Pflanzenfreund - Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt 18
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Pflanzenfreund informiert, reflektiert, inspiriert, engagiert – seit 1900 Pflanzenfreund April 2021, Nr. 4 22 Grün auf allen Ebenen 34 Tierisch gute 18 Quartierplanung Wie ein CHF 7.80 Gangsta die Welt 04 das Gärtnern lehrt 276006 9 772673
© Germination: 1 à 2 jours dans de l’eau à ~20 °C jusqu’à ce que le germe soit visible. EU Norm/Sélection – Standardsaatgut Auspflanzen: Mit Wurzel nach unten, 0,5–1 cm tief in die Erde setzen und zudecken. CBD la plus riche en substance active et se distingue par une teneur en terpènes La varietà FENOMED è conosciuta come la tipologia di cannabis con il maggior La sorte FENOMED est connue comme étant la sorte de cannabis à dominante Germinazione: 1–2 giorni in acqua, finché il germoglio è visibile a ~20° C. Die Sorte FENOMED ist als wirkstoffreichste CBD-dominante Cannabissorte principio attivo dominante CBD e presenta un profilo terpenico aromatico. Keimdauer: 1–2 Tage in Wasser, bis Keimling sichtbar bei ~20 °C. Ihr Spezialist für optimale bekannt und weist ein aromatisches Terpenprofil auf. Wachstums- bedingungen Contenuto: 3 Samen FENOMED FM1 Contenu:: 3 Samen FENOMED FM1 Online-Shop Inhalt: 3 Samen FENOMED FM1 bb-shop.ch Herkunft/Origine/Origine: CH, EU Zusammen mit Fenocan Phytogenetics lancieren wir 6 THC- Persönliche Beratung Neuh arme - < 1% - aber CBD oder CBG reiche Cannabissorten als Samen. Die Pflanzen produzieren mehr als 99% weibliche Blü- 071 973 80 40 aromatique. eit ten, sind robust, für In- und Outdoor geeignet und die Samen haben eine extrem hohe Keimfähigkeit. Sämtliches Saatgut ist Brühwiler Maschinen AG zu 100% frei von GVO. Weitere Informationen finden Sie auf den Hauptstrasse 1 Graspapier-Samentüten oder der dazu erhältlichen Broschüre. CH-8362 Balterswil info@bruehwiler.com www.bruehwiler.com zenfreund 04_2021.indd 1 09.02.2021 17:11:46 BEWEGUNGSFREIHEIT OHNE KABEL ƒ Akku-Rasenmäher Den Akku-Rasenmäher, der am besten zu Ihnen und Ihrem Garten passt, finden Sie bei STIHL. Ob leicht und leistungsstark oder kompakt und kraftvoll: Mit den Kraftpaketen sind Sie mühelos in Ihrem Garten unterwegs. Das ist Akku-Power by STIHL. ⬤ Kabellos ⬤ Emissionslos ⬤ Geräuscharm Exklusiv bei Ihrem Fachhändler MEHR AUF stihl.ch
E D ITO R I A L Grüne Eroberung Liebe Leserin, lieber Leser Sie besiedeln freie Ritzen, jede Unebenheit an Fassaden oder Mauern, halten sich mit ihren Haftwurzeln an Baumstämmen fest und begrünen die Vertikale sowie die Horizontale in der Stadt. Die Rede ist von Pflanzen, die klettern, sich winden oder von A nach B kriechen. Manche unter ihnen – wie die Gemeine Waldrebe – verbreiten sich mit dem Wind, wobei ihre schwanzartig verlänger- ten, behaarten Griffel als Flugorgan dienen (ab Seite 22). Auch wir Menschen können dazu beitragen, dass Pflanzen neuen Lebensraum finden. Melanie Öhlenbach zeigt, wie sich aus Paletten ein platzsparendes Hoch- beet für Kletterpflanzen auf dem Balkon bauen lässt (Seite 17). Der «Gangsta- Gärtner» Ron Finley kultiviert auf Grünstreifen in Los Angeles Gemüse mit dem Ziel, eine horti-kulturelle R evolution auszulösen (Seite 18). Eine Forschergruppe in Deutschland hat Grundlagen für Bauprojekte im Sied- lungsraum erarbeitet, welche die Anforderungen einheimischer Tiere in Einklang mit dem Lebensraum des Menschen ins Visier nimmt (Seite 34). Wie eine funktionierende Interaktion zwischen Flora und Fauna aussieht, erklärt Ihnen Jonas Landolt auf einer unserer Pflanzenfreund-Exkursionen (Seite 41). Wer mit ihm einmal draussen unterwegs war, wird den Garten und die Natur mit anderen Augen wahrnehmen. Ihre Redaktion Vorschau In unserem nächs- ten Heft spielen Pil- Tanja Keller ze die Hauptrolle: redaktion@pflanzenfreund.ch als Wildlinge des Waldes, Leibwächter und Botschafterin- nen, als essbare Stadtpilze, aber auch als Para- siten. Und Erwin Meier-Honegger philosophiert darüber, warum ZUM TITELBILD Den die meist wertvollen Verbündeten leeren Swimmingpool in solch einen schlechten Ruf haben. seinem Hinterhofgarten nutzt Ron Finley als Anbaufläche. Während des 2020-Lockdowns wusste er die Ernte aus dem eigenen Garten besonders zu schätzen. PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 3
24 7 WIE WÜRDEN SIE ENTSCHEIDEN? Lassen Sie sich begeistern. Wann immer Sie wollen. 24 Stunden, 7 Tage die Woche in Nänikon. Persönliche Beratung während den Büro-Öffungszeiten. Besuchen Sie unsere Gartenbau-Ausstellung für Natursteine, Bodenbeläge und Mauersysteme. Hug Baustoffe AG | Grossrietstrasse 12 | CH–8606 Nänikon | +41 44 905 97 00 | info@hug-baustoffe.ch | www.hug-baustoffe.ch 1 CHF 30.– günstiger als im Einzelverkauf s t d as u Leselze Jahr 2 gan Monatlicher Newsletter / eu nd.ch mit Tipps sowie grünen fl a n zenfr Ein- und Aussichten p abo 3 Workshops, Ausflüge und Reisen für Abonnent*innen ✁ Oder Talon ausgefüllt senden an: Verlag «Pflanzenfreund», Kreuzstrasse 2, 8635 Dürnten □ Jahresabo 10 Ausgaben für Fr. 48.– □ Probeabo 4 Ausgaben für Fr. 19.– (Preise inkl. Versand) Vorname, Nachname Strasse PLZ, Wohnort E-Mail Datum / Unterschrift
10 30 18 Impressum 16 «Pflanzenfreund», 121. Jahrgang, Nr. 4 (April 2021), Preis: Fr. 7.80, erscheint 10x jährlich Auflage 26 000 Exemplare 39 Herausgeber Inhalt Verlag «Pflanzenfreund», c / o Ernst Meier AG, Kreuzstrasse 2, 8635 Dürnten, www.pflanzenfreund.ch Geschäftsleiter Erwin Meier-Honegger Verlagsleiter Jean-Pierre Ritler, jpr@pflanzenfreund.ch Redaktionsleiterin Tanja Keller, INSPIRATIONEN WISSEN keller@pflanzenfreund.ch 6 Kletterer mit kleinem 22 Grün am Bau Redaktionelle Mitarbeit Ivo Eugster (Text und Bild), Fussabdruck 30 Mythos grüner Daumen Carmen Hocker (Text und Produktion) 34 Grün und lebendig – redaktion@pflanzenfreund.ch Anzeigen KünzlerBachmann Verlag AG, ARBEITEN IM Städte als Lebensraum Vieler Olaf Aperdannier, Tel. +41 71 314 04 79, APRIL o.aperdannier@kueba.ch 10 Saisontipps ENGAGEMENT Abonnement/Leserservice Tel. +41 55 251 71 71 14 Kolumne 39 Pflanzenfreund-Exkursionen: www.pflanzenfreund.ch /abo, 15 Saat- und Interaktion von Tieren und abo@pflanzenfreund.ch Jahresabonnement Fr. 48.– Pflanzkalender Pflanzen Gestaltung Claudia Neuenschwander GÄRTNERN FAUNA IM FOKUS Lithographie/ Layout Media Concept Schweiz AG, Eschenbach SG OHNE GARTEN 42 Pelzige Frühlingsboten Korrektorat Schellenberg Druck AG, 16 An die Kiste, fertig – Pfäffikon ZH pflanzen! GRÜNE AGENDA Druck PMC, Oetwil am See ZH Papier Refutura GSM FSC®, (100 % Alt- 48 Pflanzenfreund-Reise papier, «Blauer Engel» zertifiziert) PERSÖNLICH in die Toskana 18 Szenenwechsel: Wie ein Gangsta die Welt STANDPUNKTE das Gärtnern lehrt 49 Zum wilden Gärtner – Dem Lesefluss zuliebe beschränken wir uns nicht auf die neutrale oder wo Pflanzenfreund auf gendergerechte Form mit *. Unsere Gärtnerin trifft Autorinnen und Journalisten dürfen spielerisch mit der Sprache umgehen. PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 5
