Oberpfälzer Wasserzeitung - Klimawandel und Wasserversorgung - Regierung der Oberpfalz

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Oberpfälzer Wasserzeitung - Klimawandel und Wasserversorgung - Regierung der Oberpfalz
Regierung der
                                          Oberpfalz

Oberpfälzer Wasserzeitung
    Klimawandel und Wasserversorgung

        www.grundwasserschutz-oberpfalz.de
Oberpfälzer Wasserzeitung - Klimawandel und Wasserversorgung - Regierung der Oberpfalz
Thema:
Klimawandel und Wasserversorgung:
Situation in der Oberpfalz

Inhalt
Regierungspräsident Axel Bartelt, Regierung der Oberpfalz
Schützen wir unser wertvollstes Gut!                                             3

Dr. Benjamin Kopp, Bayerisches Landesamt für Umwelt
Grundwasser und Wasserversorgung in der Oberpfalz im Zeichen des Klimawandels    4

Dr. Juliane Thimet, Bayerischer Gemeindetag
Wasserwirtschaft – eine echte „challenge“                                       10

Franz Herrler, Kooperation Trinkwasserschutz Oberpfälzer Jura
Regen, Karst und Grundwasser – das Nass muss runter. Und nicht weg!             16

Raimund Schoberer und Claudia Muhr, Regierung der Oberpfalz
Sauberes Grundwasser wird wertvoller                                            18

Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz
Mit boden:ständig dem Klimawandel begegnen                                      22

Impressum                                                                       24

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Oberpfälzer Wasserzeitung - Klimawandel und Wasserversorgung - Regierung der Oberpfalz
Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

Regierungspräsident Axel Bartelt, Regierung der Oberpfalz
Schützen wir unser wertvollstes Gut!

                      Der Klimawandel und seine Folgen           menwirken aller Beteiligter: der Was-
                      werden immer deutlicher spürbar.           serversorger, der Landwirte, der Bür-
                      Die internationale Klimaschutz-Ver-        gerinnen und Bürger, aber auch der
                      einbarung von Paris verpfichtet uns        Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei
                      alle zum Handeln. Nicht zuletzt durch      den Kommunen, den Landratsäm-
                      Fridays for Future ist das mediale         tern, den Wasserwirtschaftsämtern,
                      Echo enorm. Der Informationsdurst          den Ämtern für Ernährung, Landwirt-
                      gerade auch zum Thema sichere              schaft und Forsten und im Amt für
                      Wasserversorgung groß. Und so ist          Ländliche Entwicklung.
                      auch die erste Aufage unserer Ober-        Insbesondere vor dem Hintergrund
                      pfälzer Wasserzeitung zum Thema            der sich abzeichnenden Klimaände-
                      Klimawandel und Wasserversorgung           rung – Starkniederschläge, lange Tro-
                      inzwischen vergriffen. Es freut mich       ckenperioden, weniger Grundwasser-
                      sehr, Ihnen nun die zweite, aktuali-       neubildung – wird gutes Grundwas-
                      sierte und erweiterte Aufage prä-          ser künftig noch wertvoller.
                      sentieren zu können.                       Unser Ziel muss sein, dass unser
                      Wie schon 2018 möchte ich an die-          Grundwasser in der Oberpfalz fä-
                      ser Stelle die Bedeutung einer qualita-    chendeckend möglichst gut ist.
                      tiv hochwertigen und auch quantitativ      Daran werden wir weiterhin gemein-
                      gesicherten Trinkwasserversorgung          sam arbeiten!
                      unterstreichen.                            Die folgenden Beiträge greifen das
                      Zentrale Basis dafür ist ein wirkungs-     Thema „Oberpfälzer Trinkwasserver-
                      voller Grundwasserschutz. Wir müs-         sorgung in Zeiten des Klimawan-
                      sen Sorge dafür tragen, dass unser         dels“ auf. Nach den Trockenjahren
                      Grundwasser erst gar nicht ver-            2018 und 2019 zeigt auch die bishe-
                      schmutzt wird und in der Folge auf-        rige Witterung im Jahr 2020: Wir
                      bereitet werden muss. Die Belastun-        befnden uns mitten im Wandel.
                      gen des Rohwassers mit Nitrat und          Jetzt ist die Zeit, ambitioniert zu han-
                      Pfanzenschutzmitteln müssen dort,          deln.
                      wo Grenzwerte überschritten wer-           Mit der AKTION GRUNDWASSER-
                      den, konsequent reduziert werden.          SCHUTZ wollen wir als Regierung
                      Dafür setzen sich nicht nur unsere         der Oberpfalz hier unseren Beitrag
                      zahlreichen lokalen und regionalen         leisten: Das Thema Grundwasser-
                      Wasserversorger ein. Wir können            schutz ist uns wichtig.
                      stolz sein auf das engagierte Zusam-

                      Axel Bartelt
                      Regierungspräsident der Oberpfalz

                                                                                                             3
Oberpfälzer Wasserzeitung - Klimawandel und Wasserversorgung - Regierung der Oberpfalz
Dr. Benjamin Kopp, Bayerisches Landesamt für Umwelt
Grundwasser und Wasserversorgung in der
Oberpfalz im Zeichen des Klimawandels

Der Klimawandel fndet statt – welt-          reichende Auswirkungen auf die               1980er Jahre eine Abnahme der Nie-
weit und in der Oberpfalz. So traten in      unterschiedlichsten Bereiche, und            derschläge im hydrologischen Win-
der Oberpfalz die 10 wärmsten Jahre          somit auch auf unsere Grundwasser-           terhalbjahr (November bis April) zu
seit 1951, mit Ausnahme des Jahres           vorräte. Die zwischenzeitlich ver-           erkennen. Da während dieser Mona-
1994, alle ab dem Jahr 2000 auf. Spit-       mehrt auftretenden, überdurch-               te kaum Pfanzenwachstum erfolgt,
zenreiter war dabei, mit einer Abwei-        schnittlich warmen Jahre wirken              können diese Niederschläge üblicher-
chung     von    +2.1    °C     gegen-       sich beispielsweise negativ auf die          weise zu einem hohen Anteil in den
über dem langjährigen Mittelwert             Grundwasserneubildung aus – je               Boden versickern und tragen wesent-
1971-2000, das Jahr 2018, gefolgt            wärmer es ist, desto mehr Wasser             lich zur Auffüllung der Grundwasser-
von 2014, 2019 und 2015 (Abb. 1).            benötigt die Vegetation und desto            vorräte bei. In trockenen Winterhalb-
Die beobachtete Klimaerwärmung               höher sind die Verdunstungsver-              jahren fällt die Grundwasserauffül-
seit Ende der 1980er Jahre hat weit-         luste. Gleichzeitig ist seit Ende der        lung entsprechend geringer aus.

p Abbildung 1: Entwicklung der Jahresdurchschnittstemperatur [°C] in den vergangenen 69 Jahren von 1951-2019 in der Oberpfalz
(Datenquelle: Deutscher Wetterdienst, KLIWA).

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Oberpfälzer Wasserzeitung - Klimawandel und Wasserversorgung - Regierung der Oberpfalz
Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

p Abbildung 2: Entwicklung der jährlichen Grundwasserneubildung [mm bzw. l/m²] in der Oberpfalz während der vergangenen 69 Jahre
(1951-2019). Ergebnis einer Bodenwasserhaushaltsmodellierung (Datenquelle: KLIWA, Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU)).

Grundwasserneubildung

Die Grundwasserneubildung ist ein           lich etwas mehr als 20 % der jährli-         schnittliche (gelbe Balken) und unter-
wichtiges Maß für die „natürliche           chen Niederschlagsmenge von 793              durchschnittliche (rote Balken) Neu-
Regenerationsfähigkeit“ der Grund-          mm. Meist war die Grundwasserneu-            bildungsjahre auf. So fel die mittlere
wasserressourcen. Sie reagiert als          bildung in dieser Zeit deutlichen            Grundwasserneubildung seit 2003
Größe der Wasserbilanz unmittelbar          Schwankungen unterworfen. So                 mit lediglich 151 mm jährlich um
auf Änderungen der Einfussfaktoren          wechselten sich bis Anfang der               rund 12 % geringer aus als im Refe-
Niederschlag und Verdunstung. Da            2000er Jahre oftmals überdurch-              renzzeitraum. Dies entspricht rech-
sie nur punktuell und nur unter erheb-      schnittliche Neubildungsjahre (blaue         nerisch in Summe einem Defzit von
lichem messtechnischen Aufwand              Balken) mit unterdurchschnittlichen          rund 340 Liter an neu gebildetem
ermittelt werden kann, wird die             Neubildungsjahren (rote Balken) ab           Grundwasser pro Quadratmeter
Grundwasserneubildung für Bayern            (Abb. 2).                                    Boden. Ausschlaggebend hierfür
fächenhaft über ein Bodenwasser-                                                         waren, neben den beschriebenen
haushaltsmodell berechnet.                  Auffallend ist jedoch die Entwicklung        größeren Verdunstungsverlusten auf
Im Referenzzeitraum 1971 bis 2000           der letzten 17 Jahre, ausgehend              Grund der wärmeren Lufttempera-
beträgt die berechnete mittlere jährli-     von dem sogenannten Jahrhun-                 tur, die überwiegend gering ausge-
che Grundwasserneubildung in der            dertsommer 2003. In dieser Zeit tra-         fallenen Niederschläge während der
Oberpfalz 171 mm, und somit ledig-          ten ausnahmslos nur noch durch-              Winterhalbjahre.

