JUBILÄUMSAUSGABE 2021 - ZAHNÄRZTEKAMMER & - KZV Sachsen-Anhalt

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JUBILÄUMSAUSGABE 2021 - ZAHNÄRZTEKAMMER & - KZV Sachsen-Anhalt
ZAHNÄRZTEK AMMER &
                                                           K ASSENZAHNÄRZTLICHE
                                                           VEREINIGUNG
                                                           S A C H S E N - A N H A LT

JUBILÄUMSAUSGABE 2021
W W W.ZAEK-SA .DE W W W.KZV-LSA .DE

                                               30
                                            JAHRE
                                      PA R TN E R S CH A F T.
JUBILÄUMSAUSGABE 2021 - ZAHNÄRZTEKAMMER & - KZV Sachsen-Anhalt
2 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
JUBILÄUMSAUSGABE 2021 - ZAHNÄRZTEKAMMER & - KZV Sachsen-Anhalt
4 Grußworte                                             38 Anhang
   Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident                   Mitglieder des Kammervorstandes 1991 – 2021
   des Landes Sachsen-Anhalt
                                                            Mitglieder des KZV-Vorstandes 1991 – 2021
   Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit,
   Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt       Vorsitzende der Vertreterversammlung 1991 – 2021

6 Editorial                                             42 Zahlen & Fakten
   Dr. Jochen Schmidt, Vorstandsvorsitzender der
   Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt

   Dr. Carsten Hünecke, Präsident der
                                                        43 Impressum
   Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt

8 Die Entwicklung der
  zahnärztlichen
  Selbstverwaltung
  in Sachsen-Anhalt
   Prolog: Die Anfänge der Selbstverwaltung

   Von null auf hundert:      1991 – 2001

   Bleibendes und Neues:      2002 – 2011

   Neue Herausforderungen: 2012 – 2021

36 Aktuelle Themen
   der zahnärztlichen                                    Liebe Leserinnen, liebe Leser,

   Selbstverwaltung                                      30 Jahre ereignisreiche und durchaus emotionale Geschich-
                                                         te der zahnärztlichen Körperschaften in Sachsen-Anhalt
   Kosmetik oder Medizin?                                abzubilden, kann im vorliegenden Format eines Sonderhef-
                                                         tes nur schlaglichtartig gelingen. Wer mehr über die ver-
   MVZ auf dem Vormarsch                                 gangenen drei Dekaden wissen möchte, dem sei deshalb
                                                         die Lektüre der Chronik der Kassenzahnärztlichen Vereini-
   Corona-Pandemie – Zahnärzteschaft am Limit            gung Sachsen-Anhalt (1991 – 2011) sowie der 2016 erschie-
                                                         nenen Festschrift anlässlich des 25-jährigen Bestehens der
   Zahnarzt gesucht!                                     Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt empfohlen.

   11 Pfennig – GOZ-Punktwert seit 1988 nicht erhöht     Viel Spaß beim Lesen wünschen

                                                         Kassenzahnärztliche Vereinigung und
                                                         Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt

                                                                                           30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   3
JUBILÄUMSAUSGABE 2021 - ZAHNÄRZTEKAMMER & - KZV Sachsen-Anhalt
Dr. Reiner Haseloff
                              Ministerpräsident des
                                                                                                                Grußworte
                              Landes Sachsen-Anhalt

EINE VERLÄSSLICHE
PARTNERSCHAFT

An jedem Zahn hängt ein                    die berufsständischen Vereinigungen         und die Erfüllung aller beruflichen
ganzer Mensch – so sagte                   mitgeschrieben haben. 1990 wurde            Pflichten. Zahnärztekammer und Kas-
es bereits Paracelsus im                   die Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt          senzahnärztliche Vereinigung können
16. Jahrhundert. Man kann                  Körperschaft des öffentlichen Rechts,       auf die Geschichte der letzten drei
sagen, Zähne sind in aller                 1991 folgte die Kassenzahnärztliche         Jahrzehnte sehr stolz sein. Besonders
Munde. Das trifft auch im                  Vereinigung und sie nahmen ihre wich-       dankbar bin ich dafür, in ihnen auch
übertragenen Sinne zu, denn                tigen Aufgaben selbstverwaltend auf.        immer verlässliche Partner gefunden
in unzähligen Zitaten, Re-                 Es wurde die zahnärztliche Versorgung       zu haben, die die Landesregierung
densarten und Sprichworten                 für die Menschen optimal gestaltet. Die     kompetent beraten haben. Diese Zu-
spielen sie eine Rolle. Es wird            Wahrung der Patientenrechte, die Ver-       sammenarbeit wird auch in der Zukunft
ins Gras gebissen oder auf                 sorgung multimorbider Patienten, die        eng und vertrauensvoll fortgesetzt
dem Zahnfleisch gelaufen,                  digitale Entwicklung, Ausbildungsneu-       werden, das sind wir der Zahngesund-
auf den Zahn gefühlt oder                  erungen und die Nachwuchsgewinnung          heit der Menschen schuldig.
gern auch mal einer gezogen.               sind wichtige Facetten dieser Arbeit.
Manchmal geht es auch bissig                                                           Ich wünsche der Zahnärztekammer
zu. Alles das wird auch in den             Gegenwärtig sind fast 1.600 Zahnärzte       und der Kassenzahnärztlichen Vereini-
letzten 30 Jahren bei Zahn-                in unserem Land tätig. Sie alle haben       gung alles Gute und bin sicher, dass wir
ärztekammer und der Kassen-                auch die Herausforderungen der Co-          gemeinsam eine Fürsorge garantieren
zahnärztlichen Vereinigung                 rona-Pandemie, die uns noch immer in        können, die auf der Höhe des medizi-
erlebbar gewesen sein.                     Atem hält, bestanden. Ich möchte mich       nischen Fortschritts steht und in allen
                                           dafür besonders bedanken. Selbstbe-         Belangen die Patienten und ihr Wohl
Richtig ist aber auch, dass die zahn-      stimmung und Eigenverantwortung             fest im Blick hat.
ärztliche Versorgung und Berufsaus-        bleiben die entscheidenden Säulen, die
übung sich in den letzten 30 Jahren        unser Gemeinwesen prägen. Auf diesen        Dr. Reiner Haseloff
rasant verändert und vor allem             Säulen ruhen auch die berufsständi-         Ministerpräsident des Landes
verbessert hat. Das gehört zu der          schen Vereinigungen. Sie gewährleis-        Sachsen-Anhalt
großen Erfolgsgeschichte, an der auch      ten Flexibilität, Innovationsbereitschaft

4 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
JUBILÄUMSAUSGABE 2021 - ZAHNÄRZTEKAMMER & - KZV Sachsen-Anhalt
Petra Grimm-Benne
                                                           Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration
                                                           des Landes Sachsen-Anhalt

ALS PARTNER
AN IHRER SEITE

Zum 30-jährigen Bestehen                 Wir können auf eine erfolgreiche               für ihre Praxen suchen. Nachwuchs-
der Zahnärztekammer Sach-                Zusammenarbeit zurückblicken. So               kräfte zu gewinnen, um auch künftig
sen-Anhalt und der Kassen-               konnten gemeinsame Aktionen zur                die zahnärztliche Patientenversor-
zahnärztlichen Vereinigung               Verbesserung der Zahngesundheit der            gung sicherstellen zu können, ist eine
Sachsen-Anhalt gratuliere ich            Bevölkerung unseres Landes erfolg-             Herausforderung, der man sich schon
Ihnen sehr herzlich.                     reich umgesetzt werden. Erinnern               heute stellen muss. Wie es für Haus-
                                         möchte ich an die ins Leben gerufene           arztpraxen bereits praktiziert wird, so
Viel hat sich verändert seit dem Jahr    „Liga der Kariesfreien“, einer Initiative      sind auch im zahnärztlichen Bereich
1991, in dem Zahnärztekammer und         der Zahnärztekammer und der KZV                neue Wege gefragt, diese Aufgabe zu
Kassenzahnärztliche Vereinigung          Sachsen-Anhalt, um vorbildliche Zahn-          bewältigen. Hierbei bleiben wir als
als Körperschaften des öffentlichen      pflege zu würdigen. Darüber hinaus             Partner ebenfalls an Ihrer Seite.
Rechts gegründet wurden. Sie haben       leisteten die Projekte der Zahnärzte-
beide Institutionen mit Leben ge-        kammer „Alter mit Biss“, „AzuBiss“ und         Für einen konstruktiven Dialog stehen
füllt. Die Zahnärztekammer hat sich      „Vergissmeinnicht“ einen wichtigen             mein Ministerium und ich gern weiter
immer für die beruflichen Belange der    Beitrag speziell für die Verbesserung          zur Verfügung.
Zahnärzteschaft im Lande eingesetzt.     der zahnärztlichen Versorgung älterer
Die Kassenzahnärztliche Vereinigung      und pflegebedürftiger Menschen.                Petra Grimm-Benne
stellte die zahnärztliche Versorgung                                                    Ministerin für Arbeit, Soziales und
der Bevölkerung sicher. Dass dies auch   Regelmäßig stehen wir im gemeinsa-             Integration des Landes Sachsen-Anhalt
unter den Bedingungen der aktuellen      men Austausch mit Ihren beiden Insti-
Corona-Pandemie gelingt, ist Ausdruck    tutionen, um Sie bei neuen Aufgaben
Ihres Engagements. Hierfür möchte ich    zu unterstützen. In den nächsten Jah-
Ihnen ausdrücklich meinen Dank und       ren werden viele Zahnärzte im Land in
meine Anerkennung aussprechen.           den Ruhestand gehen und Nachfolger