Inspirationen Clematis montana Kletterer ’Wilsonii’ mit kleinem Fussabdruck Clematis viticella ’John Treasure’ Sie berühren kaum den Boden, denn sie streben direkt nach dem Austrieb nach Höherem. Manche von ihnen wachsen in einer Saison gar über sich hinaus: Kletter- pflanzen. Kein Garten ist so klein, dass nicht noch das eine oder andere Exemplar darin Platz finden würde: Die leere Wand eines Gartenschopfs, ein Pergola pfosten oder eine noch freie Fläche am Obstspalier warten nur darauf, begrünt zu werden. Egal, ob an der Sonne oder im Schatten, Kletterpflanzen gibt es für Clematis viticella ganz unterschiedliche Standorte. Mit etwas Geschick ’Confetti’ bei der Auswahl begleiten ihre Blüten und ihr Duft uns über viele Monate, vom zeitigen Frühjahr bis in den Herbst hinein. Beginnend mit der Winterhecken kirsche, über die vielseitige Italienische Waldrebe im Sommer bis hin zum Gemeinen Efeu. Seine gelben Blüten erscheinen erst im Herbst, um im darauf folgen- den Frühjahr Früchte zu tragen – eine einheimische Kletterpflanze, die wertvolle Insektenweide und Vogel- schutzgehölz in einem ist. Texte und Bilder: Carmen Hocker Fruchtstand der Clematis viticella ’Confetti’ PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 7
Ein Ziel vor Augen Ab und zu sieht man in Gärten einen Rosenbogen, der ohne Bezug in der Wiese steht und dadurch et- was verloren wirkt. Damit er sich harmonisch ein- fügt, sollte er eine Funktion erfüllen. So kann er am Eingang ein Gartentor überspannen oder eine lau- schige Nische, auf die ein Weg zuführt. Je tiefer er ist, umso mehr vermittelt er ein Raumgefühl. Nicht umsonst gibt es in britischen Parkanlagen oft ausla- dende Laubengänge mit mehreren Bogen hinterei- nander. Zudem empfiehlt sich die Wahl eines stabi- len Gerüsts aus dauerhaftem Material wie pulver- beschichteter Stahl oder Rohstahl, dessen Rostton mit den Pflanzen verschmilzt. Eine dunkle Kletter- hilfe ist übrigens besser als eine helle, da sie op- tisch in den Hintergrund tritt. Der Bogen rechts wird von Rosen und Clematis berankt. Die beiden Blüten gehören zur Italienischen Waldrebe der Sorte ’Huldine’ (Porträt siehe rechte Seite). Übergangslösung Wer neu in ein Haus mit Garten einzieht, möchte vielleicht zuerst eine Saison warten und die Gege- benheiten vor Ort beobachten. Um den Boden zu lockern und ihm Nährstoffe zuzuführen, eignet sich eine Gründüngung. Für punktuelle Höhenele- mente lassen sich aus Weide Tipis flechten, an die man einjährige Wicken setzt. Je mehr Stängel man für die Vase schneidet, umso üppiger blühen sie nach. Die zweifarbige Duftwicke ’Matucana’ (Lathy- rus odoratus) ist eine historische ProSpecieRara- Sorte, die bereits im 17. Jahrhundert von einem si- zilianischen Mönch nach England gebracht wurde. 8 APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
I N S P I R ATI O N E N Kletterer mit kleinem Fussabdruck Duftendes Spalier Den meisten Gärtnerinnen ist die Winterhecken- kirsche (Lonicera x purpusii ’Winter Beauty’) als etwas sparriger Strauch bekannt. Setzt man sie jedoch als Jungpflanze, lässt sie sich bereitwillig zu einem Fächerspalier erziehen. Am besten eignet sich dazu eine Rankhilfe aus Metallseilen, an die man die Triebe mit Gartenschnur anbindet. Länge- re Seitentriebe werden im Herbst regelmässig ge- kürzt, um die Form zu erhalten. Die duftenden, cremeweissen, rosa überhauchten Blüten erschei- nen je nach Standort von Dezember bis März und verströmen im Vorbeigehen einen zarten Duft. Man sollte die Pflanze unbedingt an einem Weg oder am besten am Hauseingang pflanzen. In milden Lagen ist das Laub sogar wintergrün. DREI KLETTERKÜNSTLER IN WEISS Dunkle Partien im Garten lassen sich mit weissen Blüten aufhellen. In Form von wuchsfreudigen, blühenden Kletter- pflanzen können auf diese Weise selbst grössere Flächen begrünt und ansprechend verwandelt werden. Vanilleduft Perlmuttweiss Kulturform verströmen die Blüten der Bergwald und fast wie Satin wirken die auf der Zierlicher als die heimische Gemeine rebe Clematis montana ’Wilsonii’. Aber Unterseite lila schimmernden Blüten Waldrebe (Clematis vitalba) ist die Sor- nicht nur uns Menschen betört ihr von Clematis viticella ’Huldine’. Sie te Clematis fargesioides ’Summer Duft. Überspannt sie mit ihrer Wuchs- zählt zu den Italienischen Waldreben, Snow’/’Paul Farges’. Da ihr Charakter freude eine Pergola, ist zur Blütezeit die gut winterhart und resistent gegen an die Wildform erinnert, ist sie auch ein einziges Summen und Brummen die Clematiswelke sind. Noch lange in einem kleinen naturnahen Garten zu vernehmen. Ihr dunkles, gesundes bevor die Blüten erscheinen, treibt ein willkommener Gast. Im Frühjahr Laub spendet noch über viele Monate ’Huldine’ zahlreiche, dunkelgrüne Blät- schneidet man die Pflanze auf ca. angenehmen Schatten. Ein Rück- ter aus. Manchmal kommt man mit 30 cm zurück. In nur einer Garten schnitt ist nicht nötig, es sei denn, dem Anbinden gar nicht nach. Und im saison erklimmt sie an Drahtseilen man möchte das Laubdach etwas Februar wird die Pflanze einfach auf oder einem Holzspalier problemlos luftiger haben. ca. 30 cm zurückgeschnitten. grössere Flächen. Blütezeit: Juni/Juli Blütezeit: Juli–September Blütezeit: Juni–August Blütengrösse: 3–5 cm Blütengrösse: 8–10 cm Blütengrösse: 2–3 cm Wuchshöhe: 7–12 m Wuchshöhe: 4–5 m Wuchshöhe: 4–6 m PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 9