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Beobachtete Grundwasserstände

Die staatliche Wasserwirtschaftsver-          Eine tagesaktuelle Entwicklung mit            Betrachtet man die Ganglinien
waltung unterhält mit dem Landes-             einer Einordnung der gemessenen               (= Zeitreihe der Messdaten) der
grundwasserdienst ein umfangrei-              Grundwasserstände und Quellschüt-             oberpfälzischen Grundwassermess-
ches Messnetz aus Grundwasser-                tungen hinsichtlich des aktuellen             stellen und Quellen, fällt auf, das
messstellen und Quellen, um aktuelle          Niveaus im Vergleich zum gesamten             viele Messstellen in der jüngsten
und langfristige qualitative und quanti-      jeweiligen Messzeitraum wird im               Trockenperiode seit 2015 teils erheb-
tative Veränderungen beobachten, be-          Niedrigwasserinformationsdienst des           liche Rückgänge der Grundwasser-
schreiben und bewerten zu können.             LfU dargestellt (www.nid.bayern.de).          stände zeigen (Abb. 3).

p Abbildung 3: Gemessene Ganglinie der Grundwassermessstelle Taubenberg südlich von Amberg (Jura) und der Quelle Kirchen-
demenreuth (Kristallin) nördlich von Weiden. In den letzten Jahren zeigt sich ein auffallender Rückgang der Messwerte, insbeson-
dere bei der Messstelle Taubenberg (www.nid.bayern.de).

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Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

p Abbildung 4: Alleine 27 von 42 Messstellen des Landesgrundwasserdienstes in der Oberpfalz wiesen im Zeitraum seit 2000 in den
letzten beiden Jahren die niedrigsten gemessenen Grundwasserstände (NNW) auf (Stichtag 31.12.2019).

Besonders deutlich wird dies, wenn           Erwartete zukünftige                         Mit Wasserhaushaltsmodellen ist es
man sich ansieht, in welchem Jahr            Entwicklung – Fallstudie                     möglich, die räumliche und zeitliche
der jeweils niedrigste gemessene             Oberpfälzer Wald                             Verteilung der Komponenten des
Wert (NNW) einer Zeitreihe aufgetre-                                                      Wasserhaushaltes für ein Gebiet zu
ten ist. Von den 42 Messstellen, wel-        Der bereits deutlich zu beobachtende         berechnen. Eine Klimaprojektion be-
che in der Oberpfalz mindestens seit         Klimawandel wird auch zukünftig              schreibt dabei einen möglichen zu-
dem Jahr 2000 in Betrieb sind, zeigt         stattfnden. Daher wird in Bayern die         künftigen Entwicklungspfad. Anhand
sich zum Stichtag 31.12.2019 eine            Klimaveränderung und ihre Konse-             der Ergebnisse sollen bereits frühzei-
ausgeprägte Häufung an registrier-           quenzen auf die Wasserwirtschaft im          tig Veränderungen erkannt und An-
ten NNW-Werten während der Tro-              Rahmen des Projekts KLIWA (www.              passungsmaßnahmen ergriffen wer-
ckenjahre 2018 und 2019 (Abb. 4).            kliwa.de) seit 1999 untersucht, in           den.
Messdaten vor 2000 wurden in der             Bezug auf das Grundwasser seit
NNW-Auswertung, sofern vorhan-               2007.                                        Stellvertretend für die Oberpfalz
den, nicht berücksichtigt.                   Neben der oben beschriebenen Iden-           wurde für den Bereich des Oberpfäl-
                                             tifkation bereits stattgefundener Ver-       zer Waldes eine entsprechende Fall-
Da an vielen dieser Messstellen die          änderungen in der Vergangenheit ist          studie durchgeführt (Abb. 5). Die
Grundwasserstände weiterhin abneh-           ein Schwerpunkt die Erfassung von            lokale Wasserversorgung ist hier in
men, zeichnet sich auch für das lau-         zukünftig zu erwartenden Änderun-            weiten Teilen dezentral strukturiert
fende Jahr 2020 eine Häufung bei der         gen. Hierzu werden Fallstudien durch-        und stützt sich primär auf die Nutzung
Anzahl neu registrierter Niedrigst-          geführt und räumlich hochaufgelöste          von Quellen. Auf Grund des hohen
werte ab.                                    Wasserhaushaltsmodelle für ausge-            Festgesteinsanteils wird hier aber nur
                                             wählte Gebiete in Bayern ge-                 wenig Grundwasser gespeichert wer-
                                             rechnet, welche mit regionalen Klima-        den, weshalb die Vorkommen meist
                                             projektionen angetrieben werden.             nur gering ergiebig sind. Daher wirken

                                                                                                                                      7
Oberpfälzer Wasserzeitung - Klimawandel und Wasserversorgung - Regierung der Oberpfalz
p Abbildung 5: KLIWA Fallstudie „Oberpfälzer Wald“. Das Untersuchungsgebiet umfasst die Einzugsgebiete der Pfreimd und der
Schwarzach. Ein Großteil der öffentlichen Wasserversorgung erfolgt hier über die Nutzung von Quellwasser (blaue Punkte). Diese
reagieren besonders empfndlich auf Änderungen des Klimageschehens.

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Oberpfälzer Wasserzeitung - Klimawandel und Wasserversorgung - Regierung der Oberpfalz
Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

sich Änderungen der Grundwasser-          Wasserversorgungsbilanz
neubildung deutlich stärker aus, als in   Oberpfalz
den übrigen Bereichen der Oberpfalz
mit teils wesentlich größeren Grund-      Im Rahmen des LfU-Projekts „Erhe-        Für Wasserversorgungsanlagen mit
wasservorräten. Der Fokus der Fall-       bung und Bewertung der öffentli-         „eingeschränkter“ bzw. „stark ein-
studie lag daher auf der Untersuchung     chen Wasserversorgung“, als Teil         geschränkter“ Versorgungssicherheit
der Änderung der Quellschüttungen         der Bayerischen Klimaanpassungs-         werden die Wasserversorger aus
in den kristallinen Festgesteinsberei-    strategie, wurde die Versorgungssi-      Vorsorgegründen dazu angehalten,
chen. Als Ergebnis der Fallstudie ist,    cherheit aller bayerischen Wasser-       auch unter Berücksichtigung des
unter Anwendung der Klimaprojektion       versorgungsanlagen hinsichtlich ei-      ermittelten klimatischen Dargebots-
WETTREG2006 (ECHAM5/A1B), die             nes ausreichenden Wasserdargebo-         rückganges von 10 %, sich gegebe-
vergleichsweise moderate Klimaän-         tes und einer redundanten Versor-        nenfalls ein zweites oder auch weite-
derungen widerspiegelt, mit einer         gungsstruktur untersucht.                res Standbein zur Sicherstellung der
Abnahme der Quellschüttungen in                                                    künftigen Trinkwasserversorgung der
Höhe von 10 % bis zum Jahr 2025 zu        Das künftig zur Verfügung stehende       Bevölkerung aufzubauen.
rechnen.                                  Dargebot betreffend flossen die          Eine umfassende Zusammenstel-
                                          Ergebnisse der Fallstudie ein. Ferner    lung der Ergebnisse des o. g. Projek-
                                          wurde bei der Abschätzung des            tes sowie aller relevanten Einfluss-
                                          Wasserbedarfs auch die demogra-          größen für die Trinkwasserversor-
                                          phische Entwicklung berücksichtigte.     gung kann der „Wasserversorgungs-
                                          Für die Bewertung der Versorgungs-       bilanz Oberpfalz“, herausgegeben
                                          sicherheit spielten genauso die was-     von der Regierung der Oberpfalz (in
                                             serwirtschaftlichen Vorgaben zur      Zusammenarbeit mit den Wasser-
                                               Schützbarkeit und zur Wasser-       wirtschaftsämtern Regensburg und
                                                qualität der genutzten Rohwas-     Weiden sowie dem LfU), entnommen
                                                serressourcen eine Rolle.          werden (s. Infobox).

