N BERICHT der Medienanstalten - Bayerische Landeszentrale für neue ...
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Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Publikation in der Regel das generische Maskulinum verwendet. Die Angaben beziehen sich immer auf Angehörige aller Geschlechter. Herausgeber die medienanstalten – ALM GbR Friedrichstraße 60 10117 Berlin Tel: + 49 30 206 46 90 0 Fax: + 49 30 206 46 90 99 E-Mail: info@die-medienanstalten.de Website: www.die-medienanstalten.de Verantwortlich Dr. Wolfgang Kreißig – Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) Projektleitung und Redaktion Dagmar Grigoleit, Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) Copyright © 2021 by die medienanstalten – ALM GbR Stand: Oktober 2021 Alle Rechte vorbehalten ISBN: 978-3-948350-08-6 Design, Bildkonzept, Illustrationen und Satz Rosendahl Borngräber GmbH Website: www.rosendahl-berlin.de Bildnachweise: Illustrationen: © Rosendahl Borngräber GmbH, Kristina Hilse Fotos: Cover, Kyle Ryan, Unsplash S. 6, Foto Dr. Gergana Baeva: privat S. 6, Foto Dr. Simon Berghofer: Jens Jeske S. 6, Foto Thomas Fuchs: Bildwerkstatt Nienstedten S. 6, Fotos Prof. Dr. Uwe Hasebrink und Dr. Sascha Hölig: Leibniz-Institut für M edienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI) S. 6, Foto Dr. Wolfgang Kreißig: David Matthiessen Fotografie/LFK S. 6, Foto Dr. Kristian Kunow: Falk Weiß/mabb S. 6, Foto Steffen Meyer-Tippach: Nikolaus Brade/mabb S. 6, Foto Dr. Tobias Schmid: Landesanstalt für Medien NRW / © Annette Etges Photography S. 6, Foto Siegfried Schneider: Helmuth Seisenberger/BLM S. 6, Foto Eva Spittka: fotostudioneukoelln.de S. 8, Mario Gogh, Unsplash S. 38, 傅甬 华, Unsplash S. 78, Clark Van Der Beken, Unsplash Druck PIEREG Druckcenter Berlin GmbH
Vorwort Meinungsvielfalt im Digitalen sichern Dr. Wolfgang Kreißig Vorsitzender der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) und der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) Der fünfte Vielfaltsbericht der Medienanstalten völkerung. Bei den Jüngeren unter 50 Jahren ist beleuchtet ein ebenso intensives wie komplexes das längst der Fall. Auch beim Meinungsbildungs- Jahr. 2021 ist mit mehreren Landtagswahlen und gewicht baut das Internet seine Spitzenposition der Bundestagswahl ein Superwahljahr und wir weiter aus. Und auch für die lokale Meinungsbil- befinden uns im zweiten Pandemie-Jahr. Die emi- dung haben online verbreitete Informationsange- nente Bedeutung von Medien- und Meinungsviel- bote das größte relative Gewicht. falt für unsere Demokratie offenbart sich in sol- chen Zeiten und angesichts der medialen Macht Die Notwendigkeit für mehr Vielfalt im Nachrich- des Netzes besonders eindrücklich. Für 14 Landes- tenjournalismus vor allem mit Blick auf junge medienanstalten und ihre föderalen Kommissi- Nachrichtennutzerinnen und -nutzer ergibt sich onen stand daher die Umsetzung der neuen Re- aus einem Ländervergleich zwischen Deutsch- gulierung von Online-Medien und -Plattformen land, Frankreich, Großbritannien und den USA. sowie das Thema Desinformation im Zentrum ih- Ansonsten bestehe das Risiko, dass junge Erwach- rer Aktivitäten. sene sich nach alternativen Quellen umschauten, um die für ihren individuellen Alltag relevanten Die pandemiebedingte Zunahme der Internetnut- Informationen ihren Erwartungen entsprechend zung hat die Bedeutung von Medienintermediä- aufbereitet finden zu können und dass sich die ren für die Informationsgewinnung in allen Alters- junge Generation an diese Art des Nachrichten- gruppen weiterwachsen lassen. Voraussichtlich konsums gewöhnen könnte. schon im kommenden Jahr werden sich mehr Menschen über das Internet zum Zeitgeschehen Ein Rückblick auf knapp ein Jahr seit dem Inkraft- aus Deutschland und der Welt informieren als treten des neuen Medienstaatsvertrags zeigt auf, über das Fernsehen – und zwar in der Gesamtbe- wie die Medienanstalten bei der neuen Interme- 4
diäreregulierung den Ausgleich von Meinungs- Doch kann ein wirksamer Schutz demokratischer vielfalt und unternehmerischen Zielen angehen. Schutzgüter nur dann erfolgen, wenn Recht auch Die ersten Fälle zeigen, dass das Instrumentarium effektiv durchsetzbar ist. Womöglich könnte der des Medienstaatsvertrags grundsätzlich funktio- für 2022 avisierte Media Freedom Act der EU eine niert, aber ein weiteres Neujustieren notwendig Möglichkeit eröffnen, die Errungenschaften der sein wird. bestehenden Zusammenarbeit der Europäischen Medienregulierer im Rahmen der ERGA mit einem Dabei helfen uns die Forschungsergebnisse un- ausgeweiteten Durchsetzungsmechanismus in eu- seres Medienvielfaltsmonitors und aus Studien ropäisches Recht zu gießen. wie etwa zur Wirkung von politischer Ansprache in sozialen Medien. Die Vielfalt der Formate, Stra- Der medienpolitische Ausblick am Ende des diesjäh- tegien und Inhalte in diesem Feld und die fließen- rigen Vielfaltsberichts betont daher, dass Medien- den Übergänge zwischen Werbung, Information vielfalt durch ein international vernetztes, kohären- und Meinungsäußerung erfordern eine Klärung, tes Regulierungs- und Aufsichtsinstrumentarium welche Erscheinungsformen als politische Wer- geschützt werden muss. bung eingeordnet und in der Folge reguliert wer- den müssen. Hier ist vor allem der Gesetzgeber In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Inspirati- gefragt. on bei der Lektüre unserer neuesten Forschungs ergebnisse und freue mich, hiermit einen weiteren Für Antworten hierzu blicken wir aktuell auch wertvollen Impuls im Diskurs zum bestmöglichen auf die europäischen Initiativen zur Regulierung Schutz der Freiheitsrechte in unserer demokrati- von Online-Plattformen. Dass Plattformen stär- schen Gesellschaft geben zu können. ker in die Pflicht genommen werden, ist wichtig. 5