Arbeiten im April Saisontipps Texte: Katharina Nüesch © Adobe Stock OH DU SCHÖNE! Baptisia australis – die Indigolupine oder Färberhülse – ist eine wenig bekannte Schönheit mit Herkunft Nordamerika. © Carmen Hocker Die langlebige, bis 100 Zentimeter hohe, mit der Lupine verwandte Staude ist eine Bienen- und Augenweide mit hüb- schen blau-violetten Schmetterlingsblü- ten. Zudem ist die Leguminose pflege- NACHBARN, DIE SICH MÖGEN leicht und klimagerecht, da mit tiefen Bei Pflanzen ist es wie bei den Menschen: Gewisse mögen Pfahlwurzeln ausgerüstet. Sie liebt einen sich, andere sind sich gleichgültig, dritte gehen einander sonnigen Standort und sandigen Boden. auf die Nerven. Wie im Leben, so im Gemüsebeet: Eine Wie der deutsche Name verrät, handelt Mischkultur mit Partnern, die zusammenpassen, ist es sich bei Baptisia um eine Färberpflan- ertragreicher, die Pflanzen sind robuster und weniger ze; das graugrüne Laub liefert ein wun- anfällig gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Auch derschönes Indigoblau. die Nährstoffkonkurrenz ist geringer, da die Pflanzen un- terschiedliche Bedürfnisse haben. Mischkulturtabellen – im Web oder als Flyer im Fachhandel – geben Auskunft. © mauritius images EINHEIMISCHE IM PORTRÄT Die Schachbrettblume, auch Perlhuhn-Schachblu- me (Fritillaria meleagris) genannt, wäre bei einem Schönheitswettbewerb sicher eine Hauptkandida- tin. Kein Wunder also, ist die Wildform Ausgangs- punkt für etliche Züchtungen, die sich im Frühling in Garten und Töpfen grosser Beliebtheit erfreuen. Das purpur-weiss gemusterte Liliengewächs ge- deiht in feuchten Wiesen und blüht von April bis Mai. Ein bekannter Naturstandort befindet sich an schöner Wanderstrecke entlang des Doubs beim Flachmoor «Les Goudebas» im Kanton Neuenburg. 10 APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
A R B E ITE N I M A P R I L Saisontipps WILDSAISON Der April ist der Wildkräutermonat schlechthin. Die jun- gen Wilden sind jetzt als Beigabe zu Salaten besonders lecker und erst noch gesund, reinigend, Leber und Lebens- geister stärkend. Damit die Wirkung nicht gegenteilig ausfällt, sollte man die Kräuter identifizieren können. Fünf einfache Beispiele: Löwenzahn 1 (Taraxacum officinale) Die zarten Blätter des jungen Löwenzahns – im Volks- mund auch Chrottepösche oder Saublume genannt – sind © Adobe Stock äusserst gesund, was wissenschaftlich belegt ist. Das weit verbreitete Wildkraut ist blutreinigend und regt den Stoff- wechsel an. Aromatisch und leicht bitter im Geschmack. Sauerampfer 2 (Rumex acetosa) Die in unseren Wiesen weit verbreitete Pflanze enthält besonders viel Vitamin C. Sie bereichert Salate mit einem säuerlichen Geschmack, sollte aber in geringen Mengen genossen werden. Wie der verwandte Rhabarber enthält sie Oxalsäure, die in hohen Dosen ungesund ist. Schafgarbe 3 (Achillea millefolium) DIREKTSAAT Die zarten, filigranen Blätter der Wiesenpflanze sind aro- ODER SETZLINGE? matisch und leicht bitter. Sie haben einen hohen Kalium- Vorteile haben beide. Setzlinge sind gehalt, was die Nierentätigkeit anregt. Das ideale Kraut für weniger zeitaufwendig. Man kauft nur die Frühlingskur. so viele wie benötigt und entdeckt in der Giersch /Baumtropfen 4 (Aegopodium podagraria) Gärtnerei vielleicht die eine oder andere Obwohl im Hausgarten wenig geliebt, weil wüchsig und zusätzliche Sorte. Aus Samen gezogene mühsam zu jäten, punktet der Giersch mit reichem Gehalt Pflanzen sind günstiger und in der Regel an Vitaminen und Mineralstoffen. Er wirkt basisch, ent robuster, weil sie sich von klein auf an giftend und kurbelt den Stoffwechsel an. Der Geschmack Umgebung und Witterungseinflüsse erinnert leicht an Peterli oder Spinat. angepasst haben. Wer mit Freude aussät, Vogelmiere 5 (Stellaria media) achtet auf sortenechtes Saatgut. Sorten- Reich an Vitaminen und Mineralstoffen sind Stängel, echt oder samenfest bedeutet, dass die Blättchen und Blüten der filigranen Pflanze – auch sie Samen einer ersten Generation wieder keine Unbekannte im Garten. Das Kraut schmeckt mild, ausgesät werden können und – anders leicht erbsenartig bis nussig. Der Name ist übrigens als die im Profi-Anbau oft verwendeten Programm: Vögel mögen sie und der eine oder die andere F1-Hybriden – die Folgegenerationen glaubt, dass Hühner nach dem Picken von Vogelmiere die Eigenschaften beibehalten. mehr Eier legen. ENERGIESCHUB Wächst’s im Hochbeet nicht mehr so üppig? Das liegt vermutlich am Nährstoffverbrauch der vorjährigen Pflanzen, insbesondere von Starkzehrern. Darum sollte nach dem Lockern der oberen Erdschicht – kein Umstechen! – gute 1 2 3 Komposterde und organischer Dünger nach gefüllt werden. Übrigens: Der Grund für das Absinken der Erde des Hochbeets liegt in sei- nen unteren Schichten. Sie bestehen aus orga- © Adobe Stock nischem Material, das allmählich verrottet. Das Füllmaterial sollte daher circa alle fünf bis sechs Jahre ersetzt werden. 4 5 PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 11
Rachel Watkins ist passionier- Do it te Gärtnerin. Die Britin lebt yourself seit zwei Jahren in der Schweiz und nutzt ihren Garten gerne GÜLLENREZEPT als Experimentierfeld. Im Die Herstellung der eigenen Jauche zur Pflanzenfreund berichtet sie von ihren Erfahrungen. Kräftigung, zum Schutz oder zur Dün- gung ist einfach. 1 Man nehme ein Behältnis (nicht aus © Katharina Nüesch Metall), suche einen strategisch güns- tigen Platz, wo die Gülle vor sich hin stinken darf. 2 Pflanzen sammeln, bevor sie Samen zeigen und zerkleinert ins Gefäss ge- ben. 3 Mit Wasser auffüllen – idealerweise Regenwasser. Umrühren und so zu- decken, dass Sauerstoff dazu gelangt. RACHEL’S WORLD 4 Täglich einmal umrühren. Letzten Frühling stiess ich im «Chuchichäschtli» (this Fertig ist die Gülle nach rund zwei Wo- strange Swiss word!) auf Kichererbsen, meine Lieblings- chen, wenn sich keine Blasen (oder hülsenfrucht. Warum nicht mal säen, dachte ich, und Schaum beim Beinwell) mehr z eigen. steckte fünf Erbsen in einen Topf. Und boom! – nach sie- Mit Wasser verdünnen* und Gemüse ben Tagen zeigten sich junge Pflänzchen. Weil sie frost- pro Woche einmal damit giessen. Ideale empfindlich sind, habe ich sie erst Ende Mai ins Freie ge- Jauchepflanzen sind: pflanzt. Die Ausbeute pro Pflanze zehn Wochen später — Brennnessel: als Universaldünger, ins- fiel wenig üppig aus: kaum genug für ein Curry, geschwei- besondere für Starkzehrer (*1:10) ge denn für ein Schüsselchen Hummus. Jede Pflanze — Beinwell zum Anregen der Früchte macht nur etwa