Smarte Zeiten Welche Chancen die digitale Vernetzung für die Lebens- und Arbeitswelten bietet - Egger

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Smarte Zeiten Welche Chancen die digitale Vernetzung für die Lebens- und Arbeitswelten bietet - Egger
Kundenmagazin der EGGER Gruppe
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                                                    S TA R T

                                      Smarte Zeiten
                                 Welche Chancen die digitale Vernetzung für

                                    die Lebens- und Arbeitswelten bietet.
Smarte Zeiten Welche Chancen die digitale Vernetzung für die Lebens- und Arbeitswelten bietet - Egger
INHALT
03 Editorial

10 E_InspirAtion

11   Ideen für morgen

12	Schwerpunkt „Digitale
    Vernetzung“:
    Die neue Intelligenz

18 Begegnungen in echten
	Räumen: Der Gegentrend
   zur digitalen Vernetzung

22 Mensch im Mittelpunkt:
   Im Gespräch mit
   Jivka Ovtcharova

26 E_Lösungen

27 Gesichter des Unternehmens

28 Perfekt durchdacht:
   Werksporträt Brilon

34	Zufriedenheit ist Trumpf:
    Die Erforschung des Kunden

38 Wir sind die Neuen:
   So denken die jungen
   Berufseinsteiger heute

42 E_Natur

43 Nachhaltig leben

44	Kreislauf lohnt sich:
    Verwerten statt vernichten
    als Wirtschaftsphilosophie

48 5 Dinge über Ahorn

50 Wettkampf der Holz­-
   hoch­­­­häuser: Rekordjagd
   im Holzbau

54	Treehugger gesucht:
    Bilderrätsel

55 Impressum
Smarte Zeiten Welche Chancen die digitale Vernetzung für die Lebens- und Arbeitswelten bietet - Egger
Smarte Zeiten Welche Chancen die digitale Vernetzung für die Lebens- und Arbeitswelten bietet - Egger
Modernste LeimAnlage

Drei Jahre hatten die Bauarbeiten in Hexham (UK) gedauert. Rund 200
Firmen, 800 externe und interne Mitarbeiter errichteten Schritt für Schritt
und ohne lange Betriebsunterbrechungen neue Kühltürme, eine der
modernste Anlagen weltweit samt Tanklager und ein Administrationsge-
bäude. Am 16. Juni 2015 schließlich produzierte die neue Campact-Anlage
ihre erste Charge mit   60 Tonnen Leim. Die frei gewordene Energie aus
dem Herstellungsprozess fließt seitdem dem Thermalöl-Netzwerk zu –
ganz im Sinne der EGGER Philosophie der geschlossenen Kreisläufe.
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Das Internet ist mehr als nur Handels-

plattform und Marketing­instrument.

Vernetzung ist eigentlich nichts Neues. Sobald eine    die Technologie in Unternehmen. Digitalisierung
Sache oder ein Mensch auf eine andere Sache oder       ­bedeutet hier weit mehr als nur Internet. Und ­
einen anderen Menschen einwirken kann, gelten die      das Internet ist weit mehr als nur eine Handels-
beiden wissenschaftlich betrachtet als mitei­nander    plattform und ein Marketinginstrument.
„vernetzt“. Der Unterschied zu früher ist nur, dass
die Zahl der Vernetzungen durch die Digitalisierung    Die digitalen Netzwerke ziehen sich bei EGGER durch
rasant zunimmt. Die digitale Vernetzung verändert      das gesamte Unternehmen, von der Rekrutierung ­­bis
unsere Welt deshalb gerade grundlegend.                zur Fertigung, vom „Manufacturing Execution Sys-
                                                       tem“ (MES) bis zum „RFID-Chip“ in der Logistik. Es
Nicht nur die weltweiten Datenströme zwischen          gibt dabei täglich Spannendes dazuzulernen. Und
den Menschen schwellen an. Auch immer mehr             täglich prüfen wir, ob eine bestimmte Technologie zu
­Dinge sind untereinander verbunden. Den Grad          EGGER passt oder nicht.
ihrer Vernetzung verdeutlichen Wissenschaftler ­
unter anderem anhand der Zahl digital verbunde-        Es ist diese Gratwanderung, der sich diese Ausgabe
nen Geräte. Es werden 2020 je nach Studie zwischen     widmet. Wie viel Digitalisierung ist nötig – und ­
28 und   35 Milliarden sein. Dann werden auch          was wird immer analog bleiben? Dazu gehört für
erstmals mehr Alltagsgegenstände als PCs und           uns das persönliche Gespräch mit unseren Partnern
Smartphones miteinander vernetzt sein, schätzt das     und Kunden, konstruktive Kritik und der verläss­­-
international angesehene Massachusetts Institute       li­che Handschlag. Im Namen des EGGER Teams
of Technology (MIT). Das gilt natürlich auch für       wünschen wir Ihnen eine spannende Lektüre.

EGGER Gruppenleitung

Walter Schiegl                  Ulrich Bühler                  Thomas Leissing
(Produktion/Technik)            (Marketing/Vertrieb)           (Finanzen/Verwaltung/Logistik)

                                                                                                            03
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Stoff aus Holz
Für die Mailänder Boutique des Modehauses Maison Margiela schuf die
italienische Firma Wood-Skin einen maßgeschneiderten Bodenbelag, der
auch als Tresenverkleidung dient. Knapp   200 000 Sperrholz-­
Dreiecke wurden mit digitaler Technik gefertigt und beweglich zusammen­
gefügt. Besonders eindrucksvoll kommt das Material als Vorhang zur ­Gel­-
tung. Der Lift in den ersten Stock ist damit der wohl bestgekleidete Aufzug
der Welt.

www.wood-skin.com
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Mercedes auf EGGER FuSSboden
Am 17. September 2015 fand die Automesse iaa in Frankfurt (DE) statt. Weltbe-
rühmte Marken der Branche standen im Wettbewerb um die ­besten Bühnen ­für
ihren Auftritt. Für die Inszenierung der neuesten Modelle von Mercedes Benz
setzte das Architekturbüro Jangled Nerves   3 000 m2 EGGER Laminatfuß-
boden Northland Eiche Braun (H2352) ein. Neueste Automobiltechnik wurde
so auf modernem Holzwerkstoff präsentiert.

