N BERICHT der Medienanstalten - Bayerische Landeszentrale für neue ...

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VIELFALTS-
BERICHT
der Medienanstalten

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Publikation in der Regel das generische
Maskulinum verwendet. Die Angaben beziehen sich immer auf Angehörige aller Geschlechter.

Herausgeber
die medienanstalten – ALM GbR
Friedrichstraße 60
10117 Berlin

Tel: + 49 30 206 46 90 0
Fax: + 49 30 206 46 90 99

E-Mail: info@die-medienanstalten.de
Website: www.die-medienanstalten.de

Verantwortlich
Dr. Wolfgang Kreißig – Vorsitzender der Direktorenkonferenz
der Landesmedienanstalten (DLM)

Projektleitung und Redaktion
Dagmar Grigoleit, Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM)

Copyright © 2021 by
die medienanstalten – ALM GbR

Stand: Oktober 2021
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 978-3-948350-08-6

Design, Bildkonzept, Illustrationen und Satz
Rosendahl Borngräber GmbH
Website: www.rosendahl-berlin.de

Bildnachweise:
Illustrationen: © Rosendahl Borngräber GmbH, Kristina Hilse
Fotos: Cover, Kyle Ryan, Unsplash
S. 6, Foto Dr. Gergana Baeva: privat
S. 6, Foto Dr. Simon Berghofer: Jens Jeske
S. 6, Foto Thomas Fuchs: Bildwerkstatt Nienstedten
S. 6, Fotos Prof. Dr. Uwe Hasebrink und Dr. Sascha Hölig:
Leibniz-Institut für M ­ edienforschung | Hans-­Bredow-­Institut (HBI)
S. 6, Foto Dr. Wolfgang Kreißig: David Matthiessen Fotografie/LFK
S. 6, Foto Dr. Kristian Kunow: Falk Weiß/mabb
S. 6, Foto Steffen Meyer-Tippach: Nikolaus Brade/mabb
S. 6, Foto Dr. Tobias Schmid: Landesanstalt für Medien NRW / © Annette Etges Photography
S. 6, Foto Siegfried Schneider: Helmuth Seisenberger/BLM
S. 6, Foto Eva Spittka: fotostudioneukoelln.de
S. 8, Mario Gogh, Unsplash
S. 38, 傅甬 华, Unsplash
S. 78, Clark Van Der Beken, Unsplash

Druck
PIEREG Druckcenter Berlin GmbH
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Vielfaltsbericht 2021
der Medienanstalten
herausgegeben von
ALM GbR
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Vorwort
Meinungsvielfalt im Digitalen sichern

                          Dr. Wolfgang Kreißig
                          Vorsitzender der Kommission für
                          Zulassung und Aufsicht (ZAK)
                          und der Direktorenkonferenz der
                          Landesmedienanstalten (DLM)

Der fünfte Vielfaltsbericht der Medienanstalten             völkerung. Bei den Jüngeren unter 50 Jahren ist
beleuchtet ein ebenso intensives wie komplexes              das längst der Fall. Auch beim Meinungsbildungs-
Jahr. 2021 ist mit mehreren Landtagswahlen und              gewicht baut das Internet seine Spitzenposition
der Bundestagswahl ein Superwahljahr und wir                weiter aus. Und auch für die lokale Meinungsbil-
befinden uns im zweiten Pandemie-Jahr. Die emi-             dung haben online verbreitete Informationsange-
nente Bedeutung von Medien- und Meinungsviel-               bote das größte relative Gewicht.
falt für unsere Demokratie offenbart sich in sol-
chen Zeiten und angesichts der medialen Macht               Die Notwendigkeit für mehr Vielfalt im Nachrich-
des Netzes besonders eindrücklich. Für 14 Landes-           tenjournalismus vor allem mit Blick auf junge
medienanstalten und ihre föderalen Kommissi-                Nachrichtennutzerinnen und -nutzer ergibt sich
onen stand daher die Umsetzung der neuen Re-                aus einem Ländervergleich zwischen Deutsch-
gulierung von Online-Medien und -Plattformen                land, Frankreich, Großbritannien und den USA.
sowie das Thema Desinformation im Zentrum ih-               Ansonsten bestehe das Risiko, dass junge Erwach-
rer Aktivitäten.                                            sene sich nach alternativen Quellen umschauten,
                                                            um die für ihren individuellen Alltag relevanten
Die pandemiebedingte Zunahme der Internetnut-               Informationen ihren Erwartungen entsprechend
zung hat die Bedeutung von Medienintermediä-                aufbereitet finden zu können und dass sich die
ren für die Informationsgewinnung in allen Alters-          junge Generation an diese Art des Nachrichten-
gruppen weiterwachsen lassen. Voraussichtlich               konsums gewöhnen könnte.
schon im kommenden Jahr werden sich mehr
Menschen über das Internet zum Zeitgeschehen                Ein Rückblick auf knapp ein Jahr seit dem Inkraft-
aus Deutschland und der Welt informieren als                treten des neuen Medienstaatsvertrags zeigt auf,
über das Fernsehen – und zwar in der Gesamtbe-              wie die Medienanstalten bei der neuen Interme-

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diäreregulierung den Ausgleich von Meinungs-          Doch kann ein wirksamer Schutz demokratischer
vielfalt und unternehmerischen Zielen angehen.        Schutzgüter nur dann erfolgen, wenn Recht auch
Die ersten Fälle zeigen, dass das Instrumentarium     effektiv durchsetzbar ist. Womöglich könnte der
des Medienstaatsvertrags grundsätzlich funktio-       für 2022 avisierte Media Freedom Act der EU eine
niert, aber ein weiteres Neujustieren notwendig       Möglichkeit eröffnen, die Errungenschaften der
sein wird.                                            bestehenden Zusammenarbeit der Europäischen
                                                      Medienregulierer im Rahmen der ERGA mit einem
Dabei helfen uns die Forschungsergebnisse un-         ausgeweiteten Durchsetzungsmechanismus in eu-
seres Medienvielfaltsmonitors und aus Studien         ropäisches Recht zu gießen.
wie etwa zur Wirkung von politischer Ansprache
in sozialen Medien. Die Vielfalt der Formate, Stra-   Der medienpolitische Ausblick am Ende des diesjäh-
tegien und Inhalte in diesem Feld und die fließen-    rigen Vielfaltsberichts betont daher, dass Medien-
den Übergänge zwischen Werbung, Information           vielfalt durch ein international vernetztes, kohären-
und Meinungsäußerung erfordern eine Klärung,          tes Regulierungs- und Aufsichtsinstrumentarium
welche Erscheinungsformen als politische Wer-         geschützt werden muss.
bung eingeordnet und in der Folge reguliert wer-
den müssen. Hier ist vor allem der Gesetzgeber        In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Inspirati-
gefragt.                                              on bei der Lektüre unserer neuesten Forschungs­
                                                      ergebnisse und freue mich, hiermit einen weiteren
Für Antworten hierzu blicken wir aktuell auch         wertvollen Impuls im Diskurs zum bestmöglichen
auf die europäischen Initiativen zur Regulierung      Schutz der Freiheitsrechte in unserer demokrati-
von Online-Plattformen. Dass Plattformen stär-        schen Gesellschaft geben zu können.
ker in die Pflicht genommen werden, ist wichtig.

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Autorinnen und Autoren

            Dr. Gergana Baeva betreut Forschungs­          Dr. Kristian Kunow ist stellvertretender
            projekte der Medienanstalt Berlin-Branden­     Direktor der Medienanstalt Berlin-­
            burg (mabb), insbesondere zu Fragen der        Brandenburg (mabb) und Leiter des Bereichs
            digitalen Medienvielfalt, der Verbreitung      Förderung und Projekte. Er verantwortet
            von Inhalten online und der Informations-      u. a. die Forschungsprojekte der mabb und
            und Nachrichtenkompetenzen in der              begleitet gemeinsame Projekte wie den
            Bevölkerung.                                   Medienvielfaltsmonitor.

            Dr. Simon Berghofer betreut in der Gemein­     Steffen Meyer-Tippach ist Referent für Digi­
            samen Geschäftsstelle der Medienanstalten      tale Projekte und Lokaljournalismus bei der
            Forschungsprojekte im Themenbereich            Medienanstalt Berlin-Brandenburg.
            Digitalisierung, Konvergenz und Medien­        Er berät die Direktorin und den Medienrat
            nutzung. Darüber hinaus befasst er sich        bei lokaljournalistischen Themen und koor­
            mit medienökonomischen Fragen der Benut­       diniert verschiedene digitale Projekte.
            zeroberflächen- und Plattform­regulierung.