  Weitere Informationen und Kontaktdaten:

  www.lfu.bayern.de

  Dr. Benjamin Kopp
  Tel.: 09281 1800-4846
  Benjamin.Kopp@lfu.bayern.de

  Bayerisches Landesamt für Umwelt
  Referat 92: Grundwassermonitoring
  Hans-Högn-Str. 12
  95030 Hof

                                                                                                                               9
Oberpfälzer Wasserzeitung - Klimawandel und Wasserversorgung - Regierung der Oberpfalz
Dr. Juliane Thimet, Bayerischer Gemeindetag 1
Wasserwirtschaft – eine echte „challenge“

                                              im deutschen Durchschnitt unter          Challenge bedeutet nichts anderes
                                              0,002 €, also einen Zweihundertstel      als Herausforderung. Die Wasserver-
                                              Cent2. Das bedeutet, dass sich wirk-     sorgung und die Abwasserentsor-
                                              lich jeder Bürger Trinkwasser aus der    gung stellen herausragende Pficht-
Die gute Nachricht lautet: Jeder              Leitung leisten kann, wenn er bei        aufgaben (unumgängliche „challen-
deutsche Wasserversorger liefert              seinen sonstigen Verbräuchen – von       ges“ quasi) jeder Stadt und jeder
Trinkwasser und rechnet den Ver-              Toilette spülen über Duschen bis         Gemeinde dar, bei denen sie sich mit
brauch in Tausend-Liter-Einheiten,            zum Garten bewässern – aufpasst.         Weitblick und langem Atem einer
das entspricht nämlich 1 m³, ab.              1000 Liter Schmutzwasser werden          Fülle von aktuellen Herausforderun-
Anders ausgedrückt kostet ein Liter           im bayerischen Schnitt für nur 1,96 €    gen stellen muss:
Trinkwasser aus dem Hahn im Haus              entsorgt.3
                                                                                       Wegen der globalen Bedeutung des
                                                                                       Themas beginnt der Aufsatz mit
                                                                                       einem globalen Blick (I).

                                                                                       Sinkende Grundwasserstände und
                                                                                       Dürre werfen aber auch Schatten auf
                                                                                       die lokale Wasserwirtschaft (II).

                                                                                       Das Düngerecht entwickelte sich aus
                                                                                       einer Nischenmaterie heraus zu einem
                                                                                       bedeutsamen Dialog zwischen Euro-
                                                                                       päischer Kommission und der Bun-
                                                                                       desrepublik. Für die Wasserversor-
                                                                                       ger wird es ein schmaler Grat sein,
                                                                                       ihre Belange des Grundwasserschut-
                                                                                       zes voranzubringen, dabei aber die
                                                                                       Landwirtschaft weiterhin als wichti-
                                                                                       gen Partner im Boot zu haben (III).

                                                                                       Die Wasserwirtschaft kann in Zeiten
                                                                                       des Klimawandels nicht länger das
                                                                                       Stiefkind der Öffentlichkeit sein, des-
                                                                                       halb muss zunehmend auf gute
                                                                                       Öffentlichkeitsarbeit geachtet wer-
                                                                                       den (IV).

                                                                                       Eine Riesenherausforderung stellt
                                                                                       auch die Struktur der Wasserversor-
                                                                                       gungen und Abwasserentsorgungen
                                                                                       dar, die angesichts der Spezialisie-
p Abbildung 1: 1.000 Liter Trinkwasser kosten in Bayern durchschnittlich weniger als   rung der Themen nicht in der Kleinst-
zwei Euro.                                                                             teiligkeit verharren darf (V).

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Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

I Think globally – act locally

Der in der Wahrnehmung der Gesell-
schaft angekommene Klimawandel
ruft das Wasser als menschliches
Grundbedürfnis ins Gedächtnis. Jede
Gemeinde ist dabei wie nie zuvor in
ein globales Geschehen eingebun-
den. Vom Zugang zu Wasser werden
die „Verteilungskämpfe“ der Zukunft
ausgehen. So wie heute kein Pass
eines Staates für Individuen die Mi-
gration verhindert, so wird in Zukunft
die Verteilung der wichtigsten Res-      p Abbildung 2: Trockenrisse in einem ausgetrockneten Feld.

source des Blauen Planeten einen
enormen Handlungsdruck auf diejeni-
gen, die Zugang zu Wasser haben, aus-    II Wasserknappheit und die                    Wetter über Europa bestimmt. An
üben4. Wasser ist nicht von Staats-      beginnenden Verteilungsfragen                 seinen östlichen und westlichen Sei-
grenzen abhängig und dabei ein                                                         ten drehen sich wiederum zwei Tief-
längst nicht an jedem Ort dieser Erde    Wärme, Trockenheit und Wind sind              druckgebiete gegen den Uhrzeiger-
in gleicher Menge verfügbares Gut.       Parameter, die auch vor Ort zu Was-           sinn. Die Wettersysteme greifen inei-
Bezogen auf die Verhältnisse in einer    serknappheit führen können. Vieler-           nander wie die Zahnräder eines Ge-
Gemeinde muss das Vorhandensein          orts haben wir 2020 bereits das dritte        triebes – und sie fxieren einander,
von Wasser in jedem Bereich einer        regenarme Frühjahr in Folge erlebt.           sodass Hoch- und Tiefdruckgebiete
Gemeinde bekannt sein: Ist Grund-        Die Waldbrandgefahr ist dann in eini-         nicht wie sonst üblich schnell weiter-
wasser vor Ort vorhanden oder nicht      gen Teilen des Landes extrem hoch.            ziehen. Regen wird daher dauerhaft
vorhanden? Ist es rechtlich gesichert    Der entsprechende Gefahrenindex               um Kontinentaleuropa, aber auch die
oder nicht gesichert? Wird es vor Ort    des Deutschen Wetterdienstes be-              britischen Inseln herumgeleitet. Der
gefasst oder geliefert? Wird es auf-     trachtet dazu Lufttemperatur, Luft-           Strömungsverlauf erinnert an den
bereitet oder bleibt es naturbelas-      feuchte, Windgeschwindigkeit und              griechischen Buchstaben Omega,
sen? Bestehen ausreichende Druck-        Niederschlagsmenge. Dieser Regen-             daher der Name.
verhältnisse, um auch den Brand-         mangel wird durch eine atmosphäri-            Setzt sich die aktuelle Wetterlage
schutz mit gewährleisten zu können       sche Konstellation ausgelöst, die             fort, drohen vermehrte Dürren. An
oder nicht? Wird es von eigenem          auch während des Hitzesommers                 der Oberfäche ist davon die Land-
Personal betreut oder bestehen Ver-      2018 herrschte. Die Wetterexperten            wirtschaft betroffen. Dürre führt zu
träge oder Satzungen, um eine Be-        bezeichnen sie als Omegalage. Das             einem erhöhten Bewässerungsbe-
triebsführung zu regeln?                 bedeutet, dass ein im Uhrzeigersinn           darf. Die Waldwirtschaft steht ohne
Dazu kommt der spürbare Klimawan-        rotierendes Hochdruckgebiet das               kurzfristige Lösungen vor diesen The-
del, gezeichnet von den Kapriolen der
Niederschläge: Sinkende Grundwas-
serstände – lokal und global – gehen
einher mit Starkregenereignissen. Es
gilt also mindestens, die zahlreichen
Herausforderungen vor Ort anzuneh-
men und dabei aber auch zu erken-
nen, welchen schützenswerten Wert
es global gesehen hat, über Grund-
wasser zu verfügen.
Globalen Wanderungsbewegungen
könnten örtliche Wasserversorger al-
lenfalls vorbauen, indem sie sich für
globale Wasserprojekte mit engagie-
ren.                                     p Abbildung 3: Landwirte bewässern wegen der herrschenden Trockenheit ihre Felder.