                                                                                                             30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   5
Dr. Jochen Schmidt
                              Vorstandsvorsitzender der
                                                                                                                  Editorial
                              Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt

                        IN STRUKTUREN
                        GEGOSSENE
                        WERTE UND IDEALE
Eigentlich ist es nicht mög-               der Politik und Schikanen der Kosten-      zeigt mir, wie sich die Werte und Ziele
lich, die Entwicklung des                  träger die zahnärztliche Versorgung        des Berufsstandes in Strukturen ver-
zahnärztlichen Berufstandes                für die Bevölkerung in Sachsen-Anhalt      wirklicht haben und wie wichtig diese
und seiner Standesvertretun-               sichergestellt haben.                      als Grundlage für eine selbstbestimmte
gen in Sachsen-Anhalt seit                                                            Berufsausübung sind.
der politischen Wende im                   Als die Zahnärzteschaft Sachsen-An-
Jahr 1989 auf nur 44 Seiten                halts nach dem Mauerfall den Weg in        30 Jahre Zahnärztekammer und
darzustellen. Das sind immer-              die berufsständische Selbstverwaltung      Kassenzahnärztliche Vereinigung in
hin drei ganze Jahrzehnte,                 eingeschlagen hat, taten wir dies in der   Sachsen-Anhalt beschreiben drei Jahr-
aber in dieser ZN-Sonderaus-               Hoffnung, dass sich der Berufsstand        zehnte freiberuflicher Selbstverwal-
gabe steht hierfür nur etwas               künftig in berechtigter Weise an der       tung als Grundlage für die fortwähren-
mehr als eine Seite pro Jahr               Gestaltung der gesellschaftlichen Ver-     de Entwicklung und Gestaltung einer
zur Verfügung. Viele wichti-               hältnisse beteiligen kann.                 bedarfsgerechten und zukunftsorien-
ge Ereignisse und Personen                                                            tierten zahnmedizinischen Versorgung
bleiben in der nachfolgenden               Diese Hoffnung hat sich unzweifelhaft      in unserem Bundesland.
Retrospektive unerwähnt.                   erfüllt. Jedoch mussten wir auch die
Das ist sicher schade, denn                Erfahrung machen, dass die einst in        Anliegen dieses Rückblicks ist es somit,
sie alle verdienen es, im Ge-              Strukturen gegossenen Werte und Ide-       auf vergangene Ereignisse zu schauen,
dächtnis zu bleiben.                       ale fortwährend in politischen Kräfte-     um sie der Geschichtsvergessenheit zu
                                           spielen in Frage gestellt werden.          entreißen und zu diskutieren, was wir
Aber auch, wenn nicht alle wichtigen                                                  heute daraus lernen können.
Geschehnisse und Akteure explizit er-      Aus der Vergangenheit lernen
wähnt werden können, wollen wir mit                                                   Ich wünsche Ihnen viel Freude beim
dieser Sonderausgabe der Zahnärztli-       Ich persönlich blicke zurück und tue       Durchstöbern dieses Heftes und hoffe,
chen Nachrichten dennoch Wertschät-        das durchaus in Nostalgie, aber nicht      dass Sie die Lektüre als persönliche
zung und Dank gegenüber allen Kol-         mit dem Gedanken, dass früher alles        Bereicherung erfahren. Ich danke
leginnen und Kollegen zum Ausdruck         besser war. Die Retrospektive ermög-       allen, die an der mühevollen Aufberei-
bringen, die in den vergangenen Jahren     licht es mir vielmehr, Gegenwart und       tung der Geschichte mitgewirkt und die
und Jahrzehnten trotz beruflicher An-      Zukunft besser zu verstehen. Der Blick     Idee dazu überhaupt entwickelt und
strengungen, gelegentlicher Trägheit       auf das Erkämpfte und Gewonnene            angestoßen haben.

6 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
Dr. Carsten Hünecke
                              Präsident der Zahnärztekammer
                              Sachsen-Anhalt

                                           GESTERN
                                           UND HEUTE
                                           FÜR MORGEN
Vor 115 Jahren wurde in                    rung und auch Misstrauen ausmachte,         die Gemeinschaft!“ Dieser gesellschaft-
Baden die erste Zahnärz-                   sowie der Wunsch nach Selbstbestimmt-       liche Grundpfeiler gilt in gleicher Weise,
tekammer mit staatlicher                   heit mögen die Kolleginnen und Kolle-       wenn Selbstverwaltung die Interessen
Anerkennung errichtet. Ange-               gen als „Ritter der ersten Stunde“ ganz     des einzelnen Mitgliedes in Einklang
sichts dessen mögen 30 Jahre               besonders beflügelt haben, die Geschi-      mit den Interessen der Gemeinschaft
zahnärztliche Selbstverwal-                cke des Berufsstandes nach der Wende        bringen muss. Die vergangenen drei
tung mit Zahnärztekammer                   in die eigenen Hände zu nehmen. Ihnen       Jahrzehnte beweisen, dass der enge
und Kassenzahnärztlicher                   kann man nicht genug danken und diese       kollegiale Austausch dafür ein zentrales
Vereinigung in Sachsen-An-                 Überzeugung gilt es wach zu halten.         Element ist. Die jüngste Vergangenheit
halt sehr kurz erscheinen. Ich                                                         hat verdeutlicht, dass der virtuelle
denke, es ist dennoch eine                 Vertrauen ist die Basis                     Kontakt den Wunsch nach persönlicher
gute Gelegenheit und ein                                                               Nähe und Kommunikation nicht erfüllen
würdiger Anlass, zurückzubli-              Die Vielfältigkeit der Aufgaben und sich    und ersetzen kann. Die sprichwörtliche
cken und innezuhalten. Zum                 immer schneller ändernde Anforde-           Geschlossenheit der Zahnärzteschaft
einen, weil dieser prägende                rungen im Laufe der Zeit sind auf den       entsteht in Gemeinschaft und nicht in
Abschnitt unseres (Berufs-)                folgenden Seiten ebenso dokumentiert        der Isolation und verhindert zugleich
Lebens rasend schnell verflo-              wie die erfolgreiche Umsetzung in der       das Gefühl, es werde nicht für, sondern
gen ist, zum anderen, weil die             Vergangenheit. Das große Engagement         gegen den Einzelnen agiert.
Erfahrungen der Vergangen-                 der Kollegenschaft und das Vertrauen
heit Richtschnur und Impuls                in ihre gewählten Standesvertreter ist      Wir stehen vor großen Herausforde-
für die Zukunft sein können.               für eine Selbstverwaltung dabei die         rungen und Umbrüchen in der Gesell-
                                           unverzichtbare Basis. Nur so besitzt        schaft, der Gesundheits- und Sozial-
Im Zentrum stand und steht bis heute       man die notwendige Reputation, um           politik und im Berufsstand. Mit den
der Wunsch nach Selbstbestimmung,          verlässlich und glaubhaft im kons-          Erfahrungen aus der Vergangenheit
egal ob vor über einhundert Jahren         truktiven Dialog gegenüber Politik und      und Gegenwart, gegründet auf dem
oder 1990/1991. Das Ziel der eigenver-     Gesellschaft für die Rechte der Kolle-      Selbstverständnis der selbstbestimm-
antwortlichen, freiberuflichen Tätigkeit   ginnen und Kollegen einzutreten.            ten, freiberuflichen zahnärztlichen
zum Wohle unserer Patienten und die                                                    Tätigkeit wird der Berufsstand die
gemeinsame Interessenvertretung ge-        Als Körperschaften können Kammer            nötigen Antworten finden. Eine starke
genüber Politik und Gesellschaft haben     und KZV dabei auch an ihre Grenzen          Selbstverwaltung ist dabei ein unver-
zu keiner Zeit an Aktualität verloren      kommen, wie es angesichts der zuneh-        zichtbares Element. Mein großer Dank
und immer die notwendigen Kräfte frei-     menden Versozialrechtlichung und bei        gilt allen Beteiligten, die zum Gelingen
gesetzt. Das gibt angesichts der aktuel-   Interessenkonflikten immer häufiger         dieser besonderen Ausgabe beigetra-
len Umbrüche im Berufsstand Mut für        deutlich wird. Die Erfahrung hat gezeigt,   gen haben, die auf sehr unterhaltsame
die Zukunft. Die Erfahrungen mit einem     dass dies aber kein Grund für Resignati-    Weise drei prägende Jahrzehnte unse-
ideologischen System, welches allge-       on sein darf. „Die Gemeinschaft braucht     res Lebens Revue passieren lässt. Ich
genwärtige Kontrolle, zentrale Steue-      den Einzelnen und der Einzelne braucht      wünsche viel Freude bei der Lektüre!