            Thomas Fuchs ist Direktor der Medien­          Dr. Tobias Schmid ist Direktor der Landes­
            anstalt Hamburg/Schleswig-Holstein             anstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen
            (MA HSH). Bundesweit ist er Koordinator        und Europabeauftragter der DLM. Zudem
            des Fachausschusses „Netze, Technik,           ist er Vorsitzender der European Regula­
            Konvergenz“ der Medienanstalten und            tors Group for Audiovisual Media Services
            Themen­beauftragter „Intermediäre“             (ERGA) und Mitglied im Fachausschuss
            der DLM.                                       für Kommunikation und Information der
                                                           Deutschen UNESCO-Kommission.

            Prof. Dr. Uwe Hasebrink ist Direktor des       Siegfried Schneider war von 2011 bis
            Leibniz-Instituts für Medienforschung |        30.9.2021 Präsident der Bayerischen
            Hans-Bredow-Instituts und Professor für        Landeszentrale für neue Medien (BLM).
            Empirische Kommunikationsforschung             Von 2008 bis 2011 gehörte er als Leiter der
            an der Universität Hamburg. Er forscht im      ­bayerischen Staatskanzlei bereits dem
            Bereich Mediennutzung und -wirkung.             Medienrat an. Davor war er Bayerischer
                                                            Staatsminister für Unterricht und Kultus.

            Dr. Sascha Hölig ist Senior Researcher am      Eva Spittka ist Referentin für Programm und
            Leibniz-Institut für M
                                 ­ edienforschung |        Forschung in der Gemeinsamen Geschäfts­
            Hans-­Bredow-­Institut in Hamburg. Sein        stelle der Medienanstalten. Sie betreut
            Forschungsschwerpunkt ist die informa­         Forschungsprojekte für den Fachausschuss
            tionsorientierte Mediennutzung in neuen        Regulierung ebenso wie die Themen
            Medienumgebungen.                              Desinformation, Public Value, politische
                                                           Werbung und Barrierefreiheit.

            Dr. Wolfgang Kreißig ist seit Januar 2020
            Vorsitzender der Kommission für Zulassung
            und Aufsicht (ZAK) und der Direktorenkon­
            ferenz der Landesmedienanstalten (DLM).
            Seit April 2017 ist er Präsident und Vorsit­
            zender des Vorstandes der Landesanstalt für
            Kommunikation Baden-Württemberg.

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Inhalt

1 Alte Normen – neue Nutzungsformen: Konzentrations­kontrolle muss neu gedacht werden    8
  Ergebnisse der Mediengewichtungsstudie 2021-I
  Siegfried Schneider

2 Anteile der Medienunternehmen am Meinungsmarkt                                        26
  Ergebnisse des Medienvielfaltsmonitors 2021-I
  Dr. Simon Berghofer

3 Lokale Medien in der Krise und ihre Relevanz für die Meinungsbildung                  38
  Ergebnisse der Mediengewichtungsstudie 2021-I
  Dr. Kristian Kunow und Steffen Meyer-Tippach

4 Regulierung von Medienintermediären                                                   46
  Erste Erfahrungen aus der Praxis
  Thomas Fuchs

5 Europäische Regulierung von Online-Plattformen                                        52
  Wie kann die Durchsetzung geltenden Rechts gelingen?
  Dr. Tobias Schmid

6 Oft unbezahlt und doch wirkungsvoll: politische Ansprache in Sozialen Medien          58
  Dr. Gergana Baeva und Eva Spittka

7 Junge Erwachsene und Nachrichten                                                      66
  Nutzung, Erwartungen und der Eindruck, nicht ausreichend repräsentiert zu sein.
  Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA im Vergleich.
  Dr. Sascha Hölig und Prof. Dr. Uwe Hasebrink

8 Meinungsvielfalt im Digitalen sichern!                                                78
  Ein medienpolitischer Ausblick
  Dr. Wolfgang Kreißig

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Online-first-or-onlys
Info-Snacker

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               20 %                                                                         5%

                                                           Anspruchsvolle Info-Experten

                                                           34 %                                                        Nebenbei informierte Zuschauer

                                                                                                                                              14 %
                                                                                            Informierte Allrounder

                                                                                                                              9%
                                                                                                                                     Infoaffine Zeitungsleser

    Informationsverhalten der Bevölkerung
    Anteil der Info-Typen in Prozent
    Basis: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland (n = 4.455); Quelle: Mediengewichtungsstudie 2020-II (Kantar).
Alte Normen – neue
Nutzungsformen:
Konzentrations­
kontrolle muss neu
gedacht werden
Ergebnisse der Mediengewichtungsstudie 2021-I

Siegfried Schneider

             Die Sicherung der Medienvielfalt ist in der digitalen Medienwelt wichtiger
             denn je. Denn ein qualitativ hochwertiges publizistisches Angebot ist Grund-
             voraussetzung für den freien Austausch von Meinungen und den demokra-
             tischen Willensbildungsprozess. Mit der Verankerung des Grundrechts in Ar-
             tikel 5 des Grundgesetzes wurde die Meinungsfreiheit quasi zur Bedingung
             von Demokratie erklärt. Daraus leitet sich unmittelbar der verfassungsrecht-
             liche Auftrag ab, durch gesetzgeberische Maßnahmen Medienvielfalt zu ge-
             währleisten. Kernaufgabe der Medienpolitik ist es daher, Konzentrations- und
             Monopolisierungstendenzen frühzeitig zu erkennen und einen zu großen
             Einfluss bestimmter Gruppen oder einzelner Personen auf die Meinungsbil-
             dung zu verhindern.

             Über das grundsätzliche Ziel herrscht Einigkeit, aber der Weg dorthin ist
             nicht einfach. Einig ist man sich, dass die aktuelle Konzentrationskontrolle
             aufgrund ihrer Fernsehzentriertheit vor dem Hintergrund medienkonvergen-
             ter Entwicklungen und insbesondere der gestiegenen Relevanz des Internets
             als Informationsquelle nicht mehr zeitgemäß ist. Mit Blick auf die aktuel-
             len Ergebnisse der Mediengewichtungsstudie der Medienanstalten ist da-

                                                                                            9
von auszugehen, dass sich voraussichtlich schon       aufgefunden zu werden. Beide Entwicklungen
im kommenden Jahr mehr Menschen in Deutsch-           haben im ersten Jahr der Corona-Pandemie einen
land über das Internet zum Zeitgeschehen aus          enormen Schub erfahren, der weiterhin anhält.
Deutschland und der Welt informieren werden           Die Frage nach der Macht und nach der Verant-
als über das Fernsehen – und zwar in der Gesamt-      wortung der Plattformen stellt sich also dringen-
bevölkerung. Bei den Jüngeren unter 50 Jahren ist     der denn je.
das längst der Fall. Dennoch hat das veraltete Me-
dienkonzentrationsrecht unverändert Eingang in        Mit dem Medienstaatsvertrag haben die Länder
den aktuellen Medienstaatsvertrag vom Novem-          das Problem angepackt und Medienintermediäre
ber 2020 gefunden. Die Aufgabe bleibt also, Ant-      in die Regulierung einbezogen. Einmalig in Euro-
worten zur Regulierung von Meinungsmacht in ei-       pa sind sie in Deutschland verpflichtet, ihre Such-
ner konvergenten Medienwelt zu finden.                und Sortierlogiken offenzulegen und journalis-
                                                      tisch-redaktionelle Angebote diskriminierungsfrei
Einig ist man sich auch, dass Medienintermediäre      darzustellen (s. Kap. 4). Damit haben die Länder ei-
wie Google, Facebook, Twitter & Co. in die Regu-      nen wichtigen Schritt in Richtung zeitgemäße Re-
lierung einbezogen werden müssen. Noch nie in         gulierung vollzogen. Aber Transparenzgebot und
der Menschheitsgeschichte konnten so viele ihre       Diskriminierungsverbot allein vermögen vorherr-
Meinung frei äußern wie im Zeitalter der sozia-       schende Meinungsmacht nicht zu verhindern. In
len Medien. Seit Jahren wird kontrovers diskutiert,   einer sich rasant wandelnden Welt Meinungs-
wie groß ihre Meinungsmacht wirklich ist. Dass        vielfalt zu sichern, ist vielmehr eine Aufgabe, die
sie den Verlauf öffentlicher Diskurse beeinflussen    sich kontinuierlich ändert und neue Antworten
können, haben schon die US-Präsidentschafts-          braucht.
wahlen verdeutlicht. Auch die Sperrung der Social-­
Media-Accounts von Donald Trump – unabhän-            Eine wichtige Grundlage für die Aufgabe der Viel-
gig davon, ob dies zu rechtfertigen ist oder nicht    faltssicherung bildet der Medienvielfaltsmonitor
– wirft die grundsätzliche Frage auf, wie frei Mei-   (s. Kap. 2), mit dem die Medienanstalten kontinu-
nungen sind, wenn Unternehmen wie Twitter und         ierlich die Entwicklung der Rundfunk- und Me-
Facebook darüber entscheiden, wer vom Netz ge-        dienlandschaft in Deutschland untersuchen und
nommen wird, und darüber hinaus maßgeblich            dokumentieren. Die empirische Datengrundlage
algorithmenbasiert darauf Einfluss nehmen, wer        liefert dafür die Mediengewichtungsstudie, die re-
welche Nachrichten zu sehen bekommt.                  präsentativ für die deutschsprachige Bevölkerung
                                                      ab 14 Jahren die Relevanz der einzelnen Medien-
Die aktuellen Ergebnisse der Mediengewichtungs-       gattungen für die Meinungsbildung ermittelt.
studie belegen die zunehmende Relevanz von Me-
dienintermediären bei der Nutzung von Informa-        Die Relevanz der einzelnen Mediengattungen er-
tionen zum Geschehen in Deutschland und der           gibt sich dabei aus ihrem spezifischen Bedeu-
Welt. Gleichzeitig werden auch die Informations-      tungsgewicht – daher auch der Name der Stu-
angebote der klassischen Medienanbieter immer         die – für die Meinungsbildung. Dieses potenzielle
häufiger online genutzt und sind damit verstärkt      Meinungsbildungsgewicht wiederum errechnet
auch auf Google, Facebook & Co. angewiesen, um        sich aus der „informierenden Tagesreichweite“

