Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18

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Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
Pflanzenfreund

                                    informiert, reflektiert, inspiriert, engagiert – seit 1900

                               Pflanzenfreund
April 2021, Nr. 4

                                     22
                                   Grün auf
                                allen Ebenen

                                     34
                                Tierisch gute                                    18
                               Quartierplanung
                                                                 Wie ein
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                                                            Gangsta die Welt
04

                                                            das Gärtnern lehrt
                    276006
                    9 772673
Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Germination: 1 à 2 jours dans de l’eau à ~20 °C jusqu’à ce que le germe soit visible.
                                                                                      EU Norm/Sélection – Standardsaatgut

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Auspflanzen: Mit Wurzel nach unten, 0,5–1 cm tief in die Erde setzen und zudecken.
                                                                                                                            CBD la plus riche en substance active et se distingue par une teneur en terpènes

                                                                                                                            La varietà FENOMED è conosciuta come la tipologia di cannabis con il maggior
                                                                                                                            La sorte FENOMED est connue comme étant la sorte de cannabis à dominante

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Germinazione: 1–2 giorni in acqua, finché il germoglio è visibile a ~20° C.
                                                                                                                            Die Sorte FENOMED ist als wirkstoffreichste CBD-dominante Cannabissorte

                                                                                                                            principio attivo dominante CBD e presenta un profilo terpenico aromatico.

                                                                                                                                                                                                                                                Keimdauer: 1–2 Tage in Wasser, bis Keimling sichtbar bei ~20 °C.
                                                                                                                                             Ihr Spezialist
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                                                                                                                                             Wachstums-
                                                                                                                                             bedingungen

                                                                                                                                                                                                               Contenuto: 3 Samen FENOMED FM1
                                                                                                                                                                                                               Contenu:: 3 Samen FENOMED FM1
                                                                                                                                                                                               Online-Shop

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                                                                                                                                                                                               bb-shop.ch

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         arme - < 1% - aber CBD oder CBG reiche Cannabissorten als
         Samen. Die Pflanzen produzieren mehr als 99% weibliche Blü-
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Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
E D ITO R I A L

Grüne
Eroberung
Liebe Leserin, lieber Leser
Sie besiedeln freie Ritzen, jede Unebenheit an Fassaden oder Mauern, halten
sich mit ihren Haftwurzeln an Baumstämmen fest und begrünen die Vertikale
sowie die Horizontale in der Stadt. Die Rede ist von Pflanzen, die klettern,
sich winden oder von A nach B kriechen. Manche unter ihnen – wie die Gemeine
Waldrebe – verbreiten sich mit dem Wind, wobei ihre schwanzartig verlänger­-
ten, behaarten Griffel als Flugorgan dienen (ab Seite 22).
   Auch wir Menschen können dazu beitragen, dass Pflanzen neuen Lebensraum
finden. Melanie Öhlenbach zeigt, wie sich aus Paletten ein platzsparendes Hoch-
beet für Kletterpflanzen auf dem Balkon bauen lässt (Seite 17). Der «Gangsta-
Gärtner» Ron Finley ­kultiviert auf Grünstreifen in Los Angeles Gemüse mit dem
Ziel, eine horti-kulturelle R
                            ­ evolution auszulösen (Seite 18).
  Eine Forschergruppe in Deutschland hat Grundlagen für Bauprojekte im Sied-
lungsraum erarbeitet, welche die Anforderungen einheimischer Tiere in Einklang
mit dem ­Lebensraum des Menschen ins Visier nimmt (Seite 34).
  Wie eine funktionierende Interaktion zwischen Flora und Fauna aussieht,
erklärt ­Ihnen Jonas Landolt auf einer unserer Pflanzenfreund-Exkursionen
(Seite 41). Wer mit ihm einmal draussen unterwegs war, wird den Garten und
die Natur mit anderen Augen wahrnehmen.

Ihre Redaktion

                                                           Vorschau
                                                           In unserem nächs-
                                                           ten Heft spielen Pil-
Tanja Keller                                               ze die Hauptrolle:
redaktion@pflanzenfreund.ch                                als Wildlinge des
                                                           Waldes, Leibwächter
                                                           und Botschafterin-
                                                           nen, als essbare
                                                           Stadtpilze, aber auch als Para-
                                                           si­ten. Und Erwin Meier-Honegger
                                                           philosophiert darüber, warum
                   ZUM TITELBILD Den                       die meist wertvollen Verbündeten
                   leeren Swimmingpool in                  solch einen schlechten Ruf haben.
                   seinem Hinter­hof­garten
                   nutzt Ron Finley als
                   Anbaufläche. Während
                   des 2020-Lockdowns
                   wusste er die Ernte aus
                   dem ei­genen Garten
                   besonders zu schätzen.

                                                                PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021   3
Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
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               7

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                                                                                                 1
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                                                                                    als im Einzelverkauf
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                                          Leselze Jahr
                                                                                                 2
                                           gan
                                                                                 Monatlicher Newsletter
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                                               fl a n zenfr                       Ein- und Aussichten
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                                                                                                 3
                                                                                   Workshops, Ausflüge
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Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
10                                  30

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              Impressum
                                                                                                                   16
   «Pflanzenfreund», 121. Jahrgang,
   Nr. 4 (April 2021), Preis: Fr. 7.80,
         erscheint 10x jährlich
       Auflage 26 000 Exemplare
                                                                               39
              Herausgeber

                                                Inhalt
         Verlag «Pflanzenfreund»,
  c / o Ernst Meier AG, Kreuzstrasse 2,
8635 Dürnten, www.pflanzenfreund.ch
Geschäftsleiter Erwin Meier-Honegger
    Verlagsleiter Jean-Pierre Ritler,
        jpr@pflanzenfreund.ch
    Redaktionsleiterin Tanja Keller,             INSPIRATIONEN                 WISSEN
       keller@pflanzenfreund.ch
                                                  6 Kletterer mit kleinem      22   Grün am Bau
        Redaktionelle Mitarbeit
     Ivo Eugster (Text und Bild),                		Fussabdruck                 30   Mythos grüner Daumen
Carmen Hocker (Text und Produktion)                                            34   Grün und lebendig –
   redaktion@pflanzenfreund.ch
Anzeigen KünzlerBachmann Verlag AG,
                                                 ARBEITEN IM                   		   Städte als Lebensraum Vieler
Olaf Aperdannier, Tel. +41 71 314 04 79,         APRIL
       o.aperdannier@kueba.ch
                                                 10 Saisontipps                ENGAGEMENT
      Abonnement/Leserservice
         Tel. +41 55 251 71 71                   14 Kolumne                    39 Pflanzenfreund-Exkursionen:
     www.pflanzenfreund.ch /abo,                 15 Saat- und                  		 Interaktion von Tieren und
        abo@pflanzenfreund.ch
      Jahres­abonnement Fr. 48.–                 		Pflanzkalender              		Pflanzen
               Gestaltung
       Claudia Neuenschwander                    GÄRTNERN                      FAUNA IM FOKUS
 Lithographie/ Layout Media Concept
      Schweiz AG, Eschenbach SG
                                                 OHNE GARTEN                   42 Pelzige Frühlingsboten
  Korrektorat Schellenberg Druck AG,             16 An die Kiste, fertig –
              Pfäffikon ZH                       		pflanzen!                   GRÜNE AGENDA
     Druck PMC, Oetwil am See ZH
Papier Refutura GSM FSC®, (100 % Alt-
                                                                               48 Pflanzenfreund-Reise
   papier, «Blauer Engel» zertifiziert)          PERSÖNLICH                    		 in die Toskana
                                                 18 Szenenwechsel: Wie
                                                 		 ein Gangsta die Welt       STANDPUNKTE
                                                 		 das Gärtnern lehrt         49 Zum wilden Gärtner –
  Dem Lesefluss zuliebe beschränken
   wir uns nicht auf die neutrale oder                                         		 wo Pflanzenfreund auf
   gendergerechte Form mit *. Unsere                                           		 Gärtnerin trifft
  Autorinnen und Journalisten dürfen
 spielerisch mit der Sprache umgehen.