                                                                                                          30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   7
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                       2001
                       VON NULL
                       AUF HUNDERT.

8 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
PROLOG: DIE ANFÄNGE
DER SELBSTVERWALTUNG
Mit der vorliegenden Sonder-               bung der Grundstein für die wachsende        den Kassen auf die Fahnen geschrie-
ausgabe der Zahnärztlichen                 sozialpolitische und wirtschaftliche         ben hatte, gelang es 1923, eine erste
Nachrichten laden wir Sie ein              Bedeutung der Krankenkassen gelegt.          übergreifende Vereinbarung zu einer
auf eine Zeitreise durch die               Sie schlossen Einzelverträge mit den Ärz-    Gebührenordnung und Vergütungsform,
30-jährige, bewegte Geschich-              tinnen und Ärzten oder betrieben eigene      zum Schiedswesen und zur Zulassung
te der beiden zahnärztlichen               Versorgungseinrichtungen, in denen sie       von Kassenzahnärzten zu schließen.
Körperschaften Sachsen-An-                 Ärztinnen und Ärzte anstellten – oder
halts – Zahnärztekammer                    eben auch Dentisten und „Zahnkünstler“.      Grundlegende Neuerungen brachte die
und Kassenzahnärztlicher                   Aufgrund der rasch wachsenden Zahl           „4. Notverordnung des Reichspräsiden-
Vereinigung. Wir beleuchten                der gesetzlich Versicherten gewan-           ten zur Sicherung von Wirtschaft und
Umbruch und Neuanfang,                     nen die Krankenkassen schnell immer          Finanzen“ aus dem Jahr 1931 mit sich:
Entwicklung und Herausforde-               größeren Einfluss auf die wirtschaftliche    Die Kassenärztlichen Vereinigungen
rungen, Rückschläge und Er-                Situation der (Zahn-)Ärztinnen und Ärzte.    (KVen) als Körperschaften des öffentli-
folge für Körperschaften und               Ein wichtiger Streitpunkt war auch die       chen Rechts, in denen alle Kassenärzte
Zahnärzteschaft im Land. Viel              Frage der Zulassung zur kassen-(zahn-)       zusammengeschlossen waren, konstitu-
zu erzählen! In diesem Kapitel             ärztlichen Versorgung. Schließlich stellte   ierten sich und traten bei den gemein-
möchten wir den Blick aber                 die bis dato bestehende Zulassungsau-        samen Verhandlungen an die Stelle
noch etwas weiter zurückwer-               tonomie der Krankenkassen ein erhebli-       der einzelnen Kassenärzte. Kollektiv-
fen – und die Frage beantwor-              ches Druckmittel gegenüber der (Zahn-)       vertragliche Verhandlungen lösten die
ten: Warum gibt es Kammer                  Ärzteschaft dar.                             (kündbaren) privatrechtlichen Einzel-
und KZV eigentlich?                                                                     verträge ab. Im Folgejahr wurde dieses
                                           Bereits seit den 1890er Jahren schlos-       Modell auch auf die Zahnärzteschaft
Nach dem Zusammenbruch der DDR             sen sich daher Zahnarztinnen und             (und die Dentisten) übertragen.
wurden in den neuen Bundesländern          Zahnärzte zur Wahrnehmung ihrer
(Zahn-)Ärztekammern und Kas-               Interessen in Verbänden zusammen, um         Die (zahn-)ärztliche Selbstverwaltung
sen-(zahn-)ärztliche Vereinigungen         gegenüber den Kassen größere Autono-         und die freie (zahn-)ärztliche Berufs-
nach westdeutschem Modell lediglich        mie und die Aufnahme von Leistungen          ausübung bilden heute das Grundgerüst
wiedererrichtet. Der historische Ur-       in den Pflichtkatalog zu erwirken sowie      des deutschen Gesundheitssystems. Das
sprung des (zahn-)ärztlichen Verbands-     Qualität und Wissenschaftlichkeit ihrer      war nicht immer so. Sie sind das Ergeb-
wesens, in dem auch Kammer und KZV         Berufsausübung zu fördern. Nach dem          nis politisch-historischer Kämpfe – eine
wurzeln, reicht in Deutschland noch viel   Vorbild ärztlicher Berufsorganisati-         Errungenschaft zur Wahrung des Stan-
weiter zurück. Genauer gesagt bis ins      onen gründeten sich Anfang des 20.           des- aber auch des Patienteninteresses
19. Jahrhundert: Die Zahnärzteschaft       Jahrhunderts Zahnärztekammern, die           sowie zum Schutz vor Willkür der Kran-
befand sich bereits seit langem im         – als Körperschaften des öffentlichen        kenkassen. Im Korsett der vertragszahn-
Wettbewerb mit Ärzten und Chirurgen,       Rechts – staatlich anerkannt waren, der      ärztlichen Regelungen und Pflichten
denen die Ausführung zahnärztlicher        eigenverantwortlichen Selbstregulie-         hat die Selbstverwaltung mit Kammern
Tätigkeiten ebenfalls erlaubt war,         rung einer geordneten Berufsausübung         und Kassenzahnärztlichen Vereinigun-
als mit der „Kurierfreiheit“ anno 1871     dienten und der Zahnärzteschaft als          gen Freiberuflichkeit überhaupt mög-
die Freigabe der Heilkunde und der         institutionelle Plattform die Mitwir-        lich gemacht. Die Körperschaften bilden
Zahnheilkunde für Laienbehandler –         kung an Entscheidungen über die              das Gegengewicht zu den gesetzlichen
sprich: Nichtapprobierte – folgte. Wenig   Ausgestaltung des Gesundheitswesens          Krankenkassen und gewährleisten, dass
später wurde mit der Einführung der        ermöglichten. Dem Wirtschaftlichen           auch die Seite der „Leistungserbringer“
Krankenversicherungspflicht und der        Verband deutscher Zahnärzte, der sich        eine politische Stimme hat. Damals wie
1911 neugeschaffenen Sozialgesetzge-       die Interessenvertretung gegenüber           heute.

                                                                                                          30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   9
1991 – 2001

VOM VEREIN
ZUR KÖRPERSCHAFT
Die politische Wende im                      künftige Zahnärztekammer zu                      Geschäftsstelle eingerichtet (siehe
Herbst 1989 hatte auch Aus-                  erarbeiten und eine Gründungs-                     unten). Am 13. Juli 1990 verab-
wirkungen auf die Zahnärz-                   versammlung vorzubereiten.                         schiedete die DDR-Volkskammer
te der DDR, von denen der                                                                       das im Eiltempo erstellte Kam-
Großteil in Polikliniken tätig               Zwei Bezirke,                                   mergesetz. Auf dessen Grundlage
war. Es galt, das staatliche Ge-             eine Kammer                                 wurde der Zahnärztekammer Sach-
sundheitswesen der DDR nach                                                              sen-Anhalt im August 1990 mit Schrei-
westlichem Vorbild umzuge-                   Um die Vereinnahmung des Begriffes          ben des DDR-Gesundheitsministers
stalten und sich in eigener                  Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt              die Wahrnehmung der Aufgaben einer
Praxis niederzulassen.                       durch ehemalige Führungskräfte zu           Körperschaft des Öffentlichen Rechts
                                             verhindern, ließ Dr. Frank Dreihaupt die    (KdÖR) übertragen. Es galt bis zur Über-
Im Frühjahr 1990 fanden sich im ehe-         Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt e. V.        tragung in Landesrecht im Jahr 1994.
maligen Bezirk Magdeburg in einem            mit Sitz in Lüderitz in das Vereinsregis-   Spätsommer und Herbst 1990 waren
Kammerausschuss Kollegen zusammen,           ter eintragen. Mitte Mai 1990 war die       von Niederlassungsseminaren geprägt.
die sich für eine demokratische Um-          Satzung erarbeitet und 25 Exemplare         Mit Beginn des Jahres 1991 tritt die Not-
strukturierung des staatlichen Gesund-       gingen an die Kollegen im Bezirk Halle.     dienstordnung in Kraft, die ZÄK startet
heitswesens stark machten. Gabriele          Am 13. Juni 1990 wählten 47 Vertreter       eigene Fort- und Weiterbildungen für
Oschmann und Jens-Uwe Engelhardt             beider Bezirke einen Vereinsvorstand        Zahnärzte und Helferinnen. Bei der
aus Magdeburg, Burkhard Labs aus             mit Dr. Frank Dreihaupt an der Spitze.      konstituierenden Kammerversammlung
Biere bei Schönebeck und Dr. Frank           Sein Vize wurde Dr. Bernhard Lutterberg     der ZÄK am 29. Juni 1991 wird Dr. Frank
Dreihaupt aus Tangerhütte trafen sich        aus Halle (Saale). Bereits zwei Wochen      Dreihaupt Präsident. Es werden acht
ab da alle 14 Tage in der Poliklinik Mitte   später gab es die erste Vorstandssitzung    Ausschüsse gebildet und der AVW-Ver-
in Magdeburg, um eine Satzung für eine       in Dessau. Parallel dazu wurde eine         waltungsausschuss gewählt.