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der Gattungen Fernsehen, Hörfunk, Tageszeitung,      wertung 2021-II liefert Anhaltspunkte für eine ers-
Publikumszeitschriften und Internet und der sub-     te Einordnung: Handelt es sich bei bestimmten Er-
jektiven Bedeutung der jeweiligen Gattungen für      gebnissen aus 2020 um Effekte der Pandemie oder
die Informationsvermittlung. Zur Ermittlung der      um eine Fortsetzung langfristiger Trends?
Tagesreichweite geben über das ganze Jahr hin-
weg Tag für Tag insgesamt mindestens 2.800 Be-       Mit Blick auf die informierende Mediennutzung
fragten pro Jahr Antworten auf die Fragen, welche    über die letzten zweieinhalb Jahre lassen sich drei
Mediengattungen sie am Vortag genutzt haben,         Kernergebnisse herausstellen (s. Abb. 1.1 und 1.2).
ob sie dort Informationen zum Zeitgeschehen aus
Deutschland und der Welt wahrgenommen ha-            Erstens: Das Fernsehen bleibt weiterhin das In-
ben und welche Mediengattung für sie persönlich      formationsmedium mit der höchsten Tagesreich-
die wichtigste Informationsquelle ist. Seit 2016     weite. Allerdings kann es seinen über das gesamte
wird im Rahmen der Mediengewichtungsstudie           Jahr 2020 ermittelten Spitzenwert (58,7 Prozent)
nach demselben Verfahren auch die Relevanz der       nicht halten. Mit 55,5 Prozent der Bevölkerung ab
Medienintermediäre für die Meinungsbildung als       14 Jahren in Deutschland, die an einem durch-
Schwerpunkt ermittelt.                               schnittlichen Tag Informationen aus Deutschland
                                                     und der Welt im Fernsehen wahrnehmen, nähert
Auf der Überholspur: Informierende Nutzung           sich die Tagesreichweite wieder dem Niveau von
via Internet steigt weiter                           2019 vor Corona (53,6 Prozent).

Zweimal pro Jahr berichten die Landesmedien-
                                                     Zweitens: Das Internet erfährt im Corona-Jahr
anstalten auf Basis der Mediengewichtungsstu-
                                                     2020 den größten „Nutzungsschub“ und wächst
die über die Entwicklung der Relevanz der Medi-
                                                     weiter. Um 14 Prozentpunkte ist seine informie-
en für die Meinungsbildung in Deutschland. Die
                                                     rende Tagesreichweite seit 2019 gestiegen. Mit
Ergebnisse beruhen jeweils auf den Daten eines
                                                     einem Anteil von 52,6 Prozent der ab 14-Jährigen,
ganzen Jahres, um saisonale Effekte auf die Me-
                                                     die sich pro Tag im Netz über die Geschehnisse in
diennutzung oder einen verzerrenden Einfluss
                                                     Deutschland und der Welt informieren, bestätigt
kurzfristiger Ereignisse auszugleichen. Im letzten
                                                     das Internet seinen zweiten Platz vor dem Radio,
Jahr haben wir an dieser Stelle anhand von Son-
                                                     den es erstmals 2020-II eingenommen hat. Mehr
deranalysen über die Monate März bis Juni das
                                                     noch, der Abstand zum „Info-Leitmedium“ Fern-
Ausmaß der gestiegenen Informationsnutzung
                                                     sehen schrumpft auf ein historisches Tief von nur
während des ersten Corona-Lockdowns berichtet.
                                                     noch 2,9 Prozentpunkten zusammen. Im letzten
Seither prägt die COVID19-Pandemie unseren All-
                                                     Jahr betrug der Abstand noch 7,7 Prozentpunkte
tag. In diesem Jahr legen wir den Fokus auf den
                                                     (2020-II), davor waren es sogar 12,3 (2020-I) bzw.
Vergleich der vergangenen drei Auswertungen
                                                     15 Prozentpunkte (2019-II).
2019-II (das gesamte Jahr 2019 umfassend), 2020-
II (das gesamte Jahr 2020 umfassend) und 2021-I
                                                     Die Bevölkerung informiert sich also zunehmend
(2. Halbjahr 2020 und 1. Halbjahr 2021). Der Ver-
                                                     online. Die Gattung Hörfunk zeigt hingegen eine
gleich 2019-II und 2020-II gibt uns dabei Einblick
                                                     ähnliche Entwicklung wie das Fernsehen. Nach-
in die veränderte Mediennutzung vor Corona bzw.
                                                     dem im ersten Corona-Jahr 2020 an einem Durch-
während des ersten Jahres der Pandemie. Die Aus-

                                                                                                     11
schnittstag jeder zweite ab 14-Jährige sein Infor-                         Relevanz des Internets wächst bei
mationsbedürfnis (auch) über das Radio gestillt                            50- bis 69-Jährigen am stärksten
hat (50,2 Prozent), liegt seine aktuelle Tagesreich-
                                                                           Vergleichsweise wenig Bewegung zeigen hinge-
weite zu Infozwecken mit 46,6 Prozent wieder nä-
                                                                           gen die Ergebnisse in Bezug auf die subjektiv wich-
her am Vor-Corona-Wert von 45,5 Prozent.
                                                                           tigste Infoquelle seit 2019. Das Internet bleibt in
                                                                           der Bevölkerung ab 14 Jahren das am häufigsten
Drittens: Print entwickelt sich tendenziell posi-
                                                                           genannte wichtigste Infomedium und bestätigt
tiv. Im Gegensatz zum Rundfunk geht es mit den
                                                                           mit aktuell 38,1 Prozent seinen Spitzenwert aus
Tageszeitungen seit 2019 ganz leicht, aber stetig
                                                                           2020 (38,2 Prozent). An zweiter Stelle folgt das
nach oben. Mit 30,7 Prozent der Bevölkerung ab
                                                                           Fernsehen, das trotz rückläufiger Nutzung zu in-
14 Jahren liegt die informierende Tagesreichweite
                                                                           formierenden Zwecken mit 31 Prozent sogar et-
etwas über dem Wert von 2019 (29,1 Prozent). Ei-
                                                                           was häufiger als wichtigste Infoquelle gewählt
nen deutlichen Anstieg verzeichnen Zeitschriften,
                                                                           als 2020 (30 Prozent). Die Tageszeitung bleibt trotz
Wochenzeitungen und Nachrichtenmagazine. Sie
                                                                           anhaltendem Abwärtstrend mit 14,8 Prozent auf
bilden zwar nach wie vor das Schlusslicht in der
                                                                           Rang Drei. Es folgt das Radio, das mit 9,8 Prozent
Rangreihe der Mediengattungen, werden aber pro
                                                                           wie im Jahr vor Corona für knapp ein Zehntel der
Tag von knapp einem Zehntel der Bevölkerung ab
                                                                           ab 14-Jährigen in Deutschland das wichtigste Info-
14 Jahren in Deutschland als Infoquelle genutzt
                                                                           medium ist. Zeitschriften, Wochenzeitungen und
(9,3 Prozent). Das sind doppelt so viele wie über
                                                                           Nachrichtenmagazine erreichen aktuell 1,4 Pro-
das gesamte Jahr 2019 (4,7 Prozent).
                                                                           zent.

