PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV

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PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
PORTUGAL Report
JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   084
freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             1.9.2021

                 GRACIOSA/AZOREN
PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
P
                                                    DPG-Reise nach Porto
                                                    27.10.–31.10.2021
                                                    Es sind noch knapp 8 Wochen, bis wir uns
                                                    in PORTO treffen werden und wir freuen uns
                                                    schon jetzt darauf. Zusammen mit OLIMAR
                                                    Reisen haben wir – das sind neben mir vor
                                                    allem Gunthard Lichtenberg, der Porto-­
                                                    Kenner, und Michael W. Wirges – das finale

ORTU
                                                    Programm abgestimmt. Nach wie vor leben
                                                    wir in Corona-Zeiten und das heißt für uns,
                                                    dass es einiges im Ablauf zu bedenken gibt.

                                                                                                                                                 Cover: © PORTANDI e. K.
                                                    Wir hoffen dennoch, ein schönes Programm

GUÉS
                                                    für Sie ausgewählt zu haben.
                                                       Sobald alle Programmpunkte von OLI-
                                                    MAR Reisen bestätigt sind, veröffentlichen
                                                    wir das Programm auf unserer Website bzw.
                                                    senden es den Teilnehmern der Reise per-
                                                    sönlich zu. In der Zwischenzeit sollten alle
    Portugal und seine                              Teilnehmer ihre Reisebestätigungen und          Tipp: Sternzeichen
    Sprache in der Welt                             Rechnungen erhalten haben. Auch die An-
                                                    meldung zur Mitgliederversammlung liegt
                                                                                                    Kunst-Kalender 2022
       Das Goethe-Institut in München und           in diesem Jahr in den Händen von OLIMAR         Sie kennen die Illustrationen von Tamara
      v­ erschiedenen internationalen Organisa-     Reisen. Sollten Sie sich dafür noch nicht       Budnikova auf der Rückseite des Portugal
       tionen haben am 23. Juni 2021 eine           angemeldet haben, bitten wir Sie, das           Reports. Wir haben zusammen einen Kalen-
    ­Video-Konferenz über die lusophonen            nachzuholen. Für die Ausflüge gibt es einen     der im Format DIN A2 zum Thema Sternzei-
        Länder und ihre Beziehung zu Europa         Staffelpreis, das heißt, nachdem der end-       chen und Horoskope produziert. Wenn Sie
     ­veranstaltet, zu der auch ich als Präsi-      gültige Stand der Teilnehmerzahlen für die      Interesse an witzigen Zeichnungen der ein-
        dent der Deutsch-Portugiesische Gesell-     einzelnen Ausflüge feststeht, werden Sie        zelnen Sternzeichen haben und Lust, sich
        schaft e.V. eingeladen bin.                 von OLIMAR die entsprechende Rechnung           selbst oder anderen eine Freude zu machen,
          In dieser Konferenz geht es vor allem     erhalten.                                       schauen Sie gerne ab 15.9. auf portandi.de
        um die Bedeutung der portugiesischen           Der geschäftsführende Vorstand, das          oder auf AMAZON vorbei. DPG-Mitglieder
        Sprache und ihre Brücke von Europa aus      sind der Präsident, die Stellvertreterin und    erhalten auf portandi.de nach Eingabe des
     zum Rest der Welt. Weltweit wird Portu-        die Schatzmeisterin, planen bereits am          Codes »DPG2022« 15 Prozent Rabatt. Der
        giesisch von etwa 260 Millionen Men-        Dienstag, dem 26.10.2021, ein Treffen mit       Versand ist innerhalb Deutschlands kosten-
        schen gesprochen. Portugiesisch nimmt       Mitgliedern in Lissabon. Das Treffen wird       frei .                      Andreas Lahn
        den fünften Platz auf der Liste der wich-   nach jetzigem Stand nach dem gemeinsa-          Kalender, DIN A2, 14 Blätter, 250g Papier,
       tigsten Sprachen der Welt ein und trägt      men Mittagessen (12.30 Uhr) ab 15 Uhr in        Wire-O-Drahtbindung; GTIN-Nummer
        somit zur weltweiten Verständigung und      unserem Partnerhotel Mundial stattfinden.       4251851300139 · Preis: 29,50€
    Zusammenarbeit bei.                             Unser Dank gilt dem Direktor des Hotels,
          In neun Ländern auf der ganzen Welt       Manuel Pinto, der uns freundlicherweise
        gilt Portugiesisch als Amtssprache:         einen Raum für dieses Meeting zur Ver­
       ­Portugal, Brasilien, Angola, Mosambik,      fügung stellt. Es geht in dem Meeting um        Konto der DPG bei der
        Guinea-Bissau, die Inselgruppen der Kap-
       verden und São Tomé e Príncipe, sowie
                                                    die Arbeit der DPG in Portugal und hier ganz
                                                    speziell um die Gründung einer Stadtsek­
                                                                                                    Berliner Sparkasse
    Äquatorial-Guinea und Ost-Timor. Alle           tion Lissabon.                                  Aufgrund mehrerer Anfragen möchten wir
        diese Staaten gehören der Organisation         Im Moment gibt es mehrere Anfragen, ob       noch einmal darauf hinweisen, dass wir
        der CPLP an, die 1996 gegründet wurde,      denn die Reise überhaupt stattfinden wird.      Mitte 2020 mit dem DPG-Konto von der
        und unterstützen sich gegenseitig in so-    Wir bleiben optimistisch und hoffen, dass       Deutschen Bank zur Berliner Sparkasse ge-
     zialen, wirtschaftlichen, kulturellen und      unsere Reise unter Berücksichtigung der         wechselt haben.
        politischen Angelegenheiten.                3 G-Regelung (Geimpfte, Genesene und Ge-
                                                                                                    DPG Berlin
           Einen sehr wichtigen Punkt dieser Ver-   testete) stattfinden wird. Sollte in den ver-
                                                                                                    IBAN: DE61 1005 0000 0190 9031 04
        anstaltung belegte auch die portugiesi-     bleibenden acht Wochen wider Erwarten
                                                                                                    BIC: BELADEBEXXX · Berliner Sparkasse
        sche Sprache in der Literatur. Dazu wurde   eine andere Situation eintreten, werden
       in Präsenz vor Ort ein Gespräch geführt      wie Sie umgehend darüber informieren.           Die aktuelle Bankverbindung finden Sie in
       von der bekannten Übersetzerin für por-      Und dann sollte Ihre Reiserücktrittkosten-      jedem Portugal Report auf der letzten In-
        tugiesische Literatur, Barbara Mesquita,    versicherung mit Corona-Schutz zum Ein-         nenseite. Für September 2021 ist der Ein-
        mit dem jungen portugiesischen Schrift-     satz kommen, das wollen wir aber nicht          zug der DPG-­Lastschriften geplant: Bitte
        steller Afonso Reis Cabral.                 hoffen. Bleiben Sie gesund und zuversicht-      prüfen Sie, ob Sie uns Ihre aktuelle Bank-
                               Michael W. Wirges   lich!         Gabriele Baumgarten-Heinke       verbindung mitgeteilt haben. Vielen Dank!

2    PORTUGAL REPORT NR. 84
PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Herzlich willkommen! Inhalt
 Liebe LeserIn des Portugal Reports, die                        über seine portugiesischen Wurzeln
 Jahrestagung rückt immer näher. Auf                            und seine beeindruckende Karriere in
 der linken Seite finden Sie aktuelle In-                      Deutschland gesprochen (Seiten 14 und
 formationen zum Reiseprogramm. Wer                            15). Die spannende Langfassung des In-
 noch nicht angemeldet ist, aber gerne                          terviews finden Sie auf der Website un-

                                                                                                                                                 4
 nach Porto kommen möchte, möge sich                            ter dpg.berlin/jose-luis-encarnacao.        Interview mit DPG-Schatzmeisterin
 bitte in der Geschäftsstelle der DPG                              Catrin George hat die viele Zeit Zu-     Gabriele Baumgarten-Heinke
 melden.                                                        hause genutzt und ein Buch über »Das
    In dieser Ausgabe finden Sie (end-
 lich) ein Interview mit DPG-Schatzmeis-
 terin Gabriele Baumgarten-Heinke
                                                               Lissabon des Fernando Pessoa« ge-
                                                                schrieben. Wenn Sie an Leben und
                                                               Werk des portugiesischen Literaten in-
                                                                                                            Die Geschichte von Amnesty
                                                                                                            International beginnt in Lissabon    7
 über ihr Leben und ihre Gedanken zur                           teressiert sind, lesen Sie bitte meine
 Zukunft der DPG. Lesen Sie mein Ge-                           Fragen und Catrins Antworten auf den
 spräch mit der fleißigen Schreiberin                           Seiten 16 und 17.
 und Rechnerin auf den Seiten 4 bis 7.                             Natürlich darf in diesem Portugal