Zwei Umzüge und ein neues Institut
Eine feste Geschäftsstelle bekam die         Drei weitere Mitarbeiterinnen für das       später fand dort die erste Fortbildungs-
ZÄK bereits Ende Juni 1990. Bei der          Sekretariat und das Referat Helferinnen     veranstaltung statt. Am 14. Juni 1996
Commerzbank in der Magdeburger                    kamen dazu, darunter die heuti-        feierte die Kammer ihr neues Domizil
Innenstadt wurden zwei Räume                         ge Geschäftsführerin Christina      und zugleich fünften Geburtstag.
angemietet, besetzt mit einer                        Glaser. Anfang 1995 mussten sich
Sekretärin und einer Buchhalte-                      die Delegierten der Kammerver-
rin. Die Kammer Niedersachsen lie-                 sammlung erneut mit dem Thema
ferte Schützenhilfe in Form eines                   Umzug befassen. Die Frage nach
Kopiergerätes mitsamt Papier.                        Neubau, Kauf oder Anmietung
Im Mai 1991 nahm Rechtsanwalt                        eines Objektes sowie die Einrich-
Hans-Hugo Rau seine Tätigkeit als                   tung eines eigenen Fortbildungs-
Geschäftsführer auf, außerdem wur-               institutes standen im Raum, wofür
den zwei weitere Mitarbeiterinnen für        man sich schließlich im Sinne der Unab-
Fortbildung und Mitgliederverwaltung         hängigkeit von externen Räumlichkeiten
eingestellt. Weil die Räume schnell zu       entschloss. Im April 1996 zog die ZÄK an
                                                                                                   Einweihung des neuen ZÄK-Domi-
eng wurden, zog die ZÄK bereits Anfang       ihren heutigen Standort in der Großen                  zils am 14. Juni 1996. Linkes Bild:
1992 auf den Magdeburger Werder.             Diesdorfer Straße in Magdeburg. Wenig                  Geschäftsführer Hans-Hugo Rau.

10 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
1991 – 2001

                                                                                    Seit 25 Jahren vor Ort: Am 14. Juni 1996 wurden
                                                                                  feierlich die neue Geschäftsstelle und das Fortbil-
                                                                                  dungsinstitut im Westen Magdeburgs eingeweiht.

Informationen für Zahnärzteschaft, Teams und Patienten
Der Öffentlichkeitsarbeit als Mittlerin   Hannover. Ab Januar 1994 erschienen          mehr als 100 Ausgaben erschienen. Ab
zwischen Körperschaften und Zahnärz-      die zn dann unter Federführung der           Februar 1997 baut der emeritierte Hal-
ten, aber auch zwischen Berufsstand und   langjährigen Redakteurin Sabine Fiedler      lenser Klinikdirektor Prof. Dr. Fritz Taege
Gesellschaft wurde von Anfang an hohe     mit neuem Layout unter eigener                     die Patientenberatung der ZÄK auf.
Bedeutung beigemessen. Bereits im Juli    Verantwortung. Im Juli 1995                          Zuerst gibt es Beratungsstellen
1990 öffnete sich das Niedersächsische    erscheint erstmals die zn-Beila-                     in Magdeburg, Halle und Dessau,
Zahnärzteblatt (NZB) für Mitteilungen     ge für Helferinnen. Anfang 1996                      2001 folgen weitere in Stendal,
aus dem Nachbarbundesland. Im                 beschlossen die Kammern der                   Halberstadt und Weißenfels. Bis
Juni 1991 wurden                                                  neuen Bundeslän-     heute haben sich 12.000 Patienten
dann erstmals                                                     der, den in Sach-    beraten lassen. Ein weiterer Service für
die Zahnärztli-                                                   sen aus der Taufe    Zahnärzte und Patienten ist die 1993
chen Nachrichten                                                 gehobenen „Zahn-      eingerichtete Schlichtungsstelle. In der
Sachsen-Anhalt                                                   Rat“ als gemeinsa-    Kommunikation nach außen gab es über
als eigenes                                                      me, vierteljährlich   die Jahre hinweg nicht nur zahlreiche
Mitteilungsblatt                                                erscheinende           Presseinformationen und -konferenzen,
von ZÄK und KZV                                                 Patientenzeitschrift   sondern auch Aktionen und Wettbewer-
Sachsen-Anhalt                                                 herauszugeben. Die      be wie den „Markttag der Zahngesund-
herausgegeben,                                                 KZV Sachsen-Anhalt      heit“ in Wernigerode 1995 bis 2008 und
bis Ende 1993                                                 ist ebenfalls mit im     die Ausstellung „Auf den Zahn gefühlt“
mit Redaktion in                                              Boot. Bis heute sind     von 1997 bis 2000.

                                                                                                          30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   11
1991 – 2001

Das Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer
Eine der ersten Amtshandlungen der           sorgungswerkes beschließen konnte. Mit      sollte. Die Sachverständigen des AVW
Zahnärztekammer e. V. 1990 war die           der nötigen Genehmigung vom 11. Juni        Niedersachsen arbeiteten ebenfalls für
Vorbereitung der Gründung eines              1991 im Rücken konnte das Altersver-        Sachsen-Anhalt. Mitglieder der Zahnärz-
Altersversorgungswerkes. Bereits im          sorgungswerk der Zahnärztekammer            tekammer Sachsen-Anhalt vor Voll-
November 1990 konstituierte sich ein Ar-     Sachsen-Anhalt am 1. Juli 1991 offiziell    endung des 45. Lebensjahres wurden
beitsausschuss unter Leitung von                  seine Arbeit aufnehmen –                     nun Pflichtmitglieder anstelle der
Jens-Uwe Engelhardt (Magde-                         schneller als jedes andere                   Gesetzlichen Krankenversiche-
burg, l.). Auch der heutige Vorsit-                 der neuen Bundesländer.                       rung. Ältere Mitglieder konnten
zende des AVW-Verwaltungsaus-                       Vorsitzender des AVW-Ver-                    freiwillig beitreten, wofür sich die
schusses Dieter Hanisch (Freyburg,               waltungsausschusses wurde                    überwiegende Anzahl der Betrof-
r.) war schon dabei. Mit Hilfe aus Nieder-   Jens-Uwe Engelhardt, seit 1998 ist es       fenen entschied. Eine „Solidarrente“ si-
sachsen erarbeitete der Ausschuss eine       Dieter Hanisch. Die ZÄK schloss einen       cherte auch ihnen einen auskömmlichen
Sachsen-Anhalt-spezifische Satzung,          Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem          Ruhestand. Am 1. Juli 1996, fünf Jahre
woraufhin die Kammerversammlung im           AVW der Zahnärztekammer Nieder-             nach seiner Gründung, konnte das AVW
April 1991 die Gründung des Altersver-       sachsen, der bis 2012 Bestand haben         die ersten zehn Renten auszahlen.