Autorinnen und Autoren Dr. Gergana Baeva betreut Forschungs Dr. Kristian Kunow ist stellvertretender projekte der Medienanstalt Berlin-Branden Direktor der Medienanstalt Berlin- burg (mabb), insbesondere zu Fragen der Brandenburg (mabb) und Leiter des Bereichs digitalen Medienvielfalt, der Verbreitung Förderung und Projekte. Er verantwortet von Inhalten online und der Informations- u. a. die Forschungsprojekte der mabb und und Nachrichtenkompetenzen in der begleitet gemeinsame Projekte wie den Bevölkerung. Medienvielfaltsmonitor. Dr. Simon Berghofer betreut in der Gemein Steffen Meyer-Tippach ist Referent für Digi samen Geschäftsstelle der Medienanstalten tale Projekte und Lokaljournalismus bei der Forschungsprojekte im Themenbereich Medienanstalt Berlin-Brandenburg. Digitalisierung, Konvergenz und Medien Er berät die Direktorin und den Medienrat nutzung. Darüber hinaus befasst er sich bei lokaljournalistischen Themen und koor mit medienökonomischen Fragen der Benut diniert verschiedene digitale Projekte. zeroberflächen- und Plattformregulierung. Thomas Fuchs ist Direktor der Medien Dr. Tobias Schmid ist Direktor der Landes anstalt Hamburg/Schleswig-Holstein anstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen (MA HSH). Bundesweit ist er Koordinator und Europabeauftragter der DLM. Zudem des Fachausschusses „Netze, Technik, ist er Vorsitzender der European Regula Konvergenz“ der Medienanstalten und tors Group for Audiovisual Media Services Themenbeauftragter „Intermediäre“ (ERGA) und Mitglied im Fachausschuss der DLM. für Kommunikation und Information der Deutschen UNESCO-Kommission. Prof. Dr. Uwe Hasebrink ist Direktor des Siegfried Schneider war von 2011 bis Leibniz-Instituts für Medienforschung | 30.9.2021 Präsident der Bayerischen Hans-Bredow-Instituts und Professor für Landeszentrale für neue Medien (BLM). Empirische Kommunikationsforschung Von 2008 bis 2011 gehörte er als Leiter der an der Universität Hamburg. Er forscht im bayerischen Staatskanzlei bereits dem Bereich Mediennutzung und -wirkung. Medienrat an. Davor war er Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus. Dr. Sascha Hölig ist Senior Researcher am Eva Spittka ist Referentin für Programm und Leibniz-Institut für M edienforschung | Forschung in der Gemeinsamen Geschäfts Hans-Bredow-Institut in Hamburg. Sein stelle der Medienanstalten. Sie betreut Forschungsschwerpunkt ist die informa Forschungsprojekte für den Fachausschuss tionsorientierte Mediennutzung in neuen Regulierung ebenso wie die Themen Medienumgebungen. Desinformation, Public Value, politische Werbung und Barrierefreiheit. Dr. Wolfgang Kreißig ist seit Januar 2020 Vorsitzender der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) und der Direktorenkon ferenz der Landesmedienanstalten (DLM). Seit April 2017 ist er Präsident und Vorsit zender des Vorstandes der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg. 6
Inhalt 1 Alte Normen – neue Nutzungsformen: Konzentrationskontrolle muss neu gedacht werden 8 Ergebnisse der Mediengewichtungsstudie 2021-I Siegfried Schneider 2 Anteile der Medienunternehmen am Meinungsmarkt 26 Ergebnisse des Medienvielfaltsmonitors 2021-I Dr. Simon Berghofer 3 Lokale Medien in der Krise und ihre Relevanz für die Meinungsbildung 38 Ergebnisse der Mediengewichtungsstudie 2021-I Dr. Kristian Kunow und Steffen Meyer-Tippach 4 Regulierung von Medienintermediären 46 Erste Erfahrungen aus der Praxis Thomas Fuchs 5 Europäische Regulierung von Online-Plattformen 52 Wie kann die Durchsetzung geltenden Rechts gelingen? Dr. Tobias Schmid 6 Oft unbezahlt und doch wirkungsvoll: politische Ansprache in Sozialen Medien 58 Dr. Gergana Baeva und Eva Spittka 7 Junge Erwachsene und Nachrichten 66 Nutzung, Erwartungen und der Eindruck, nicht ausreichend repräsentiert zu sein. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA im Vergleich. Dr. Sascha Hölig und Prof. Dr. Uwe Hasebrink 8 Meinungsvielfalt im Digitalen sichern! 78 Ein medienpolitischer Ausblick Dr. Wolfgang Kreißig 7
Online-first-or-onlys Info-Snacker 18 % 20 % 5% Anspruchsvolle Info-Experten 34 % Nebenbei informierte Zuschauer 14 % Informierte Allrounder 9% Infoaffine Zeitungsleser Informationsverhalten der Bevölkerung Anteil der Info-Typen in Prozent Basis: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland (n = 4.455); Quelle: Mediengewichtungsstudie 2020-II (Kantar).
Alte Normen – neue Nutzungsformen: Konzentrations kontrolle muss neu gedacht werden Ergebnisse der Mediengewichtungsstudie 2021-I Siegfried Schneider Die Sicherung der Medienvielfalt ist in der digitalen Medienwelt wichtiger denn je. Denn ein qualitativ hochwertiges publizistisches Angebot ist Grund- voraussetzung für den freien Austausch von Meinungen und den demokra- tischen Willensbildungsprozess. Mit der Verankerung des Grundrechts in Ar- tikel 5 des Grundgesetzes wurde die Meinungsfreiheit quasi zur Bedingung von Demokratie erklärt. Daraus leitet sich unmittelbar der verfassungsrecht- liche Auftrag ab, durch gesetzgeberische Maßnahmen Medienvielfalt zu ge- währleisten. Kernaufgabe der Medienpolitik ist es daher, Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen frühzeitig zu erkennen und einen zu großen Einfluss bestimmter Gruppen oder einzelner Personen auf die Meinungsbil- dung zu verhindern. Über das grundsätzliche Ziel herrscht Einigkeit, aber der Weg dorthin ist nicht einfach. Einig ist man sich, dass die aktuelle Konzentrationskontrolle aufgrund ihrer Fernsehzentriertheit vor dem Hintergrund medienkonvergen- ter Entwicklungen und insbesondere der gestiegenen Relevanz des Internets als Informationsquelle nicht mehr zeitgemäß ist. Mit Blick auf die aktuel- len Ergebnisse der Mediengewichtungsstudie der Medienanstalten ist da- 9
von auszugehen, dass sich voraussichtlich schon aufgefunden zu werden. Beide Entwicklungen im kommenden Jahr mehr Menschen in Deutsch- haben im ersten Jahr der Corona-Pandemie einen land über das Internet zum Zeitgeschehen aus enormen Schub erfahren, der weiterhin anhält. Deutschland und der Welt informieren werden Die Frage nach der Macht und nach der Verant- als über das Fernsehen – und zwar in der Gesamt- wortung der Plattformen stellt sich also dringen- bevölkerung. Bei den Jüngeren unter 50 Jahren ist der denn je. das längst der Fall. Dennoch hat das veraltete Me- dienkonzentrationsrecht unverändert Eingang in Mit dem Medienstaatsvertrag haben die Länder den aktuellen Medienstaatsvertrag vom Novem- das Problem angepackt und Medienintermediäre ber 2020 gefunden. Die Aufgabe bleibt also, Ant- in die Regulierung einbezogen. Einmalig in Euro- worten zur Regulierung von Meinungsmacht in ei- pa sind sie in Deutschland verpflichtet, ihre Such- ner konvergenten Medienwelt zu finden. und Sortierlogiken offenzulegen und journalis- tisch-redaktionelle Angebote diskriminierungsfrei Einig ist man sich auch, dass Medienintermediäre darzustellen (s. Kap. 4). Damit haben die Länder ei- wie Google, Facebook, Twitter & Co. in die Regu- nen wichtigen Schritt in Richtung zeitgemäße Re- lierung einbezogen werden müssen. Noch nie in gulierung vollzogen. Aber Transparenzgebot und der Menschheitsgeschichte konnten so viele ihre Diskriminierungsverbot allein vermögen vorherr- Meinung frei äußern wie im Zeitalter der