                                                                                                                                                 8
     Jede kennt die Menschenrechts-­                           ­Report ein Bericht über den Strategie-­     Die Fischer von Alvor – eine
 Organisation Amnesty International.                           Workshop der DPG am 12. Juni 2021 in         verschworene Gemeinschaft
 Was die Gründung von Amnesty mit                               Berlin nicht fehlen. Gabriele Baumgar-
 Portugal zu tun hat, erzählt uns Josef                         ten-Heinke hat eine ausführliche Zu-
 Wolters auf Seite 7.                                           sammenfassung geschrieben. Für mich
    Catrin George Ponciano hat sich für                         und die anderen Anwesenden in Berlin
 ein Heimspiel entschieden und be-                              ist es auch deshalb ein freudiges Ereig-
 glückt uns auf den Seiten 8 und 9 mit                          nis, weil wir uns endlich mal wieder
 einem Artikel über die Fischer von
­Alvor und deren besonderem Kamerad-
 schafts-Empfinden.
                                                                leibhaftig treffen können. Lesen Sie bit-
                                                                te ihren Artikel auf Seite 18 und ent-
                                                                schuldigen Sie die Textlastigkeit der
                                                                                                            Über die portugiesischen
                                                                                                            Wurzeln von John Dos Passos       10
    Wissen Sie, dass der US-amerikani-                          Seite. Irgendwann gibt es einfach kei-
 sche Schriftsteller John Dos Passos                            nen Platz mehr …
 madeirische Wurzeln hat und einige                                Auf der Rückseite des Heftes finden
 Zeit seines Lebens in der Stadt Ponta do                       Sie eine Illustration von Tamara Budni-

                                                                                                                                              12
 Sol auf Madeira verbringt? Dr. Ingolf                          kova zum Thema Lifestyle auf Madeira.       Quo vadis alegria portuguesa?
 Wernicke erklärt uns die Zusammen-                             Die Zeichnung macht Lust auf eine Rei-      Artigo em português
 hänge auf den Seiten 10 und 11.                                se nach Madeira. In der Hoffnung, dass
    Was Corona mit den Menschen macht,                          sie ­Ihnen gefällt …
 wird sich in ganzem Ausmaß erst in                                Ich würde mich natürlich darüber
 den nächsten Monaten und Jahren zei-                           freuen, viele von Ihnen in Porto wieder-
 gen. Ana Carla Gomes Fedtke und Eber-                          zusehen. Auf einen Plausch …
 hard Fedtke haben sich schon jetzt mit
 der Frage beschäftigt, wie es um die
 portugiesische Freundlichkeit in Zeiten
 von Corona steht (Seite 12−13). Die Über-
                                                               Herzliche Grüße und alles Gute               José Luis da Encarnação: Aus
                                                                                                            dem Leben einer Leistungsbestie   14
 setzung dieses Artikel ins Deutsche fin-                          Andreas Lahn
 den Sie − wie immer − auf der Website
 der DPG.
    Im hessischen Reinheim wohnt eine

                                                                                                                                              16
 selbsternannte Leistungsbestie namens                                            Wenn Sie noch ein         Buch: Das Lissabon des Fernando
 José Luis Encarnação. Der emeritierte                                            bisschen mehr von         Pessoa (Catrin George Ponciano)
                                             Foto: © Lea Henning

 Professor der TU Darmstadt und lang-                                             mir und über mich
 jährige Direktor des Fraunhofer Insti-
 tuts für graphische Datenverarbeitung
                                                                                  lesen wollen, schau-
                                                                                  en Sie sich gern auf
                                                                                                            Über den Strategie-Workshop
                                                                                                            der DPG in Berlin/Zoom Meeting    18
                                                                                                                                              19
 (IDG) lebt ein bewegtes Leben. Ich habe                                          meiner Website um:        Impressum
 ihn in Reinheim getroffen und mit ihm                                            www.portandi.de           Spendenaufruf

30.10.2021: DPG-JAHRESTAGUNG IN PORTO
                                                                                                                                  1. SEPTEMBER 2021   3
PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Mit einem Lächeln …
          Interview mit DPG-Schatzmeisterin Gabriele Baumgarten-Heinke über ihre
          Lebensgeschichte und die Zukunft der DPG  Fragen von Andreas Lahn

                                                                                                                                              Foto: © Andreas Lahn

DPG-Schatzmeisterin Gabriele Baumgarten-Heinke sitzt beim Interview entspannt auf dem Balkon in der Zillertalstraße in Berlin

Das Weihnachtsfest mit dem leckersten             denn hier machen. Wir haben ein Käse-             einen speziellen Lieblingsort habe ich
­ ssen hast du im Jahre 2000 in Portugal
E                                                 Baguette gekriegt. Ich wusste in dem Mo-          nicht. Ich mag auch Lissabon, Porto die
erlebt. Erinnerst du dich?                        ment nicht, ob ich lachen oder weinen             Algarve. Ich finde Portugal insgesamt
Das war das erste gemeinsame Weih-                sollte. Aber das ist auch ein Stück Harald.       und die Menschen einfach faszinierend.
nachtsessen mit Harald Heinke, nach-              Ich habe mich im Zusammenleben mit
dem wir zusammengezogen sind. Wir                 ihm daran gewöhnt, dass es Dinge gibt,            Du bist ja 1955 in Guben in der ehemaligen
sind in Portugal gewesen und am 24.12.            die Vorrang haben wie z. B. die DPG und           DDR geboren. Welche Erinnerungen hast
von der Algarve nach Lissabon gefahren.           seine Arbeit. Wir haben das Festessen am          du an das Leben dort?
Er wollte mir alles in Grândola zeigen,           25.12. nachgeholt.                                Da mag jeder unterschiedliche Erfahrun-
was mit der Nelkenrevolution zusam-                                                                 gen gemacht haben. Was mich traurig
menhängt. Auf der Weiterfahrt war Stau,           Gibt es für dich einen Lieblingsort in Por-       macht, ist, dass die DDR häufig auf Mau-
es goss in Strömen und als wir gegen              tugal − vielleicht die Insel Madeira?             er und Staatssicherheit reduziert wird.
19 Uhr Hunger hatten, haben wir in einer          Wir haben auf Madeira viele Wanderun-             Ich hatte eine ganz normale Kindheit. Für
Raststätte gegessen, mit drei vier alten          gen an den Levadas entlang macht. Das             mich gab es Geborgenheit und Sicher-
Männern, die sich gefragt haben, was die          viele Grün hat mich beeindruckt. Aber             heit durch die Familie. Wir haben ge-