                                                                             PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021    5
Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
Inspirationen
                                                                         Clematis montana

 Kletterer
                                                                             ’Wilsonii’

mit kleinem
Fussabdruck                                                               Clematis viticella
                                                                           ’John Treasure’

 Sie berühren kaum den Boden, denn sie streben direkt
  nach dem Austrieb nach Höherem. Manche von ihnen
  wachsen in einer Saison gar über sich hinaus: Kletter-
 pflanzen. Kein Garten ist so klein, dass nicht noch das
  eine oder andere Exemplar darin Platz finden würde:
    Die leere Wand eines Gartenschopfs, ein Pergola­
   pfosten oder eine noch freie Fläche am Obstspalier
 warten nur darauf, begrünt zu werden. Egal, ob an der
   Sonne oder im Schatten, Kletterpflanzen gibt es für                    Clematis viticella
  ganz unterschiedliche Standorte. Mit etwas Geschick                        ’Confetti’
 bei der Auswahl begleiten ihre Blüten und ihr Duft uns
   über viele Monate, vom zeitigen Frühjahr bis in den
     Herbst hinein. Beginnend mit der Winterhecken­
  kirsche, über die vielseitige Italienische Waldrebe im
    Sommer bis hin zum Gemeinen Efeu. Seine gelben
­Blüten erscheinen erst im Herbst, um im darauf folgen-
   den Frühjahr Früchte zu tragen – eine einheimische
Kletterpflanze, die wertvolle Insektenweide und Vogel-
   schutzgehölz in einem ist. Texte und Bilder: Carmen Hocker

                                                                          Fruchtstand der
                                                                          Clematis viticella
                                                                             ’Confetti’

                                                                PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021   7
Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
Ein Ziel vor Augen
            Ab und zu sieht man in Gärten einen Rosenbogen,
            der ohne Bezug in der Wiese steht und dadurch et-
            was verloren wirkt. Damit er sich harmonisch ein-
            fügt, sollte er eine Funktion erfüllen. So kann er am
            Eingang ein Gartentor überspannen oder eine lau-
            schige Nische, auf die ein Weg zuführt. Je tiefer er
            ist, umso mehr vermittelt er ein Raumgefühl. Nicht
            umsonst gibt es in britischen Parkanlagen oft ausla-
            dende Laubengänge mit mehreren Bogen hinterei-
            nander. Zudem empfiehlt sich die Wahl eines stabi-
            len Gerüsts aus dauerhaftem Material wie pulver-
            beschichteter Stahl oder Rohstahl, dessen Rostton
            mit den Pflanzen verschmilzt. Eine dunkle Kletter-
            hilfe ist übrigens besser als eine helle, da sie op-
            tisch in den Hintergrund tritt. Der Bogen rechts
            wird von Rosen und Clematis berankt. Die beiden
            Blüten gehören zur Italienischen Waldrebe der
            Sorte ’Huldine’ (Porträt siehe rechte Seite).

                                                             Übergangslösung
                                                             Wer neu in ein Haus mit Garten einzieht, möchte
                                                             vielleicht zuerst eine Saison warten und die Gege-
                                                             benheiten vor Ort beobachten. Um den Boden zu
                                                             lockern und ihm Nährstoffe zuzuführen, eignet
                                                             sich eine Gründüngung. Für punktuelle Höhenele-
                                                             mente lassen sich aus Weide Tipis flechten, an die
                                                             man einjährige Wicken setzt. Je mehr Stängel man
                                                             für die Vase schneidet, umso üppiger blühen sie
                                                             nach. Die zweifarbige Duftwicke ’Matucana’ (Lathy-
                                                             rus odoratus) ist eine historische ProSpecieRara-
                                                             Sorte, die bereits im 17. Jahrhundert von einem si-
                                                             zilianischen Mönch nach England gebracht wurde.

8   APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
I N S P I R ATI O N E N    Kletterer mit kleinem Fussabdruck

           Duftendes Spalier
           Den meisten Gärtnerinnen ist die Winterhecken-
           kirsche (Lonicera x purpusii ’Winter Beauty’) als
           ­etwas sparriger Strauch bekannt. Setzt man sie
            ­jedoch als Jungpflanze, lässt sie sich bereitwillig zu
             einem Fächerspalier erziehen. Am besten eignet
             sich dazu eine Rankhilfe aus Metallseilen, an die
             man die Triebe mit Gartenschnur anbindet. Länge-
           re Seitentriebe werden im Herbst regelmässig ge-
           kürzt, um die Form zu erhalten. Die duftenden,
           cremeweissen, rosa überhauchten Blüten erschei-
           nen je nach Standort von Dezember bis März und
           verströmen im Vorbeigehen einen zarten Duft.
           Man sollte die Pflanze unbedingt an einem Weg
           oder am besten am Hauseingang pflanzen. In
           milden Lagen ist das Laub sogar wintergrün.

DREI KLETTERKÜNSTLER IN WEISS
Dunkle Partien im Garten lassen sich mit weissen Blüten aufhellen. In Form von wuchsfreudigen, blühenden Kletter-
pflanzen können auf diese Weise selbst grössere Flächen begrünt und ansprechend verwandelt werden.

            Vanilleduft                                Perlmuttweiss                                 Kulturform
 verströmen die Blüten der Bergwald­           und fast wie Satin wirken die auf der      Zierlicher als die heimische Gemeine
 rebe Clematis montana ’Wilsonii’. Aber       Unterseite lila schimmernden Blüten         Waldrebe (Clematis vitalba) ist die Sor-
   nicht nur uns Menschen betört ihr              von Clematis viticella ’Huldine’. Sie      te Clematis fargesioides ’Summer
 Duft. Überspannt sie mit ihrer Wuchs-        zählt zu den Italienischen Waldreben,       Snow’/’Paul Farges’. Da ihr Charakter
  freude eine Pergola, ist zur Blütezeit      die gut winterhart und resistent gegen      an die Wildform erinnert, ist sie auch
 ein einziges Summen und Brummen                die Clematiswelke sind. Noch lange        in einem kleinen naturnahen Garten
 zu vernehmen. Ihr dunkles, gesundes             ­bevor die Blüten erscheinen, treibt     ein willkommener Gast. Im Frühjahr
 Laub spendet noch über viele Monate         ’Huldine’ zahlreiche, dunkelgrüne Blät-        schneidet man die Pflanze auf ca.
    angenehmen Schatten. Ein Rück-              ter aus. Manchmal kommt man mit            30 cm zurück. In nur einer Garten­
   schnitt ist nicht nötig, es sei denn,     dem Anbinden gar nicht nach. Und im           saison erklimmt sie an Drahtseilen
    man möchte das Laubdach etwas              Februar wird die Pflanze einfach auf        oder einem Holzspalier problemlos
              ­luftiger haben.                      ca. 30 cm zurückgeschnitten.                    grössere ­Flächen.

          Blütezeit: Juni/Juli                     Blütezeit: Juli–September                     Blütezeit: Juni–August
         Blütengrösse: 3–5 cm                       Blütengrösse: 8–10 cm                        Blütengrösse: 2–3 cm
         Wuchshöhe: 7–12 m                            Wuchshöhe: 4–5 m                            Wuchshöhe: 4–6 m

                                                                                          PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021             9
Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
Arbeiten im April

       Saisontipps
       Texte: Katharina Nüesch

                                                                           © Adobe Stock
                                                                       OH DU SCHÖNE!
                                                                       Baptisia australis – die Indigolupine oder
                                                                       Färberhülse – ist eine wenig bekannte
                                                                       Schönheit mit Herkunft Nordamerika.
                                                     © Carmen Hocker

                                                                       Die langlebige, bis 100 Zentimeter hohe,
                                                                       mit der Lupine verwandte Staude ist
                                                                       eine Bienen- und Augenweide mit hüb-
                                                                       schen blau-violetten Schmetterlingsblü-
                                                                       ten. Zudem ist die Leguminose pflege-
NACHBARN, DIE SICH MÖGEN                                               leicht und klimagerecht, da mit tiefen
Bei Pflanzen ist es wie bei den Menschen: Gewisse mögen                Pfahlwurzeln ausgerüstet. Sie liebt einen
sich, andere sind sich gleichgültig, dritte gehen einander             sonnigen Standort und sandigen Boden.
auf die Nerven. Wie im Leben, so im Gemüsebeet: Eine                   Wie der deutsche Name verrät, handelt
Mischkultur mit Partnern, die zusammenpassen, ist                      es sich bei Baptisia um eine Färberpflan-
­ertragreicher, die Pflanzen sind robuster und weniger                 ze; das graugrüne Laub liefert ein wun-
 ­anfällig gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Auch                 derschönes Indigoblau.
  die Nährstoffkonkurrenz ist geringer, da die Pflanzen un-
  terschiedliche Bedürfnisse haben. Mischkulturtabellen –
  im Web oder als Flyer im Fachhandel – geben Auskunft.
                                                                                                              © mauritius images

              EINHEIMISCHE IM PORTRÄT
              Die Schachbrettblume, auch Perlhuhn-Schachblu-
              me (Fritillaria meleagris) genannt, wäre bei einem
              Schönheitswettbewerb sicher eine Hauptkandida-
              tin. Kein Wunder also, ist die Wildform Ausgangs-
              punkt für etliche Züchtungen, die sich im Frühling
              in Garten und Töpfen grosser Beliebtheit erfreuen.
              Das purpur-weiss gemusterte Liliengewächs ge-
              deiht in feuchten Wiesen und blüht von April bis
              Mai. Ein bekannter Natur­standort befindet sich an
              schöner Wanderstrecke entlang des Doubs beim
              Flachmoor «Les Goudebas» im Kanton Neuen­burg.