                                                                                                                                  11
men. Es sinken aber auch die Grund-      III Schutz des Grundwassers              mit Gülle – soweit er von den Pfan-
wasserstände in Bayern kontinuier-       vor Verunreinigung – Reizwort            zen und Böden nicht aufgenommen
lich ab. Das wirft bei einem Erster-     Düngerecht                               wird – durch den Boden ins Grund-
schließungsgrad durch öffentliche                                                 wasser. Daher sind Regionen mit
Wasserversorgungen von 99,7 % vor-       Die kommunalen Wasserversorger           Tierhaltung und Ackerbau besonders
rangig zwei Themen auf:                  liefern qualitativ hochwertiges Trink-   von erhöhten Nitratwerten betrof-
In Anbetracht der stark sinkenden        wasser. Sie sind – Stand heute –         fen.
Grundwasserstände scheint es zum         stolz auf das naturbelassene Wasser,     Dieser überfüssige Stickstoff kommt
einen wichtig, dass auch Erster-         das sie liefern. Die Auswirkungen        als Nitrat, also als Verunreinigung, im
schließungen, die dem Klimawandel        der steigenden Nitratbelastung der       Grundwasser an. Rund 90 % des
geschuldet sind, nach den Richtli-       Grundwasserkörper betreffen auf          Trinkwassers in Bayern speisen sich
nien für Zuwendungen zu wasser-          der Zeitachse alle Bürger und alle       aus Grundwasserkörpern. Diese Ent-
wirtschaftlichen Vorhaben (RZWas)        Wasserversorger.                         wicklung macht die Versorgung mit
vom Freistaat Bayern gefördert wer-      Stickstoff beschleunigt das Wachs-       einwandfreiem Trinkwasser tech-
den. Hier gibt es – beispielsweise in    tum von Pfanzen und wird daher als       nisch immer aufwendiger und damit
Niederbayern – Tausende von Eigen-       Dünger eingesetzt. Es wird dabei         auch teurer. Denn es müssen zuneh-
brunnen, die für die Trinkwasserver-     zwischen mineralischem (=syntheti-       mend Aufbereitungsanlagen, die mit
sorgung der Bevölkerung in Zukunft       schem) Stickstoffdünger für Acker-       der teuren Technik der Umkehros-
nicht mehr genutzt werden können.        kulturen und organischem Dünger,         mose arbeiten, gebaut werden oder
Hier entstehen für die Gemeinden         insbesondere aus Rinder- oder            es müssen bestehende Brunnen
und die Bürger unverhältnismäßige        Schweinegülle, aus Festmist, aus         vom Netz genommen werden, wenn
Belastungen, weil extrem hohe Kos-       Jauche, aus Klärschlamm und aus          diesem Trend kein Einhalt geboten
ten für sehr geringe Einwohnerzah-       Biogasanlagenrückständen,       unter-   wird. Die Verunreinigung des Grund-
len anfallen. Die vom Klimawandel        schieden. Dieser Stickstoff versi-       wassers stammt überwiegend aus
betroffenen Bereiche standen bei         ckert bei landwirtschaftlicher Boden-    den landwirtschaftlich genutzten Flä-
früheren Förderungen der Erster-         nutzung und vor allem beim Düngen        chen.
schließung überwiegend nicht im
Brennpunkt, weil die Bewohner über
Eigenbrunnen bisher ausreichend
versorgt schienen.
Zum anderen wird das Thema „zwei-
tes Standbein“ oder Ausbau der Not-
versorgungen zentral, um wirklich
die Versorgung der Bevölkerung mit
Trinkwasser krisensicher gewährleis-
ten zu können. Dieses Thema greift
die RZWas 2018 über eine Regelför-
derung von Verbundleitungen auf.
Die Förderrichtlinie RZWas 2018
stellt ein Erfolgsmodell des Freistaa-
tes Bayern dar. Dieses wird mit Hilfe
einer herausragenden Beratungsleis-
tung der bayerischen Wasserwirt-
schaftsämter umgesetzt. Es handelt
sich um ein durchdachtes Konjunk-
turpaket, das unmittelbar den Bürger
entlastet und den Megathemen Kli-
mawandel         und   verbessertem
Umweltschutz Rechnung trägt.
Das Erfolgskonzept RZWas leistet
somit einen wichtigen Beitrag auf
dem Weg zu gleichwertigen Lebens-
bedingungen in Stadt und Land.           p Mineraldüngung auf einem Rapsfeld

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Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

                                  100%
                                                                                                                                                selinstrumente für den europawei-
                                                                                                                                                ten Schutz der Gewässer vor Belas-
                                  90%
                                           9                                                                                                    tungen durch die Landwirtschaft. Ein
                                  80%                                                                                                           Bestandteil der Wasserrahmenricht-
                                                                                           75
                                                                                                                                                linie ist wiederum die EU-Grundwas-
                                  70%
                                                                                                                                                serrichtlinie, welche die für Grund-
 Messstellenanzahl bzw. -anteil

                                           7

                                  60%
                                                                                                                             25 bis 37,5mg/l   gelegte Qualitätsnorm von 50 mg Ni-
                                                                                                                            > 37,5 bis 50mg/l
                                                                                                                                                trat je Liter enthält. Die Verordnung
                                  40%     11                                                                                > 50mg/l
                                                                                           42                                                   zum Schutz des Grundwassers, die
                                  30%                                                                                                           Grundwasserverordnung (GrwV) setzt
                                  20%
                                                                                                                                                dies in nationales Recht um. In An-
                                           9
                                                                                           22                                                   lage 2 zur GrwV fndet sich der vielzi-
                                  10%
                                                                           7                                 1
                                                                                                                                                tierte Grenzwert von 50 mg Nitrat
                                                                                           13
                                   0%
                                                                           2                                 1
                                                                                                                                                pro Liter im deutschen Recht. Bereits
                                         Acker   Grünland   Siedlung   Wald/Gehölz    Mischnutzung      Mischnutzung ohne
                                                                                     mit Acker (>10%)    Acker (< 10%)                          bei festgestellten steigenden Schad-
p Abbildung 4: Nitratbelastung im Grundwasser aufgeteilt nach Bereichen
                                                                                                                                                stofftrends ab 37,5 mg Nitrat pro
unterschiedlicher Landnutzung                                                                                                                   Liter sind Gegenmaßnahmen (also
                                                                                                                                                eine Trendumkehr) einzuleiten.
                                                                                                                                                Der Landwirtschaft verlangt die DüV
                                                                                                                                                2020 insbesondere bei hohem Tier-
Grundwasserverunreinigung                                                  In Summe liegt der maximal denk-                                     besatz einiges ab. Umweltschutz
stammt nicht aus den kommu-                                                bare Stickstoffeintrag aus undichten                                 und Landwirtschaft gehören jedoch
nalen Kläranlagen oder Kanälen                                             Kanälen ins bayerische Grundwas-                                     zusammen und dürfen nicht über
Um sog. „fake news“ entgegenzu-                                            ser mit rund 4.100 Tonnen pro Jahr                                   Fehlinformationen (wie oben bei der
treten: In Bayern gibt es zwar rund                                        deutlich unter dem Stickstoffüber-                                   Ursacherrolle der Kläranlagen) gegen-
2.500 Kläranlagen, diese tragen aber                                       schuss landwirtschaftlicher Flächen                                  einander ausgespielt werden. Was
nicht zur Grundwasserverunreini-                                           von rund 276.000 Tonnen pro Jahr.                                    nicht passieren darf, ist, dass die
gung bei. Seit den 1980er Jahren hat                                       Auch die – durchaus teilweise un-                                    Landwirtschaft als Nahrungsmittel-
sich durch die Einführung der dritten                                      dichten – Leitungsnetze tragen nicht                                 produzent nun selbst in der öffentli-
Reinigungsstufe und Anpassungen                                            wesentlich zur Grundwasserverun-                                     chen Meinung in die Ecke gestellt
an den Stand der Technik bei der                                           reinigung bei. Das Hauptproblem der                                  wird. Für die Landwirtschaft wurde
Abwasserreinigung auch der Nähr-                                           Abwasserentsorger mit undichten                                      zudem eine Milliarde zusätzlich an
stoffanteil aus Kläranlagen in den                                         Leitungen ist nämlich nicht die Exflt-                               deutschen Steuergeldern bereitge-
Fließgewässern kontinuierlich verrin-                                      ration, sondern die Infltration, also                                stellt, um die Härten der Düngever-
gert. Für Stickstoff gelten je nach                                        das Eindringen von Fremdwasser.                                      ordnung 2020 abzufedern. Dazu
Größenklasse der Kläranlage Ablauf-                                        Das ist aber kein grundwasserrele-                                   kommen die Programme, um die
werte zwischen 13 und 18 mg pro                                            vantes Thema.                                                        Folgen der Coronakrise für die Land-
Liter. Die im Abwasser enthaltenen                                                                                                              wirtschaft auszugleichen. Es ist
Stickstoffverbindungen werden zu                                                                                                                wichtig, dass sich die Interessenver-
77,6 Prozent abgebaut.5 Der Rest,                                          Entwicklung es Düngerechts                                           treter der Landwirtschaft endlich
also 22,4 Prozent des Stickstoffs                                          in Deutschland                                                       konstruktiv einbringen, damit die
werden dann in oberirdische Gewäs-                                         Die Europäische Union hat 1991 die                                   Fördergelder auch nach fachlich
ser (Flüsse, Bäche) eingeleitet. In der                                    Nitratrichtlinie erlassen. Die Nitrat-                               zutreffenden Gesichtspunkten ver-
Regel belastet die Stickstofffracht                                        richtlinie hatte zum Ziel, die Verunrei-                             teilt werden können.
aus Abwassereinleitungen nicht das                                         nigung von Grund- und Oberfächen-                                    Die Herausforderung lautet: Weiter-
Grundwasser, sondern gelangt über                                          wasser durch Nitrat aus landwirt-                                    hin mit den Landwirten vor Ort pass-
die Gewässerfolge entweder über                                            schaftlichen Quellen zu verhindern                                   genaue Lösungen für den Grund-
die Donau ins Schwarze Meer oder                                           und den Einsatz beispielhafter land-                                 wasserschutz fnden dürfen. Wenn
über Main und Rhein in die Nordsee.                                        wirtschaftlicher Verfahren zu fördern.                               nämlich ab 2021 in den roten Gebie-
Maximal ein bis zwei Prozent des                                           Die Richtlinie stellt einen wesentli-                                ten aufgrund Bundesrechts bestimm-
Nitrats im Grundwasser stammen                                             chen Bestandteil der Wasserrahmen-                                   te Verschärfungen ohnehin gelten,
aus undichten Abwasserkanälen.                                             richtlinie dar und ist eines der Schlüs-                             dann können diese in den Wasser-

