OST - Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft
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OST Informationen EUROPA In Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsmagazin OstContact | 11/12 - 2018 Special Ukraine/Belarus: Fünf Jahre nach dem Euro-Maidan Russland Westbalkan Seidenstraße Delegation Zeitsprung ins Die Strategie im Kreml Jahr 2030 der EU
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Editorial/ Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, Special Ukraine/Belarus Im Dezember 2013 begann mit Protesten auf dem Platz der Unabhängigkeit in Kiew Ukraine: Spannendes Land trotz 9 schwieriger Situation eine Volksbewegung, die die Weichen für die heutige Westorientierung der Ukraine gestellt hat. Fünf Jahre nach den schicksalhaften Ereignissen, die als „Euro-Maidan“ in Analyse: Reformprozess im Überblick 10 die europäische Geschichte eingegangen sind, veranstalten der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft Reformen: Vorschläge zur Verbesserung 11 (OAOEV) und die Deutsch-Ukrainische Industrie- und Handelskammer am 29. Novem- des ukrainischen Investitionsklimas ber das III. Deutsch-Ukrainische Wirtschaftsforum in Berlin. In Anwesenheit von Bun- Ostukraine: Delegation vor Ort 12 deskanzlerin Angela Merkel, des ukrainischen Premierministers Volodymyr Hrojsman und vieler Minister geht es darum, eine Bilanz des wirtschaftlichen Reformprozesses in Analyse: Belarus im Fokus 13 der Ukraine zu ziehen und besonders dynamische Wirtschaftsbranchen zu betrachten. Belarustage: „Meilenstein“ zur 14 Wiederbelebung der Wirtschaftskontakte Die Ukraine ist zusammen mit dem Nachbarland Belarus auch Schwerpunkt dieser Aus- gabe der Osteuropa-Informationen: Martin Stüttem, neuer Sprecher des Arbeitskreises Klimawandel: Gemeinsame Aufgabe 15 Ukraine im OAOEV, schaut auf die aktuelle Lage des Landes und berichtet von den positiven Erfahrungen seines Unternehmens Leoni, das nach einer zweiten Werkseröff- nung in der Westukraine gerade dabei ist, die Zahl seiner ukrainischen Mitarbeiter auf Foto: Andreas Metz über 11.000 zu steigern (Seite 9). Mit welchen konkreten Maßnahmen die Wirtschaft in der Ukraine noch erfolgreicher sein könnte, beschreibt Robert Kirchner von der Deut- schen Beratergruppe Ukraine in seiner Analyse auf Seite 11. Und wie stark auch das benachbarte Belarus als Wirtschaftsstandort von deutschen Unternehmen immer noch unterschätzt wird, können Sie im Beitrag des Vorstandsvorsitzenden des Deutsch-Bela- russischen Wirtschaftsclubs Hovsep Voskanyan auf Seite 13 nachlesen. Editorial/Inhalt 3 Ein Interview mit dem OAOEV-Vorsitzenden Wolfgang Büchele zur Rolle der Eurasi- schen Wirtschaftsunion (Seite 8) sowie Berichte über die wichtigsten Aktivitäten des Mitglieder-News 4 Ost-Ausschuss – Osteuropavereins in den vergangenen Wochen runden diese Ausgabe Länder-News 5 ab. Dazu zählten die große Westbalkan-Konferenz in Belgrad (Seite 18-19) und span- nende Besuche von OAOEV-Delegationen bei Präsident Wladimir Putin im Kreml (Sei- Russland: Jahrestreffen mit Putin 6 te 6), in der Ost-Ukraine (Seite 12) und im Kosovo (Seite 20). Russland: Altmaier kämpft für 7 Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre! die deutsch-russischen Beziehungen Interview: Wolfgang Büchele zur 8 Ihre Redaktion Eurasischen Wirtschaftsunion Konferenz: Georgien als Tor nach Asien 16 Konferenz: Brückenbauen 17 in Hamburg Westbalkan: Zeitsprung ins Jahr 2030 18 Kosovo: Militärgelände in Prizren wird 20 Deutsch-Kosovarischer Innovationspark Zentralasien: Healthcare Symposium 21 Kasachstan: „Effizienzbrücke 22 zwischen Asien und Europa“ OAOEV in Kürze 23 Vorstellung neuer Mitglieder 24 Termine/Kooperationen 25 Publikationen 26 Titelfoto: Lemberg, Westukraine Quelle: iStock © tunart 3
News MITGLIEDERNEWS BASF Der deutsche Chemiekonzern BASF und LetterOne haben eine Vereinbarung über die verbindliche Fusion ihrer jeweiligen Öl- und Gasgeschäfte unterzeichnet. Demnach werden Wintershall und DEA Deutsche Erd- öl AG zu dem gemeinsamen Unternehmen Wintershall DEA. Wintershall hatte seine Produktion in den letzten elf Jahren um 50 Prozent gesteigert. Ende Oktober eröffnete BASF zudem eine neue Fabrik in der südrus- sischen Stadt Krasnodar. An diesem neuen Standort sollen in Zukunft mehr als 20 Be- ton-Additive für den südrussischen Markt hergestellt werfen. REMONDIS Daimler AG Die Republik Belarus will mit deutschem Know-how den Umweltschutz im Land vor- anbringen und stärker auf eine Wiederverwertung von Abfällen setzen. Dazu wurde Die bereits seit Juni 2018 im Bau befindli- jetzt zwischen der Stadt Soligorsk und dem Lüner Unternehmen REMONDIS eine che Motorenfabrik in der polnischen Stadt Vereinbarung zum Aufbau eines ganzheitlichen Entsorgungssystems unterzeichnet. Jawor wird durch eine neue Investition der Vorgesehen ist die Gründung eines belarussisch-deutschen Joint Ventures, das die Daimler AG um rund 60 Prozent der aktuell komplette Entsorgung für die Bergbaustadt Soligorsk und deren Kreisbezirke über- zur Verfügung stehenden Fläche erweitert. nehmen soll, insgesamt betrifft dies 120.000 Einwohner. Neben Logistikoptimierung Eine Gesamtfläche von 15.000 Quadratme- und Infrastrukturverbesserungen bei Containern und Fahrzeugen geht es insbesonde- tern ist geplant. Der Ausbau wird von der re um die Modernisierung der gegenwärtigen Sortieranlage sowie die Eröffnung Daimler Real Estate in Zusammenarbeit mit einer neuen Behandlungsanlage für Sperrmüll, Grün- und Bauabfälle. Unterzeichnet der Mercedes-Benz Polska durchgeführt. Im wurde der Vertrag von Hendrik Vonnegut, Geschäftsführer der REMONDIS Internati- Januar 2019 sollen die Bauarbeiten abge- onal GmbH (im Bild links), und dem Soligorsker Bürgermeister Oleg Poskrobko. schlossen sein. Hamburger Hafen Siemens Neue Mitglieder im OAOEV Der Hamburger Hafen startet eine Koopera- Der Münchner Konzern hat mit den Ver- tion mit der Litauischen Eisenbahn und kehrsbetrieben der tschechischen Haupt- Auf der Präsidiumssitzung am 14. dem Transportunternehmen Metrans. Die stadt (DPP) einen Vertrag über die Mo- November 2018 in Hamburg langfristige Strategie der Vereinbarung sieht dernisierung der ältesten Linie der wurden folgende sechs Mitglieds- bis 2030 eine Steigerung der Umschlagsmen- Prager Metro mit einer 15-jährigen unternehmen neu in den OAOEV ge um 30 Prozent von 53 auf 70 Millionen Laufzeit unterzeichnet. Das Volumen des aufgenommen: Tonnen transportierte Fracht pro Jahr vor. Projektes beläuft sich auf 290 Millionen Euro. Insgesamt sollen unter anderem 53 • Carl Kühne KG (GmbH & Co.) U-Bahn-Garnituren und 530 Fahrgestell- • FSUU Russian Post Lidl rahmen modernisiert werden. • Globus Holding GmbH & Co. KG Der deutsche Discounter Lidl hat Mitte Ok- tober in einem Vorort von Riga mit dem Bau • Franken Plastik GmbH eines 47.000 Quadratmeter großen Logis- Falls Sie Ihre Meldungen auch gerne in • OSRAM Opto Semiconductors Foto: REMONDIS tikzentrums begonnen. Das insgesamt 57,5 den OEI veröffentlichen möchten, sen- GmbH Millionen Euro teure Projekt soll voraus- den Sie uns eine Mail an: • Pfeifer & Langen GmbH sichtlich 2020 abgeschlossen sein. C.Himmighoffen@bdi.eu & Co. KG 4 osteuropa informationen 11/12-2018