10   APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
A R B E ITE N I M A P R I L             Saisontipps

                                                                   WILDSAISON
                                                                   Der April ist der Wildkräutermonat schlechthin. Die jun-
                                                                   gen Wilden sind jetzt als Beigabe zu Salaten besonders
                                                                   lecker und erst noch gesund, reinigend, Leber und Lebens-
                                                                   geister stärkend. Damit die Wirkung nicht gegenteilig
                                                                   ausfällt, sollte man die Kräuter identifizieren können.
                                                                   Fünf einfache Beispiele:
                                                                   Löwenzahn 1 (Taraxacum officinale)
                                                                   Die zarten Blätter des jungen Löwenzahns – im Volks-
                                                                   mund auch Chrottepösche oder Saublume genannt – sind

                                                   © Adobe Stock
                                                                   äusserst gesund, was wissenschaftlich belegt ist. Das weit
                                                                   verbreitete Wildkraut ist blutreinigend und regt den Stoff-
                                                                   wechsel an. Aromatisch und leicht bitter im Geschmack.
                                                                   Sauerampfer 2 (Rumex acetosa)
                                                                     Die in unseren Wiesen weit verbreitete Pflanze enthält
                                                                     ­besonders viel Vitamin C. Sie bereichert Salate mit einem
                                                                      säuerlichen Geschmack, sollte aber in geringen Mengen
                                                                      genossen werden. Wie der verwandte Rhabarber enthält
                                                                      sie Oxalsäure, die in hohen Dosen ungesund ist.
                                                                      Schafgarbe 3 (Achillea millefolium)
      DIREKTSAAT                                                      Die zarten, filigranen Blätter der Wiesenpflanze sind aro-
      ODER SETZLINGE?                                              matisch und leicht bitter. Sie haben einen hohen Kalium-
      Vorteile haben beide. Setzlinge sind                         gehalt, was die Nierentätigkeit anregt. Das ideale Kraut für
      ­weniger zeitaufwendig. Man kauft nur                        die Frühlingskur.
       so viele wie benötigt und entdeckt in der                   Giersch /Baumtropfen 4 (Aegopodium podagraria)
       Gärtnerei vielleicht die eine oder andere                     Obwohl im Hausgarten wenig geliebt, weil wüchsig und
       zusätzliche Sorte. Aus Samen gezogene                         mühsam zu jäten, punktet der Giersch mit reichem Gehalt
       Pflanzen sind günstiger und in der Regel                      an Vitaminen und Mineralstoffen. Er wirkt basisch, ent­
       robuster, weil sie sich von klein auf an                      giftend und kurbelt den Stoffwechsel an. Der Geschmack
       Umgebung und Witterungseinflüsse                              erinnert leicht an Peterli oder Spinat.
       angepasst haben. Wer mit Freude aussät,                       Vogelmiere 5 (Stellaria media)
       achtet auf sortenechtes Saatgut. Sorten-                    Reich an Vitaminen und Mineralstoffen sind Stängel,
       echt oder samenfest bedeutet, dass die                      Blättchen und Blüten der filigranen Pflanze – auch sie
       ­Samen einer ersten Generation wieder                       ­keine Unbekannte im Garten. Das Kraut schmeckt mild,
        ausgesät werden können und – anders                         leicht erbsenartig bis nussig. Der Name ist übrigens
        als die im Profi-Anbau oft verwendeten                      ­Programm: Vögel mögen sie und der eine oder die andere
        F1-Hybriden – die Folgegenerationen                          glaubt, dass Hühner nach dem Picken von Vogelmiere
        die Eigenschaften beibehalten.                               mehr Eier legen.

ENERGIESCHUB
Wächst’s im Hochbeet nicht mehr so üppig?
Das liegt vermutlich am Nährstoffverbrauch
der vorjährigen Pflanzen, insbesondere von
Starkzehrern. Darum sollte nach dem Lockern
der oberen Erdschicht – kein Umstechen! – gute                             1                    2                          3
Komposterde und organischer Dünger nach­
gefüllt werden. Übrigens: Der Grund für das
Absinken der Erde des Hochbeets liegt in sei-
nen unteren Schichten. Sie ­bestehen aus orga-
                                                                                                                            © Adobe Stock

nischem Material, das allmählich verrottet. Das
Füllmaterial sollte daher circa alle fünf bis
sechs Jahre ersetzt werden.                                                          4                     5

                                                                                         PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021           11
Rachel Watkins ist passionier-                                                   Do it
                                                           te Gärtnerin. Die Britin lebt                                                   yourself
                                                           seit zwei Jahren in der Schweiz
                                                           und nutzt ihren Garten gerne                      GÜLLENREZEPT
                                                           als Experimentierfeld. Im
                                                                                                             Die Herstellung der eigenen Jauche zur
                                                           Pflanzenfreund berichtet sie
                                                           von ihren Erfahrungen.
                                                                                                             Kräftigung, zum Schutz oder zur Dün-
                                                                                                             gung ist einfach.

                                                                                                             1 
                                                                                                               Man nehme ein Behältnis (nicht aus
© Katharina Nüesch

                                                                                                                  Metall), suche einen strategisch güns-
                                                                                                                  tigen Platz, wo die Gülle vor sich hin
                                                                                                                  stinken darf.

                                                                                                             2    
                                                                                                                  Pflanzen sammeln, bevor sie Samen
                                                                                                                  zeigen und zerkleinert ins Gefäss ge-
                                                                                                                  ben.

                                                                                                             3    
                                                                                                                  Mit Wasser auffüllen – idealerweise
                                                                                                                  Regenwasser. Umrühren und so zu-
                                                                                                                  decken, dass Sauerstoff dazu gelangt.

                     RACHEL’S WORLD                                                                          4    
                                                                                                                  Täglich einmal umrühren.

                     Letzten Frühling stiess ich im «Chuchichäschtli» (this                                  Fertig ist die Gülle nach rund zwei Wo-
                     strange Swiss word!) auf Kichererbsen, meine Lieblings-                                 chen, wenn sich keine Blasen (oder
                     hülsenfrucht. Warum nicht mal säen, dachte ich, und                                     Schaum beim Beinwell) mehr z­ eigen.
                     steckte fünf Erbsen in einen Topf. Und boom! – nach sie-                                Mit Wasser verdünnen* und Gemüse
                     ben Tagen zeigten sich junge Pflänzchen. Weil sie frost-                                pro Woche einmal damit giessen. Ideale
                     empfindlich sind, habe ich sie erst Ende Mai ins Freie ge-                              Jauchepflanzen sind:
                     pflanzt. Die Ausbeute pro Pflanze zehn Wochen später                                    — Brennnessel: als Universaldünger, ins-
                     fiel wenig üppig aus: kaum genug für ein Curry, geschwei-                                  besondere für Starkzehrer (*1:10)
                     ge denn für ein Schüsselchen Hummus. Jede Pflanze                                       — Beinwell zum Anregen der Früchte­
                     macht nur etwa vier bis fünf Schoten, die ein bis drei Erb-                                bildung bei Beeren und Obstgehölzen
                     sen enthalten. Das schreckt mich nicht davon ab, dieses                                    und zur Düngung stark zehrender
                     Jahr wieder «Chickpeas» anzubauen – ein guter, sonniger                                    ­Gemüse und Blumen (*1:10)
                     Platz für 25 Pflanzen ist bereits reserviert. Das sollte für                            — Schachtelhalm zur Stärkung gegen
                     ein paar Curries und sogar Hummus reichen.                                                  Pilzbefall wie Mehltau (*1:5)
                        Tipp: Vorkultur in Töpfen, bei einer Raumtemperatur
                     von ca. 20 °C. Vor dem Auspflanzen die Setzlinge abhär-
                     ten: tagsüber an einen geschützten, schattigen Platz stel-
                     len. Nach den Eisheiligen im Abstand von 20 cm / Reihen:
                     30 cm ins Freie pflanzen; bei Kälte mit Vlies schützen.
                     ­Kichererbsen werden bis 60 cm hoch. Ernte: nach zirka
                      zwei bis drei Monaten, wenn sich die Hülsen gelb gefärbt
                      haben. Die Pflanzen dann bodeneben abschneiden und
                      zum Nachreifen umgekehrt aufhängen. Die Hülsenfrüchte
                      bevorzugen einen nährstoffarmen, lockeren Boden.

