Myelodysplastische Syndrome (MDS) - Von Patient zu Patient
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Von Patient zu Patient Myelodysplastische Syndrome (MDS) Empfehlungen und Hinweise zum Umgang mit der Erkrankung
Die Patienten 4 Inhalt Umgang mit der Diagnose 8 Die Mitteilung an Freunde, Familie und Umfeld 18 Zugang zu hilfreichen Informationen 26 Auswahl des Arztes/Klinikums 28 Einflussmöglichkeit auf Behandlungsentscheidungen 31 Umgang mit Schwankungen der Laborwerte 35 Erfahrungen während der Behandlung 40 Partnerschaft 48 Rückkehr in den Alltag 53 Sorge vor ungünstigem Verlauf 58 Umgang mit der Endlichkeit des Lebens 61
Die Patienten Claus K. Bergit K. Edith B. Jahrgang 1957, ältester Spross Spanien gelebt und gearbeitet). für mich ein Weckruf, noch acht- Im Februar 2006, an meinem 49. stets die Hoffnung. In diesem Ich bin Jahrgang 1948. Ich lebe einer norddeutschen Bauernfa- Ich lebe seit meiner Rückkehr al- samer zu leben und das Wunder Geburtstag erhielt ich meine MDS- Sommer musste ich in Pension ge- mit meinem Lebensgefährten milie. Schwul. Erlernter Beruf: lein, aber im gleichen Haus wie ei- des Lebens noch stärker wertzu- Diagnose. Seit fast sechs Jahren hen, arbeite aber an einem Tag in seit einigen Jahren zusammen. Buchhändler. Verwitwet seit nige meiner besten Freunde. Sie schätzen als zuvor. lebe ich nun damit. Es gibt dunkle der Woche weiter für meinen ehe- Zu meinen engsten Vertrauten 1994. Praktizierender Buddhist unterstützen mich, wo immer sie und helle Stunden. Die hellen über- maligen Arbeitgeber. Außerdem gehört auch mein Sohn und des- seit 1997. Mitglied bei den Grü- können, ebenso wie meine Fami- wiegen, ja wirklich, das tun sie! bin ich in verschiedenen Patien- sen Familie, die allerdings über nen. Hobbys: Pflanzen, Fotogra- lie. MDS zwang mich, meinen Le- Nach anfänglichem Schock bin ich ten-Vereinen und Verbänden „ge- 300 km von mir entfernt wohnt. fie, Meditation. MDS-Diagnose bensstil radikal zu vereinfachen, über die Jahre in die Krankheit hin- gen MDS“ unterwegs und möchte Die Diagnose MDS wurde im Ap- im Sommer 2007, kurz nach allein schon aus Mangel an Geld eingewachsen. Obwohl sich mein eine Selbsthilfegruppe in der Regi- ril 2008 gestellt. Begreifen konn- meinem 50sten Geburtstag und und Kraft. Das finde ich gut: Sich Zustand verschlechtert hat und on Göttingen aufbauen. Ich habe te ich eine solche Diagnose kurz nach meiner Rückkehr nach auf Wesentliches zu konzentrie- auch weiter verschlechtern wird, zwei erwachsene Söhne und einen nicht, denn ich war sportlich ak- Berlin (seit 1999 hatte ich zuerst ren, statt kostbare Lebenszeit zu bin ich nicht bereit einfach aufzu- Mann, die mich unterstützen. Da- tiv und glaubte, mich immer ge- in Großbritannien und danach in verplempern. Die Diagnose war geben. Zur Traurigkeit gesellt sich für bin ich dankbar. sund ernährt zu haben. 4 5 5
Die Patienten Wolfgang H. Daniela M. Ute S. Petra M. 1940 geboren, Abitur, Kunststu- Ich bin 56 Jahre alt. Die Diag- befand. Familie, Freunde, kompe- Ich habe gerade meinen 68. Ge- verkraften. Zurzeit bekomme ich Ich bin 45 Jahre, lebe mit mei- dium, verschiedene Berufe aus- nose MDS wurde bei mir im tente Ärzte, Schwestern und burtstag gefeiert. Ich bin verhei- eine neue Therapie, und ich hoffe, nem Mann und Sohn Martin (11) geübt, verheiratet. Drei Kinder, Mai 2010 gestellt. Danach ging Pfleger haben mich während der ratet. Wir haben keine Kinder, dass es bald wieder bergauf geht. in Leutkirch im Allgäu. Von Beruf fünf Enkelkinder und in der alles relativ schnell – die Vor- Wochen in der Uniklinik und in dafür aber einen Hund. Das Unser gemeinsames Hobby war bin ich Schneiderin. Meine Hob- Zwischenzeit 71 Jahre alt. Die untersuchungen für eine allo- den Monaten danach unter- heißt, wir müssen bei Wind und Reisen. Leider können wir dies bys sind Tennis, Wandern und Diagnose MDS erhielt ich 1996. gene Stammzelltransplantation stützt. Es geht mir inzwischen Wetter raus an die frische Luft. nicht mehr so richtig planen. Radfahren. Ich lese viel und ar- Richtig ernst genommen habe wurden ambulant durchgeführt wieder gut, ich kann ein norma- Das hat sich auch positiv auf Ich besuche zweimal in der Woche beite gern in unserem Garten. ich die Erkrankung erst vor zwei und innerhalb kurzer Zeit wur- les Leben führen und bin dank- meinen Krankheitsverlauf aus- Pilates-Kurse, die mir sehr guttun. Zeitpunkt der Transplantation Jahren, als sie akut wurde. Seit- de eine 100%ige HLA-identi- bar für das Glück, das ich trotz gewirkt. Mein Immunsystem hat Ich lerne dabei meinen Körper war der 16.06.2010. dem erhalte ich auch erfolg- sche Spenderin gefunden. Mein allem hatte. sich stabilisiert. besser kennen, fühle mich wohl reich eine medikamentöse The- Sohn und seine Freundin waren Die Krankheit wurde vor zwei trotz MDS. rapie. für mich da, obwohl er sich ge- Jahren festgestellt. Die Diagnose rade mitten im Staatsexamen musste ich mental erst einmal 6 7
Unter welchen U mständen wurde bei Ihnen die Diagnose MDS gestellt? Umgang mit der Diagnose Bergit K. Ich ging wegen anhal- Nach zwei Wochen bangem War- Körper Petechien und blaue Fle- mals in einer ländlichen Region zunächst einmal in kurzen Ab- Wolfgang H. Weil seit 1994 tender Oberbauchbeschwerden ten kam die Diagnose MDS mit cken auftraten, ohne dass ich im Südosten Spaniens. Hierbei ständen intramuskuläre B12-In- Blutproben eine stetige Abnahme zum Internisten, der machte ne- Trisomie 8. Meine Oberbauchbe- mich gestoßen hätte, ging ich stellte sich heraus, dass mit mei- jektionen. Hoffend, dass sich mein der Thrombozyten gezeigt haben, ben einer Magenspiegelung ein schwerden verschwanden übri- schließlich zum Arzt. nem Blutbild etwas nicht in Ord- Blutbild dadurch rasch wieder erhielt ich 1999 nach einer Kno- Blutbild. Den alarmierenden Be- gens unbehandelt. nung war. Allerdings ging man normalisieren würde. Was aber chenmarkuntersuchung die Diag- fund „wahrscheinlich eine ernst- Ute S. Die jährliche Kontrolle bei der Sache nicht wirklich auf den nicht geschah. Dann untersuchte nose „MDS im Sinne einer hafte Bluterkrankung“ teilte er mir Edith B. Aufgrund anhaltender meinem Hausarzt (Internist) zeig- Grund. Man empfahl mir lediglich, man mich auf alle Krankheiten, refraktären Anämie“. an meinem 49. Geburtstag mit. Rückenschmerzen wurde durch te eine Verschlechterung des Blut- Eisen zu mir zu nehmen und mehr die das Blutbild sonst noch durch- Ich sollte sofort zur weiteren Ab- ein MRT eine Knochenmarksver- bildes. Dies nahm er zum Anlass, Fleisch zu essen. Im darauf fol- einanderbringen können. Bis nur Petra M. Im Oktober 2009 wurde klärung zum Hämatologen. Er änderung festgestellt, die wahr- mich an die Universitätsklinik zu genden Winter zog ich zurück noch Krankheiten übrig blieben, mir der Blinddarm entfernt. Nach machte schon für den nächsten scheinlich durch eine Blutsyste- überweisen. Ich vereinbarte einen nach Berlin, wo ich bis 1999 ge- die sich nur durch einen Blick ins der OP wurde mir mitgeteilt, dass Tag einen Termin für mich klar. Ich merkrankung hervorgerufen war. Termin in der Uniklinik. Dort er- lebt hatte. Mein Hausarzt intensi- Knochenmark diagnostizieren las- ich sehr