Schmerz ARZNEIMITTELINTERAKTIONEN

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                                                                                                                             13.−14. Mai, Baden-Baden
                                                                                                                             27.−28. Mai, Nürnberg
       2011 bulletin                                                                                                         22.−23. Juli, Freising

                                                                                                      ARZNEIMITTELINTERAKTIONEN

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Therapie chronischer Schmerzen stellt uns in der
täglichen Praxis immer wieder vor neue Herausforder­
                                                         Wechselwirkungen in der
                                                         Schmerztherapie mit Opioiden
ungen. Denn Schmerz ist ein komplexer Bewusst­
seinsinhalt, an dessen Entstehung und Verarbeitung
die verschiedensten Gehirnareale beteiligt sind. Des­
halb sind zur Schmerztherapie interdisziplinäre und
                                                         Wechselwirkungen seien in der Schmerztherapie aufgrund der engen therapeutischen Breite
mechanismenorientierte Ansätze erforderlich.
Ein häufiges Problem, mit dem wir immer wieder           vieler Substanzen und dem hohen Anteil an älteren Patienten mit multiplen Begleiterkrankung­
konfrontiert werden, sind Nebenwirkungen, die bei        en eine häufige Herausforderung für den Behandler, erläuterte Prof. Dr. med. Walter E. Haefeli
der Gabe von hochpotenten Analgetika auftreten           von der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie in Heidelberg. Um
und die Compliance gefährden. Wir stehen hier im­        Wechselwirkungen zu vermeiden, sei es deshalb wichtig, die Stoffwechselwege der Opioide
mer wieder vor der Herausforderung, die richtige         genau zu kennen und die Arzneimitteldosierungen in der Verordnungspraxis der Schmerzthe­
Balance zwischen ausreichender Wirksamkeit und           rapie dementsprechend gegebenenfalls anzupassen. Besonders abhängig ist die Sicherheit
akzeptablen Nebenwirkungen zu finden. Neben ei­          und Wirksamkeit vieler Schmerzmittel dabei von einer Komedikation, die zu ihrer Akkumu­
ner bestmöglichen medikamentösen Therapie sollten        lation oder ihrer beschleunigten Elimination führen kann. Insbesondere Analgetika, die über
Schmerzpatienten im Rahmen eines multimodalen
                                                         Cytochrom-P450-Stoffwechselwege in der Leber metabolisiert werden, weisen im Allgemei­
Therapiekonzeptes auch nichtmedikamentöse Thera­
                                                         nen ein größeres Interaktionspotenzial auf als Substanzen, die über die Uridin-5-Diphospho-
piemaßnahmen erhalten.
                                                         Glucuronosyl-Transferase (UGT) zu ihren Glucuroniden abgebaut werden.
Aktuelle Umfragen bei chronischen Schmerzpatien­
ten zeigen, dass die Kontrolle von Schmerzen immer
noch oft unzureichend ist. Es ist deshalb an der Zeit,                                                          rapie besonders zu beachten und gegebenenfalls
umzudenken und die neuen Erkenntnisse aus der                                                                   die Dosierung von Analgetika anzupassen. Hierzu
Forschung in die praktische Schmerztherapie zu in­                                                              sei jedoch eine genaue Kenntnis der wichtigsten
tegrieren. Doch wie setzen wir die aktuellen Erkennt­                                                           Prinzipien von pharmakokinetischen und phar-
nisse aus der Schmerzforschung in unsere klinische                                                              makodynamischen Arzneimittelinteraktionen von
Praxis um? Welche Therapiemöglichkeiten gibt es für                                                             großer Bedeutung.
Schmerzen mit einer neuropathischen Komponente?
                                                                                  Baden-Baden
Für diese und viele andere Fragen ist der kollegiale
                                                                                  Prof. Dr. med.                Arzneimittelinteraktionen – pharmako­
Austausch enorm wichtig. Hierfür boten uns die von
                                                                                  Walter E. Haefeli             kinetische Arzneimittelinteraktionen
der Firma Grünenthal organisierten Symposien „Fo­
                                                                                                                sind häufig, Konzentrationsänderung
rum Schmerz 2011“ in Baden-Baden, Nürnberg und
Freising reichlich Gelegenheit. Wir bedanken uns da­     Arzneimittelwechselwirkungen sind eine häufige         beeinflusst die Wirkung
her bei allen Kolleginnen und Kollegen für die aktive    Ursache für unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Teilnahme an den Diskussionen und für den gemein­        (UAWs). So sind circa fünf Prozent aller Kranken-      Die Wirkung eines Arzneimittels ist von verschie-
samen Erfahrungsaustausch.                               hauseinweisungen auf eine UAW zurückzufüh-             denen Prozessen abhängig und weist eine hohe
Diese Broschüre fasst alle wichtigen Inhalte der drei    ren.1 Dies war auch Gegenstand des Vortrages           interindividuelle Variabilität auf. Neben der korrek-
Veranstaltungen nochmals zusammen.                       von Prof. Dr. med. Walter E. Haefeli von der Abtei-    ten Einnahme (Verabreichungsprozess) und der
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und viel       lung ­Klinische Pharmakologie und Pharmakoepi-         Freisetzung aus der Galenik (pharmazeutischer
Erfolg für Ihre tägliche Arbeit in der Praxis.           demiologie an der Universitätsklinik Heidelberg. Er    Prozess) tragen insbesondere die Verteilung zum
Mit kollegialen Grüßen                                   erläuterte, dass gerade in der Schmerztherapie,        Wirkungsort und die Elimination aus dem Körper
                                                         bei der häufig Substanzen mit einer engen the-         (pharmakokinetischer Prozess) sowie die Wirkun-
                                                         rapeutischen Breite eingesetzt werden, die Be-         gen am Wirkort (pharmakodynamischer Prozess)
                                                         handler sehr oft mit Arzneimittelinteraktionen kon-    zum therapeutischen Resultat (therapeutischer
                                                         frontiert sind. Vor allem die Polypharmazie ist laut   Prozess) bei.2 Für eine UAW sind häufig pharma-
                                                         Haefeli mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten    kokinetische Wechselwirkungen, bei denen es zu
                                                         einer UAW assoziiert. Da es sich bei Schmerzpati-      Änderungen der Konzentrations-Zeit-Profile der
                                                         enten in vielen Fällen um ältere ­Patienten mit mul-   gleichzeitig verabreichten Arzneimittel kommt,
Dr. med. U. Köster,     Prof. Dr. med. C. Maihöfner,     tiplen Begleiterkrankungen handle, sei es wichtig,     verantwortlich. In Folge davon wird die Wirkung
Stuttgart		             Erlangen                         Arzneimittelwechselwirkungen in der Schmerzthe-        einer Substanz beeinflusst. Davon unterschieden