www.egger.com
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Stadtwald Auf Zeit
Der vier Meter hohe „MPavilion“ der britischen Architektin ­Amanda Levete
ist neuer Designtreffpunkt in Melbourne, Australien. In den Queen Victoria
Gardens hat die Stirling-Preis-Gewinnerin   43 Bäume aus Carbonfaser ­
mit Blütenblättern aus einem speziellen Verbundstoff gepflanzt. Dank Tech-
nologien aus dem Bootsbau können die transparenten, mit Leuchtdioden
bestückten Kronen fünf Meter überspannen. Sie wiegen sich sogar im Wind.

www.mpavilion.org
E _ inspiration
  „Die Marke im Raum soll warme
  und positive Gefühle wecken.“

  Heike Kiesling, EGGER Leitung Marketing Möbel & Innenausbau
  Begegnung in echten Räumen (Seiten 18 bis 21)
E _ Inspiration

Ideen für morgen

Handwerker-Anatomie
www.happaratus.com

Manche Erfindungen sind so genial und einfach, dass man sich fragt,
warum nicht schon vorher jemand darauf gekommen ist. Wahr-
scheinlich, weil „einfach“ trotzdem sehr viel Wissen und Visionen
voraussetzt. Die Abschlussarbeit von Morten Grønning Nielsen,
Absolvent des Royal College of Art, ist ein gutes Beispiel: Bei seinem
„Happaratus“ handelt es sich um einen Handschuh mit Hydraulik-
Motor. Daumen, Zeige- und Mittelfinger sind verkabelt und mit vi­
brie­renden Schleifsteinen bestückt, die passend zum Material gewählt
werden können. Der Schleifgrad ist graduell verstellbar – so lassen
sich Stein- und Holzoberflächen mit Fingerspitzengefühl bearbeiten.

                                                       Halbleiter-Biologie
                                                       www.nature.com

                                                       Holz ist ein nachwachsender und umweltfreundlicher Rohstoff.
                                                       Elektrische Leitfähigkeit zählt dagegen nicht zu seinen Eigen-
                                                       schaften, im Gegenteil. Dennoch haben es Forscher in China und
                                                       den USA, wie im Mai 2015 bekannt wurde, geschafft, Chips für
                                                       Smartphones, Tablets und Computer aus Holz zu produzieren.
                                                       Mit Harz bedeckt, dient die flexible und robuste Nanozellulose als
                                                       Unterlage für das Halbleiter-Material. Damit kann nicht nur ­
                                                       der Einsatz von gefährlichen Substanzen, wie dem krebserregen-
                                                       den Galliumarsenid, in der Unterhaltungselek­tronik reduziert
                                                       werden. Steht ein Upgrade an, gibt es auch weniger Elektroschrott.
                                                       Die neuartigen Holz-Chips sind sogar biologisch abbaubar.

Spielzimmer-Technologie
www.primotoys.com

„Cubetto“ möchte von der Stadt zum Schloss gelangen.
Doch das freundlich lächelnde Holzkistchen wird nicht von
Hand auf dem großen, schachbrettartigen Spielfeld herumge-
schoben. Es fährt selbst. Auf dem neuen Holzspielset der
Londoner Firma Primo Toys programmieren Kinder im Vor-
schulalter Cubettos Wege – und lernen dabei, wie man mit
Computern kommuniziert. Die Programmiersprache? Roter
Bauklotz bedeutet: geradeaus, blauer: links, gelber: rechts
usw. Auf Knopfdruck gibt die Schaltzentrale die Befehle
drahtlos an Cubetto weiter, und der Holzroboter setzt sich
in Bewegung.

                                                                                                                               11
Schwerpunkt Digitale Vernetzung

                                                      S TA R T

Themenübersicht

12–17   Die neue Intelligenz

18–21   Begegnungen in echten Räumen: Gegentrend analoge Vernetzung

22–25   Im Gespräch mit Jivka Ovtcharova
schwerpunkt Digitale vernetzung   E 
                                                                                                             _  Inspiration

Die neue
Intelligenz
Große Erfindungen revolutionierten stets die Art, wie wir

arbeiten und produzieren. Nun erleben wir wieder eine

technische Revolution. Was an digitaler Vernetzung gestern

noch wie Zukunftsmusik klang, ist heute schon Realität.

autor Till Schröder                                                                                       291

                                            Online-Käufe

„Smart“ ist das Stichwort unserer Zeit.     Die Bereitschaft zu Online-Käufen
Es verbindet Digitalisierung mit dem        nimmt stark zu. Gemessen an
Leben und Intelligenz mit Eleganz.          der ­Gesamtbevölkerung sind die
Kommt das Gespräch auf das Thema            ­Amerikaner weltweit Vorreiter;
Digitalisierung, tasten wir instinktiv      ­innerhalb Europas sind es die Briten.
                                                                                                              196
nach unserem Schlüssel zur Welt – dem                                                           220
Smartphone. Bei einer Diskussions­
runde erinnerte sich kürzlich ein ehe­
maliger Fabrikleiter, heute Vorstands­
mitglied bei Siemens: Früher habe er
jeden ­Morgen schon um sieben im Werk                                                               132
sein müssen, um mit eigenen Augen ­
zu sehen, dass doch alles in Ordnung
                                                                                                                        Quelle: Centre for Retail Research im Auftrag von deals.com

war. Statt dessen hätte er mit seiner
Familie eine halbe Stunde länger früh­
stücken können. Heute ist das anders:
Durch eine App auf dem Smartphone
kann man sich von jedem Ort der Welt                                                           71
aus davon überzeugen, dass alle Bänder                                               65
laufen und die Kennwerte der Anlagen
stimmen.                                                                                  46
                                                                       43
                                             2013 2016                        35
Digitalisierung unterstützt das             in Mrd. Euro          27
harmonische Zusammenspiel

                                                 9         11
Vielleicht vereinfacht diese Geschichte     5          7
die Realität etwas, doch sie bringt die
Faszination an digitaler Vernetzung gut         IT         ES        FR         DE         GB        Europa    USA

                                                                                                                         13
E _ Inspiration   schwerpunkt Digitale vernetzung

                                                                                                           2014

                                                              Anzahl der
                                                              Webseiten weltweit

                                                              Die Zahl der Internetseiten
                                                              nimmt im aktuellen Jahrzehnt
                                                                                                           2012–2013
                                                              ­exponentiell zu. Sie zeigt die
                                                              zunehmende ­Dynamik der
                                                              Digitalisierung.