sozia- schende Meinungsmacht nicht zu verhindern. In len Medien. Seit Jahren wird kontrovers diskutiert, einer sich rasant wandelnden Welt Meinungs- wie groß ihre Meinungsmacht wirklich ist. Dass vielfalt zu sichern, ist vielmehr eine Aufgabe, die sie den Verlauf öffentlicher Diskurse beeinflussen sich kontinuierlich ändert und neue Antworten können, haben schon die US-Präsidentschafts- braucht. wahlen verdeutlicht. Auch die Sperrung der Social- Media-Accounts von Donald Trump – unabhän- Eine wichtige Grundlage für die Aufgabe der Viel- gig davon, ob dies zu rechtfertigen ist oder nicht faltssicherung bildet der Medienvielfaltsmonitor – wirft die grundsätzliche Frage auf, wie frei Mei- (s. Kap. 2), mit dem die Medienanstalten kontinu- nungen sind, wenn Unternehmen wie Twitter und ierlich die Entwicklung der Rundfunk- und Me- Facebook darüber entscheiden, wer vom Netz ge- dienlandschaft in Deutschland untersuchen und nommen wird, und darüber hinaus maßgeblich dokumentieren. Die empirische Datengrundlage algorithmenbasiert darauf Einfluss nehmen, wer liefert dafür die Mediengewichtungsstudie, die re- welche Nachrichten zu sehen bekommt. präsentativ für die deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren die Relevanz der einzelnen Medien- Die aktuellen Ergebnisse der Mediengewichtungs- gattungen für die Meinungsbildung ermittelt. studie belegen die zunehmende Relevanz von Me- dienintermediären bei der Nutzung von Informa- Die Relevanz der einzelnen Mediengattungen er- tionen zum Geschehen in Deutschland und der gibt sich dabei aus ihrem spezifischen Bedeu- Welt. Gleichzeitig werden auch die Informations- tungsgewicht – daher auch der Name der Stu- angebote der klassischen Medienanbieter immer die – für die Meinungsbildung. Dieses potenzielle häufiger online genutzt und sind damit verstärkt Meinungsbildungsgewicht wiederum errechnet auch auf Google, Facebook & Co. angewiesen, um sich aus der „informierenden Tagesreichweite“ 10
der Gattungen Fernsehen, Hörfunk, Tageszeitung, wertung 2021-II liefert Anhaltspunkte für eine ers- Publikumszeitschriften und Internet und der sub- te Einordnung: Handelt es sich bei bestimmten Er- jektiven Bedeutung der jeweiligen Gattungen für gebnissen aus 2020 um Effekte der Pandemie oder die Informationsvermittlung. Zur Ermittlung der um eine Fortsetzung langfristiger Trends? Tagesreichweite geben über das ganze Jahr hin- weg Tag für Tag insgesamt mindestens 2.800 Be- Mit Blick auf die informierende Mediennutzung fragten pro Jahr Antworten auf die Fragen, welche über die letzten zweieinhalb Jahre lassen sich drei Mediengattungen sie am Vortag genutzt haben, Kernergebnisse herausstellen (s. Abb. 1.1 und 1.2). ob sie dort Informationen zum Zeitgeschehen aus Deutschland und der Welt wahrgenommen ha- Erstens: Das Fernsehen bleibt weiterhin das In- ben und welche Mediengattung für sie persönlich formationsmedium mit der höchsten Tagesreich- die wichtigste Informationsquelle ist. Seit 2016 weite. Allerdings kann es seinen über das gesamte wird im Rahmen der Mediengewichtungsstudie Jahr 2020 ermittelten Spitzenwert (58,7 Prozent) nach demselben Verfahren auch die Relevanz der nicht halten. Mit 55,5 Prozent der Bevölkerung ab Medienintermediäre für die Meinungsbildung als 14 Jahren in Deutschland, die an einem durch- Schwerpunkt ermittelt. schnittlichen Tag Informationen aus Deutschland und der Welt im Fernsehen wahrnehmen, nähert Auf der Überholspur: Informierende Nutzung sich die Tagesreichweite wieder dem Niveau von via Internet steigt weiter 2019 vor Corona (53,6 Prozent). Zweimal pro Jahr berichten die Landesmedien- Zweitens: Das Internet erfährt im Corona-Jahr anstalten auf Basis der Mediengewichtungsstu- 2020 den größten „Nutzungsschub“ und wächst die über die Entwicklung der Relevanz der Medi- weiter. Um 14 Prozentpunkte ist seine informie- en für die Meinungsbildung in Deutschland. Die rende Tagesreichweite seit 2019 gestiegen. Mit Ergebnisse beruhen jeweils auf den Daten eines einem Anteil von 52,6 Prozent der ab 14-Jährigen, ganzen Jahres, um saisonale Effekte auf die Me- die sich pro Tag im Netz über die Geschehnisse in diennutzung oder einen verzerrenden Einfluss Deutschland und der Welt informieren, bestätigt kurzfristiger Ereignisse auszugleichen. Im letzten das Internet seinen zweiten Platz vor dem Radio, Jahr haben wir an dieser Stelle anhand von Son- den es erstmals 2020-II eingenommen hat. Mehr deranalysen über die Monate März bis Juni das noch, der Abstand zum „Info-Leitmedium“ Fern- Ausmaß der gestiegenen Informationsnutzung sehen schrumpft auf ein historisches Tief von nur während des ersten Corona-Lockdowns berichtet. noch 2,9 Prozentpunkten zusammen. Im letzten Seither prägt die COVID19-Pandemie unseren All- Jahr betrug der Abstand noch 7,7 Prozentpunkte tag. In diesem Jahr legen wir den Fokus auf den (2020-II), davor waren es sogar 12,3 (2020-I) bzw. Vergleich der vergangenen drei Auswertungen 15 Prozentpunkte (2019-II). 2019-II (das gesamte Jahr 2019 umfassend), 2020- II (das gesamte Jahr 2020 umfassend) und 2021-I Die Bevölkerung informiert sich also zunehmend (2. Halbjahr 2020 und 1. Halbjahr 2021). Der Ver- online. Die Gattung Hörfunk zeigt hingegen eine gleich 2019-II und 2020-II gibt uns dabei Einblick ähnliche Entwicklung wie das Fernsehen. Nach- in die veränderte Mediennutzung vor Corona bzw. dem im ersten Corona-Jahr 2020 an einem Durch- während des ersten Jahres der Pandemie. Die Aus- 11
schnittstag jeder zweite ab 14-Jährige sein Infor- Relevanz des Internets wächst bei mationsbedürfnis (auch) über das Radio gestillt 50- bis 69-Jährigen am stärksten hat (50,2 Prozent), liegt seine aktuelle Tagesreich- Vergleichsweise wenig Bewegung zeigen hinge- weite zu Infozwecken mit 46,6 Prozent wieder nä- gen die Ergebnisse in Bezug auf die subjektiv wich- her am Vor-Corona-Wert von 45,5 Prozent. tigste Infoquelle seit 2019. Das Internet bleibt in der Bevölkerung ab 14 Jahren das am häufigsten Drittens: Print entwickelt sich tendenziell posi- genannte wichtigste Infomedium und bestätigt tiv. Im Gegensatz zum Rundfunk geht es mit den mit aktuell 38,1 Prozent seinen Spitzenwert aus Tageszeitungen seit 2019 ganz leicht, aber stetig 2020 (38,2 Prozent). An zweiter Stelle folgt das nach oben. Mit 30,7 Prozent der Bevölkerung ab Fernsehen, das trotz rückläufiger Nutzung zu in- 14 Jahren liegt die informierende Tagesreichweite formierenden Zwecken mit 31 Prozent sogar et- etwas über dem Wert von 2019 (29,1 Prozent). Ei- was häufiger als wichtigste Infoquelle