                                                                                                                                                                  1
ARZNEIMITTELINTERAKTIONEN

werden pharmakodynamische Arzneimittelinter-                    beteiligt. Man solle zudem daran denken, dass               Gabe eines CYP-Induktors ohne eine Dosiser-
aktionen, bei denen es zu Wirkungsänderungen                    bei den drei Isoformen CYP2C9, CYP2C19 so-                  höhung des Opioids Entzugssymptome auftreten
der verabreichten Substanz kommt, ohne dass                     wie CYP2D6 bei circa fünf bis zehn Prozent der              können. Wichtige CYP3A4-Induktoren seien das
deren Konzentration verändert wurde.                            Bevölkerung genetische Varianten vorkämen, die              Tuberkulostatikum Rifampicin, die Antiepileptika
                                                                eine stark verminderte Enzymaktivität aufwiesen.            Carbamazepin, Phenytoin und Phenobarbital, das
Opioid-Clearance ist oft abhängig von                           Als Folge davon würden Medikamente, die an                  Virustatikum Efavirenz, der Endothelin-Rezeptor­
Cytochrom-P450-Stoffwechselwegen                                diese drei Isoformen bänden, nur sehr langsam               antagonist Bosentan sowie Johanniskraut. Da es
                                                                metabolisiert. Bei der Arzneimitteltherapie von             sich bei Letzterem um ein frei verkäufliches pflanz-
Pharmakokinetische       Arzneimittelinteraktionen              Patienten mit diesen CYP-Varianten, sogenann-               liches Präparat handelt, werde es häufig bei der
können die Ausscheidung (Clearance) einer                       ten langsamen Metabolisierern, sei zu berück-               Anamnese nicht erfasst. Die Inhaltsstoffe von Jo-
Substanz aus dem Organismus beeinträchtigen.                    sichtigen, dass bei allen Medikamenten aufgrund             hanniskraut lassen sich aber laut Haefeli bei circa
Somit beeinflussen sie den Dosisbedarf eines                    einer erhöhten Arzneimittelkonzentration bereits            fünf Prozent aller Patienten im Blut nachweisen.
Arzneimittels. Die Elimination eines Arzneimittels              in der Standarddosierung mit einem geringerem               Bei der CYP-Inhibition wird das Enzym durch den
und seiner Abbauprodukte aus dem Organismus                     Dosisbedarf und oft auch mit vermehrten Neben-              Hemmstoff entweder reversibel oder irreversibel
erfolgt in den meisten Fällen über die Nieren (re-              wirkungen gerechnet werden müsse, so Haefeli.               gehemmt, woraus ein verminderter Abbau eines
nale Clearance) und/oder metabolisch in der Le-                                                                             Arzneimittels resultiert. Die reversible Hemmung
ber (hepatische Clearance) anhand einer Phase-                  Einfluss einer Komedikation auf die CYP-                    ist dadurch gekennzeichnet, dass das Substrat
1-Reaktion über die Cytochrom-P450-(CYP-)                       Stoffwechselwege                                            durch den CYP-Inhibitor kompetitiv von der Bin-
Isoenzyme und mittels einer Phase-2-Konjuga-                                                                                dungsstelle verdrängt wird. Der Effekt der Inhibi-
tion zum Beispiel über die Uridin-5-Diphospho-                  Die Aktivität der CYP-Enzyme kann durch be-                 tion ist konzentrationsabhängig und setzt rasch
Glucuronosyl-Transferase (UGT) (Abb.1). Viele                   stimmte Arzneimittel sowohl erhöht (Enzymindu-              ein. Bei der irreversiblen Hemmung kommt es
Arzneimittel werden in der Leber über die CYP1-,                ktion) als auch vermindert (Enzyminhibition) wer-           hingegen zu einer kovalenten Bindung an das
CYP2- und CYP3-Familien metabolisiert. Von be-                  den. Die CYP-Induktion erfolgt dabei über eine              Enzym oder zur Zerstörung der CYP-Enzyme.
sonderer Bedeutung für Arzneimittelinteraktionen                Aktivierung nukleärer Rezeptoren im Zellkern der            Der inhibitorische Effekt erreicht dann erst verzö-
ist dabei die CYP3A-Familie, da fast die Hälfte                 Leberzelle, die zu einer vermehrten Transkription           gert nach einigen Tagen sein Maximum. Die En-
aller Arzneimittel über dieses Enzym abgebaut                   und damit zur verstärkten Enzymsynthese führt.4             zymaktivität ist bei einer irreversiblen Hemmung
wird (Abb. 2). Daneben werden circa 20 Prozent                  Dieser Prozess dauert in der Regel mehrere Tage,            erst nach einer Neubildung der CYP-Enzyme – in
der Arzneimittel über die CYP2C-Familie verstoff-               sodass ein maximaler induktiver Effekt erst ein             der Regel nach zwölf Tagen – wiederhergestellt.4
wechselt, wozu beispielsweise das Phenprocou-                   bis zwei Wochen nach der Verabreichung eines                Haefeli betonte, dass diese zeitlichen Verzöge-
mon (Marcumar®) gehört. Wichtig sind zudem die                  induzierenden Arzneimittels zu erwarten ist. Die            rungen bei Dosisanpassungen unbedingt zu be-
Enzyme der CYP2D-Familie. Sie bauen circa 25                    Folge einer CYP-Induktion ist ein beschleunigter            rücksichtigen seien.
Prozent der Arzneimittel ab, während Enzyme der                 Abbau von Arzneimitteln im Organismus und da-
CYP1A-Familie mit nur fünf Prozent eine geringe                 mit ein erhöhter Dosisbedarf. Laut Haefeli kann             CYP-Inhibition – Einfluss auf Opioide, die
Rolle spielen.3 In seinem Vortrag wies Haefeli da-              die Clearance dabei sogar um das bis zu 20-Fa-              als Prodrug vorliegen
rauf hin, dass man sich für die Schmerztherapie                 che erhöht werden. Das bedeute, dass auch bis
mit Opioiden insbesondere zwei CYP-Isoformen                    zu 20-fach höher dosiert werden müsse. Für die              Die Effekte einer CYP-Inhibition auf Opioide hän-
merken solle: Das CYP3A4 sowie das CYP2D6.                      Schmerztherapie mit Opioiden heißt dies, wie                gen von deren pharmakokinetischen Eigenschaf-
Beide seien an der Metabolisierung von Opioiden                 Haefeli erläuterte, dass bei einer gleichzeitigen           ten ab. So liegen einige Opioide wie das Tramadol

                                                                                                    50% aller                                              5%
                                                                                                    metabolisierten
                                                                                                    Arzneimittel
                                                                                                                       Opioide
                                                                 Bioverfügbarkeit F

                   Phase I       Phase II
                   (Red/Ox)      (Konjugation)

                                                                                                                               CYP3A4     30%      CYP1A2 13%
                       CYP                UGT            Trsp

                                          UGT                                                       20%
                                                                                                                          CYP2C9    20%
                                                 Phase III                            Trsp,                              CYP2C19
                                                                                                                                           CYP2E1 7%
                                                 (gerichteter                         Filtration
                                                 Transport)
                                                                                                                             CYP2D6 2%
                                Trsp                                                                25%

    CYP: Cytochrom-P450-Isoenzyme
    UGT: Uridin-5-Diphospho-Glucuronosyl-Transferase                                                                                        (in-)aktive Metaboliten
    Trsp: aktiver Transport                                                                                            Opioide

Abb. 1: Die meisten Arzneimittel werden vor der Ausscheidung über die Niere                        Abb. 2: Wichtigste CYP-Isoformen des Arzneistoffwechsels. Für die Schmerz-
in der Leber durch eine Phase-1-Reaktion über die CYP-Enzyme und/oder eine                         therapie mit Opioiden sind insbesondere CYP3A4 und CYP2D6 von Bedeutung.
Phase-2-Konjugation über die UGTs metabolisiert und anschließend entweder                          Modifiziert nach Shimada T et al., J Pharmacol Exp Ther 1994.
biliär oder renal eliminiert. Einige Stoffe werden auch direkt über die Nieren aus-
geschieden.