4   PORTUGAL REPORT NR. 84
PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
lacht und uns gefreut, wir sind zur Schu-      touristisch zu unterstützen. Wir haben                       büros in der Dresdener Neustadt gewor-
le gegangen. Erst Ende der 1980er Jahre        ins Salzburger Land einen Bus-Pendel-                        den.
mit den großen Demonstrationen bin ich         verkehr aufgebaut. Auf der Straße war
auf die Staatssicherheit (Stasi) aufmerk-      eine lange Schlange, so dass man dachte,                     Das wäre ja cool für die DPG, selbst Reisen
sam geworden. Mir war vorher nicht be-         es gäbe Bananen. Aber die Leute wollten                      nach Portugal zu organisieren, zumal du
kannt, was in den Gefängnissen passiert        alle diese Reisen kaufen. Doch dann hat                      nach etlichen Jahren in verschiedenen Un-
ist oder dass Frauen die Kinder wegge-         die Stadt Dresden gefordert, diesen »Rei-                    ternehmen der Reisebranche über ausrei-
nommen wurden. Meine Kindheit möch-            sedienst der Stadt Dresden« abzuwickeln,                     chend Erfahrung verfügst?
te ich nicht missen. Ich hatte eine schöne     weil Reisebüros nach westdeutschem                           In diesem FIRST-Reisebüro tauchte ei-
Kindheit.                                      Recht nur privat sein dürfen. Ich habe                       nens Tages ein Herr Heinke als Direktor
                                               beschlossen, das Reisebüro zu privatisie-                    von OLIMAR auf und sagte: »Ihr Umsatz
Drei Töchter durch das Leben zu begleiten      ren. Das war mutig, weil wir von der gro-                    bei OLIMAR lässt aber schon zu wünschen
ist nicht gerade einfach. Wie siehst du das?   ßen weiten Welt nicht viel Ahnung hat-                       übrig.« Ich habe dann gekontert und ge-
Meine Töchter sind zu Freundinnen ge-          ten. Auch mit Computern und den Pro-                         antwortet: »Ich weiß zwar, wo Portugal
worden. Wir haben ein sehr gutes Ver-          grammen mussten wir lernen umzuge-                           liegt und dass Lissabon die Hauptstadt ist,
hältnis zueinander. Die eine lebt in Zü-       hen. Ich war auf vielen Lehrgängen, habe                     aber ich war noch nie dort.« Er hat mich
rich und zwei in Dresden. Alle habe eine       das Ausstellen von Flugtickets (Ticke-                       dann auf eine Info-Reise mitgenommen,
gute Ausbildung und haben Familien ge-         ting) und auch das Buchen selbst gelernt.                    mir Orte und einige Hotels gezeigt, so
gründet. Die Beziehung zu ihnen, unser         Eines Tages stand ein Kunde im Reise-                        dass ich danach Reisen nach Portugal
Zusammenhalt, auch zu meinen Enkeln,           büro und will zum Popocatépetl. Ich                          ganz anders verkaufen konnte. Und −
ist für mich eine große Freude.                dachte: Will er was zu essen oder was                        wie es so seine Art ist − hat er mir einen
                                               meint er? Am Anfang wussten Kunden,                          Zettel hingelegt und gesagt, ich könne
Du hast in der DDR als Lehrerin gearbeitet.    die ganz gezielt irgendwo hinwollten,                        dann ja auch gleich Mitglied der
Welchen Stellenwert hatte der Beruf? Und       mehr als wir. Wir haben sie gefragt, wa-                     Deutsch-Portugiesischen Gesellschaft
warum hast du aufgehört als Lehrerin für       rum sie dann gerade da hin wollen. Dann                      werden. Das war 1998. Ich sollte dann
Russisch und Geschichte zu arbeiten?           haben die Leute erzählt und wir wussten,                     auch gleich die Stadtsektion Dresden
Meine Töchter sind immer mal wieder            welchen Katalog wir ihnen mitgeben                           übernehmen, was ich auch gemacht
abwechselnd krank geworden. Ich bin            konnten. Ich war seit 1990 Mitglied des                      habe, obwohl andere Mitglieder natür-
dadurch ab und zu ausgefallen und habe         Deutschen Reiseverbandes (DRV), genau                        lich mehr über Portugal wussten als ich.
viel Druck gespürt nach dem Motto: »Hier       das Unternehmen, bei dem ich 2019 mein
warten 30 Kinder auf Sie, und Sie haben nur    Arbeitsleben beendet habe. 1996 sollten                      Das ist ja jetzt 23 Jahre her. Was hat sich
zwei.« Ich konnte die beiden ja nicht an       wir für das Reisebüro eine 300 Prozent                       aus deiner Sicht im Laufe der Jahre in der
der Garderobe abgeben. Das war für             höhere Miete zahlen. Da es mittlerweile                      DPG verändert?
mich der Grund, die Volksbildung zu ver-       viele Reisebüros gab, war der Markt                          Ich habe ja noch den damaligen Präsi-
lassen, was natürlich nicht einfach war.       schon aufgeteilt und das Risiko an einem                     denten Peter Neufert kennenlernen dür-
                                               neuen Standort zu groß. Ich habe sechs                       fen und war bei vielen Veranstaltungen
Ein Schlüsselerlebnis sozusagen?               Jahre die freie Marktwirtschaft auspro-                      dabei. Ich glaube, damals ist der Enthu-
Ja, genau. Ich brauchte die Hilfe eines        biert und genoss in den folgenden Jahre                      siasmus größer gewesen als heute. Es
Arztes, um aus der Volksbildung aus-           die Vorteile des Angestelltendaseins. Ich                    gab mehr aktive Leute, auch in den Lan-
scheiden zu können. Durch die Sprach-          bin dann Büroleiterin eines FIRST-Reise-                     desverbänden. Wenn ich an die Urgestei-
ausbildung in Russisch habe ich bei der                                                                     ne der DPG denke, kam von denen sehr
IHK Zertifikate als Reiseleiterin/Dolmet-                                                                   viel Energie. Man hat sich häufig gese-
scherin gemacht und dann in der DDR                                                                         hen, es gab regelmäßige Präsidiumssit-
Reisegruppen aus der ehemaligen Sow-                                                                        zungen. Dann hat Harald das Amt als
jetunion nach Berlin, Erfurt, Leipzig,                                                                      Präsident übernommen. Er hat das super
Dresden begleitet. Das hat mir damals                                                                       gemacht und konnte seine ganzen Kon-
sehr viel Spaß gemacht.                                                                                     takte in alle lusophonen Länder und vie-
                                                                                                            le Vereinigungen in die DPG einbringen.
Du bist Inhaberin des Reiseunternehmens                                                                     Vielleicht hat er einigen Leuten sogar zu
i-Punkt in Dresden gewesen. Wie hast du                                                                     viel Arbeit abgenommen. Im Moment ist
das Ende der DDR erlebt und warum hast                                                                      es eher so: Wenn nichts vom geschäfts-
du das Reisebüro aufgegeben?                                                                                führenden Vorstand angeschubst wird,
Das war eine spannende Zeit. Ich war kei-                                                                   hört man zu Corona-Zeiten doch sehr we-
ne, der man vorgeben musste, was sie zu                                                                     nig von den Landesverbänden. Das
tun und zu lassen hatte. Man musste sich                                                                    macht mir auch ein wenig Sorgen, muss
einen Platz suchen und die Frage beant-                                                                     ich gestehen.Manchmal stelle ich mir die
worten: Was will ich, wo gehöre ich hin?                                                                    Frage: Schläft durch Corona alles ein
Ich war bei der Dresden-Information und                                                                     oder was passiert hier gerade?
                                                                                           Foto: © privat

hatte das große Glück, dass Hamburg
und Salzburg Städtepartner von Dresden                                                                      Du bist Schatzmeisterin in der DPG. Wie ist
waren. VertreterInnen dieser beiden                                                                         der Verein für die Zukunft aufgestellt?
Städte sind auf uns zugekommen und             Gabriele Baumgarten-Heinke beim Walken im                    Stimmen die Finanzen?
haben nach Möglichkeiten gesucht, uns          Schlosspark Niederschönhausen                                Nicht nur die DPG, sondern Vereine ganz

                                                                                                                                   1. SEPTEMBER 2021   5
PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Foto: © Felix Mittermeier · Pixabay.com
Nächtlicher Blick auf die Stadt-Silhouette von Dresden in Sachsen, wo Gabriele Baumgarten-Heinke vor ihrem Umzug nach Berlin lebt

allgemein haben in Deutschland mit vie-           de und andere. Mit der Hilfe komme ich                                        herausgefunden, dass der Großvater
len Problemen zu kämpfen. Deshalb ha-             selbst gut zurecht. Nach zwei Jahren wer-                                     meiner Mutter im ersten Weltkrieg ver-
ben wir uns ja im Juni 2021 zum Strate-           de ich oft von anderen Pflegenden um                                          schollen ist, in Frankreich. Ich weiß, dass
gie-Workshop getroffen. Die Mitglieder-           Rat gebeten. Doch mit 18 Pflegeterminen                                       sein Grab noch existiert und wo es ist. Ich
zahlen sinken und viele der langjährigen          pro Woche bleibt für mich selbst wenig                                        finde es spannend, wenn man plötzlich
aktiven älteren Mitglieder fallen irgend-         Freizeit.                                                                     Post bekommt und dann weiß, wer die
wann einmal weg. Mehr Mitglieder zu                                                                                             Vorfahren sind und wo sie abgeblieben
akquirieren und einzubinden, bleibt aus           Beim Walken in der Natur versuchst du ab-                                     sind. Das macht richtig viel Spaß.
meiner Sicht schwierig. Weniger Mitglie-          zuschalten. Wohin gehst du?
der heißt auch weniger Beitragseinnah-            Oftmals hier um die Ecke in die Garten-                                       Warum bist du damals von Dresden nach
men. Hier beißt sich die Katze in den             anlage, aber lieber in den Schlosspark                                        Berlin gezogen?
Schwanz. Denn wenn weniger Geld zur               Niederschönhausen. Das Schloss dort ist                                       Ich bin aus Liebe zu meinem Mann Ha-
Verfügung steht, kann man auch weniger            ja der Sitz der früheren DDR-Regierung.                                       rald Heinke nach Berlin gezogen. Ich war
machen. Und wenn wir weniger machen,              Ich gehe nicht deshalb dorthin, sondern                                       eine eingefleischte Sächsin. Zu DDR-­
können wir weniger Leute von der DPG              weil da ein wunderschöner Park ist. Da                                        Zeiten gab es einen Kleinkrieg zwischen
begeistern. Ich habe mich gefreut, dass           fließt die Panke durch, und für mich ist                                      Dresden und Berlin. Viele Gelder sind
über deine Spendenaktion Geld reinge-             das dann der Moment in der Natur, um                                          nach Berlin geflossen, weil Berlin als
kommen ist, was uns mehr Rückhalt ge-             abzuschalten und was für mich zu tun.                                         Schaufenster der DDR ausstaffiert wer-
geben hat. So steht als Ergebnis des letz-                                                                                      den sollte. Als Marzahn gebaut wurde,
ten Jahres ein schönes Plus. Man muss             Zur Entspannung praktizierst du Yoga.                                         sind auch Arbeitskräfte abgezogen wor-
das Ganze aktiv halten, sonst schläft ir-         Hast du dafür genug Zeit?                                                     den. Doch durch den Einsatz einiger en-
gendwann alles ein.                               Ich gehe Donnerstags zum Vereinssport.                                        gagierter Menschen sind zum Aufbau
                                                  Wir machen leichte Übungen wie Stret-                                         von Semper-­Oper, Zwinger etc. auch eini-
Durch die Pflege des langjährigen Präsi-          ching, und Yoga. Manchmal fühle ich                                           ge Gelder nach Dresden geflossen. Auch
 denten der DPG, Harald Heinke, zu Hause          mich vorher kaputt, aber ich raffe mich                                       beim Fußball gab es eine große Konkur-
 hat sich dein Leben verändert. Wie kommst        dann auf, weil ich weiß, dass mir das sehr                                    renz: Dynamo Dresden und Union Berlin
 du mit den Anforderungen zurecht?                viel Energie gibt. Die Sportgruppe ist                                        waren nicht die besten Freunde. Berlin
Das war eine schwierige Situation. Seine          auch ein Treffen von FreudInnen.                                              war nie der Traum meines Lebens. Doch
Krankheit kündigte sich bereits 2014 und                                                                                        als ­Harald zu mir sagte, wir sollten schon
auch 2016 an. Aber damals konnte ich              Du betreibst Ahnenforschung. Wie weit lässt                                   zusammenleben, bin ich spontan hierher
noch arbeiten gehen. Er hat versucht, das         sich der Stammbaum zurückverfolgen?                                           gezogen. Ich hatte ein wenig Scheu und
Beste daraus zu machen und ist mit dem            Bisher noch nicht so weit. Ich habe aber                                      habe mich gefragt, ob die Berliner mich
Rollator gegangen. Schon damals hat mir                                                                                         als Sächsin akzeptieren. Doch das war
 der Pflegedienst geholfen. Im März 2019                                                                                        einfacher als gedacht. Berlin ist so Mul-
musste ich dann in zehn Tagen entschei-                                                                                         tikulti, hier leben Sachsen und Schwa-
 den, ob er ins Pflegeheim soll oder ob ich                                                                                     ben, man trifft überall interessante Men-
ihn zu Hause pflege. Ich hätte damals                                                                                           schen. Es ist viel menschlicher und herz-
­eigentlich noch zwei Jahre arbeiten müs-                                                                                       licher als ich es mir vorgestellt habe.
 sen. Diese Situation stülpt das Leben von                                                                                         Das Multikulti der Menschen ist sehr
jetzt auf gleich um. Da er Pflegegrad 5                                                                                         angenehm. Ich mag auch die Vielfalt in
hat und die Krankheit fortschreitet, habe                                                                                       der Kultur. Und trotz der Größe gibt es in
                                                                                               Foto: © Photomat · Pixabay.com