schlechte Blutwerte hat- hatte zunächst große Angst, Leu- Der hinzugezogene Hämatologe folgte die Untersuchung des Kno- vierte die Untersuchungen und sen. Insgesamt wurde ich dreimal te. Mir wurde empfohlen, mich kämie zu haben, die einzige Blut stellte dann durch eine Knochen- chenmarkes, die ergab, dass ich stellte fest, dass ich darüber hin- punktiert: Die Diagnose kam also sofort von einem Hämatologen erkrankung, die ich kannte. Der marksbiopsie das MDS fest. „MDS“ habe. aus praktisch überhaupt kein Vit- sozusagen tröpfchenweise. Den untersuchen zu lassen. Dort wur- Hämatologe nahm erneut Blut ab, amin B12 im Körper mehr hatte. Begriff „myelodysplastisches Syn- de nach einer Knochenmarks- sah sich meine verformten roten Daniela M. Nachdem ich über Claus K. Um Ostern 2006 herum Nun muss man wissen, dass die drom“ entdeckte ich erstmalig auf punktion MDS diagnostiziert. Blutkörperchen unter dem Mikro- einige Monate eine immer weiter befand ich mich wegen starker Symptome von Vitamin-B12- dem Überweisungsschein meines skop an und entschied sich für abnehmende Leistungsfähigkeit Bauchschmerzattacken in Alican- Mangel und MDS sich weitgehend Hausarztes an die Charité. eine Knochenmarkspunktion: feststellte, und als am ganzen te im Krankenhaus. Ich lebte da- überschneiden. So erhielt ich also 8 9
Wie und mit welchen Worten wurde Ihnen die Diagnose mitgeteilt? Wie sind Sie mit der D iagnose umgegangen? Umgang mit der Diagnose Bergit K. Es ist inzwischen lange lerdings, als der Arzt sagte, dass die Bestandteile des Blutes, z. B. herer oder fernerer Zukunft „mög- Bergit K. Die Zeit um die Diagno- war die Zeit der quälenden Unge- her, aber ich weiß genau, dass die MDS in eine akute Leukämie über- Erythrozyten, Leukozyten, Throm- liche Komplikationen zu erwarten“. se herum – es dauerte mehr als wissheit: „Wie schlimm ist es?“ Worte „unheilbare Erkrankung“, gehen könne. bozyten und erklärte mir die nor- Ansonsten erklärte er mir, wie das zwei Wochen, bevor die Punktions- Nachdem die Diagnose feststand, „Blutkrebs“ und „keine Leukämie, malen Blutwerte und die meini- Knochenmark funktioniert und ergebnisse eintrafen – war die bis- begann ich mich langsam zu sta- aber eine Vorform“ fielen. Ich war Daniela M. Die Diagnose bekam gen (schlechten). wie diese Funktion bei MDS ge- her schwierigste und schlimmste bilisieren. Es wurde leichter, nach- in einer Art Schockzustand und ich „scheibchenweise“. Nach einer stört ist. Zeit in meinem nun fast sechsjäh- dem ich endlich Klarheit hatte. kann mich daher an das Gespräch Knochenmarkspunktion beim Hä- Claus K. Ich musste recht lange rigen Krankheitsverlauf. Ich habe im Einzelnen nicht erinnern, ob- matologen musste ich mit unkla- auf dem Flur warten, bis ich dran Wolfgang H. Ich kann mich viel im Internet recherchiert und Edith B. Erst mal stand ich vor ei- wohl es in ruhiger Atmosphäre rem, hohem Fieber ins Kranken- war, und erinnere mich überdeut- nicht mehr erinnern, was mir wenig verstanden. Ich habe ver- ner Wand, die ich nicht erklimmen verlief, beim Hämatologen statt- haus, wo die Ärzte sich umgehend lich an den harten Stuhl aus ge- mein Arzt gesagt hat, bekam aber sucht, andere Betroffene zu fin- konnte. Erst Monate später, als ich fand und ca. eine Stunde dauerte. mit dem untersuchenden Labor in gittertem Metall, auf dem ich saß. eine Kopie des Arztbriefes zur den, um mich zu orientieren, zu „Zeit hatte”, mich mit meiner Er- Verbindung setzten. Sie erfuhren Der Arzt, der mir die Diagnose Knochenmarkuntersuchung „ge- beruhigen, zu vergleichen, zu in- krankung zu befassen, und nach Edith B. Mein Partner war da- die Ergebnisse, die schon vorlagen dann mitteilte, war recht jung und schenkt“. formieren … Jeder Tag war anders, einer erneuten Knochenmarksbi- mals bei der Besprechung des Be- – und ich somit die zu dem Zeit- vertrat den Arzt, der mich punk- ich war sehr abhängig von dem, opsie ein Fortschreiten der Krank- fundes mit dabei. Die Erklärungen punkt vermutete Diagnose. tiert hatte. Er nahm sich aber Zeit Petra M. In der Uniklinik Ulm was ich gelesen habe oder gesagt heit festgestellt wurde, wurde mir des Arztes waren gut verständlich für mich, obwohl draußen noch so wurde die Diagnose sehr sachlich bekam, denn ich hatte noch keine bewusst, was auf mich zukommen und ohne Umschweife. Aber ob- Ute S. Ich hatte das Glück, einen viele Patienten warteten. Vieles und einfühlsam in einem langen eigenen Erfahrungen und noch könnte. Daraufhin folgte eine Er- wohl ich mir die größte Mühe noch sehr jungen Professor anzu- von dem, was er sagte, hörte ich Gespräch mit mir und meinem keinen eigenen Standpunkt zu nüchterung. gab, verstand ich noch nicht allzu treffen, der mir die Diagnose wie aus einer großen Ferne. Unter Mann besprochen. meiner Erkrankung entwickelt. Ich viel davon. Geschockt war ich al- bildlich aufzeichnete. Er zeichnete anderem sagte er, es seien in nä- schlief schlecht und weinte viel. Es 10 11
Wie wurde mit Ihnen über Ihre Zukunft g esprochen? Umgang mit der Diagnose Daniela M. Da ich selbst schon Claus K. Zunächst stellte sich bei Wolfgang H. Ich habe erst ein- Bergit K. Da MDS nach wie vor Edith B. Grundsätzlich war mein ein wenig recherchiert hatte, was mir eine gewisse seelische Taubheit mal im Pschyrembel (medizini- meist unheilbar ist, wurde mir ge- Partner mit zu den Arztgesprä- meine Symptome bedeuten könn- ein. Man funktioniert und tut, was sches Wörterbuch) nachgelesen, raten, eher nicht so viel über die chen gekommen. Mittlerweile war ten, war mir der Begriff MDS nicht zu tun ist. Aber der eigentliche was MDS genauer ist und war be- Zukunft nachzudenken und zu ich mit meiner Diagnose etwas fremd. Trotzdem habe ich es in Umgang mit der Diagnose fand bei ruhigt, dass bei „nur“ 50 % der Er- hoffen, dass ich einen eher milden vertrauter geworden, auch durch den ersten Stunden meiner Familie mir nicht wirklich im Bewussten krankten innerhalb von zwei Jah- und langsamen Verlauf haben Informationen aus dem Internet. und Freunden weitergegeben, als statt, sondern eher im Bereich des ren eine akute Leukämie auftritt. würde. Obwohl ich schon sehr Dass ich eine tödliche Erkrankung hätte ich Schnupfen. Erst abends Poetischen. Manches Reale und Zu diesen 50 % gehörte ich als früh transfusionsabhängig wurde, bekommen könnte, war mir be- wurde mir bewusst, dass ich Alltägliche empfand ich plötzlich Optimist natürlich nicht! bin ich nach den statistischen Kri- wusst geworden. Der Arzt beant- schwer krank sein könnte, und ich als surreal, während andere Berei- terienkatalogen eine Niedrig-Risi- wortete mir alle Fragen, soweit ich war froh, dass mein Sohn ein che des Lebens, wie Tod und Ster- Petra M. Ich war natürlich ge- ko-Patientin. Das heißt, die Wahr- meine Krankheit begriff und Fra- zweites Mal an diesem Tag zu mir ben, plötzlich ganz real wurden. Als schockt und wollte das alles auch scheinlichkeit, dass sich mein gen stellen konnte. Er erklärte mir, ins Krankenhaus kam! Folge der Diagnose nahm ich mei- nicht glauben. Wir haben uns im MDS in eine akute Leukämie ver- dass man mit einer Stammzell- ne eigene Lebendigkeit noch viel Internet und mit Broschüren erst- wandelt, ist relativ gering. Leider transplantation eine auftretende Ute S. Durch die Art der Aufklä- deutlicher wahr als sonst. Fast mal über diese Erkrankung infor- sagt diese Wahrscheinlichkeit Leukämie heilen könne. Das erste rung verlor ich die Angst, zumal seismografisch. Und das war eben- miert. trotzdem nicht aus, wie sich die Gespräch fand nun auch in der der Professor sich sehr viel Zeit so angenehm wie unangenehm – Erkrankung bei mir weiter entwi- Uniklinik statt mit einer guten, für nahm und eine gewisse Ruhe und beides gleichzeitig. Da war eine ckelt. Ich versuche, längerfristige uns Laien verständlichen Aufklä- Zuversicht ausstrahlte. Kombination aus (Lebens-)Freude, Zukunftsgedanken zu meiden und rung über das MDS und eine even- Taubheit und Schmerz. eher in der Gegenwart zu leben. tuelle Stammzelltransplantation. 12 13