2
ARZNEIMITTELINTERAKTIONEN

oder das Codein als sogenanntes Prodrug vor,                                                                  eine Glucuronidierung über die UGTs. Arzneimit-
was bedeutet, dass sie ihre pharmakologische
                                                       CYP2D6                      CYP3A4                     telinteraktionen an den UGTs sind laut Haefeli
Wirkung erst nach einer Metabolisierung über           Amiodaron                   Amiodaron                  im Gegensatz zu den CYP-Enzymen sehr selten
das CYP2D6 zum jeweiligen aktiven Metaboli-            Bupropion                   Cimetidin                  (Abb. 3). Eine hemmende Wirkung auf die UGTs
ten entfalten. Wird nun Tramadol gemeinsam mit         Chlorpheniramin             Clarithromycin             haben, wie Haefeli erläuterte, zum Beispiel das
einem Inhibitor des CYP2D6, wie zum Beispiel           Cimetidin                   Diltiazem                  Urikosurikum Probenecid und das NSAID Nap-
mit dem Antidepressivum Paroxetin, verabreicht,                                                               roxen. Eine der wenigen Substanzen, die nach
                                                       Clomipramin                 Erythromycin
dann können weniger aktive Tramadolmetabo-                                                                    Umwandlung durch die UGTs in der Phase-2-
                                                       Doxepin                     Fluconazol
liten ((+)-O-Desmethyl-tramadol, ein µ-Agonist)                                                               Konjugation weiterhin als aktiver Metabolit in
                                                       Duloxetin                   Grapefruitsaft
gebildet werden und das Prodrug akkumuliert.                                                                  Form von Morphin-6-Glucuronid vorliege, ist laut
Die Folge davon ist eine Wirkungsminderung
                                                       Fluoxetin                   Indinavir                  Haefeli Morphin. Da dieser Metabolit fast aus-
oder -verlust des Tramadols.5 Eine vergleichbare       Haloperidol                 Itraconazol                schließlich über die Niere eliminiert werde, könne
Situation liegt bei Patienten mit einer genetischen    Methadon                    Ketoconazol                im Falle einer Niereninsuffizienz das pharmakolo-
Variante des CYP2D6, den langsamen Metaboli-           Paroxetin                   Nelfinavir                 gisch aktive Morphin-6-Glucuronid akkumulieren.
sierern, vor.6 Dadurch, dass weniger oder lang-        Ritonavir                   Ritonavir                  Da bei circa 14 Prozent der internistischen Pati-
samer aktive Metabolite gebildet werden können,                                    Verapamil                  enten eine Niereninsuffizienz vorliege, sollte man,
kommt es bei einer Standarddosierung zu einer                                      Voriconazol                forderte Haefeli, insbesondere bei älteren Patien-
beschränkten Response auf Tramadol. Auch das                                                                  ten bei akuter Einschränkung der Nierenfunktion
Codein wird über das CYP2D6 in seinen aktiven         Tab. 1: Klinisch relevante Inhibitoren der beiden für   Morphin vorsichtig dosieren. Eine Niereninsuffizi-
Metaboliten, das Morphin, umgewandelt. Unge-          den Opioidmetabolismus wichtigen CYP-Enzyme             enz könne, so Haefeli, auch bei der Bildung von
                                                      CYP2D6 und CYP3A4. Modifiziert nach Hafner V et
fähr neun Prozent der Bevölkerung sind langsa-                                                                toxischen Metaboliten problematisch werden.
                                                      al., Internist 2010.
me Metabolisierer im CYP2D6. Bei diesen Pati-                                                                 Dies sei zum Beispiel beim Pethidin der Fall, das
enten ist die Halbwertszeit von Codein um das         bitoren sind Azol-Fungistatika (z. B. Itraconazol)      in der Leber zu Normeperidin abgebaut werde.
circa Zehnfache erhöht.7 Sowohl bei langsamen         und Cimetidin sowie Makrolide, wie Erythromycin         Denn Normeperidin wirkt neurotoxisch und kann
Metabolisierern, als auch bei Patienten, die als      und Clarithromycin (Tab. 1).9 Letztere binden sich      bei Akkumulation im Organismus Epilepsien aus-
Komedikation einen CYP2D6-Inhibitor erhalten,         als irreversible Hemmstoffe kovalent an CYP3A4,         lösen.12 Pethidin eigne sich deshalb nicht für eine
kann mit Codein keine ausreichende Analgesie          sodass mit einer erneuten Enzymaktivität von            Langzeittherapie und sollte bei einer Niereninsuf-
erreicht werden. Um Wirkungsverluste zu vermei-       CYP3A4 erst nach der Neubildung des Enzyms              fizienz nicht verabreicht werden.
den, müsse man folglich beim Einsatz von Opio-        (nach ­vielen Tagen) gerechnet werden kann. Ha-
iden in der Schmerztherapie die Inhibitoren von       efeli betonte, dass es im Zusammenhang mit der          Tapentadol – geringes Interaktionspotenzial
CYP2D6 kennen, erklärte Haefeli. Dazu gehörten        durch eine CYP-Inhibition auftretenden Wirkungs-        durch Metabolisierung über UGTs
zum Beispiel die selektiven Serotonin-Wiederauf-      verstärkung von Opioiden wichtig sei, zwischen
nahmehemmer Paroxetin und Fluoxetin (Tab. 1).         Dosis und Konzentration zu unterscheiden. So            Das zentral wirksame Analgetikum Tapentadol
Wichtig sei jedoch auch zu wissen, dass es ­sich      könne beispielsweise durch eine Komedikation            vereint in einem Molekül zwei unterschiedliche
bei pharmakokinetischen Wechselwirkungen              mit Ritonavir die Exposition gegenüber Fenta-           Wirkmechanismen − den µ-Opioidrezeptor-Ago­
nicht um einen Klasseneffekt handelt. Somit habe      nyl um bis zu 170 Prozent ansteigen, was einer          nismus (MOR) sowie die Noradrenalin-Wiederauf­
man, so Haefeli, oft die Möglichkeit, auf eine an-    2,7-fachen Steigerung der ursprünglichen Dosis          nahmehemmung (NRI).13 Im Gegensatz zu vie-
dere Substanz derselben Klasse, wie zum Bei-          entspricht.10 Auch bei einer topischen Applikation      len anderen Opioiden spielt der Metabolismus
spiel auf Citalopram, auszuweichen.                   von Opioiden, wie zum Beispiel bei Verabreichung        über das Cytochrom-P450-System (CYP2D6,
                                                      von Fentanyl über ein Pflaster, führe eine Kome-        CYP3A4, CYP2C9, CYP2C19) nur eine unter-
„Eine Kenntnis der wichtigsten CYP-Isoenzy-           dikation mit CYP3A4-Inhibitoren zur Akkumulation        geordnete Rolle.14 Der Abbau erfolgt hingegen
me ist für die Abklärung von Wechselwirkun-           von Fentanyl und damit zu einer Wirkungsverstär-        hauptsächlich über die UGTs, über die es in sei-
gen in der Schmerztherapie und insbesonde-            kung.10 Interessanterweise scheine die topische         ne inaktiven Metaboliten metabolisiert wird. Die
re für den Einsatz von Opioiden sehr hilfreich.“      Applikation von ­Buprenorphin nicht davon betrof-       Ausscheidung erfolgt nahezu ausschließlich über
Prof. Dr. Walter E. Haefeli                           fen zu sein.11                                          die Nieren.15 Da die Metaboliten inaktiv seien,
                                                                                                              sei wahrscheinlich auch eine Niereninsuffizienz
CYP-Inhibition – Einfluss auf Opioide, die            „Eine bestimmte Dosis muss deshalb nicht                ­unproblematisch, vermutete Haefeli. Eine Hem-
als aktive Muttersubstanz vorliegen                   immer zur selben Wirkstoff-Konzentration im              mung der UGTs durch die beiden UGT-Hemmer
                                                      Menschen führen; vielmehr können beson-                  Probenecid und Naproxen führten zu einem
Die Opioide Fentanyl, Methadon und Oxycodon           dere Rahmenbedingungen wie Komedikati-                   Anstieg der Wirksubstanz (AUC) um 57 bezie-
liegen im Gegensatz zu Tramadol und Codein            on und Zustand der Eliminationsorgane die                hungsweise 17 Prozent.16,17 Laut Haefeli wird
bereits als aktive Muttersubstanz vor. Sie werden     Exposition ganz massiv verändern.“ Prof. Dr.            dies in der Regel als nicht klinisch relevant ange-
über das CYP3A4 in ihre vorwiegend inaktiven          Walter E. Haefeli                                       sehen. Tapentadol selbst habe, betonte Haefeli,
Metaboliten abgebaut. Erhält ein Patient unter                                                                in vitro nur einen leichten hemmenden Effekt auf
einer Therapie mit diesen Opioiden als Komedi-        Opioide und Niereninsuffizienz – Akkumula­              CYP2D6 gehabt und an den anderen CYP-Enzy-
kation einen CYP3A4-Inhibitor, wie zum Beispiel       tion von aktiven und toxischen Metaboliten              men ­weder ein hemmendes noch induzierendes
den HIV-Protease-Inhibitor Ritonavir, kommt es                                                                Potenzial aufgewiesen.16 Die gleichzeitige Ver-
in Folge des verminderten Abbaus zu einer Ak-         Bevor eine Substanz über die Niere ausgeschie-          abreichung des CYP2C19-Inhibitors Omeprazol
kumulation des aktiven Wirkstoffes und damit zu       den werden kann, wird sie oft über die Enzyme           ebenso wie eine begleitende Paracetamol- und
einer Wirkungsverstärkung mit der Gefahr einer        der Phase-2-Konjugation in der Leber wasser-            Aspiringabe hatten laut Haefeli keinen Einfluss auf
Überdosierung.8 Weitere wichtige CYP3A4-Inhi-         löslich gemacht. Dies erfolgt zum Großteil durch        die Pharmakokinetik von Tapentadol.17

                                                                                                                                                              3
ARZNEIMITTELINTERAKTIONEN

                                                viele Interaktionen                                      kaum Interaktionen

                                               Phase-1-Enzyme                                                Phase-2-Enzyme
                                       vor allem CYP2D6 und CYP3A4

 Prodrug                                  Aktives Prinzip                        Aktive Metaboliten                       Inaktive Metaboliten
 (metabolische Aktivierung                (eigentliche Wirksubstanz)             (mit aktivem Beitrag zur                 (ohne Beitrag zur Wirkung)
 erforderlich)                                                                   Wirkung)
 Codein                                                                          Morphin            M-6-G                 M-3-Glucuronid
 Dihydrocodein                                                                   Dihydromorphin                           Nordihydrocodein
 Tilidin                                                                         Nortilidin                               Bisnortilidin
 (Tramadol)                                                                      O-Desmethyl-Tramadol

                                          Buprenorphin                           Norbuprenorphin                          Buprenorphin
                                          Fentanyl                                                                        Norfentanyl
                                          Hydrocodon                             Hydromorphon                             inaktive Glucuronide
                                          Hydromorphon                                                                    inaktive Glucuronide
                                                                              UGT
                                          Morphin                                      M-6-Glucuronid                     Morphin-3-Glucuronid
                                          Methadon                               ?
                                          Oxycodon                               (Oxymorphon)                             Noroxycodon
                                          Pethidin                               Normeperidin                             Glucuronide
                                          Piritramid                             ?
                                          Tapentadol                                                                      inaktive Glucuronide

Abb. 3: Insbesondere die Opioide, die in der Phase-1-Reaktion über die CYP-Enzyme abgebaut werden, weisen ein erhöhtes Interaktionspotenzial auf. Modifiziert nach
Haefeli WE 2011.

„Nach den bisherigen Daten zu Tapentadol                Schmerztherapie spielt dies beispielsweise eine        teraktion, vor der auch in den Fachinformationen
sind Probleme mit Wechselwirkungen nicht                Rolle, wenn zu einem vollen Opioidagonisten, wie       gewarnt wird, ist das Auftreten von Kreislauf-,
zu erwarten.“ Prof. Dr. Walter E. Haefeli               zum Beispiel Morphin, Fentanyl, Oxycodon oder          Atem- und ZNS-Störungen im Rahmen eines Se-
                                                        Pethidin, zusätzlich ein partieller Opioidagonist,     rotoninsyndroms bei der Kombination von MAO-
Pharmakodynamische Interaktionen in der                 wie zum Beispiel Nalbuphin oder Buprenorphin,          Hemmern und Pethidin. Obwohl diese Interaktion
Schmerztherapie                                         verabreicht wird.18,19 Dies könne, so Haefeli, zu      zwar nur für Pethidin eindeutig nachgewiesen
                                                        einer Abschwächung der starken analgetischen           wurde, ist die Kombination eines Monoaminoxi-
Bei pharmakodynamischen Interaktionen führt             Wirkung des vollen Agonisten durch den partiel-        dase-(MAO-)Hemmers mit einem Opioid kontra-
die Anwesenheit zweier Substanzen am glei-              len Agonisten führen. In Einzelfällen kann es da-      indiziert. Es wird deshalb allgemein empfohlen,
chen Wirkort zu Wirkungsänderungen, ohne                durch zu ungenügender Analgesie kommen.20,21           einen MAO-Hemmer mindestens zwei Wochen
dass deren Konzentration verändert wird. In der         Eine weitere wichtige pharmakodynamische In-           vor einer Opioidtherapie abzusetzen (Abb. 4).