vier bis fünf Schoten, die ein bis drei Erb- bildung bei Beeren und Obstgehölzen sen enthalten. Das schreckt mich nicht davon ab, dieses und zur Düngung stark zehrender Jahr wieder «Chickpeas» anzubauen – ein guter, sonniger Gemüse und Blumen (*1:10) Platz für 25 Pflanzen ist bereits reserviert. Das sollte für — Schachtelhalm zur Stärkung gegen ein paar Curries und sogar Hummus reichen. Pilzbefall wie Mehltau (*1:5) Tipp: Vorkultur in Töpfen, bei einer Raumtemperatur von ca. 20 °C. Vor dem Auspflanzen die Setzlinge abhär- ten: tagsüber an einen geschützten, schattigen Platz stel- len. Nach den Eisheiligen im Abstand von 20 cm / Reihen: 30 cm ins Freie pflanzen; bei Kälte mit Vlies schützen. Kichererbsen werden bis 60 cm hoch. Ernte: nach zirka zwei bis drei Monaten, wenn sich die Hülsen gelb gefärbt haben. Die Pflanzen dann bodeneben abschneiden und zum Nachreifen umgekehrt aufhängen. Die Hülsenfrüchte bevorzugen einen nährstoffarmen, lockeren Boden. Nichts zu kichern © Adobe Stock Der Name «Kichererbse» wurde im Mittelalter aus dem Lateinischen Cicer arietinum zu kiker abgeleitet, woraus schliesslich Kichererbse entstand. Ganz ähnlich wie im Englischen, wo aus Cicer chick wurde; in beiden Sprachen eigentlich die Erbsen-Erbse. 12 APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
A R B E ITE N I M A P R I L Saisontipps SCHNECKENALARM © Carmen Hocker Zu den wenig geschätzten Gartenbewohnern gehören Schnecken, tragen sie nicht gerade hübsche Häuser wie die Weinberg- oder die Schnirkelschnecke. Vergessen geht dabei oft, dass sie nicht mit der Absicht uns zu ärgern in die Beete ziehen, sondern durchaus nützlich sind: Neben zartem Salat fressen sie auch schwache, kranke oder ver- wesende Pflanzenteile sowie tote Tiere, zersetzen Pflan- zenreste und helfen so bei der Humusbildung mit. Eigent- lich toll. MYSTERIÖSES SCHWALBEN- SCHWANZSTERBEN Nun gut, alles ist eine Frage des Masses. Verschiedene Die Raupenkrankheit mit dem Namen natürliche Abwehrstrategien, am besten in Kombination, Schlaffsucht oder Flacherie befällt Insekten- helfen, gefrässige Nacktschnecken auf ein beschauliches larven nach einer Infektion mit dem Bacillus Mass zu reduzieren: thuringiensis. Dieser gelangt von der Erde — Schutzstreifen aus Sägemehl, Kalk, Eierschalen, Split, über die Wurzeln mit dem Pflanzensaft in Spreu oder Holzwolle die Zweige. Die verschiedenen Unterarten — am Beetrand Kräuter wie Lavendel, Majoran, Salbei des Bazillus produzieren über 200 unter- und Thymian schiedliche sogenannte Bt-Toxine, die spezi- — Pflanzen wählen, die aufgrund behaarter Blätter und fisch bei bestimmten Insekten wie beim Stacheln von Schnecken gemieden werden Schwalbenschwanzschmetterling tödlich — Schneckenzäune und -krägen wirken. Für alle anderen sind sie harmlos. — «Schneckenfalle 007» – ein Ufo-ähnlicher mit Fenchel und Weinraute beispielsweise neh- Lockstoffen gefüllter Untersatz mit Deckel men den Bazillus auf, um die Wurzeln vor (→ www.schneckenfalle.ch) Schädigungen durch Insekten im Boden zu — Regelmässiges Einsammeln; eventuell Bretter auslegen, bewahren. Weder bei der Produktion der unter denen sie gerne verweilen Pflanzen noch bei der Haltung der Raupen — Schneckengelege, beispielsweise im Kompost, entfernen kann etwas dagegen getan werden. Sobald — Förderung natürlicher Feinde wie Blindschleichen, man die schlaffen Raupen bemerkt, ist es Kröten und Igel mit entsprechenden Strukturen meist zu spät. Der Tipp von Schmetterlings- — Laufenten; sie vertilgen Schnecken mit grossem experte Marc de Roche: Raupen mit Durch- Appetit. Es ist sogar möglich, welche zu mieten (Rent fall sofort auf neue Pflanzen setzen und en Ent) ebenfalls gesund scheinende Raupen um platzieren. Mehrjährige infizierte Pflanzen sind übrigens in den Folgejahren frei von diesem Bazillus. © Adobe Stock PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 13
A R B E ITE N I M A P R I L Saisontipps FRECHSPATZ UND MAUERSEGLER Ungeachtet des Zwecks, nämlich den tausenden von Kilometern angeflogenen Mauerseglern eine Nistgelegenheit zu bieten, bezie- hen Frechspatzen oft schon Mo- © Stefan Gessl nate vor deren Eintreffen (Ende April) die entsprechenden Kästen. Ornithologen entwarnen: Akzep- tieren die eleganten, superschnel- Kolumne len Flieger die Nistgelegenheit, so haben die Spatzen meistens das Nachsehen. Für den Hausfrieden könnte man dem Haussperling eine Alternative offerieren. Es Charaktersache muss ja nicht gleich ein Segler Wir wissen, dass fruchtbare Erde, Hu- Lehm- oder Tonboden ist nährstoff- kasten sein. musaufbau und organischer Dünger reich und speichert viel Wasser, neigt für das biologische Gärtnern wichtig aber zum Verdichten. Deshalb Sand sind. Aber die allererste Frage, die wir untermischen, mit der «No Dig»- uns zu stellen haben, ist: Welchen Methode lockern sowie Gesteinsmehl Charakter hat mein Boden? und organisches Material einarbeiten. Er ist ausschlaggebend dafür, wie Sandboden erwärmt sich im Früh- © Katharina Nüesch erfüllend das Ernteglück in Ihrem jahr sehr schnell. Das lieben Paprika, Garten künftig sein wird. Dabei ist Chilis und Knoblauch. Auch Kräuter. man nicht rein dem Schicksal ausge- Wenn allerdings lange kein Regen liefert. Jede Gärtnerin kann einiges fällt, trocknet Sandboden schnell © mauritius images dazu beitragen. Je besser Sie die aus. Kompost und regelmässig organi- Eigenschaften des Bodens kennen, schen Dünger einarbeiten ist hier das desto gezielter können Sie die richti- Aufbauprogramm. Dann klappt es gen Pflanzen wählen, die richtige auch mit dem Sandboden. Düngermethode und die Bodenbear- FUCHS, HAST DU ... beitung entsprechend anpassen. Wurströllchenmethode ... den Schuh gestohlen? Mit Nebenbei: Ein häufig verwendeter Nehmen Sie feuchte Erde in die Hand der Anwesenheit des Kultur- Begriff ist momentan der «No Dig – wenn kein Röllchen gelingt, ist es folgers verschwinden immer Garden». Es hat sich herumgespro- ein sandiger Boden, wenn es gelingt, mal wieder Schuhe oder an- chen, dass im Garten nicht mehr um- ist es ein tonhaltiger Boden. dere Gegenstände. Die Mütter gegraben werden soll. Stattdessen Die einfachste Methode, um den bringen sie den Jungen als sticht man lediglich mit einer Art Gra- Gehalt an unterschiedlichen Mineral- «Spielzeug» zum Bau, womit begabel in den Boden