gewählt nen deutlichen Anstieg verzeichnen Zeitschriften, als 2020 (30 Prozent). Die Tageszeitung bleibt trotz Wochenzeitungen und Nachrichtenmagazine. Sie anhaltendem Abwärtstrend mit 14,8 Prozent auf bilden zwar nach wie vor das Schlusslicht in der Rang Drei. Es folgt das Radio, das mit 9,8 Prozent Rangreihe der Mediengattungen, werden aber pro wie im Jahr vor Corona für knapp ein Zehntel der Tag von knapp einem Zehntel der Bevölkerung ab ab 14-Jährigen in Deutschland das wichtigste Info- 14 Jahren in Deutschland als Infoquelle genutzt medium ist. Zeitschriften, Wochenzeitungen und (9,3 Prozent). Das sind doppelt so viele wie über Nachrichtenmagazine erreichen aktuell 1,4 Pro- das gesamte Jahr 2019 (4,7 Prozent). zent. Abb. 1.1 Abb. 1.2 Informierende Tagesreichweite im Trend Subjektiv wichtigstes Informationsmedium im Trend 80 % 40 % 37,9 38,2 38,1 35,6 56,9 58,7 55,5 60 % 53,6 30 % 31,5 30,0 31,0 51,0 30,5 48,1 52,6 45,5 50,2 40 % 46,6 20 % 44,6 17,7 16,7 38,6 15,1 14,8 29,1 29,6 30,2 30,7 10,0 9,5 20 % 10 % 11,1 9,8 4,7 5,6 1,7 9,3 1,3 6,7 0% 0% 1,0 1,4 2019-II 2020-I 2020-II 2021-I 2019-II 2020-I 2020-II 2021-I Internet Fernsehen Tageszeitung Radio Zeitschriften* *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM). 12
Im Mittel aus informierender Nutzung und subjek- plus rund sechs Prozentpunkten überproportional tiver Bedeutung steigt das potenzielle Meinungs- stark an Relevanz für die Meinungsbildung zuge- gewicht des Internets in der Gesamtbevölkerung legt. Einzig die ab 70-Jährigen zeigen sich von den erwartungsgemäß weiter an. Vergleichen wir aktuellen Entwicklungen – mit oder ohne Corona auch hier die aktuellen Ergebnisse mit dem Jahr – „unbeeindruckt“. Dort bleiben die einzelnen Gat- 2019 vor Corona, wird deutlich: Das Internet hat tungen auf nahezu identischem Relevanzniveau mit aktuell 33,5 Prozent potenziellem Meinungs- wie 2019. bildungsgewicht das Fernsehen (2021-I: 30,6 Pro- zent) als relevanteste Informationsquelle überholt. Onlinenutzung klassischer Medien steigt weiter Der Führungswechsel fand bereits im 1. Halbjahr Einen Teil der wachsenden Bedeutung als Infor- 2020 statt. Der Bedeutungsgewinn des Internets mationsquelle verdankt das Internet der zuneh- geht dabei zulasten nahezu aller klassischen Me- menden crossmedialen Nutzung klassischer Me- dien. Einzig die Publikumszeitschriften können dienangebote. Hier erkennen wir für 2020 einen auf niedrigem Niveau etwas an Gewicht zulegen deutlichen pandemiebedingten Nutzungsschub. (s. Seite 29). Und die Nutzung der Internetangebote oder Apps der TV-Sender, Radiostationen und im Fall Seit Jahren schon berichtet die Mediengewich- der Printmedien zusätzlich der e-Paper-Ausgaben tungsstudie eine zunehmende Bedeutung des In- steigt auch 2021 weiter an (Abb. 2). Die Unterschei- ternets für die Meinungsbildung in allen Alters- dung zwischen Livestreaming und on-Demand- gruppen und seine herausragende Relevanz bei Nutzung bei den Rundfunkanbietern einmal au- den 14- bis 29-Jährigen. Seit dem letzten Jahr in- ßer Acht gelassen, informiert sich aktuell weit formiert sich auch die mittlere Altersgruppe der mehr als ein Drittel der Bevölkerung ab 14 Jah- 30- bis 49-Jährigen am häufigsten online. Den ren in Deutschland pro Tag über die Onlineange- größten relativen Bedeutungsgewinn hat das In- bote klassischer Medien (37,4 Prozent). Das sind ternet aber in den Altersdekaden 50 bis 59 bzw. 26,5 Mio. Personen ab 14 Jahren und 7 Mio. mehr 60 bis 69 Jahren erfahren. Aktuell nutzt erstmals als 2019. Relativ betrachtet ist mit einem Plus von mehr als die Hälfte der 50- bis 59-Jährigen an ei- 38 Prozent die Nutzung klassischer Informations- nem Durchschnittstag das Internet als Infoquel- angebote sogar etwas stärker angestiegen als die le (51,1 Prozent). Damit ist die informierende On- informierende Tagesreichweite des Internets ge- line-Tagesreichweite in dieser Dekade im Vergleich samt (plus 36 Prozent). zum Jahr 2019 um 61 Prozent gewachsen (2019: 31,7 Prozent). In ähnlichem Ausmaß, nämlich um Den stärksten Zuwachs seit 2019 haben die On- 55 Prozent, hat die informierende Nutzung des In- lineangebote von Fernsehsendern erfahren, die ternets auch in der Gruppe der 60- bis 69-Jähri- mittlerweile täglich knapp jeder Fünfte zu in- gen zugenommen. Sie ist im selben Zeitraum von formierenden Zwecken nutzt (18,3 Prozent). Eine 23,7 Prozent auf weit über ein Drittel angestiegen überproportional starke Zunahme der informie- (36,7 Prozent). Da mit der zunehmenden Nutzung renden Nutzung zeigen über den Zeitraum auch das Internet auch häufiger als wichtigstes Info- die Onlineangebote von Radiosendern, auch wenn medium genannt wird, haben Online-Informati- diese im 1. Halbjahr 2021 das Ergebnis aus 2020 onsangebote in diesen Altersgruppen mit jeweils „nur“ bestätigen (7,9 Prozent). Einen weiteren An- 13
stieg kann hingegen die Tageszeitung vorweisen. Print als Infoquelle: Die Mehrheit liest digital Sie erreicht mit 22,3 Prozent die höchste informie- Das Ausmaß, mit der die digitale Nutzung ins- rende Online-Tagesreichweite aller klassischen besondere der Printmedien über die letzten bei- Gattungen. Auch bei den Publikumszeitschriften den Jahre zugenommen hat, führt einmal mehr geht die Nutzung weiter nach oben. Die Weban- vor Augen, dass der klassische Gattungsbegriff an gebote von Zeitschriften, Wochenzeitungen oder Grenzen stößt. Nur noch ein Fünftel der Bevölke- Nachrichtenmagazinen versorgen pro Tag 17,4 Pro- rung ab 14 Jahren in Deutschland informiert sich zent der Bevölkerung ab 14 Jahren mit Informatio- täglich über die gedruckte Ausgabe einer Tageszei- nen aus Deutschland und der Welt. tung (20,8 Prozent; Abb. 3). Im Vergleich zu 2019 be- deutet dies einen Rückgang um 5,3 Prozentpunkte – oder absolut ausgedrückt – täglich 3,8 Mio. „ana- loge“ Leserinnen und Leser weniger. Knapp jeder zehnte ab 14-Jährige liest hingegen mittlerweile das e-Paper einer Tageszeitung (9,1 Prozent). Die Zahl der e-Paper-Leserschaft hat im selben Zeit- Abb. 2 raum um rund 1,5 Mio. zugenommen. Der Rück- gang der gedruckten Ausgabe konnte aber nicht Informierende Tagesreichweite der Webangebote vollständig durch eine Zunahme der e-Paper kom- klassischer Medienanbieter pensiert werden. Deutlich stärker ist der Anteil de- Webseite/App/E-Paper einer Tageszeitung rer angestiegen, die sich täglich über die Webseite 22,3 oder App einer Tageszeitung informieren. Dieser 21,3 liegt mit 19,3 Prozent nur noch wenig unter dem 16,8 Anteil der täglichen Leserschaft einer gedruckten Internetangebot/App