ich beschlossen, meinen Beruf aufzuge-                                                                                          Berlin viele grüne Oasen. Hier um die
ben. Ich kenne mich gut mit dem Com-                                                                                            Ecke in Wedding ist der Plötzensee. Du
puter aus und stelle fest, dass es in die-                                                                                      kannst mitten in der großen Stadt im See
 sem Land unendlich viel Hilfe gibt, wenn                                                                                       schwimmen gehen. Es gibt viele große
jemand krank ist. Ich habe jetzt drei Pfle-                                                                                     Parks, und einige Kilometer weiter wird
gedienste im Einsatz und muss trotzdem                                                                                          jetzt das Moor renaturiert. Ich finde das
nichts zuzahlen. Man muss viel recher-                                                                                          alles unglaublich. Das Leben in Berlin ist
 chieren über Webseiten wie pflegehilfe.          Das Pergamon-Museum in Berlin-Mitte                                           schön, aber ich wohne ja auch nicht ganz

6   PORTUGAL REPORT NR. 84
PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
60 Jahre Amnesty
mittendrin. Trotzdem bin ich schnell im
Zentrum. Das Leben in den vielen Kiezen
ist ganz anders als in Berlin-Mitte.

Magst du Museen?
Ja, vor allem die historischen Museen auf
der Museumsinsel. Ich bin unheimlich
                                              ­International
gerne im Pergamon-Museum. Obwohl
ich schon x-mal dort war, fasziniert es
                                              Ein Vorfall in Lissabon führt 1961 zur Gründung der
mich immer wieder. Ich bin auch ge-           ­Menschenrechts-Organisation  von Josef Wolters
spannt, was es im Humboldt Forum, im
Berliner Schloss, zu sehen gibt. Das will
ich mir in diesem Jahr angucken. Ich bin                                                                                       nimmt, den Zeitungsartikel zu schreiben
auch mal im Dom auf den Turm gestie-                                                                                           und zu veröffentlichen.
gen. Der Blick über die Stadt ist auch                                                                                            Andere namhafte Blätter wie die fran-
sehr schön .                                                                                                                   zösische Le Monde, die italienische Cor-
                                                                                                                               riere della Sera und die International He-
Toleranz und Optimismus sind dir wichtig.                                                                                      rald Tribune drucken Benesons Artikel
Außerdem möchtest du die Welt besser ma-                                                                                       nach. Diese Aktion − auch «Appeal for am-
chen. In Zeiten von Corona gewinnt dein                                                                                        nesty, 1961» genannt − gilt als Geburts-
Lebensmotto an Bedeutung: »Wir haben                                                                                           stunde von Amnesty International.
nur das eine Leben.«                                                                                                              Noch heute wird im alle zwei Monate
Genau so ist das! Wenn Menschen sich                                                                                           veröffentlichten Amnesty Journal das
mit einem Lächeln begegnen, wenn man                                                                                           Schicksal von Menschen beschrieben,
aufeinander zugeht und miteinander re-                                                                                         die nach allgemeinen Menschenrechts-
det, läuft alles freundlicher und schöner.                                                                                     grundsätzen zu Unrecht ihrer Freiheit
Jetzt sind Wahlen. Ich kann es einfach                                                                                         beraubt und oft unter unwürdigen Be-

                                                                                        Foto: © Christian Lue · unsplash.com
nicht verstehen zu sagen: »Das bringt                                                                                          dingungen inhaftiert sind − und nicht
nichts. Ich gehe da nicht hin!« Eine Poli-                                                                                     selten misshandelt bzw. gefoltert werden.
tikverdrossenheit bringt uns nicht voran.                                                                                         »Briefe gegen das Vergessen« können an
Aber was tun diejenigen denn? Es gibt                                                                                          die in Berlin/Deutschland akkreditierten
sicher keine Partei, die zu 100 Prozent die                                                                                    Botschafter der Länder geschrieben wer-
Wünsche eines jeden einzelnen umset-                                                                                           den, in denen Personen aus allgemeiner
zen kann. Dazu sind die individuellen                                                                                          Sicht zu Unrecht eingesperrt sind. Viele
Vorstellungen Menschen viel zu verschie-                                                                                       Kirchengemeinden und Ortsgruppen von
den. Aber einfach mal in die Programme                                                                                         Amnesty International halten auch
der Parteien schauen, sich damit ausei-                                                                                        fremdsprachlich abgefasste Briefe vor, in

                                              A
nandersetzen und dann entscheiden,                   m 28. Mai 1961 erscheint in der Bri-                                      die nur noch Adresse mit Namen und Un-
was für einen wichtig ist. Für mich ist              tischen Zeitung The Observer ein                                          terschrift eingetragen, frankiert und ab-
soziale Gerechtigkeit wichtig. Dazu ge-              Artikel mit dem Titel The Forgotten                                       gesendet werden müssen.
hören u. a. Mindestlöhne, der Kampf ge-       Prisoners (Die vergessenen Gefangenen).                                             Allen Interessierten sei gesagt, dass die
gen Kinderarmut, den Pflegenotstand           Der Verfasser dieses Zeitungsbeitrags,                                           Briefe in der Vergangenheit vielfach Er-
stoppen und gerechte Renten. Wichtig          der britische Rechtsanwalt Peter Benen-                                          folg haben. Freilassungen, Hafterleichte-
sind mir auch die Stärkung der Demo-          son, geb. Solomon, ist erschüttert über                                          rungen, Aufhebung von Todesurteilen
kratie, die Klimagerechtigkeit und der        eine Nachricht, dass zwei portugiesische                                         etc. erfolgen vermutlich in totalitären
Stopp von Rüstungsexporten.                   Studenten zu sieben Jahren Haft verur-                                           Staaten nicht überall aus humanen
   Ich bin der Meinung, dass diese Erde,      teilt worden sind.                                                               Gründen, sondern weil auch mehr oder
dass die Natur den Menschen loswerden                                                                                          weniger diktatorisch regierte Regime in
will, und sagt: »Es reicht! Ihr Menschen      Was haben sie getan oder verbrochen?                                             der Welt ihr Gesicht nicht (gänzlich) ver-
habt alles kaputt gemacht, jetzt wehren wir   In einem Café in Lissabon haben sie gut                                          lieren wollen. Mit Sicherheit kann der
uns!« Die Auswirkungen spüren wir alle,       gelaunt mit einem Trinkspruch auf die                                            schriftliche Einsatz vieler Menschen sich
sie sind nicht zu übersehen. Und des-         Freiheit angestoßen, etwa: À sua saúde e                                         lohnen, wenn das Einzelschicksal eines
halb müssen wir viel mehr tun, um die         liberdade! Diesen Spruch und ein paar                                            zu Unrecht einsitzenden Menschen Soli-
Natur zu retten und auch unseren nach-        kritische Aussagen zur Diktatur nehmen                                           darität erfährt und ihm Beachtung ge-
folgenden Genera­tionen die Chance ein-       Geheimpolizisten des damaligen portu-                                            schenkt wird.
räumen, auf dieser Erde ein schönes und       giesischen Herrschers António de Olivei-                                            Rund zwei Millionen Menschen in
friedliches Leben zu haben.                   ra Salazar auf und verhaften die zwei                                            rund 150 Staaten unterstützen die Arbeit
   Und im Alltag bedeutet dies, einfach       Studenten, denen dann der Prozess ge-                                            von Amnesty International, deren Zent-
ein bisschen aufeinander zu achten, mit-      macht wird.                                                                      rale in London ist und die in Deutschland
einander zu reden, die Natur zu respek-          Das Rechtsempfinden Benensons ist so                                          ihren Sitz in Bonn hat.
tieren und mit einem Lächeln durchs Le-       stark gestört, dass er diesen Vorfall und
ben zu gehen. Dann geht vieles einfacher,     dessen Folgen sowie ähnlich gelagerte
leichter und schöner.                         Fälle aus anderen Ländern zum Anlass                                              Weitere Informationen: https://amnesty.de