News LÄNDERNEWS Kirgisistan Polen bereits bestehenden drei SWZ eine weitere hinzukommen. Die Regierung erhofft sich Damit die Waren leichter in die Märkte der Die polnische Regierung hat die Erhöhung dadurch mehr ausländische Investoren. Unionsstaaten der Eurasischen Wirtschafts- des Mindestlohns für Vollzeitbeschäftigung union (EAWU) gelangen können, planen beschlossen. Das Gesetz soll ab 2019 gelten Kirgisistan und Russland mehrere Logis- und sieht eine Erhöhung von 7,1 Prozent im Turkmenistan tikzentren in Kirgisistan zu errichten. In Vergleich zum Vorjahr vor. Somit soll der den Zentren sollen die Produkte gesammelt, Stundenlohn 14,70 Zloty pro Stunde betragen. Bei einem Arbeitsbesuch haben sich die erfasst und nach den Standards der EAWU turkmenische Delegation und die EU ausgewählt werden. Ab dem 1. Januar 2019 wird in Polen die darauf verständigt die Zusammenarbeit neue Reichensteuer in Kraft treten. Das Ge- im Energiesektor auszuweiten: Geplant ist setz sieht eine höhere Besteuerung von Best- jetzt gemeinsam mit der EU eine 300 Kilo- verdienern vor. Die Reichensteuer beträgt meter lange Gasleitung unter dem Kaspi- dabei vier Prozent auf alle Einkünfte über schen Meer von Turkmenistan nach Aser- eine Million Zloty pro Jahr nach allen Abzü- baidschan. Das Vorhaben sei optimal für die gen für Sozialabgaben. Gleichzeitig wurde Lieferung turkmenischer Kohlenwasser- ein Fonds zur Unterstützung von Menschen stoffe nach Europa. mit Behinderung geschaffen, der teils durch die neue Reichensteuer finanziert wird. In den ersten acht Monaten 2018 legte Die Flaggen der fünf Mitgliedsländer der EAWU Russland der Handelsumsatz mit den 29 OAOEV- im Hauptquartier der Eurasischen Wirtschafts- Ländern insgesamt um 7,3 Prozent auf kommission in Moskau. Nachdem im Juli 2018 das seit 2016 beste- 300 Milliarden Euro zu. Die Exporte er- hende Moratorium zur Gründung neuer reichten ein Plus von 6,3 Prozent, wäh- Sonderwirtschaftszonen (SWZ) aufgeho- rend die Importe – angetrieben auch ben wurde, möchte Russland weitere Förd- durch steigende Rohstoffpreise – um 8,4 Litauen ergebiete etablieren. In Moskau soll zu den Prozent zulegen konnten. Das Transportministerium in Vilnius hat eine neue Autobahngebühr eingeführt. Demnach soll die Maut für Lkw und Bus- se nur noch elektronisch entrichtet werden. Auf der elektronischen Vignette werden Daten gespeichert wie das Kaufdatum, die Gültigkeitsdauer, die Fahrzeugkategorie und das Kfz-Kennzeichen. Ungarn Am internationalen Flughafen Ferenc Liszt soll das neue Frachtzentrum Cargo City entstehen. Das Investitionsvolumen beträgt 32,6 Millionen Euro und ist Teil des Flug- hafen-Entwicklungsprogramms BUD mit einem Volumen von 160 Millionen Euro. Fotos: Andreas Metz Bis September 2019 entstehen in der ersten Bauphase eine 20.000 Quadratmeter gro- ße Lagerhalle mit Büroflächen sowie eine 32.000 Quadratmeter große Stellfläche für Bauboom in Moskau-City. Mit neuen Sonderwirtschaftszonen will Russland weitere Investoren zwei Boeing 747-Frachter. anlocken. 5
OAOEV intern > Russland Jahrestreffen mit Putin im Kreml Am 1. November traf eine Delegation des Ost-Ausschuss – Osteuropavereins den russischen Präsidenten Wladimir Putin, um über deutsch-russische Wirtschaftsprojekte zu sprechen. Nach Sotchi im vergangenen Jahr fand das Treffen diesmal im Moskauer Kreml statt. zung. Die deutschen Unternehmensvertreter betonten ihre Bereitschaft, die Entwicklung eines konkurrenzfähigen und innovativen russischen Mittelstands tatkräftig zu unter- stützen. Angesprochen wurde ebenfalls die Lokalisie- rungspolitik der russischen Regierung. Hier regten die deutschen Firmen einen pragmati- scheren und marktorientierten Ansatz an, de- ren Details mit dem Industrie- und dem Ge- sundheitsministerium weiter diskutiert werden sollen. Besondere Aufmerksamkeit galt der Lokalisierung von Medizinprodukten Das traditionelle Jahrestreffen des OAOEV mit Präsident Putin fand diesmal im Moskauer Kreml statt. und der Neugestaltung des Sonderinvestiti- onsvertrags in diesem Bereich. Die Unternehmerdelegation, die vom Vor- lich zu. Russland, das sich zuletzt im Doing Wolfgang Büchele sprach in seinem Beitrag sitzenden des OAOEV Wolfgang Büchele Business Report der Weltbank deutlich ver- auch die Sorgen in den bilateralen Wirt- geleitet wurde, bestand aus rund 20 hoch- bessert hat, will weitere Reformen durchfüh- schaftsbeziehungen an. Trotz des wieder stei- rangigen Vertretern deutscher Investoren in ren. Dies betreffe die Reduzierung administ- genden Handels zwischen Deutschland und Russland. Vertreten waren die Bereiche Au- rativer Barrieren, die Verbesserung der Russland werde der Ausblick durch mögliche tomobilindustrie, Chemie, Elektrotechnik, Infrastruktur sowie die staatliche Unterstüt- neue US-Sanktionen enorm belastet. Da- Medizin, Industriedienstleistungen sowie zung für Investitionen. Ziel sei es, die Ar- durch gerieten auch wichtige Großprojekte Engineering, Baustoffe, Energie, Gesund- beitsproduktivität in Russland um 20 Prozent wie Nord Stream 2 unter Druck, die für die heitswirtschaft, Handel und Landwirtschaft. bis 2024 zu steigern. Hier sei die deutsche deutsche Wirtschaft nicht zuletzt auch vor Auf russischer Seite nahmen neben Putin Wirtschaft der präferierte Partner. Die deut- dem Hintergrund des Ausstiegs aus der die Minister für wirtschaftliche Entwick- schen Unternehmen unterstrichen, dass sie Atomkraft und der Reduzierung der Braun- lung, Industrie und Handel, Energie und im Rahmen einer „Effizienzpartnerschaft“ kohleverstromung hohe Priorität haben. Bü- Transport teil. Weiterhin waren der Leiter bei der Steigerung der Arbeitsproduktivität chele unterstich die Notwendigkeit eines wei- der Antimonopolbehörde sowie die Vor- zur Verfügung stünden. teren Erdgastransits auch durch die Ukraine standsvorsitzenden von Rosneft, Gazprom und warb um einen größeren russischen Bei- und des Russian Direct Investment Funds Effizienzinitiative zur Steigerung trag zur Lösung der bestehenden internatio- anwesend. der Arbeitsproduktivität nalen Krisen: „Der deutschen und russischen Wirtschaft würde es deutlich besser gehen, In dem zweistündigen Gespräch ging Präsi- Büchele sprach sich in seiner Begrüßungsre- wenn sich die politischen Beziehungen signi- dent Putin sehr aufmerksam und interessiert de für eine verstärkte Zusammenarbeit zwi- fikant verbessern würden und wir insgesamt Foto: Russische Präsidialadministration auf die Themen der deutschen Unterneh- schen der EU und Russland aus, vor allem einen neuen Entspannungsprozess hätten.