Abb. 1.1                                                                   Abb. 1.2

Informierende Tagesreichweite im Trend                                     Subjektiv wichtigstes Informationsmedium im Trend

  80 %                                                                       40 %                     37,9          38,2          38,1
                                                                                       35,6

                             56,9            58,7         55,5
  60 %          53,6                                                         30 %      31,5                         30,0          31,0
                                             51,0                                                     30,5
                             48,1                            52,6
              45,5                           50,2
  40 %                                                    46,6               20 %
                             44,6                                                      17,7           16,7
                38,6                                                                                                15,1          14,8
                29,1         29,6            30,2         30,7                                        10,0
                                                                                       9,5
  20 %                                                                       10 %
                                                                                                                    11,1          9,8
                 4,7           5,6                                                      1,7
                                                           9,3                                         1,3
                                              6,7
   0%                                                                         0%                                     1,0           1,4
               2019-II      2020-I        2020-II        2021-I                       2019-II       2020-I        2020-II        2021-I

   Internet     Fernsehen     Tageszeitung      Radio     Zeitschriften*

*) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM).

12
Im Mittel aus informierender Nutzung und subjek-      plus rund sechs Prozentpunkten überproportional
tiver Bedeutung steigt das potenzielle Meinungs-      stark an Relevanz für die Meinungsbildung zuge-
gewicht des Internets in der Gesamtbevölkerung        legt. Einzig die ab 70-Jährigen zeigen sich von den
erwartungsgemäß weiter an. Vergleichen wir            aktuellen Entwicklungen – mit oder ohne Corona
auch hier die aktuellen Ergebnisse mit dem Jahr       – „unbeeindruckt“. Dort bleiben die einzelnen Gat-
2019 vor Corona, wird deutlich: Das Internet hat      tungen auf nahezu identischem Relevanzniveau
mit aktuell 33,5 Prozent potenziellem Meinungs-       wie 2019.
bildungsgewicht das Fernsehen (2021-I: 30,6 Pro-
zent) als relevanteste Informationsquelle überholt.   Onlinenutzung klassischer Medien steigt weiter
Der Führungswechsel fand bereits im 1. Halbjahr
                                                      Einen Teil der wachsenden Bedeutung als Infor-
2020 statt. Der Bedeutungsgewinn des Internets
                                                      mationsquelle verdankt das Internet der zuneh-
geht dabei zulasten nahezu aller klassischen Me-
                                                      menden crossmedialen Nutzung klassischer Me-
dien. Einzig die Publikumszeitschriften können
                                                      dienangebote. Hier erkennen wir für 2020 einen
auf niedrigem Niveau etwas an Gewicht zulegen
                                                      deutlichen pandemiebedingten Nutzungsschub.
(s. Seite 29).
                                                      Und die Nutzung der Internetangebote oder
                                                      Apps der TV-Sender, Radiostationen und im Fall
Seit Jahren schon berichtet die Mediengewich-
                                                      der Printmedien zusätzlich der e-Paper-Ausgaben
tungsstudie eine zunehmende Bedeutung des In-
                                                      steigt auch 2021 weiter an (Abb. 2). Die Unterschei-
ternets für die Meinungsbildung in allen Alters-
                                                      dung zwischen Livestreaming und on-Demand-
gruppen und seine herausragende Relevanz bei
                                                      Nutzung bei den Rundfunkanbietern einmal au-
den 14- bis 29-Jährigen. Seit dem letzten Jahr in-
                                                      ßer Acht gelassen, informiert sich aktuell weit
formiert sich auch die mittlere Altersgruppe der
                                                      mehr als ein Drittel der Bevölkerung ab 14 Jah-
30- bis 49-Jährigen am häufigsten online. Den
                                                      ren in Deutschland pro Tag über die Onlineange-
größten relativen Bedeutungsgewinn hat das In-
                                                      bote klassischer Medien (37,4 Prozent). Das sind
ternet aber in den Altersdekaden 50 bis 59 bzw.
                                                      26,5 Mio. Personen ab 14 Jahren und 7 Mio. mehr
60 bis 69 Jahren erfahren. Aktuell nutzt erstmals
                                                      als 2019. Relativ betrachtet ist mit einem Plus von
mehr als die Hälfte der 50- bis 59-Jährigen an ei-
                                                      38 Prozent die Nutzung klassischer Informations-
nem Durchschnittstag das Internet als Infoquel-
                                                      angebote sogar etwas stärker angestiegen als die
le (51,1 Prozent). Damit ist die informierende On-
                                                      informierende Tagesreichweite des Internets ge-
line-Tagesreichweite in dieser Dekade im Vergleich
                                                      samt (plus 36 Prozent).
zum Jahr 2019 um 61 Prozent gewachsen (2019:
31,7 Prozent). In ähnlichem Ausmaß, nämlich um
                                                      Den stärksten Zuwachs seit 2019 haben die On-
55 Prozent, hat die informierende Nutzung des In-
                                                      lineangebote von Fernsehsendern erfahren, die
ternets auch in der Gruppe der 60- bis 69-Jähri-
                                                      mittlerweile täglich knapp jeder Fünfte zu in-
gen zugenommen. Sie ist im selben Zeitraum von
                                                      formierenden Zwecken nutzt (18,3 Prozent). Eine
23,7 Prozent auf weit über ein Drittel angestiegen
                                                      überproportional starke Zunahme der informie-
(36,7 Prozent). Da mit der zunehmenden Nutzung
                                                      renden Nutzung zeigen über den Zeitraum auch
das Internet auch häufiger als wichtigstes Info-
                                                      die Onlineangebote von Radiosendern, auch wenn
medium genannt wird, haben Online-Informati-
                                                      diese im 1. Halbjahr 2021 das Ergebnis aus 2020
onsangebote in diesen Altersgruppen mit jeweils
                                                      „nur“ bestätigen (7,9 Prozent). Einen weiteren An-

                                                                                                       13
stieg kann hingegen die Tageszeitung vorweisen.                             Print als Infoquelle: Die Mehrheit liest digital
Sie erreicht mit 22,3 Prozent die höchste informie-
                                                                            Das Ausmaß, mit der die digitale Nutzung ins-
rende Online-Tagesreichweite aller klassischen
                                                                            besondere der Printmedien über die letzten bei-
Gattungen. Auch bei den Publikumszeitschriften
                                                                            den Jahre zugenommen hat, führt einmal mehr
geht die Nutzung weiter nach oben. Die Weban-
                                                                            vor Augen, dass der klassische Gattungsbegriff an
gebote von Zeitschriften, Wochenzeitungen oder
                                                                            Grenzen stößt. Nur noch ein Fünftel der Bevölke-
Nachrichtenmagazinen versorgen pro Tag 17,4 Pro-
                                                                            rung ab 14 Jahren in Deutschland informiert sich
zent der Bevölkerung ab 14 Jahren mit Informatio-
                                                                            täglich über die gedruckte Ausgabe einer Tageszei-
nen aus Deutschland und der Welt.
                                                                            tung (20,8 Prozent; Abb. 3). Im Vergleich zu 2019 be-
                                                                            deutet dies einen Rückgang um 5,3 Prozentpunkte
                                                                            – oder absolut ausgedrückt – täglich 3,8 Mio. „ana-
                                                                            loge“ Leserinnen und Leser weniger. Knapp jeder
                                                                            zehnte ab 14-Jährige liest hingegen mittlerweile
                                                                            das e-Paper einer Tageszeitung (9,1 Prozent). Die
                                                                            Zahl der e-Paper-Leserschaft hat im selben Zeit-
Abb. 2                                                                      raum um rund 1,5 Mio. zugenommen. Der Rück-
                                                                            gang der gedruckten Ausgabe konnte aber nicht
Informierende Tagesreichweite der Webangebote
                                                                            vollständig durch eine Zunahme der e-Paper kom-
­klassischer Medienanbieter
                                                                            pensiert werden. Deutlich stärker ist der Anteil de-
Webseite/App/E-Paper einer Tageszeitung                                     rer angestiegen, die sich täglich über die Webseite
                                     22,3                                   oder App einer Tageszeitung informieren. Dieser
                                    21,3                                    liegt mit 19,3 Prozent nur noch wenig unter dem
                           16,8                                             Anteil der täglichen Leserschaft einer gedruckten
Internetangebot/App eines Fernsehsenders
                                                               37,4 %
                                                                            Ausgabe (plus 5,2 Prozentpunkte seit 2019). Die
                             18,3                            Klassische     Angaben sind natürlich nicht überschneidungs-
                            17,4                            Medien online
                                                              gesamt        frei. Manche lesen eine oder mehrere Tageszei-
                 10,7
                                                                            tungen über alle zur Verfügung stehenden Wege.
Webseite/App/E-Paper von Zeitschriften*                          27,1 %     Mit Blick auf die informierende Tagesreichweite
                            17,4                                 2019-II
                                                                            von Tageszeitungen gedruckt vs. digital wird aber
                           16,3
                    13,3
                                                                            klar: Die digitale Nutzung überwiegt mittlerweile.
Internetangebot/App eines Radiosenders
           7,9                                                              Noch deutlicher wird dies bei den Publikumszeit-
           7,8                                                              schriften. Während Zeitschriften, Wochenzeitun-
     5,7                                                                    gen und Nachrichtenmagazine – allein ihre ana-
0%                         15 %                     30 %                   loge Relevanz betrachtend – nur von 3,9 Prozent
                                                                            der Bevölkerung ab 14 Jahren täglich als Informati-
                 2021-I                    2020-II          2019-II         onsquelle genutzt werden, zeigt sich mit Blick auf
                                                                            deren digitale Nutzung ein völlig anderes Bild. Mit
*) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland,
                                                                            sieben Prozent lesen pro Tag fast doppelt so viele
n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie             das e-Paper einer Publikumszeitschrift. Nochmals
2021-I (GIM).