LEBENSLANGES LERNEN
Fort- und Weiterbildung der                  mitsamt feierlichem Ball statt.                  schlug. Mit der Gründung des eige-
Zahnärzte und ihrer Teams                    1995 zog die Veranstaltung in                      nen Fortbildungsinstitutes 1996
gehören zu den Kernaufgaben                  den Magdeburger Herrenkrug                         wurde die ZÄK von kommerziel-
der Zahnärztekammer. Nach                    um, seit dem Jahr 2000 wird sie                   len Angeboten unabhängig. 1997
der Wende wurde der Grund-                   gemeinsam mit der Gesellschaft                  erhielt das Institut den Namen des
stein für Veranstaltungen                    für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde        Polyhistors Erwin Reichenbach.
gelegt, die es bis heute gibt.               (GZMK) ausgerichtet. Nach der Wende
                                             zu Gast bei den Fortbildungskongres-        Von der Stoma-Schwester
Bereits im Juli 1991 bot die ZÄK ihren       sen der niedersächsischen Kammer            zur Zahnarzthelferin
Mitgliedern ein Kursprogramm, wie            in Braunlage, nahm die ZÄK 1993 die
es bis heute üblich ist. Im November         Tradition der niedergelassenen Zahn-        Aus der Stomatologischen Schwester
1992 fand die erste Auflage des bis          ärzte wieder auf, die sich zu DDR-Zeiten    wurde 1991 die Zahnarzthelferin, an
heute durchgeführten Zahnärztetages          jährlich zu einer Fortbildungswoche         die Stelle der Fachschule trat die duale
                                             getroffen hatten. Rund 100 Kollegen         Ausbildung in Praxen und Berufsschu-
                                             kamen so am 17. September 1993 zur          len. Fachlich gut ausgebildet, fehlte den
                                             ersten Auflage der Fortbildungstage         Stoma-Schwestern das Wissen zur Ab-
                                             in den malerischen Harzort Schierke         rechnung in Kassenpraxen. 1992 begann
                                             am Fuße des Brockens; 1994 gab es die       die ZÄK deshalb mit „Anpassungslehr-
                                             zweite Auflage mit nunmehr 330 Teil-        gängen“. Diese absolvierten mehr als
                                             nehmern, 1995 fanden die Fortbildungs-      500 Teilnehmerinnen, die letzte Prüfung
                                             tage in Dessau statt und seit 1996 sind     wurde 1998 abgelegt. Die Kurse ebne-
                                             sie in Wernigerode heimisch. Ab 1993        ten auch den Weg zu den ab 1996 in der
                                             betreute der emeritierte Magdeburger        ZÄK angebotenen Aufstiegsfortbildun-
                                             Klinikdirektor Prof. Dr. Dr. Raimund Petz   gen. Bis 1995 ließen sich in Sachsen-An-
                                             das Fortbildungsprogramm, was sich          halt außerdem mehr als 350 Frauen zur
Fortbildungstage                             deutlich in Qualität und Umfang nieder-     Zahnarzthelferin umschulen.
in Schierke 1994.

12 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
1991 – 2001

SCHWIERIGER START
MIT SCHÜTZENHILFE
Die erste Vorstandssitzung der              ein Prozent des Umsatzes als Ver-                ten zahnärztlichen Stammdaten
KZV als e. V. (Vors. Dr. Rainer             waltungskostenbeitrag erhalten.                    mussten schnellstens in die KZV
Littinski) fand am 06.11.1990               Thema der ersten Vorstandssit-                     Niedersachsen zur EDV-Erfas-
statt. Für die zukünftige Arbeit            zung war zudem der Zustand der                    sung gebracht werden, um sicher-
gab es vieles zu entscheiden,               Geschäftsstelle im „Ärztehaus Mag-              zustellen, dass die Zahnarztpraxen
aber nur wenig Erfahrungswer-               deburg“ in der Gellertstraße 5, wo schon    im Februar 1991 die ersten Abschlags-
te. Es ging vor allem darum,                die ehemalige Abrechnungsstelle der im      zahlungen für das erste Quartal 1991
Modalitäten für die Kassenzu-               Bezirk Magdeburg verbliebenen privat        erhalten konnten.
lassung und für die Ersatzkas-              niedergelassenen Zahnärzte ihren Sitz
senbeteiligung festzulegen.                 hatte. Dort fanden in den Abendstunden      Das war für alle Beteiligten ein heute
                                            die wöchentlichen Vorstandssitzungen        nicht mehr vorstellbarer Kraftaufwand:
Anfangs suchte man Schützenhilfe bei der    und auch die Gespräche mit den Behör-       Es musste nicht nur die Sicherheit
KZV Niedersachsen. Denn noch waren          den, Krankenkassen, Banken und – nicht      für den Transport dieser Unterlagen
die räumlichen und personellen Kapazi-      zu vergessen – mit vielen Berufskollegen    gewährleistet werden, sondern auch die
täten und sicher auch die Sachkenntnis      und der Partner-KZV Niedersachsen statt.    Einhaltung des Datenschutzes war ein
nicht ausreichend, um die Abrechnung                                                    großes Problem. Hinzu kamen die logis-
der zahnärztlichen Leistungen vollends      Stammdaten-Übertragung:                     tischen Herausforderungen: kein Auto,
in Eigenregie durchzuführen. So sollte      Ein Wettlauf mit der Zeit                   kein Telefon und keine Telefonverbin-
die Abrechnung für das 1. und 2. Quar-                                                  dungen, kein Faxgerät, keine Kopierer,
tal 1991 durch die KZV Niedersachsen        Im Januar 1991 begann der Wettlauf          keine Computer … heute muss man sich
erfolgen und sie für diese Dienstleistung   mit der Zeit: Die manuell registrier-       fragen, wie das zu schaffen war!

In die Praxis: Erste Zulassungen und Niederlassungen
Soweit heute noch nachvollziehbar, war      ten, ihre Praxen bis Ende 1990 eröffnet     etwa 1.500 zugelassenen Zahnärzten
Claudia Albrecht die erste Zahnärztin,      zu haben. Eine nicht unerhebliche           rund 1.400 ihre eigene Praxis tatsäch-
die vom Zulassungsausschuss in Sach-        Anzahl weiterer zeigte bei Einreichung      lich eröffnet hatten.
sen-Anhalt die Zulassung erhalten hat.      der Unterlagen an, die Tätigkeit in eige-
Obwohl bis zum Ende des Jahres 1990         ner Niederlassung Anfang Januar 1991
nur etwa 20 Zulassungen erteilt wur-        aufgenommen zu haben bzw. aufneh-
den, hatten zu diesem Zeitpunkt bereits     men zu wollen. Da sich im Nachhinein
weit mehr Zahnärzte ihre Tätigkeit in       jedoch viele Niederlassungsmeldungen
eigener Niederlassung aufgenommen:          als bloße Absichtserklärungen heraus-
rund 800 Zahnärzte in Sachsen-Anhalt!       stellten, sind verlässliche statistische
                                            Aussagen aus der Anfangsphase dazu
Für Zahnärzte, die im Angestelltenver-      nicht mehr möglich.
hältnis (Kommune, Poliklinik) verblie-
ben, erfolgte die Teilnahme an der kas-     Den statistischen Erhebungen konnte
senzahnärztlichen Versorgung über den       man sich erst später widmen und bei-
                                                                                                       Ein Provisorium: Die ersten
jeweiligen Träger des Angestelltenver-      spielsweise in mühevoller Kleinarbeit                   Geschäftsräume der KZV in der
hältnisses. Etwa 550 Zahnärzte melde-       ermitteln, dass von den bis Ende 1991                      Magdeburger Gellertstraße.

                                                                                                         30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   13
1991 – 2001

AUFBAU DER
SELBSTVERWALTUNG
Ende 1990 waren die ersten
drei Mitarbeiter der KZV in
den Räumen der ehemaligen
Abrechnungsstelle für Ärzte
und Zahnärzte des ehemali-
gen Bezirkes Magdeburg in
der Gellertstraße 5 unterge-
bracht. Die Arbeitsmittel wie
Schreibtische, Stühle, Schreib-
und Addiermaschinen besorg-
ten sie sich aus dem Familien-
und Freundeskreis.
                                                                                             Die Baustelle des KZV-Verwaltungs-
Am 4. April 1991 konnte die Geschäfts-    werden. Damit war die Voraussetzung                    gebäude im Jahr 1994. Zu Weih-
stelle der KZV aus ihren beengten und     für die Planung des Gebäudes und den                nachten war der Umzug vollbracht.
provisorischen Räumlichkeiten zum Kai-    Erwerb eines Grundstückes am südlichen
ser-Otto-Ring 6 in Magdeburg umziehen.    Stadtrand gegeben. Knapp zwei Jahre
Allerdings wurden mit den steigenden      später, am 26. Juni 1993, stimmte die       Dr. Rainer Littinski unter dem lachenden
Anforderungen auch hier die Räume         Vertreterversammlung dem vorgelegten        Beifall der Anwesenden mit schmerzver-
schnell knapp, dazu kam der marode Zu-    Finanzierungsmodell zu, das für jedes       zerrtem Gesicht aus dem Munde riss …
stand des Gebäudes. Deshalb beantragte    KZV-Mitglied eine monatliche Belastung
der KZV-Vorstand bei der Aufsichts-       für die Dauer von zehn Jahren mit hälfti-   Die Arbeiten am Verwaltungsneu-
behörde die Zustimmung zum Erwerb         ger Refinanzierung vorsah. Aufgrund der     bau der KZV Sachsen-Anhalt gingen
eines Grundstücks für den Neubau eines    guten finanziellen Entwicklung konnte       planmäßig voran. So konnte die KZV
Verwaltungsgebäudes mit 3.500 Quad-       die Finanzierung des Verwaltungsgebäu-      Sachsen-Anhalt am 10. August 1994 zu
ratmetern Nutzfläche. Am 28. November     des jedoch früher abgeschlossen und die     einem kleinen Richtfest für den Neubau
1992 beschloss die Vertreterversamm-      Belastung der KZV-Mitglieder deutlich       einladen. Der Tradition folgend, schlug
lung der KZV, dass die Vertragszahnärz-   reduziert werden.                           Dr. Hans Hünecke den letzten Nagel
te des Landes den Hausbau finanzieren                                                 in den Dachstuhl, nachdem der Burger
                                          Am 12. Januar 1994 erfolgte bei nass-       Zimmermann Dirk Adam in seinem
                                          kaltem, stürmischen Wetter die Grund-       Richtspruch dem Bauherrn mit seinem
                                          steinlegung. In seiner Rede zu diesem       Haus viel Glück gewünscht hatte. Den
                                          feierlichen Anlass verwies der 1. Vorsit-   Umzug aus dem Kaiser-Otto-Ring an
                                          zende der KZV Sachsen-Anhalt, Dr. Hans      den südlichen Stadtrand von Magdeburg
                                          Hünecke, darauf, dass mit dem Grund-        konnte die Verwaltung ab Mitte Dezem-
                                          stein für das neue Verwaltungsgebäude       ber angehen – wenn auch zu diesem
                                          „die abschließende Phase des Aufbaus        Zeitpunkt noch fast mehr Bauarbeiter
                                          unserer Selbstverwaltung“ beginne. Im       als Angestellte im Haus tätig waren. Die
                                          Grundstein versenkt wurden die aktuelle     Vorfreude auf optimale Arbeitsbedin-
                                          Ausgabe der Tageszeitung „Volksstim-        gungen motivierte die 140 Mitarbeiter
                                          me“, ein Satz Münzen, ein Grundsatzpa-      so, dass keiner auf Arbeitsstunden oder
                                          pier des KZV-Vorstandes zu Fragen der       -belastungen achtete. Und Weihnachten
                                          berufsständischen Selbstverwaltung und      verspürten alle ein wohliges Glücksge-
Grundsteinlegung am 12. Januar 1994
                                          drei Zähne, die sich Vorstandsmitglied      fühl: Es ist geschafft!
durch Dr. Hans Hünecke.