                     Nichts zu kichern
                                                                                             © Adobe Stock

                     Der Name «Kichererbse» wurde im Mittelalter aus dem
                     Lateinischen Cicer arietinum zu kiker abgeleitet, woraus
                     schliesslich Kichererbse entstand. Ganz ähnlich wie im
                     Englischen, wo aus Cicer chick wurde; in beiden Sprachen
                     eigentlich die Erbsen-Erbse.

                     12   APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
A R B E ITE N I M A P R I L         Saisontipps

                                                                  SCHNECKENALARM

                                                © Carmen Hocker
                                                                  Zu den wenig geschätzten Gartenbewohnern gehören
                                                                  Schnecken, tragen sie nicht gerade hübsche Häuser wie
                                                                  die Weinberg- oder die Schnirkelschnecke. Vergessen geht
                                                                  dabei oft, dass sie nicht mit der Absicht uns zu ärgern in
                                                                  die Beete ziehen, sondern durchaus nützlich sind: Neben
                                                                  zartem Salat fressen sie auch schwache, kranke oder ver-
                                                                  wesende Pflanzenteile sowie tote Tiere, zersetzen Pflan-
                                                                  zenreste und helfen so bei der Humusbildung mit. Eigent-
                                                                  lich toll.
MYSTERIÖSES SCHWALBEN-
SCHWANZSTERBEN                                                    Nun gut, alles ist eine Frage des Masses. Verschiedene
Die Raupenkrankheit mit dem Namen                                 natürliche Abwehrstrategien, am besten in Kombination,
Schlaffsucht oder Flacherie befällt Insekten-                     helfen, gefrässige Nacktschnecken auf ein beschauliches
larven nach einer Infektion mit dem Bacillus                      Mass zu reduzieren:
thuringiensis. Dieser gelangt von der Erde                        — Schutzstreifen aus Sägemehl, Kalk, Eierschalen, Split,
über die Wurzeln mit dem Pflanzensaft in                            Spreu oder Holzwolle
die Zweige. Die verschiedenen Unterarten                          — am Beetrand Kräuter wie Lavendel, Majoran, Salbei
des Bazillus produzieren über 200 unter-                            und Thymian
schiedliche sogenannte Bt-Toxine, die spezi-                      — Pflanzen wählen, die aufgrund behaarter Blätter und
fisch bei bestimmten Insekten wie beim                              Stacheln von Schnecken gemieden werden
Schwalbenschwanzschmetterling tödlich                             — Schneckenzäune und -krägen
wirken. Für alle anderen sind sie harmlos.                        — «Schneckenfalle 007» – ein Ufo-ähnlicher mit
Fenchel und Weinraute beispielsweise neh-                           Lockstoffen gefüllter Untersatz mit Deckel
men den Bazillus auf, um die Wurzeln vor                            (→ www.schneckenfalle.ch)
Schädigungen durch Insekten im Boden zu                           — Regelmässiges Einsammeln; eventuell Bretter auslegen,
bewahren. Weder bei der Produktion der                              ­unter denen sie gerne verweilen
Pflanzen noch bei der Haltung der Raupen                          — Schneckengelege, beispielsweise im Kompost, entfernen
kann etwas dagegen getan werden. Sobald                           — Förderung natürlicher Feinde wie Blindschleichen,
man die schlaffen Raupen bemerkt, ist es                             ­Kröten und Igel mit entsprechenden Strukturen
meist zu spät. Der Tipp von Schmetterlings-                       — Laufenten; sie vertilgen Schnecken mit grossem
experte Marc de Roche: Raupen mit Durch-                            Appetit. Es ist sogar möglich, welche zu mieten (Rent
fall sofort auf neue Pflanzen setzen und                            en Ent)
ebenfalls gesund scheinende Raupen um­
platzieren. Mehrjährige infizierte Pflanzen
sind übrigens in den Folgejahren frei von
diesem Bazillus.
                                                                                                                                    © Adobe Stock

                                                                                          PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021       13
A R B E ITE N I M A P R I L          Saisontipps

FRECHSPATZ UND
MAUERSEGLER
Ungeachtet des Zwecks, nämlich
den tausenden von Kilometern
angeflogenen Mauerseglern eine
Nistgelegenheit zu bieten, bezie-
hen Frechspatzen oft schon Mo-

                                                                               © Stefan Gessl
nate vor deren Eintreffen (Ende
April) die entsprechenden Kästen.
Ornithologen entwarnen: Akzep-
tieren die eleganten, superschnel-
                                                                                                  Kolumne
len Flieger die Nistgelegenheit, so
haben die Spatzen meistens das
Nachsehen. Für den Hausfrieden
könnte man dem Haussperling
eine Alternative offerieren. Es
                                                                    Charaktersache
muss ja nicht gleich ein Segler­                            Wir wissen, dass fruchtbare Erde, Hu-              Lehm- oder Tonboden ist nährstoff-
kasten sein.                                                musaufbau und organischer Dünger                  reich und speichert viel Wasser, neigt
                                                            für das biologische Gärtnern wichtig              aber zum Verdichten. Deshalb Sand
                                                            sind. Aber die allererste Frage, die wir          untermischen, mit der «No Dig»-
                                                            uns zu stellen haben, ist: Welchen                Methode lockern sowie Gesteinsmehl
                                                            Charakter hat mein Boden?                         und organisches Material einarbeiten.
                                                                Er ist ausschlaggebend dafür, wie                Sandboden erwärmt sich im Früh-
                 © Katharina Nüesch

                                                            erfüllend das Ernteglück in Ihrem                 jahr sehr schnell. Das lieben Paprika,
                                                            Garten künftig sein wird. Dabei ist               Chilis und Knoblauch. Auch Kräuter.
                                                            man nicht rein dem Schicksal ausge-               Wenn allerdings lange kein Regen
                                                            liefert. Jede Gärtnerin kann einiges              fällt, trocknet Sandboden schnell
                                      © mauritius images

                                                            dazu beitragen. Je besser Sie die                 aus. Kompost und regelmässig organi-
                                                            ­Eigenschaften des Bodens kennen,                 schen Dünger einarbeiten ist hier das
                                                             desto gezielter können Sie die richti-           Aufbauprogramm. Dann klappt es
                                                             gen Pflanzen wählen, die richtige                auch mit dem Sandboden.
                                                             Düngermethode und die Bodenbear-                     
     FUCHS, HAST DU ...                                      beitung entsprechend anpassen.                   Wurströllchenmethode
     ... den Schuh gestohlen? Mit                               Nebenbei: Ein häufig verwendeter              Nehmen Sie feuchte Erde in die Hand
     der Anwesenheit des Kultur-                             Begriff ist momentan der «No Dig                 – wenn kein Röllchen gelingt, ist es
     folgers verschwinden immer                              Garden». Es hat sich herumgespro-                ein sandiger Boden, wenn es gelingt,
     mal wieder Schuhe oder an-                              chen, dass im Garten nicht mehr um-              ist es ein tonhaltiger Boden.
     dere Gegenstände. Die Mütter                            gegraben werden soll. Stattdessen                    Die einfachste Methode, um den
     bringen sie den Jungen als                              sticht man lediglich mit einer Art Gra-          Gehalt an unterschiedlichen Mineral-
     «Spielzeug» zum Bau, womit                              begabel in den Boden und wippt hin               stoffen gezielt zu bestimmen, ist eine
     sie wichtige Verhaltensweisen                           und her, um ihn zu lüften. Das pas-              Bodenprobe. Das kann ich jedem
     fürs spätere Leben üben. Wei-                           siert nur in den oberen Schich-                  wärmstens empfehlen. Dabei lernt
     tere Mutmassungen zur Ent-                              ten. Denn ein wichtiger Grundsatz                man enorm viel über seinen eigenen
     führung von Schuhen: der                                beim biologischen Gärtnern ist, die              Boden, mit seinen Spurenelementen
     Schweiss respektive das Salz,                           Mikroorganismen und Bodenmitar-                  und Mineralstoffen und beginnt, den
     das daran klebt, soll Meister                           beiter in Ruhe zu lassen und lediglich           Charakter des Bodens zu verstehen.
     Reinecke gut schmecken.                                 Luft hineinzubringen.
     Aber Achtung: Obwohl gerade                                Zurück zum Typ: Die Frage ist, ob             Autorin:
     Jungtiere süss und kuschelig                            es ein humushaltiger, ein sandiger,
     aussehen, sind sie Wildtiere.                           oder ein lehmiger Boden ist.                     Angelika Ertl
     Deshalb sollten wir sie weder                              Humoser Boden ist nährstoffreich.             Den Nährboden für ihre Leidenschaft
     füttern noch sonst anlocken.                            Er muss lediglich durchlüftet wer-               bildete der elterliche Gartenbaube­-
                                                                                                              trieb, den sie leitet. Angelika Ertl ist
     → www.fuchsratgeber.ch                                  den. Für Starkzehrer herrlich geeig-
                                                                                                              ORF-Biogärtnerin, Autorin und
                                                             net. Kohl, Kürbis und Co. sind                   Unternehmerin.
                                                             happy.