14
doppelt so viele informieren sich mit 14,7 Prozent                                   gezählt. Dasselbe gilt für diejenigen, die z. B. einen
über die Webseite oder App von Zeitschriften, Wo-                                    Printtitel sowohl als geduckte Ausgabe wie auch
chenzeitungen und Nachrichtenmagazinen. Die                                          über die App oder die Webseite lesen.
außerordentliche Relevanz des digitalen Zugangs
zu Publikumszeitschriften als Infoquelle ist offen-                                  Mit Blick auf die aktuellen Ergebnisse ist festzu-
sichtlich: Vier von fünf, die sich an einem Durch-                                   halten, dass in Summe pro Tag mehr als acht von
schnittstag dort informieren, nutzen ausschließ-                                     zehn Personen ab 14 Jahren in Deutschland Infor-
lich die digitalen Zugänge.                                                          mationen (auch) aus klassischen Medien wahr-
                                                                                     nehmen (Abb. 4). 7,5 Prozent informieren sich jen-
Klassische Medien gehören (noch) bei fast allen                                      seits der klassischen Angebote ausschließlich über
zum Inforepertoire                                                                   journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedien
                                                                                     oder andere originäre Onlineangebote, wie z. B.
Noch müssen wir wegen des Medienvielfaltsmo-
                                                                                     Nachrichten- oder Webportale, Wikipedia oder
nitors aus methodischen Gründen an der klassi-
                                                                                     Blogs, oder direkt in sozialen Medien. Etwas mehr
schen Differenzierung der Gattungen festhalten
                                                                                     als ein Zehntel informiert sich an einem Durch-
(s. Kap. 2). Das sollte uns aber nicht davon abhalten,
                                                                                     schnittstag gar nicht (11,3 Prozent). Im Vergleich
einen Blick auf die Gesamtreichweite der klassi-
                                                                                     zum ersten Corona-Jahr 2020 zeigt sich, dass die
schen Medien – also unabhängig davon, über wel-
                                                                                     informierende Tagesreichweite insgesamt und vor
chen „Kanal“ sie genutzt werden – zu werfen. Dazu
                                                                                     allem die der klassischen Medien rückläufig ist. Im
werden alle Nutzungen einer Gattung zusammen-
                                                                                     Gegenzug liegt der Anteil derer, die ausschließlich
gerechnet. Personen, die z. B. eine Fernsehsendung
                                                                                     originäre Onlineangebote als Infoquelle nutzen,
im Fernsehen und/oder über die Mediathek schau-
                                                                                     deutlich höher.
en, werden nur einmal zur Gattung „Fernsehen“

Abb. 3

Informierende Tagesreichweite der Printmedien nach Art des Zugangs

               Tageszeitung                                                             Publikumszeitschriften

   30 %
                      26,1
                             24,8

   20 %
                                    20,8

                                                            19,3
                                                     18,3

                                                                                                                                  14,7
                                              14,1

                                                                                                                           13,3

   10 %
                                                                                                                    11,0
                                                                                                  4,9

                                                                                                                                         4,8
                                                                                                        3,9
                                                                                            3,8
                                                                         9,3
                                                                               9,1

                                                                                                                                               7,1
                                                                   7,0

                                                                                                                                                     7,0

    0%

                   Gedruckte Ausgabe       App/Internetseite        e-paper             Gedruckte Ausgabe        App/Internetseite        e-paper

         2019-II             2020-II       2021-I

*) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis: 70,598 Mio. Personen ab 14 Jahren in Deutschland, n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM).

                                                                                                                                                           15
Der Weg zu Online-Infos führt zunehmend                           sich der Trend – nach einem sprunghaften Anstieg
über Google, Facebook & Co.                                       der Nutzung von 20,6 Prozent 2019 auf 28,5 Pro-
                                                                  zent 2020 – weiter fort. In Summe beläuft sich der
Originäre Informationsangebote werden aber na-
                                                                  Anteil der ab 14-Jährigen, die pro Tag über origi-
türlich auch in Kombination mit anderen Info-
                                                                  näre Onlineangebote und/oder die crossmedialen
quellen genutzt. Bei knapp einem Drittel der Be-
                                                                  „klassischen“ Angebote Informationen zum Ge-
völkerung ab 14 Jahren gehören auch Web-Portale
                                                                  schehen aus Deutschland und der Welt wahrneh-
wie t-online oder web.de, Wikis, Blogs oder andere
                                                                  men, auf mittlerweile 45,5 Prozent (Abb. 5).
Angebote wie Videochannels oder Podcasts zum
täglichen Inforepertoire (30,5 Prozent). Das sind
                                                                  Wer weiß, was er oder sie sucht, kann das Ziel
fast ebenso viele wie sich über die journalistisch-
                                                                  ohne Umwege ansteuern. Mehr als drei Viertel
redaktionellen Onlineangebote der klassischen
                                                                  der Personen, die sich online bei klassischen Me-
Medien an einem Durchschnittstag informieren
                                                                  dienanbietern oder anderen Angeboten im Netz
(37,4 Prozent; s. o.). Ähnlich wie bei der crossme-
                                                                  informieren, rufen die Angebote (auch) direkt auf.
dialen Nutzung klassischer Medienangebote setzt
                                                                  Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren
                                                                  entspricht das aktuell 35,9 Prozent.

Abb. 4
                                                                  Bei mittlerweile mehr als jedem vierten ab 14-Jäh-
Informierende Tagesreichweite im Trend                            rigen in Deutschland führt der Weg zu den On-
Klassische Medien vs. originäre Online­angebote                   line-Infoquellen klassischer Medien, zu Online-
                                                                  portalen, Wikipedia oder Blogs aber auch über
                                                                  Medienintermediäre (27,9 Prozent). Eine heraus-
                                                                  ragende Rolle als Kontakthersteller spielen da-
 100 %                                                            bei Suchmaschinen. Rund jeder Zweite, der die
                  15,6               9,8               11,3
                                             4,0                  Webangebote klassischer Medien oder originäre
                           2,9                         7,5
  80 %                               31,8                         Onlineangebote als Infoquelle nutzt, gelangt ak-
                  23,6                                 30,1
                                                                  tuell über eine Suchmaschine dorthin. Das ent-
  60 %                                                            spricht weit mehr als einem Fünftel der Bevölke-
                  57,9
                                     54,4                         rung ab 14 Jahren (22,3 Prozent). In 94 Prozent der
                                                       51,1
  40 %
                                                                  Fälle führt der Weg dabei über Google Search. Al-
                                                                  ternativen spielen hier nur eine Nebenrolle.
  20 %

                                                                  Aber nicht nur Suchmaschinen, auch soziale Me-
     0%
                                                                  dien erzeugen Aufmerksamkeit für die Informati-
                 2019-II           2020-II            2021-I
                                                                  onsangebote, wobei die Nutzung der Information
                                                                  selbst außerhalb des Dienstes erfolgt. 13,4 Prozent
  Nur klassische Medien     Klassische Medien und originäre
Onlineangebote     Nur originäre Onlineangebote
                                                                  der ab 14-Jährigen gelangen über soziale Medien
  Keine Informationsnutzung                                       zu Informationsangeboten. Facebook, Instagram,
                                                                  WhatsApp, YouTube und Twitter spielen hier die
Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland,
n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie
                                                                  größte Rolle.
2021-I (GIM).