                                                                                                                                                                                         13
schutzgebieten und deren Einzugs-          dass die Social Media-Plattformen        Sie sind auch erforderlich, um sich
gebieten nicht mehr wie bisher von         jederzeit ein für die Menschen wich-     gegen zunehmende Kampagnen der
den Wasserversorgern „freiwillig“          tiges Thema lostreten können. Schon      Mineralwasserindustrie zu verwah-
entschädigt werden, weil Zahlungen,        morgen kann die Debatte eine „Our        ren. Dem Verband Deutscher Mine-
die auf diese Verschärfungen gerich-       water Our life“ Überschrift tragen.      ralbrunnen e. V. wurde am 7. Mai
tet sind, dann keine betriebsnotwen-       Das muss vorbereitet sein. Dazu          2020 – erst in zweiter Instanz und
digen Kosten mehr darstellen. Das          müssen die Wasserversorger den           nach einem juristischen Krimi – des-
ist nicht unbedingt im Sinne der           Zugang zum Bürger haben, sie müs-        sen Antrag auf einstweilige Verfü-
Wasserversorger, denn diese wollen         sen Ihre Aufgabe darstellen und mit      gung gegen einen bayerischen
gerne das bewährte System der frei-        anschaulich aufbereiteten Fakten         Zweckverband zurückgewiesen.8 Die-
willigen Leistungen beibehalten. In        Transparenz, Sachlichkeit und Wis-       ser darf nun wieder feststellen, dass
diesen Bereichen kontrollieren die         sen vermitteln können. Wir erleben       das von ihm frei Haus über jeden
Wasserversorger die Landwirte näm-         eine „Twitterisierung der Gesell-        Wasserhahn bereitgestellte Trink-
lich auch selber und müssen dies           schaft“ sondergleichen. Nachdem          wasser „gesund“ ist. Bei der Ver-
nicht in die Hände der Landwirt-           sich der Flaschenwasserkonsum in         braucherinformation des Zweckver-
schaftsverwaltung legen. Außerdem          Deutschland seit den 70er Jahren         bandes handelt es sich „nicht um
ist so ein gutes Miteinander zwi-          vervielfacht hat, ist es durchaus an     eine Maßnahme, die der Förderung
schen Wasserversorgern und Land-           der Zeit, den Bürgern vor Augen zu       des Absatzes eines im Wettbewerb
wirtschaft vor Ort entstanden.             führen, dass mit verpacktem Wasser       stehenden Produkts des Antrags-
Voraussetzung für eine gute Zusam-         Müll, zusätzliche Spülkosten und         gegners dienen würde.“ Da der Was-
menarbeit ist aber auch von Seiten         unnötige CO²-Emissionen ausgelöst        serversorger in Erfüllung einer öf-
der Landwirtschaft eine größere            werden, während mit Leitungswas-         fentlichen Aufgabe aufgrund gesetz-
Transparenz hinsichtlich der tatsäch-      ser das am strengsten kontrollierte      licher Ermächtigung in Art. 57 GO
lichen Aufbringung von minerali-           Lebensmittel verpackungsfrei ins         handelt, ist dieses Handeln dem
schem und organischem Stickstoff.          Haus geliefert wird.                     Wettbewerbsrecht, auf das sich der
Die Zukunft wird in den Emissions-                                                  Verband Deutscher Mineralbrunnen
messungen liegen.6                         Wer weiß noch, dass am 1. März           berief, entzogen.
                                           2010 eigens das Kommunalabgaben-         Die Kommunikation mit dem Bürger
                                           gesetz ergänzt werden musste, um         und in Abgrenzung von „fake news“
IV Social Media Zeiten und
                                           die Öffentlichkeitsarbeit einer Was-     wird zum Bestand-teil der eigenen
Öffentlichkeitsarbeit
                                           serversorgung oder einer Abwasser-       Arbeit werden.
                                           entsorgung überhaupt gebührenfä-
Richard Connor, Chefredakteur des          hig zu machen. Es geht auf eine Initi-
                                                                                    V Struktur der Aufgabenträger in
UN-Weltwasserbericht 2020, beton-          ative des Bayerischen Gemeindetags
                                                                                    Bayern
te gegenüber der The Guardian, dass        zurück, dass heute in Art. 8 Abs. 3
die wirtschaftlichen Vorteile einer        Satz 5 KAG sinngemäß folgender
besseren Wasserver- und Abwasse-           Satz steht: Zu den betriebsnotwendi-     Im November 2019 – also vor der
rentsorgung oft übersehen und nicht        gen und damit gebührenfähigen            Coronakrise, die alle Kräfte der
betont würden. Die Coronavirus-Krise       „Kosten […] gehören auch Aufwen-         Gesundheitsverwaltungen zwischen-
werfe ein neues Licht auf diese Feh-       dungen für einrichtungsbezogene          zeitlich bindet – begann eine Schwer-
ler. „Die Erkenntnis der wirtschaftli-     Informationsmaßnahmen.“                  punktaktion der Gesundheitsverwal-
chen Bedeutung der Wasserversor-           Was aus der heutigen Sicht eine          tungen gegenüber Bayerns Wasser-
gung und Abwasserentsorgung soll-          Selbstverständlichkeit ist, wurde da-    versorgern. Diese beschäftigt sich
te ein zusätzlicher Katalysator für grö-   mals intensiv diskutiert. Vor 10 Jah-    nicht mit den Anlagen an sich, son-
ßere Investitionen sein“ erklärte er       ren war es unter Fachleuten noch         dern mit Fragen zu Personal und
gegenüber der Zeitung.7                    verpönt, Gutes zu tun und auch darü-     Organisation. Dazu sollen die Was-
Auch vor 10 Jahren hat die Wasser-         ber zu reden. Einrichtungsbezogene       serversorger einen 29-seitigen Fra-
versorgung in Bayern hervorragende         Informationsmaßnahmen sind heute         genkatalog beantworten. Das ist für
Arbeit geleistet, der Bürger war zu-       selbstverständlich eine Betriebsnot-     größere Einheiten, die sich aus-
frieden. Aber kaum ein Wasserver-          wendigkeit jedes Wasserversorgers.       schließlich mit der Wasserversorgung
sorger hatte weiter aufgeklärt oder        Sie gehören zum Betrieb der Anlage       beschäftigen, voraussichtlich kein
darüber geredet. Heute wissen wir          und sind Teil transparenten Arbei-       Problem. Mit den Einrichtungen, die
nicht zuletzt aus der Klimadebatte,        tens.                                    über 5.000 Einwohner versorgen,