                                                                                                           2011

                                                                                                           2010

          Häufigkeit von                                                                                   2009
          Cyberangriffen
                                                                                                           2008
          Je größer das Unter-                                                              dropbox
                                                                                            geht

                                                                                                                                                                        Quelle: internetlivestats.com/EGGER
          nehmen (gemessen an
                                                                                            online
          der Mitarbeiterzahl),                                                                            2007
          desto regelmäßiger die
          Angriffe durch Hacker.
                                                                                                           2006
                                                                                            Twitter
                                                                                            geht
                                                                                            online
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                                                                                            Youtube
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                                                                                            online

                                                        täglich

                                                        einmal/mehrmals
                                                        pro Woche

                                                        mehrmals pro Monat

                                                        seltener

                                                        nie

                                                    Angaben in Prozent

                   8 14
                                                                                                                             Quelle: Cyber Security Report, T-Systems

                             18
           48                                           16 6 12                                               3
                                                                                                                   23
                          16                                                                          32
                                                                       18
                                                       48                                                          23
                                                                                                           19

                                                    Unternehmen mit 50 bis                            Unternehmen mit über
          Unternehmen insgesamt                        100 Mitarbeitern                                 1000 Mitarbeitern

14
schwerpunkt Digitale vernetzung   E 
                                                                                                                         _  Inspiration

auf den Punkt. Deshalb erzählt sie Wolf-
gang Wahlster, der Chef des Deutschen
Forschungszentrums für Künstliche
Intelligenz (DFKI) auch gerne in seinen
Vorträgen über Industrie 4.0. Sie mache
anschaulich, wie sich durch digitale
Vernetzung Beruf und Familie besser
vereinen lassen. Wie heute in Echtzeit
auf Prozesse in der Produktion zugegrif-
fen werden kann. Wie sich Wertschöp-
fungsprozesse sofort ­optimieren lassen.
Die Fabrik wird so zur „Smart Factory“.

Smart heißt, dass die technischen
Systeme aller Unternehmensbereiche
Daten nicht nur lesen, sondern auch
verstehen. „Von der Kommunikation
der Musiker untereinander hängt die         aktuellen EU-Stadtförderprogramme.
Qualität des Zusammenspiels ab“,            Konsequenterweise entwickeln sich
sagt Wahlster. Er gilt als Erfinder des     die Autos zunehmend zum Computer
Schlagwortes Industrie 4.0. Das griffen     auf vier Rädern. Bis 2040 werden sich
die Medien 2011 auf, um dem offen-          selbstfahrende Autos durchsetzen, ist
sichtlichen Umbau der Wirtschaft einen      sich McKinsey sicher. Das Beratungs-
Namen zu geben. 4.0 steht hier für die      unternehmen ist überzeugt: Wenn
vierte industrielle Revolution nach den     endlich die Autopiloten das Steuer            senden von Mustern pro Jahr würde eine
drei vorhergehenden Umbrüchen durch         übernehmen, würden allein in den              fehlerfreie Abwicklung gar nicht anders
die Erfindungen Dampfmaschine, Elek­        USA geschätzte 190 Milliarden Dollar          funktio­nieren“, sagt Ulrich Bühler, ver-
trizität und Automatisierung.               an Blechschäden und Verletzungen              antwortlich für Marketing und Vertrieb
Die vierte technische Revolution ist        im Straßenverkehr eingespart werden.          der EGGER Gruppe.
im Alltag der Menschen mit ganzer           Den Karosseriewerkstätten ­prophezeien
Wucht angekommen. Digitale Vernet-          die Marktbeobachter schmerzliche              Was längst selbstverständlich sein
zung wird den Kindern im Fernsehen          Ein­brüche. Das Beispiel zeigt exempla­       sollte, ist endlich möglich
nahegebracht. „Gegenstände wie ein          risch, wie grundlegend die digitale
Kühlschrank werden smart, also intel-       Vernetzung gewohnte Lebens- und               Ein weiteres Feld für das harmonischere
ligent“, erklärt Moderator Felix in einer   Arbeitswelten umwälzen wird.                  Zusammenspiel durch digitale Vernet-
Wissenssendung für Kinder. „Und das         So wie sich Wohnwelten, Städte und            zung sind präzise und transparente
Ergebnis wird eine vernetzte Welt.“         Verkehr unter dem Einfluss der digita-        Rechnungen: Jeder kleinste Posten
                                            len Vernetzung verändern, so stellt sich      muss durch klare Artikelbezeichnungen
Intelligente Systeme lösen Proble­me        auch das Zusammenspiel innerhalb              eindeutig identifizierbar sein. So einfach
– und ändern damit Gewohntes                der Unternehmen um. Es wird durch             das klingt, es ist für eine vertrauensvol-
                                            die D
                                                ­ igitalisierung schneller, effizienter   le Kundenbeziehung essenziell – und
Medienberichte und Musterhäuser             und transparenter, und zwar auch mit          technisch ziemlich aufwendig.
führen eindrucksvoll vor, wie sich die      den externen Teilnehmern desselben
Wohnwelten der Zukunft im „Smart            Wertschöpfungsnetzwerks – vom Liefe-          Hersteller und Kunde müssen dafür in
Home“ mit der „Smartwatch“ und              ranten bis zum Verarbeiter. Bezeichnen-       der gleichen Datensprache, also mit
Tablets steuern lassen und so zu einer      derweise bestellten im Juni 2015 Kunden       einheitlichen Produktdaten, kommuni-
großen Alltagshilfe werden.                 im Mustershop erstmals in der Geschich-       zieren. Die Systeme funktionieren hier
                                            te von EGGER Online mehr Dekormuster          bei EGGER genauso wie jene, die beim
Ganze Städte werden derzeit smart.          und andere Muster, um sie wiederum            Einkauf von Rohstoffen das Zusammen-
Mit optimierter Vernetzung zwischen         ihren Kunden vorzustellen, als über die       spiel mit Lieferanten erleichtern. Die
Stromanbietern und Verbrauchern             klassischen Kanäle wie das Telefon oder       Grenzen zwischen Intern und Extern
etwa oder staufreiem Verkehr gehört         Fax. Ein Großteil davon wird inzwischen       verschwimmen bei der engen Zusam-
die „Smart City“ zu den Leitbildern der     automatisiert abgewickelt. „Bei zehntau-      menarbeit mit Partnern. So ­unterstützte

                                                                                                                                     15
E _ Inspiration   schwerpunkt Digitale vernetzung

Die vier zentralen Aspekte der Industrie 4.0

Mit dem Schlagwort Industrie 4.0 wird die Vernetzung
intelligenter Objekte, Maschinen und des Menschen
in Unternehmen und auf dem B2B-Markt bezeichnet.
Hierbei wird zwischen vier Arten unterschieden.