eines Fernsehsenders 37,4 % Ausgabe (plus 5,2 Prozentpunkte seit 2019). Die 18,3 Klassische Angaben sind natürlich nicht überschneidungs- 17,4 Medien online gesamt frei. Manche lesen eine oder mehrere Tageszei- 10,7 tungen über alle zur Verfügung stehenden Wege. Webseite/App/E-Paper von Zeitschriften* 27,1 % Mit Blick auf die informierende Tagesreichweite 17,4 2019-II von Tageszeitungen gedruckt vs. digital wird aber 16,3 13,3 klar: Die digitale Nutzung überwiegt mittlerweile. Internetangebot/App eines Radiosenders 7,9 Noch deutlicher wird dies bei den Publikumszeit- 7,8 schriften. Während Zeitschriften, Wochenzeitun- 5,7 gen und Nachrichtenmagazine – allein ihre ana- 0% 15 % 30 % loge Relevanz betrachtend – nur von 3,9 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren täglich als Informati- 2021-I 2020-II 2019-II onsquelle genutzt werden, zeigt sich mit Blick auf deren digitale Nutzung ein völlig anderes Bild. Mit *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, sieben Prozent lesen pro Tag fast doppelt so viele n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie das e-Paper einer Publikumszeitschrift. Nochmals 2021-I (GIM). 14
doppelt so viele informieren sich mit 14,7 Prozent gezählt. Dasselbe gilt für diejenigen, die z. B. einen über die Webseite oder App von Zeitschriften, Wo- Printtitel sowohl als geduckte Ausgabe wie auch chenzeitungen und Nachrichtenmagazinen. Die über die App oder die Webseite lesen. außerordentliche Relevanz des digitalen Zugangs zu Publikumszeitschriften als Infoquelle ist offen- Mit Blick auf die aktuellen Ergebnisse ist festzu- sichtlich: Vier von fünf, die sich an einem Durch- halten, dass in Summe pro Tag mehr als acht von schnittstag dort informieren, nutzen ausschließ- zehn Personen ab 14 Jahren in Deutschland Infor- lich die digitalen Zugänge. mationen (auch) aus klassischen Medien wahr- nehmen (Abb. 4). 7,5 Prozent informieren sich jen- Klassische Medien gehören (noch) bei fast allen seits der klassischen Angebote ausschließlich über zum Inforepertoire journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedien oder andere originäre Onlineangebote, wie z. B. Noch müssen wir wegen des Medienvielfaltsmo- Nachrichten- oder Webportale, Wikipedia oder nitors aus methodischen Gründen an der klassi- Blogs, oder direkt in sozialen Medien. Etwas mehr schen Differenzierung der Gattungen festhalten als ein Zehntel informiert sich an einem Durch- (s. Kap. 2). Das sollte uns aber nicht davon abhalten, schnittstag gar nicht (11,3 Prozent). Im Vergleich einen Blick auf die Gesamtreichweite der klassi- zum ersten Corona-Jahr 2020 zeigt sich, dass die schen Medien – also unabhängig davon, über wel- informierende Tagesreichweite insgesamt und vor chen „Kanal“ sie genutzt werden – zu werfen. Dazu allem die der klassischen Medien rückläufig ist. Im werden alle Nutzungen einer Gattung zusammen- Gegenzug liegt der Anteil derer, die ausschließlich gerechnet. Personen, die z. B. eine Fernsehsendung originäre Onlineangebote als Infoquelle nutzen, im Fernsehen und/oder über die Mediathek schau- deutlich höher. en, werden nur einmal zur Gattung „Fernsehen“ Abb. 3 Informierende Tagesreichweite der Printmedien nach Art des Zugangs Tageszeitung Publikumszeitschriften 30 % 26,1 24,8 20 % 20,8 19,3 18,3 14,7 14,1 13,3 10 % 11,0 4,9 4,8 3,9 3,8 9,3 9,1 7,1 7,0 7,0 0% Gedruckte Ausgabe App/Internetseite e-paper Gedruckte Ausgabe App/Internetseite e-paper 2019-II 2020-II 2021-I *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen Basis: 70,598 Mio. Personen ab 14 Jahren in Deutschland, n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM). 15
Der Weg zu Online-Infos führt zunehmend sich der Trend – nach einem sprunghaften Anstieg über Google, Facebook & Co. der Nutzung von 20,6 Prozent 2019 auf 28,5 Pro- zent 2020 – weiter fort. In Summe beläuft sich der Originäre Informationsangebote werden aber na- Anteil der ab 14-Jährigen, die pro Tag über origi- türlich auch in Kombination mit anderen Info- näre Onlineangebote und/oder die crossmedialen quellen genutzt. Bei knapp einem Drittel der Be- „klassischen“ Angebote Informationen zum Ge- völkerung ab 14 Jahren gehören auch Web-Portale schehen aus Deutschland und der Welt wahrneh- wie t-online oder web.de, Wikis, Blogs oder andere men, auf mittlerweile 45,5 Prozent (Abb. 5). Angebote wie Videochannels oder Podcasts zum täglichen Inforepertoire (30,5 Prozent). Das sind Wer weiß, was er oder sie sucht, kann das Ziel fast ebenso viele wie sich über die journalistisch- ohne Umwege ansteuern. Mehr als drei Viertel redaktionellen Onlineangebote der klassischen der Personen, die sich online bei klassischen Me- Medien an einem Durchschnittstag informieren dienanbietern oder anderen Angeboten im Netz (37,4 Prozent; s. o.). Ähnlich wie bei der crossme- informieren, rufen die Angebote (auch) direkt auf. dialen Nutzung klassischer Medienangebote setzt Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren entspricht das aktuell 35,9 Prozent. Abb. 4 Bei mittlerweile mehr als jedem vierten ab 14-Jäh- Informierende Tagesreichweite im Trend rigen in Deutschland führt der Weg zu den On- Klassische Medien vs. originäre Onlineangebote line-Infoquellen klassischer Medien, zu Online- portalen, Wikipedia oder Blogs aber auch über Medienintermediäre (27,9 Prozent). Eine heraus- ragende Rolle als Kontakthersteller spielen da- 100 % bei Suchmaschinen. Rund jeder Zweite, der die 15,6 9,8 11,3 4,0 Webangebote klassischer Medien oder originäre 2,9 7,5 80 % 31,8 Onlineangebote als Infoquelle nutzt, gelangt ak- 23,6 30,1 tuell über eine Suchmaschine dorthin. Das ent- 60 % spricht weit mehr als einem Fünftel der Bevölke- 57,9 54,4 rung ab 14 Jahren (22,3 Prozent). In 94 Prozent der 51,1 40 % Fälle führt der Weg dabei über Google Search. Al- ternativen spielen hier nur eine Nebenrolle. 20 % Aber nicht nur Suchmaschinen, auch soziale Me- 0% dien erzeugen Aufmerksamkeit für die Informati- 2019-II 2020-II 2021-I onsangebote, wobei die Nutzung der Information selbst außerhalb des Dienstes erfolgt. 13,4 Prozent Nur klassische Medien Klassische Medien und originäre Onlineangebote Nur originäre Onlineangebote der ab 14-Jährigen gelangen über soziale Medien Keine Informationsnutzung zu Informationsangeboten. Facebook, Instagram, WhatsApp, YouTube und Twitter spielen hier die Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie größte Rolle. 2021-I (GIM). 16