                                             14 Tage Pause
           Opioide                                                                   Tranylcypromin
                                            5 HWZ Pause                                                                        5 HWZ Pause
                14 Tage             14 Tage Pause
                Pause                                                     14 Tage Pause          7 Tage Pause
                                                     14 Tage Pause                                                      14 Tage Pause
                                                         überlappend ein-                 SSNRI                 überlappend ein-
                                       TZA                                              (Venlafaxin)                                             SSRI
                                                       bzw. ausschleichend                                    bzw. ausschleichend

    5 HWZ                                              1 Tag Pause          7 Tage Pause        14 Tage Pause          2 Tage Pause
     Pause

     MAO-B-Hemmer                                      1 Tag Pause                   MAO-A-Hemmer
                                                                                                                5 HWZ Pause
    (Selegilin, Rasagilin)         5 HWZ Pause                                        (Moclobemid)
 HWZ:      Halbwertszeit
 SSRI:     Selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer                     überlappend ein- bzw. ausschleichend
 SSNRI:    Selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
 TZA:      Trizyklische Antidepressiva

Abb. 4: Empfehlungen zum Ein- und Ausschleichen von MAO-Hemmern bei Trizyklika sowie Opioidtherapie. Modifiziert nach Bienentreu A et al., Ther Umschau 2008
und Haefeli WE 2011.

4
THERAPIE CHRONISCHER SCHMERZEN

Mechanismenorientierte
Schmerztherapie bei Nichttumorpatienten
Die Behandlung chronischer Schmerzen stellt eine große Herausforderung dar. Die Erfahrun­
gen der letzten Jahre zeigen, dass eine erfolgreiche Therapie von chronischen Schmerzen
sich an den zugrundeliegenden Schmerzmechanismen orientieren sollte. Tiefere Einblicke
in die Mechanismen der Schmerzentstehung und -chronifizierung geben die neuen Erkennt­
nisse aus der (bildgebenden) Schmerzforschung. Neben kortikalen Reorganisationsphäno­
menen, Aktivitätszunahmen in definierten Gehirnarealen und Veränderungen der Neuro­chemie
scheint insbesondere auch eine fehlende endogene Schmerzhemmung für die Schmerzchro­
nifizierung von Bedeutung zu sein. Analgetika können über verschiedene Wirkmechanismen                                           Baden-Baden
in die pathophysiologischen Vorgänge bei der Schmerzchronifizierung eingreifen. Mit Tapen­                                       Dr. med. Ulrich Köster
tadol steht ein zentral wirksames Analgetikum zur Verfügung, das zwei Wirkmechanismen
in einem Molekül vereint: Es bindet nicht nur an µ-Opioidrezeptoren, sondern hemmt auch
gleichzeitig die neuronale Wiederaufnahme des Noradrenalins. Damit verstärkt es die Wir­
kung der endogenen Schmerzhemmung.

Mindestens 19 Prozent der erwachsenen Bevöl-         Therapie chronischer Schmerzen – Bedeu­
kerung in Europa leiden an chronischen nicht-        tung der körpereigenen Schmerzhemmung                                       Nürnberg
                                                                                                                                 Dr. med.
tumorbedingten Schmerzzuständen.23 Dies de-
                                                                                                                                 Stefan Schramm
monstrierte der Pain-in-Europe-Survey, bei dem       Für eine mechanismenorientierte Schmerztherapie
die Daten von über 46.000 Teilnehmern aus 15         sind genaue Kenntnisse über die Entstehung no-
europäischen Ländern und Israel erhoben wur-         zizeptiver und neuropathischer Schmerzen sowie
den. Damit gehören chronische Schmerzen zu           über die an der Schmerzweiterleitung und ‑modula-
den häufigsten Erkrankungen. Dr. med. Stefan         tion beteiligten Schmerzbahnen erforderlich. Durch
Schramm vom Schmerztherapie Zentrum in               die aufsteigenden (aszendierenden) Nervenbahnen
Mannheim wies in seinem Vortrag darauf hin,          wird das vom Nozizeptor gesendete Schmerzsig-
                                                                                                                                 Nürnberg und Freising
dass jedoch trotz der Häufigkeit von chroni-         nal über das Rückenmark in das Gehirn weiterge-                             Prof. Dr. med.
schen Schmerzzuständen in der klinischen Pra-        leitet. Im zerebralen Kortex und in verschiedenen                           Christian Maihöfner
xis die Qualität der Schmerzreduktion zu wün-        anderen Kerngebieten wird der Schmerz wahr-
schen übrig lasse. Er bezog sich hierbei auf den     genommen und emotional bewertet. Eine wich-
Pain-in-Europe-Survey in dem 64 Prozent der          tige Bedeutung für die Schmerzverarbeitung hat
Studienteilnehmer angaben, dass der Schmerz          zudem die körpereigene Schmerzhemmung über
unter der verordneten Schmerzmedikation nach         absteigende (deszendierende) Schmerzbahnen,
eigenen Aussagen nur unzulänglich kontrolliert       die zu einer vermehrten Freisetzung der beiden
wäre. Eine der Ursachen für eine unzureichen-        Neurotransmitter Noradrenalin (inhibitorisch) und                           Freising
de Schmerzkontrolle sind Nebenwirkungen, die         Serotonin (inhibitorisch und exzitatorisch) im Rü-                          Prof. Dr. med.
                                                                                                                                 Marcus Schiltenwolf
eine Dosisreduktion des Analgetikums erfor-          ckenmark führen. Wie Schramm ausführte, gibt
derlich machen oder gar zum Therapieabbruch          es inzwischen auch Hinweise darauf, dass ein
führen. Laut eines systematischen Reviews            Ausfall der körpereigenen Schmerzhemmung eine        menorientierten Schmerztherapie eine gute Ori-
brechen chronische Schmerzpatienten unter            wichtige Rolle bei der Entstehung von chronischen    entierung bieten.26 Mithilfe eines übersichtlichen
einer Therapie mit WHO-III-Opioiden eine Be-         Schmerzerkrankungen, wie beispielsweise der Fi-      Schemas können der Schmerzcharakter und die
handlung häufiger wegen Nebenwirkungen ab            bromyalgie, spielt. In den nächsten Jahren sei es    Symptome des Patienten eingeordnet werden.
als wegen ungenügender Wirksamkeit.24 Eine           deshalb möglich, dass therapeutische Ansätze, die    Danach kann der Arzt eine medikamentöse The-
unzureichende Schmerzlinderung kann aber             in die körpereigene Schmerzhemmung über des-         rapie auswählen, die sich an den zugrundeliegen-
auch die Folge einer unzulänglichen Wirkung          zendierende Schmerzbahnen eingreifen, weiter an      den Mechanismen orientiert. Leidet der Patient
des verwendeten Schmerzmittels auf die vor-          Bedeutung gewinnen.                                  beispielsweise im Rahmen einer Arthrose oder
herrschende Schmerzart sein. Experten fordern                                                             eines myofaszialen Schmerzsyndroms an einem
deshalb seit längerem eine mechanismenorien-         „Eine spezifische Schmerztherapie kann ich           belastungsabhängigen lokalen Druckschmerz
tierte Schmerztherapie, die sich an den zugrun-      als Schmerztherapeut nur beginnen, wenn ich          ohne Anzeichen einer Entzündung, dann handelt
deliegenden pathophysiologischen Vorgängen           die spezifischen Schmerzmechanismen ken-             es sich in der Regel um einen rein nozizeptiven
orientiert.                                          ne.“ Dr. med. Stefan Schramm                         Schmerz. Dieser sollte mit Nichtopioiden (NSAR,
Auch die WHO arbeitet im Moment an neuen                                                                  Paracetamol), Muskelrelaxanzien oder – bei star-
Leitlinien für die Therapie chronischer gutartiger   Pain Router® – Hilfe bei der Schmerzdiffe­           ken Schmerzzuständen – mit Opioiden therapiert
Schmerzen, die eine individuellere und spezi-        renzierung und Therapieauswahl                       werden. Bei einer diabetischen Polyneuropathie
fisch auf den Patienten und seine Schmerzsym-                                                             hingegen klagt der Patient über brennende und
ptomatik zugeschnittene Therapie ermöglichen         In der klinischen Praxis kann der Pain Router® dem   einschießende Schmerzen – insbesondere auch
soll.25                                              Arzt bei der Auswahl einer geeigneten mechanis-      in Ruhe. Bei diesen rein neuropathischen Schmer-