     	Wertschöpfungsnetzwerk

	
 Das Wertschöpfungsnetzwerk umfasst die
       Standorte und Lieferanten eines Unternehmens
       und kann auch mehrere Wertschöpfungs-
       ketten verbinden. Man spricht hier auch von
       „horizontaler Integration“. Ein Beispiel für das
       Zusammenspiel in diesem Netzwerk ist die
       zuverlässige, transparentere Logistik durch
       RFID-Technik.

     	
      Vernetzte Produktionssysteme

	Digitale Vernetzung harmonisiert auch die
       einzelnen Stationen einer Produktion, von der
       Rohstoffaufbereitung bis zum Endprodukt. Die
       effiziente Steuerung mit einem Manufacturing
       Executive System (MES) ist ein Beispiel für die
       „vertikale Integration“.

     	
      WertschöpfungsKETTE

	Vom Design bis zu den Services stimmt „digi-
       tales Engineering“ die Stationen einer Wert-
       schöpfungskette innerhalb des Unternehmens
       im Idealfall reibungslos aufeinander ab. Eine
       zentrale Schnittstelle in dieser Kette ist die
       zwischen computerassistiertem Design (CAD)
                                                          Quelle: Raufeld
       und Verarbeitung (CAM).

     	
      Mensch
                                                                            EGGER die ­Firma Logiball bei der
	
 Digitale Vernetzung und Industrie 4.0 sind                                 Entwicklung eines Navigationsgeräts,
       nicht mit Automatisierung zu verwechseln.                            das die LKW-Fahrer über Forstwege ziel­
       Der qualifizierte Mensch bleibt Dirigent des                         sicher zum richtigen Polter in den Wald
       Produktionsorchesters. Die Technik versetzt                          hinein- und wieder herausführt.
       ihn in die Lage, jedes Detail der Wertschöpfung
       von zentraler Stelle aus zu beobachten und                           Digitale Vernetzung durchwebt das
       jederzeit steuernd einzugreifen, zum Beispiel                        gesamte Unternehmen. Einzelne
       über die Verbindung des Rechenzentrums, dem                          Produktionsschritte lassen sich über
       Herzstück der digitalen Vernetzung.                                  leistungsstarke Fertigungsmanage-

16
schwerpunkt Digitale vernetzung   E 
                                                                                                                         _  Inspiration

                                            H
                                             Ä
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                                                              ER
                                    A

                                                 ER
                                     R

                                                     A
                                      TN

                                                      N
                                         ER

                                                        TE
                                                          N

mentsysteme (MES) transparent und            werden immer volatiler. So nennen           Digitale Technik macht all das möglich,
effizient machen. Die aus der Ferne les-     Experten immer schneller wechselnde         sofern die Mitarbeiter mit der entspre-
baren RFID-Chips in Lieferwaren ver-         Nach­fragen. Was früher zu kompliziert      chenden Qualifikation diese Technik
einfachen wiederum die logistischen          war, wird zukünftig möglich: Ferti-         zu beherrschen wissen. Die Digitalisie­
Materialflüsse. Transparenz, Reakti-         gungsanlagen in kürzester Zeit auf          rung bedeutet nämlich nicht, dass die
onsgeschwindigkeit und Steuerbarkeit         alternative Produkte umzustellen, alle      Technik alle Arbeit erledigt. Einer muss
sind die Hauptziele der digitalen Ver-       Stückzahlen bis hin zur Losgröße eins       die Technik immer noch steuern: der
netzung. Eine gelungene Vernetzung           effizienter herzustellen und absolute       Mensch. Und dafür sollte er auch in
macht Unternehmen wendiger. Das ist          Transparenz, um Ausfälle, Leerläufe         Zukunft die smarteste Kraft im System
überlebenswichtig, denn die Märkte           und Fehlinvestitionen zu vermeiden.         bleiben.

                                                                                                                                     17
1

    Persönliche
    Begegnungen
E _ Inspiration

                                                                 2

                                                     Je virtueller die Welt wird, desto mehr weiß man ihre

                                                     physischen Qualitäten zu schätzen. Über die Renaissance

                                                     klassischer Verkaufsinstrumente, die analog Vertrauen im

                                                     digitalen Zeitalter herstellen.

                                                     autorin Meike Wöhlert

                                                     Der Tastsinn ist der Freund und Feind       enormen Aufwand, damit sich Holzde-
                                                     des Onlinehandels. Einerseits wickeln       kore genauso naturgetreu anfühlen, wie
                                                     unsere Fingerkuppen Bestellungen per        sie aussehen. Ironischerweise wäre diese
                                                     Mausklick oder Touchscreen ab, ande-        Präzision ohne eine hoch entwickelte
                                                     rerseits werden ebendiese Fingerkuppen      Software gar nicht erreichbar; in diese
                                                     von unserem Gehirn zur Überprüfung          Richtung hat sich die Grenze zwischen
                                                     visueller Reize ausgeschickt. Stimmt der    digitaler und analoger Welt bereits auf-
                                                     erste Eindruck? Sehen schafft Orientie-     gelöst. Umgekehrt wollen Dinge weiter-
                                                     rung, Fühlen Gewissheit. Sicher, per        hin sinnlich erfasst werden. Menschen
                                                     Internet einkaufen ist bequem. Doch am      möchten Menschen begegnen. Doch das
                                                     Bildschirm lässt sich nicht überprüfen,     Internet kann weder lächeln noch Hände
                                                     ob das Material eines Produktes hält,       schütteln. Parallel zur Digitalisierung
1 Im variablen EGGER Präsen­tationsstand werden     was seine Optik verspricht. Das war         bilden sich deshalb immer mehr Formen
 Teile des ­Sortiments gezeigt. Hier ist er Teil ­   auch einer der Gründe, warum Amazon         heraus, die die digitale Vernetzung mit
 des Messeauftritts auf der Messe Mebel 2015         vergangenes Jahr seinen ersten Buchla-      dem bewussten Ziel ergänzen, sich mit
 in Moskau.                                          den eröffnete – und in Seattle Druckaus-    Kunden und Geschäftspartnern von An-
2 Mit einem mobilen Pop-up-Store lockte             gaben, aber auch E-Reader anbietet.         gesicht zu Angesicht auszutauschen.
 das Modelabel Joe Fresh auf dem New Yorker                                                      Trotz enormer Fortschritte bei der
 Broadway Kunden an.                                 Welche Bedeutung das analoge Erleben        Videokonferenztechnik sprießen Ta-
                                                     für die Wirtschaft hat, zeigt sich daran,   gungszentren mit variabel nutzbaren
                                                     dass Haptikdesign längst nicht auf das      Räumen aus dem Boden. Allein das
                                                     Streichelerlebnis mit einem Touchscreen     Luxemburger Unternehmen Regus,
                                                     beschränkt ist. Auch die Auto­branche       vor 25 Jahren als Anbieter von flexi­
                                                     unterhält sogenannte Sensor-Labs,           blen Arbeitsplätzen gestartet, betreibt
                                                     damit beispielsweise Lenkräder einen        heute mehr als 3 000 Business-Center
                                                     optimalen Griff bekommen. Und Her-          in 900 Städten auf der ganzen Welt.
                                                     steller von Oberflächen betreiben einen     Und während der E-Commerce-Anteil