                                                                                                                                                      1. SEPTEMBER 2021     7
PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Foto (3): © Catrin George Ponciano
D
       ie Fischer von Alvor sind von jeher
       eine eingeschworene Gemein-
       schaft. Sie teilen alles miteinan-
                                             Die Fischer von Alvor
der: Strapazen, Gefahr, und Ausbeute.
   Der Fischerort Alvor ist eine Gemeinde    Über soziale Strukturen beim Fischfang am Algarve: Einmal
der Stadt Portimão und liegt in einer na-
türlichen Hafenbucht am Ostufer der          Kamerad, immer Kamerad  von Catrin George Ponciano
gleichnamigen Lagune Ria de Alvor −
getrennt vom Meer durch eine kilome-          massive Holzhäuser. Seither liegen die      tung aufgeräumt sein und für den nächs-
terlange Sanddüne. Gut geschützt diente      Fischerboote in Reih und Glied vertäut       ten Fang vorbereitet werden.
die Hafenbucht im späten Mittelalter          am Pier, und dümpeln nicht mehr wie bis           Fischer sind fleißige Männer. Sie leben
noch den Seefahrern als Ankerplatz auf        dato frei ankernd in der Lagune. Der Um-    mit und auf dem Meer. Ihre Sehnsucht
ihrem Seeweg weiter an der lusitani-          zug brachte etliche Vorteile für die Fi-    gehört der See. Sie sind Kameraden auf
schen Küste gen Norden. Im Laufe der          schergemeinschaft mit sich: Früher              Gedeih und Verderb. Trotzdem wissen sie
nächsten Jahrhunderte wuchs Alvor             mussten sie ihre Ausrüstung vor und         nie im Voraus, wie hoch ihr Lohn am
dann zu einem dynamischen Marktplatz          nach jedem Fang mit einem Beiboot an        Ende des Tages sein wird. Sie werden
mit Fischerhafen heran. Bis zur Nelken-       und von Bord schaffen, jetzt schieben sie      ­älter. Die Knochen müde. Doch selbst im
revolution eher ein nostalgisches An-         alles Nötige mit einem Handkarren über      Rentenalter bleiben sie ihren jüngeren
hängsel westlich von Portimão, entwi-         den Steg bis zu ihrem Boot. Eine eigene     Kameraden als fleißige Helfer an Land,
ckelte sich Alvor in den 1980er Jahren       Bootsrampe mit hydraulischem Schiffs-        treu.
allmählich zu einem properen Touris­          hebekran hilft beim Ausladen voller               Vielleicht ist es die jahrelange, manch-
mus­­ort. Hotels und Ferienapartment-­       ­Fischfangkisten und beim Beladen mit        mal lebenslange Kameradschaft, viel-
Anlagen wurden gebaut, die Zufahrts-         Trockeneis.                                  leicht das stille Gelübde, das Überirdi-
straßen asphaltiert und Alvor an die öf-        Dennoch: Das Fischerhandwerk bleibt           sche niemals infrage zu stellen. Schließ-
fentliche Kanalisation angeschlossen.         Knochenarbeit. Durchschnittlich fahren      lich fahren zum Schutz der Fischer
Dennoch hat das traditionelle Fischer-        die Fischer viermal pro Woche auf See.       ­immer das Figuren-Trio der Heiligen
handwerk überlebt und reflektiert auch        Sie laufen gegen Mitternacht aus und          ­Maria Fátima, Santo António und der
gegenwärtig die soziale und wirtschaft-       kehren am Nachmittag am Tag darauf          Schutzheilige der Fischer São Pedro
liche Struktur der Gemeinde.                  zurück. Dann wird der Fisch gelöscht        ­neben Echolot und GPS-System auf der
   2004 zog die Fischergilde aus wind-        und das Deck und der Laderaum ge-           Armatur neben dem Steuerrad mit.
schiefen Hütten von der Sandbank um in        schrubbt. Anschließend will die Ausrüs-            Kapitän Lourenço ist 52 Jahre alt, und

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PORTUGAL Report 084 GRACIOSA/AZOREN - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Foto: © Catrin George Ponciano

                                                                                                                                            Foto: © Catrin George Ponciano
                                                                                                                                            Foto: © pasja1000 from Pixabay
                                                                 Foto: © Catrin George Ponciano

hat das Fischerhandwerk seit er zwölf           um das Heck befestigt sorgen dafür, dass            sauber aufgereiht nebeneinander im
war, von seinem Vater erlernt. Mit zwan-        die Reusen nicht von Bord rutschen.               Korkschwamm am Rand der speziell für
  zig ging er von Bord und arbeitete im           Für das Schwarmfischen kommen Net-                die Langleinenmethode entwickelten
Hotel. Mit dreißig kehrte er zurück an          ze mit mittlerer Maschengröße zum Ein-            Holzkiste, genannt aparelho stecken, sind
Bord. »Ein Mann muss seine Pflicht erfüllen.    satz. Manche mit bis zu 500 Meter Länge             zwei Männer zwei Tage lang ununter­
Hat er keine Wahl, muss er jede Arbeit an-      sinken achtzig Meter in die Tiefe. Sobald          brochen beschäftigt.
  nehmen. Hat er die Wahl, ist er ein zufrie-   das Echolot einen Fischschwarm anzeigt,               Fehlt nur noch der Köder. Hierfür ver-
  dener Mann«, lächelt er und sagt: »Ich        lassen die Fischer das Netz ins Wasser            wenden sie fermentierte Sardinen,
­hatte die Wahl.«                               gleiten. Die mit Bleikugeln beschwerte              schneiden sie in Stücke und spießen auf
    Weise Worte eines Mannes, der täglich       Randleine sinkt ab, das Netz breitet sich           jeden Haken einen Köder.
  sechzehn und mehr Stunden schuftet,           im Wasser aus, während der Skipper im                 Die vierköpfige Besatzung mit Kapitän
  sich Tag und Nacht den Gefahren und           Kreis um den Schwarm herum steuert                Lourenço trifft letzte Vorbereitungen,
Strapazen auf See aussetzt und die Ver-         und das Netz die Fische einkreist. Sind             dann geht es los mit Kurs Südsüdwest.
  antwortung für seine Besatzung trägt. Er      Anfang und Ende des Netzes zusammen-              Das angepeilte Gebiet liegt fünfunddrei-
und seine Crew sind beherzte Burschen.          geführt, holen die Fischer das Netz ein,            ßig Meilen vor der Küste von Sagres. Hin
Sie arbeiten still, fluchen über Politiker,     und ein an Deck montierter Flaschen­zug             und zurück sind die Fischer jeweils vier
  zanken wegen Schiedsrichterentschei-          hievt den Fang im Netzbeutel an Bord.               Stunden unterwegs. Für den eigent­
  dungen beim Fußball und vertragen sich          Die dritte Methode ist der Fischfang             lichen Fischfang bleiben sie weitere acht
wieder beim gemeinsamen bescheide-              mit Langleine und Angelhaken, genannt               Stunden auf See. Auf dem Rückweg
nen Mahl am Tisch vor der Fischerhütte.         anzóis. Die Langleine misst 2000 bis 4000          ­löschen sie den Fang im Hafen von Lagos.
    Sie betreiben die pesca artesanal mit       Meter. Im Abstand von zwei Armlängen              Der Fisch wird auf Lourenço registriert
  drei unterschiedlichen Fangmethoden.          werden an die lange Hauptleine kürzere              und kommt anschließend direkt in die
Für Kraken, Tintenfische und Kalmare,           Stücke von etwa 1,50 Meter Länge gekno-           Fischversteigerungshalle lota, dort zuerst
  für Krebse, Dorsche, Muränen und              tet und an jedes Leinenende jeweils ein             auf die Waage und danach unter den
 Meeraale setzen sie Reusen ein. Käfig­         Haken. Die Summe der Haken beträgt Pi             Auktionshammer. Der Verkaufserlös
  fallen aus Plastikmaschen. Mittels Le-        mal Daumen 2000.                                  wird nach einem einheitlich festgelegten
bendköder locken sie die Beute in die             Nach jedem Fang muss die Langleine              Kommissionsschlüssel der Fischereiauf-
Käfige. Mit Boje gekennzeichnet, versen-        entwirrt und neu gewickelt, die Haken               sichtsbehörde DOCAPESCA aufgeteilt
ken die Fischer die Reusen auf den              überprüft und unter Umständen ausge-                und Lourenços Konto und seinen
 ­Meeresboden und sammeln sie drei Tage         tauscht werden. Bis jeder Meter Langlei-          ­Fischern gutgeschrieben. Einmal Kame-
  später wieder ein. Metallstangen rund         ne und jeder Haken überprüft und alle               rad, immer Kamerad.