14   APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
SA AT - U N D P FLA N Z K A LE N D E R           April 2021

Mondkalender
Hier finden Sie monatlich eine gekürzte        Die Pflanzen werden in vier Gruppen             8. bis 10. 8h Blatttage im Obsigend:
Version aus dem Appenzeller «Saat-             eingeteilt: Erde – Wurzel, Licht – Blüte,       Brennnessel, Kresse und Löwenzahn
und Pflanzkalender 2021 – Gärtnern             Wasser – Blatt, Wärme – Frucht. Im              ernten.
                                               Kalender finden Sie die Zeichen dafür,
nach Mondlauf und Tierkreiszeichen».
                                               welche Tage für welche Pflanzenart              12. 20h bis 15. 9h Stier-Tage im Ob-
                                               besonders güns­tig sind:                        sigend: Erdschädlinge wie Erdraupen,
                                                                                               ­Werren etc. bekämpfen.
April                                               Zu den Wurzelpflanzen gehören
Donnerstag     1     • 8h                            z. B.: Radieschen, Randen, Sellerie,      20. 8h bis 22. 15h Löwen-Tage im
                                                     Schwarzwurzeln, Karotten, Rettich,        Nidsigend: Wiese ansäen, Fruchtgemü-
Freitag        2              !                      Kartoffeln und Zwiebeln.                  se wie Tomaten, Mais, Gurken, Zucchetti
Samstag        3       10 h                    •	Zu den Blattpflanzen gehören z. B.:          ansäen oder auspflanzen.
                                                     Alle Blattsalatsorten, Spinat, Lauch,
Sonntag        4              !   •12.03, •          Kohlarten und Blattkräuter.               24. 18h bis 26. 18h Waage-Tage im
Montag         5      15 h •                   •	Zu den Blütenpflanzen gehören                Nidsigend: Nach dem Rasenmähen soll
                                                    z. B.: Alle Blumen.                        das Gras weniger schnell wachsen.
Dienstag       6           •                         Zu den Fruchtpflanzen gehören
Mittwoch       7    • 23 h •                          z. B.: Erbsen, Bohnen, Tomaten,          27. Mond erdnah: Günstig zum Dün-
                                                      Gurken, Zucchetti, Kürbisse, alle        gen.
Donnerstag     8           •                          Getreidearten, Obstbäume und
Freitag        9           •                          Beerensträucher.                         28. bis 18h Skorpion-Tag im abneh-
                                               ! 	Achten Sie besonders auf die kriti-        menden Mond und nidsigend: B  ­ lumen,
Samstag       10     • 8h                           schen Tage.                                Heilkräuter, Kopfsalat und Kohlgewäch-
Sonntag       11                                 	Die grün markierten Kalender-               se säen, p
                                                                                                        ­ ikieren, pflegen.
                                                    tage sind besonders günstige Pflanz-
Montag        12       20 h           ● 4.31        tage zum Säen, Setzen,                     30. Beliebter Tag für das Stecken von
Dienstag      13                                    Umtopfen (absteigender Mond).              Bohnen und Erbsen (Maiabend).

Mittwoch      14                    •erdfern       Mondzeichen                                 2., 4., 16., 18., 29. Kritische Tage.
Donnerstag 15           9h •                   ○   Vollmond
                                               •   Letztes Viertel
Freitag       16              !
                                               ●   Neumond
Samstag       17    • 21 h •                   •   Erstes Viertel
                                               •   Obsigend, aufsteigend
Sonntag       18              !           •    •   Nidsigend, absteigend
Montag        19            •                  •   Abstand zur Erde

Dienstag      20     • 8h             •8.59
Mittwoch      21                               1. bis 3., 19. bis 30. Im Nidsigend Blatt-,
                                               Blüten-, Wurzel- und Fruchtgemüse an
Donnerstag 22          15 h                    den ihnen entsprechenden Tagen säen,
Freitag       23                               pikieren oder pflanzen.

Samstag       24      18 h •                   1. bis 11., 28. bis 30. Abnehmender                         Saat- und
Sonntag       25           •                   Mond zum Zurückschneiden aller
                                               Pflanzen sowie für das Ansetzen des
                                                                                                        Pflanzkalender
Montag        26    • 18 h •                   Komposts günstig.                                            → verlagshaus-
Dienstag      27           • • 5.32,•erdn.                                                                 schwellbrunn.ch
                                               5. bis 17. Obsigend eignet sich für die
Mittwoch      28    • 18 h                     Fassung von Quellen; für die Veredlung
Donnerstag 29                 !                von Obstbäumen sind Fruchttage (10. 8h
                                               bis 12. 20h) vorzuziehen.
Freitag       30       18 h

                                                                                           PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021              15
© Mauritius Images
     An die Kiste,
                fertig – pflanzen!
                    Im April beginnt die Balkongartensaison: Jetzt können wir Kisten und Kübel
                     einsäen und mit aromatischen Kräutern, gesundem Gemüse und insekten-
                              freundlichen ­Blumen bestücken. Text und Bilder: Melanie Öhlenbach

                    Der Frühling ist in diesen Tagen nicht      Wildpflanzen zu entdecken! Ziehen Sie Gewäch-
                    zu übersehen und nicht zu überhören:        se, die es fertig nicht zu kaufen gibt.
                    Spatzen, Amseln und Meisen pfeifen
                    ihn fröhlich-verliebt von Dächern und       Praktische Jungpflanzen
                    Bäumen. Die Sonne lockt frisches Grün       Für einen schnellen Effekt sorgen jetzt die Jung-
                    aus dem erwärmten Boden. Und Bienen         pflanzen. Frühlingsblüher wie Hornveilchen,
                    besuchen emsig die Blüten der Früh-         Gänseblümchen und vorgetriebene Narzissen
                    lingsblüher.                                füllen die Kästen mit ­farbenfrohen Blüten.
                    Auch für den Balkongarten ist es nun an     ­Mediterrane Kräuter wie Salbei, Rosmarin und
                    der Zeit, den Winterschlaf zu beenden.       Thymian sorgen die ganze Saison hindurch für
                    Lassen Sie uns pflanzen und säen, bevor      Mittelmeerflair. Minze und Melisse liefern Zu­
                    die Balkonmöbel ihren festen Sommer-         taten für erfrischende Getränke. Und Salate,
               1    platz einnehmen.                             Kohlrabi und Fenchel 3 machen Lust auf die
                                                                 erste Gemüseernte.
                         Besonderes Saatgut
                          Im Handel ist die Auswahl an Jung-    Mein Tipp: Wässern Sie die Setzlinge vor dem
                          pflanzen begrenzt. Aussergewöhn-      Pflanzen gut. Grundsätzlich werden sie genauso
                          liche, traditionelle und regionale    tief gepflanzt, wie sie zuvor standen; Salat etwas
                          Sorten wie bunter Mangold 1 ,         höher. Teilen sich mehrere Gewächse ein Gefäss,
                          Neuseeländer Spinat, Guter Hein-      auf ausreichend Abstand achten. Die Lücken
                          rich und Bremer Scheerkohl (auch      werden sich bald schliessen.
                          in der CH erhältlich) gehören nicht
                   2      zum Standardsortiment. Wer sie
                          im Balkongarten nicht missen will,
            muss in der Regel selbst aussäen. Auch Ringel-
            blumen 2 , Kornblumen und Borretsch, Radies-
            chen, Zuckererbsen und Möhren gibt es in der
            Regel nur als Saatgut.

            Mein Tipp: Nutzen Sie Ihren Balkon, um die viel-
            fältige Welt der Kräuter, Gemüse, Blumen und                               3

16   APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
G Ä RTN E R N O H N E G A RTE N             An die Kiste, fertig – pflanzen!