                                                                                                                                         19
E _ Inspiration

3 Der sogenannte weShop ist ein
    smarter Showroom, der etwa eine
    individuelle Kundenansprache
    ermöglicht.

                                                               3

3

         an B2C-Verkäufen jedes Jahr im zwei-          lichen Austausch. Zudem können die         Urbanara, sind Pop-up-Stores interes-
         stelligen Prozentbereich wächst –             Firmen sich und ihre Produkte auf der      sant, weil potenzielle Kunden vor Ort die
         2014 betrug der Umsatz weltweit fast          ­Messe-Website online präsentieren.        Qualität der Stoffe erfühlen können –
         1,5 Trillionen US-Dollar – entstehen                                                     Haut und Haptik statt Katze im Sack.
         allerorten temporäre Verkaufsflächen          Digitales Marketing funktioniert am bes-   Um die reale und die virtuelle Verkaufs-
         wie Pop-up-Stores, mobile Platt­formen        ten, wenn der Kunde weiß, wonach er        welt noch stärker zu vernetzen, entwi-
         und flexibel verwendbare Points of Sale       sucht. Der analoge Kontakt dagegen hilft   ckelte die Kreativagentur Serviceplan
         (PoS). Begleitet wird dieser Trend von        ihm beim Finden, etwa durch Kurzzeit-      Design zusammen mit der Vitrashop
         einer Renaissance kleiner Fachmessen          geschäfte, genannt Pop-up-Stores. 2012     Gruppe auch den so­genannten weShop.
         wie der Architect@Work. Erfunden von          eröffnete mit dem Boxpark im Londoner      Dieser intelligente Showroom kann fast
         vier belgischen Innen­architekten findet      East End die erste Pop-up-Mall der Welt.   alles – von der individuellen Kunden-
         die exklusive Architektur- und Design-                                                   ansprache ­mittels Indoor­navigations­
         messe mittlerweile mehrmals pro Jahr          Das Beispiel machte Schule. Pop-up-        system (­Beacon-Technologie) über die
         in ganz Europa statt. Das Erfolgsrezept:      Stores gibt es inzwischen in vielen        Stilberatung per Videokonferenz („Call
         Beschränkung auf wichtige Entschei-           innovativeren Einkaufszentren. Flächen     an expert“) bis zur parallelen Online­
         der und: keine Zeitverschwendung auf          aller Art und Preisklasse werden auf       bestellung nicht im Laden verfügbarer
         Aussteller und Besucher. Die vorge-           Webseiten wie Nextsalesroom.com und        Produkte via Shop-Tablets.
         stellten Materialien, Produkte, Anwen-        Gopopup.com in mehreren europäischen
         dungen und Dienstleistungen werden            Ländern angeboten und auch von etab-       EGGER Point of Sale und Roadshow:
         ­von einem Ausschuss ausgewählt und           lierten Marken genutzt, um Produkten       ans Holz herantasten
          ­sind garantiert innovativ, die Veranstal­   ein Forum zu geben oder die Öffentlich-
           tung ist grundsätzlich auf zwei Tage        keit mit einer besonderen Atmosphäre       Mit der Agentur Serviceplan konzipierte
           beschränkt. Die Teilnehmer schätzen die     zu überraschen, etwa in einer Galerie.     EGGER den EGGER Point of Sale, ein
           Zielgruppenorientierung, den Service        Für rein internet­basierte Firmen, wie     igluförmiges Gebilde, dessen Fläche
           und die Lounge­bereiche für den persön-     zum Beispiel den Heim­textilienversand     zwischen 6 und 20 m2 betragen kann.

         20
E _ Inspiration

                                     4 Im April 2014 eröffnete die Concept-
                                      Mall Bikini Berlin und mit ihr 19 „Bikini
                                      Berlin Boxes“ aus Holz. Damit diese
                                      Pop-Up Stores nicht zu festen Kiosken
                                      werden, ist ihr Mietvertrag auf maximal
                                      zwölf Monate begrenzt.