Abb. 5 Tagesreichweite von Medienintermediären als Kontakthersteller zu informierend genutzten Onlineangeboten Onlineangebote genutzt 45,5 43,7 32,7 direkt aufgerufen 35,9 34,0 25,0 über Suchmaschinen/soziale Medien gesamt 27,9 27,0 18,1 über Suchmaschinen 22,3 20,3 14,3 über soziale Medien 13,4 14,1 7,8 0% 25 % 50 % 2021-I 2020-II 2019-II Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM). Die Relevanz von Medienintermediären Rund 33 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland für Information nimmt weiter zu informieren sich an einem Durchschnittstag, in- dem sie die Dienste von Google, Facebook & Co. Seit Jahren belegen die Ergebnisse der Schwer- nicht nur als Kontakthersteller nutzen, sondern punktstudie „Medienintermediäre und Meinungs- auch Informationen direkt auf den Diensten wahr- bildung“ die zunehmende Relevanz intermediärer nehmen. Das entspricht 46,1 Prozent der Bevölke- Dienste beim Informationsverhalten der Bevölke- rung (Abb. 6). Die informierende Tagesreichweite rung. der Medienintermediäre ist dabei von 2019 auf 2020 sprunghaft von 32,1 Prozent auf 45 Prozent angestiegen und entwickelt sich im ersten Halb- 17
jahr 2021 tendenziell weiter nach oben. Mit einem stärkeren Zuwachs als die Infonutzung über die Plus um 44 Prozent seit 2019 zeigt die Infonutzung crossmedialen Angebote klassischer Medien und über Medienintermediäre sogar einen deutlich das Internet gesamt (38 bzw. 36 Prozent). Abb. 6 Informierende Tagesreichweite von Medienintermediären im Trend 45 % 46,1 45,0 35,2 30 % 33,2 32,1 23,5 23,0 22,3 15 % 16,8 7,5 6,9 3,5 12,7 12,2 8,4 0% Soziale Netzwerke Instant Messenger Videoportale Suchmaschinen Medienintermediäre gesamt 2019-II 2020-II 2021-I Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM). Abb. 7 Informierende Tagesreichweite von Medienintermediären gesamt vs. 14- bis 29-Jährige Soziale Medien 80 % gesamt: 64,8 % 74,8 60 % ab 14 Jahre: 54,6 52,7 31,5 % 46,1 40 % 35,2 30,3 12,7 10,9 20 % 23,0 6,9 0% Soziale Netzwerke Instant Messenger Videoportale Suchmaschinen Medienintermediäre gesamt Ab 14 Jahre 14 bis 29 Jahre Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.660; davon 14,156 Mio. im Alter 14 bis 29 Jahre, n = 488; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM). 18
Am häufigsten kommen Suchmaschinen zu in- 29-Jährigen nutzen täglich mindestens einen Me- formierenden Zwecken zum Einsatz. Bei täglich dienintermediär zur Information über das Gesche- mehr als einem Drittel der Bevölkerung ab 14 Jah- hen in Deutschland und der Welt (74,8 Prozent). ren führt der Weg zu Informationen über Google Im Bevölkerungsdurchschnitt liegt der entspre- Search oder eine andere Suchmaschine (35,2 Pro- chende Wert bei 46,1 Prozent. zent). Eine leichte Zunahme gegenüber dem Vor- jahr zeigt mit 23 Prozent auch der Anteil derer, die Noch größere Unterschiede zeigen sich mit Blick sich an einem Durchschnittstag in sozialen Netz- auf die einzelnen Kategorien. Die informierende werken über das Geschehen in Deutschland und Tagesreichweite von sozialen Netzwerken ist in der Welt informieren. Einen überdurchschnittli- dieser Altersgruppe nicht nur mehr als doppelt so chen Zuwachs seit 2019 weist die informierende hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt (52,7 Pro- Nutzung über Videoportale auf. 12,7 Prozent der zent vs. 23 Prozent). Facebook, Instagram, Twitter ab 14-Jährgen informieren sich täglich auf You- und andere spielen bei den Jüngeren auch eine Tube oder anderen Videosharing-Websites – plus fast so große Rolle wie Suchmaschinen (54,6 Pro- 51 Prozent im Vergleich zu 2019 (8,4 Prozent). zent). Bei den ab 30-Jährigen sind nach wie vor Suchmaschinen mit Abstand am relevantesten. Einen relativ betrachtet noch gewaltigeren Satz Ebenfalls um mehr als das Zweifache höher liegt nach vorne machen im selben Zeitraum Instant bei den unter 30-Jährigen die Reichweite von Vi- Messenger: Bei 6,9 Prozent der Bevölkerung ab deoportalen zu informierenden Zwecken. 30,3 Pro- 14 Jahren spielen täglich auch WhatsApp oder zent von ihnen nehmen pro Tag Informationen andere Kommunikationsdienste bei der Informa- zum Zeitgeschehen aus Deutschland und der Welt tionsnutzung eine Rolle. Auch wenn sie streng auf YouTube oder anderen Videosharing-Websei- genommen nicht zu den Medienintermediären ten wahr. Rechnet man die Instant-Messaging- im medienstaatsvertraglichen Sinne zählen, be- Dienste zu den sozialen Netzwerken und Video- obachten wir ihre Relevanz für die Nutzung von portalen dazu, so erreichen Informationen täglich Informationen. Diese zeigt uns, in welchem Aus- rund zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen über sozi- maß sich die öffentliche Kommunikation in priva- ale Medien (64,8 Prozent). te Teilöffentlichkeiten verschiebt. Sollte sich hier ein Trend etablieren, sind diese Dienste eine ganz An Google führt kein Weg vorbei: spezielle Herausforderung für den Erhalt und die Google Search und YouTube vorne Sicherung des öffentlichen Diskurses. Mit Blick auf die am häufigsten genutzten Einzel- dienste liegt Googles Suchmaschine in allen Al- Zwei von drei 14- bis 29-Jährigen informieren tersgruppen an erster Stelle. Insgesamt kommt sie sich über soziale Medien täglich bei 32,7 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jah- Trotz der Zunahme der informierenden Nutzung ren bei der Informationsnutzung zum Einsatz. Mit von Medienintermediären in der Gesamtbevölke- Abstand folgt YouTube, das sich mit einer infor- rung zeigt sich nach wie vor ein klarer Zusammen- mierenden Tagesreichweite von 12,1 Prozent erst- hang zum Alter. Insbesondere bei den Jüngeren mals knapp vor Facebook platziert (11,9 Prozent). sind die Dienste fester Bestandteil des Informati- Allerdings zeigen sich hier große altersspezifische onsverhaltens (Abb. 7). Rund drei Viertel der 14- bis Präferenzen. Bei den ab 30-Jährigen rangiert Face- 19