14 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
1991 – 2001

 Begrenzte Vergütung und Einführung des HVM
 In Folge des Gesundheitsstrukturgeset-     Verteilung der Gelder musste her. Über   •   die Sicherheit des Praxisbestandes
 zes von 1993 ließ sich in Paragraph 85     Monate und mehrere Vertreterversamm-         nicht gefährden.
 Abs. 1 des SGB V Folgendes lesen: „Die     lungen zogen sich die Vorbereitungen
 Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe       des Honorarverteilungsmaßstabs                Gerecht könne ein HVM nicht sein –
 des Gesamtvertrages für die gesamte        (HVM), der nach dem Willen des                  dies war allen Vertretern klar. In
 vertragsärztliche Versorgung mit befrei-   Vorstands fünf Anforderungen                     der Frühjahrssitzung am 8. April
 ender Wirkung eine Gesamtvergütung         erfüllen sollte:                                 1995 beschlossen die Delegier-
 an die Kassenärztliche Vereinigung.“ Das                                                  ten der VV schließlich den HVM
 bedeutete im Klartext: Die Gesamtver-      •   jedem Vertragszahnarzt eine          der KZV Sachsen-Anhalt. Die Stimmung
 gütung wird gedeckelt, es steht nur ein        Leistungserbringung zum Vertrags-    fasste Dr. Peter Schmidt, der den Dele-
 bestimmter Betrag für die kassen-(zahn-)       punktwert ermöglichen,               gierten den HVM vorstellte, treffend in
 ärztliche Versorgung zur Verfügung. Das    •   die Punktwertangleichung an den      folgende Worte: „Alles, was wir in dieser
 hieß aber auch: Die KZVen sind vom Ge-         Punktwert West nicht gefährden,      Angelegenheit tun, erfolgt unter Geset-
 setzgeber verpflichtet, sicherzustellen,   •   eine möglichst gerechte Verteilung   zeszwang; wir halten derartige Maßnah-
 dass diese Gesamtvergütung auch für            der Honorare anstreben,              men für absolut leistungsfeindlich und
 alle unter das Budget fallenden Leis-      •   eine Entsolidarisierung der Ver-     hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit
 tungen ausreicht. Sprich: Ein Modell zur       tragszahnärzte vermeiden und         für sehr fragwürdig.“

                                                                                                     Das Verwaltungsgebäude
                                                                                                     der Kassenzahnärztlichen
Auszug aus dem ersten Rundbrief der KZV Sachsen-Anhalt, 10.12.1990:                                Vereinigung Sachsen-Anhalt.

„Die Verantwortlichen der KZV arbeiten seit Wochen ohne freie
Abende oder Wochenenden. Verwaltungsmäßig sind wir völlig
überfordert. Trotzdem hoffen wir, ab Januar 1991 mit Ihrer Hilfe
die Zahnheilkunde in unserem Land in eigener Verwaltung auf den
richtigen Weg zu bringen. Sie bitten wir dabei um etwas Geduld und
Verständnis für die totale Überforderung und auch die Unmöglichkeit,
diesem oder jenem von Ihnen auf persönliche Anfragen zu antworten …“

                                                                                                      30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   15
1991 -
2001
                   HIGHLIGHTS AUS EINEM

                                                                                                  Das AVW startet

                                                            Die ZÄK wird KdöR                  1. Juli 1991: Das Al-
                                                                                               tersversorgungswerk
                                                           29. Juni 1991: Konstituierende      (AVW) der Zahnärzte-

          Die KZV wird KdöR                                Kammerversammlung der
                                                           Zahnärztekammer Sach-
                                                                                               kammer Sachsen-An-
                                                                                               halt nimmt offiziell
                                                           sen-Anhalt, ebenfalls als           seine Tätigkeit auf.
      28. Juni 1991: Konstituierung der KZV als            Körperschaft des öffentlichen
      Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die            Rechts.
      erste Vertreterversammlung findet statt.

                                                                                                ZÄK und GZMK
                                                                                                 kooperieren
                                                            Reichenbach-
                                                             Förderpreis                    29. Februar 2000: Der
                                                                                            Zahnärztetag wird in
              KZV geht online                        Januar 2001: Die ZÄK verleiht zu       seiner 8. Auflage erst-
                                                     Ehren des Polyhistors erstmals den     mals gemeinsam von
              Juli 2001: Die Körperschaft geht ins   Erwin-Reichenbach-Förderpreis.         ZÄK und GZMK veran-
              Netz: Die erste Internetpräsenz        2020 werden Preis und Fortbildungs-    staltet. Ort seitdem:
              der KZV wird unter der Adresse         institut vom Namensgeber gelöst,       Das Hotel im Magde-
              www.kzv-sa.de freigeschaltet.          nachdem Näheres zur Biografie          burger Herrenkrug.
                                                     Reichenbachs in der Zeit des Natio-
                                                     nalsozialismus bekannt wurde.

16 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
M JAHRZEHNT                                                                                                             1991 -
                                                                                                                        2001

                                                           ZÄK startet die
                                                                                             Das erste KZV-Logo
                                                          Fortbildungstage

                   KZV rechnet                         September 1993:               1993: Die KZV Sachsen-Anhalt
                 eigenständig ab                       Schierker Fortbildung         möchte sich in einer unverwechsel-
                                                                                     baren Erscheinungsweise präsentie-
                                                       der Zahnärztekammer
               April 1992: Die KZV-Ge-                                               ren. Daraufhin wird EDV-Mitarbeiter
                                                       mit 100 Teilnehmern.
               schäftsstelle übernimmt                                               Thomas Wernecke kreativ: Sein
                                                       1994 gibt es eine
               die Abrechnung der Be-                                                Entwurf eines magentafarbenen
                                                       zweite Auflage in
               handlungsscheine von der                                              Logos mit den drei schattierten Ver-
                                                       Schierke, 1995 ziehen
               KZV Niedersachsen – ein                                               salien „KZV“ und dem Landesnamen
                                                       die Fortbildungstage
               bedeutender Schritt für die                                           „Sachsen-Anhalt“ findet ungeteilte
                                                       nach Dessau, seit 1996
               Eigenständigkeit und die                                              Zustimmung.
                                                       sind sie in Wernigerode
               Entwicklung der KZV.                    heimisch.

                                                      Patientenberatung

        Diskettenabrechnung                                 startet                  Die ZÄK zieht um
        erfolgreich gestartet
                                                    Februar 1997: Die            April 1996: Die Geschäftsstelle der
 April 1997: In Sachsen-Anhalt läuft ab der drit-   erste Patientenbera-         ZÄK zieht in die Große Diesdorfer
 ten Quartalsabrechnung 1995 der Feldversuch        tungsstelle der ZÄK          Str. 162 in Magdeburg. Zwei Monate
 zum Datenträgeraustausch. Die papierlose           öffnet in Magdeburg.         später wird offiziell das neue Fort-
 Abrechnung ist das (Fern-)Ziel. 1997 heißt es      Seitdem wurden mehr          bildungsinstitut eröffnet. Von 1997
 dann: Die Diskettenabrechnung ist erfolgreich      als 12.000 Patienten         bis 2020 trägt es den Namen „Erwin
 gestartet. Von 1.379 eingereichten Disketten       anonym und unpartei-         Reichenbach“.
 können 1.368 verwendet werden. Nur 119 Pra-        isch beraten.
 xen rechnen noch „per Hand“ ab.