                                                           Dieser POS ist mit Gestaltungs­software     tage nötig, um sich im Wettbewerb ab-
                                                           und einem Zugang zu Online-Servicean-       zuheben. Erstmalig im größeren Einsatz
                                                           geboten ausgestattet, ermöglicht es aber    war der EGGER POS im Herbst 2014 bei
                                                           vor allem, Teile des EGGER Sortiments       der Einführung der EGGER Laminatfuß-
                                                           näher zu betrachten, anzufassen und         bodenkollektion 2015 – 2017 in Berlin.
                                                           mit Fachleuten zu sprechen. Ein Point
                                                           of Sale muss dabei nicht unbedingt Ver-     Die Produktwelt erlebbar macht auch
                                                           kaufszwecken dienen – er soll vielmehr      der EGGER Truck. 2014 war er in Sachen
                                                           Produkte oder eine Marke direkt erlebbar    Fußboden unterwegs, 2015 ging er mit
                                                           machen. Wie effektiv so ein PoS sein        Bauprodukten auf Tour. In welcher
                                 4
                                                           kann, erfuhr der Bezahlsender Sky, als      Mission der rote 33-­Tonner auch durch
                                                           er 2012 einen solchen in Auftrag gab, mit   Europa rollt: Der begehbare Ausstel-
                                                           dem er die Laufkundschaft in Einkaufs­      lungslastwagen hat das Ziel, möglichst
                                                           zentren erreichen wollte. „Sky verkaufte    viele Kunden und Geschäftspartner dort
                                                           deutlich mehr Abos als geplant“, sagt       zu erreichen, wo die sich befinden – und
                                                           der Serviceplan-Geschäftsleiter Philipp     wenn es sich um die entlegensten Orte
                                                           Steinle. Beim Auftrag von EGGER zählte      handelt. 2011 gestartet hat der Truck
                                                           für Steinle vor allem der Markenkern:       mittler­weile in fast 30 Ländern Station
                                                           „Den wollen wir mit dem EGGER POS er-       gemacht. Allein im vergangenen Herbst
                                                           lebbar machen.“ Heike Kiesling, Leiterin    war er in Schweden, Tschechien, der
                                                           Marketing M ­ öbel und Innenausbau, geht    Slowakei und in Kroatien unterwegs.
                                                           noch einen Schritt weiter. „Die EGGER       An Bord hatte er neben der gesamten
                                                           Welt soll warme und positive Gefühle        Bauproduktpalette auch hochmoderne,
                                                           wecken und so die Werte und Produkte        digitale Techno­logie – zu Trainings- und
                                                           des Unternehmens erlebbar machen“,          Präsentations­zwecken und als Ergän-
                                                           sagt sie. Emotionalisierung sei heutzu-     zung zum haptischen Erlebnis.

5  Vergangenes Jahr eröffnete
  der Online-Händler Amazon                                                                                                                           5
  einen Buchladen in Seattle.
  Die Bücher sind nach den
  Bewertungen der Kunden
  und thematisch sortiert.

                                                                                                                                                21
IM GESPRÄCH MIT Jivka Ovtcharova
E _ Inspiration

„Der Mensch im
Mittelpunkt“
                                           Vorträge über digitale Vernetzung klingen oft wie

                                           Zukunftsmusik? Nicht, wenn man mit Jivka Ovtcharova

                                           spricht. Die Informatikprofessorin fordert, jetzt in die

                                           praktische Arbeit zu wechseln. Ein Gespräch über Smart

                                           Factories, die Abkehr von der IT-Zentriertheit und den

                                           Filmhelden Marty McFly.

                                           interview   Till Schröder

MORE: Professor Ovtcharova, lassen         Der aktuell wichtigste Trend ist die totale   in sozialen Netzwerken und sprechen
Sie uns in die Zukunft blicken: Wo         Konnektivität, also Vernetztheit. Sie         Weiterempfehlungen aus. Die Kon-
sehen Sie in 30 Jahren die Produkti-       stellt völlig neue Randbedingungen für        sumenten treten also zum ersten Mal
onszentren der Welt – China, Indien        Märkte, Produkte, Produktionsstandorte        in der Geschichte als Mitgestalter der
und Osteuropa, oder auch in den            und Dienstleistungen dar, die sich am         Industrialisierung auf. Die Wünsche
westlichen Industrieländern?               besten durch den Begriff „Smart Facto-        nach Besitz oder Nutzung bestimmter
Jivka Ovtcharova: Die Welt in 30 Jahren    ry“ ausdrücken lassen. Darunter versteht      Produkte oder Dienstleistungen ändern
– das hatten wir ja vergangenes Jahr,      man die flexible, echtzeitfähige, unter       sich. Der Mensch als Individuum und
als der Film­held MartyMcFly aus dem       Umständen auch ortsübergreifende              „Resourceful Human“ tritt dabei in ei-
Jahr 1985 „zurück in die Zukunft“ reiste   Vernetzung von Maschinen, Dienstleis-         ner oder mehreren Rollen gleichzeitig
und am 21. Oktober 2015 landete. Die       tungen und Menschen zu dem Zweck,             auf, etwa als Produzent, Dienstleister,
Zukunft, wie damals beschrieben,           Waren „on-demand“, also auf Anfrage,          Kunde oder Wissensempfänger.
gleicht unserer Gegenwart kaum. Trotz-     kostengünstig zu produzieren, zu nutzen
dem können wir die Wirtschaftsent-         und zu teilen, oder zu „sharen“, wie man      MORE: „Resourceful Human“ ist also
wicklung bis 2025 voraussagen. Es gibt     heute oft sagt. Das Herzstück der Smart       das neue „Human Resource“?
weltweit viele ähnliche Ansätze. Ob in     Factory besteht in deren selbstbestimm-       Etwas überspitzt gesagt: Ja. Seit der
Europa, Asien, den USA oder Australi-      tem oder intelligenten Einsatz aller Un-      Verbreitung des Internets ab den
en – die „Made in … 2025“ Strategien       ternehmensbereiche über das Internet.         1990ern Jahren steht nicht mehr
bauen alle auf Innovation, intelligente    Die gravierende Veränderung, die dabei        die Computertechnologie selbst im
Technologien, Internet der Dinge und       auf uns zukommt, betrifft allerdings          Mittelpunkt, sondern ihre Sozialisie-
digitale Bildung auf. Langfristig wird     nicht nur die Wirtschaft, sondern auch        rung – die totale Durchdringung aller
es die Massenproduktionszentren,           unmittelbar die breite Gesellschaft.          Lebens- und Arbeitsbereiche. Es geht
wie wir sie heute in Osteuropa, China                                                    mehr um soziales Wohlbefinden als um
oder Indien kennen, nicht mehr geben.      MORE: Inwiefern?                              Wohlstandssteigerung. Menschen mit
Diese ersetzen Smart Factories weltweit    Immer mehr Menschen fühlen sich               der Fähigkeit des vernetzten Denkens
flächendeckend.                            bestimmten Marken, Produkten und              und Handels und mit dem Blick für das
                                           Dienstleistungen gegenüber verbunden.         große Ganze, eben „Resourceful Hu-
MORE: Wie erklären Sie einem Laien         Sie gehen engagiert vor, teilen Bilder        mans“, sind auch in der Berufswelt ge-
in zwei, drei Sätzen „Smart Factory“?      und Inhalte, kommentieren Aktionen            fragt. Wir erleben einen Übergang zum

                                                                                                                                 23
E _ Inspiration

                                                                 Zur Person

                                                                    Jivka Ovtcharova

                                                                    Die gebürtige Bulgarin hat an der TU Sofia in Maschinenbau und der
                                                                    TU Darmstadt in Informatik promoviert. Nach mehreren Jahren in
                                                                    leitender Position in der Automobilindustrie wechselte sie zurück in
                                                                    die Forschung. Seit 2003 ist sie Professorin und Institutsleiterin am
                                                                    Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und seit 2004 Direktorin im
                                                                    Forschungszentrum Informatik (FZI) in Karlsruhe (DE). 2011 verlieh
                                                                    ihr die TU Sofia die Ehrendoktorwürde.