16
Abb. 5

Tagesreichweite von Medienintermediären als Kontakthersteller zu informierend genutzten Onlineangeboten

Onlineangebote genutzt
                                                                                                                             45,5
                                                                                                                      43,7
                                                                                       32,7
direkt aufgerufen
                                                                                                  35,9
                                                                                           34,0
                                                                   25,0
über Suchmaschinen/soziale Medien gesamt
                                                                             27,9
                                                                          27,0
                                              18,1

über Suchmaschinen
                                                            22,3
                                                     20,3
                                    14,3

über soziale Medien
                                13,4
                                    14,1
                    7,8

0%                                                                   25 %                                                               50 %

   2021-I     2020-II     2019-II

Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM).

Die Relevanz von Medienintermediären                                       Rund 33 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland
für Information nimmt weiter zu                                            informieren sich an einem Durchschnittstag, in-
                                                                           dem sie die Dienste von Google, Facebook & Co.
Seit Jahren belegen die Ergebnisse der Schwer-
                                                                           nicht nur als Kontakthersteller nutzen, sondern
punktstudie „Medienintermediäre und Meinungs-
                                                                           auch Informationen direkt auf den Diensten wahr-
bildung“ die zunehmende Relevanz intermediärer
                                                                           nehmen. Das entspricht 46,1 Prozent der Bevölke-
Dienste beim Informationsverhalten der Bevölke-
                                                                           rung (Abb. 6). Die informierende Tagesreichweite
rung.
                                                                           der Medienintermediäre ist dabei von 2019 auf
                                                                           2020 sprunghaft von 32,1 Prozent auf 45 Prozent
                                                                           angestiegen und entwickelt sich im ersten Halb-

                                                                                                                                             17
jahr 2021 tendenziell weiter nach oben. Mit einem                             stärkeren Zuwachs als die Infonutzung über die
Plus um 44 Prozent seit 2019 zeigt die Infonutzung                            crossmedialen Angebote klassischer Medien und
über Medienintermediäre sogar einen deutlich                                  das Internet gesamt (38 bzw. 36 Prozent).

Abb. 6

Informierende Tagesreichweite von Medienintermediären im Trend

  45 %

                                                                                                                                             46,1
                                                                                                                                      45,0
                                                                                                                   35,2
  30 %

                                                                                                           33,2

                                                                                                                               32,1
                                                                                                   23,5
                                 23,0
                         22,3

  15 %
                  16,8

                                                     7,5
                                                            6,9
                                               3,5

                                                                                       12,7
                                                                               12,2
                                                                        8,4

  0%

             Soziale Netzwerke              Instant Messenger          Videoportale              Suchmaschinen            Medienintermediäre
                                                                                                                               gesamt

   2019-II       2020-II           2021-I

Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.660; Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM).

Abb. 7

Informierende Tagesreichweite von Medienintermediären gesamt vs. 14- bis 29-Jährige

                                                                  ­Soziale
                                                                  Medien
  80 %                                                            gesamt:
                                                                   64,8 %
                                                                                                                                         74,8

  60 %                                        ab 14
                                              Jahre:
                                                                                                                 54,6
                                52,7

                                              31,5 %
                                                                                                                                  46,1

  40 %
                                                                                                          35,2
                                                                                     30,3
                                                                              12,7
                                                           10,9

  20 %
                         23,0

                                                     6,9

  0%
                 Soziale Netzwerke           Instant Messenger          Videoportale              Suchmaschinen            Medienintermediäre
                                                                                                                                gesamt

   Ab 14 Jahre       14 bis 29 Jahre

Basis 2021: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland, n = 3.660; davon 14,156 Mio. im Alter 14 bis 29 Jahre, n = 488;
Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2021-I (GIM).

18
Am häufigsten kommen Suchmaschinen zu in-               29-Jährigen nutzen täglich mindestens einen Me-
formierenden Zwecken zum Einsatz. Bei täglich           dienintermediär zur Information über das Gesche-
mehr als einem Drittel der Bevölkerung ab 14 Jah-       hen in Deutschland und der Welt (74,8 Prozent).
ren führt der Weg zu Informationen über Google          Im Bevölkerungsdurchschnitt liegt der entspre-
Search oder eine andere Suchmaschine (35,2 Pro-         chende Wert bei 46,1 Prozent.
zent). Eine leichte Zunahme gegenüber dem Vor-
jahr zeigt mit 23 Prozent auch der Anteil derer, die    Noch größere Unterschiede zeigen sich mit Blick
sich an einem Durchschnittstag in sozialen Netz-        auf die einzelnen Kategorien. Die informierende
werken über das Geschehen in Deutschland und            Tagesreichweite von sozialen Netzwerken ist in
der Welt informieren. Einen überdurchschnittli-         dieser Altersgruppe nicht nur mehr als doppelt so
chen Zuwachs seit 2019 weist die informierende          hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt (52,7 Pro-
Nutzung über Videoportale auf. 12,7 Prozent der         zent vs. 23 Prozent). Facebook, Instagram, Twitter
ab 14-Jährgen informieren sich täglich auf You-         und andere spielen bei den Jüngeren auch eine
Tube oder anderen Videosharing-Websites – plus          fast so große Rolle wie Suchmaschinen (54,6 Pro-
51 Prozent im Vergleich zu 2019 (8,4 Prozent).          zent). Bei den ab 30-Jährigen sind nach wie vor
                                                        Suchmaschinen mit Abstand am relevantesten.
Einen relativ betrachtet noch gewaltigeren Satz         Ebenfalls um mehr als das Zweifache höher liegt
nach vorne machen im selben Zeitraum Instant            bei den unter 30-Jährigen die Reichweite von Vi-
Messenger: Bei 6,9 Prozent der Bevölkerung ab           deoportalen zu informierenden Zwecken. 30,3 Pro-
14 Jahren spielen täglich auch WhatsApp oder            zent von ihnen nehmen pro Tag Informationen
andere Kommunikationsdienste bei der Informa-           zum Zeitgeschehen aus Deutschland und der Welt
tionsnutzung eine Rolle. Auch wenn sie streng           auf YouTube oder anderen Videosharing-Websei-
genommen nicht zu den Medienintermediären               ten wahr. Rechnet man die Instant-Messaging-
im medienstaatsvertraglichen Sinne zählen, be-          Dienste zu den sozialen Netzwerken und Video-
obachten wir ihre Relevanz für die Nutzung von          portalen dazu, so erreichen Informationen täglich
Informationen. Diese zeigt uns, in welchem Aus-         rund zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen über sozi-
maß sich die öffentliche Kommunikation in priva-        ale Medien (64,8 Prozent).
te Teilöffentlichkeiten verschiebt. Sollte sich hier
ein Trend etablieren, sind diese Dienste eine ganz      An Google führt kein Weg vorbei:
spezielle Herausforderung für den Erhalt und die        Google Search und YouTube vorne
Sicherung des öffentlichen Diskurses.
                                                        Mit Blick auf die am häufigsten genutzten Einzel-
                                                        dienste liegt Googles Suchmaschine in allen Al-
Zwei von drei 14- bis 29-Jährigen informieren
                                                        tersgruppen an erster Stelle. Insgesamt kommt sie
sich über soziale Medien
                                                        täglich bei 32,7 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jah-
Trotz der Zunahme der informierenden Nutzung            ren bei der Informationsnutzung zum Einsatz. Mit
von Medienintermediären in der Gesamtbevölke-           Abstand folgt YouTube, das sich mit einer infor-
rung zeigt sich nach wie vor ein klarer Zusammen-       mierenden Tagesreichweite von 12,1 Prozent erst-
hang zum Alter. Insbesondere bei den Jüngeren           mals knapp vor Facebook platziert (11,9 Prozent).
sind die Dienste fester Bestandteil des Informati-      Allerdings zeigen sich hier große altersspezifische
onsverhaltens (Abb. 7). Rund drei Viertel der 14- bis   Präferenzen. Bei den ab 30-Jährigen rangiert Face-

                                                                                                         19
Abb. 8

Info-Typologie – Informierende Tagesreichweite der Mediengattungen

                  Informierte          Nebenbei infor­       Infoaffine            Anspruchsvolle         Info-Snacker    Online-first-
                  Allrounder           mierte Zuschauer      Zeitungsleser         Info-Experten                          or-onlys
Fernsehen                     73,8                    71,6                83,1                     80,4           22,3          44,1
Radio                      56,8            41,7                        65,9                  62,5           39,6                45,7
Internet                   59,9          3,3                   6,1                           65,2                46,2                         93,3
Tageszeitung       28,9                 27,0                            72,5                59,7              16,2                 23,4
Zeitschriften*      6,1                  3,8                   6,8                   34,6                  1,8              8,5