                                                                                                      30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   17
2002 – 2011

                       2002 –
                       2011
                      BLEIBENDES
                      UND NEUES.

18 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
2002 – 2011

NACHDENKLICHKEIT
STATT FEIERLAUNE
Ein Gläschen Sekt wurde den                 Mit Budgetierung, angestrebten Ta-                Politik, bei der für die Honorierung
Mitgliedern der KZV-Vertreter-              gesprofilen, PKV-Standardtarifen                    von Leistungen deren Art und
versammlung in ihrer Sitzung                zum 1,7-fachen GOZ-Satz, Mehr-                      Umfang ebenso wenig ins Ge-
am 25. November 2000 kre-                   kostenvereinbarungen, deren pri-                   wicht fielen wie die tatsächlichen
denzt. Diese recht ungewöhn-                vat verhandeltes Honorar gesetzlich             Praxiskosten, sondern einzig die
liche Zäsur nach dem Bericht                begrenzt sein sollte, mit verschärften      Stabilität des Beitragssatzes für die GKV
des 1. Vorsitzenden der KZV, Dr.            Wirtschaftlichkeitsprüfungen, in Frage      zähle. Anstatt auf das voraussichtliche
Hans Hünecke, wurde aller-                  gestelltem Sicherstellungsauftrag der       Defizit in den Haushalten der Kranken-
dings nicht mit Ausgelassenheit             KZV und mit Zulassungsbeschränkungen        kassen mit noch mehr Bürokratie und
quittiert, sondern eher mit                 seien die Zahnärzte der neuen Bundes-       Kontrolle der Heilberufe zu reagieren,
Nachdenklichkeit. Denn ziem-                länder nach zehn Jahren wieder bei          solle die Politik besser dem Vorschlag
lich genau zehn Jahre zuvor                 Planwirtschaft, Dirigismus und letztlich    der Zahnärzteschaft Gehör schenken:
– am 24. Oktober 1990 – hatten              dem drohenden Zusammenbruch der             mehr Selbstbestimmung und zumutbare
sich 210 basisdemokratisch ge-              Gesundheitsversorgung gelandet – nach       Eigenverantwortung der Patientinnen
wählte Vertreterinnen und Ver-              so hoffnungsvollem Start.                   und Patienten in einem System von Ver-
treter der Zahnärzteschaft aus                                                          trags- und Wahlleistungen mit Kosten-
Sachsen-Anhalt in Magdeburg                 50 Insolvenzanträge                         erstattung und Festzuschüssen.
getroffen, um den ersten Vor-               durch Zahnarztpraxen
stand der KZV e. V. zu wählen.                                                          Einem entsprechenden Leitantrag des
So mancher fühlte sich anno                 Allerdings, so warnte der KZV-Vorsitzen-    Vorstandes stimmte auch die Vertreter-
2000 aber wieder in die Zeit vor            de, treffe die Pleite diesmal nicht den     versammlung der KZV Sachsen-Anhalt
der Wende zurückversetzt.                   Staat, sondern die Zahnärzte persönlich:    einstimmig zu. Diese Konzepte in der
                                            50 Insolvenzanträge von Zahnarztpra-        Öffentlichkeit und vor der Zahnärzte-
Aus der Sicht des 1. Vorsitzenden schloss   xen seien bereits eingereicht, mit weite-   schaft zu vertreten, bezeichnete Dr.
sich nach zehn Jahren mit dem GKV-Ge-       ren 100 müsse man wohl in nächster Zeit     Hans Hünecke als die Hauptaufgabe der
sundheitsreformgesetz nun der Kreis:        rechnen. Das seien Auswirkungen einer       kommenden Jahre.

 Die Vertreterversammlung
der KZV im November 2001.

                                                                                                          30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   19
2002 – 2011

Früh erkannt: Die Altersstruktur wird zum Problem
Bei den Zahnärzten in Sachsen-An-           zwanzigste älter als 56. Im Jahr 2001      zu absolvieren. Und kaum jemand von
halt existierten Anfang 2002 für acht       war nur noch ein Achtel unter 36, aber     ihnen kam nach Sachsen-Anhalt zurück.
Planungsbereiche Zulassungssperren,         der Anteil der über 56-Jährigen hatte      Auch im Jahr 2010 wies der Vorstand
und weiteren drei Gebieten stand            sich verdreifacht. Für die fortgesetz-     das aufsichtführende Ministerium auf
die Sperrung bevor. Die Zahl der zur        ten Zulassungssperren war allerdings       den stetig maroder werdenden Zustand
vertragszahnärztlichen Versor-                    nicht ein überdurchschnittlicher     des demografischen Lebensbaumes der
gung Zugelassenen stieg bisher                      Zustrom an Zahnärztinnen und       Vertragszahnärzteschaft des Landes
noch an. In der Frühjahrstagung                     Zahnärzten verantwortlich,         hin: Bereits mehr als die Hälfte der
der Vertreterversammlung wies                      sondern vielmehr das „negati-       KZV-Mitglieder hatten zu diesem Zeit-
Vorstandsmitglied Dieter Hanisch                 ve Bevölkerungswachstum“, das         punkt „die 50“ überschritten.
allerding bereits auf die bedenkliche       in Sachsen-Anhalt dramatische Aus-
Entwicklung der Altersstruktur der hiesi-   maße angenommen hatte. Das machte          Interessant auch die Details: Von den
gen Zahnärzteschaft hin: Die Alters-        zugleich auch vor dem zahnärztlichen       40- bis 49-Jährigen arbeiteten 41 Pro-
pyramide hatte ihre Basis verloren und      Nachwuchs nicht halt: Von den jährlich     zent im Süden des Landes, 39 Prozent
stattdessen einen „Bauch“ bekommen.         rund dreißig jungen Zahnmedizinern,        in den Städten und nur 29 Prozent
                                            die in Halle nach erfolgreichem Studi-     im Norden. Kaum 2 Prozent der Ver-
Der Grund dafür: Die Zahnärzteschaft        um die Approbationsurkunden erhielten      tragszahnärzte im Norden des Landes
alterte, ohne dass in ausreichendem         und die im langjährigen Mittel auch nö-    waren jünger als 30 Jahre. Im Süden
Maß junge Kolleginnen und Kollegen          tig waren, um den Generationswechsel       war übrigens ein ähnlich großer Anteil
nachrückten. So war im Jahr 1993 noch       auszugleichen, gingen neuerdings im-       bereits über 69 Jahre alt – und noch am
ein Drittel der niedergelassenen Zahn-      mer mehr in die alten Bundesländer, um     Behandlungsstuhl tätig. Aus dem Minis-
ärzte jünger als 36 Jahre, und nur jeder    dort ihre zweijährige Vorbereitungszeit    terium kam dazu keine Äußerung.

Das Ende einer Ära: Dr. Hans Hünecke hört auf
Zwölf Jahre als 1. Vorsitzender der                                                    danken der Freiberuflichkeit bestimmt
KZV Sachsen-Anhalt gingen für Dr.                                                      sind, und dies der Kollegenschaft als
Hans Hünecke am 25. Januar 2003 mit                                                    alternatives Angebot unterbreitet.
der konstituierenden Sitzung der neu                                                   Tatsächliche Veränderungen herbeizu-
gewählten Vertreterversammlung, für                                                    führen – das ist ein äußerst zählebiger
die er nicht wieder kandidiert hatte, zu                                               Prozess. Jeder Zahnarzt sollte wissen:
Ende. Man konnte, wie es die Zahnärzt-                                                 Auch er selbst muss sich daran beteili-
lichen Nachrichten Sachsen-Anhalt in                                                   gen, sie herbeizuführen. Die seit Jahren
ihrer Januar-Ausgabe 2003 taten, sicher                                                auf gleichem Niveau begrenzten Mittel
mit Fug und Recht vom Ende einer Ära                                                   müssen auf der Basis eines HVM verteilt
sprechen. Eine neue würde beginnen,                                                    werden, der die Leistungen auch nur zu
kein Zweifel. In einem Interview gab                                                   einem begrenzten Teil angemessen ver-
Dr. Hünecke noch einmal Auskunft zu                                                    gütet. Bei Fortsetzung der derzeitigen
Fragen der Standespolitik, der Freibe-                                                 Sozialpolitik wird sich das nicht bessern,
ruflichkeit in Sachsen-Anhalt und zu                                                   im Gegenteil. Wo da die Schmerzgrenze
den Zwängen, denen sich auch die KZV                                                   erreicht ist, wird jeder Zahnarzt indivi-
Sachsen-Anhalt stellen musste und                                                      duell erleben. Wenn sie die Mehrzahl
muss. Auf die Frage, was der Berufs-                                                   der Kollegen spürbar erfasst, dann wird
stand von der KZV angesichts der ihr                                                   diese Mehrheit darüber entscheiden, in
gesetzten Grenzen denn überhaupt            auf den Weg gab: Der Berufsstand kön-      welcher Form den Patienten ein Ange-
erwarten könne, formulierte der erfah-      ne von der KZV erwarten, „dass sie die     bot zu einer qualitativen, umfassenden
rene Standespolitiker ein Credo, das er     Zielstellungen der politischen Tätigkeit   zahnärztlichen Versorgung unterbreitet
seinen Nachfolgern gewissermaßen mit        formuliert, Wege aufzeigt, die vom Ge-     werden soll.“