“ mensvertreter ein. Die anwesenden Minister bei gemeinsamen Standards, Zertifizierun- Dies wäre gut für Russland, für Europa und waren sehr gut vorbereitet und reagierten gen und bei Zoll- und Visaerleichterungen. die Weltwirtschaft insgesamt, so Büchele. unmittelbar auf die Anliegen der deutschen Er verwies auf die großen Kooperations- Firmen. In seiner Einführung sprach der rus- möglichkeiten bei den Themen Digitalisie- sische Präsident ein Lob für die deutsche rung, Gesundheitswirtschaft, Landwirtschaft, Michael Harms Wirtschaft als zweitgrößtem Handelspartner Energieförderung und Energieeffizienz sowie Vorsitzender der Geschäftsführung des OAOEV und einer der größten Investoren in Russland Groß- und Einzelhandel. Dann stellten die aus. Der bilaterale Handel sowie die gegen- beteiligten Unternehmen Präsident Putin ihre Dr. Christiane Schuchart seitigen Investitionen nehmen wieder deut- Projektvorhaben vor und baten um Unterstüt- Regionaldirektorin Russland im OAOEV 6 osteuropa informationen 11/12-2018
OAOEV intern > Russland Altmaier kämpft für die deutsch-russischen Beziehungen Am 17. Treffen des deutsch-russischen Petersburger Dialogs in Moskau nahm erstmals seit Beginn der Ukraine-Krise mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier ein hochrangiges Mitglied der Bundesregierung teil. Der OAOEV war traditionell in der Arbeitsgruppe Wirtschaft aktiv. Ausbildung und Umschulung der Fachkräfte aufgrund des hohen internationalen Moderni- sierungstempos der Wirtschaft. Ralf Holzwart, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regio- naldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit, nannte vor allem zwei Stellschrauben zur Lösung des Problems: Die Erschließung neuer Bevölkerungsgruppen für den ersten Ar- beitsmarkt und die Erhöhung der qualifizier- ten Wertschöpfung pro Arbeitskraft. Als weiterer Experte von deutscher Seite nahm Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsfüh- rer der BDA, zu aktuellen Entwicklungen auf Peter Altmaier eröffnete von deutscher Seite den Petersburger Dialog in Moskau dem deutschen Arbeitsmarkt Stellung. Er be- tonte, dass die Digitalisierung der Wirtschaft andere Führungsprinzipien und eine neue, fle- Zu Beginn seiner Keynote im Moskauer Hotel zentrieren, wie wir Wachstum erzeugen, das xiblere Arbeitsorganisation erfordere. Die Ukraina zog Altmaier demonstrativ sein Sakko den Wohlstand in beiden Volkswirtschaften er- neue Generation hätte andere Erwartungen, aus und gab damit gleichzeitig ein Signal an höht?“ Sein Fernziel bleibe ein gemeinsamer deshalb müssten Arbeitgeber bereit sein, ande- die rund 250 Teilnehmer des Treffens, unkon- Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwos- re, attraktivere Arbeitsmodelle anzubieten. ventionell über bestehende Grenzen und Be- tok, betonte der Wirtschaftsminister. Die Beraterin des Ministers für wirtschaftliche grenzungen im deutsch-russischen Verhältnis Entwicklung Yulia Urozhaeva rechnete vor, hinauszudenken. „Wir müssen um unsere Be- Zum Thema Nord Stream 2 kommentierte Alt- dass die Arbeitsproduktivität in Deutschland ziehungen kämpfen“, so der Wirtschaftsminis- maier, dass dieses Projekt „nicht im Gegensatz doppelt so hoch sei wie in Russland. Sie will ter. Mit dem Sonderbeauftragten des russi- zu einer Diversifizierung der Gasversorgung in deshalb mit dem OAOEV eine „Effizienzpart- schen Präsidenten für internationale kulturelle Europa“ stehe. In Zukunft werde es in Europa nerschaft“ starten. Zusammenarbeit Michail Schwydkoi, fand einen enormen Bedarf an Gas geben, dies zei- Altmaier den passenden Counterpart: Schwyd- ge auch gerade die deutsche Debatte um den Im zweiten Teil der Sitzung ging es um das koi zog den Schlips aus und lobte die Rede des Braunkohle-Ausstieg. Daher sei es möglich, Thema der Qualifizierung und Weiterbildung. deutschen Ministers in den höchsten Tönen. legitime ukrainische Wünsche nach einer Auf- Reinhard Göhner, ehemaliger Hauptgeschäfts- Die deutsch-russischen Beziehungen seien ein rechterhaltung des Gastransits und das Projekt führer der BDA, rief die Bundesregierung auf, Schatz. „Den sollten wir nicht verlieren.“ Nord Stream 2 miteinander zu verbinden. die Weiterbildungsstrategie mit neuen Ange- boten, die vom öffentlichen Bereich kommen, „Europäischer Arbeitsgruppe Wirtschaft zu ergänzen. Alexander Leybowitsch von der Wohlstandsraum“ Nationalen Agentur für Qualifikationsent- Auf der Agenda der durch den OAOEV vorbe- wicklung griff die aus Deutschland bekannte Wie auch Ronald Pofalla, der deutsche Vorsit- reiteten Arbeitsgruppe Wirtschaft, einer von Formel „Fördern und Fordern“ auf. Man kön- zende des Petersburger Dialogs, vor ihm, be- zehn Arbeitsgruppen innerhalb des Petersbur- ne die Probleme nicht nur durch Angebote lö- nannte Altmaier deutlich die seit der Ukrai- ger Dialogs, stand in diesem Jahr die Entwick- sen, die Arbeitnehmer müssten sie entspre- ne-Krise bestehenden, schweren politischen lung des Arbeitsmarktes. Nach einem interna- chend auch wahrnehmen. Konflikte beider Länder, öffnete danach aber tionalen Rating befindet sich Russland nur auf Foto: Andreas Metz den Blick in eine bessere Zukunft. Der Minis- Platz 89 bei der Verfügbarkeit von qualifizier- Andreas Metz ter skizzierte die Vision eines „europäischen ten Arbeitskräften. Der Leiter des Föderalen Leiter Presse und Kommunikation im OAOEV Wohlstandsraums“ und appellierte an die russi- Dienstes für Arbeit und Beschäftigung Wse- sche Politik, gemeinsam an diesem Ziel zu ar- wolod Wukolow unterstrich in seinem Beitrag Raliya Ostendorf beiten. „Wie wäre es, wenn wir uns darauf kon- vor rund 50 Teilnehmern den hohen Bedarf an Sekretariat Regionaldirektion Russland 7