Was hat Ihnen in der Situation am meisten geholfen? Umgang mit der Diagnose Wolfgang H. Da wurde wenig Daniela M. Die Zukunft betraf te der MDS-Erkrankung, während Bergit K. Mir hat am meisten Edith B. In der Klinik lag ein Flyer Daniela M. Das Gefühl, vom ers- gesprochen, außer: „Abwarten immer die geplante Therapie, also er alles, was irgendwie psychoso- geholfen, mich mit anderen MDS- der „Leukämie-Hilfe Rhein-Main ten Moment an, nicht alleine zu und Tee trinken, bis es schlimmer die Transplantation und die Aus- zial „riecht“, eher nicht so gern Erkrankten auszutauschen. Das e. V. (LHRM)“ aus, mit einer Info sein, Unterstützung zu haben, von wird.“ sicht auf vollständige Heilung! vertieft. Nur einmal ging es um hilft mir heute immer noch. Auch über den nächsten Stammtisch, meiner Familie, meinen Freunden, ethische Aspekte des Umgangs habe ich mir verschiedene Krank- der gleich am kommenden Tag die da waren und den Ärzten, die Petra M. Meine Ärztin hat mit Claus K. In der Ambulanz der mit dem Tod. Anlass war ein Buch, heitsbewältigungsstrategien an- stattfand. Anita Waldmann immer wieder all meine Fragen mir von Anfang an direkt und of- Charité, wo ich die erste MDS-Di- in dem auch Fotos von Susan trainiert. Ich habe versucht, mei- (1. Vorsitzende) hieß uns willkom- beantworteten. fen über meine Heilungschancen agnose erhielt, wurde über even- Sontag abgedruckt waren, die nen Alltag beizubehalten und men. Als sie von meiner Erkran- gesprochen. Da ich zum Zeitpunkt tuelle therapeutische Möglichkei- 2004 an MDS verstorben war – habe jahrelang auch weiter gear- kung erfuhr, lief sie ins Büro und Ute S. Die fachliche Kompetenz der Diagnose erst 43 Jahre alt war ten gesprochen. Mein Hausarzt darunter auch solche, die ihren beitet. Dadurch konnte ich die kam mit einer Tasche voller Infor- des Arztes, d. h. seine gute Betreu- und ich mich in einer sehr guten (der übrigens auch eine psycho- Sterbeprozess dokumentieren. Krankheit „klein“ halten. Neben mationen für mich zurück. Nach- ung, seine Erklärungen, Worte körperlichen Verfassung befand, therapeutische Ausbildung hat) Plötzlich waren wir beim Thema, der Erkrankung Normalität und dem ich diese durchforstete, be- wie: „Das bekommen wir hin.“ So riet sie mir unbedingt zu einer sprach mit mir alle insgesamt an- wie man stirbt und wie lieber Alltag zu leben war sehr hilfreich kam ich einen guten Einblick in nahm er mir die Sorge um die Zu- Knochenmarktransplantation. Mir stehenden Fragen und Probleme nicht … für mich. Gleichzeitig habe ich das, was mir bevorstehen könnte. kunft. wurde erklärt, dass das die einzige durch, also auch die lebensprakti- versucht, einfach zu akzeptieren, Als ich das Buch über die Trans- Möglichkeit für eine Heilung ist. schen. Vor allem aber half er mir, dass ich ab jetzt krank bin und plantation und deren Folgen las, Claus K. Direkt nach der Diagno- einen guten Facharzt zu finden. darauf auch Rücksicht nehmen begriff ich erst, was dies bedeute- se, waren es wohl die inneren Dia- Ute S. Die Worte: „Sie können Dieser wiederum konzentriert sich muss. te. Bisher hatte ich dieses Thema loge mit meinen Partner, der lei- damit 100 Jahre alt werden“ trös- bewusst und ziemlich konsequent völlig unterschätzt. der schon 1994 verstarb. Sein teten. auf die rein medizinischen Aspek- Beispiel. Der hat mir nicht nur ge- 14 15
Empfehlungen Umgang mit der Diagnose zeigt, wie man lebt, sondern auch, Wolfgang H. Am meisten hat Bergit K. Darauf zu vertrauen, auch zu ihm sagen: „Heute bist du wie man stirbt: seine Leichtigkeit, mir der Gedanken geholfen, dass dass man stark genug ist, mit der nicht eingeladen. Geh! Heute seine Unkompliziertheit, seine das mögliche Unheil ja in unge- neuen Situation klarzukommen. habe ich anderes zu tun, als mich Selbstironie und seine Ehrlichkeit, wisser Ferne liegt und bis dahin Wenn man nicht so schwer krank um dich zu kümmern.“ sowohl sich selbst, als auch ande- auch manch anderes passieren ist, dass man zeitnah transplan- ren gegenüber. Und wie er prak- kann. tiert werden muss, wird man in Edith B. Sich so gut wie möglich tisch bis zum letzten Tag sich diese Erkrankung mit der Zeit hin- über das Krankheitsbild zu infor- ebenso sehr um andere kümmerte Petra M. Sehr geholfen hat mir, einwachsen, und man wird lernen, mieren, Selbsthilfegruppen zu be- und sorgte, wie um sich selbst. Er dass ich von Anfang an sehr gro- mit ihren Herausforderungen um- suchen, mit Betroffenen zu kom- hat mir bewiesen, dass eine chro- ßes Vertrauen in das Ärzteteam in zugehen. Man sollte immer wieder munizieren. Das nimmt nische und fortschreitende Er- Ulm haben konnte. Mit mir und versuchen, der eigenen Angst zu weitgehend den Schrecken. krankung, die tödlich enden kann, meiner Familie wurde immer sehr begegnen. Das gelingt nicht im- nicht bedeutet, dass man deshalb offen und ehrlich gesprochen. Für mer, aber sehr oft. So oft wie Claus K. Gehen Sie nicht allein in Selbstmitleid versinken muss. alle Fragen und auch Bedenken möglich sollte man die Krankheit zu dem Termin, wo Sie das Ergeb- Und zweitens, dass es gerade war immer genügend Zeit. bewusst verbannen und Dinge mit nis Ihrer Punktion erwarten. Bit- dann, wenn man früh sterben anderen Menschen zusammen ten Sie Ihren Partner oder einen muss, am allerwenigsten Sinn oder alleine tun, die Freude ma- Freund, Sie zu begleiten. macht, im Voraus sein künftiges chen. Ich stelle mir mein MDS oft Siechtum, den eigenen Tod zu be- als schwarzen Gast vor, der immer trauern. mit am Tisch sitzt. Ich KANN aber 16 17