Abb. 8 Info-Typologie – Informierende Tagesreichweite der Mediengattungen Informierte Nebenbei infor Infoaffine Anspruchsvolle Info-Snacker Online-first- Allrounder mierte Zuschauer Zeitungsleser Info-Experten or-onlys Fernsehen 73,8 71,6 83,1 80,4 22,3 44,1 Radio 56,8 41,7 65,9 62,5 39,6 45,7 Internet 59,9 3,3 6,1 65,2 46,2 93,3 Tageszeitung 28,9 27,0 72,5 59,7 16,2 23,4 Zeitschriften* 6,1 3,8 6,8 34,6 1,8 8,5 Abb. 9 Info-Typologie – Subjektiv wichtigste Mediengattung als Informationsquelle Informierte Nebenbei infor Infoaffine Anspruchsvolle Info-Snacker Online-first- Allrounder mierte Zuschauer Zeitungsleser Info-Experten or-onlys Fernsehen 36,3 53,3 36,5 26,3 14,3 15,6 Radio 9,2 15,2 8,8 11,2 16,6 6,6 Internet 35,7 5,1 7,5 19,4 58,4 65,1 Tageszeitung 12,8 17,5 40,1 36,9 7,2 9,4 Zeitschriften* 1,4 0,8 0,8 4,7 0,3 0,4 Angaben in Prozent. *) Zeitschriften inklusive Wochenzeitungen und Nachrichtenmagazine Basis: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland (n = 4.455); Quelle: Mediengewichtungsstudie 2020-II (Kantar). book noch relativ deutlich vor YouTube. Ähnliches levanz dieses Netzwerks entfaltet sich vor allem gilt für Instagram an vierter Stelle in der Gesamt- durch die Weiterverbreitung bestimmter Tweets bevölkerung ab 14 Jahren (8,6 Prozent), das sei- über andere Medien. Die höchste Reichweite er- ne Platzierung in erster Linie der informierenden zielt das Netzwerk mit 5,8 Prozent in der Grup- Tagesreichweite von 29,8 Prozent bei den 14- bis pe der 14- bis 29-Jährigen. Eine ähnlich hohe in- 29-Jährigen verdankt. WhatsApp folgt mit einer formierende Tagesreichweite erreicht dort auch informierenden Nutzung von im Schnitt 4,6 Pro- TikTok mit 5,1 Prozent. Letzteres ist nicht nur eine zent pro Tag auf Platz 5. Plattform für die Jüngeren, sondern für die Jüngs- ten: Unter den 14- bis 19-Jährigen erreicht TikTok Twitter hat den Sprung in die TOP 5 mit 2,9 Pro- pro Tag fast jeden Zehnten mit informierenden In- zent knapp verpasst. Das „Twitter-Phänomen“ be- stätigt sich also erneut: Die gesellschaftliche Re- 20
halten (9,6 Prozent) – Rang 5 hinter Google Search, „Kanäle“ – mit welcher Intensität zur Informati- Instagram, YouTube und WhatsApp. Das „alte“ Fa- on genutzt werden. In die Analyse sind die Ant- cebook spielt hier keine Rolle. worten von rund 4.500 Befragten eingeflossen in Bezug auf ihre generelle und informierende Me- Die zunehmende Relevanz der Medienintermedi- diennutzung sowie die subjektive Bedeutung der äre für die Informationsnutzung verdeutlicht: Das Mediengattungen. Weitere aktive Variablen für Internet hat die Medienwelt radikal verändert. Seit die Segmentierung waren die Nutzung und sub- Beginn der Mediengewichtungsstudie sehen wir, jektive Bedeutung von Medienintermediären zu dass sich immer weniger Personen über die klas- informierenden Zwecken sowie die Einstellung sischen Kanäle der Massenmedien informieren der Befragten gegenüber sozialen Medien als In- und immer mehr auf eine Vielzahl von sehr unter- formationsquelle. schiedlichen Informationsquellen im Netz zugrei- fen. Traditionelle journalistische Quellen sind zwar Informierte Allrounder nach wie vor relevant, sie gewähren aber nicht Im Ergebnis lassen sich sechs Info-Typen unter- mehr allein Zugang zur Öffentlichkeit. Sie sind viel- scheiden (s. Seite 8). Rund ein Drittel der Bevölke- mehr selbst zunehmend auf intermediäre Dienste rung ab 14 Jahren in Deutschland lässt sich den angewiesen, um sichtbar zu bleiben – und wenn Informierten Allrounder zuordnen. Sie repräsen- wir „Dienste“ sagen, bedeutet dies in erster Linie tieren eine „gut informierte Mitte“ und liegen bei Google und Facebook. Die größte Gefahr für die vielen soziodemografischen Merkmalen von allen Meinungsfreiheit geht bei uns längst nicht mehr Segmenten am nächsten am Bevölkerungsdurch- von der staatlichen Zensur aus, gegen die Art. 5 schnitt. Im Schnitt sind die Informierten Allroun- im Grundgesetz schützen soll. Das größte Poten- der mit 52 Jahren nur etwas älter als die Gesamt- zial zur Meinungskontrolle haben im digitalen bevölkerung ab 14 Jahren (49 Jahre), und das Zeitalter die privatwirtschaftlichen Social-Media- Geschlechterverhältnis ist mit 53 Prozent Frauen Konzerne, die Posts löschen, Accounts sperren und vs. 47 Prozent Männern vergleichsweise ausgegli- ihre Algorithmen nach privatwirtschaftlichen As- chen. Auch bei der formalen Bildung oder Haus- pekten ausrichten können. haltsgröße lassen sich keine großen Abweichun- gen vom Bevölkerungsschnitt erkennen. Deutlich Sechs Info-Typen: vom Allrounder bis über dem Durchschnitt liegt bei diesem Info-Typ zum Info-Snacker mit 67 Prozent der Anteil der Berufstätigen, was Betrachtet man das Problem der Meinungskon- sich auch in einem überdurchschnittlichen Haus- trolle aus Rezipientensicht, dann dürfte die Mei- haltsnettoeinkommen pro Monat niederschlägt nungsmacht eines Mediums maßgeblich auch (3.168 € vs. 2.823 € im Bevölkerungsdurchschnitt). von der Größe und Struktur des individuellen Me- dienrepertoires abhängen. Diesen „Repertoire- 95 Prozent der Informierten Allrounder nehmen gedanken“ aufgreifend haben wir auf Basis der täglich Informationen wahr, die meisten über das Daten für das Jahr 2020 mittels Clusteranalyse In- Fernsehen. Aber auch Internet und Radio nutzen fo-Typen identifiziert, die sich in erster Linie darin überdurchschnittlich viele als Infoquelle (Abb. 8) voneinander unterscheiden, welche und wie viele Als subjektiv wichtigste Informationsmedien lie- verschiedene Medien – oder allgemeiner gesagt gen Fernsehen und Internet exakt gleichauf vorne 21
Abb. 10 Informierende Tagesreichweite von Medienintermediären Informierte Allrounder Anspruchsvolle Info-Snacker Online-first-or-onlys Info-Experten Medienintermediäre 52,6 54,0 33,2 92,8 gesamt Suchmaschinen 42,4 49,3 22,0 62,6 Soziale Netzwerke 19,8 15,7 13,1 64,8 Videoportale 6,7 26 % 10,3 22 % 7,5 25 % 42,8 87 % Instant Messenger 1,3 5,4 7,1 25,3 ∑ Soziale Medien, alle Angaben in Prozent *) Zeitschriften inklusive Wochenzeitungen und Nachrichtenmagazine Basis: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland (n = 4.455); Quelle: Mediengewichtungsstudie 2020-II (Kantar). (Abb. 9). Die hohe Relevanz des Internets beruht ab 14-Jährigen in Deutschland spielt das Internet auch darauf, dass etwas mehr als 40 Prozent der für Information – und in vielen Fällen auch insge- Informierten Allrounder klassische Medien auch samt – aber nach wie vor keine Rolle. Dieses Vier- online nutzen. Rechnet man die informierende tel der Bevölkerung teilt sich aufgrund ihrer un- Offline- und Onlinenutzung zusammen, gehören terschiedlichen Infonutzung in zwei Segmente. mit 98 Prozent bei praktisch allen klassische Me- Erwartungsgemäß handelt es sich dabei um Info- dienanbieter zum täglichen Inforepertoire. Mehr Typen mit dem höchsten Durchschnittsalter, denn als die Hälfte nutzt pro Tag auch mindestens einen unter den unter 50-Jährigen gibt es kaum noch Medienintermediär zu informierenden Zwecken, Offliner. vor allem Suchmaschinen (Abb. 10). Google Search ist daher für die Informierten Allrounder auch der Der Info-Typ der „Nebenbei informierten Zuschau- mit Abstand wichtigste Info-Intermediär. Ein Vier- er“ umfasst 14 Prozent der Bevölkerung, ist im tel nimmt täglich Informationen auch auf sozialen Durchschnitt 67 Jahre alt und zeichnet sich durch Medien wahr. Hier spielt (altersbedingt) vor allem den höchsten Frauenanteil aller Segmente aus Facebook eine Rolle. (67 Prozent). Charakteristisch ist zudem, dass mit 47 Prozent fast die Hälfte von ihnen allein lebt. Nebenbei informierte Zuschauer Über das Zeitgeschehen in Deutschland und der Die größte segmentierende Wirkung hat die In- Welt auf dem Laufenden zu bleiben, spielt bei ternetnutzung zu informierenden Zwecken. Zwar den Nebenbei informierten Zuschauern insge- steigt die Nutzung des Internets als Infoquel- samt eine unterdurchschnittliche Rolle. 13 Prozent le in allen und in den älteren Altersdekaden der- nutzen an einem Durchschnittstag Medien aus- zeit besonders stark an, für knapp jeden vierten schließlich zur Unterhaltung, weitere 3 Prozent gar 22