                         Do it
                         yourself
                                                      Vertikales Palettenhochbeet
                                   Aus einer einfachen Palette können Sie mit we-
                                   nig Aufwand ein Hochbeet bauen. Diese schma-
                                    le, mehrstöckige Variante passt problemlos auf
                                   den Balkon – als vertikaler Wandschmuck oder
                                         als grüner Sichtschutz am Geländer.
                                                                                                          5

                                                       1
                                    Stellen Sie die sauber
                                    geschmirgelte Palette
                                   hochkant auf. Die ein-              vier Löcher in den
      Vielfalt fördern             zelnen Fächer sind fast           ­ oden! So kann über-
                                                                     B
ProSpecieRara setzt sich für         fertig: Palettenfüsse          schüssiges Giesswasser
den Erhalt von Pflanzen und         und Bodenbrett die-                abfliessen und Ihre
die Vermehrung von Saatgut          nen als Seitenwände.             Pflanzen stehen nicht
ein, das im Handel nicht            Sie müssen nur noch                  in nasser Erde.
­erhältlich ist und zu ver-         den Boden ergänzen!

                                                                               3
 schwinden droht.                   Einfach eine passend
→ www.prospecierara.ch                gesägte Latte oder
                                      Leisten festnageln
                                    oder -schrauben. Um              Stellen Sie das fertige
  Torffreie Blumenerde                                                                              6
                                   das vertikale Pflanzen-              Hochbeet windge-
Gute Pflanzenerde muss kei-         regal zu stabilisieren,         schützt auf 6 und be-
nen Torf enthalten. Kräuter,       können Sie unter dem              festigen Sie es, damit
Blumen und Gemüse gedei-             untersten Fach zwei              es nicht umfällt. Die
hen auch in Substraten, die        Kanthölzer anbringen.            Fächer mit Erde füllen
auf Kompost, Rindenhumus                                            und bepflanzen. Ideal

                                                       2
und Holzfasern basieren.                                               sind Gewächse, die
                                                                      ­genügsam sind und
                                                                     deren Wurzeln wenig
     Vorausschauend                  Legen Sie die Fächer           Platz brauchen: Sukku-
Jetzt ist es an der Zeit, in der     wahlweise mit Folie             lenten wie Hauswurz
Wohnung auf einer hellen             aus 5 , um das Holz            sowie Wild- und Zier-
Fensterbank Zucchini 4 vor-          vor Feuchtigkeit zu             blumen 7 wie Duft­
zuziehen.                           schützen. Ganz wich-             wicke, Hornveilchen,
                                   tig: Bohren Sie drei bis          Kornblume, Portulak­
                                                                        röschen, Lein und
                                                                         Kokardenblume.                   7
                            4

                                                                    Melanie Öhlenbach hat ein grünes Herz und
                                                                       einen grünen Daumen. Die freiberufliche
                                                                          Gartenjournalistin und Buchautorin
                                                                       schreibt auf ihrem Blog Kistengrün über
                                   © Kerstin Rolfes

                                                                     ­ihren sechs Quadratmeter grossen Stadt-
                                                                     balkon, auf dem jedes Jahr rund 50 unter-
                                                                       schiedliche Sorten an Kräutern, Gemüse,
                                                                             Blumen und Obst gedeihen.
                                                                                   → www.kistengruen.de

                                                                                         PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021   17
Niemals wurde mit grösserer
                                      Begeisterung Unkraut gezupft
                                      oder Feldsalat gezogen. In der
                                      neuen Serie «Szenenwechsel»
                                      porträtieren wir Menschen, die
                                      mit ihren inspirierenden Ideen
                                      die traditionelle Gartenwelt
                                      aufmischen.

18   APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
Serie «Szenenwechsel»

                       Wie ein Gangsta
         die Welt das Gärtnern lehrt
        Begonnen hat seine Geschichte mit der Suche nach Schönheit und ein paar Gemüsepflanzen vor der
         Haustüre. Heute ist der Künstler, Designer und «Gangsta Gardener» Ron Finley ein globales Phäno-
         men. Er hat gezeigt, dass Gärtnern ein politischer, ein revolutionärer Akt ist. Seine Botschaft: Denkt
         grösser, denkt freier. Und vor allem: gärtnert. Denn Gärtnern kann die Welt retten. Text: Judith Supper

               Als Teenager hat Ron Finley die Rasenflächen sei-        schwachen Vierteln wie South Central LA keine Su-
               ner Nachbarn gemäht, heute verwandelt er brach-          permärkte gibt. «Stattdessen werden die Areale mit
               liegende Grundstücke und Grünstreifen entlang            Junk-Food-Ketten, Spirituosenläden, Dollar-Stores
               von Strassen in gemeinschaftlich genutzte Lebens-        sowie Dialyse-Zentren zugepflastert und mit Beton-
               mitteloasen. Damit hat er eine globale Bewegung          flächen versiegelt. In meiner Nachbarschaft ist Fast
               in Gang gesetzt. Er gilt als Provokateur, Trendsetter,   Food billiger als Obst und Gemüse.» Aber wer arm
               Pionier; Medien wie die Los Angeles Times, The           ist, kann sich nur das schnelle Essen für wenig Geld
               Guardian, NBC oder The New York Times haben              leisten. «Das Resultat sind chronische Krankheiten
               über ihn berichtet.                                      und Fettleibigkeit – und damit steigende medizini-
                  Ron Finleys Aufstand begann vor zehn Jahren.          sche Kosten.» Fünfmal höher als im kaum 13 Kilo-
               Ohne Erlaubnis pflanzte er Blumen und Gemüse             meter entfernten Beverly Hills sei die Fettleibig-
               auf den Grünstreifen vor seinem Haus in South            keitsrate in seiner Nachbarschaft. Wie Pilze seien
               Central LA, einem Stadtteil der Millionenstadt Los       die Apotheken und Krankenhäuser in den letzten
               Angeles. 2013 erzählte er davon in den TED-Talks         Jahren aus dem Boden geschossen. «Die Menschen
               – Expertengespräche aus Bereichen wie Bildung,           sterben häufiger an heilbaren Krankheiten als an
               Wirtschaft oder Wissenschaft, von denen die              der Bandenkriminalität. Unser Lebensmittelsystem
               besten als Videos kostenlos ins Netz gestellt wer-       ist rassistisch, und zwar mit System.» Für Ron Fin-
               den. Das Video ging viral; 3,5 Millionen Menschen        ley war klar: Das muss sich ändern. «My ­design to
               sahen es.                                                change the design», sein Schlachtruf, auf deutsch:
                                                                        «Mein Anliegen ist es, dieses Muster zu durch­
               Gesundes Essen als soziale Frage                         brechen».
               «In South Central LA ist es leichter an illegale Dro-
               gen zu kommen, als an gesundes Gemüse», sagt             Ein Haftbefehl für Gemüseanbau
               Ron Finley. «Wer einen frischen Bio-Apfel kaufen         Direkt auf dem 3x45 Meter grossen Grünstreifen
               will, muss mit dem Auto 45 Minuten lang fahren.»         vor seinem Haus startete die Revolution. «Ich woll-
               Denn Hautfarbe, soziale Schicht und Einkommens-          te endlich etwas Schönes sehen und riechen», sagt
               verhältnis entscheiden darüber, was man isst – und       er. Also pflanzte er Bananenstauden, Agapanthus,
               darüber, wie gesund man isst. Die wenigsten Men-         Jasmin und Lavendel; Kürbis, Grünkohl und Son-
               schen würden wissen, dass es in einkommens-              nenblumen. Und vieles mehr. Doch auch wenn

Links: «Mein Ziel ist es,
eine Gartenrevolution zu entfachen,
in der Gärtnern ‹Gangsta› ist,
in der gute Luft ‹Gangsta› ist,
wo fruchtbare Erde ‹Gangsta› ist.»