14
Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

beginnt die Aktion im November                                                        Mut machen, für Wasser und Abwas-
2019. Die erste Phase dürfte sich                                                     ser Zusammenschlüsse zu bilden, die
über gut ein Jahr hinziehen.                                                          sich diesen hochspezialisierten Auf-
In Bayern gibt es über 2.000 Wasser-                                                  gaben ausschließlich widmen können.
versorger und über 2.000 Abwasser-                                                    Die    Wasserwerksnachbarschaften
entsorger. Viele Kleine ergeben ein                                                   Bayern e. V., kurz die WWN, sind ein
großes Mosaik und dieses Mosaik                                                       ehrenamtliches Netzwerk, das als
ist bunt und schützt vor Privatisie-                                                  gemeinnütziger Verein jährlich rund
rung. Dabei muss aber jeder noch so                                                   3.500 technische Mitarbeiter auf
kleine Wasserver- oder Abwasser-                                                      Wasserwerken schult. Diese Nach-
entsorger den gleichen technischen                                                    barschaften greifen zahlreiche The-
Regeln folgen wie jeder große Was-                                                    men der Schwerpunktaktion nun auf.
ser- oder Abwasserentsorger, was in
der Aufgabenvielfalt einer Gemeinde                                                   Als Ergebnis sei festgehalten11: Was-
nicht immer einfach ist. Deshalb                                                      serversorgung und Abwasserentsor-
haben sich in der Fläche viele                                                        gung sind kritische Infrastrukturen,
„Kleine“ zu sogenannten Zweckver-                                                     die in Ihrer gesellschaftlichen Überle-
bänden oder gemeinsamen Kommu-             p Abbildung 5: Checkliste „Überwachung
                                                                                      benswichtigkeit nicht hoch genug
nalunternehmen zusammengeschlos-           von Wasserversorgungsanlagen“              eingeschätzt werden können.
sen. Zweckverbände und gemeinsa-
                                                                                      1 Die Autorin ist auch Vorsitzende der Wasserwerksnach-
me Kommunalunternehmen sind der                                                          barschaften Bayern e. V., siehe www.wwn-bayern.de
                                                                                      2 Laut Bayerisches Landesamt für Statistik, Statistische
Inbegriff einer institutionalisierten      meister und keinen Techniker unvor-           Berichte, Stand 2016, liegt der durchschnittliche Was-
interkommunalen Zusammenarbeit.            bereitet zu lassen. Die Wasserver-            serpreis in Bayern bei 1,55 €/m³.
                                                                                      3 Ebenda: durchschnittliche Abwassergebühr in Bayern
Um für die Zukunft gerüstet zu sein,       und Abwasserentsorger sollen tech-            liegt bei 1,96 €/m³.
                                                                                      4 Vgl. Maude Barlow. Blaue Zukunft. Das Recht auf
wird es einer Intensivierung der           nisch und organisatorisch so klein            Wasser und wie wir es schützen können.
                                                                                      5 Lagebericht 2018 zur Umsetzung der EG-Kommunal-
Zusammenarbeit beispielsweise in           wie möglich, aber eben auch so groß           abwasserrichtlinie in Bayern.
                                                                                      6 Vgl. hierzu Wuttig / Thimet, Gemeindliches Satzungs-
Form von Betriebszweckverbänden9           wie nötig sein. Sie sind vielfach zu          recht und Unternehmensrecht, Teil IX Frage 5.
                                                                                      7 Der gesamte Artikel kann hier abgerufen werden
bedürfen.                                  klein und müssen sich dringend einer          (Extern): The Guardian (Online), Meldung v. 22.3.2020,
                                                                                         Poor water infrastructure puts world at greater risk
                                           freiwilligen Aufgabenkritik stellen,          from coronavirus, https://www.theguardian.com/
                                                                                         environment/2020/mar/22/water-saving-an-important-
Auch die kleineren Anlagen der Was-        um über kommunale Zusammen-                   but-ignored-weapon-in-solving-climate-crisis-says-un
                                                                                      8 OLG München, Urteil vom 7.5.2020 – 29 U 769/20 zu
serversorgung müssen den 29-seiti-         schlüsse die Wasserversorgungen in            LG Landshut, Urteil vom 27.11.2019 – 1 HK O 3323/19.
                                                                                      9 Muster einer Betriebszweckverbandssatzung in Thimet,
gen Fragenkatalog beantworten kön-         öffentlicher Hand zu halten. Mein             Kommunalabgaben- und Ortsrecht, Teil VI – 2.23. mit
                                                                                         Erläuterungen.
                                                                                      10 Vgl. Thimet in Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungs-
nen. Diese Checkliste zu Organisa-         Satz „runter vom Kirchturm und                recht und Unternehmensrecht, Teil IX Frage 13, und Hil-
tion und Betrieb wurde vom                 rüber zum Nachbarn“ soll hier auch            ler, ebenda, Frage 14.
                                                                                      11 Vgl exemplarisch auch: Anfrage der Grünen im Landtag
Bayerischen Landesamt für Gesund-          den neugewählten Bürgermeistern               NRW vom 11.7.2019 – LT-Drs. 17/6865.

heit und Lebensmittelsicherheit er-
stellt, um die Überwachungsaufgaben
der Gesundheitsverwaltung nach § 3
Nr. 2a Trinkwasserversordnung nach
einem bayernweit einheitlichen               Weitere Informationen und Kontaktdaten:
Schema durchführen zu können. In-
haltlich zieht der Freistaat die techni-     www.bay-gemeindetag.de
schen Regeln der Deutschen Vereini-          www.wwn-bayern.de
gung der Gas- und Wasserwirtschaft
(DVGW) als Maßstab heran10. Die              Dr. Juliane Thimet
Wasserwerksnachbarschaften e. V.,            Tel.: 089 360009-16
ein gemeinnütziger Verein zum Zwe-           juliane.thimet@bay-gemeindetag.de
cke des Erfahrungsaustauschs und
der Fortbildung des technischen Per-         Bayerischer Gemeindetag
sonals aus Wasserwerken, nimmt               Referat I
dies zum Anlass, eine Fortbildungs-          Dreschstraße 8
reihe in jedem Landkreis in Bayern           80805 München
anzubieten, um hier keinen Bürger-

                                                                                                                                           15
Franz Herrler, Kooperation Trinkwasserschutz Oberpfälzer Jura
Regen, Karst und Grundwasser –
das Nass muss runter. Und nicht weg!

                                                                               Bei Starkregen oder bei der Schnee-
                                                                               schmelze treten dann kurzfristig
                                                                               starke Oberfächenabfüsse auf, der
                                                                               Großteil des Wassers fießt rasch
                                                                               aus dem Einzugsgebiet hinaus und
                                                                               ist somit für die Grundwasserneubil-
                                                                               dung verloren.

Für Franz Herrler und die Mitarbeiter   Die Grundwasserneubildung, sozu-       Durch die Umgestaltung der Land-
vom Trinkwasserschutz Oberpfälzer       sagen das „Auftanken“ der Wasser-      schaft wurden auch immer mehr Flä-
Jura ist der Oberpfälzer Jurakarst      reserven im Grundwasser, erfolgt       chen für die landwirtschaftliche Nut-
zwischen Neumarkt und Regensburg        primär über die lokalen Winternie-     zung verfügbar gemacht. Die Folgen
das wichtigste Grundwasserreser-        derschläge oder durch die Schnee-      waren eine Intensivierung der Land-
voir der Region. Da das Grundwas-       schmelze. Denn im Sommerhalbjahr       wirtschaft und eine Vergrößerung
servorkommen aufgrund seiner geo-       benötigt die Vegetation mehr Was-      der bewirtschafteten Flächen.
logischen Eigenheiten sehr sensibel     ser und die Verdunstungsrate steigt.
für Schadstoffeinträge ist, haben       In den letzten Jahren waren die Win-   In Kombination mit dem sensiblen
sich inzwischen zwölf Wasserver-        terniederschläge in unserer Region     und stellenweise stark durchlässigen
sorger zur Kooperation Trinkwas-        gering, deshalb sind vielerorts fal-   Untergrund im Jurakarst werden da-
serschutz Oberpfälzer Jura zusam-       lende Wasserstände im Grundwas-        durch unerwünschte Stoffeinträge in
mengeschlossen. Ziel ist es, das        ser zu beobachten. Für die Grund-      das Grundwasser sowie die Boden-
Grundwasservorkommen Jurakarst          wasserneubildung ist es daher ent-     erosion verstärkt (s. auch Abb.1).
gemeinsam zu bewirtschaften.            scheidend, dass die Niederschläge
                                        nicht über Flüsse abfießen, sondern    Sollten die Prognosen zum Klima-
                                        im Gebiet gehalten werden und vor      wandel mit einer Häufung der extre-
                                        Ort versickern.                        men Wetterlagen eintreten, wird
                                                                               sich die Situation in Zukunft noch
                                        Die Flurbereinigung bis Mitte der      verschlimmern.
                                           achtziger Jahre des letzten Jahr-
                                             hunderts bewirkte jedoch ge-      Um unsere Trinkwasserversorgung
                                              nau das Gegenteil: Durch die     langfristig sowohl hinsichtlich der
                                              Begradigung von Gräben und       Qualität als auch der Verfügbarkeit zu
                                               die Entfernung von Senken,      sichern, muss daher etwas passie-
                                              wo bisher das Niederschlags-     ren. Durch die Kooperation Trinkwas-
                                              wasser natürlich gespeichert     serschutz Oberpfälzer Jura erfolgen
                                             wurde, wurden Strukturen ge-      seit ihrer Gründung im Jahr 2005
                                           schaffen, die den Niederschlag      Bestandsaufnahmen zu Deckschich-
                                        auf dem schnellsten Weg aus den        ten, Oberfächenabfüssen und Versi-
                                        Gebieten in die großen Flüsse ablei-   ckerungsstrukturen, die laufend aktu-
                                        ten.                                   alisiert werden.

16
Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

p Eitlbrunner Graben bei Regen-        Auf Grundlage dieser Daten werden       Grundwasserneubildung retten. Die-
stauf während der Schneeschmelze
im Februar 2006.                       gezielte Maßnahmen zum Rückhalt         ser Ansatz hat noch mehr Vorteile:
Das Wasser fießt ungebremst von        von Niederschlagswasser geplant.        Durch das Ausbremsen der Starknie-
den landwirtschaftlichen Flächen in
                                       Wenn man bewusst Flächen so             derschläge wird die Bodenerosion
den nächsten Graben, wo es mit-
samt seiner Schmutzfracht über         gestaltet, dass sie eben nicht mög-     stark vermindert. Diese Pufferung
Karst-Schlucklöcher (Dolinen, Pono-    lichst schnell in den nächsten Gra-     von Wassermassen in der Flur dient
re) ungefltert in den Grundwasser-
leiter gelangt. Ein großer Teil des    ben entwässern, sondern Wasser-         somit auch dem Hochwasserschutz,
Wassers verlässt das Gebiet über       massen puffern und somit die Versi-     da die Spitzenabfüsse in die Flüsse
die Bäche und Flüsse und geht für
                                       ckerung in den Untergrund verbes-       und Bäche welche die Region ent-
die Grundwasserneubildung ver-
loren.                                 sern, kann man Regenwasser für die      wässern, reduziert werden.