und wippt hin stoffen gezielt zu bestimmen, ist eine sie wichtige Verhaltensweisen und her, um ihn zu lüften. Das pas- Bodenprobe. Das kann ich jedem fürs spätere Leben üben. Wei- siert nur in den oberen Schich- wärmstens empfehlen. Dabei lernt tere Mutmassungen zur Ent- ten. Denn ein wichtiger Grundsatz man enorm viel über seinen eigenen führung von Schuhen: der beim biologischen Gärtnern ist, die Boden, mit seinen Spurenelementen Schweiss respektive das Salz, Mikroorganismen und Bodenmitar- und Mineralstoffen und beginnt, den das daran klebt, soll Meister beiter in Ruhe zu lassen und lediglich Charakter des Bodens zu verstehen. Reinecke gut schmecken. Luft hineinzubringen. Aber Achtung: Obwohl gerade Zurück zum Typ: Die Frage ist, ob Autorin: Jungtiere süss und kuschelig es ein humushaltiger, ein sandiger, aussehen, sind sie Wildtiere. oder ein lehmiger Boden ist. Angelika Ertl Deshalb sollten wir sie weder Humoser Boden ist nährstoffreich. Den Nährboden für ihre Leidenschaft füttern noch sonst anlocken. Er muss lediglich durchlüftet wer- bildete der elterliche Gartenbaube- trieb, den sie leitet. Angelika Ertl ist → www.fuchsratgeber.ch den. Für Starkzehrer herrlich geeig- ORF-Biogärtnerin, Autorin und net. Kohl, Kürbis und Co. sind Unternehmerin. happy. 14 APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
SA AT - U N D P FLA N Z K A LE N D E R April 2021 Mondkalender Hier finden Sie monatlich eine gekürzte Die Pflanzen werden in vier Gruppen 8. bis 10. 8h Blatttage im Obsigend: Version aus dem Appenzeller «Saat- eingeteilt: Erde – Wurzel, Licht – Blüte, Brennnessel, Kresse und Löwenzahn und Pflanzkalender 2021 – Gärtnern Wasser – Blatt, Wärme – Frucht. Im ernten. Kalender finden Sie die Zeichen dafür, nach Mondlauf und Tierkreiszeichen». welche Tage für welche Pflanzenart 12. 20h bis 15. 9h Stier-Tage im Ob- besonders günstig sind: sigend: Erdschädlinge wie Erdraupen, Werren etc. bekämpfen. April Zu den Wurzelpflanzen gehören Donnerstag 1 • 8h z. B.: Radieschen, Randen, Sellerie, 20. 8h bis 22. 15h Löwen-Tage im Schwarzwurzeln, Karotten, Rettich, Nidsigend: Wiese ansäen, Fruchtgemü- Freitag 2 ! Kartoffeln und Zwiebeln. se wie Tomaten, Mais, Gurken, Zucchetti Samstag 3 10 h • Zu den Blattpflanzen gehören z. B.: ansäen oder auspflanzen. Alle Blattsalatsorten, Spinat, Lauch, Sonntag 4 ! •12.03, • Kohlarten und Blattkräuter. 24. 18h bis 26. 18h Waage-Tage im Montag 5 15 h • • Zu den Blütenpflanzen gehören Nidsigend: Nach dem Rasenmähen soll z. B.: Alle Blumen. das Gras weniger schnell wachsen. Dienstag 6 • Zu den Fruchtpflanzen gehören Mittwoch 7 • 23 h • z. B.: Erbsen, Bohnen, Tomaten, 27. Mond erdnah: Günstig zum Dün- Gurken, Zucchetti, Kürbisse, alle gen. Donnerstag 8 • Getreidearten, Obstbäume und Freitag 9 • Beerensträucher. 28. bis 18h Skorpion-Tag im abneh- ! Achten Sie besonders auf die kriti- menden Mond und nidsigend: B lumen, Samstag 10 • 8h schen Tage. Heilkräuter, Kopfsalat und Kohlgewäch- Sonntag 11 Die grün markierten Kalender- se säen, p ikieren, pflegen. tage sind besonders günstige Pflanz- Montag 12 20 h ● 4.31 tage zum Säen, Setzen, 30. Beliebter Tag für das Stecken von Dienstag 13 Umtopfen (absteigender Mond). Bohnen und Erbsen (Maiabend). Mittwoch 14 •erdfern Mondzeichen 2., 4., 16., 18., 29. Kritische Tage. Donnerstag 15 9h • ○ Vollmond • Letztes Viertel Freitag 16 ! ● Neumond Samstag 17 • 21 h • • Erstes Viertel • Obsigend, aufsteigend Sonntag 18 ! • • Nidsigend, absteigend Montag 19 • • Abstand zur Erde Dienstag 20 • 8h •8.59 Mittwoch 21 1. bis 3., 19. bis 30. Im Nidsigend Blatt-, Blüten-, Wurzel- und Fruchtgemüse an Donnerstag 22 15 h den ihnen entsprechenden Tagen säen, Freitag 23 pikieren oder pflanzen. Samstag 24 18 h • 1. bis 11., 28. bis 30. Abnehmender Saat- und Sonntag 25 • Mond zum Zurückschneiden aller Pflanzen sowie für das Ansetzen des Pflanzkalender Montag 26 • 18 h • Komposts günstig. → verlagshaus- Dienstag 27 • • 5.32,•erdn. schwellbrunn.ch 5. bis 17. Obsigend eignet sich für die Mittwoch 28 • 18 h Fassung von Quellen; für die Veredlung Donnerstag 29 ! von Obstbäumen sind Fruchttage (10. 8h bis 12. 20h) vorzuziehen. Freitag 30 18 h PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 15
© Mauritius Images An die Kiste, fertig – pflanzen! Im April beginnt die Balkongartensaison: Jetzt können wir Kisten und Kübel einsäen und mit aromatischen Kräutern, gesundem Gemüse und insekten- freundlichen Blumen bestücken. Text und Bilder: Melanie Öhlenbach Der Frühling ist in diesen Tagen nicht Wildpflanzen zu entdecken! Ziehen Sie Gewäch- zu übersehen und nicht zu überhören: se, die es fertig nicht zu kaufen gibt. Spatzen, Amseln und Meisen pfeifen ihn fröhlich-verliebt von Dächern und Praktische Jungpflanzen Bäumen. Die Sonne lockt frisches Grün Für einen schnellen Effekt sorgen jetzt die Jung- aus dem erwärmten Boden. Und Bienen pflanzen. Frühlingsblüher wie Hornveilchen, besuchen emsig die Blüten der Früh- Gänseblümchen und vorgetriebene Narzissen lingsblüher. füllen die Kästen mit farbenfrohen Blüten. Auch für den Balkongarten ist es nun an Mediterrane Kräuter wie Salbei, Rosmarin und der Zeit, den Winterschlaf zu beenden. Thymian sorgen die ganze Saison hindurch für Lassen Sie uns pflanzen und säen, bevor Mittelmeerflair. Minze und Melisse liefern Zu die Balkonmöbel ihren festen Sommer- taten für erfrischende Getränke. Und Salate, 1 platz einnehmen. Kohlrabi und Fenchel 3 machen Lust auf die erste Gemüseernte. Besonderes Saatgut Im Handel ist die Auswahl an Jung- Mein Tipp: Wässern Sie die Setzlinge vor dem pflanzen begrenzt. Aussergewöhn- Pflanzen gut. Grundsätzlich werden sie genauso liche, traditionelle und regionale tief gepflanzt, wie sie zuvor standen; Salat etwas Sorten wie bunter Mangold 1 , höher. Teilen sich mehrere Gewächse ein Gefäss, Neuseeländer Spinat, Guter Hein- auf ausreichend Abstand achten. Die Lücken rich und Bremer Scheerkohl (auch werden sich bald schliessen. in der CH erhältlich) gehören nicht 2 zum Standardsortiment. Wer sie im Balkongarten nicht missen will, muss in der Regel selbst aussäen. Auch Ringel- blumen 2 , Kornblumen und Borretsch, Radies- chen, Zuckererbsen und Möhren gibt es in der Regel nur als Saatgut. Mein Tipp: Nutzen Sie Ihren Balkon, um die viel- fältige Welt der Kräuter, Gemüse, Blumen und 3 16 APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