                                                                                           PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021      19
PO RTR ÄT         Szenenwechsel

                                                                                              «Wenn Kinder Grünkohl
                                                                                              ­anbauen, essen sie Grün-
                                                                                               kohl; wenn sie Tomaten an-
                                                                                               bauen, essen sie Tomaten»,
                                                                                               sagt Ron Finley.

       die Anwohner die Nutzungsfreiheit über diese so-           Eine horti-kulturelle Revolution
       genannten Parkways haben, liegt die Kontrolle in           Doch das Ron-Finley-Projekt hat erst begonnen.
       den Händen der Stadt. Ron Finleys nach Jasmin              «Mein Ziel ist es, eine Gartenrevolution zu entfa-
       duftender Garten entsprach nicht den städtischen           chen, in der Gärtnern ’Gangsta’ ist, in der gute Luft
       Verordnungen. Es kam zu einer Beschwerde, der              ’Gangsta’ ist, wo fruchtbare Erde ’Gangsta’ ist.» In
       Haftbefehl folgte. Also reichte Finley eine hundert-       dieser veränderten Werte-Perspektive würden
       fach unterzeichnete Petition für das Recht ein, zu         schon junge Kinder ihre Ernährung kennen; frische
       gärtnern und eigenes Essen anzubauen. Die Stadt            Lebensmittel stünden nicht ein paar wenigen, son-
       ­lenkte ein; das Gärtnern auf dem Parkway wurde            dern ganzen Gemeinschaften zur Verfügung. Ihr
      ­legalisiert.                                               Anbau wäre ein Akt der Emanzipation. Denn
             Heute geht Ron Finley mit Stolz durch die Stras-     ­zwischen Äpfeln, Birnen und Kohlköpfen ist die
        sen seines Quartiers. Überall sind Gemeinschafts-          Freiheit das Wichtigste, was Ron Finley kultiviert.
        gärten entstanden, in denen es grünt und gedeiht.          «Freiheit in unseren Köpfen. Die Menschen müssen
        Passanten sind ausdrücklich dazu aufgerufen, sich          wieder lernen, Essbares zu pflanzen, denn nur das
        an den Früchten zu bedienen. Er zeigt den Kindern          macht sie frei.»
        aus der Nachbarschaft, wie sie gesunde Lebens­             Inzwischen reist Ron Finley um die ganze Welt –
        mittel ohne Pestizide anbauen können, weckt ihre           oder wird es wieder machen, sobald die Corona-Kri-
        ­Begeisterung für das, was die Natur frei zur Ver­         se es möglich macht – besucht soziale Gartenprojek-
         fügung stellt. Oft ist es das erste Mal, dass sie eine    te, informiert, hält Vorträge. Seine Tutorials in der
         ­Karotte sehen. Eine von ihm gegründete Freiwilli-        «MasterClass» einer US-amerikanischen Online-Bil-
          gengruppe unterstützt andere Einwohner von               dungsplattform, in der renommierte Personen Stu-
          ­South Central LA dabei, ihre Rasenflächen in ess­       denten Zugang zu Vorlesungen bieten, gehören zu
           bare Gärten zu verwandeln.                              den beliebtesten – womit er andere Referenten wie

20   APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
Oben links: Es spriesst in jedem Behälter, der als Pflanztopf geeignet
                                             ist. Oben rechts: Was das Ron-Finley-Projekt erreichen will: Über
                                             gesunde Ernährung und die Vorteile der Selbstversorgung aufklären.
                                             Links: Im Fokus dabei sind die Kinder. Unten rechts: Je vielfältiger
                                             die Anzucht von Gemüse, umso mehr Spass bereitet die Ernte.

den Regisseur Martin Scorsese, die Schauspielerin
Natalie Portman oder den Koch Yotam Ottolenghi
weit hinter sich lässt. Einfach indem er zeigt, wie
man durchs Anpflanzen von Gemüse Freiheit sät.
Kann Gärtnern die Welt verändern? Mehr als das,
antwortet der Gangsta Gardener. «Gärtnern ist die
Lösung, um sie zu retten.»

    Noch mehr Lesenswertes über Ron Finley:
→ http://ronfinley.com

 In unserem nächsten «Szenenwechsel» berichten
 wir über Nicole Aebli, Rangerin im Wildnispark
­Sihlwald.

                                                                               PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021         21
Wie kann die Lebensqualität in einer sich stetig
verdichtenden Stadt erhalten bleiben? Wie sieht
unsere lebens- und liebens­werte Stadt morgen
aus? Solchen Fragen sind die Verantwortlichen
von GrünStadt Z ­ ürich nachgegangen, um bei-
spielhafte L
           ­ ösungen zu entwickeln. Ein Auszug
aus dem Magazin zur Ausstellung «Grün am Bau»
von Grün Stadt Zürich mit den beiden Teilen
«Grüne Dächer und Fassaden für Zürich» in der
Stadtgärtnerei und «Wie Pflanzen den Raum
­erobern» in der Sukkulenten-Sammlung Zürich.
                       Ausstellungs- und Auftragsverantwortliche:
                       GrünStadt Zürich / Ausstellungs­konzept,
                       visuelle Gestaltung und Illustrationen: Grön-
                       landbasel / Zeichnungen: Andreas Gefe /
                       Autor der Geschichte: Noyau!
Wissen

Grün am Bau
MEHR GRÜN —
MEHR LEBENSQUALITÄT
 Grünräume bieten einen erholsamen Kont-
 rast zur bebauten Umwelt. Sie erhöhen die
 Lebensqualität und tragen zu unserer kör-
 perlichen und seelischen Gesundheit bei.
 Eine Mehrheit der Bevölkerung fühlt sich in
 einer Umgebung mit hoher Artenvielfalt be-
 sonders wohl. Wie die BiodiverCity-Befra-
 gung von 2007/2008 (www.biodivercity.ch)
 zeigte, ist für 70 % der Befragten die Nähe zu
 Grünräumen ein wichtiger Faktor bei der
 Wahl ihres Wohnortes. Zudem sind 41% der
 Meinung, dass ihre Wohnumgebung mit
 mehr Natur noch deutlich wertvoller würde.
 Wo Gärten, Parkanlagen oder Alleen fehlen,
 kann diese Wirkung bis zu einem gewissen
 Grad mit Gebäudebegrünungen erzielt
­werden.

                                                  KÜHLUNG DANK GRÜN
                                                  Städte sind wärmer als ihr Umland. Dies
                                                  wirkt sich auch auf uns Menschen aus. Um
                                                  optimal zu funktionieren, strebt unser
                                                  ­Körper eine konstante Kerntemperatur von
                                                   etwa 37 °C an. Dabei steht er in Wechsel-
                                                   wirkung mit seiner Umwelt: Lufttempera-
                                                   tur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit
                                                   und Sonneneinstrahlung beeinflussen
                                                   ­seinen Wärmehaushalt. Die Gesamtheit
                                                    dieser Faktoren ergibt die sogenannte ge-
                                                    fühlte Temperatur. Steigt diese auf über
                                                    26 °C, spricht man von einer moderaten bis
                                                    starken Wärmebelastung des Körpers. Ge-
                                                    mäss Berechnungen dürfte diese bis 2035
                                                    in den Sommermonaten noch bis zu 10 %
                                                    zunehmen. Umso wichtiger sind Massnah-
                                                    men, um das Stadtklima abzukühlen oder
                                                    zumindest zu stabilisieren.

                                                       PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021        23
W I SS E N   Grün am Bau

       NATUR AUF DEM DACH
       UND AN DER FASSADE
       Jedes begrünte Dach, jede begrünte Haus-
       wand bildet eine Art «Lebensrauminsel».
       Je grösser und vielgestaltiger diese ist, desto                    BREITES BLÜTENANGEBOT
       mehr Pflanzen- und Tierarten leben darin.                          Viele einheimische Pflanzen bieten mit ihrem
                                                                          Nektar und Pollen, mit Blattwerk und Früchten
                                                                          die Nahrungsgrundlage für viele Tiere, die bei
                                                                          uns ansässig sind. Manche Insekten sind derart
                                                                          spezialisiert, dass sie bei ihrer Nahrungssuche
                                                                          auf ganz bestimmte Pflanzenarten angewiesen
                                                                          sind. Eine grosse Anzahl Insekten wiederum ist
                                                                          wichtig, um Pflanzen zu bestäuben und damit
                                                                          auch Spinnen, Vögel und Fledermäuse genug
                                                                          Nahrung haben. Einen Beitrag zur Förderung
                                                                          der Biodiversität zu leisten lohnt sich nicht nur
                                                                          aus ökologischer, sondern auch aus ästheti-
                                                                          scher Sicht. Mit einer möglichst breiten Blüten-
                                                                          palette stellen Sie sicher, dass von Frühling bis
                                                                          Herbst genügend Nahrung vorhanden ist.