                                                                                                                                                          5
THERAPIE CHRONISCHER SCHMERZEN

zen kommt es durch die periphere Nervenläsion       Bahnen die Konzentration von Noradrenalin im          Tapentadol – Schmerzreduktion bei nozi­
zur Neubildung von Rezeptoren und Ionenkanä-        synaptischen Spalt erhöht und damit die kör-          zeptiven und neuropathischen Schmerzen
len, die zu einer Veränderung des Ruhepotenzials    pereigene Schmerzhemmung verstärkt (Abb. 1).
und damit zu einer vermehrten Spontanaktivität      Studien demonstrierten, dass die relative Betei-      Die Wirksamkeit von Tapentadol-Retardtabletten
der Nervenzellen führt. Zur Therapie des neuro-     ligung der beiden Wirkmechanismen dabei von           wurde in klinischen Studien bei unterschiedli-
pathischen Schmerzes kommen deshalb memb-           der zugrundeliegenden Schmerzart abhängt.             chen chronischen Schmerzzuständen unter-
ranstabilisierende Substanzen, wie Antikonvulsiva   Während im nozizeptiven Schmerzmodell die             sucht.31,34,35,36 Bei nozizeptiven Schmerzen zeigte
(Natrium- und Kalzium-Kanalblocker) oder An-        schmerzhemmende Wirkung verstärkt über den            Tapentadol bei Patienten mit starken chronischen
tidepressiva, zum Einsatz. Von Bedeutung sind       MOR-Agonismus vermittelt wird, hat die NRI im         Schmerzen aufgrund einer Gonarthrose eine
hier auch Wirkstoffe, die über eine noradrener-     neuropathischen Schmerzmodell eine bedeu-             wirksame und gleich starke Schmerzlinderung
ge und serotonerge Wiederaufnahmehemmung            tendere Rolle bei der Schmerzhemmung als die          wie Oxycodon.34 Im Vergleich zu Placebo än-
in die endogene Schmerzhemmung eingreifen.          µ-Rezeptorwirkung.30 Trotz dieser Gewichtung          derten sich die durchschnittlichen Schmerzin-
Hierzu gehören bestimmte Antidepressiva wie         sind immer beide Mechanismen gleichzeitig wirk-       tensitätswerte für Tapentadol retard signifikant
die selektiven Serotonin- und Noradrenalin-Wie-     sam und an der Schmerzinhibition beteiligt. Ta-       (p < 0,001). Für Patienten mit chronischen, rein
deraufnahmehemmer (SSNRI) oder das zentral          pentadol weist somit ein breites Wirkspektrum auf     nozizeptiven Schmerzen kann deshalb Tapen-
wirksame Analgetikum Tapentadol.                    und eignet sich deshalb sowohl für die Therapie       tadol eine wirksame Therapieoption sein (siehe
                                                    von nozizeptiven und neuropathischen Schmer-          Kasuistik 1).
„Über 70 Prozent der Ärzte verordnen bei            zen als auch von gemischten Schmerzen (Mixed          Die Wirksamkeit von Tapentadol konnte auch bei
neuropathischen Schmerzen ein NSAR.“ Dr.            Pain). Da die Affinität zum µ-Rezeptor im Vergleich   rein neuropathischen Schmerzen demonstriert
med. Stefan Schramm                                 zu Morphin um das 50-Fache geringer ist, kommt        werden. In einer Studie zur diabetischen Poly-
                                                    es, basierend auf den Erfahrungen des Entwick-        neuropathie führte Tapentadol retard während
Tapentadol vereint zwei Wirkmechanismen             lungsprogramms, unter Tapentadol zudem zu             der dreiwöchigen offenen Titrationsphase zu ei-
in einer Substanz                                   deutlich weniger opioidtypischen Nebenwirkun-         ner deutlichen Schmerzreduktion (Abnahme der
                                                    gen wie beispielsweise Übelkeit und Obstipation,      mittleren Schmerzintensität (SE) von NSR 7,3 auf
Tapentadol vereint zwei Wirkmechanismen –           als unter Oxycodon – bei allerdings vergleichbarer    3,5). In der doppelblinden Erhaltungsphase stieg
µ-Rezeptor-Agonismus (MOR) und Noradrena-           Wirksamkeit beider Wirkstoffe.31 Ein weiterer Vor-    die durchschnittliche Schmerzintensität in der
lin-Wiederaufnahmehemmung (NRI) in einem            teil im Hinblick auf Neben- und Wechselwirkun-        Placebogruppe wieder an (mittlere Änderung der
Molekül. Beide Mechanismen beteiligen sich auf      gen ist die günstige Pharmakokinetik von Tapen-       SE 1,3), wohingegen die Schmerzintensität in der
synergistische Weise am analgetischen Effekt von    tadol. Seine absolute Bioverfügbarkeit wird durch     Tapentadol-retard-Gruppe auf einem stabilen Ni-
Tapentadol.27 Aufgrund dieser einzigartigen Phar-   eine gleichzeitige Nahrungsaufnahme nur unbe-         veau blieb (mittlere Änderung der SE -0,1).35 Die
makologie wurde Tapentadol von einem interna-       deutend beeinflusst. Tapentadol kann deshalb          Wirksamkeit von Tapentadol zeigte sich auch in
tionalen pharmakologischen Advisory Board als       unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen             Verbesserungen der gesundheitsbezogenen Le-
erster Vertreter der Substanzklasse „MOR-NRI“       werden. Da es eine niedrige Bindungsaffinität für     bensqualität. Die Therapie mit Tapentadol führte
zugeordnet.28,29 Der MOR-Agonismus hemmt            Plasmaproteine aufweist und weitgehend über           zu numerischen Verbesserungen aller SF-36-
spinal über die Stimulation der prä- und postsy-    CYP-unabhängige Stoffwechselwege abgebaut             Scores.38
naptischen Opioidrezeptoren die Schmerzleitung      wird, ist das Interaktionspotenzial gering. Weil
an den aufsteigenden Bahnen und moduliert den       beim Abbau von Tapentadol keine aktiven Meta-         Tapentadol – Analgetische Wirkung auch
Schmerz supraspinal. Über die NRI wird hinge-       bolite gebildet werden, ist zudem das Risiko für      auf gemischte Schmerzsyndrome
gen in den absteigenden schmerzhemmenden            eine Kumulation sehr gering.32,33,29
                                                                                                          Daneben wurde die analgetische Wirksamkeit
               Steuerung der Schmerzweiterleitung über Schmerzbahnen                                      von Tapentadol retard bei gemischten Schmerz-
                                                                                                          syndromen mit nozizeptivem und neuropathi-
         Aszendierende                                                   Deszendierende                   schem Anteil untersucht. In einer klinischen
         Schmerzbahnen                                                   Schmerzbahnen                    Studie bei Patienten mit chronischen Rücken-
                                                                                                          schmerzen verbesserten sich unter Tapentadol
 Schmerzweiterleitung                                            endogene Hemmung der
 zum Gehirn                                                      Schmerzweiterleitung                     retard (100–250 mg zweimal täglich) sowie Oxy-
                                                                 (deszendierende Regulation)              codon CR während der gesamten Titrations- und
                                                                                                          Erhaltungsphase (15 Wochen) die durchschnitt-
 → Hemmung der                                                 → über Aktivierung des                     lichen Schmerzintensitätswerte signifikant im
   Schmerzweiterleitung                                          α2-Rezeptors durch                       Vergleich zu Placebo.36 Tapentadol retard war im
   über µ-Opioid-                                                Noradrenalinfreisetzung                  Vergleich zu Oxycodon CR besser verträglich,
   Rezeptoraktivierung           MOR                         NRI
                                                                                                          insbesondere hinsichtlich opioidtypischer gast-
                                                                                                          rointestinaler Nebenwirkungen. Die bessere Ver-
          Tapentadol =                                            Tapentadol = Noradrenalin-              träglichkeit von Tapentadol retard im Vergleich zu
    µ-Opioid-Rezeptor-Agonist                                      Wiederaufnahmehemmer                   Oxycodon CR zeigte sich auch an einer deutlich
                                                                                                          reduzierten Rate an Studienabbrüchen aufgrund
                                                                                                          behandlungsassoziierter unerwünschter Neben-
                                                                                                          wirkungen (TEAEs).36 Mit retardiertem Tapentadol
Abb. 1: Tapentadol vereinigt zwei Wirkmechanismen in einem Molekül. Es beeinflusst somit über den MOR
­sowohl die Schmerzweiterleitung an den aszendierenden Schmerzbahnen als auch über den NRI die endo­      steht somit eine Behandlungsoption in Form einer
 gene Hemmung der Schmerzweiterleitung über die deszendierenden Bahnen. Modifiziert nach Tzschentke       Monotherapie zur Verfügung, die sowohl die nozi-
 TM et al., Drugs Fut 2006 und Tzschentke TM et al., JPET 2007.                                           zeptive als auch die neuropathische Komponen-

6
THERAPIE CHRONISCHER SCHMERZEN

                                                                                                           und dem sekundären somatosensorischen Kor-
  i    Tapentadol – Fakten für die Praxis
                                                                                                           tex (S2).39 Beide Areale verarbeiteten vorwiegend
                                                                                                           die sensorisch-diskriminativen Subkomponenten
   • Seit 15. September 2010 als Palexia® retard in Deutschland erhältlich                                 der Schmerzempfindung. Das mediale Schmerz-
   • Untersteht der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung                                               system sei an der affektiv-motivationalen Verar-
   • Formulierung: retardierte Filmtabletten
                                                                                                           beitung des Schmerzes beteiligt und setze sich
   • Wirkstärken: 50, 100, 150, 200, 250 mg
   • Dosierung: zweimal täglich bis 500 mg/Tag                                                             aus dem anterioren Cingulum (ACC) und dem
   • Indikation: starke chronische Schmerzen, die eine Therapie mit Opioiden erfordern                    präfrontalen Kortex (PFC) (Abb. 5a) zusammen.
                                                                                                           Eine Zwischenstellung bei der Schmerzverarbei-
                                                                                                           tung nehme, so Maihöfner, die Inselrinde (Insula)
   Empfehlungen für den Therapiestart:
                                                                                                           ein. Da Aktivierungen der Insel mit sympathischen
   •O
     pioidnaive und opioiderfahrene Patienten mit Morphinäquivalent von < 80 mg:                          Antworten einhergehen, werde vermutet, dass
    Startdosis von 50 mg zweimal täglich (circa alle zwölf Stunden)
   •O
     pioiderfahrene Patienten mit Morphinäquivalent von ≥ 80 mg:                                          die Insel ein wichtiger Bestandteil bei der autono-
    Startdosis von 100 mg zweimal täglich (circa alle zwölf Stunden)                                       men Subdimension der menschlichen Schmerz-
   •T
     herapieüberprüfung und Steigerung der Dosis (falls notwendig):                                       erfahrung sei.
    circa alle drei Tage
   •A
     ls Bedarfsmedikation sind schnell freisetzende Analgetika, auch ­Kombinationen mit anderen
    Opioiden möglich                                                                                       „Schmerz ist ein komplexer Bewusstseinsin-
   •E
     ine adjuvante Therapie mit Antiemetika und Laxanzien ist in der Regel                                halt, das Gefühl „Schmerz“ entsteht erst im
    nicht erforderlich                                                                                     Gehirn.“ Prof. Dr. med. Christian Maihöfner