G Ä RTN E R N O H N E G A RTE N An die Kiste, fertig – pflanzen! Do it yourself Vertikales Palettenhochbeet Aus einer einfachen Palette können Sie mit we- nig Aufwand ein Hochbeet bauen. Diese schma- le, mehrstöckige Variante passt problemlos auf den Balkon – als vertikaler Wandschmuck oder als grüner Sichtschutz am Geländer. 5 1 Stellen Sie die sauber geschmirgelte Palette hochkant auf. Die ein- vier Löcher in den Vielfalt fördern zelnen Fächer sind fast oden! So kann über- B ProSpecieRara setzt sich für fertig: Palettenfüsse schüssiges Giesswasser den Erhalt von Pflanzen und und Bodenbrett die- abfliessen und Ihre die Vermehrung von Saatgut nen als Seitenwände. Pflanzen stehen nicht ein, das im Handel nicht Sie müssen nur noch in nasser Erde. erhältlich ist und zu ver- den Boden ergänzen! 3 schwinden droht. Einfach eine passend → www.prospecierara.ch gesägte Latte oder Leisten festnageln oder -schrauben. Um Stellen Sie das fertige Torffreie Blumenerde 6 das vertikale Pflanzen- Hochbeet windge- Gute Pflanzenerde muss kei- regal zu stabilisieren, schützt auf 6 und be- nen Torf enthalten. Kräuter, können Sie unter dem festigen Sie es, damit Blumen und Gemüse gedei- untersten Fach zwei es nicht umfällt. Die hen auch in Substraten, die Kanthölzer anbringen. Fächer mit Erde füllen auf Kompost, Rindenhumus und bepflanzen. Ideal 2 und Holzfasern basieren. sind Gewächse, die genügsam sind und deren Wurzeln wenig Vorausschauend Legen Sie die Fächer Platz brauchen: Sukku- Jetzt ist es an der Zeit, in der wahlweise mit Folie lenten wie Hauswurz Wohnung auf einer hellen aus 5 , um das Holz sowie Wild- und Zier- Fensterbank Zucchini 4 vor- vor Feuchtigkeit zu blumen 7 wie Duft zuziehen. schützen. Ganz wich- wicke, Hornveilchen, tig: Bohren Sie drei bis Kornblume, Portulak röschen, Lein und Kokardenblume. 7 4 Melanie Öhlenbach hat ein grünes Herz und einen grünen Daumen. Die freiberufliche Gartenjournalistin und Buchautorin schreibt auf ihrem Blog Kistengrün über © Kerstin Rolfes ihren sechs Quadratmeter grossen Stadt- balkon, auf dem jedes Jahr rund 50 unter- schiedliche Sorten an Kräutern, Gemüse, Blumen und Obst gedeihen. → www.kistengruen.de PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 17
Niemals wurde mit grösserer Begeisterung Unkraut gezupft oder Feldsalat gezogen. In der neuen Serie «Szenenwechsel» porträtieren wir Menschen, die mit ihren inspirierenden Ideen die traditionelle Gartenwelt aufmischen. 18 APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
Serie «Szenenwechsel» Wie ein Gangsta die Welt das Gärtnern lehrt Begonnen hat seine Geschichte mit der Suche nach Schönheit und ein paar Gemüsepflanzen vor der Haustüre. Heute ist der Künstler, Designer und «Gangsta Gardener» Ron Finley ein globales Phäno- men. Er hat gezeigt, dass Gärtnern ein politischer, ein revolutionärer Akt ist. Seine Botschaft: Denkt grösser, denkt freier. Und vor allem: gärtnert. Denn Gärtnern kann die Welt retten. Text: Judith Supper Als Teenager hat Ron Finley die Rasenflächen sei- schwachen Vierteln wie South Central LA keine Su- ner Nachbarn gemäht, heute verwandelt er brach- permärkte gibt. «Stattdessen werden die Areale mit liegende Grundstücke und Grünstreifen entlang Junk-Food-Ketten, Spirituosenläden, Dollar-Stores von Strassen in gemeinschaftlich genutzte Lebens- sowie Dialyse-Zentren zugepflastert und mit Beton- mitteloasen. Damit hat er eine globale Bewegung flächen versiegelt. In meiner Nachbarschaft ist Fast in Gang gesetzt. Er gilt als Provokateur, Trendsetter, Food billiger als Obst und Gemüse.» Aber wer arm Pionier; Medien wie die Los Angeles Times, The ist, kann sich nur das schnelle Essen für wenig Geld Guardian, NBC oder The New York Times haben leisten. «Das Resultat sind chronische Krankheiten über ihn berichtet. und Fettleibigkeit – und damit steigende medizini- Ron Finleys Aufstand begann vor zehn Jahren. sche Kosten.» Fünfmal höher als im kaum 13 Kilo- Ohne Erlaubnis pflanzte er Blumen und Gemüse meter entfernten Beverly Hills sei die Fettleibig- auf den Grünstreifen vor seinem Haus in South keitsrate in seiner Nachbarschaft. Wie Pilze seien Central LA, einem Stadtteil der Millionenstadt Los die Apotheken und Krankenhäuser in den letzten Angeles. 2013 erzählte er davon in den TED-Talks Jahren aus dem Boden geschossen. «Die Menschen – Expertengespräche aus Bereichen wie Bildung, sterben häufiger an heilbaren Krankheiten als an Wirtschaft oder Wissenschaft, von denen die der Bandenkriminalität. Unser Lebensmittelsystem besten als Videos kostenlos ins Netz gestellt wer- ist rassistisch, und zwar mit System.» Für Ron Fin- den. Das Video ging viral; 3,5 Millionen Menschen ley war klar: Das muss sich ändern. «My design to sahen es. change the design», sein Schlachtruf, auf deutsch: «Mein Anliegen ist es, dieses Muster zu durch Gesundes Essen als soziale Frage brechen». «In South Central LA ist es leichter an illegale Dro- gen zu kommen, als an gesundes Gemüse», sagt Ein Haftbefehl für Gemüseanbau Ron Finley. «Wer einen frischen Bio-Apfel kaufen Direkt auf dem 3x45 Meter grossen Grünstreifen will, muss mit dem Auto 45 Minuten lang fahren.» vor seinem Haus startete die Revolution. «Ich woll- Denn Hautfarbe, soziale Schicht und Einkommens- te endlich etwas Schönes sehen und riechen», sagt verhältnis entscheiden darüber, was man isst – und er. Also pflanzte er Bananenstauden, Agapanthus, darüber, wie gesund man isst. Die wenigsten Men- Jasmin und Lavendel; Kürbis, Grünkohl und Son- schen würden wissen, dass es in einkommens- nenblumen. Und vieles mehr. Doch auch wenn Links: «Mein Ziel ist es, eine Gartenrevolution zu entfachen, in der Gärtnern ‹Gangsta› ist, in der gute Luft ‹Gangsta› ist, wo fruchtbare Erde ‹Gangsta› ist.» PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 19