Abb. 9

Info-Typologie – Subjektiv wichtigste Mediengattung als Informationsquelle

                  Informierte          Nebenbei infor­       Infoaffine            Anspruchsvolle         Info-Snacker    Online-first-
                  Allrounder           mierte Zuschauer      Zeitungsleser         Info-Experten                          or-onlys
Fernsehen           36,3                        53,3           36,5                26,3                      14,3               15,6
Radio                9,2                   15,2                8,8                    11,2                       16,6       6,6
Internet            35,7                  5,1                  7,5                        19,4                     58,4                65,1
Tageszeitung          12,8                     17,5             40,1                 36,9                   7,2              9,4
Zeitschriften*     1,4                   0,8                  0,8                    4,7                   0,3            0,4

Angaben in Prozent. *) Zeitschriften inklusive Wochenzeitungen und Nachrichtenmagazine
Basis: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland (n = 4.455); Quelle: Mediengewichtungsstudie 2020-II (Kantar).

book noch relativ deutlich vor YouTube. Ähnliches                             levanz dieses Netzwerks entfaltet sich vor allem
gilt für Instagram an vierter Stelle in der Gesamt-                           durch die Weiterverbreitung bestimmter Tweets
bevölkerung ab 14 Jahren (8,6 Prozent), das sei-                              über andere Medien. Die höchste Reichweite er-
ne Platzierung in erster Linie der informierenden                             zielt das Netzwerk mit 5,8 Prozent in der Grup-
Tagesreichweite von 29,8 Prozent bei den 14- bis                              pe der 14- bis 29-Jährigen. Eine ähnlich hohe in-
29-Jährigen verdankt. WhatsApp folgt mit einer                                formierende Tagesreichweite erreicht dort auch
informierenden Nutzung von im Schnitt 4,6 Pro-                                TikTok mit 5,1 Prozent. Letzteres ist nicht nur eine
zent pro Tag auf Platz 5.                                                     Plattform für die Jüngeren, sondern für die Jüngs-
                                                                              ten: Unter den 14- bis 19-Jährigen erreicht TikTok
Twitter hat den Sprung in die TOP 5 mit 2,9 Pro-                              pro Tag fast jeden Zehnten mit informierenden In-
zent knapp verpasst. Das „Twitter-Phänomen“ be-
stätigt sich also erneut: Die gesellschaftliche Re-

20
halten (9,6 Prozent) – Rang 5 hinter Google Search,      „Kanäle“ – mit welcher Intensität zur Informati-
Instagram, YouTube und WhatsApp. Das „alte“ Fa-          on genutzt werden. In die Analyse sind die Ant-
cebook spielt hier keine Rolle.                          worten von rund 4.500 Befragten eingeflossen in
                                                         Bezug auf ihre generelle und informierende Me-
Die zunehmende Relevanz der Medienintermedi-             diennutzung sowie die subjektive Bedeutung der
äre für die Informationsnutzung verdeutlicht: Das        Mediengattungen. Weitere aktive Variablen für
Internet hat die Medienwelt radikal verändert. Seit      die Segmentierung waren die Nutzung und sub-
Beginn der Mediengewichtungsstudie sehen wir,            jektive Bedeutung von Medienintermediären zu
dass sich immer weniger Personen über die klas-          informierenden Zwecken sowie die Einstellung
sischen Kanäle der Massenmedien informieren              der Befragten gegenüber sozialen Medien als In-
und immer mehr auf eine Vielzahl von sehr unter-         formationsquelle.
schiedlichen Informationsquellen im Netz zugrei-
fen. Traditionelle journalistische Quellen sind zwar     Informierte Allrounder
nach wie vor relevant, sie gewähren aber nicht
                                                         Im Ergebnis lassen sich sechs Info-Typen unter-
mehr allein Zugang zur Öffentlichkeit. Sie sind viel-
                                                         scheiden (s. Seite 8). Rund ein Drittel der Bevölke-
mehr selbst zunehmend auf intermediäre Dienste
                                                         rung ab 14 Jahren in Deutschland lässt sich den
angewiesen, um sichtbar zu bleiben – und wenn
                                                         Informierten Allrounder zuordnen. Sie repräsen-
wir „Dienste“ sagen, bedeutet dies in erster Linie
                                                         tieren eine „gut informierte Mitte“ und liegen bei
Google und Facebook. Die größte Gefahr für die
                                                         vielen soziodemografischen Merkmalen von allen
Meinungsfreiheit geht bei uns längst nicht mehr
                                                         Segmenten am nächsten am Bevölkerungsdurch-
von der staatlichen Zensur aus, gegen die Art. 5
                                                         schnitt. Im Schnitt sind die Informierten Allroun-
im Grundgesetz schützen soll. Das größte Poten-
                                                         der mit 52 Jahren nur etwas älter als die Gesamt-
zial zur Meinungskontrolle haben im digitalen
                                                         bevölkerung ab 14 Jahren (49 Jahre), und das
Zeitalter die privatwirtschaftlichen Social-­Media-
                                                         Geschlechterverhältnis ist mit 53 Prozent Frauen
Konzerne, die Posts löschen, Accounts sperren und
                                                         vs. 47 Prozent Männern vergleichsweise ausgegli-
ihre Algorithmen nach privatwirtschaftlichen As-
                                                         chen. Auch bei der formalen Bildung oder Haus-
pekten ausrichten können.
                                                         haltsgröße lassen sich keine großen Abweichun-
                                                         gen vom Bevölkerungsschnitt erkennen. Deutlich
Sechs Info-Typen: vom Allrounder bis
                                                         über dem Durchschnitt liegt bei diesem Info-Typ
zum Info-Snacker
                                                         mit 67 Prozent der Anteil der Berufstätigen, was
Betrachtet man das Problem der Meinungskon-              sich auch in einem überdurchschnittlichen Haus-
trolle aus Rezipientensicht, dann dürfte die Mei-        haltsnettoeinkommen pro Monat niederschlägt
nungsmacht eines Mediums maßgeblich auch                 (3.168 € vs. 2.823 € im Bevölkerungsdurchschnitt).
von der Größe und Struktur des individuellen Me-
dienrepertoires abhängen. Diesen „Repertoire-            95 Prozent der Informierten Allrounder nehmen
gedanken“ aufgreifend haben wir auf Basis der            täglich Informationen wahr, die meisten über das
Daten für das Jahr 2020 mittels Clusteranalyse In-       Fernsehen. Aber auch Internet und Radio nutzen
fo-Typen identifiziert, die sich in erster Linie darin   überdurchschnittlich viele als Infoquelle (Abb. 8)
voneinander unterscheiden, welche und wie viele          Als subjektiv wichtigste Informationsmedien lie-
verschiedene Medien – oder allgemeiner gesagt            gen Fernsehen und Internet exakt gleichauf vorne

                                                                                                          21
Abb. 10

Informierende Tagesreichweite von Medienintermediären

                      Informierte Allrounder         Anspruchsvolle                Info-Snacker                  Online-first-or-onlys
                                                     Info-Experten
Medienintermediäre                52,6                              54,0               33,2                                              92,8
gesamt

Suchmaschinen                   42,4                            49,3                        22,0                                 62,6
Soziale Netzwerke      19,8                                  15,7                      13,1                                      64,8
Videoportale              6,7            26 %            10,3              22 %       7,5            25 %                 42,8             87 %

Instant Messenger       1,3                            5,4                            7,1                          25,3

   ∑ Soziale Medien, alle Angaben in Prozent

*) Zeitschriften inklusive Wochenzeitungen und Nachrichtenmagazine
Basis: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland (n = 4.455); Quelle: Mediengewichtungsstudie 2020-II (Kantar).