                                                                                                           Kortikale Reorganisationsphänomene bei
te von chronischen Schmerzen behandelt (siehe        venfasern führe im ZNS zu dauerhaften neuro-          neuropathischen Schmerzen
Kasuistik 2).                                        plastischen Veränderungen – ein sogenanntes
                                                     Schmerzgedächtnis bilde sich aus. Ein wesent-         Bei chronischen neuropathischen Schmerzen
„Gerade auch bei nicht auf Dauer opioid-             licher Teil der Chronifizierungsmechanismen           kann laut Maihöfner die Schmerzverarbeitung in
pflichtigen Schmerzzuständen ist Tapentadol          beim chronischen Schmerz findet laut Maihöfner        den beteiligten Gehirnarealen deutlich verändert
gut geeignet, da es in der Regel beim Abset-         im Gehirn statt. Neue spektakuläre Einblicke in       sein (Abb. 5b). Hierzu gehörten beispielsweise
zen keine Probleme bereitet“ Dr. med. Ulrich         die Schmerzverarbeitung und in die Entstehung         Reorganisationen der somatotopischen Karten
Köster                                               des Schmerzgedächtnisses seien in den letzten         in den sensorischen und motorischen Arealen
                                                     Jahren durch moderne, nichtinvasive bildgeben-        der Hirnrinde. Diese Phänomene beobachte man
Auf das Problem einer Chronifizierung beim           de Methoden, wie die Magnetenzephalografie            insbesondere bei Phantomschmerzen und kom-
neuropathischen Schmerz ging Prof. Dr. med.          (MEG), das funktionelle MRT (fMRT) sowie die          plexen regionalen Schmerzsyndromen (CRPS).
Christian Maihöfner von der Neurologischen Uni-      Positronenemissionstomografie (PET), ermög-           So zeigten CRPS-Patienten eine erhebliche Ab-
versitätsklinik in Erlangen in seinem Vortrag ein.   licht worden. Maihöfner betonte, dass es nicht        weichung der Körperrepräsentationen im sensori-
Er berichtete, dass das Risiko hier aufgrund der     wie früher angenommen nur „ein Schmerzzent-           schen Kortex. Maihöfner und seine Arbeitsgruppe
durch die Nervenläsion induzierten morphologi-       rum“ gebe, sondern dass durch Schmerzreize ein        konnten zeigen, dass bei Patienten mit CRPS die
schen Veränderungen an den Neuronen höher            komplexes Netzwerk an Hirnarealen aktiviert wer-      kortikale Ausdehnung der Handrepräsentati-
zu sein scheint als beim nozizeptiven Schmerz.       de – zum Beispiel das laterale Schmerzsystem.         on kontralateral zur CRPS-Seite schrumpft und
Die anhaltende Aktivität der geschädigten Ner-       Es besteht laut Maihöfner aus dem primären (S1)       sich zudem das Handareal in Richtung Lippe

 1 Kasuistik
  74-jährige Patientin mit schwerer Gonarthrose                                Therapie:
  Dr. med. Stefan Schramm, Schmerztherapie Zentrum Mannheim                    Die Patientin wurde äquianalgetisch auf Tapentadol retard umgestellt. Un-
                                                                               ter der aktuellen Therapie mit retardiertem Tapentadol in einer Dosierung
  Anamnese:                                                                    von 500 mg/Tag weist die Patientin nur noch eine mäßig eingeschränkte
  Die 74-jährige Patientin stellte sich – bei schwerster Gonarthrose und De-   Funktionskapazität bei guter Verträglichkeit auf. Die subjektive Schmerz-
  formitäten in beiden Knien – aufgrund von starken chronischen Schmer-        wahrnehmung auf der VAS wird mit 3 von 10 angegeben.
  zen im Schmerzzentrum vor. Wegen einer begleitenden Kardiomyopathie
  war eine kausale Therapie mit einer Knie-TEP nicht möglich.                  Fazit:
                                                                               • Mit Tapentadol konnte bei der Patientin mit rein nozizeptiven chronischen
  Diagnose:                                                                       Schmerzen eine gute Schmerzkontrolle bei guter Verträglichkeit erzielt
  Bei der Untersuchung zeigte sich eine rein bewegungsabhängige                   werden.
  Schmerzsituation ohne Hinweis auf eine neuropathische Schmerzkom-            • In der Regel ist bei älteren Patienten über 65 Jahre der bisherigen Studi-
  ponente. Trotz einer analgetischen Therapie mit Fentanylpflastern (200          enlage zufolge keine Dosisanpassung notwendig.37
  µg/h, Wechsel alle drei Tage) konnte bei der Patientin keine ausreichende    • Im Hinblick auf die bestehende Kardiomyopathie sollte die kardiovas-
  Schmerzreduktion erzielt werden. Die subjektive Schmerzwahrnehmung              kuläre Verträglichkeit einer Schmerzmedikation berücksichtigt werden.
  auf der visuellen Analogskala (VAS) wurde mit 7 von 10 angegeben. Die           Tapentadol führte in therapeutischen Dosierungen in den klinischen
  Funktionskapazität war relevant eingeschränkt. Zudem klagte die Patientin       Studien nicht zu Veränderungen der EKG-Parameter – insbesondere zu
  über opioidbedingte Nebenwirkungen mit Obstipation und Schwindel.               keiner Verlängerung des QT-Intervalls.37

                                                                                                                                                               7
THERAPIE CHRONISCHER SCHMERZEN

 2 Kasuistik
    76-jährige Patientin mit chronischer Lumboischialgie nach Band­                Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen wurde die Schmerz-
    scheibenoperation                                                              diagnose eines L5-Syndroms links mit vorwiegend neuropathischem
    Dr. med. Ulrich Köster, Klinik für Anästhesiologie, Spezielle Schmerzthera-    Schmerzcharakter (pain detect 20) bei einer subjektiven Schmerzstärke
    pie, Marienhospital Stuttgart                                                  auf der VAS (0–10) in Ruhe von 5 sowie 9 unter Belastung gestellt. Im
                                                                                   MRT stellte sich eine multisegmentale lumbale Spinalkanalstenose (L4 bis
    Anamnese:                                                                      S1 mit absoluter spinaler Enge), eine Protrusion von Bandscheibenmate-
    Bei der 76-jährigen berenteten Patientin wurde im Dezember 2010 auf-           rial L4/5 beiderseits intraforaminal und L5 links neuroforaminal sowie eine
    grund einer chronischen Lumbalgie und eines sensomotorischen L5-               Hypertrophie der Facettengelenke dar. Daneben zeigte sich eine fortge-
    Syndroms links bei Spinalkanalstenose L4 bis S1, multisegmentaler Fa-          schrittene lipomatöse Umwandlung der autochthonen Rückenmuskulatur.
    cettengelenkshypertrophie lumbal und Bandscheibenprotrusionen (L4/5
    neuroforaminal beiderseits sowie L5/S1 neuroforaminal links) eine mik-         Therapie:
    rochirurgische Entfernung des Bandscheibenvorfalls bei L5/S1 durchge-          Die Patientin führte eine 18-tägige stationäre multimodale Schmerzthera-
    führt. Daraufhin kam es zu einer nahezu vollständigen Rückbildung der          pie durch. An den Wurzeln L5 und S1 links wurde zudem eine periradiku-
    Radikulopathie L5 links. Nach sechs Wochen traten erneut Beschwerden           läre Therapie durchgeführt.
    auf, worauf die Patientin im März 2011 stationär zur konservativen, multi-     Medikation bei Entlassung:
    modalen Schmerztherapie aufgenommen wurde.                                     • Gabapentin 300 mg 1-1-1
                                                                                   • Tapentadol retard 100 mg 1-0-1
    Diagnose:                                                                      • Concor 5 mg 1-0-0
    Bei der Aufnahmeuntersuchung zeigten sich bis auf einen brennenden             • Novastatin 40 mg 0-0-1
    Streifen links, der vom Gesäß bis ans Sprunggelenk reichte, keine neuro-       Die subjektive Schmerzstärke bei der Entlassung wurde mit 2 von 10 (VAS)
    logischen Defizite. Es lag jedoch eine schmerzhafte Bewegungseinschrän-        angegeben.
    kung des linken Beines vor. Die subjektive Schmerzwahrnehmung auf der
    visuellen Analogskala (VAS) wurde mit 9 von 10 angegeben. Das Lasègue-         Fazit:
    Zeichen war beiderseits negativ, der Zehen- und Hackengang nur unter           Die Patientin zeigte ein gemischtes Schmerzsyndrom mit nozizeptiver und
    Schmerzen demonstrierbar.                                                      überwiegend neuropathischer Komponente, das unter Medikation mit ei-
    Medikation bei Aufnahme:                                                       nem Muskelrelaxans, einem NSAR und einem Glukokortikoid nur unzurei-
    • Tolperison 50 mg 1-0-1                                                      chend kontrolliert war.
    • Novaminsulfon 20 Tropfen bei Bedarf                                         Mit der die multimodale Therapie begleitenden Umstellung auf Gabapentin
    • Prednisolon 20 mg 1-0-0                                                     und Tapentadol retard, bei der auch die neuropathische Komponente des
    • Omeprazol 20 mg 1-0-0                                                       Schmerzsyndroms berücksichtigt wurde, konnte eine gute Schmerzre-
    • Bisoprolol 10 mg ½-0-0                                                      duktion erzielt werden.