                                                                                                                        1. SEPTEMBER 2021   9
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            er außerordentliche Beitrag, den
            John Dos Passos zur modernen,
            amerikanischen, zeitgenössischen
  Literatur des 20. Jahrhunderts, insbeson-
    dere mit seinen Hauptwerken wie
 ­Manhattan Transfer und U.S.A.-Trilogie
  ­geleistet hat, ist heute unbestritten. Er
   gilt heute neben dem irischen Schrift-
    steller James Joyce, neben Gertrude Stein,
Aldous Huxley und seinem Freund Ernest
  Hemingway als einer der herausragends-
  ten Schriftsteller, der sich wie viele an-
    dere Künstler, Poeten und Musiker mit
    der schnellen Umwandlung der USA in
   ein industriell geprägtes Land mit west-
  licher Kultur während des späten 19. und
  beginnenden 20. Jahrhunderts beschäf-
  tigt hat. Das Einzigartige der Romane von
  John Dos Passos sind im literarischen
  Sinn sein Kameraauge, seine einer Wo-
    chenschau ähnelnde Berichterstattung,
    sein satirischer Erzählstil sowie seine
  biographischen Entwürfe. Unter Verwen-
    dung von Techniken aus Bereichen des
  Journalismus, des Kinos, der Musik und
    der Fotografie erfand John Dos Passos
   einen vollkommen neuen Erzählstil, der
    die sozialen und politischen Auswirkun-
   gen der technischen Entwicklung wie z. B.
von Auto, Flugzeug u.a. auf das Leben der
   Menschen beschrieb. Er publizierte zahl-
  reiche Bestseller und erhielt 1957 in den
  USA vom National Institute of Arts and Let-
   ters in der Kategorie «Fiction» die Gold-
   medaille.
      Der amerikanische Schriftsteller be-

                                                                                                                                                  Foto: © Wikimedia Commons
    dauerte es allerdings einmal im einen
  Interview im Eco do Funchal (Juli 24, 1960,
  S. 1 + 2), dass er nicht die Sprache seines
   Großvaters − portugiesisch − sprach,
   ­obwohl er bereits als Kind im Alter von
   acht Jahren durch seinen Vater während
   eines mehrwöchigen Besuchs von Madei-

                                                 Ein US-Amerikaner in
  ra das Land und seine familiären Wur-
    zeln erstmals kennengelernt hatte.
      Sein Großvater, Manoel Joaquim Dos
  Passos, wurde 1812 in Ponta do Sol auf
   Madeira geboren, emigrierte 1830 in die
  USA, lebte in Baltimore und Philadelphia.
  Er heiratete Ann Cattel, die John Randolf
                                                 ­Ponta do Sol (Madeira)
  Dos Passos (1844-1917) als Sohn gebar.
  Dieser wurde später Rechtsanwalt, hei-         Über den Schriftsteller John Dos Passos (1896–1970) und
  ratete Lucy Addison Sprigg und beide
wurden die Eltern von John Roderigo Dos          seine portugiesischen Wurzeln  von Dr. Ingolf Wernicke
  Passos, der 1896 in Chicago geboren
­wurde. John Dos Passos studierte an der
                                                  Literatur: JOHN DONALD SILVA, The Magnolia       hat. Prof. John Donald Silva unterrichtete
Harvard Universität Literatur, in Spanien
                                                  Lectures, Funchal, Madeira, 2014, (S. 203 bis    42 Jahre an der Universität von New Hamp­
Architektur und meldete sich 1917 als
                                                  243). Mit zwei Vorträgen über John Dos Passos    shire (USA) Englisch und besucht seit 1987
  Freiwilliger Soldat in eine Sanitätsein-
                                                  und seine Bedeutung für die Weltliteratur, die   jährlich für mehrere Monate im Jahr Madeira,
   einheit während des Ersten Weltkrieges
                                                  Prof. John D. Silva, Freund des Autors und       um nach seinen portugiesischen Wurzeln zu
   nach Frankreich. Nach der Veröffentli-         seiner Ehefrau, im Kulturzentrum John Dos        forschen. Sein Großvater José Abreu Silva
    chung seines Werkes Three Soldiers un-        Passos in Ponta do Sol 2010 und 2011 gehalten    emigrierte 1880 von Madeira in die USA.
  ternahm er 1921 wieder eine kurze Reise

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mit einer Autorengesellschaft nach            hundert zur bedeutendsten Macht Euro-                                        historischen Erzählung feststellen, dass
                                 Madeira. Er arbeitete als Autor, Journalist   pas gemacht haben. Das Werk unterglie-                                       auch bei John Dos Passos, einem be-
                                 und auch als Maler mit zahlreichen Aus-       dert sich in die Kapitel »Wie Portugal ent-                                  rühmten Amerikaner, der in dritter Ge-
                                 stellungen und bereiste darüber hinaus        stand«, »Die ­Erben der Abendteurer«, »Die                                   neration von einem Einwanderer aus
                                 Europa, Südamerika und auch die               Unternehmung Indien«, »Der Höhepunkt                                            Madeira abstammte, die familiären
                                 Sowjet­union. 1930 publizierte er seinen      der portugiesischen Herrschaft«                                                         Wurzeln sowie die tradierte
                                 Welterfolg Manhattan Transfer, während        und »Portugal in Amerika«.                                                                  Geschichte und Kultur sei-
                                 des Zweiten Weltkrieges arbeitete er als      Interessant sind dabei                                                                         ner Vorfahren und de-
                                 Journalist für das Magazin Life und be-       die sehr umfassend                                                                               ren Heimatland eine
                                 richtete nach dem Krieg über die Nürn-        und faktenreich ge-                                                                                außerordentliche
                                 berger Kriegsverbrecherprozesse.              schilderten einzel-                                                                                 Bedeutung für ihn
                                    1960 besuchte John Dos Passos nun,         nen Kapitel wie z. B.                                                                               gehabt haben. 1970
                                 diesmal mit seiner Frau Elisabeth Ham-        »Vasco da Gamas                                                                                      starb John Dos Pas-
                                 lin und seiner Tochter Lucy, die Insel        letztes Kommando«                                                                                   sos in Baltimore,
                                 Madeira. Hier wurde die amerikanische         oder »Die Plünde-                                                                                   Maryland.
                                 Familie von Verwandten und Politikern         rung eines halben                                                                                     In Ponta do Sol
                                 der Insel willkommen geheißen. 1966 be-       Kontinents. In seinen                                                                             auf Madeira entstand
                                 schrieb Dos Passos in seinem Werk The         Darstellungen erkun-                                                                            anlässlich seines 100.
                                 Best Times seine Erinnerungen an den          deten die portugiesischen                                                                    Geburtstages 1986 im Jah-
                                 Geburtsort seines Großvaters und die          Karavellen bereits im frühen                                                             re 1989 die Idee der Einrich-
                                 Eindrücke seiner Reise: «He was born in       15. Jahrhundert die Küste Afrikas                                                   tung eines Kulturzentrums in der
                                 Ponta do Sol, a tiny town buried in a deep    und stießen auf die Inseln im Mittelat-                                     Villa Passos, die im Jahr 2000 von der
                                 gash in the mountain a few miles east of      lantik. Ein Jahrhundert später kreuzten                                     ­Regionalregierung zusammen mit dem
                                 Funchal, (…)» Er beschrieb ferner                      die großen Galeonen nach Bra-                                       Grundstück erworben wurde. 2004 wur-
                                 den kleinen Strand aus Ger-                                 silien und umfuhren das                                        de in Anwesenheit des Präsidenten der
                                 öll, die Fischerboote und                                       Kap der Guten Hoffnung,                                    Regionalregierung Madeiras, Dr. Alberto
                                 die Weinstöcke an den                                             um in der Ferne die                                     João Jardim und der Tochter des Schrift-
                                 schroffen Berghän-                                                  östlichsten Randge-                                    stellers, Lucy Dos Passos Coggin und ih-
Fotos (2): © Wikimedia Commons