(Abb. 9). Die hohe Relevanz des Internets beruht                            ab 14-Jährigen in Deutschland spielt das Internet
auch darauf, dass etwas mehr als 40 Prozent der                             für Information – und in vielen Fällen auch insge-
Informierten Allrounder klassische Medien auch                              samt – aber nach wie vor keine Rolle. Dieses Vier-
online nutzen. Rechnet man die informierende                                tel der Bevölkerung teilt sich aufgrund ihrer un-
Offline- und Onlinenutzung zusammen, gehören                                terschiedlichen Infonutzung in zwei Segmente.
mit 98 Prozent bei praktisch allen klassische Me-                           Erwartungs­gemäß handelt es sich dabei um Info-
dienanbieter zum täglichen Inforepertoire. Mehr                             Typen mit dem höchsten Durchschnittsalter, denn
als die Hälfte nutzt pro Tag auch mindestens einen                          unter den unter 50-Jährigen gibt es kaum noch
Medienintermediär zu informierenden Zwecken,                                Offliner.
vor allem Suchmaschinen (Abb. 10). Google Search
ist daher für die Informierten Allrounder auch der                          Der Info-Typ der „Nebenbei informierten Zuschau-
mit Abstand wichtigste Info-Intermediär. Ein Vier-                          er“ umfasst 14 Prozent der Bevölkerung, ist im
tel nimmt täglich Informationen auch auf sozialen                           Durchschnitt 67 Jahre alt und zeichnet sich durch
Medien wahr. Hier spielt (altersbedingt) vor allem                          den höchsten Frauenanteil aller Segmente aus
Facebook eine Rolle.                                                        (67 Prozent). Charakteristisch ist zudem, dass mit
                                                                            47 Prozent fast die Hälfte von ihnen allein lebt.
Nebenbei informierte Zuschauer
                                                                            Über das Zeitgeschehen in Deutschland und der
Die größte segmentierende Wirkung hat die In-
                                                                            Welt auf dem Laufenden zu bleiben, spielt bei
ternetnutzung zu informierenden Zwecken. Zwar
                                                                            den Nebenbei informierten Zuschauern insge-
steigt die Nutzung des Internets als Infoquel-
                                                                            samt eine unterdurchschnittliche Rolle. 13 Prozent
le in allen und in den älteren Altersdekaden der-
                                                                            nutzen an einem Durchschnittstag Medien aus-
zeit besonders stark an, für knapp jeden vierten
                                                                            schließlich zur Unterhaltung, weitere 3 Prozent gar

22
Abb. 11
keine. Nicht nur die Info-Tagesreichweite gesamt
liegt mit 84 Prozent deutlich unter dem Durch-         Subjektive Bedeutung von Medienintermediären für
schnitt (90 Prozent), sondern auch die Anzahl der      die Informationsnutzung
genutzten Infokanäle bzw. Mediengattungen. Das
Fernsehen ist das einzige überdurchschnittlich
genutzte Infomedium und auch das mit Abstand           Informierte Allrounder
                                                                                                                         20 %
subjektiv wichtigste. Ein Viertel der Nebenbei in-
formierten Zuschauer nimmt ausschließlich über                                                                               6%
das Fernsehen Informationen wahr. Radio und Ta-                                         53 %

geszeitung spielen nur eine untergeordnete Rol-        74 %

le, das Internet hat keine Relevanz – weder zur In-
formation noch zu anderen Zwecken. Sieben von
Zehn nutzen das Internet nie, weitere 14 Prozent       Anspruchsvolle Info-Experten                                          8%

seltener als einmal pro Woche.                                                                                               1%

                                                                                                                             4%
Infoaffine Zeitungsleser
                                                                                        54 %
Beim Infoaffinen Zeitungsleser hat man einen agi-
len, interessierten Info-Typ vor Augen, der sich ak-   87 %

tiv zum Zeitgeschehen in seiner Region, Deutsch-
land und der Welt informiert. Knapp jeder Zehnte
ab 14-Jährige gehört zu diesem Segment (9 Pro-         Info-Snacker

zent). Praktisch alle von ihnen informieren sich                                                                         25 %

täglich (98 Prozent). Fernsehen, Tageszeitung und
Radio erzielen hier Spitzenreichweiten. Die Tages-                                      33 %
                                                                                                                         11 %
zeitung sticht durch ihre deutlich überproportio-      57 %
nale Nutzung hervor. Sie erreicht hier nicht nur die                                                                         7%
meisten, vier von zehn nennen sie auch als ihre
wichtigste Infoquelle – und damit mehr als das
                                                       Online-first-and-onlys
Fernsehen.
                                                                                                                         30 %

Mit den Nebenbei informierten Zuschauern eint
die Infoaffinen das Durchschnittsalter und die ge-                                      93 %

ringe Internetnutzung. Allerdings gehören zu den       44 %
                                                                                                                         15 %
Infoaffinen Zeitungslesern fast gleich viele Frau-
en (49 Prozent) wie Männer (51 Prozent). Über die                                                                        11 %

Hälfte von ihnen lebt in Zwei-Personen-Haus-
halten, weitere 16 Prozent wohnen mit drei oder           Suchmaschinen     Soziale Netzwerke        Videoportale
                                                          Messenger-Dienste     Basis: Mind. ein Intermediär zu
mehr Personen zusammen. Ein Blick auf den for-         informierenden zwecken genutzt
malen Bildungsabschluss lässt hier zudem gegen-
                                                       Basis: 70,635 Mio. Personen ab 14 Jahre in Deutschland (n = 4.455);
                                                       Quelle: Mediengewichtungsstudie 2020-II (Kantar).

                                                                                                                             23
über dem anderen Offline-Segment deutlich hö-          Info-Snacker
here Anteile von Personen mit formal mittlerem
                                                       Den Gegenpol zu den bestens informierten An-
und hohem Bildungsabschluss erkennen.
                                                       spruchsvollen Info-Experten bilden 20 Prozent der
                                                       Bevölkerung, die sich vor allem durch ihre geringe
Anspruchsvolle Info-Experten
                                                       Infonutzung von allen anderen Info-Typen unter-
Den Zusammenhang zwischen der formalen Bil-            scheiden. Ein Viertel der Info-Snacker nimmt an ei-
dung und der Intensität der Nutzung journalis-         nem Durchschnittstag gar keine Infos wahr. Wer
tisch-redaktioneller Angebote belegt auch das          sich informiert, tut dies mehrheitlich über nur ein
Segment der anspruchsvollen Info-Experten – und        Info-Medium. Die höchste Info-Tagesreichweite
ebenso den, dass Männer im Durchschnitt infoaf-        erreicht das Internet knapp vor Radio. Als subjektiv
finer sind als Frauen. Mit ähnlicher Altersstruktur    wichtigstes Infomedium wird am häufigsten das
und Durchschnittsalter (53 Jahre) wie die Infor-       Internet genannt.
mierten Allrounder grenzt sich die kleine „Info-Eli-
te“ (5 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahre) durch      Spontan drängen sich gewisse Parallelen zu den
die über alle Segmente höchste Infonutzung ab.         Nebenbei informierten Zuschauern auf, weisen
Praktisch alle informieren sich täglich (98 Prozent)   doch beide Segmente die geringste Infonutzung
– und das umfassend: Alle Medien werden über-          und die geringste Anzahl genutzter Kanäle auf. Mit
durchschnittlich (auch) zu Infozwecken genutzt.        einem Durchschnittsalter von 38 Jahren liegt aber
Etablierte Printmedien spielen eine herausragen-       eine ganze Generation zwischen ihnen. Ein Blick
de Rolle: Tageszeitungen werden am häufigsten          auf die Berufstätigen-Quote (mit 67 Prozent die
als wichtigste Infoquelle genannt. Charakteris-        höchste neben den Informierten Allroundern), den
tisch ist die herausragende Bedeutung von Zeit-        mit 14 Prozent überproportionalen Anteil an Per-
schriften, Wochenzeitungen und Nachrichten-            sonen in Ausbildung und die Haushaltsgröße (im
magazinen, die die Hälfte – gedruckt oder digital      Durchschnitt 2,7) legt die Vermutung nahe, dass
– täglich nutzt.                                       die geringe Infonutzung der Snacker auch ein Zeit-
                                                       budgetthema sein könnte: Ausbildung, berufliche
Bei mehr als der Hälfte führt der Weg zu Informa-      Karriere und Kindererziehung stehen gerade an.
tionen auch über Medienintermediäre, in erster
Linie Suchmaschinen. Für knapp 90 Prozent sind         In Bezug auf die Infonutzung zeigt sich der Gene-
Suchmaschinen auch die wichtigsten Medienin-           rationenunterschied insbesondere darin, dass das
termediäre bei der Infonutzung.                        Internet die Rolle der klassischen Infokanäle der
                                                       Fernsehsender und Verlagshäuser übernommen
Soziodemografisch zeichnet sich das Segment            hat. Ein Drittel nutzt täglich auch mindestens ei-
durch den im Vergleich zu allen anderen Segmenten      nen Medienintermediär zur Information – und
höchsten Anteil an Männern (66 Prozent), Personen      zwar soziale Medien anteilig sogar etwas häufi-
mit formal hohem Bildungsabschluss (55 Prozent)        ger als Suchmaschinen. In einer Hinsicht weicht
und das höchste durchschnittliche Haushaltsnet-        die Infonutzung der Info-Snacker im Vergleich zu
toeinkommen pro Monat aus (3.576 €).                   allen anderen Typen sogar nach oben ab: Anteilig
                                                       informieren sie sich am häufigsten ausschließlich
                                                       oder auch über Beiträge privater Personen. Für die

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