OAOEV intern > Interview „Schritt für Schritt gemeinsam mehr Wachstum in Europa schaffen“ Im Interview mit dem Magazin „East Contact“ nimmt der OAOEV-Vorsitzende Wolfgang Büchele Stellung zur Zusammenarbeit der EU mit der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU). Das Inter- view erscheint mit freundlicher Genehmigung des OWC-Verlags in gekürzter Form. de die Wirtschaft dieser Länder von Vereinfa- europäischen Digitalwirtschaft, genauso wie chungen im grenzüberschreitenden Handel übrigens Belarus, Armenien oder die Ukraine. profitieren würde. Gemeinsame Gespräche über technische Standards, Zertifizierungen und Normen kommen kaum voran. China Zwischen West- und Osteuropa wird im- schafft gleichzeitig mit seiner unglaublichen mer wieder über einen gemeinsamen Wirt- wirtschaftlichen Dynamik Fakten. Im vergan- schaftsraum von Lissabon bis Wladiwos- genen Jahr haben die fünf Mitgliedsländer tok gesprochen. Halten Sie das für der EAWU erstmals mehr mit China gehan- realistisch? Und: Während wir noch über delt, als mit der EU. Lissabon-Wladiwostok diskutieren, schafft China da nicht längst Fakten? Ohne eine Zusammenarbeit mit Russ- Ein gemeinsamer Wirtschaftsraum im Sinne land wird jede weitere Annäherung zwi- eines großen Binnenmarktes ist aktuell sicher schen den beiden Räumen schwer. Wo unrealistisch. Dennoch ist es gut, an dieser Wolfgang Büchele gibt es und wo kann es trotz politischer Vision, die ja auch von der Bundesregierung Vorsitzender des Ost-Ausschuss – Osteuropavereins Eiszeit wirtschaftlichen Austausch und im Koalitionsvertrag genannt wird, festzuhal- der Deutschen Wirtschaft Kooperation geben? ten, damit wir unseren Kompass danach aus- richten können. Jede Reise besteht aus vielen Sieht man sich die wichtigsten gesellschaftli- kleinen Schritten. Hier finde ich den Vor- chen und wirtschaftlichen Trends an, so fällt schlag von Wirtschaftsminister Peter Altmai- Herr Büchele, die Eurasische Wirtschafts- auf, dass wir mehr Gemeinsamkeiten mit er, als Nahziel gemeinsam an einem „europä- union ist daran interessiert, mit der EU zu Russland als Differenzen haben. Bei vielen ischen Wohlstandsraum“ zu arbeiten, sehr kooperieren. Warum sollte auch die EU ein Themen kommen wir nur gemeinsam voran, bestechend. Darauf müssten sich doch alle Interesse daran haben, zu kooperieren? angefangen vom Iran-Atom-Abkommen, der einigen können, Deutsche und Russen genau- Worin liegen aus Sicht deutscher Unter- Bekämpfung des Terrors, bis hin zum Klima- so, wie Polen, Litauer, Ukrainer oder Bela- nehmen die wirtschaftlichen Vorzüge? wandel, der Sicherung der europäischen Roh- russen. Wenn wir uns wieder darauf konzent- stoffversorgung, der Digitalisierung der Wirt- rieren, Schritt für Schritt gemeinsam mehr Die fünf EAWU-Länder koordinieren ihre schaft, der Erschließung der Arktis und des Wachstum in Europa zu schaffen, anstatt uns Handelspolitik über die gemeinsame Kom- Weltraums oder der Erhaltung multilateraler Knüppel zwischen die Beine zu werfen, ist mission in Moskau. Für tausende Unterneh- Institutionen wie der UNO oder der WTO. schon viel erreicht. Dann kann man sehen, men aus der EU ist diese Eurasische Wirt- Leider wird die Beziehung zwischen Russ- wohin diese Dynamik trägt. schaftskommission in Moskau längst ein land und der EU von vielen Akteuren als Null- wichtiger Ansprechpartner, wenn es um den summenspiel begriffen: Was wir gewinnen, Die Fragen stellte Patrick Bessler Handel, um Zollfragen, Investitionen oder verliert die andere Seite und umgekehrt. Diese Chefredakteur von East Contact Rechtsfragen geht. Wer in der EAWU produ- Logik aus der Zeit des Kalten Krieges müssen ziert, hat Zugang zu einem Markt von fast wir durchbrechen: Als Europäer können wir 200 Millionen Menschen. Außerdem arbeitet nur gemeinsam gewinnen, oder wir müssen die EAWU daran, über eigene Freihandelsab- gemeinsam zusehen, wie China und die USA Das Magazin „EastContact“ mit Inter- kommen auch die Exportmöglichkeiten zu uns ihre Standards diktieren. Dass beispiels- views und Analysen zur Arbeit der Eura- verbessern. Hier wünschen sich europäische weise beim Weltkongress zum Thema Künst- sischen Wirtschaftsunion erscheint seit Unternehmen insgesamt eine stärkere Flanki- liche Intelligenz im September in Shanghai 2017 in Kooperation mit dem Verlag erung ihrer Interessen durch Brüssel. Doch keine europäischen Sprecher geladen waren OWC. Die Erstausgabe von 2017 und Foto: Exyte AG einige osteuropäische Staaten bleiben wegen und US-amerikanische und chinesische Kon- weitere Informationen zum Inhalt und Er- der politischen Differenzen mit Russland zerne alle Panels dominierten, sollte uns werb der diesjährigen Ausgabe finden bezüglich einer Zusammenarbeit mit der alarmieren. Russland wäre mit seiner starken Sie unter: https://owc.de/publika- EAWU-Kommission skeptisch, obwohl gera- Internet-Szene ein wichtiger Baustein einer tionen/eastcontact/ 8 osteuropa informationen 11/12-2018
Special > Ukraine/Belarus Ukraine – spannendes Land trotz schwieriger Situation Mit welchem Satz muss ein Editorial über die Ukraine beginnen? Mit dem Satz: „Der Prozess der wirtschaftlichen Erholung geht voran.“ Aber ganz so einfach liegen die Dinge nicht. Denn die Erholung vollzieht sich vor dem Hintergrund des Kampfes um Reformen im Land sowie des nunmehr schon fast vier Jahre anhaltenden kriegerischen Konflikts mit von Russland unterstützten separatistischen Bewegungen im Osten der Ukraine. Hinzu kommt ein scharfer Handelskonflikt mit Russland. Und: 2019 stehen in der Ukraine Präsidentschafts- und Parla- mentswahlen an. Der Kampf gegen Korruption und für Bürokratieabbau ist zäh und nicht immer konsequent, der Widerstand dagegen stark. Deshalb ist die rasche Weiterführung der Reformen zur Ver- besserung des Wirtschafts- und Investitionsumfeldes in der Ukraine von großer Wichtigkeit, auch und gerade im Wahljahr 2019. Die ukrainischen Wirtschaftsbeziehungen zu Russland sind unverändert von gegenseitigen Sanktionen und Blockaden geprägt. Deutsche Unternehmen, die in beiden Ländern aktiv sind, sind häufig von diesem Handelskrieg betroffen. Mittlerweile ist der ukrainische Außenhandel Martin Stüttem deutlich weniger mit Russland verbunden, über 40 Prozent ihres Außenhandels wickelt die Mitglied des Vorstands der LEONI AG, Ukraine mit der EU ab. Die positiven Effekte des Assoziierungs- und Freihandelsabkommens Sprecher des Arbeitskreises Ukraine im OAOEV mit der EU werden hier deutlich. Auch die bilateralen Handelsbeziehungen Deutschlands mit der Ukraine konnten davon profitieren, der Aufschwung setzt sich fort: Von Januar bis August 2018 legte der bilaterale Handel um rund acht Prozent gegenüber im Vorjahresvergleich zu. Die Importe aus der Ukraine wuchsen dabei um über 20 Prozent. Unser Unternehmen LEONI ist seit vielen Jahren in der Ukraine tätig. Der seit dem Jahr 2000 etablierte Standort in Stryi steht im Unternehmensverbund für hohe Qualität, Mitarbeiterlo- yalität und Wettbewerbsfähigkeit. Es ist weltweit das größte LEONI-Werk in einem Gebäude und beschäftigt rund 6.500 Mitarbeiter. Aufgrund der guten Erfahrung hat LEONI 2017 ein zweites Werk in Kolomyia eröffnet, das mittelfristig bis zu 5.000 Mitarbeiter beschäftigen soll. Auch hier versprechen wir uns, von der guten Infrastruktur und der Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt zu profitieren und gleichzeitig einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes zu leisten. Allerdings stellt die stetige Emigration von Arbeitskräften in westlicher gelegene Länder ein nicht zu unterschätzendes Hemmnis für weiteres Wachstum dar. Deutsch-Ukrainisches Wirtschaftsforum in Berlin Für den 29. November ist das 3. Deutsch-Ukrainische Wirtschaftsforum in Berlin geplant, zu dem Premierminister Hroisman und Bundeskanzlerin Merkel erwartet werden. Das Forum soll aus erster Hand über den Stand der Wirtschaftsreformen in der Ukraine unterrichten, den Blick für die positiven Entwicklungen schärfen und neue Kooperationsfelder aufzeigen. Wir freuen uns, Sie beim Forum in Berlin zu sehen! Foto: LEONI AG 9