20 I 30 JAHRE PARTNERSCHAFT.
2002 – 2011

LAND UNTER
AUCH BEI ZAHNÄRZTEN
Im Sommer 2002 schwollen
die Fluten von Elbe und Mulde
nach heftigen Regenfällen zu
einem Hochwasser an, das
erst in Sachsen große Verwüs-
tungen anrichtete und ab dem
13./14. August auch Sach-
sen-Anhalt erreichte.

Fieberhaft wurde seitdem in den
Dörfern und Städten entlang von                                                                Bildunterschrift
Mulde und Elbe an der Befestigung                                                              mit kurzer
                                                                                               Beschreibung
der Deichanlagen, aber auch an der
Abdichtung von Häusern gearbeitet.
Tausende Menschen vor allem im
Süden Sachsen-Anhalts mussten ihre
Häuser verlassen. Viele von ihnen
arbeiteten bis zur Erschöpfung an der
Sicherung und Verstärkung der Hoch-
wasserschutzanlagen mit. Die Vorstän-
                                                                                    16. August 2002: Freiwillige Helfer sind am
de von ZÄK und KZV Sachsen-Anhalt        gebracht wurden, aber in den am
                                                                                   Ufer der Goitzsche in Bitterfeld mit dem Bau
trafen sich am Freitagnachmittag (16.    meisten gefährdeten Gebieten –             eines Dammes beschäftigt. Das ehemalige
                                                                                       Tagebaurestloch droht nach der Flut der
August 2002) zu einer Krisensitzung.     Pretzsch an der Elbe, Wittenberg,
                                                                                   Mulde überzulaufen und die Stadt Bitterfeld
Etwa 10 Prozent der Zahnarztpraxen       Dessau, Bitterfeld, Raguhn, Jessnitz …            zu gefährden. Foto: ZB / Peter Endig
des Landes, so eine erste, vorsichtige   – waren die Praxen am Freitagvormit-
Schätzung aufgrund von Gesprächen        tag telefonisch schon gar nicht mehr zu
mit Kreisstellenvorsitzenden, könnten    erreichen. Angesichts dieser Situati-
vom Hochwasser betroffen sein – nicht    on verständigten sich die Vorstände       finanzielle Erleichterungen und Hilfen
wenige von ihnen in einem Ausmaß,        beider Körperschaften auf Maßnahmen       entsprechend den Möglichkeiten der
das ihre Existenz bedrohte.              zur Unterstützung der geschädigten        Körperschaften gewährt werden. Am
                                         Praxen. Es wurde ein Beratungsdienst      Ende standen Milliardenschäden in
Zwei Wochen                              eingerichtet, der beispielsweise Hin-     Sachsen-Anhalt zu Buche. Magdeburg
Ausnahmezustand                          weise und Ratschläge geben sollte,        kam durch Ziehen des Pretziener
                                         wie man die angekündigten staatli-        Wehrs glimpflich davon. Viele nicht
Zwar war aus den Gebieten um Dessau,     chen Hilfen und Fördermittel nutzbar      direkt betroffene Kolleginnen und
Schönebeck, Burg, Magdeburg zu           machen konnte, welche steuerlichen        Kollegen zeigten sich beim Sandsäcke
erfahren, dass in bedrohten Bereichen    Erleichterungen in Frage kamen und        schleppen, bei Deichwachen und mit
vorsorglich aus Kellern Kompressoren     welche Hilfen bei der Entlohnung von      Spenden solidarisch. Die Bundesregie-
und Absauganlagen, aber auch Archiv-     Zahnarzthelferinnen bei vorüberge-        rung unterstützte mit Soforthilfen und
materialien ausgelagert, in manchen      henden Praxisschließungen möglich         einem 7,1 Milliarden Euro umfassenden
Praxen sogar auch die Behandlungs-       waren. In extremen Notfällen sollten      Fonds zur Aufbauhilfe in den Hochwas-
stühle demontiert und in Sicherheit      auch mittelbare und unmittelbare          sergebieten.

                                                                                                     30 JAHRE PARTNERSCHAFT. I   21
2002 – 2011

EINE NEUE KZV
ENTSTEHT
Man konnte auf der Tagesord-
nung zur Frühjahrssitzung der
Vertreterversammlung anno
2004 schnell darüber hinweg-
lesen, aber dieser TOP hatte
es in sich: die Diskussion zur
„Selbstauflösung“ der Vertre-
terversammlung vor Ende der
Legislaturperiode, wie sie per
Gesetz verlangt wurde.

Die Frühjahrs-VV hatte gemäß den
gesetzlichen Vorgaben die Satzung und
die Wahlordnung für eine „neue“ KZV
zu beschließen. Die Anzahl der Vertre-
ter wurde von 45 auf 30 reduziert, der
ehrenamtliche Vorstand durch einen
hauptamtlichen ersetzt, der maximal aus
drei Personen bestehen sollte. In seinen
Ausführungen wies der KZV-Vorsitzende
Dieter Hanisch auf die Notwendigkeit                                                     Blick in die Reihen der Vertreterversamm-
hin, dass der zahnärztliche Sachverstand                                                     lung der KZV Sachsen-Anhalt bei ihrer
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auch unter den Kautelen des GKV-Mo-
dernisierungsgesetzes erhalten bliebe.
Die Spielräume für die KZV seien schon
immer als zu klein empfunden worden,        Geschichte der KZVen einen hauptamt-       der Praxen in Sachsen-Anhalt nutzen
aber man habe sich trotzdem in ihnen        lichen Vorstand zu wählen hatte. Noch      – der großen wie der kleinen. „Mir ist
bewegen können. Sie würden ab 2005          während der alten Legislaturperiode, am    allerdings schon heute klar: Wir werden
mit hauptamtlichen Vorständen ge-           27. November 2004, fand sich die neue      es nicht jedem recht machen können;
wiss nicht größer werden, aber es wäre      Vertreterversammlung zu ihrer konstitu-    Interessenvertretung ist immer maxi-
sträflich, sie nicht auch dann zum Nutzen   ierenden Sitzung ein, um den hauptamt-     mal für eine Mehrheit möglich, nie für
der Zahnärzte ausreizen zu wollen. Er       lichen Vorstand der KZV zu wählen,         alle“, schätzte Klaus Brauner ein. Dieter
plädierte dafür, Zahnärzte und nicht        dessen sechsjährige Amtszeit (wie die      Hanisch formulierte es so: „Wir wollen
Berufsfremde in den künftigen Vorstand      der VV) am 1. Januar 2005 beginnen soll-   es schaffen, dass die Kollegen ihre KZV
zu wählen, denn: „Dass Entscheidun-         te. Zum Vorstandsvorsitzenden wurde        auch weiterhin als eine Service-Einrich-
gen über Zahnärzte künftig von Leuten       Dieter Hanisch, zum Stellvertretenden      tung sehen, als eine Institution, die sie
getroffen werden könnten, die von der       Vorsitzenden Dr. Klaus Brauner gewählt.    anrufen können, wenn sie eine Frage, ein
Sache nicht die geringste Ahnung haben      Damit war die „neue“ KZV Sachsen-An-       Problem haben, und in der sie kom-
– das fände ich beängstigend.“              halt startklar.                            petente Ansprechpartner und Interes-
                                                                                       senvertreter finden. Das soll immer im
Am 21. August 2004 erfolgte die Auszäh-     Auf die Frage nach den Zielen ihrer        Vordergrund stehen und nie von der
lung der Stimmen für die neue Vertreter-    Tätigkeit antworteten beide, sie wollten   Kontrollfunktion, die der Gesetzgeber
versammlung der 5. Legislaturperiode        die Freiräume, die noch vorhanden seien,   der KZV ja auch aufgedrückt hat, über-
ab 2005, die zum ersten Mal in der          maximal im Sinne des Funktionierens        deckt werden.“

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