Wie, d. h. mit welchen Worten, haben Sie MDS erklärt? Die Mitteilung an Freunde, Bergit K. Es war fast unmöglich, zudem werden bei mir nicht genü- mir MDS erklärt. Anderen habe ich plättchen. Vor allem, was ist, hört, die gesund werden oder zu Wolfgang H. Ich habe aus dem anderen diese Erkrankung zu er- gend Thrombozyten gebildet. Die gesagt, dass es eine bösartige Er- wenn man zu wenig Sauerstoff in denen, deren Leben sie eher noch Arztbrief und dem Pschyrembel Familie und Umfeld klären. Allein die Bezeichnung unreifen Blutzellen nennt man krankung des blutbildenden Sys- seinen Zellen hat, in den Muskeln verkürzt. Aber dass die Zeit auf mei- vorgelesen und erläutert, was „myelodysplastisches Syndrom“ Blasten. Bis zu einem Prozentan- tems ist, das zu einer akuten Leu- vor allem und im Gehirn. Und was ner Seite steht und sich die thera- ich verstanden hatte. behält kein Mensch. Bis ich das teil von 20 nennt man die Erkran- kämie führen kann. der Unterschied ist zwischen dem peutischen Möglichkeiten von Jahr schreiben und aussprechen konn- kung MDS, wenn die 20-Prozent- Rückenmark und dem Knochen- zu Jahr verbessern. Meinen Eltern Petra M. Ich habe meine Er- te, vergingen ein paar Tage. Freun- Marke überschritten ist, spricht Ute S. Ich sagte, dass mein Kno- mark, weil das von den Leuten und meinen drei Brüdern habe ich krankung immer als schwere de und Familienangehörige wollen man von Akuter Myeloischer Leuk- chenmark kein gesundes Blut pro- ständig verwechselt wird. Anfangs darüber hinaus auch eine Aufklä- Blutkrankheit beschrieben. Mit eher keine langwierigen Erklärun- ämie (AML), die dann mit Chemo duziert. auch von mir selbst übrigens. Eine rungsbroschüre der Deutschen Leu- dem Begriff MDS konnte nie- gen hören. Mit der Beschreibung, behandelt werden muss und meist Punktion habe ich erklärt, auch kämie-Hilfe geschickt, die ich hilf- mand etwas anfangen. es sei „eine Art der Leukämie“ nur durch eine Stammzelltrans- Claus K. Ich habe versucht, ihnen was eine Stammzelltransplantati- reich und gut verständlich fand. konnten die meisten vordergrün- plantation heilbar ist. Die eigenen alles das zu erklären, was ich on ist und wie sie gemacht wird Ich dachte mir, es ist besser, wenn dig am ehesten etwas anfangen, Stammzellen werden vernichtet, selbst gerade erst gelernt hatte: und wozu sie dient. Welche Ge- sie jetzt erfahren, was mit mir los auch wenn es nicht ganz den Kern die neuen Stammzellen eines ge- Welche drei Blutlinien es gibt und fahren es dabei gibt, z. B. die Ab- ist, als zu einem späteren Zeitpunkt, trifft. sunden Menschen sollen dann für wozu sie dienen. Wo Blut im Kör- stoßreaktionen. Dass sie lebensge- wo ich um mich herum keine Auf- eine neue gute Blutbildung sorgen. per produziert wird. Was bei mei- fährlich ist und manche sie nicht geregtheiten mehr will. Außerdem Edith B. Im Knochenmark wird nem Blut anders ist als bei gesun- überleben. Aber auch, dass es finde ich es unangenehm und be- das Blut gebildet. Mein Knochen- Daniela M. Mein Sohn und einige dem Blut. Was passieren kann, nicht wenige Leute gibt, die ge- lastend, Geheimnisse zu haben. Das mark hat einen Defekt, es reifen meiner Freunde arbeiten im medi- wenn man, wie ich, zu wenig rote heilt werden, und im Voraus nie- war schon immer so bei mir. nicht alle Blutzellen heran, und zinischen Bereich und haben eher Blutzellen hat und zu wenig Blut- mand weiß, ob man zu denen ge- 18 19
Wie hat Ihr Umfeld auf Ihre Erkrankung reagiert? War MDS bei Ihren Freunden b ereits bekannt? Was war für Sie in dieser Situation besonders schwierig? Die Mitteilung an Freunde, Bergit K. Von MDS hatte noch zwischen meinen Freunden von groß der Wunsch zu wissen, was Edith B. Die totale Ungewissheit, Gedanke bei Freunden: „Ach, Wolfgang H. Ich fand es schwie- niemand je etwas gehört. Was die früher und mir zwar immer mal jetzt geschehen soll, und wie, und wie mein Leben weitergehen wird. das ist schon nicht so schlimm.“ rig, meiner Frau und unseren Kin- Familie und Umfeld Reaktionen betrifft, so gab es die wieder, aber insgesamt seltener wann. Obwohl das noch längst Wie, ob und in welchem Zeitmaß Das machte mich traurig. Ich dern meinen Optimismus nahezu- komplette Bandbreite – von Trost Thema als am Anfang. nicht klar war. Und oft auch jetzt sich die Krankheit weiterentwi- kann diesen Leuten aber verzei- bringen, weil sie ihn als spendend, mitfühlend, erschro- noch nicht ist. ckeln wird. Es gab keine Medika- hen, da sie ja selbst nicht in „Wurstigkeit“, Gleichgültigkeit cken, sprachlos, interessiert, hilf- Edith B. Alle zeigten Mitgefühl. mente, die das Ansteigen der meiner Lage sind und dadurch oder Fatalismus empfanden. los bis abwehrend und distanziert. Aber kaum jemand verstand et- Wolfgang H. Meine Frau und Blasten verhindern konnten. Und kein Mitgefühl haben können. Danach blieb vieles zwischen uns was von dem, was ich erzählte. Es unsere Kinder wussten nicht, was die Blasten sind nach jeder Kont- Petra M. Meinem damals zehn- nicht mehr, wie es war. Einige ging mir ja anfangs genauso. MDS ist und hatten Angst, dass rolle angestiegen, aber es waren Claus K. Die Reaktionen mei- jährigen Sohn erklären zu müssen, Freundschaften veränderten sich, ich bald an Krebs sterben würde. immer noch unter 20 %, also ner Freunde und Bekannten dass sich mein bis dahin guter einige wurden intensiver, andere Daniela M. Sie waren alle ir- noch keine Leukämie. waren sehr unterschiedlich. Zustand verschlechtern wird und schliefen ein. Ich verlor eine enge gendwie schockiert und für viele Manche dramatisierten, man- die „Mama“ für lange Zeit in die Freundin, die mit meiner Erkran- war MDS auch eine ganz unbe- Daniela M. Am schwierigsten che verharmlosten. Nur wenige Klinik muss - das hat mich sehr kung nicht umgehen konnte oder kannte Erkrankung. war es für mich, meiner Mutter, fanden einen rationalen und belastet. wollte, aber ich fand auch neue, die selber zwei schwere Krebs- qualifizierten Zugang zur Dia- Auch meinen Eltern sagen zu mir inzwischen ganz wichtige Be- Claus K. Keiner hatte je vorher operationen hinter sich hatte, von gnose, der ihnen half, auch müssen, dass ich schwer krank zugspersonen. Wenn es keine von MDS gehört, mit Ausnahme meiner Krankheit zu erzählen. emotional angemessen auf bin, war sehr schwierig, weil ich schwerwiegenderen medizini- eines Freundes von mir, der Arzt mich zu reagieren. weiß, dass sie sich große Sorgen schen „Zwischenfälle“ oder Kran- ist. Entsprechend groß war der Ute S. Bedingt durch das Unbe- machen. kenhausaufenthalte gibt, ist MDS Aufklärungsbedarf. Und ebenso kannte der Krankheit entstand der 20 21
Was hätten Sie sich in dieser Situation Was hat Ihnen in der S ituation am meisten geholfen? von Ihrem Umfeld gewünscht? Die Mitteilung an Freunde, Bergit K. Einmal der Austausch rote Beete gebracht, weil ihnen Claus K. Zu spüren, dass ich Bergit K. Insgesamt mehr Zeit, Ute S. Guten Zuspruch, Ernst- Petra M. Mein Umfeld war klas- mit anderen Betroffenen, die von eine blutbildende Wirkung nach meinen Eltern, meinen Brüdern Zuhören und mehr Offenheit. Es haftigkeit, Menschen, die in der se!!! Weil ich offen war und vielen Familie und Umfeld ähnlichen Erfahrungen berichte- gesagt wird. Das hat mich zu Trä- und den näheren Angehörigen ist einfacher, gesagt zu bekom- gleichen Situation sind. Menschen von meiner Erkrankung ten. Aber auch mir klar zu ma- nen gerührt. sowie meinen Freundinnen und men: „Ich kann mit deiner Diag- erzählt habe, wurde ich aufgefan- chen, dass ich dankbar sein konn- Freunden wichtig bin. Weil sie es nose und Krankheit nicht umge- Claus K. ich hätte mir ge- gen – ein sehr gutes und si- te für die GENAU richtigen Worte Daniela M. Auch hierbei war es zeigten – nicht nur durch Worte. hen, das alles weckt zu große wünscht, dass wir etwas mehr cheres Gefühl ... einiger meiner Angehörigen oder wieder die Unterstützung, die ich Drei gab es sogar, die extra nach Ängste in mir, deswegen habe ich Zeit für einander gehabt hätten Freunde. Es waren nicht unbe- hatte und die mir geholfen