Special > Ukraine/Belarus Reformprozess im Überblick Seit 2014 wurde in der Ukraine ein umfangreicher Reformprozess in Gang gesetzt. Dieser wird insbesondere durch die Umsetzung des Assoziierungsabkommens mit der EU angetrieben. Die deutsche Wirtschaft hat ihrerseits ihre Aktivitäten in der Ukraine verstärkt. Beispiele für gelungene Reformen in der Uk- waffnete Konflikt im Osten des Landes, wobei tausch fortgeführt. Mit Gründung der raine sind die Einführung eines elektroni- dieser auf kleine Landesteile beschränkt ist. Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Han- schen Systems für öffentliche Ausschreibun- Das Minsker Protokoll wird von allen betei- delskammer im Oktober 2016 in Kiew wur- gen („ProZorro“), das die Transparenz in ligten Parteien kaum umgesetzt. Der Konflikt den zudem die Investitionsbedingungen wei- diesem Bereich enorm gesteigert hat. Radikal bindet weiterhin erhebliche Ressourcen des ter verbessert. Insgesamt gibt es rund 1200 reformiert wurde auch der Energiesektor des ukrainischen Staates, die an anderer Stelle Firmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in Landes. Beim Monopolisten Naftogas wurde fehlen. Vor einer großen Herausforderung ste- der Ukraine. ein „unbundling“ eingeleitet, die früher stark hen auch die Industriekonglomerate der Ostu- subventionierten Preise für die Endverbrau- kraine, die Alternativen zum russischen Markt Die deutschen Handelsbeziehungen mit der cher wurden marktgerecht gestaltet. Bedürfti- aufbauen müssen. Ukraine erholen sich. Im Jahr 2017 stieg der ge erhalten individuelle Zuzahlungen und bilaterale Warenaustausch um 22 Prozent auf Überschüsse sollen in einen Energieeffizienz- Insgesamt hat die Ukraine damit noch große 6,6 Milliarden Euro. Dieser positive Trend fonds fließen. Profitieren könnte davon auch Herausforderungen zu meistern. Da die hat sich in den ersten acht Monaten 2018 fort- die „Initiative Energieeffizienz Ukraine“, an Wahlkämpfe der anstehenden Präsident- gesetzt (+ 8 Prozent). Auffällig ist, dass vor der sich neben der dena und weiteren Part- schafts- (März 2019) und Parlamentswahlen allem die Importe aus der Ukraine inzwi- nern auch der Ost-Ausschuss - Osteuropaver- (Herbst 2019) bereits begonnen haben, droht schen deutlich zulegen können. Neben dem ein beteiligt und die Energieeffizienz-Maß- eine Verzögerung der Reformen. Deutsche seit Jahren stark wachsenden und erfolgrei- nahmen für den überalterten Wohnbestand Firmen sprechen dennoch mehrheitlich von chen IT-Sektor, ist vor allem der ukrainische der Ukraine erarbeitet. einer positiven Entwicklung. Agrarsektor von großer Bedeutung für die wirtschaftliche Gesundung. Die AG Agrar- Auch der ukrainische Bankensektor wurde Deutsches Engagement wirtschaft beim OAOEV leistet eine intensive reformiert: Ein Drittel aller Banken wurden Arbeit zur Unterstützung deutscher Expor- geschlossen. Diese Entwicklung hat zur wirt- Deutschland gilt innerhalb der EU als wich- teure und Unternehmen in der Ukraine. Sie schaftlicher Stabilität auch in anderen Berei- tigster Unterstützer und Finanzier des Re- ist eng in die Weiterentwicklung weiterer Pro- chen im Land geführt. Im Zuge der Dezentra- formprozesses in der Ukraine. Im Oktober jekte des Bundesministeriums für Ernährung lisierung erhielten ukrainische Regionen mehr 2015 begann mit der ersten Deutsch-Ukraini- und Landwirtschaft (BMEL) in der Ukraine Kompetenzen und finanzielle Unabhängig- schen Wirtschaftskonferenz in Berlin unter eingebunden. keit. Es ist sehr zu begrüßen, dass mit dem Beteiligung des OAOEV eine Intensivierung ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten des Wirtschaftsaustauschs. Mit der dritten Georg Milbradt ein Sondergesandter der Wirtschaftskonferenz dieser Art wird im No- Stefan Kägebein, G7-Staaten den Reformprozess begleitet. Der vember 2018 der unternehmensbasierte Aus- Regionaldirektor für Osteuropa im OAOEV Verwaltungsaufwand im Steuerrecht wird kontinuierlich verringert, auch durch den Ein- Deutsch-Ukrainischer Handel satz digitaler Instrumente. Faktisch gelöst hat sich auch die Problematik der Mehrwertsteu- Ausfuhr Einfuhr errückerstattung und des Dividendentransfers ins Ausland. Viele ukrainische Unternehmen 6 5,4 orientieren sich erfolgreich auf die EU um. Einhellig stellen aber alle Reformer in der Uk- 5 4,3 raine fest, dass die Justiz- und Gerichtsreform 4 3,6 3,6 weiterhin die größte Baustelle bleibt. Auch die 3,1 Modernisierung des Beamtenapparates ist 3 noch nicht abgeschlossen und bedarf weiterer 2,2 Anstrengungen. Zentral bleibt auch der 2 1,6 1,6 1,7 1,8 Kampf gegen Korruption und für Bürokratie- 1 abbau. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung bleibt der be- Mrd. Euro 2013 2014 2015 2016 2017 10 osteuropa informationen 11/12-2018
Special > Ukraine/Belarus Reformvorschläge zur Verbesserung des ukrainischen Investitionsklimas Nach der Überwindung der Wirtschaftskrise von 2014/15 ist die Ukraine wieder auf Wachs- tumskurs. Um ihren Bürgern eine echte Perspektive zu geben, sind allerdings höhere Wachstums- raten nötig; hierfür sind mehr Investitionen eine Voraussetzung. Investitionsabsichten belasten. Aus diesem 3. Gleiche Wettbewerbsbedingungen Grund hat die Deutsche Beratergruppe in Hier geht es darum ein „level playing Zusammenarbeit mit der Deutsch-Ukraini- field“ zu schaffen. Entsprechende Vor- schen Industrie- und Handelskammer eine schläge betreffen den Bankensektor, wo Studie mit Reformvorschlägen deutscher, in der Staatsanteil durch die Krise deutlich der Ukraine tätiger, Unternehmen erstellt. angestiegen ist, aber auch den Bereich Landwirtschaft. Ebenso wichtig ist ein ent- Maßnahmenkatalog für schnelle schlossenes Vorgehen gegen Unterneh- Erfolge men, die die Scheinselbständigkeit zu ih- rem Vorteil ausnutzen, um regelkonforme Insgesamt sind im Bericht 28 Reformvor- Unternehmen zu stärken. schläge erarbeitet worden. Zur Priorisie- rung wurde eine Top-10-Liste an Vorschlä- Die Studie ist eine wichtige Ergänzung zur gen erstellt, die relativ schnelle Erfolge Agenda