Menschen im Mittelpunkt der Betrach-       einzelnen Unternehmen ist nicht denk-            Die Mengen an digitalen Daten werden
tung. Das erfordert ein zukunftsfähiges    bar. Der Mittelstand spielt die entschei-        sich ständig vervielfachen. Nach einer
Arbeitskonzept für ein grundlegend         dende Rolle.                                     Studie von McKinsey entstehen mittler-
verändertes Verständnis der mensch-                                                         weile durch eine vollbesetzte Boeing 747
lichen Möglichkeiten und Bedürfnisse       MORE: Was raten Sie den KMU?                     bei nur einem Inlandsflug 240 Terabyte
im Umgang mit Technologie, mit den         Mittlere und kleine Betriebe können die          an Daten. Doch nicht nur diese wachsen-
natürlichen Ressourcen, der Umwelt         digitale Transformation nicht auf einen          den Mengen sorgen für mehr Komplexi-
und dem Menschen selbst.                   Schlag in allen Bereichen umsetzen. Es           tät, sondern auch deren Kurzlebigkeit.
                                           ist wichtig, mit Schlüsselbereichen der          Wir sprachen vorhin von Echtzeit. Daten
MORE: Was heißt das für die                Wertschöpfung zu beginnen und ganz               können ihren Wert in Millisekunden
Personalentwicklung?                       konkrete Probleme aus dem Tagesge-               verlieren. Kompliziert wird der Umgang
Mensch-zentrierte Technologien setzen      schäft schrittweise und mit möglichst            auch durch die vielen verschiedenen
Mensch-zentrierte Methoden voraus.         einfach umsetzbaren Maßnahmen                    Datenquellen, von Texten und Videos
Für Ingenieure heißt das: Weg von          anzugehen.                                       über Emails und Blogs bis zu Sensorda-
Einzelarbeitsplatz, aufgabenorientierten                                                    ten. Eine absolute Datensicherheit wird
Arbeitsabläufen und IT im Mittelpunkt,     MORE: Und welche Maßnahmen                       es, wie im normalen Leben, nicht geben.
hin zum virtuellen Engineering mit         haben die höchste Priorität?                     Viele Sicherheitsrisiken lassen sich
Teamarbeitsplatz, entscheidungsorien-      Abläufe zu vereinfachen, neue Ge-                vorausschauen. Das setzt aber eine neue
tiertem Handeln und echtzeitfähiger,       schäftsmodelle zu entwickeln und                 Sicherheitskultur voraus.
intuitiver Mensch-Maschine-Interaktion.    Wertschöpfungsketten in Modulen zu
Der Schlüssel zum Erfolg dabei ist die     organisieren. Nach einer Befragung               MORE: Worin besteht diese neue
Digitalisierung, also alle notwendigen     des Bundesverbands der deutschen                 Sicherheitskultur?
Daten und Informationen in digitaler       Industrie und PricewaterhouseCoopers             Die entscheidende Voraussetzung für ei-
Form bereitzustellen, eine vollständige,   erwarten acht von zehn Unternehmen               nen produktiven und sicheren Umgang
durchgängige IT-Unterstützung entlang      vom verstärkten Einsatz moderner                 mit großen Datenmengen ist die digitale
der Ressourcenkapazitäten und Ar-          digitaler Technologien einen schnelle-           Bildung und Qualifizierung der Mitar-
beitsflüsse. Das erreichen wir durch die   ren Austausch von Informationen und              beiter. Außerdem muss die Digitalisie-
Bildung und Qualifizierung zu „Digital     eine bessere Abstimmung von Arbeits-             rung ins Tagesgeschäft eingegliedert
Natives“ auf allen Unternehmensebe-        und Produktionsschritten. Kunden und             werden. Diese Leistung wird in Zukunft
nen.                                       Zulieferer sind dabei die wichtigsten            nicht an externe Dienstleister verge-
                                           Kooperationspartner – wobei die                  ben, die Kompetenzen und Know-how
MORE: Zumindest in der Smart               Vernetzung der kleineren Unternehmen             bleiben im Unternehmen. Nur dadurch
Factory ist das so. Können kleine          mit externen Partnern deutlich stärker           kann die Unabhängigkeit der Unter-
und mittlere Unternehmen (KMU) die         ist, als die der großen Unternehmen.             nehmen national und international bei
Digitalisierung auch ignorieren?                                                            digitalen Technologien, Diensten und
Nein. Der digitale Wandel findet im        MORE: Viele befürchten durch die                 Plattformen nachhaltig gewährleistet
Gegenteil an der Basis statt, in den       wachsenden Datenmassen ein Prob-                 werden.
Keimzellen unserer Wirtschaft, im          lem mit Viren, Hackern oder Abhän-
Mittelstand. Wirtschaftswandel ohne        gigkeiten von digitalen Dienstleistun-           MORE: Wir danken Ihnen für das
tiefgreifende Veränderungen in jedem       gen. Sind die Sorgen berechtigt?                 Gespräch.