hat, Berlin reisten, um mich zu sehen mich nicht bei dir gemeldet …“, – Qualitätszeit. In den ersten dingt diejenigen, von denen ich es meinen Optimismus immer wie- und um bei mir zu sein. als wenn sich der Betreffende to- Wochen und Monaten nach der erwartet hatte. Ich wollte jeden- derzufinden! tal entzieht, obwohl man sich Diagnose war das Band zwi- falls ihre guten Wünsche und Wolfgang H. Geholfen hat mir, vorher mehrfach in der Woche schen mir und meiner Umge- Worte um mich herum packen wie Ute S. Die Zuversicht und der dass ich mich von den Zukunfts- gesehen hatte. Diejenigen, die sel- bung merkwürdig dünn, sodass eine kuschelige Jacke, um sie gute Zuspruch meines Mannes. Er ängsten meiner Mitmenschen ber Erfahrungen mit Krisen oder ich manchmal dachte, ich lebe in dann anzuziehen, wenn es mir be- hat mich sehr getröstet mit den nicht habe anstecken lassen. schweren Krankheiten hatten, einer anderen Welt. Gewünscht sonders schlecht gehen würde. Worten, das schaffen wir schon konnten mich am besten aufge- hätte ich mir von einigen, dass Das hat funktioniert. Außerdem gemeinsam. Auch wurde der wö- Petra M. Mein Mann an meiner fangen. Ohne viele Worte wussten sie einfach mal innehalten. gibt es hin und wieder Nachschub chentliche Blumenstrauß bedeut- Seite, das Lächeln meines Sohnes, sie, wie das geht. an guten, wichtigen Worten oder sam (den ich seit mehr als 20 Jah- meine lieben Freundinnen. Mein Wolfgang H. Weniger Betrof- Gesten. Frauen aus meinem Dorf ren bekomme). Glaube und viele Gebete haben Daniela M. Es gibt nichts, was fenheit und Mitleid, dafür aber haben mir selbst eingemachte mich oft getragen. hätte anders sein sollen! eine gute Portion Zuversicht! 22 23
Wie sind Sie vorgegangen, um sich Empfehlungen Informationen über MDS zu beschaffen? Die Mitteilung an Freunde, Bergit K. Krank zu sein bedeutet ernst zu nehmen und eben auch nicht, und sehen Sie ihnen ihre Bergit K. Ich habe viel im Inter- Therapien austauschen. Ich ma- Claus K. Meine größte Hilfe war nicht, weniger liebenswert zu sein. selbst weiterhin Freundin zu sein. Schwächen nach. Wir alle lernen, net recherchiert, und nach einiger che all das auch weiterhin. Ich die Recherche im Internet. Zum Familie und Umfeld Natürlich ändert sich das Bezie- Ich weiß, dass das alles nur geht, keiner ist perfekt. Zeit konnte ich bei den Informati- habe einfach das Gefühl ich muss Beispiel das Kompetenznetz Leuk- hungsgeflecht, denn man selbst wenn man sich einigermaßen gut onen die Spreu vom Weizen tren- mich kümmern und die Kontrolle ämie oder die Infos bestimmter wird anders, dünnhäutiger, viel- fühlt. Manchmal muss man sich Wolfgang H. Lassen Sie sich Ih- nen. Ich bin zu MDS-Kongressen behalten, solange es geht. Kliniken und Selbsthilfeorganisa- leicht egoistischer, kompromisslo- aber auch ein bisschen überwin- ren Frohsinn nicht durch düstere und -Treffen gefahren und habe tionen im In- und Ausland. Sehr ser. Darauf reagieren die anderen den, um den inneren Schweine- Zukunftswolken trüben. Denn ers- mir dort viele Vorträge von MDS- Edith B. Ich habe mir immer die wichtig für die Beschaffung wei- und sind verunsichert. Man sollte hund vom Sofa zu kriegen. tens kommt es anders und zwei- Spezialisten angehört. Auf diesen Befunde und Berichte in Kopie terer Informationen war auch, nicht auf die Schiene rutschen: tens als man denkt ... Kongressen habe ich auch Ärzte vom Arzt geben lassen, um sie zu dass ich mich einer Online-Selbst- „Niemand mag mich oder nie- Daniela M. Sprechen Sie über auf meinen Fall angesprochen. Ich Hause genauer unter die Lupe zu hilfegruppe anschloss. Dort konn- mand versteht mich“, sondern of- Ihre Krankheit! Anteilnahme und Petra M. Seien Sie offen - nur habe mir natürlich eine Zweitmei- nehmen. Was ich nicht verstand, te ich Frauen und Männern, die fen bleiben für neue Kontakte, Hilfsangebote helfen bei den eige- wenn Ihr Gegenüber weiß, was nung in einem weiteren MDS- waren beim nächsten Besuch die selbst von MDS betroffen waren, weiter rausgehen in die Welt und nen Ängsten! mit Ihnen los ist, kann er versu- Center-of-Exellence eingeholt. Fragen an den Arzt. und die schon mehr wussten als viele Gespräche führen, die mit chen zu helfen. Dabei ging es immer wieder um ich, Fragen stellen. Wichtig waren der Krankheit nichts zu tun haben. Ute S. Leute zu finden, die das die Frage, ob eine Stammzell- Daniela M. Ich habe die meisten natürlich auch die Gespräche mit Nach dem Motto: „Lebe dein Le- gleiche Schicksal haben. Damit ein transplantation bei mir (schon) Informationen durch die Hämato- meinem Hausarzt und mit mei- ben und nicht deine Krankheit.“ Austausch stattfinden kann. angezeigt ist. Gleichzeitig beweg- logen der Uniklinik Düsseldorf be- nem Facharzt. Wichtig ist es auch, die objektiv te ich mich in mehreren deutsch- kommen und habe all die Fragen, weniger schweren Krankheiten Claus K. Überfordern Sie die und englischsprachigen MDS-Fo- die ich hatte, vorher notiert. von Angehörigen und Freunden Menschen in Ihrer Umgebung ren, in denen sich Patienten über 24 25
Welche Informationen waren am hilfreichsten? Empfehlungen Bergit K. Gute Informationsquel- ich von der LHRM erhalten. Viele Bergit K. Meine Empfehlung ist, net zu finden – die Blogs, die ich Petra M. Es ist wichtig, sich gut Zugang zu hilfreichen len: www.mds-foundation.com, Informationen sind im Internet zu sich zu informieren, sich zu küm- dabei gefunden habe, haben mei- zu informieren, um mit den Ärzten www.marrowforums.org, www. erhalten, man muss allerdings mern. In den letzten Jahren wur- ne Angst verstärkt! Nach kurzer am Behandlungskonzept „mitar- leukaemie-und-wir.de, die Ameri- auf das Erfassungsdatum und die den einige neue Therapien und Zeit habe ich mich darauf be- beiten“ zu können. Informationen can Society of Hematology (ASH), Quellen achten. Medikamente gegen MDS entwi- schränkt, nur sachliche Informati- die Deutsche Leukämie- & Lym- ckelt. Man sollte Bescheid wissen. onen zu lesen und Fragen, die ich phom-Hilfe e. V. (DLH) u. a. Mate- Daniela M. Es gibt eine Patien- Dabei geht es selbstverständlich hatte, meinen Ärzten zu stellen. rialien: Bei diversen Kongressen tenbroschüre über Myelodysplas- nicht um Detailkenntnisse, dafür lagen Informationsmaterialien zu tische Syndrome, in der viele me- sind die Ärzte da, aber man sollte Claus K. Seien Sie kritisch mit der hämatologischen Erkrankungen, dizinische Zusammenhänge z. B. fragen können, warum man Auswahl der Quellen, denen Sie Eisenüberladung, Stammzelltrans- verständlich erklärt werden (von dieses oder jenes Medikament vertrauen. Wenn Sie merken, dass plantation und ähnliches aus, Prof. Germing und Prof. Gatter- vielleicht nicht bekommt. Wenn Sie etwas nicht wissen, notieren meist gesponsert von der Phar- mann). man sich selbst nicht informieren Sie sich die Frage und nehmen Sie maindustrie. Die blauen Hefte der und immer wieder auf den neus- sie mit zum nächsten Arztbesuch. Deutschen Krebshilfe waren sehr Claus K. Die Broschüren der ten Stand bringen möchte, so Und: Versuchen Sie, andere Men- informativ. Deutschen Leukämie- & Lym- könnte dies der/die Partner/in für schen kennenzulernen, bei denen phom-Hilfe e. V. (DLH), sowie die einen tun. MDS diagnostiziert wurde. Es ist Edith B. Wie vorher schon er- Internetseiten des Kompetenznet- ein sehr befreiendes Gefühl, wenn wähnt, die meisten für mich ver- zes Leukämie (www.kompetenz- Daniela M. Ich habe anfangs es Ihnen gelingt, Ihre Vereinzelung ständlichen Informationen habe netz-leukaemie.de). versucht, Informationen im Inter- zu überwinden. 26 27