Abb. 11 keine. Nicht nur die Info-Tagesreichweite gesamt liegt mit 84 Prozent deutlich unter dem Durch- Subjektive Bedeutung von Medienintermediären für schnitt (90 Prozent), sondern auch die Anzahl der die Informationsnutzung genutzten Infokanäle bzw. Mediengattungen. Das Fernsehen ist das einzige überdurchschnittlich genutzte Infomedium und auch das mit Abstand Informierte Allrounder 20 % subjektiv wichtigste. Ein Viertel der Nebenbei in- formierten Zuschauer nimmt ausschließlich über 6% das Fernsehen Informationen wahr. Radio und Ta- 53 % geszeitung spielen nur eine untergeordnete Rol- 74 % le, das Internet hat keine Relevanz – weder zur In- formation noch zu anderen Zwecken. Sieben von Zehn nutzen das Internet nie, weitere 14 Prozent Anspruchsvolle Info-Experten 8% seltener als einmal pro Woche. 1% 4% Infoaffine Zeitungsleser 54 % Beim Infoaffinen Zeitungsleser hat man einen agi- len, interessierten Info-Typ vor Augen, der sich ak- 87 % tiv zum Zeitgeschehen in seiner Region, Deutsch- land und der Welt informiert. Knapp jeder Zehnte ab 14-Jährige gehört zu diesem Segment (9 Pro- Info-Snacker zent). Praktisch alle von ihnen informieren sich 25 % täglich (98 Prozent). Fernsehen, Tageszeitung und Radio erzielen hier Spitzenreichweiten. Die Tages- 33 % 11 % zeitung sticht durch ihre deutlich überproportio- 57 % nale Nutzung hervor. Sie erreicht hier nicht nur die 7% meisten, vier von zehn nennen sie auch als ihre wichtigste Infoquelle – und damit mehr als das Online-first-and-onlys Fernsehen. 30 % Mit den Nebenbei informierten Zuschauern eint die Infoaffinen das Durchschnittsalter und die ge- 93 % ringe Internetnutzung. Allerdings gehören zu den 44 % 15 % Infoaffinen Zeitungslesern fast gleich viele Frau- en (49 Prozent) wie Männer (51 Prozent). Über die 11 % Hälfte von ihnen lebt in Zwei-Personen-Haus- halten, weitere 16 Prozent wohnen mit drei oder Suchmaschinen Soziale Netzwerke Videoportale Messenger-Dienste Basis: Mind. ein Intermediär zu mehr Personen zusammen. Ein Blick auf den for- informierenden zwecken genutzt malen Bildungsabschluss lässt hier zudem gegen- Basis: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland (n = 4.455); Quelle: Mediengewichtungsstudie 2020-II (Kantar). 23
über dem anderen Offline-Segment deutlich hö- Info-Snacker here Anteile von Personen mit formal mittlerem Den Gegenpol zu den bestens informierten An- und hohem Bildungsabschluss erkennen. spruchsvollen Info-Experten bilden 20 Prozent der Bevölkerung, die sich vor allem durch ihre geringe Anspruchsvolle Info-Experten Infonutzung von allen anderen Info-Typen unter- Den Zusammenhang zwischen der formalen Bil- scheiden. Ein Viertel der Info-Snacker nimmt an ei- dung und der Intensität der Nutzung journalis- nem Durchschnittstag gar keine Infos wahr. Wer tisch-redaktioneller Angebote belegt auch das sich informiert, tut dies mehrheitlich über nur ein Segment der anspruchsvollen Info-Experten – und Info-Medium. Die höchste Info-Tagesreichweite ebenso den, dass Männer im Durchschnitt infoaf- erreicht das Internet knapp vor Radio. Als subjektiv finer sind als Frauen. Mit ähnlicher Altersstruktur wichtigstes Infomedium wird am häufigsten das und Durchschnittsalter (53 Jahre) wie die Infor- Internet genannt. mierten Allrounder grenzt sich die kleine „Info-Eli- te“ (5 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahre) durch Spontan drängen sich gewisse Parallelen zu den die über alle Segmente höchste Infonutzung ab. Nebenbei informierten Zuschauern auf, weisen Praktisch alle informieren sich täglich (98 Prozent) doch beide Segmente die geringste Infonutzung – und das umfassend: Alle Medien werden über- und die geringste Anzahl genutzter Kanäle auf. Mit durchschnittlich (auch) zu Infozwecken genutzt. einem Durchschnittsalter von 38 Jahren liegt aber Etablierte Printmedien spielen eine herausragen- eine ganze Generation zwischen ihnen. Ein Blick de Rolle: Tageszeitungen werden am häufigsten auf die Berufstätigen-Quote (mit 67 Prozent die als wichtigste Infoquelle genannt. Charakteris- höchste neben den Informierten Allroundern), den tisch ist die herausragende Bedeutung von Zeit- mit 14 Prozent überproportionalen Anteil an Per- schriften, Wochenzeitungen und Nachrichten- sonen in Ausbildung und die Haushaltsgröße (im magazinen, die die Hälfte – gedruckt oder digital Durchschnitt 2,7) legt die Vermutung nahe, dass – täglich nutzt. die geringe Infonutzung der Snacker auch ein Zeit- budgetthema sein könnte: Ausbildung, berufliche Bei mehr als der Hälfte führt der Weg zu Informa- Karriere und Kindererziehung stehen gerade an. tionen auch über Medienintermediäre, in erster Linie Suchmaschinen. Für knapp 90 Prozent sind In Bezug auf die Infonutzung zeigt sich der Gene- Suchmaschinen auch die wichtigsten Medienin- rationenunterschied insbesondere darin, dass das termediäre bei der Infonutzung. Internet die Rolle der klassischen Infokanäle der Fernsehsender und Verlagshäuser übernommen Soziodemografisch zeichnet sich das Segment hat. Ein Drittel nutzt täglich auch mindestens ei- durch den im Vergleich zu allen anderen Segmenten nen Medienintermediär zur Information – und höchsten Anteil an Männern (66 Prozent), Personen zwar soziale Medien anteilig sogar etwas häufi- mit formal hohem Bildungsabschluss (55 Prozent) ger als Suchmaschinen. In einer Hinsicht weicht und das höchste durchschnittliche Haushaltsnet- die Infonutzung der Info-Snacker im Vergleich zu toeinkommen pro Monat aus (3.576 €). allen anderen Typen sogar nach oben ab: Anteilig informieren sie sich am häufigsten ausschließlich oder auch über Beiträge privater Personen. Für die 24
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