formaten Platz machen. ten. In den Mittelzentren zeigt sich heute die- Kuratierung durch den Bewirtschafter. Zukünftig wird sich die Sparte wohl neu aus ser Wandel am deutlichsten. In Städten wie UNGÜNSTIGE MIKROLAGEN Hinter dem Rückgang der klassischen ANZEIGE Detailhandelsgeschäfte steckt neben dem wachsenden Onlineeinkauf und der Kon- sumsättigung auch noch eine andere, bis- her wenig beachtete Erklärung. Aus Aus- www.visualisierung.ch wertungen von FPRE geht hervor, dass sich über 50% der Schweizer Verkaufsflächen- geschäfte an unterdurchschnittlichen Mik- 16 IMMOBILIA / Januar 2020
ANZAHL DER 35 000 Waren- und Kaufhäuser GESCHÄFTE IM VERKAUFS- Fachmärkte 30 000 FLÄCHEN- Filialisierte Shoppingmagnete MARKT (CH) NACH IHRER 25 000 Traditionelle Shoppingeschäfte MIKROLAGE- QUALITÄT 20 000 Standortgeneralisten Quelle: Fahrländer Part- ner & CSL Immobilien Spezialgeschäfte 15 000 Nahversorger 10 000 PW-Versorger 5 000 Dienstleistungsverkäufer 0 durchschnittlich gute leichten Defiziten ungünstige Lage ungeeignete bis durchschnittli- sehr gute bis beste Lage bis gute Lage che Lage Defiziten Lage mit Lage mit rolagen bzw. Lagen mit Defiziten befinden. und filialisierten Shoppinggeschäfte –, an den besten Mikrolagen der Grosszentren so- Ein Grund hierfür sind die zahlreichen Erd- suboptimalen Mikrolagen. Hingegen kom- wohl die Vermietbarkeit als auch das Ertrags- geschosse in gemischt genutzten Wohnüber- men die vielen Coiffeure, Textilreinigungen potenzial sehr hoch sind. Bereits an ungünsti- bauungen, die für Retail geplant werden, je- oder Apotheken («Dienstleistungsverkäu- gen Mikrolagen in den Innenstädten von Bern doch nicht die Standortqualitäten sowie das fer») auch für weniger gute Lagen und somit oder Lausanne ist das Ertragspozential bereits Kaufkraftpotenzial für eine nachhaltige Um- auch abseits der klassischen Verkaufslagen gering. Speziell die Geschäfte an schlechteren satzerzielung bieten. Wie die Abbildung oben in Frage, weil sie gezielt aufgesucht werden. Mikrolagen aus dem Bereich Fashion dürften zeigt, befinden sich selbst Formate, welche Die zielgruppengerechte Lage ist be- weiter unter Druck geraten. Hier sind Ent- auf eine möglichst gute Lagequalität ange- kanntlich entscheidend für die Mieteinnah- wickler und Eigentümer angehalten, Mut für wiesen sind – wie etwa die traditionellen men. Transaktionsdaten zeigen, dass nur an alternative Nutzungen wie Parterre-Wohnen, stilles Gewerbe wie Arztpraxen, Co-Working, Kinderkrippen etc. zu haben. Die Vorschriften der Bauordnung verlangen zwar vielerorts pu- blikumsintensive Erdgeschossnutzungen, was aber in der Regel nicht zwingend Retail bein- halten muss. Dies gilt auch für Erdgeschoss- flächen in Bürohäusern an Nicht-Verkaufsla- gen. Weiterhin gesucht werden Standorte an Verkehrsknotenpunkten sein, um von dem in den Alltagsweg integrierten Verkaufsverhal- 50% der Schweizer Verkaufsflächen ten profitieren zu können. Dabei werden Flä- befinden sich an chen für die Segmente Food und Gastronomie unterdurchschnittlichen eine zentrale Stellung einnehmen. Mikrolagen. (BILD: 123RF.COM) *RAPHAEL SCHÖNBÄCHLER Der Autor ist Partner bei Fahrländer Partner Raumentwicklung (FPRE). IMMOBILIA / Januar 2020 17
IMMOBILIENWIRTSCHAFT DIE SIEGER DES WETTBEWERBS Die Bau- und Immobilienwirtschaft setzt sich intensiv mit der Digitalisie- TOP 10 DIGITAL rung auseinander. Die exklusive Aus- wahl «Top 10» zeichnet die besten REAL ESTATE Tools der Branche aus – angefangen bei Building Information Modeling (BIM) bis zur Digitalisierung beim Recycling. TEXT—JÜRG ZULLIGER* IN 3D UND DIGITAL Über dem Ganzen steht natürlich immer Dank den neusten digitalen Arbeitsme- die ökologische und ökonomische Nach- thoden und Planungsinstrumenten sind haltigkeit. «Auffallend ist bei der Ausga- viele Akteure in der Lage, sich auf ihre be 2020, dass vier von zehn Siegerprojek- Kernthemen zu konzentrieren. Das gilt zum ten in einem direkten Zusammenhang zur Beispiel für die Bewirtschaftung – repeti- Nachhaltigkeit stehen», stellt Peter Staub tive Vorgänge lassen sich automatisieren, fest. Der Geschäftsführer des Beratungs- und die in der Branche tätigen Berufsleu- unternehmens pom+ ist zugleich Mitglied te setzen ihre Ressourcen und Kapazitäten der Jury der Top 10. Die ökologischen He- produktiver ein als bisher – etwa zuguns- rausforderungen hätten den Markt im AMBERG LOGLAY AG: ten einer professionellen Mieterbetreuung Jahr 2019 offenbar stark bewegt. Für im- und einer umfassenderen Beratung des Ei- mer mehr Akteure sei es heute wesentlich, BAULOGISTIK gentümers. Ähnlich stossen neue Ansätze Immobilien auf Nachhaltigkeit auszurich- (BÄRE TOWER) in der ganzen