Wie sind Sie bei der Suche nach dem Auswahl des Arztes/Klinikums „richtigen“ Behandler vorgegangen? Welche Kriterien sind für Sie in der Behandlung wichtig? Bergit K. Der Internist schickte Ute S. Wie schon erwähnt hat nächstgelegene ambulante Onko- Bergit K. Vertrauen zum Arzt, war, musste eine Klinik gefunden gendwo anders eine Zweitmei- mich aufgrund der Blutwerte um- mein Hausarzt die Wahl getroffen, logie überwiesen. dass er sich Zeit für mich nimmt, werden, die Stammzelltransplan- nung holt. Ebenso wichtig ist aber gehend zum Hämatologen und mit der ich viel Glück hatte. dass er auf unser Gespräch vorbe- tationen durchführt. auch die persönliche Atmosphäre der Hämatologe nach einiger Zeit Petra M. Ich habe mich von reitet ist, ein Gespräch auf Augen- in einer Arztpraxis bzw. die Pflege- zu den MDS-Experten in die Uni Claus K. Um einen guten Haus- mehren Ärzten und Hämatologen höhe, verständliche Informatio- Claus K. Mir ist wichtig, dass die qualität in einer Klinik, der Ser- klinik. Da bin ich bis heute in Be- arzt zu finden, als ich Anfang beraten lassen und mich schließ- nen über die Aussichten der Ärzte wissen, was sie tun, sie gut vice, die Freundlichkeit und nicht handlung. 2007 nach Berlin zurückzog, habe lich von meinem guten Gefühl lei- Behandlung und über mögliche informiert sind und dass sie mich zu vergessen: Die Hygiene. ich Freunde gefragt. Und um die ten lassen. Nebenwirkungen, eine gute Mi- auch als Mensch wahr und ernst Edith B. Mein Hämatologe hat „richtige“ Klinik zu finden, habe schung zwischen Beruhigung, nehmen. Dass sie anstehende the- Petra M. Wichtig war mir ein mir die freie Wahl gelassen. Für ich mich zum einen von meinem Vermittlung von Hoffnung und rapeutische Entscheidungen mit professionelles Umfeld und Ver- mich war die Wohnortnähe das Hausarzt beraten lassen und zum Realitätssinn in einer freundlichen mir durchsprechen und dabei trauen, dass der eingeschlagene Ausschlaggebende. anderen von zwei Freunden, die Atmosphäre. Einmal hat mir ein auch alternative Optionen aufzei- Weg der richtige ist. Es hat mir Ärzte sind und sich auskennen Arzt gesagt: „Wenn Sie immer al- gen. Dass sie mir die Möglichkeit auch gut getan zu wissen, dass Daniela M. Durch meinen Sohn bzw. besseren Zugang zu Infor- les so genau wissen wollen, müs- geben, Fragen zu stellen, und diese Tag und Nacht jemand für mich wusste ich, dass die Uniklinik Düs- mationen hatten als ich. sen Sie es auch aushalten kön- so beantworten, dass ich sie ver- da ist. seldorf ein Kompetenzzentrum für nen.“ Klare Ansagen, auch sie sind stehe. Dass sie offen und ehrlich MDS hat, darum hat sich mir die Wolfgang H. Da gabs nichts zu hilfreich. zu mir sind, und dass sie nicht Frage nach der „richtigen“ Klinik suchen ... Mein besorgter Hausarzt verbergen, wenn sie unsicher sind. nicht weiter gestellt. hat mich vor fast zwei Jahren we- Edith B. Da mein MDS inzwi- Und dass sie nicht persönlich be- gen meiner Blutwerte in die schen in eine AML übergegangen leidigt sind, wenn man sich ir- 28 29
Welche Informationen aus den Aufklärungs- Empfehlungen gesprächen waren besonders wichtig für Sie? Behandlungsentscheidungen Auswahl des Arztes/Klinik Einflussmöglichkeit auf Bergit K. Zur Behandlung von Claus K. Seien Sie ein mündiger Bergit K. Dass es – im Unter- Ute S. Für mich war die Erkennt- die HIV-Infizierten einteilte in die MDS sollte man sich auf jeden Patient. Respektieren Sie zwar die schied zu vor 10 bis 15 Jahren – nis wichtig, dass die Krankheit Unschuldigen, etwa Kinder und Fall in ein MDS-Center-of-Exel- Kompetenz und die Person Ihres Behandlungsmöglichkeiten gegen zwar nicht zu heilen ist, man aber Bluter, und diejenigen, die selbst lence begeben, auch wenn das Arztes, aber nicht seinen weißen MDS gibt, die zwar nicht heilen, doch ganz gut mir ihr leben kann. Schuld sind, etwa die Heroinsüch- bedeutet, eine längere Anfahrt zu Kittel. Bedenken Sie, dass Ihre aber eine Verschlechterung hin- Und den Alltag wie - früher ge- tigen oder wir Schwulen. Mein haben. Hausärzte wissen mehr- Krankenakte Ihnen gehört, nicht auszögern können. Dass ich wäh- wohnt - weiter bewältigen kann. Freund, der HIV-infiziert war, heitlich noch sehr wenig über die- Ihrem Arzt. rend der Therapie engmaschig pflegte sich darüber zu mokieren ses Krankheitsbild und haben oft kontrolliert werde, dass man gut Claus K. Ich musste gerade la- und sagte dann immer: „Also ich keinen Zugang zu Studien. Wolfgang H. Wenn Sie Zweifel auf mich aufpasst. Dass mehrere chen, als ich die Frage las. Mein habe mich an einer Glasscherbe an der Diagnose oder Therapie MDS-Experten auf meinen Fall Arzt sagte einmal zu mir, dass ich infiziert, ich gehöre zu den un- Daniela M. Ich hatte das Glück, haben, dann holen Sie eine zweite gucken, damit der Transplantati- mir nichts vorzuwerfen habe, dass schuldigen Opfern.“ sofort einem Arzt zu begegnen, Meinung ein! onszeitpunkt nicht etwa verpasst ich alles richtig gemacht habe. dessen Kompetenz ich umfassend wird. Das Prinzip Hoffnung. Dass man an MDS nicht „selbst vertraut habe und auf einer Stati- Petra M. Nehmen Sie sich die Schuld“ ist, wie z. B. an einer In- on zu liegen, auf der ich mich Zeit und die Ruhe verschiedene Daniela M. Für mich war es fektionskrankheit , weil man sich aufgehoben fühlte! Wenn dieses Kliniken anzusehen. Versuchen Sie wichtig, über die Risiken und die nicht geschützt hat. Das fand ich Gefühl nicht da ist, sollte man nicht allein zu sein, sondern neh- Chancen der Behandlung aufge- wichtig, obwohl es mir peinlich versuchen, ein solches Umfeld zu men Sie sich „Verstärkung“ mit klärt zu sein, um eine Entschei- war, dass ich es wichtig fand für finden. (Partner, Freunde)! dung treffen zu können. mich. Denn ich erinnere mich ja noch gut an die Zeiten, als man 30 31