anderer internationaler Institutio- versprechen. Die Vorschläge lassen sich nen. Während letztere häufig auf wichtige Robert Kirchner drei Bereichen zuordnen. strategische Fragestellungen fokussiert Vize-Leiter des Projekts Regierungsberatung und sind, liefert unsere Studie eine ebenso wich- Koordinator der Projektarbeiten bei Berlin Economics 1. Maßnahmen mit direkten Auswirkun- tige Mikro-Perspektive. Hierbei stehen vor in der Ukraine gen auf Geschäftsklima und Investitionen allem deutsche Unternehmen im Vorder- Hier stehen zwei Maßnahmen im Vorder- grund, die in der Ukraine tätig sind. Gleich- Nach der schweren wirtschaftlichen Krise grund: Zum einen ist der Zugang zur Elek- zeitig würden jedoch auch alle anderen Fir- von 2014/15 ist die Ukraine seit 2016 wie- trizitätsversorgung weiterhin sehr proble- men von den vorgeschlagenen Reformen der im Wachstumsmodus. Das reale Brutto- matisch und insbesondere für produzieren- profitieren. Entscheidend ist jedoch die inlandsprodukt (BIP) hat allerdings sein de Unternehmen ein gravierendes Hemm- Umsetzung unserer Vorschläge. Eine Unter- Vorkrisenniveau von 2013 bei weitem noch nis. Eine Beschleunigung des Anschlusses stützung bei der konkreten Erarbeitung von nicht wieder erreicht - bei dem aktuellen an das Energienetz könnte zu einem signifi- verbesserten Rahmenbedingungen kann an Wachstumstempo würde dies erst 2022 wie- kanten Anstieg von Investitionen im realen dieser Stelle zugesichert werden. der der Fall sein. Daraus ergibt sich die Sektor führen. Zum anderen, stellt sich ein dringende Notwendigkeit, die mittelfristige möglicher Engpass von Transportlizenzen Download der Studie unter Wachstumsrate zu erhöhen. Gelingt dies für Polen als ein gravierendes Hemmnis für www.beratergruppe-ukraine.de nicht, wird sich der bereits seit geraumer Exporteure in die EU heraus. Hier ist mehr Zeit intensivierende Prozess der Migration Transparenz geboten und gegebenenfalls von ukrainischen Arbeitskräften weiter be- eine Erhöhung auf dem Verhandlungsweg schleunigen. angeraten. Ein Schlüsselfaktor für mehr Wachstum 2. Abbau von Verwaltungshemmnissen liegt in der Stimulierung von Investitionen. und Bürokratie Die aktuelle Investitionsquote in Höhe von In diesen Bereich fallen verschiedene Maß- 20,7 Prozent des BIP (2017) ist immer noch nahmen, wie die Verwendung von EU-Rech- weit entfernt von früheren Werten. So be- nungspreisen beim Import und die Abschaf- trug die Investitionsquote 2006, also vor der fung bestimmter Transportdokumente. Foto: Berlin Economics globalen Finanzkrise, 24,5 Prozent des BIP. Ebenso zählen hierzu die Abschaffung von gewissen Strafzahlungen im Steuerbereich, Trotz sichtbarer Erfolge bei der Verbesse- die Limitierung von Kontosperrungen bei rung des regulatorischen Umfelds für Un- strafrechtlichen Ermittlungen, sowie eine ternehmen berichten diese weiter über Ein- verbesserte Durchsetzung von Gerichtsbe- schränkungen und Hemmnisse, die deren schlüssen gegen den Staat. 11
Special > Ukraine/Belarus Die Wiederentdeckung der Ostukraine Vom 25. bis 27.Oktober 2018 führten das Deutsch-Ukrainische Forum und der OAOEV eine Unternehmerreise in die ostukrainischen Industriezentren Dnipro, Kryvyi Rih und Zaporizhia durch. Vor allem mittelständische Unternehmen nutzten die Chance, die Region kennenzulernen. Alle Delegationsmitglieder waren beein- druckt von den Dimensionen sowohl der bereits erfolgten Modernisierungen als auch der noch zu bewältigenden Aufgaben und konnten dabei Geschäftschancen iden- tifizieren. Bereits am Vormittag hatte der Bürgermeis- ter von Kryvyi Rih, Yuri Vilkul, die deut- sche Delegation in der Stadtverwaltung zu einem Arbeitstreffen mit örtlichen Unter- nehmensvertretern empfangen. Diese Gele- Besuch der Delegation beim Bürgermeister von Kryvyi Rih. genheit nutzte die Stadt, die sich 127 Kilo- meter entlang der Tagebaue erstreckt, um sich als interessanter Wirtschaftsstandort zu Die Ostukraine, industrielles Herz des Lan- derzeit Dienstsitz Dnipro), ein Deutsch-Uk- präsentieren. des, ist eine Region, die durch Erzberg- rainisches Wirtschaftsforum stattfand. Der bau, Metallurgie, Schwerindustrie und Ma- Vize-Gouverneur der Oblast Dnipro Oleh Letzte Station der Reise war Zaporizhia, die schinenbau geprägt ist und deshalb von je- Kuzhman beschrieb den Teilnehmern das berühmte Heimat der Zaporozher Kosaken her ein wichtiger Partner für die deutsche Wirtschafts- und Wissenschaftspotential und die gemeinsame nationale Identifikati- Wirtschaft war. In den letzten Jahren hat des Bezirks und stellte lokale Branchen vor. onsstätte aller Ukrainer. Auch hier stand die einst wirtschaftsstarke Region jedoch Dazu gehören zum Beispiel Radiotechnik, eine eindrucksvolle Betriebsbesichtigung unter den veralteten Industrien und vor al- Energetik, Maschinenbau, Raumfahrttech- im 1932 bis1937 erbauten Wasserkraftwerk lem unter den separatistischen Bewegungen nik, Engineering, der Landwirtschaftsbe- Dnipro an, das mit deutscher Beteiligung und kriegerischen Auseinandersetzungen reich sowie der Umweltschutz. Die Region modernisiert wird. Es folgte eine Kurzvisite mit Russland im benachbarten Donbass verfügt über gut ausgebildete Fachkräfte, im Stahlwerk Zaporozhstal und danach ein gelitten. Aus diesen Gründen waren tradi- die in den 20 Universitäten, 61 Colleges und Arbeitstreffen in der Stadtverwaltung von tionelle Geschäftsbeziehungen eingeschla- über 50 Berufsschulen sowie in drei Tech- Zaporizhia. Hier hob man die Unterstüt- fen. Da jedoch die Ostukraine immer noch nologie-Zentren ausgebildet werden. In der zung der Stadt durch das Stahlwerk Zaporo- rund 20 Prozent zum ukrainischen Brutto- Oblast befindet sich mit Pavlograd auch der zhstal im Rahmen eines „Sozialpakts“ für inlandsprodukt beiträgt und ein enormer größte Industriepark der Ukraine. Die deut- soziale Belange hervor. Dies trägt dazu bei, Modernisierungsbedarf bei den regionalen schen Teilnehmer präsentierten ihrerseits die dringend benötigten Fachkräfte an die Industriekapazitäten besteht, diente diese ihre Produkte und Geschäftsangebote. In Region zu binden. Der Tag klang mit einem seit langem erste Reise deutscher Unter- bilateralen Gesprächen wurden danach alte Besuch des Freilichtmuseums der Zaporoz- nehmensvertreter, die insbesondere den Geschäftsverbindungen wieder aufgenom- her Kosaken aus. deutschen produzierenden Mittelstand re- men und neue hergestellt. präsentierten, dazu, sich über aktuelle Ge- Die Reise war für alle Teilnehmer sehr auf- schäftsmöglichkeiten zu informieren. Besuch im Stahlwerk schlussreich und geschäftlich interessant und trug dazu bei, die Ostukraine wieder in Geleitet wurde die Delegation durch Rainer Der zweite Tag führte die Delegation nach das Blickfeld der deutschen Wirtschaft zu- Lindner, Vorsitzender des Deutsch-Ukraini- Kryvyi Rih (Krivoj Rog), wo sich bedeuten- rückzubringen. schen Forums (DUF), und Ute Kochlows- de Erzlagerstätten befinden. Die Weiterver- ki-Kadjaia, Geschäftsführerin des OAOEV. arbeitung erfolgt zum Beispiel im größten Erste Station war Dnipro (früher Dneprope- Stahlwerk der Region, Krivorozhstal, das trovsk), wo nach einem Briefing der Dele- zur Arcelor Mittal-Gruppe gehört und eben- Foto: DUF gation durch den deutschen Generalkonsul so besichtigt wurde wie das Unternehmen Ute Kochlowski-Kadjaia, Wolfgang Mössinger (eigentlich Donezk/ Metinvest und der Erztagebau Yuzhny Gok. Geschäftsführerin des OAOEV 12 osteuropa informationen 11/12-2018