PO RTR ÄT Szenenwechsel «Wenn Kinder Grünkohl anbauen, essen sie Grün- kohl; wenn sie Tomaten an- bauen, essen sie Tomaten», sagt Ron Finley. die Anwohner die Nutzungsfreiheit über diese so- Eine horti-kulturelle Revolution genannten Parkways haben, liegt die Kontrolle in Doch das Ron-Finley-Projekt hat erst begonnen. den Händen der Stadt. Ron Finleys nach Jasmin «Mein Ziel ist es, eine Gartenrevolution zu entfa- duftender Garten entsprach nicht den städtischen chen, in der Gärtnern ’Gangsta’ ist, in der gute Luft Verordnungen. Es kam zu einer Beschwerde, der ’Gangsta’ ist, wo fruchtbare Erde ’Gangsta’ ist.» In Haftbefehl folgte. Also reichte Finley eine hundert- dieser veränderten Werte-Perspektive würden fach unterzeichnete Petition für das Recht ein, zu schon junge Kinder ihre Ernährung kennen; frische gärtnern und eigenes Essen anzubauen. Die Stadt Lebensmittel stünden nicht ein paar wenigen, son- lenkte ein; das Gärtnern auf dem Parkway wurde dern ganzen Gemeinschaften zur Verfügung. Ihr legalisiert. Anbau wäre ein Akt der Emanzipation. Denn Heute geht Ron Finley mit Stolz durch die Stras- zwischen Äpfeln, Birnen und Kohlköpfen ist die sen seines Quartiers. Überall sind Gemeinschafts- Freiheit das Wichtigste, was Ron Finley kultiviert. gärten entstanden, in denen es grünt und gedeiht. «Freiheit in unseren Köpfen. Die Menschen müssen Passanten sind ausdrücklich dazu aufgerufen, sich wieder lernen, Essbares zu pflanzen, denn nur das an den Früchten zu bedienen. Er zeigt den Kindern macht sie frei.» aus der Nachbarschaft, wie sie gesunde Lebens Inzwischen reist Ron Finley um die ganze Welt – mittel ohne Pestizide anbauen können, weckt ihre oder wird es wieder machen, sobald die Corona-Kri- Begeisterung für das, was die Natur frei zur Ver se es möglich macht – besucht soziale Gartenprojek- fügung stellt. Oft ist es das erste Mal, dass sie eine te, informiert, hält Vorträge. Seine Tutorials in der Karotte sehen. Eine von ihm gegründete Freiwilli- «MasterClass» einer US-amerikanischen Online-Bil- gengruppe unterstützt andere Einwohner von dungsplattform, in der renommierte Personen Stu- South Central LA dabei, ihre Rasenflächen in ess denten Zugang zu Vorlesungen bieten, gehören zu bare Gärten zu verwandeln. den beliebtesten – womit er andere Referenten wie 20 APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
Oben links: Es spriesst in jedem Behälter, der als Pflanztopf geeignet ist. Oben rechts: Was das Ron-Finley-Projekt erreichen will: Über gesunde Ernährung und die Vorteile der Selbstversorgung aufklären. Links: Im Fokus dabei sind die Kinder. Unten rechts: Je vielfältiger die Anzucht von Gemüse, umso mehr Spass bereitet die Ernte. den Regisseur Martin Scorsese, die Schauspielerin Natalie Portman oder den Koch Yotam Ottolenghi weit hinter sich lässt. Einfach indem er zeigt, wie man durchs Anpflanzen von Gemüse Freiheit sät. Kann Gärtnern die Welt verändern? Mehr als das, antwortet der Gangsta Gardener. «Gärtnern ist die Lösung, um sie zu retten.» Noch mehr Lesenswertes über Ron Finley: → http://ronfinley.com In unserem nächsten «Szenenwechsel» berichten wir über Nicole Aebli, Rangerin im Wildnispark Sihlwald. PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 21
Wie kann die Lebensqualität in einer sich stetig verdichtenden Stadt erhalten bleiben? Wie sieht unsere lebens- und liebenswerte Stadt morgen aus? Solchen Fragen sind die Verantwortlichen von GrünStadt Z ürich nachgegangen, um bei- spielhafte L ösungen zu entwickeln. Ein Auszug aus dem Magazin zur Ausstellung «Grün am Bau» von Grün Stadt Zürich mit den beiden Teilen «Grüne Dächer und Fassaden für Zürich» in der Stadtgärtnerei und «Wie Pflanzen den Raum erobern» in der Sukkulenten-Sammlung Zürich. Ausstellungs- und Auftragsverantwortliche: GrünStadt Zürich / Ausstellungskonzept, visuelle Gestaltung und Illustrationen: Grön- landbasel / Zeichnungen: Andreas Gefe / Autor der Geschichte: Noyau!
Wissen Grün am Bau MEHR GRÜN — MEHR LEBENSQUALITÄT Grünräume bieten einen erholsamen Kont- rast zur bebauten Umwelt. Sie erhöhen die Lebensqualität und tragen zu unserer kör- perlichen und seelischen Gesundheit bei. Eine Mehrheit der Bevölkerung fühlt sich in einer Umgebung mit hoher Artenvielfalt be- sonders wohl. Wie die BiodiverCity-Befra- gung von 2007/2008 (www.biodivercity.ch) zeigte, ist für 70 % der Befragten die Nähe zu Grünräumen ein wichtiger Faktor bei der Wahl ihres Wohnortes. Zudem sind 41% der Meinung, dass ihre Wohnumgebung mit mehr Natur noch deutlich wertvoller würde. Wo Gärten, Parkanlagen oder Alleen fehlen, kann diese Wirkung bis zu einem gewissen Grad mit Gebäudebegrünungen erzielt werden. KÜHLUNG DANK GRÜN Städte sind wärmer als ihr Umland. Dies wirkt sich auch auf uns Menschen aus. Um optimal zu funktionieren, strebt unser Körper eine konstante Kerntemperatur von etwa 37 °C an. Dabei steht er in Wechsel- wirkung mit seiner Umwelt: Lufttempera- tur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und Sonneneinstrahlung beeinflussen seinen Wärmehaushalt. Die Gesamtheit dieser Faktoren ergibt die sogenannte ge- fühlte Temperatur. Steigt diese auf über 26 °C, spricht man von einer moderaten bis starken Wärmebelastung des Körpers. Ge- mäss Berechnungen dürfte diese bis 2035 in den Sommermonaten noch bis zu 10 % zunehmen. Umso wichtiger sind Massnah- men, um das Stadtklima abzukühlen oder zumindest zu stabilisieren. PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 23
W I SS E N Grün am Bau NATUR AUF DEM DACH UND AN DER FASSADE Jedes begrünte Dach, jede begrünte Haus- wand bildet eine Art «Lebensrauminsel». Je grösser und vielgestaltiger diese ist, desto BREITES BLÜTENANGEBOT mehr Pflanzen- und Tierarten leben darin. Viele einheimische Pflanzen bieten mit ihrem Nektar und Pollen, mit Blattwerk und Früchten die Nahrungsgrundlage für viele Tiere, die bei uns ansässig sind. Manche Insekten sind derart spezialisiert, dass sie bei ihrer Nahrungssuche auf ganz bestimmte Pflanzenarten angewiesen sind. Eine grosse Anzahl Insekten wiederum ist wichtig, um Pflanzen zu bestäuben und damit auch Spinnen, Vögel und Fledermäuse genug Nahrung haben. Einen Beitrag zur Förderung der Biodiversität zu leisten lohnt sich nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ästheti- scher Sicht. Mit einer möglichst breiten Blüten- palette stellen Sie sicher, dass von Frühling bis Herbst genügend Nahrung vorhanden ist. VERNETZUNG IST ALLES Liegen die Inseln isoliert und weit auseinander, haben weniger mobile Arten Mühe, von benachbarten Grünflächen her einzuwandern – es sei denn, sie sind flugfähig wie etwa Vögel, Fledermäuse, manche Insekten oder Pflanzen mit Flugsamen. Sind die Grünflächen jedoch näher beisam- BIOLOGISCHE