Wie hat Ihr Arzt mit Ihnen über das Hatte das Auswirkungen auf Behandlungsziel gesprochen? das Einhalten Ihrer Therapie? Behandlungsentscheidungen Einflussmöglichkeit auf Bergit K. Bei MDS-Therapien von meinem behandelnden Arzt tation sein kann. Die „wagen“ wir Bergit K. Nicht das Behand- tisch möglich wäre. Kein Arzt gibt geht es immer um eine wahr- ausführlich erklärt und bildlich erst, wenn meine Blastenzahl sich lungsziel, sondern die möglichen gern solch einen Rat. Und kein scheinliche und vorübergehende dargestellt. der gefährlichen 20-Prozent-Mar- Nebenwirkungen haben in einem Patient akzeptiert gern solch ei- Ansprechrate. Ziele sind eine ke nähert oder aber, wenn diese Fall dazu geführt, dass ich eine nen medizinischen „Offenba- Transfusionsunabhängigkeit und/ Claus K. Das haben wir: Ziel 1: Therapiemethode soweit verfeinert Therapie abgelehnt habe. Wenn rungseid“. Aber obwohl ich mich oder sogar eine vorübergehende Zeit gewinnen, bis die therapeuti- ist, dass man ihren tatsächlichen ich eine Therapie beginne, versu- innerlich anfangs gegen dieses Remission. Dabei kommen auch schen Möglichkeiten sich verbes- Erfolg effektiver planen und vor- che ich auf jeden Fall therapietreu Nichtstun aufbäumte, ließ ich die Risiken der Therapie zur Spra- sert haben. Ziel 2: alles vermeiden, hersagen kann. Gesprochen haben zu sein. mich von meinem Arzt Schritt für che. Bei zwei Medikamenten wur- was irreversible Schäden an den wir auch darüber, ab wann ich Schritt, sprich Therapieoption für de ich bei einer statistischen An- Entgiftungsorganen verursachen Blutkonserven bekommen könnte, Daniela M. Es hatte großen Ein- Therapieoption, von ihm überzeu- sprechrate von 30 bis 40 % eine könnte. Ziel 1 wollen wir erreichen möchte oder sollte. Wir warten, bis fluss auf meine Entscheidung für gen, dass man einstweilen wirk- Zeitlang transfusionsunabhängig. durch Nichtstun bei gleichzeitiger ich weniger als 9 g/dl Hämoglobin die Transplantation! lich am besten erst mal abwartet. Ein toller Erfolg, den ich jetzt im engmaschiger Blutkontrolle. Ziel 2 im Blut habe. Rahmen einer Studie zu wieder- ist natürlich größer, nämlich mei- Claus K. Oh ja, unser Therapie- Petra M. Ja, sicher. Denn die holen hoffe. ne vollständige Genesung bei Wolfgang H. Mein Arzt hat als plan ist sehr partnerschaftlich Aussicht auf komplette Heilung gleichzeitiger Vermeidung von Or- Ziel die Unabhängigkeit von Blut- entworfen worden. Es ist ja auch hat mir sehr viel Kraft gegeben. Daniela M. Das Ziel der erwähn- ganschädigungen durch etwaige transfusionen genannt. eine starke, seltene, fast radikale ten Transplantation war eine voll- Abstoßreaktionen. Was zurzeit Entscheidung, angesichts so einer ständige Heilung. Die Chancen, nach Expertenmeinung in meinem Petra M. Das Ziel ist Heilung. Diagnose übereinzukommen, auf aber auch die Risiken, wurden mir Fall nur die Stammzelltransplan- alles zu verzichten, was theore- 32 33
Empfehlungen Mit welchen Gefühlen gehen Sie zur Kontrolle? Behandlungsentscheidungen Umgang mit Schwankungen Einflussmöglichkeit auf Bergit K. Mit dem Arzt eng zu- Daniela M. Stellen Sie all die Fra- Claus K. Ich empfehle Mündig- Bergit K. Immer mit gemischten Ute S. Zurzeit mit sehr gemisch- Petra M. Ich bin immer vor jeder sammenzuarbeiten. Zu versuchen gen, die Sie haben! Wenn sie Ih- keit. Wer sich zutraut, die Ar- Gefühlen! Oft mit dem innerlichen ten Gefühlen, da ich ein neues Kontrolle sehr nervös. Ich hoffe eine Therapie sehr bewusst und nen nicht geduldig und verständ- beitsweise seines blutbildenden Stoßgebet: „Hoffentlich ist mein Präparat erhalten soll, das in gute Blutwerte zu haben. positiv anzunehmen, therapietreu lich beantwortet werden, suchen Organs zu verstehen, für den ist Hb-Wert nicht unter 8,0.“ Es ist al- Deutschland noch nicht zugelas- der Laborwerte zu sein, die Einnahmevorschriften Sie sich eine andere Klinik, die auf es eigentlich dann auch kein so lerdings so, dass man nach Jahren sen ist. genau zu beachten, die Therapie die MDS-Behandlung spezialisiert großer Schritt mehr, die durch der ständigen Blutkontrolle den ei- nicht selbstständig zu unterbre- ist. Für mich war es auch wichtig, das myelodysplastische Syndrom genen Hb-Wert ziemlich genau vo- Claus K. Na ja, natürlich hofft chen oder abzubrechen. Kurz: al- dass ich bei den Vorgesprächen in hervorgerufenen Funktionsstö- raussagen kann. Ein Absturz ist man immer, dass sich die Blut- les dafür zu tun, damit das Medi- Begleitung meines Sohnes oder ei- rungen nachzuvollziehen. Und daher oft keine Überraschung werte wenigstens seit der letzten kament seinen Job machen kann. ner Freundin war, denn es ist wirk- der dritte Schritt wäre dann, mehr. Natürlich beobachte ich Kontrolle nicht verschlechtert ha- Bei unerträglichen Nebenwirkun- lich eine Fülle von Informationen, dass man sich Informationen be- auch die klinischen Werte, also Le- ben. Und seitdem ich hochdosiert gen sollte man sich jedoch sofort die man bekommt! In Gesprächen sorgt, wie wirksam die auf dem ber-, Nieren-, Entzündungswerte EGCG zu mir nehme, den Wirk- beim Arzt oder im Krankenhaus darüber fällt es viel leichter, eine Markt befindlichen Therapie- usw. Man wird mit der Zeit nach- stoff des Grüntees, warte ich ei- melden, auch am Wochenende. Entscheidung zu treffen. möglichkeiten für einen selbst sichtiger gegenüber Werten, die gentlich sogar auf eine Verbesse- sein könnten. sich außerhalb der Norm befinden. rung. Daniela M. Ich habe keine Angst, Wolfgang H. Ich gehe mit Neu- bin höchstens gespannt, ob und gier zu Kontrollen, weil ich wissen wie weit sich meine Werte verbes- möchte, ob und wann sich was sert haben. getan hat. 34 35
Welche Bedeutung haben „schlechte“ Wie läuft die Kontrolle Ihrer Laborwerte ab? oder „gute“ Ergebnisse für Sie? Umgang mit Schwankungen Bergit K. Ich muss tatsächlich Ute S. Zurzeit fast alle zwei Wo- sen“ von etwa drei Wochen wird Bergit K. Immer noch eine sehr Claus K. Gute Werte beruhigen Wolfgang H. Es gibt für mich mindestens alle zwei Wochen zur chen, da meine Blutwerte sehr ein- bis zweimal kontrolliert. große. Zum Beispiel bin ich bei ei- und schlechte beunruhigen. Es ist keine „schlechten“, sondern nur Blutkontrolle ins Krankenhaus. schlecht sind. Am Anfang der Er- nem Hämoglobinwert von 7,9 natürlich wichtig zu wissen, wo „weniger gute“ Ergebnisse, die Das hat etwas mit meiner Trans- krankung war ich dafür einmal im Petra M. Jetzt, 18 Monate nach niedergeschlagen. Bei 8,2 Hb man steht. Aber ich merke doch sich bessern können. der Laborwerte fusionsabhängigkeit zu tun und Monat bei meinem Hausarzt. der Transplantation, werden die nicht so sehr, weil das eben über oft, dass ich die Laborergebnisse mit den möglichen Nebenwirkun- Laborwerte im Abstand von vier acht ist. Psychologie der Zahlen. nicht nur als Fakt nehme, sondern Petra M. Gute Ergebnisse ma- gen des Eisenchelators. Im Rah- Claus K. Anfangs monatlich. Wochen kontrolliert. Die Kontrol- Jeder weiß, dass die 0,3 Unter- ihnen darüber hinaus auch noch chen mich sicherer den richtigen men einer Studie muss ich dem- Mittlerweile lasse ich sie beim Hä- len erfolgen in der Uniklinik Ulm. schied etwa durch Tagesschwan- einen Einfluss auf meine Stim- Weg zu gehen. Bei schlechteren nächst sogar wöchentlich zur matoonkologen nur noch alle zwei Die Abstände der Kontrollen wer- kungen, durch den Transport des mung gestatte. Das ist schwer ab- Ergebnissen kommt die Angst, die Kontrolle. bis drei Monate kontrollieren. Zwi- den größer, je weiter die Trans- Blutes oder durch ein anderes zustellen. Natürlich habe ich Krankheit könnte zurückkommen. schendurch gibt auch mein Haus- plantation zurückliegt. Analysegerät, in dem das Blut nichts dagegen, wenn ein gutes Daniela M. Im Moment brauche arzt immer mal wieder ein „kleines ausgewertet wird, bedingt sein Ergebnis meine Stimmung hebt. ich nur noch alle vier Wochen zur Blutbild“ in Auftrag. Der ist näm- können. Ich wäre gerne unabhän- Aber dass ein schlechtes Ergebnis routinemäßigen Kontrolle. Ich lich für meine monatliche Vitamin gig von Laborwerten, aber bin es mich bedrückt, das hilft mir über- fahre dazu in die Transplantati- B12-Substitution zuständig. nicht. haupt nicht. Da hilft nur Rationa- onsambulanz der Uniklinik, bei der lität und ein ernstes Wörtchen mit ich bei Problemen auch zwischen- Wolfgang H. In den sieben Tagen Ute S. Die Frage erübrigt sich – der eigenen Psyche. durch anrufen kann. „Spritzerei“ werden die Blutwerte schlechte – schlecht, gute – gut. täglich im Labor des Krankenhau- ses ermittelt. In den „Spritzenpau- 36 37