verschoben hatte. Sowohl bei CRPS als auch             Veränderungen und der Schmerzstärke feststel-            änderungen und somit die Schmerzentstehung
bei Phantomschmerzen konnte er eine positive           len.40,41,42 Kortikale Reorganisationsphänomene          im Gehirn positiv beeinflusst werden sollen (siehe
Korrelation zwischen dem Ausmaß der kortikalen         seien mittlerweile auch bei anderen Erkrankun-           Kasuistik 3). Durch Studien seien die positiven Ef-
                                                       gen, wie chronischen Rückenschmerzen sowie               fekte der Spiegeltherapie bei Phantomschmerzen
                                                       bei Nervenläsionen, nachgewiesen worden, so              und CRPS mit einer deutlichen Schmerzreduktion
                                                       Maihöfner. In der Zwischenzeit sei bekannt, dass         und einer verbesserten Kontrolle der erkrankten
                                                       kortikale Reorganisationsphänomene durch mul-            Extremität oder des Phantomglieds bereits de-
                                                       timodale Therapieprogramme, die eine suffizi-            monstriert worden, berichtete Maihöfner44,45
                                                       ente Schmerztherapie sowie neurorehabilitative
                                                       Therapieverfahren umfassen, wieder verbessert            Aktivierung von emotionalen Gehirnarealen
                                                       werden können.41,43 Zu den neurorehabilitativen          und fehlende Schmerzhemmung
                                                       Therapieverfahren gehöre die sogenannte Spie-
                                                       geltherapie, bei der durch das Spiegelbild der ge-       Neben kortikalen Reorganisationsphänomenen in
 a                                                     sunden Extremität und einem sensomotorischen             den somatotopischen Hirnrindenkarten beobach-
                                                       Training die krankheitsbedingten kortikalen Ver-         te man, so Maihöfner, bei chronischen Schmerz-
                                                                                                                syndromen zudem eine vermehrte Aktivierung
                                                                                                                von emotionalen Gehirnarealen wie dem dorso-
                                                       Abb. 5: a) Hirnaktivierung bei experimentellen
                                                       Schmerz­­reizen: li. laterales Schmerzsystem mit S1      lateralen präfrontalen Kortex (PFC). Diese Akti-
                                                       (primärer somatosensorischer Kortex) und S2 (se-         vierung werde von multiplen Faktoren, wie einem
                                                       kundärer somatosensorischer Kortex), re. mediales        zugrundeliegenden pathologischen Schmerzzu-
                                                       Schmerzsystem mit ACC (anteriorer cingulärer Kor-        stand, Erwartungshaltungen, Aufmerksamkeit,
                                                       tex) und PFC (präfrontaler Kortex). b) Hirnaktivierung
                                                                                                                Affekt und Stimmung beeinflusst und somit auch
                                                       bei neuropathischen Schmerzen. Die Inzidenz der
                                                       Aktivierungen entspricht den Größendarstellungen         als „individuelle Schmerzsignatur“ bezeichnet.
 b                                                     der jeweiligen Kortexareale. Modifiziert nach Mai-       Mehrere tierexperimentelle Studien haben, wie
                                                       höfner C et al., Schmerz 2010.                           Maihöfner berichtete, gezeigt, dass bei chroni-

8
THERAPIE CHRONISCHER SCHMERZEN

 3 Kasuistik
  34-jähriger Patient mit CRPS I Stadium 3 nach Mittelhand­                    ben. Der HADS (Hospitality Anxiety and Depression Scale) Angst lag bei
  trümmerbruch (MHK 2) rechts                                                  21 Punkten (Grenzwert 11 Punkte), der HADS Depression bei 14 Punk-
  Prof. Dr. med. Marcus Schiltenwolf, Universitätsklinikum Heidelberg,         ten (Grenzwert 11 Punkte). Der Wert der freien Rückenfunktion nach dem
  Stiftung Orthopädische Universitätsklinik, Heidelberg                        Funktionsfragebogen Hannover (FfbH-R) lag bei 35 Prozent. Auffällig war
                                                                               ein deutlich angespannter Gesichtsausdruck mit Anzeichen für Ärger und
  Anamnese:                                                                    Wut über die Situation. Die psychosomatische Untersuchung ergab ge-
  Der 34-jährige Patient, von Beruf Stukkateur im Bauhauptgewerbe,             hemmte Aggressionstendenzen gegenüber dem strengen Vater und der
  klemmte sich im Oktober 2008 die rechte Hand in der Autotür ein, nach-       Tochter, die der Patient für den Unfall verantwortlich machte. Nach der
  dem die Tochter die Tür unerwartet zugeschlagen hatte. Dabei erlitt er       Befunderhebung wurden die folgenden Diagnosen gestellt:
  einen Trümmerbruch des zweiten Mittelhandköpfchens. Die Fraktur wurde        • CRPS, Stadium 3
  operativ mit einer Osteosynthese versorgt. Nach der Metallentfernung im      • Somatoforme Schmerzstörung
  Januar 2009 konnte der Patient wieder in das Berufsleben eingegliedert       • Panikstörung mit Panikattacken
  werden. Im April 2009 fiel während der Arbeit eine Gerüstbauklappe auf       • Anpassungsstörung
  die operierte rechte Hand. Im Mai wurde der Patient aufgrund zunehmen-
  der Beschwerden stationär aufgenommen. Im Rahmen der dort durchge-           Therapie:
  führten Untersuchungen wurde ein CRPS I Stadium 3 der rechten Hand           Zur Refunktionalisierung des rechten Armes wurden eine Spiegeltherapie
  sowie eine Anpassungsstörung diagnostiziert und eine medikamentöse           und eine Ergotherapie veranlasst. Daneben erhielt der Patient eine nor-
  Schmerztherapie begonnen. Im November 2009 erhielt der Patient zudem         male Physiotherapie und ein Belastungstraining. Zur Therapie der psy-
  eine ambulante Psychotherapie, die im Januar 2010 aufgrund der weiter        chosomatischen Komponente wurde bei dem Patienten eine begleitende
  bestehenden Schmerzsymptomatik mit einer tagesstationären Schmerz-           Psychotherapie (vier psychotherapeutische Einzelgespräche pro Woche
  therapie ergänzt wurde. Parallel dazu erfolgten erste Rentengutachten        und drei Gruppengespräche) durchgeführt. Zweieinhalb Wochen nach
  (handchirurgisch, neurologisch, psychiatrisch), die eine Minderung der       Therapiebeginn fühlte sich der Patient bereits deutlich besser und war mit
  Erwerbsfähigkeit von 40 Prozent sowie eine Empfehlung zum Einhänder-         dem Therapieergebnis zufrieden. Mit der rechten Hand konnte er wieder
  training aussprachen. Ab Mai 2010 erfolgte eine medizinische und berufli-    einen Händedruck ausführen, der rechte Arm wurde teilweise wieder in die
  che Rehabilitation bei der ein Einhändertraining sowie eine berufliche Um-   Psychomotorik integriert. Obwohl durch die Therapie noch eine weitere
  schulungsmaßnahme zur Qualitätsfachkraft durchgeführt wurden. Nach           Verbesserung der rechten Hand zu erwarten gewesen wäre, wollte der
  einem Wegeunfall auf dem Weg zur Schulung, bei der es zu keinen neuen        Patient die Therapie beenden, um sein Anrecht auf eine Umschulung und
  strukturellen Schäden an der Hand kam, brach der Patient die Umschu-         die Unfallrente nicht einzubüßen.
  lung ab. Bei weiter fortbestehender Schmerzsymptomatik und deutlicher
  Funktionseinschränkung der rechten Hand sowie zunehmender Stress-            Fazit:
  symptomatik mit Panikattacken stellte sich der Patient in der Ambulanz       • Der Patient wies neben der Bewegungsstörung im Rahmen eines CRPS
  und Tagesklinik für Schmerztherapie in Heidelberg vor.                          psychische komorbide Störungen auf. Aufgrund der Häufigkeit von ko-
                                                                                  morbiden psychischen Störungen sollte die Therapie des CRPS immer
  Diagnose:                                                                       ganzheitlich orientiert sein – auch Psychotherapie und nichtmedikamen-
  Bei der körperlichen Untersuchung war die Spontanmotorik des rechten            töse Maßnahmen sind ein Bestandteil davon.
  Armes kaum mehr vorhanden, nach Aufforderung war ein schwacher               • Die Persönlichkeit und das Umfeld sowie der sekundäre Krankheitsge-
  Grobgriff und Faustschluss möglich. Der Zeigefinger wurde gestreckt ge-         winn sollten immer bedacht und therapeutisch integriert werden.
  halten und war mehr als 2° C kühler. Die funktionellen Einschränkungen       • Mit der Spiegeltherapie als einem ergotherapeutischen Verfahren, das in
  der Hand waren teilweise überwindbar. Daneben lagen eine Hyperhidrose           den Pathomechanismus der kortikalen Reorganisation eingreift, konnte
  und eine mechanische Allodynie vor. Die subjektive Schmerzwahrneh-              bei dem Patienten eine deutliche Verbesserung der Psychomotorik so-
  mung auf der visuellen Analogskala (VAS) wurde mit 5–8 von 10 angege-           wie eine Schmerzreduktion erreicht werden.