VIELFALT men oder gar mit «grünen Korridoren» untereinander verbunden, können Auch Wandbegrünungen können auch mehr Arten sie besiedeln. Damit werden selbst kleine Naturinseln mithelfen, den Verlust an natürlichen für die biologische Vielfalt wertvoll: Untereinander und mit grösseren Lebensräumen zu kompensieren. Ihre Grünflächen vernetzt, bieten solche «Trittstein-Biotope» vielen Arten die Wirkung auf die biologische Vielfalt Chance, einen für sie geeigneten Lebensraum zu finden. Unter günstigen ist im Vergleich zu begrünten Dä- Umständen können begrünte Dächer und Fassaden diese Funktion erfüllen. chern allerdings geringer. Trotzdem stellen sie willkommenen Ersatz lebensraum und Nahrungsquellen dar. So bieten sie verschiedenen KLEINE STRUKTUREN Vogelarten, insbesondere Busch- und FÜR KLEINE TIERE Baumbrütern, geeignete Nist- und Der Lebensraum für Käfer, Schmetterlinge, Brutplätze an. Vögel und Fledermäu- Wildbienen, Heuschrecken und Spinnen, aber se profitieren von den Insekten und auch Vögel und Reptilien kann mit Kleinstruk- Spinnen, die gerne in den Kletter- turen erheblich aufgewertet werden. Dazu ge- pflanzen l eben. Je dicker und vielfälti- hören Asthaufen, Wurzelstöcke und dickeres ger die Pflanzenschicht an der Wand, Totholz; offene Sandinseln, Wandkiesbereiche desto mehr Arten können sie nutzen. und Steinhaufen; stehengelassene Pflanzen- stängel oder Feucht- und Wasserstellen. Eine Kombination verschiedener Substratmateria lien und Schichtdicken, ein abwechslungs reiches Relief sowie Kleinstrukturen erhöhen die Vielfalt an Kleinlebensräumen. 24 APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
DIE ART DER BEGRÜNUNG SO ENTSTEHT VIELFALT Extensive Dachbegrünungen sind nährstoffarm: Auf einem verhältnismässig dünnnen Wurzelgrund (Substrat) mit ge- ringem Humusanteil wächst eine Gemeinschaft spezialisier- ter, meist eher kleinwüchsiger Pflanzenarten, die auf nähr- stoffreicheren Flächen nicht konkurrenzfähig wären. Mit der Zeit entwickelt sich eine standorttypische, sich selbst regulie- rende Pflanzengemeinschaft, die nur wenig Pflege benötigt. Intensive Dachbegrünungen sind nährstoffreich: Die Sub stratschicht ist in der Regel dick und hat einen höheren Hu- musanteil, was eine üppige Bepflanzung mit Sträuchern und sogar Bäumen erlaubt. Wie in einem konventionellen Garten ist auch der Anbau von Nutzpflanzen möglich, was aber einen entsprechend erhöhten Arbeitsaufwand erfordert. Zudem stellt das Gewicht der gesamten Anlage höhere An forderungen an die Tragkraft des Gebäudes. SUBSTRAT BODENART UND ZUSAMMENSETZUNG Entscheidend für den Erfolg einer Begrünung ist der Boden, in dem die Pflanzen wurzeln. Um einen dauerhaften, überlebensfähigen Be- wuchs zu erhalten, muss das Substrat genü- gend Wasser und Nährstoffe speichern können. SUBSTRAT Im Handel erhältliche Mischungen bestehen SCHICHTDICKE UND beispielsweise aus Ziegelschrot oder einem VERTEILUNG Lava-Bims-Gemisch. Um einen geschlossenen Je dicker die Substratschicht, desto mehr Was- Bewuchs und eine grössere Pflanzenvielfalt zu ser vermag sie aufzunehmen und es braucht ermöglichen, wird meist ein geringer Anteil länger bis sie austrocknet. Der Wurzelraum ist Kompost beigemischt. grösser und die Temperatur ausgeglichener, wodurch sich eine artenreichere Vegetation entwickeln kann. Tiere und Pflanzen überste- hen darin Trockenperioden und Frostzeiten besser. Wird das Substrat unregelmässig hoch aufgeschichtet, entsteht eine grössere Vielfalt der Vegetation. Grössere flache Partien mit we- 1 nig Substrat (Schichtdicke ca. 8–10 cm) können an statisch geeigneten Stellen mit unterschied- lich geformten Hügelbereichen (Schichtdicke 30 cm) kombiniert werden. Bedingt durch die 2 variable Einstrahlung der Sonne, durch Reflek- tion und Wärmespeicherung entsteht ein diffe- renziertes Mikroklima, das verschiedenen Vege- 1 Pflanzen: tationsformen zugute kommt: In den flacheren — wachsen höher — wachsen niedrig Partien etwa wachsen Moos-Sedum-Kraut- — wachsen dichter — wachsen lückig Gesellschaften, in den Hügelbereichen wiesen- — viele Arten — wenige Arten artige Gras- und Kräuterbestände. 2 Substrat: — bleibt länger feucht — trocknet rasch aus — mehr Wurzelraum — wenig Wurzelraum PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 25
Oben: Solaranlagen und Dachbegrünungen schliessen sich nicht aus. Eine Kombination bringt Vorteile sowohl für die Natur als auch für die Energieproduktion: Einerseits werden mit der Installation einer Solaranlage auf den ansonsten voll besonnten Flä- chen auch schattige, feuchtere Stellen geschaffen, die sich günstig auf die Artenvielfalt auswirken. Andererseits wird die Effizienz von Fotovoltaikanlagen durch den Kühleffekt, der durch die Wasserverdunstung der Pflanzen entsteht, leicht verbessert. 26 APRIL 2021 | PFLANZENFREUND.CH
W I SS E N Grün am Bau Links: Bei der bodengebundenen Begrünung wachsen die Pflanzen direkt aus dem Boden. Damit dies möglich ist, braucht es nahe der Gebäudewand eine genügend grosse, unversiegelte Fläche als Wurzelraum. Rechts: Bei der wand- gebundenen Begrü- nungsform werden an der Hauswand, an Balkonen oder speziel- len Gerüsten Substrat- träger angebracht, die bepflanzt werden. Da hierbei keine Boden fläche benötigt wird, eignet sich diese Art der Begrünung beson- ders gut für den inner- städtischen Bereich. Unten: Pflanzen mit Flugsamen bilden meistens besonders viele Samen aus, da ihre Ausbreitung und Richtung sich nicht «Begrünte Dächer und Fassaden steuern lässt. sind als ‹Trittsteine› wichtig. Sie verbinden bestehende Lebens räume und locken Lebewesen an.» Gabriela Wyss, Leiterin Sukkulenten-Sammlung Zürich Links: In einem Dachgarten lassen sich neben Blumen und Ziersträuchern auch Nutzpflanzen anbauen. Da der Wind auf Dächern meist stärker weht als in Bodennähe, eignen sich niedrigwüch- sige Sorten von Kräutern und Gemüse besonders gut. Bei hochwüchsigen Arten und Kletterpflanzen wie z. B. Bohnen und Gurken müssen die Stützen genügend stabil und gut verankert sein. Falls eine intensive Bepflanzung gewünscht ist, muss vorgängig die Tragkraft des Gebäudes abgeklärt werden. Zudem lohnt es sich, einen Wasser anschluss, besser noch ein Bewässerungssystem, einzuplanen. PFLANZENFREUND.CH | APRIL 2021 27
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