Was hilft Ihnen im Umgang mit „schlechten“ Ergebnissen? Empfehlungen Umgang mit Schwankungen Bergit K. Das Verdrängen, da bin Auf und Ab mancher Werte im Be- lachen kann, ist da Hoffnung. Bergit K. Sich von Laborwerten duld und Menschen, die immer ich ganz ehrlich. Die eigenen Ein- reich der Normalität ist. Wenn das aufhört, sollte ich bes- relativ unabhängig zu machen, sie wieder zuhören. flussmöglichkeiten sind ja gleich ser auch aufhören zu atmen. aber trotzdem immer im Auge zu null. Natürlich hilft auch, wenn Ute S. Mein Mann, meine Und wer? Kontakt zu anderen behalten. Dabei natürlich nicht Claus K. Klingt einfach, ist super- der Laborwerte der Arzt sagt, „der Wert“ sei zwar Schwester und Freunde sprechen Menschen überhaupt. Ich lebe ja den einzelnen Wert betrachten, schwer: Freuen Sie sich über gute schlecht, aber möglicherweise nur mir Mut zu, aber ich muss da al- leider allein, und wenn man sich sondern die Entwicklung mehrerer Werte, aber beweisen Sie, dass Sie ein Ausreißer. Oft ist es tatsäch- leine durch. Bei Schmerzen helfen isoliert, neigt man dazu, im eige- Wochen oder Monate berücksich- ein Fels in der Brandung sind und lich schon so gewesen, dass sich Tabletten – bei schlechten Werten nen Saft zu schmoren. Und sich tigen. Arzt oder Schwestern fra- keine Memme, wenn das Gegen- Werte langfristig wieder verbes- nur die Hoffnung, dass es auch zu bedauern. Man wird leicht zum gen, wenn einem etwas auffällt, teil der Fall ist. Wenn das zu sern. Ich reagiere stark auf die wieder „bergauf geht“, z. B. nach Hypochonder. Isolation ist Gift. dabei lieber einmal zu viel als zu schwierig ist: Lenken Sie sich ab professionelle Beruhigung eines einer Transfusion. Deshalb: Erst mal jemanden anru- wenig fragen. Es kann durchaus und widmen Sie sich einer Tätig- kompetenten Arztes, aber auch fen. Man muss gar nicht über das sein, dass bei dieser großen Da- keit, bei der Sie sich nicht als „Pa- auf die Tröstungen meines Man- Claus K. Was? Wenn ich gar zu Laborzeugs reden. Sondern sich tenmenge mal was durchrutscht. tient“ fühlen. Egal, was es ist: nes, der mich aus der Dramatisie- dysfunktional reagiere, stelle ich stattdessen dafür interessieren, Laborwerte zu Hause als Kopie Doppelkopf, Konzert, Ihr Hobby. rung holt. mir mich als Figur in einem Car- wie es der anderen Person geht. abheften. Beschließen Sie einfach, stark zu toon vor. Als Schreckschraube, die Und schon öffnet sich ganz von sein. Lassen Sie sich nicht gehen. Daniela M. Meine Familie, meine in Ohnmacht fällt, nachdem sie selbst die Tür der Isolationszelle, Daniela M. Es dauert wirklich MDS ist nun mal nichts für Zim- Freunde, mit denen ich darüber erfährt, dass die Milchstraße ver- in der man sich mit seinen Labor- das vor einer Transplantation vor- perlieschen. sprechen kann. Die Ruhe meines glühen wird. Ich denke immer, so werten verbunkert hatte, und der ausgesagte Jahr, bis sich eine Sta- Arztes, der mir erklärt, dass das lange ich über mich selbst noch Horizont wird weiter. bilität einstellt. Da braucht es Ge- 38 39
Womit haben Sie „kämpfen“ müssen, Welche Auswirkungen hat die Behandlung? und wie haben Sie dies gemeistert? Erfahrungen während der Bergit K. Ich habe schon mehrere Bauchschmerzen, Nieren- und Bla- auf ein Weiterleben nie aufgege- bekomme ich Tabletten. Wenn ich Bergit K. Alle massiv auftreten- habe ich mich intensiv mit mei- Therapien erhalten, außerdem be- senprobleme, Ausschlag … Da ist ben. die Mitpatienten sehe, die alle am den Nebenwirkungen stellen eine nem Krankheitsbild auseinander- komme ich alle zwei Wochen eine insgesamt einiges, was ich schon Tropf hängen, freue ich mich über Therapie für den Betroffenen erst- gesetzt. Aber, als das MDS nach Bluttransfusion von roten Blutkör- wegstecken musste. Ich habe bis- Ute S. Die körperlichen Auswir- „meine Gesundheit“. mal infrage. Es ist jedoch manch- einem Jahr in eine AML überge- perchen. Grundsätzlich machen her das Glück gehabt, dass sich kungen waren sehr unangenehm, mal wichtig, die Nebenwirkungen gangen war, kam der erste seeli- Behandlung mir die Anämiesymptome am alle Nebenwirkungen nach einer da ich das Medikament schlecht Petra M. Die Therapie war körper- eine Zeit lang zu ertragen, in der sche Zusammenbruch mit Ratlo- meisten zu schaffen: Erschöp- Zeit wieder gegeben haben. Nur in vertragen habe. Das Erfreuliche lich, wie seelisch sehr belastend. Hoffnung, dass sie wieder vorbei- sigkeit, Heulen und Wutanfällen. fungszustände, Atemnot bei kör- einem Fall musste das Medikament war, dass ich statt fünf Sitzungen Ich dachte manchmal, dass ich gehen. Diese Zeit des „Aussitzens“, Doch es half ja alles nichts, ich perlicher Anstrengung, manchmal abgesetzt werden. nur drei brauchte, bis meine Blut- nicht mehr kann, aber ich wurde in der auch die Ärzte unsicher musste mich mit den Tatsachen Herzrhythmusstörungen, große werte sich normalisiert hatten. Da- vom ganzen Team gut aufgefan- sind, wie man am besten weiter- abfinden. Die zweite Phase eines Müdigkeit ohne unbedingt schla- Edith B. Meine Behandlungszeit nach hatte ich drei Monate Ruhe, gen. Es kam auch immer wieder macht, zerrt ziemlich an den Ner- ähnlichen seelischen Knicks kam, fen zu können. Diese Symptome war sehr langwierig und körper- bis erneut gespritzt wurde, und die Kraft in mich und ich wusste: ven. Es geht manchmal darum, als ich ca. fünf Monate nach der weisen mich immer darauf hin, lich anstrengend. Insgesamt im Nebenwirkungen immer schlimmer “Jetzt denkt grade eben jemand herauszubekommen, ob der Nut- Transplantation von meinem Re- dass eine erneute Transfusion not- Rückblick gesehen, empfand ich wurden. Jetzt setzte man das Medi- ganz fest an dich ... !!!“ Körperlich zen oder der Schaden einer Thera- zidiv erfuhr. Da dachte ich, ich wendig ist. Psychisch bin ich dann jede Behandlung als neue Hoff- kament ab. Die seelische Belastung zu sehen, wie schnell man einen pie größer ist. Dazu sollte man muss wohl doch sterben. Aufge- auch nicht so besonders stabil. nung auf Besserung. Auch wenn war hoch. Menschen „runterfahren“ kann, nicht gleich aufgeben. ben wollte ich aber nicht. Ich be- Während medikamentöser Thera- mir bewusst war, dass meine Leu- das war schon eine Erfahrung - gann, mich mit meiner Psyche zu pien hatte ich diverse unangeneh- kämie und/oder die Begleiterkran- Wolfgang H. Nach den Spritzen der seelische Zustand nach einer Edith B. Nach dem Ende meiner beschäftigen, mit autogenem me Nebenwirkungen wie hartnä- kungen jederzeit zum Tode führen ist meine Bauchdecke rot und Hoch-Dosis-Chemotherapie ist Berufstätigkeit, das war ein Vier- Training, Lebensplanung nach ckige Verstopfung oder Durchfall, können, habe ich die Hoffnung brennt etwas. Gegen die Übelkeit heute noch ein Problem. teljahr nach der Diagnose MDS, dem Buch von Dr. Simonton. Von 40 41
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