schen Schmerzen zudem eine verminderte Aktivi-
tät des endogenen Schmerzhemmungssystems               i    Spiegeltherapie
eine Rolle spiele. Man vermute, dass auch beim
                                                        Bei der Spiegeltherapie soll der Patient anstatt der erkrankten beziehungs­weise amputierten
Menschen eine fehlende Schmerzhemmung für               Extremität das Spiegelbild der gesunden Extremität ­wahrnehmen. Dazu steht vor dem Patienten
die Schmerzchronifizierung relevant sei. Dane-          in der Sagittalebene ein Spiegel, hinter dem sich die erkrankte oder nach einer Amputation nicht
ben scheinen auch veränderte Opiatrezeptorbin-          mehr vorhandene Extremität des Patienten befindet. Der Patient blickt in den Spiegel und sieht
                                                        somit zwei gesunde Extremitäten. Unter ergotherapeutischer Anleitung führt er ein sensomoto-
dungsprofile für die Chronifizierung von neuropa-
                                                        risches Training (zum Beispiel Übungen mit dem Ball, Knetrolle, Nagelbrett) zunächst vor dem
thischen Schmerzen eine Rolle zu spielen. Nach          Spiegel, nach einiger Zeit dann ohne den Spiegel durch.
Maihöfner gebe es Hinweise darauf, dass Fib-
romyalgiepatienten eine verminderte Anzahl von
                                                        Indikationsgebiete der Spiegeltherapie
Opioidrezeptoren im Gehirn aufweisen.46
                                                        Deafferenzierungsschmerzen bei:
                                                        • Amputationen
                                                        • CRPS (M. Sudeck)
                                                        • Plexusläsionen
                                                        • Hirninfarkt

                                                                                                                                                            9
SCHMERZTHERAPIE BEI TUMORPATIENTEN

Differenzierte Schmerztherapie bei
Tumorpatienten
Tumorschmerzen gehören zu den häufigsten und für den Patienten belastendsten Sympto­                       Stufenschema behandelt. Man beginne dabei
men einer Tumorerkrankung. Eine bestmögliche, individuell auf den Patienten ausgerichtete                  mit der Stufe I, also mit den bekannten Nicht­
Schmerztherapie ist deshalb die Grundvoraussetzung für den Erhalt der Lebensqualität von                   opioid-Analgetika, die NSARs sowie Paracetamol
Tumorpatienten. Die Behandlung eines Mixed Pain erweist sich häufig als schwierig und er­                  und Metamizol umfassen. Bei unzureichender
fordert eine frühzeitige Kombinationstherapie aus einem Opioid und einem Koanalgetikum,                    Schmerzreduktion kombiniere man diese in der
wie zum Beispiel einem Antidepressivum oder einem Antikonvulsivum. Die Anforderungen                       Stufe II mit niederpotenten Opioiden. Führe dies
an eine gute Schmerztherapie umfassen neben einer effektiven Schmerzlinderung auch eine                    noch nicht zur akzeptablen Schmerzlinderung
akzeptable Verträglichkeit. Eine mögliche Therapieoption bei Mixed Pain könne, wie PD Dr.                  beim Patienten, könne man die niederpotenten
med. Christoph Wiese von der interdisziplinären Schmerzambulanz des Universitätsklini­                     Opioide durch hochpotente Opioide ersetzen
kums in Regensburg in seinem Vortrag erläuterte, aufgrund seines dualen Wirkmechanismus                    (Stufe III). In der modernen Schmerztherapie ver-
auch Tapentadol sein.                                                                                      zichte man jedoch inzwischen mehr und mehr auf
                                                                                                           den Einsatz von niedrigpotenten Opioiden und
                                                      teilten beispielsweise 75 Prozent der Patienten      wende stattdessen die heutzutage auch in sehr
                                                      ihre aktuelle Schmerzmedikation im Hinblick          niedriger Dosierung verfügbaren hochpotenten
                                                      auf die Therapie von Durchbruchschmerzen als         Opioide an, so Bardenheuer. Da niedrig dosierte
                                                      nur unzureichend.48 Aufgrund der vielen Facet-       hochpotente Opioide häufig verträglicher sind als
                                                      ten, die der Tumorschmerz in puncto Ursachen         hochdosierte niedrigpotente Opoide, habe dies
                                                      und Schmerzart aufweisen kann, erscheint dies        vor allem im Hinblick auf die Nebenwirkungen
                                                      nicht verwunderlich. Nach pathophysiologischen       gewisse Vorteile. In Stufe IV des WHO-Stufen-
                       Nürnberg
                       Prof. Dr. med.                 Gesichtspunkten unterscheidet man beim Tu-           schemas kämen dann in der palliativen Situation
                       Hubert Bardenheuer             morschmerz zwischen nozizeptiv-somatischen           Schmerzpumpen zum Einsatz. Eine Begleitmedi-
                                                      (45 Prozent), nozizeptiv-viszeralen (30 Prozent)     kation mit Antiemetika und Laxanzien sei bei einer
                                                      und neuropathischen (zehn Prozent) Schmer-           Therapie mit Opioiden indiziert. Eine Therapie mit
                                                      zen. Wiese berichtete in seinem Vortrag, dass        Koanalgetika werde abhängig von der speziellen
                                                      beim Tumorschmerz häufig gleichzeitig sowohl         Situation des Patienten eingesetzt. Hierzu zählen
                                                      ein nozizeptiver als auch ein neuropathischer        laut Bardenheuer beispielsweise Antidepressi-
                                                      Schmerztyp existiere – man spreche dann vom          va und Antikonvulsiva, die bei neuropathischen
                       Freising                       sogenannten „Mixed Pain“.49 Die Behandlung ei-       Schmerzen eingesetzt werden. Bardenheuer
                       PD Dr. med.                    ner Mischung aus nozizeptiven und neuropathi-        betonte, dass der Patient allerdings vor dem
                       Christoph Wiese
                                                      schen Schmerzen sei – ähnlich wie beim chro-         Einsatz von Antidepressiva und Antikonvulsiva
                                                      nischen Nichttumorschmerz – in der klinischen        vom behandelnden Arzt gut über die neben der
Die Zahl von Patienten und Patientinnen, die meist    Praxis häufig schwierig. Der Mixed Pain erfordere    eigentlichen Indikation vorhandene analgetische
für längere Zeit wegen einer Tumorerkrankung be-      eine spezifisch auf beide Schmerzanteile wirken-     Wirkung dieser Substanzen informiert werden
handelt werden, ist seit 1990 erheblich angestie-     de analgetische Therapie. Um eine differenzierte     müsse, um die Compliance und das Vertrauens-
gen. So erhöhte sich die Prävalenz in den letzten     Schmerztherapie beim Tumorschmerz zu ermög-          verhältnis zum Arzt nicht zu gefährden.
20 Jahren bei den Frauen um circa 35 Prozent, bei     lichen, sei es allerdings erforderlich, zunächst
den Männern sogar um 80 Prozent.47 Da rund ein        eine ausführliche Schmerzdiagnostik durchzufüh-      Anwendung von Opioiden in der
Drittel aller Betroffenen bereits bei der Erstdiag-   ren, betonte Wiese.                                  ­Tumorschmerztherapie
nose Schmerzen aufweist, steigt auch der Bedarf
einer geeigneten Schmerztherapie für Tumorpa-         „Die Diagnose „Mixed Pain“ sollte nach ei-           Der Basisschmerz sollte laut Bardenheuer im-
tienten. Das primäre Ziel der Tumorschmerzthe-        ner korrekten Schmerzdiagnostik bei Vorlie-          mer mit Retard-Opioiden behandelt werden. Viel
rapie sei, die Lebenszufriedenheit des Patienten      gen von nozizeptiven und neuropathischen             zu häufig wende man jedoch in der klinischen
zu verbessern, betonte Wiese. Eine analgetische       Schmerzanteilen gestellt werden – häufig wird        Praxis in der Basistherapie Tropfen, also rasch
Therapie sollte dabei möglichst frühzeitig unter      der Begriff jedoch in der Praxis als Verlegen-       wirksame Opioide, zur Dauertherapie an. Das
Nutzung von medikamentösen und nichtpharma-           heitsdiagnose bei schwierig einzuordnender           könne langfristig zu einer psychischen Abhän-
kologischen Therapieoptionen, wie zum Beispiel        klinischer Symptomatik verwendet.“ PD Dr.            gigkeitsproblematik führen, mahnte Bardenheuer.
Physiotherapie, Psychotherapie und transkutane        med. Christoph Wiese                                 Die Dosisfindung sollte immer titrierend erfolgen,
Nervenstimulation (TENS), begonnen werden.                                                                 wobei die Startdosis von der Tumorerkrankung
                                                      Tumorschmerztherapie – schrittweise                  abhängt und je nach Vorgeschichte individuell
Häufig auch neuropathische Komponente                 therapieren                                          gewählt werden sollte. Die Dosierung richte sich
beim Tumorschmerz vorhanden                                                                                nach der Schmerzintensität, die anhand der vi-
                                                      Tumorschmerzen mit rein nozizeptiven Anteilen        suellen Analogskala erfasst werden könne. Für
Trotz der Möglichkeiten der modernen Schmerz-         werden, wie Prof. Dr. med. Hubert Bardenheuer        Durchbruchschmerzen stünden rasch wirksame
therapie muss vor allem die Behandlung von            von der Klinik für Anästhesiologie der Universität   Opioide mit einem Wirkeintritt nach drei bis fünf
Tumorschmerzen verbessert werden. So beur-            Heidelberg erläuterte, klassisch nach dem WHO-       Minuten zur Verfügung, die oral, nasal, rektal,

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