  Weitere Informationen und Kontaktdaten:

  www.trinkwasserschutz-oberpfaelzer-jura.de

  Maria Holnberger
  Tel.: 09493 9414-27
  info@trinkwasserschutz-oberpfaelzer-jura.de

  Trinkwasserschutz Oberpfälzer Jura
  Beim Zweckverband der Wasserversorgungsgruppe Laber-Naab
  Grillenweg 6
  93176 Beratzhausen

                                                                                                                          17
Raimund Schoberer und Claudia Muhr, Regierung der Oberpfalz
Sauberes Grundwasser wird wertvoller

                                Mehr als 70 Prozent der Erdoberfä-      Auch auf die Wasserqualität wirkt
                                che sind mit Wasser bedeckt. Auf        sich der Klimawandel aus. Weniger
                                unserem blauen Planeten gibt es         Grundwasserneubildung bewirkt ei-
                                Wasser im Überfuss, so scheint es.      ne geminderte Verdünnung eingetra-
                                Aber nur rund drei Prozent sind Süß-    gener Schadstoffe, beispielsweise
                                wasser, und auch davon ist nur ein      von Nitrat oder Pfanzenschutzmit-
                                kleiner Teil als Trinkwasser nutzbar.   teln (PSM). Ausreichendes und sau-
                                Hinzu kommt, dass das wertvolle,        beres Grundwasser wird also immer
                                unersetzliche Lebensmittel global       wertvoller, ein entsprechendes Res-
                                wie regional nicht gleichmäßig ver-     sourcenmanagement immer wichti-
                                teilt ist.                              ger.

                                Das gilt auch für die Oberpfalz, wo
                                das Trinkwasser zum größten Teil
                                aus Grundwasser stammt.                 Wasserversorgungsbilanz
                                Grundwasser entsteht, wenn Was-         Oberpfalz
                                ser im Boden versickert. Wie viel
p Die Wasserversorgungsbi-      Wasser im Boden gespeichert wer-        Die Verantwortung für gutes und
lanz Oberpfalz enthält viele    den kann, ist abhängig von dessen       ausreichendes Trinkwasser obliegt
aktuelle Daten zur Wasserver-
sorgung; im Regierungsbe-       Struktur und Zusammensetzung:           den zahlreichen Wasserversorgern.
zirk aber auch in den           Der Untergrund in der Oberpfalz         Bei der Erfüllung dieser wichtigen
einzelnen Landkreisen.
                                besteht oft aus Festgestein mit Klüf-   Aufgabe werden sie von behördli-
                                ten und Spalten wie im Oberpfälzer      cher Seite unterstützt. Ein Beispiel
                                und Bayerischen Wald. Diese soge-       dafür ist die Wasserversorgungsbi-
                                nannten Kluftgrundwasserleiter kön-     lanz Oberpfalz (WVB OPf.).
                                nen nur wenig Wasser speichern.
                                Anders sieht es im Jurakarst mit sei-   Basis dieser wertvollen Arbeitshilfe
                                nem unterirdischen Höhlensystem         sind intensive Vor-Ort-Erhebungen
                                oder entlang von Flusstälern aus, wo    durch die Wasserwirtschaftsämter
                                Kiese und Sande das Wasser wie ein      Regensburg und Weiden zwischen
                                Schwamm aufnehmen.                      2011 und 2014. Mit Unterstützung
                                                                        des Landesamts für Umwelt wurden
                                Großen Einfuss auf die Verfügbar-       diese durch die Regierung der Ober-
                                  keit guten Grundwassers hat           pfalz bilanziert und bewertet. Anfang
                                     zudem der Klimawandel: Stark-      2016 wurde die „Wasserversor-
                                      niederschläge und längere Tro-    gungsbilanz Oberpfalz“ mit der
                                       ckenperioden nehmen zu.          Bewertung der Versorgungssicher-
                                       In der Folge sinken die Grund-   heit der Wasserversorgungsunter-
                                       wasserneubildung und damit       nehmen in der Oberpfalz öffentlich
                                       die Menge des verfügbaren        vorgestellt.
                                      Wasserdargebots. Demgegen-
                                    über steht ein steigender Was-      Wichtiges Ergebnis ist: In der Ober-
                                 serbedarf, insbesondere der Land-      pfalz gibt es aktuell wie in der prog-
                                wirtschaft.                             nostizierbaren näheren Zukunft bis

18
Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

p Mittlere Grundwasserneubildung in der Oberpfalz in den Jahren 1971 bis 2000 sowie die relative Abweichung dazu im Zeitraum von
2009 bis 2018 (LfU, Ref. 92)

2025 trotz Klimawandel genug „gu-           knappheit betroffenen Wasserver-              Grundwasserneubildung
tes“ Wasser. „Dem … zukünftig nutz-         sorger ausgeglichen werden. Zudem
und schützbaren Dargebot von rund           sollten Versorger mit hohen Wasser-           Ergebnis der WVB OPf. ist aber auch:
98 Mio. m³/a und 0,42 Mio. m³/d             verlusten im Leitungsnetz notwen-             Die Grundwasserneubildung wird
steht ein aktueller Bedarf der Bevöl-       dige Investitionen in die Erneuerung          abnehmen. In Niedrigwasserperioden
kerung in der Oberpfalz einschließ-         der Netze tätigen. Die Versorgungs-           kann die Schüttung von Quellen bzw.
lich Eigenverbrauch und Verluste in         bilanz bietet hier den Versorgern das         die Ergiebigkeit von Brunnen je nach
Höhe von circa 74 Mio. m³/a und             notwendige fachliche Fundament,               Standort bis 2025 um bis zu zehn
0,32 Mio. m³/d gegenüber“ (WVB              um die nötigen strukturellen Investiti-       Prozent abnehmen (Abbildung 1 und
OPf. S. 48).                                onen zu begründen und umsetzen zu             WVB OPf. S. 40f). In den Trockenjah-
Örtliche Defzite können durch bes-          können.                                       ren 2018 und 2019 kam es in man-
sere Vernetzung der durch Wasser-                                                         chen Bereichen bereits zeitweise zu

                                                                                                                                     19
Versorgungsproblemen und in ein-
zelnen Landkreisen zu einer um bis
zu 25 Prozent verringerten Grundwas-
serneubildung. Das unterstreicht:
Wasser wird zukünftig vielerorts
deutlich wertvoller. Es muss daher
verstärkt dafür Sorge getragen wer-
den, dass der Niederschlag vom
Boden gut aufgenommen und im
Weiteren gut gefltert und gereinigt
werden kann. Sowohl in Siedlungs-
bereichen als auch in landwirtschaft-
licher Flur müssen die Niederschlags-
wasserversickerung und der Hoch-
wasserrückhalt in der Fläche ge-
fördert werden. Mit Stoffen, die
Wasser verunreinigen können, muss
so sorgsam wie möglich umgegan-
gen werden, zum Teil deutlich sorg-
samer als aktuell und in der Vergan-
                                         p Aufbereitungsanlage
genheit. Denn weniger Niederschlag
führt zu geringeren Verdünnungsef-
fekten.
                                         Im Gegensatz zu modernen PSM             razin. Sie werden in der belebten
                                         bauen sich Atrazin bzw. Desethylat-      Bodenzone meist weitgehend abge-
                                         razin nur langsam ab. Der nach dem       baut und werden trotz jahrlangen
Grundwasserbelastung                     Verbot erwartete mittelfristige Rück-    Einsatzes derzeit nicht im Grundwas-
                                         gang der Belastungen ist auch im         ser nachgewiesen.
Weiteres Ergebnis ist, dass in sen-      Jahr 2020 noch nicht überall spürbar.
siblen Gebieten wie z. B. dem Jura-      Die Speicher- und Depotwirkung           Nitrat wird aus der Luft, z. B. verur-
karst, das Grundwasser durch Nitrat      („Gedächtnis des Bodens und des          sacht durch den Verkehr, über die
und PSM, aber auch geogen bedingt        Grundwassers“) ist zum Teil größer       natürliche Mineralisierung und Frei-
(d. h. durch den natürlichen Unter-      als erwartet. In der Tendenz gehen       setzung im Boden, zum größten Teil
grund bedingt) zum Teil bis über die     die Belastungen aber zurück, wenn        aber über die landwirtschaftliche
Grenzwerte der Trinkwasserverord-        auch langsam.                            Stickstoffdüngung in das Grundwas-
nung belastet ist. Erst nach einer       „Der Anteil der Wassermenge ohne         ser eingetragen.
Aufbereitung bzw. Entfernung von         PSM-Nachweis nahm in der Ober-           Die Entfernung von Nitrat aus dem
Stoffen wie Eisen, Mangan, Nitrat        pfalz von rund 45 % im Jahr 2009 auf     Rohwasser ist in der Regel deutlich
oder PSM wird das aus den Brunnen        knapp 53 % im Jahr 2012 zu, im glei-     teurer als die PSM-Aufbereitung mit
und Quellen gewonnene Rohwasser          chen Zeitraum reduzierte sich der        Aktivkohle. Das Nitrat-Belastungsni-
als gereinigtes Wasser (Reinwasser       Anteil mit PSM-Nachweis bis zum          veau im Grundwasser ist seit einigen
=> Trinkwasser) in gewohnt guter         Grenzwert nach TrinkwV von knapp         Jahren z. T. auf hohen Niveau in etwa
Qualität in die öffentlichen Leitungs-   45 % auf etwa 37 %. [...] Dabei ist zu   konstant.
netze eingespeist.                       beachten, dass vereinzelt Wasser-        Die Umsetzung der kürzlich beschlos-
                                         fassungen oder Gewinnungsanlagen         senen Verschärfungen des Dünge-
Hinsichtlich der PSM müssen ein-         aufgrund grenzwertüberschreiten-         rechts (Düngeverordnung) soll zu
zelne Wasserversorger zum über-          der PSM-Konzentrationen stillgelegt      einer Reduzierung der Nitratbelas-
wiegenden Teil wegen dem seit            wurden. Diese gehen nicht in die         tungen – auch in stark belasteten
1991 verbotenen Atrazin bzw. des-        Auswertung ein.“ (WVB OPf. S. 55)        Gebieten – führen. Die neue Dünge-
sen Abbauprodukt Desethylatrazin                                                  verordnung und die damit verbunde-
das Rohwasser auch nach bald 30          Die aktuell auf dem Markt befndli-       nen strengeren Aufagen (wie län-
Jahren des Verbotes mit Aktivkohle       chen Pfanzenschutzmittel sind deut-      gere Sperrfristen, geringere Aus-
fltern bzw. „reinigen“.                  lich grundwasserverträglicher als At-    bringmengen von Dünger nach der