Special > Ukraine/Belarus Belarus im Fokus Belarus hat in den letzten Jahren entscheidende Weichen für die eigene Wirtschaft und für Investoren gestellt. Das Land entwickelt sich immer stärker zur logistischen Drehscheibe zwischen Ost und West, setzt auf innovative Technologien und Digitalisierung. Zielbild: Logistik, IT und Deutsche Unternehmen mit Hochtechnologie wachsendem Interesse Ausbau und Transformation der aktuell im- Es sind derzeit ca. 450 deutsche Unternehmen mer noch größtenteils von staatlichen Kon- in Belarus registriert. Viele der Firmen, wie zernen dominierten Wirtschaft werden zum Beispiel Carl Zeiss, BASF, Siemens, oder durch eine Reihe von Drivern angetrieben, Henkel sind bereits Anfang der 90er Jahre die die Regierung auch identifiziert hat und nach Belarus gekommen und blicken auf ein aktiv fördert. Zunächst ist hier die zentrale Vierteljahrhundert erfolgreicher Tätigkeit zu- Lage zu nennen, die das Land zur logisti- rück. Ebenso lange ist auch der Deutsch-Bela- schen Drehscheibe zwischen Ost und West, russische Wirtschaftsclub im Land aktiv. Als sowie zwischen der EAWU und der EU älteste und größte westliche Unternehmens- macht. Nähe, ausgebaute Infrastruktur, eine vereinigung im Lande vertritt der Verein die Tradition der industriellen Produktion und Interessen seiner Mitglieder – derzeit über 50 eine gut ausgebildete Arbeiterschaft ma- Unternehmen – über verschiedene Formate Hovsep Voskanyan chen das Land interessant als Investitions- und Gremien gegenüber Öffentlichkeit, staatli- Leiter der Repräsentanz der Commerzbank AG standort; insbesondere für Firmen aus der chen Stellen und Wirtschaftsverbänden, för- in Minsk und Vorstandsvorsitzender des Deutsch- EU, die eine Lokalisierung in der EAWU dert die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwi- Belarussischen Wirtschaftsclubs e. V. planen. Mindestens ebenso wichtig ist Bel- schen den beiden Ländern und dient mit arus’ Schlüsselrolle im Rahmen der chinesi- verschiedenen Veranstaltungsformaten als schen Belt and Road Initiative (BRI). Mit Netzwerk- und Kommunikationsplattform. Im Belarus erfreut die Analysten derzeit mit be- dem Great Stone Park, einem 112 Quadrat- September 2018 war der DBWC Ausrichter eindruckenden Zahlen. Das Wirtschafts- kilometer großen Industriepark in unmittel- der 7. überregionalen Konferenz der Deut- wachstum wird 2018 voraussichtlich drei barer Nachbarschaft zur Hauptstadt, Flug- schen Wirtschaftsclubs aus Mittel- und Osteu- Prozent betragen und sich damit weiter be- hafen und Eisenbahnnetz, entwickelt sich ropa. Erstmals fand die Veranstaltung in Minsk schleunigen. Der Außenhandel wächst das ein regionales Logistik- und Produkti- statt und unterstrich die wachsende Bedeutung zweite Jahr in Folge um mehr als 20 Prozent. onszentrum für Hochtechnologieprodukte. des Standorts. Die Inflation liegt seit 2017 mit ca. sechs Pro- zent auf einem historischen Tiefstwert. Die Eine Success Story, die bereits länger Deutsche Firmen haben sich in der Vergan- Landeswährung Rubel ist seit gut drei Jahren läuft, ist die IT-Industrie: Der Sektor ist in- genheit mit großen Investitionen in Belarus weitgehend stabil, der Leitzins hat sich in der zwischen für fünf Prozent des BIP verant- zurückgehalten, doch im Zuge der wirtschaft- gleichen Zeitspanne auf ein Drittel gesunken. wortlich und hat weltweit operierende lichen Entwicklung der letzten Jahre, sowie – Die Kapitalmärkte honorierten diese positive Konzerne wie den an der US-Börse gelis- und dies ist mindestens ebenso wichtig – der Entwicklung mit deutlicher Überzeichnung teten Riesen EPAM oder Wargaming her- politischen Annäherung, wächst auch in der der jüngsten Staatsanleihe über zwei Milliar- vorgebracht. Andere Projekte, wie der Bundesrepublik das Interesse. Erste Ergebnis- den US-Dollar. Moody’s, Fitch, S&P und Messanger Viber oder die Lifestyle-App se sind bereits zu sehen. Mit der Übernahme OECD haben alle Belarus innerhalb der letz- MSQD, wurden z. T. für dreistellige Milli- der Firma Alutech 2018 zeichnet der ostwest- ten zwölf Monate in der eigenen Länderrisi- onenbeträge von Rakuten und Facebook fälische Torehersteller Hörmann für eines komatrix hochgestuft. Grundlage für diese übernommen. Der Erfolg der Branche der größten westlichen Einzelinvestments in Entwicklung ist die nachhaltige Geld- und speist sich in erster Linie aus dem Pool Belarus verantwortlich. Nahezu parallel hat Wirtschaftspolitik der letzten Jahre, die als hervorragend ausgebildeter Spezialisten Polipol – ein international führender Weich- oberstes Ziel krisenfestes Wirtschaftswachs- und nachrückender Nachwuchskräfte. möbelhersteller – die Eröffnung eines Pro- Foto: Commerzbank tum verfolgt. Flankiert wird sie durch eine Wenn Qualität vor Kosten gilt, hat Belarus duktionswerks bekanntgegeben. Noch ist Bel- ganze Reihe von Reformen, die Bürokratie als IT-Outsourcing-Standort inzwischen arus als Investitionsstandort ein Geheimtipp abgebaut und bessere Bedingungen für Un- einen sehr guten Ruf. in Deutschland, doch das dürfte es nicht mehr ternehmen geschaffen haben. lange bleiben. 13