                                 gen. Kleine unregel-                                                  biete des Orients                                    rer Familie das John Dos Passos Cultural
                                 mäßige Felder zum                                                     wie die Molukken                                     Center das um einige Gebäude erweitert
                                 Ackerbau ernähr-                                                       und Nordaustralien                                 wurde, eröffnet: ­https://cultura.madeira.
                                 ten einst die Men-                                                     zu erkunden. Oft-                                   gov.pt/centro-­cultural-john-dos-passos.
                                 schen. Als Jugendli-                                                   mals begaben sich                                   Im Zentrum existiert heute ein große
                                 cher nach seinem                                                      die Portugiesen da-                                  Leih-Bibliothek, die Dra. Carmo da Cunha
                                 ersten Besuch von                                                    bei in tödliche Kon-                                  Santos Library mit vielen Periodika und
                                 Madeira im Jahre 1905                                              flikte. Nach Meinung                                    circa 6000 Büchern, die über die Bot-
                                 dachte er, dass die Men-                                         von Dos Passos übte Por-                                  schaft der USA in Lissabon und von vie-
                                 schen in Ponta do Sol aus-                                   tugal während der Zeit der                                    len privaten Leihgebern gestiftet wur-
                                 schließlich Kleinbauern waren,                           Seefahrt gegenüber Juden To-                                      den. Die Werke von John Dos Passos be-
                                 die ihr Land bepflügten. Bei seinem Be-         leranz aus, da viele als Astrologen, Geo-                                  finden sich hier in 18 Sprachen übersetzt.
                                 such 1960 bemerkte er, dass es mittler-       graphen und wissenschaftliche Berater                                       Außerdem gibt es ein kleines Museum
                                 weile Kontore, Schreibstuben, Notariate       am Hofe der portugiesischen Könige ar-                                       mit einem Schlafzimmer aus dem
                                 und Büros von kleineren Amtspersonen          beiteten.                                                                   19. Jahrhundert aus Mahagoni, das den
                                 und Priestern gab. Im Zentrum des Ortes          Ohne auf die einzelnen Fakten seiner                                      Großeltern Manoel Joaquim Dos Passos
                                 besuchte er die an einem Hauptplatz ge-       Geschichte Portugals eingehen zu wollen,                                     gewidmet ist, sowie eine Küche aus der
                                 legene, solide gebaute und mit sieben         kann man auf jeden Fall auf der Basis                                        Zeit der Großeltern, die in Kooperation
                                 Sternen des Zeichen des Großen Bären          seiner biographischen Daten und dieser                                       mit der Casa do Povo de Ponta do Sol mit
                                 über dem Haupteingang versehene Villa                                                                                     Workshops, zu regionaler und traditio-
                                 Passos, den Wohnsitz seiner Vorfahren.                                                                                     neller Gastronomie und zu bestimmten
                                    1967/1968 unternahm John Dos Passos                                                                                     Bräuchen, betrieben wird. Zum John Dos
                                 weitere Reisen durch die USA, nach Ita-                                                                                   Passos Centro Cultural gehört außerdem
                                 lien und nach Portugal. Hier recher-                                                                                       ein Auditorium mit 180 Sitzplätzen. Hier
                                 chierte er für sein letztes Werk, das den                                                                                 werden Theateraufführungen, Kino-
                                 Literaturkennern wahrscheinlich weni-                                                                                      abende, Konferenzen, Colloquien und
                                 ger bekannt ist, und den Titel hat The                                                                                     auch Bildungsaktivitäten veranstaltet.
                                                                                                                            Foto: © Gunthard Lichtenberg

                                 Portugal Story − Three Centuries of Explo-                                                                                Wer als TouristIn auf Madeira nicht nur
                                 ration an Discovery. In dieser Publikation,                                                                                die Wanderwege in den Bergen wie z. B.
                                 die innerhalb seines Gesamtwerkes als                                                                                      zwischen dem Pico do Arieiro und dem
                                 letzte historische Erzählung 1969 er-                                                                                      Pico Ruivo, auf den Hochebenen oder
                                 schienen ist, beschreibt John Dos Passos                                                                                   auch entlang der zahlreichen Levadas
                                 in lebendigen eigenen Geschichten die                                                                                      der Insel abwandern will, sollte unbe-
                                 größeren und vermeintlich kleineren Er-                                                                                    dingt das Kulturzentrums John Dos Pas-
                                 eignisse, die Portugal ab dem 15. Jahr-       John Dos Passos Haus in Ponta do Sol (Madeira)                               sos in Ponta do Sol besuchen.

                                                                                                                                                                                  1. SEPTEMBER 2021   11
Quo vadis alegria portuguesa?
Um protocolo com máscara  de Eberhard Fedtke e Ana Carla Gomes Fedtke

E
      stamos em isolamento, no inglês,                                        fica, mas fria, como um cemitério, cam-
      em lock-down. É uma tristeza em si.                                    pos destes, como nunca, em vogue. Apro-
      Acabamos coisas que estão com                                          veitamos a oportunidade para telefonar
atraso de há meses: abrimos revistas, ain-                                   via WhatsApp com familiares, amigos,
da no envelope de plástico, escrevemos                                        ­colegas, alguns deles perdidos no auto-

                                                                                                                                                                                                     Foto: © melli666 auf Pixabay
mais memórias na agenda, pintamos a                                            didata homeworking. Assistimos a confe-
parede da sala, limpamos o interior do                                       rências e reuniões via zoom, coisa tão
carro, renovamos o jardim, terminamos                                         impopular para os portugueses que
                                                                              ­
as reparações na garagem. Fazemos tudo                                       ­precisam de sentir e cheirar a pele dos
sem grande motivação. Falta a originali-                                      outros. Comunicamos à distância, para
dade da necessidade. É uma paixão ilu-                                         saber, quais as perspetivas que os outros
sória carregada de muita hipocrisia. O                                       têm e quais são as receitas intelectuais e
que verdadeiramente nos falta, é um ex-                                       os instrumentos práticos que eles inven-
terior vivo, os foguetes em cada fim-de-                                     tam para sobreviverem 24 horas sobre 24                                       gerado duma velhota ou, quiçá, a profun-
semana de verão, de semanas e semanas                                        horas, nesta prisão higiénica, em conjun-                                      da sensibilidade de uma profeta que pro-
nas festas das aldeias em torno. Faltam,                                     to com um inimigo invisível, e como                                           fetiza para a sucessão de mais catástro-
para além destas festas inspirativas, as                                     veem eles o futuro. Temem eles uma nova                                       fes ambientais.
feiras pitorescas, as refeições, típicas da                                   onda de lockdown, mais uma nova mu-                                             Não acreditamos nas promessas espe-
cozinha portuguesa, naturais e saborosas,                                    tação do vírus superpotente e ultra ativo?                                     culativas e bem dilatadas difundidas
debaixo do penetrante barulho da músi-                                       E, se no fim, as pessoas não só devem usar                                    pela TV, pela rádio e por outra imprensa
ca folclórica dos altifalantes brutais,                                       uma máscara, mas um fato completo e                                           cega, cujo objetivo é o de repetir mono-
mais agradáveis. Falta o som dos barcos                                       asséptico fora de casa, como se o mundo                                      tonamente a falsa analise de um simples
na barragem em baixo da nossa casa, a                                                                                                                       interim, neste distúrbio mundial, enquan-
barragem da Caniçada; falta o oceano                                                                                                                       to o desequilíbrio ecológico e sanitário
com a sua realidade intensa. Faltam os                                                                                                                     global cresce cada dia, basta olhar para
abraços honestos e os beijinhos criativos                                                                                                                   os mares que finalmente se transforma-
                                                                                                                       Foto: © Tamanna Rumee on Unsplash

dos nossos amigos. Todo este novo mun-                                                                                                                     ram em grandes caixotes de lixo, ideais
do tem a categoria de um trauma cani-                                                                                                                      para micróbios e quaisquer outro tipo de
balesco. Falta assistir ao desporto públi-                                                                                                                 vírus, proliferarem. A situação genérica
co. Futebol sem espectadores no estádio                                                                                                                    é capaz de chocar, mas pode muito bem
é como uma sopa sem sal nem pimenta.                                                                                                                       acontecer que no ano 2029, o famoso
Todo o público assiste, mas à distância.                                                                                                                   ­Covid 19, o nosso companheiro perma-
A terra engole as suas crianças, a pande-                                                                                                                  nente, e dos nossos filhos ou netos, venha
mia goza da sua pechincha. Cada vez                                                                                                                        a festejar dez anos dum cruel aniversário,
mais o país parece escangalhar-se, em                                                                                                                      em boa forma.
todos lados sociais e nas diversas cone-                                                                                                                      Escolhemos diligentemente outras opi-
xões estruturais, estrangulando a civili-                                    fosse numa grande sala de operações,                                          niões e comentários dos nossos inter­
zação.                                                                       como se a humanidade contemporânea,                                           locutores. E uma ilustre mistura de res-
  Passámos, já, da segunda quarentena                                        toda ela, se encontrasse deitada na mesa                                      postas positivas e negativas, emocionan-
desta calma filigrana pesada, mas mes-                                       operatória da história? Pode ser que a                                        tes, artificiais, preocupantes e abstrusas:
mo um silêncio pitoresco deste género,                                       natureza maltratada reaja com rigor e                                         um espelho e um caleidoscópio real da
tão exagerado, oferece muita semelhan-                                       ferocidade mortal, para eliminar a espé-                                      nossa sociedade tão doente. Oferecemos
ça com uma lindíssima atmosfera pací-                                        cie de dois braços e de duas pernas, que                                      uma seleção representativa, mas com
                                                                             denota sucessivamente um desrespeito                                          todo o espírito original, com pontos de
                                                                             ambiental, sem dignidade oportuna para                                        vista raros, alguns mesmo fora do enten-
                                                                             usufruir das suas riquezas e sem estima                                        dimento, senão quase irrisórios. Conta-
                                                                             solidária para com os outros congéneres                                       mos, sem que tenham qualquer ordem
                                                                             de sangue e cabeça, que eliminam, sem                                          de importância:
                                          Foto: © Gerd Altmann auf Pixabay