20
Oberpfälzer Wasserzeitung Ausgabe Nr. 1 / September 2020

Ernte usw.) müssen umgesetzt wer-
den. Die Landwirtschaftsverwaltung
berät die Landwirte intensiv. Auch
freiwillige Kooperationen zwischen
Wasserversorgern und Landwirten
arbeiten auf eine Minderung der
Nitratgehalte im Grundwasser hin.

Versorgungsstruktur

Die Wasserversorgungsbilanz Ober-
pfalz soll wesentlich dazu beitragen,
dass die als eingeschränkt oder nicht
versorgungssicher eingestuften Was-
serversorgungsunternehmen ihren
                                                                                             W Trinkwasser sprudelt bei uns
Handlungsauftrag erkennen.                                                                   wie selbstverständlich aus dem
Zu nennen sind Verbesserungen im                                                             Hahn. Die Wasserversorgungs-
                                                                                             bilanz und ihre Fortschreibung
strukturellen Bereich (Verbundsys-
                                                                                             sollen dabei helfen, dass es
teme, zweites Standbein) und/oder                                                            auch in Zukunft so bleibt.
Erfolge beim Schutz des Grundwas-
sers in den Wasserschutzgebieten
oder auch darüber hinaus in den Ein-
zugsgebieten.                             Die Perspektive für die Oberpfälzer     und Bürger weiterhin sauberes und
Die Wasserwirtschaftsämter sind           Trinkwasserversorgung kann bei          gesundes Trinkwasser ohne Ein-
auf die Versorger entsprechend bera-      weiterhin engagiertem Einsatz der       schränkungen erhalten. Die Wasser-
tend zugegangen. Auf diese Weise          Wasserversorger in Summe als gut        versorgungsbilanz Oberpfalz zeigt
konnten bereits erfreuliche Verbes-       und zukunftssicher bewertet werden.     den Weg, sie bietet wichtige Ent-
serungen erreicht werden.                 Wichtig ist: Jetzt Handeln und Ko-      scheidungsgrundlagen für eine zu-
Die staatliche Förderung u. a. für Ver-   operieren, damit die Bürgerinnen        kunftssichere Trinkwasserversorgung.
bundleitungen im Rahmen der RZWas
2018 erlaubte es zahlreichen Was-
serversorgern, in eine bessere Ver-
sorgungsstruktur zu investieren.

                                           Weitere Informationen und Kontaktdaten:
Ausblick
                                           www.grundwasserschutz-oberpfalz.de
Die Wasserversorgungsbilanz Ober-
pfalz wird mittelfristig bis zum Prog-     Raimund Schoberer
nosehorizont 2035 fortgeschrieben          Tel.: 0941/5680-1852
werden. Neben der Aktualisierung           Raimund.Schoberer@reg-opf.bayern.de
der Versorgungsstruktur liegt der
Fokus auf der Bewertung der Versor-        Claudia Muhr
gungssicherheit anhand erweiterter         Tel.: 0941/5680-1869
und teils neuer Beurteilungskriterien.     Claudia.Muhr@reg-opf.bayern.de
Unter anderem werden die Klimasze-
narien auf Basis neuester Erkennt-         Regierung der Oberpfalz
nisse angepasst werden. Auf dieser         Sachgebiet 52, Wasserwirtschaft
Grundlage können Maßnahmenkon-             Emmeramsplatz 8
zepte zielgerichtet weiterentwickelt       93047 Regensburg
werden.

                                                                                                                             21
Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz
Mit boden:ständig dem Klimawandel begegnen

Lang andauernde Hitzeperioden,            Zentrale Anliegen sind                   Neben dem Amt für Ländliche Ent-
Starkregenereignisse, Bodenerosion.                                                wicklung Oberpfalz als Koordina-
Als Folge des Klimawandels nehmen         „ Erosionsschutz:                        tionsstelle und einem Landschafts-
extreme Wetterphänomene zu.                 Bremsen des Bodenabtrags               planer für die baulichen Lösungsan-
Für die Fachleute beim Amt für länd-        auf und aus den Feldern                sätze werden auch Fachleute vom
liche Entwicklung Oberpfalz und bei                                                Amt für Ernährung, Landwirtschaft
                                          „ Gewässerschutz:
den Ämtern für Ernährung, Landwirt-                                                und Forsten, vom Erzeugerring Ober-
                                            Verringern des Nährstoff-
schaft und Forsten stellt sich vor die-                                            pfalz und vom zuständigen Wasser-
                                            eintrags in die Gewässer
sem Hintergrund die Frage: Was tun?                                                wirtschaftsamt mit eingebunden.
                                          „ Vorbeugender Hochwasserschutz:
Wenn bei Starkregenereignissen              Wasserrückhalt in der Fläche           Schwerpunkt des jeweiligen Projek-
Wasser und Schlamm durch den Ort                                                   tes ist die Diskussion mit Landwirten
fießen, stellt das nicht nur für die                                               über bodenschonende Bewirtschaf-
                                          Der Name ist Programm: denn der
Kommune und die betroffenen Bür-                                                   tungsformen, beispielsweise mit
                                          Boden soll ständig dort bleiben, wo
gerinnen und Bürger ein Problem                                                    Zwischenfruchtanbau und nachfol-
                                          er dem Landwirt Ertrag bringt, den
dar, sondern auch für die Landwirte,                                               gender Mulchsaat. Bei letzterem
                                          Bürgern nicht schadet und die
deren fruchtbarer Ackerboden abge-                                                 handelt es sich um ein Saatverfah-
                                          Gewässer nicht beeinträchtigt. Um
schwemmt wird. Einen Lösungsan-                                                    ren, bei dem Pfanzenreste z. B. von
                                          das zu erreichen, setzt die Initiative
satz, bei dem Kommunen, Landwirte                                                  der vorher angebauten Zwischen-
                                          „boden:ständig“ auf Kooperation
und Fachleute eng zusammenarbei-                                                   frucht die Oberfäche bei der Aus-
                                          und Freiwilligkeit.
ten, bietet die Initiative „boden:stän-                                            saat bedecken. Nach dem Motto
dig“ des Bayerischen Staatsministe-                                                „jeder Halm ein Damm“ wirkt der
riums für Ernährung, Landwirtschaft                                                Mulch abfussmindernd und bietet
und Forsten.                                                                       gleichzeitig das Futter für Regen-
                                                                                   würmer, die einen stabilen Boden
In der Oberpfalz gibt es derzeit 17                                                   mit guter Wasseraufnahmefähig-
boden:ständig-Projekte. Die Koordi-                                                      keit aufbauen.
nation und die Prozessbegleitung
erfolgen durch das Amt für Ländliche                                                       Bei Flurbegehungen, in Vor-
Entwicklung Oberpfalz und die Ämter                                                        trägen und Beratungsge-
für Ernährung, Landwirtschaft und                                                          sprächen erarbeiten die land-
Forsten.                                                                                   wirtschaftlichen Berater ge-
                                                                                          meinsam mit den Landwirten
                                                                                        individuelle Lösungen für die
                                                                                     Situation vor Ort.

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