                                               VERNETZUNG IST ALLES
                                               Liegen die Inseln isoliert und weit auseinander, haben weniger mobile
                                               ­Arten Mühe, von benachbarten Grünflächen her einzuwandern – es sei
                                                denn, sie sind flugfähig wie etwa Vögel, Fledermäuse, manche Insekten
                                                oder Pflanzen mit Flugsamen. Sind die Grünflächen jedoch näher beisam-
BIOLOGISCHE VIELFALT                            men oder gar mit «grünen Korridoren» untereinander verbunden, können
Auch Wandbegrünungen können                     auch mehr Arten sie besiedeln. Damit werden selbst kleine Naturinseln
mithelfen, den Verlust an natürlichen           für die biologische Vielfalt wertvoll: Untereinander und mit grösseren
Lebensräumen zu kompensieren. Ihre              Grünflächen vernetzt, bieten solche «Trittstein-Biotope» vielen Arten die
Wirkung auf die biologische Vielfalt            Chance, einen für sie geeigneten Lebensraum zu finden. Unter günstigen
ist im Vergleich zu begrünten Dä-               ­Umständen können begrünte Dächer und Fassaden diese Funktion erfüllen.
chern allerdings geringer. Trotzdem
stellen sie willkommenen Ersatz­
lebensraum und Nahrungsquellen
dar. So bieten sie verschiedenen                               KLEINE STRUKTUREN
Vogel­arten, insbesondere Busch- und                           FÜR KLEINE TIERE
Baumbrütern, geeignete Nist- und                               Der Lebensraum für Käfer, Schmetterlinge,
Brutplätze an. Vögel und Fledermäu-                            Wildbienen, Heuschrecken und Spinnen, aber
se profitieren von den Insekten und                            auch Vögel und Reptilien kann mit Kleinstruk-
Spinnen, die gerne in den Kletter-                             turen erheblich aufgewertet werden. Dazu ge-
pflanzen l­ eben. Je dicker und vielfälti-                     hören Asthaufen, Wurzelstöcke und dickeres
ger die Pflanzenschicht an der Wand,                           Totholz; offene Sandinseln, Wandkiesbereiche
desto mehr Arten können sie nutzen.                            und Steinhaufen; stehengelassene Pflanzen-
                                                               stängel oder Feucht- und Wasserstellen. Eine
                                                               Kombination verschiedener Substratmateria­
                                                               lien und Schichtdicken, ein abwechslungs­
                                                               reiches Relief sowie Kleinstrukturen erhöhen
                                                               die Vielfalt an Kleinlebensräumen.

24   APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
DIE ART DER BEGRÜNUNG
                                                  SO ENTSTEHT VIELFALT
                                                    Extensive Dachbegrünungen sind nährstoffarm: Auf einem
                                                    verhältnismässig dünnnen Wurzelgrund (Substrat) mit ge-
                                                  ringem Humusanteil wächst eine Gemeinschaft spezialisier-
                                                  ter, meist eher kleinwüchsiger Pflanzenarten, die auf nähr-
                                                  stoffreicheren Flächen nicht konkurrenzfähig wären. Mit der
                                                  Zeit entwickelt sich eine standorttypische, sich selbst regulie-
                                                  rende Pflanzengemeinschaft, die nur wenig Pflege benötigt.
                                                  Intensive Dachbegrünungen sind nährstoffreich: Die Sub­
                                                  stratschicht ist in der Regel dick und hat einen höheren Hu-
                                                  musanteil, was eine üppige Bepflanzung mit Sträuchern und
                                                  sogar Bäumen erlaubt. Wie in einem konventionellen Garten
                                                  ist auch der Anbau von Nutzpflanzen möglich, was aber
                                                  ­einen entsprechend erhöhten Arbeitsaufwand erfordert.
                                                   ­Zudem stellt das Gewicht der gesamten Anlage höhere An­
                                                    forderungen an die Tragkraft des Gebäudes.

                                                                    SUBSTRAT
                                                                    BODENART UND
                                                                    ZUSAMMENSETZUNG
                                                                    Entscheidend für den Erfolg einer Begrünung
                                                                    ist der Boden, in dem die Pflanzen wurzeln.
                                                                    Um einen dauerhaften, überlebensfähigen Be-
                                                                    wuchs zu erhalten, muss das Substrat genü-
                                                                    gend Wasser und Nährstoffe speichern können.
SUBSTRAT                                                            Im Handel erhältliche Mischungen bestehen
SCHICHTDICKE UND                                                    beispielsweise aus Ziegelschrot oder einem
VERTEILUNG                                                          ­Lava-Bims-Gemisch. Um einen geschlossenen
Je dicker die Substratschicht, desto mehr Was-                       Bewuchs und eine grössere Pflanzenvielfalt zu
ser vermag sie aufzunehmen und es braucht                            ermöglichen, wird meist ein geringer Anteil
länger bis sie austrocknet. Der Wurzelraum ist                       Kompost beigemischt.
grösser und die Temperatur ausgeglichener,
wodurch sich eine artenreichere Vegetation
entwickeln kann. Tiere und Pflanzen überste-
hen darin Trockenperioden und Frostzeiten
besser. Wird das Substrat unregelmässig hoch
aufgeschichtet, entsteht eine grössere Vielfalt
der Vegetation. Grössere flache Partien mit we-          1
nig Substrat (Schichtdicke ca. 8–10 cm) können
an statisch geeigneten Stellen mit unterschied-
lich geformten Hügelbereichen (Schichtdicke
30 cm) kombiniert werden. Bedingt durch die              2
variable Einstrahlung der Sonne, durch Reflek-
tion und Wärmespeicherung entsteht ein diffe-
renziertes Mikroklima, das verschiedenen Vege-       1 Pflanzen:
tationsformen zugute kommt: In den flacheren         — wachsen höher            — wachsen niedrig
Partien etwa wachsen Moos-Sedum-Kraut-­              — wachsen dichter          — wachsen lückig
Gesellschaften, in den Hügelbereichen wiesen-        — viele Arten              — wenige Arten
artige Gras- und Kräuterbestände.
                                                     2 Substrat:
                                                     — bleibt länger feucht     — trocknet rasch aus
                                                     — mehr Wurzelraum          — wenig Wurzelraum

                                                                              PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021         25
Oben: Solaranlagen und Dachbegrünungen schliessen sich nicht aus. Eine Kombination bringt Vorteile sowohl für die Natur als
        auch für die Energieproduktion: Einerseits werden mit der Installation einer Solaranlage auf den ansonsten voll besonnten Flä-
       chen auch schattige, feuchtere Stellen geschaffen, die sich günstig auf die Artenvielfalt auswirken. Andererseits wird die Effizienz
           von Fotovoltaikanlagen durch den Kühleffekt, der durch die Wasserverdunstung der Pflanzen entsteht, leicht verbessert.

26   APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
W I SS E N    Grün am Bau

                                                                                   Links: Bei der
                                                                                   bodengebundenen
                                                                                   Begrünung wachsen
                                                                                   die Pflanzen direkt
                                                                                   aus dem Boden. Damit
                                                                                   dies möglich ist,
                                                                                   braucht es nahe der
                                                                                   Gebäudewand eine
                                                                                   genügend grosse,
                                                                                   unversiegelte Fläche
                                                                                   als Wurzelraum.

                                       Rechts: Bei der wand-
                                          gebundenen Begrü-
                                           nungsform werden
                                        an der Hauswand, an
                                      Balkonen oder speziel-
                                      len Gerüsten Substrat-
                                       träger angebracht, die
                                        bepflanzt werden. Da
                                        hierbei keine Boden­
                                         fläche benötigt wird,
                                          eignet sich diese Art
                                      der Begrünung beson-
                                      ders gut für den inner-
                                          städtischen Bereich.

                                                                                          Unten: Pflanzen mit Flugsamen bilden
                                                                                          meistens besonders viele Samen aus, da
                                                                                          ihre Ausbreitung und Richtung sich nicht
                   «Begrünte Dächer und Fassaden                                          steuern lässt.
                   sind als ‹Trittsteine› wichtig.
                   Sie verbinden bestehende Lebens­
                   räume und locken Lebewesen an.»
                   Gabriela Wyss, Leiterin Sukkulenten-­Sammlung Zürich

Links: In einem Dachgarten lassen sich neben
Blumen und Ziersträuchern auch Nutzpflanzen
anbauen. Da der Wind auf Dächern meist stärker
weht als in Bodennähe, eignen sich niedrigwüch-
sige Sorten von Kräutern und Gemüse besonders
gut. Bei hochwüchsigen Arten und Kletterpflanzen
wie z. B. Bohnen und Gurken müssen die Stützen
genügend stabil und gut verankert sein. Falls
eine intensive Be­pflanzung gewünscht ist, muss
vorgängig die Tragkraft des Gebäudes abgeklärt
werden. Zudem lohnt es sich, einen Wasser­
anschluss, besser noch ein Bewässerungssystem,
einzuplanen.

                                                                                            PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021           27
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