                                                                             pudor, década após década, inúmeros                                              Um primeiro amigo tocou a nossa
                                                                             animais e plantas da terra, perecendo,                                        alma, lamentando e chorando, que se lhe
                                                                             assim, fauna e flora, condenadas ao dízi-                                     faltassem as noites de fado, sendo para
                                                                             mo. Lamenta veementemente a nossa flo-                                        ele uma verdadeira afeição musical, se-
                                                                             rista idosa, que o vírus tem a culpa que                                      ria o fim! No entanto, esta musicalidade
                                                                             neste ano de 2021 não haja limões sufi-                                       está repleta de prós e contras, nas atua-
                                                                             cientes e as palmeiras continuam a mor-                                       lidades quotidianas e na vida real, mas
                                                                             rer em grandes quantidades. Pânico exa-                                       nega ele categoricamente que a pande-

12 PORTUGAL REPORT NR. 84
mia tem a qualidade dum «conteúdo mi-                                         se as nações, e veio a tua ira, e o tempo dos                                     uma rebelião forte contra esta infiltração
tológico digno» de fado. Um outro fica                                            mortos, para que sejam julgados, e o tempo                                    preta, exigente, de olhos góticos verdes,
traumatizado deste ataque contra a raça                                          de dares o galardão aos profetas, teus ser-                                    brilhantes de raiva, bem visto no Whats
humana, mas mostra-se convicto de que                                            vos, e aos santos, e aos que temem o teu                                      App. Um último sinal, vem de um músico-
a medicina moderna vai ganhar esta luta                                           nome, a pequenos e a grandes, e o tempo de                                   -amigo, atualmente hospitalizado com o
difícil. Acredita ele que a medicina ultra-                                      destruíres os que destroem a terra.» Ela só                                    vírus de Covid-19, que com palavras fra-
passou, sempre, na história, com sucesso,                                         ficou muito preocupada sobre a adora-                                         cas, já voando acima dos níveis da pan-
todas as epidemias e pandemias mun-                                               ção das figuras dos santos nas igrejas e                                      demia, segreda triunfando: «Quando en-
diais, com uma força reprodutora assi-                                            santuários, onde a gente mexe com a                                           trar no céu, vou numa primeira tentativa
nalável e com a capacidade de se munir                                          mão as exposições religiosas, algumas                                           procurar e saudar o excelentíssimo Senhor
de instrumentos naturais/médicos; estes                                           delas continuando − incrivelmente − a                                         Beethoven, para lhe agradecer, em nome da
meios nos tempos antigos eram muito                                           beijá-las! Assim, igrejas e santuários                                            toda raça humana, a fascinação da sua
menos evoluídos, mesmo se o Covid-19                                              ­serão fontes de infeções repetidas, sem                                      música ‹completamente fora do mundo›.»
durar até ao ano 39 ou ao ano 49, defen-                                          fim? Não pode, não deve ser assim.                                            Paciência, meu caro, temos tempo para
de ele. Consultado um terceiro, este fica                                            Um amigo, filósofo de profissão, e com                                     este arranjo, absolutamente justo. Que
bem satisfeito da linda pausa de aviões                                        uma língua luzida, com as raras capaci-                                          diferença faz, penso eu, a preocupação
«em cima do meu telhado», elogiando o ar                                          dades virtuais de astrologia, pressagiou                                      da nossa florista e deste nosso músico,
mais puro nas ruas, a nova tranquilidade                                       uma imagem no futuro de um imprete-                                              ambos com todos os direitos nesta íntima
do ambiente amargurado, acordando                                             rível terremoto, seguido de um furacão                                            atualidade?
agora, toda a natureza muito mais verde,                                          apocalíptico, continuando o mundo ves-                                           Acabamos com este pequeno balance-
uma proibição bem razoável e uma boa                                           tido apenas de fauna e flora pacíficas,                                          te selecionado, resumindo o facto insus-
alternativa para o antigo «turismo de                                         brincando, para não excluir uma certa                                             peito de que, em princípio, todos os cida-
                                                                               possibilidade de grande parte dos                                                dãos portugueses se sentem atingidos
                                                                              ­homens, fugir para o universo, as prepa-                                         desta miséria perigosa, um derradeiro
                                                                               rações, como já o nosso momento o vai                                            anacronismo higiénico na nossa socieda-
                                                                               revelando, vão já bem avançadas, para                                            de. Todos estão cheios de atividades soli-
                                                                                  continuar com os seus conflitos e guerras                                     dárias e de uma esperança fortíssima. Na
                                            Foto: © Eric Mclean on Unsplash

                                                                                noutras estrelas ou frias galáxias. Um                                          nossa estatística pessoal, metade dela de-
                                                                                  amigo médico anunciou um radical                                              fine o caos com previsão positiva, outra
                                                                                 ­vírus-lifting com novos medicamentos,                                         metade com múltiplas dúvidas pessoais,
                                                                                ­ignorando estritamente uma bancarrota                                          para viver um dia sem este flagelo do sé-
                                                                                  da raça humana. Ao invés, aponta para                                         culo 21, não ficar muito tempo nesta si-
                                                                               um renascimento e uma reanimação                                                 tuação ainda, não pensar que será para
                                                                               ­gloriosas, com novas atitudes e novos e                                          sempre, à semelhança do que acontece
                                                                                  evoluídos mecanismos para proteger e                                          no Carnaval de Veneza, esta cidade italia-
                                                                                   salvar a natureza, assim como as suas                                        na, famosa pelas suas máscaras históri-
 ­furacão selvagem». A interdição parcial                                                                                                                       cas, altamente inventivas e engenhosas,
  do tráfico nas cidades, o stop de barcos                                                                                                                      extraordinárias e absolutamente espeta-
  cruzeiros, estas fábricas turísticas de su-                                                                                                                   culares. A pandemia no mundo inteiro
jidade e de poluição: boa nota tomámos                                                                                                                          não é só um filme mudo, grita socorro, por
  da sua perspetiva. Outro amigo nosso                                                                                                                           detrás de milhares de máscaras.
                                                                                                                           Foto: © Pete Linforth auf Pixabay

­amentou todo o martírio das crianças                                                                                                                              A cronologia completa verdadeira da
inocentes altamente prejudicadas e que                                                                                                                          pandemia Covid-19 vai ser escrita, talvez,
«devem pagar» pelas falhas irresponsá-                                                                                                                          pelos nossos bisnetos, quem sabe. Não o
veis de uma vida frívola, super luxuosa e                                                                                                                       esperamos. Para ficar em bom equilíbrio
glamorosa, a custo de todos os outros,                                                                                                                          da mentalidade e da língua portuguesa,
  claro está: as gerações passadas, incluin-                                                                                                                    dizemos, apenas, e julgamos: vamos ver
  do avós e pais. Chorou uma senhora que                                                                                                                        se conseguimos fazer o melhor para
muita gente, nomeadamente trabalhado-                                                                                                                           ­solucionar o ótimo, para pôr fim a este
ras, mulheres, sofrem sem trabalho por                                                                                                                          purgatório social.
  causa da pandemia e para muitas crian-                                        fontes, voltando um homem sem máscara.
  ças indefesas falta «o pão suficiente de                                    Uma senhora, conhecida entre os amigos
  cada dia», como rezamos no Pai Nosso!                                        pela sua obsessão simpática de distribuir
Mas uma senhora crente explicou-nos,                                            com uma retórica liricamente pintada de
  com muita calma e pura convicção, fisi-                                       esperança anti pandémica, vê alegria
  camente notável, que todo este atual ce-                                     ­infinita nas abstrações da saúde, enfim,
                                                                                                                                                                                                           Foto: © PixxlTeufel auf Pixabay

nário, nada poético e tão alarmado para                                       relíquias fascinantes nos horizontes
muitos que não conhecem a bíblia, com                                         ­rosas. Mais uma outra declarou, ainda,
 as suas ricas parábolas e profecias, sobre                                     que sentiu na discussão sobre o vírus e a
 o fim dos tempos, vem recordar aquilo                                         pandemia, uma conspiração e manipu-
  que está escrito no «livro da vida», segun-                                  lação divertidíssimas dos indivíduos ex-
  do ela, no capítulo 11, versículo 18, Livro                                  traterrestres para acumular a miséria no
  do Apocalipse segundo S. João: «E iraram-                                    globo, antes de o ocupar. Precisa-se de

                                                                                                                                                                                      1. SEPTEMBER 2021   13
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