Planung, Projektierung und ten; für künftige Generationen soll mit dem Umsetzung von Um- und Neubauten auf Bau und dem Betrieb von Gebäuden kein mehr Resonanz: «Dank der Digitalisierung Schaden, sondern umgekehrt ein möglichst lässt sich die Zusammenarbeit von Bau- grosser Nutzen resultieren. Daraus ergebe herrschaft, Unternehmern und Planern er- sich der beobachtete Schulterschluss zur heblich verbessern», sagt zum Beispiel ein Digitalisierung, so Peter Staub weiter: «Um Projektleiter bei der Migros Ostschweiz. Er diese Aufgaben möglichst wirkungsvoll an- setzt bei der ganzen Planung und Umset- zugehen, sind alle Beteiligten auf eine mög- zung auf neue, möglichst durchgängig digi- lichst solide Datenbasis angewiesen, etwa tale Methoden. Sein Fazit: Auf der Baustelle zu Materialisierung, Energie, Verbrauch finden nur noch Vorgänge statt, die tatsäch- etc.» Um diese Daten aufzubereiten, sei die Baulogistik wird wichtiger. lich notwendig sind und zur Wertschöpfung Digitalisierung unverzichtbar. beitragen. Dank der Zusammenführung al- Bäre Tower wird mit gut 100 Metern ler wesentlichen Planunterlagen (inklusive MAXIMAL DIGITALISIERT das höchste Gebäude im Kanton Bern. Sol- 3D-Modell) und Projektinformationen auf Die Top 10 zeigen weiter, was an Pro- che Projekte – mitten in einer bereits be- einer einzigen (digitalen) Plattform sei das zessoptimierung noch möglich ist: Mit Hy- bauten Umgebung – stellen eine grosse Ziel erreicht: Ein Projekt besser und wirk- potheke.ch wird zum Beispiel eine neue Herausforderung dar. Kosten- und Zeit- lich vollständig zu planen. Plattform ausgezeichnet, die eben mehr druck, Emissions- und Fahrtenziele, Si- ist als eine «Online-Hypothek». Die gan- cherheitsanforderungen, enge Platz- und SMART-BUILDING-STRATEGIE ze Produktgestaltung, die Vorgaben des schwierige Zufahrtsverhältnisse so- AUS BASEL Risk-Managements, das Pricing im Stun- wie Ansprüche der Anwohner erfordern Unter den «Top 10» sind neben zahlrei- dentakt etc. sind vollständig automatisiert neue Ansätze. Halter AG setzt dabei auf chen Start-ups und IT-Firmen auch renom- und maximal digitalisiert. Weitere Beispie- das Knowhow von Amberg Loglay: Ange- mierte Player, die eben nicht in dem Sinn le sind digitale, innovative Ansätze für gan- fangen von der Konzeption und Prozes- als Anbieter von Software und Produkten ze Orts- und Arealplanungen oder auch die sanalyse bis zum Rapid Protyping bietet auftreten: Auffallend ist vor allem Hoff- konsequente Digitalisierung bei Projekt- die Zürcher Firma eine durchgängige, di- mann-La Roche: Für den grössten Teil der wettbewerben (Luucy). Mit einigen über- gitalisierte Logistik. Dazu schuf die Fir- relevanten bestehenden Gebäude und für raschenden Innovationen, die einer grös- ma eine eigene Software; sie verknüpft alle Neubauten in Basel und Kaiseraugst seren Öffentlichkeit noch unbekannt sind, BIM-Daten und Termine sowie weite- will der global tätige Konzern eine durch- wartet das Zürcher Unternehmen Amberg re relevante Daten mit dem ganzen Bau- gängige Digitalisierung implementieren; Loglay auf. Etwas vereinfacht gesagt: Me- prozess. Innovativ und vollständig digital darunter fallen unter anderem die konse- thoden wie «Lean Management» in der Au- ist unter anderem das Rapid Prototyping: quente Anwendung von BIM-Methoden, toindustrie kommen jetzt auch auf Baustel- Damit sind die Fachleute in der Lage, di- die Ausstattung der Gebäude mit Senso- len in der Schweiz zur Anwendung. Weil rekt auf der Baustelle sämtliche Vorgänge ren und letztlich die Anpassung aller Busi- immer mehr private und öffentliche Bau- zu identifizieren und Schwachstellen zu ness-Prozesse. Tobias Bächtold, Digital Re- herren Areale unter engen Platzverhältnis- eliminieren. Dabei kommen neben Men- al Estate Manager bei Hoffmann-La Roche: sen in städtischem Gebiet umnutzen, neu schen Sensoren (IOT) und andere digitale «Während andere grosse Bauherrschaften gestalten und erweitern, kommt der opti- Technologien zum Einsatz. und Investoren noch zögern, geht es uns mierten Logistik eine Schlüsselrolle zu. auch darum, ein Zeichen zu setzen. Wir Auch hier zeigt sich: Dank der Digitalisie- *JÜRG ZULLIGER sind kein Produktanbieter, sondern End- rung sind Fortschritte möglich, die allen Der Autor, lic. phil. I, ist Fachjour- nutzer der neuen Technologien, und wir se- Beteiligten zu gute kommen: Den Investo- nalist und Buchautor mit dem hen die grossen Vorzüge einer durchgängi- ren und Unternehmern, im konkreten Ein- Themenschwerpunkt Immobilien gen Digitalisierung.» zelfall auch der Bevölkerung. und Immobilienwirtschaft. 18 IMMOBILIA / Januar 2020
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