Special > Ukraine/Belarus Meilenstein zur Wiederbelebung der Wirtschaftskontakte Erstmals fanden in Nordrhein-Westfalen Belarustage statt, die die Wirtschaftschancen für deutsche Unternehmen in dem osteuropäischen Land in den Mittelpunkt stellten. Die Initiative ging vom Unternehmen Remondis aus, das seit Jahren in Belarus aktiv ist. Nordrhein-Westfalen empfiehlt sich als Leichtverpackungen in Bochum und der Re- raum um fast 13 Prozent angewachsen. Die Türöffner für die deutsch-belarussischen mondis-Anlage für Glasrecycling in Essen. deutschen Exporte kletterten auf 735 Milli- Wirtschaftskontakte: Mehr als 60 Vertreter onen Euro (+12 Prozent), während die Ein- aus Wirtschaft und Politik folgten der Einla- Egbert Tölle, Board Member Remondis SE fuhren aus Belarus auf 290 Millionen Euro dung zu den „1. Belarustagen Nord- & Co. KG, eröffnete die Veranstaltung und (+15 Prozent) zulegen konnten. rhein-Westfalen“, die Anfang Oktober in verwies dabei auf die erfolgreichen Aktivi- Dortmund und Lünen stattfanden. Neben täten von Remondis für den Klima- und Diese positive Entwicklung kann nach Ein- Umweltthemen standen dabei vor allem Umweltschutz in Belarus. Der belarussi- schätzung der Teilnehmer der 1. Belarusta- Fragen der Rechtssicherheit von Investitio- sche Botschafter Denis Sidorenko lobte die ge Nordrhein-Westfalen zu denen auch die nen und der Finanzierung im Mittelpunkt. Bedeutung der Veranstaltung für Investitio- Vizeminister für Wirtschaft und Bau- und nen deutscher Unternehmen in seinem Hei- Kommunalwirtschaft, Dmitrj Matusewitsch „Seit der Aufhebung der Wirtschaftssankti- matland. „Die Belarustage in NRW sind ein und Alexander Piwowarskj, gehörten, noch onen vor drei Jahren erlebt Belarus als Wirt- Meilenstein für die Intensivierung der bila- deutlich ausgebaut werden. schaftsstandort ein Comeback. Immer mehr teralen deutsch-belarussischen Wirtschafts- deutsche Unternehmen erkennen das Poten- beziehungen, die Auslotung neuer Koopera- zial und investieren“, sagte Michael Harms, tionsmöglichkeiten und den Ausbau der Vorsitzender der Geschäftsführung des Zusammenarbeit mit deutschen Bundeslän- OAOEV in seinem Grußwort. Der Ost-Aus- dern“, sagte er. Heinz-Herbert Dustmann, schuss – Osteuropaverein hatte die „Bela- Präsident der Industrie- und Handelskam- rustage“ zusammen mit dem Deutsch-Bela- mer (IHK) zu Dortmund, bezeichnete Bela- russischen Unternehmerrat, der Botschaft rus als einen „Partner für die Zukunft“. Belarus‘ in Deutschland, der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund sowie dem Bilateraler Handel im Aufwind Unternehmen Remondis organisiert. In den ersten sechs Monaten 2018 war der Felix Zimmermann Teil der „neuen Seidenstraße“ bilaterale Handel zwischen Deutschland Co-Vorsitzender des Deutsch-Belarussischen und Belarus gegenüber dem Vorjahreszeit- Unternehmerrats Auf großes Interesse stieß die Rolle der Re- publik Belarus bei der Entwicklung der „Neuen Seidenstraße“, die stärker die Wachstumsmärkte in Asien mit Europa ver- binden soll. Die Teilnehmer forderten hier von der Politik insbesondere eine schnellere Grenzabfertigung in Polen für Eisenbahn- züge. Zudem präsentierte sich die Freie Wirtschaftszone Brest als Transitstandort mit angeschlossener Produktionszone, die sowohl über europäisches Normalgleis als auch über russisches Breitspurgleis verfügt. Weitere Höhepunkte der zweitägigen Veran- staltung waren neben hochkarätigen Exper- ten-Runden und direkten Wirtschaftsgesprä- Foto: REMONDIS chen in der IHK Dortmund ein Besuch des Lippewerks, Europas größtes Zentrum für Mehr als 60 Vertreter aus Politik und Wirtschaft kamen zu den „1. Belarustagen industrielles Recycling, sowie die Besichti- Nordrhein-Westfalen“. gung der Remondis-Sortieranlage für 14 osteuropa informationen 11/12-2018
Special > Ukraine/Belarus Gemeinsame Herausforderung Klimawandel Gemeinsame Lösungsansätze für eine moderne Energieinfrastruktur, die Digitalisierung des Strombetriebs, Energiespeicher und Sektorenkopplung sowie Finanzierungs- und Förderangebote standen Anfang Oktober im Mittelpunkt des VI. Deutsch-Belarussischen Energieforums in Minsk. Panelteilnehmer des VI. Deutsch-Belarussischen Energieforums in Minsk. Links OAOEV-Projektleiterin Petya Hristova Die hochkarätige Fachkonferenz wurde von chen erneuerbare Energien und Energieeffizi- und mit Experten aus Deutschland zu inten- der Deutschen Energie-Agentur (dena) in enz. Letztere haben besondere Priorität. sivieren und neue Projekte im Bereich städ- Kooperation mit dem Ministerium für Ener- tischer Energieinfrastruktur zu initiieren. gie der Republik Belarus, dem Ost-Aus- Andrej Piliptschuk, stellvertretender Leiter schuss – Osteuropaverein der Deutschen der Abteilung für Luftreinheit, Klimawan- Nach zwei Seminaren in Astana und Berlin Wirtschaft (OAOEV) sowie der Repräsent- del und Analysen im belarussischen Um- tauschten sich die Experten und Entschei- anz der Deutschen Wirtschaft in Belarus weltministerium, stellte in seinem Vortrag dungsträger auf kommunaler und regionaler organisiert. Die Entscheidungsträger und die Fortschritte in der Umsetzung des Pari- Ebene über folgende Themenbereiche aus: Experten auf den Panels sowie die rund 200 ser Klimaschutzabkommens vor. Dabei den Bau neuer energieeffizienter Wohnge- Teilnehmer befassten sich intensiv mit Her- spielen die Akteure auf kommunaler Ebene, bäude in der Praxis, die energieeffiziente ausforderungen, die Deutschland und Bela- wie zum Beispiel der Konvent der Bürger- Modernisierung der Bestandsgebäude sowie rus durch den Einsatz nachhaltiger, zu- meister für Klima und Energie, eine ent- die Anforderung der Qualitätskontrolle. Un- kunftsorientierter Technologien gemeinsam scheidende Rolle. Bürgermeister aus 39 geachtet der unterschiedlichen Ausgangsla- meistern können. belarussischen Städten haben den Konvent ge und aktuellen Rahmenbedingungen fand unterzeichnet, elf davon haben einen Fahr- eine intensive Diskussion über praktische Nachhaltige bilaterale Partner- plan für nachhaltige Energie und Klima- Erfahrungen und Lösungsansätze zwischen schaft und neue Impulse schutz verabschiedet. den Teilnehmern der Arbeitskreissitzung statt. Das Thema Elektromobilität stand da- Die Teilnehmer wurden von der Geschäftsfüh- Intensiver Dialog über energie- bei ganz oben auf der Agenda. rerin der Deutschen Energie-Agentur (dena) effiziente Gebäude Kristina Haverkamp, dem deutschen Bot- Angeregt wurden die Diskussionen von den schafter in Minsk Peter Dettmar, sowie den Parallel zum Deutsch-Belarussischen Ener- Teilnehmern, die die Möglichkeit hatten, mit stellvertretenden belarussischen Ministern für gieforum veranstaltete die dena den Work- Elektrobussen den Konferenzstandort zu er- Energie, Architektur und Bau, Wohnungs- und shop „Energieeffiziente Gebäude“ für Ex- reichen. Die Einwohner und Gäste von Minsk Kommunalwirtschaft begrüßt. In den verschie- perten aus Belarus, Kasachstan, Russland können aktuell die Dienste von 20 Elektro- denen Panels tauschten sich die Teilnehmer und der Ukraine im Rahmen der länder- bussen nutzen. über Querschnittsthemen aus, angefangen mit übergreifenden Dialogplattform „Urbane Petya Hristova Foto: dena Urban Energy Transition über Digitalisierung Energie-Infrastruktur“. Das Hauptziel der im Strombetrieb, Energiespeicher und Sekto- Plattform ist es, den Austausch zwischen Leiterin des Arbeitskreises Energieeffizienz und renkopplung bis hin zu Projekten in den Berei- den Experten dieser Länder untereinander kommunale Infrastruktur im OAOEV 15
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