24
Nicht nur digital vernetzt, sondern auch Netzwerkerin:
Jivka Ovtcharova unterstützt mit dem von ihr gegrün-
deten Lifecycle Engineering Solutions Center (LESC)
inter­diszplinäre Anwendungen und bringt Wissenschaft,
Wirtschaft und Gesellschaft zusammen.
E _ Lösungen
  „Künftig bewerben sich Firmen
  bei jungen Mitarbeitern, und nicht
  umgekehrt.“

  Christian Schuldt, Zukunftsforscher
  Wir sind die Neuen (Seiten 38 bis 41)
E _ lösungen

Wir von EGGER

CĂTĂLINA NICHIFORIUC
Transport Management Specialist, Rădăuţi (Rumänien)

Bei Cătălina Nichiforiuc begann alles mit einem Praktikum. Im Sommer
2010 schnupperte die Wirtschaftsstudentin aus Rădăuţi EGGER Luft,
2011 fing sie als Transport Agent an. Die Logistikexpertin wollte Teil eines
kompetenten Teams sein und mit Stolz über ihre Arbeit sprechen. Das
tut sie tatsächlich, etwa wenn es um die Herausforderung geht, 4 000 m3
OSB Platten nach Russland zu verschiffen. Sofern sie nicht gerade Routen
und Tarife kalkuliert, verhandelt sie Frachtkosten, bucht Transportmittel
und verfolgt Lieferungen. Jeder Tag bringt neue, komplexe Aufgaben –
genau das Richtige für Cătălina Nichiforiuc, die großen Wert darauf legt,
sich beruflich immer weiterzuentwickeln. Auch privat bleibt sie nur
ungern stehen: Sie fährt leidenschaftlich Motorrad.

                                                                   BRETT WILKINSON
                                                                   National Sales Manager, Melbourne (Australien)

                                                                   Brett Wilkinsons Position ist einzigartig. Er ist nicht nur allein für den
                                                                   Vertrieb von EGGER Produkten auf einem ganzen Kontinent zuständig, er
                                                                   arbeitet auch am weitesten von der Unternehmenszentrale entfernt. Seit
                                                                   vier Jahren betreut und berät der National Sales Manager Kunden auf der
                                                                   ­anderen Seite der Erde. Sein Vorwissen aus der Holz­branche erleichtert
                                                                    ihm diese Aufgabe, zusammen mit dem guten Ruf, den E      ­ GGER in puncto
                                                                    Qualität und Innovation in Australien und Neuseeland genießt. Wenn er
                                                                    nicht im Dienst ist, trainiert Brett ­Wilkinson gerne im Fitnessstudio und
                                                                    erkundet Melbournes pulsierende Restaurant- und Cafézene.

CHRISTIAN DAGN
Digital Application Consultant, St. Johann in Tirol (Österreich)

Von seinen 25 Lebensjahren hat Christian Dagn schon zehn bei EGGER ver-
bracht. Der gelernte Bürokaufmann kümmert sich um die Konzeption und
Entwicklung von Applikationen wie dem Virtuellen Design-Studio, VDS.
Mit dieser Software kann man Böden und Dekore auf dem Bildschirm aus-
probieren. Früher ging das nur offline, heute ist online und mobil per App
selbstverständlich. Dem Wandel immer einen Schritt voraus zu sein, findet
Christian Dagn ebenso reizvoll wie die Zusammen­arbeit mit Kollegen und
Key-Usern in anderen Ländern. Manchmal reist er aber auch in die Vergan-
genheit: Auf seiner E-Gitarre spielt er am liebsten Songs von AC/DC.

                                                                                                                                             27
Das Werk in Brilon

      Perfekt durchdacht
      EGGER hat den Standort in Brilon selbst aufgebaut.

      Was mit einem Spanplattenwerk begann, entwickelte

      sich dank eigenem Sägewerk zum ersten vollintegrierten

      Standort der Gruppe. Ein Besuch im Sauerland.
      autor Jörn Käsebier

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E _ lösungen

                                                                                                                                          2

                                                                                              1 Auf dem Rundholzplatz herrscht
                                                                                                Hochbetrieb. Denn täglich wird
                                                                                                Holz per Sattelschlepper und Gü-
                                                                                                terzug ins Briloner Werk geliefert
                                                                                                und dort sortiert.
                                                                                              2 Hohe Qualität des Rohmaterials:
                                                                                                Das Sägewerk liefert die Hack-
                                                                                                schnitzel für die MDF-Produktion
                                1                                                               im Werk.

Am Sägewerk herrscht fast den ganzen      zigartig in Mitteleuropa“, sagt Paul     alle drei Sekunden kommt bereits ein
Tag über Hochbetrieb. Lastwagen um        Lingemann, Werksleiter Technik/Pro-      neuer Stamm auf die Sortieranlage.
Lastwagen liefert seine Ladung Rund-      duktion.
holz an der Sortier­anlage an. Rund                                                 Nachdem die Rundhölzer entrindet
120 Sattelschlepper steuern das EGGER     Die gelagerten Rundholzstämme             wurden, bringt sie ein Förderband zu
Sägewerk in Brilon täglich an, hin-       reichen maximal für einen Monat           einer der 80 Betonboxen, aus denen sie
zu kommt das Holz, das dank Schienen­     Produktion                                einer der meterhohen High­lifter greift
anschluss per Güterzug angeliefert                                                 und zum richtigen Stapel bringt –
wird. Doch bevor die Fichten- und Kie-    Doch die Sägewerksmitarbeiter ver-       ­sortiert nach Länge, Art, Durchmesser
­fernstämme verarbeitet werden, un-       lassen sich nicht nur auf die Technik,    und Qualität. Bis zu 80 000 Festmeter
 terziehen die Mitarbeiter an der Rund-   sie halten mit geschultem Auge auch       Holz können in Brilon gelagert werden,
 holzsortierung sie einer strengen        selbst nach Anzeichen für Schäd-          50 000 Festmeter beträgt der Lager-
 Kontrolle. „Jeder Stamm wird hier auf­   lingsbefall oder anderen Anomalien       bestand in der Regel. „Das reicht für
 vier Ebenen gescannt, um die Quali-      Ausschau. Dabei müssen sie hoch          20 bis 30 Tage Produktion“, so Paul
 tät zu prüfen. Unser Scanner ist ein-    konzentriert und zügig arbeiten, denn    Lingemann.

                                                                                                                                     29
3
3 Alle 1,2 Sekunden verarbeitet
 die Anlage einen Stamm
 wie er auf dem Bild zu sehen ist.

       Riecht es in der Rundholzsortierung        „Um effizient arbeiten zu können,        zur höchsten – Brilon ist das einzig
       noch leicht feucht, wie man es auch        halten wir unsere Maschinen auf dem      vollintegrierte Werk der europäischen
       aus dem Wald kennt, ändert sich der        neuesten Stand“, sagt Paul Linge-        Holzwerkstoffindustrie in eigener un-
       ­Geruch beim Betreten des Sägewerks.       mann. Dazu gehört auch, dass EGGER       ternehmerischer Verantwortung.
        Hier dringt der vertraute, warm-          eine eigene vollautomatisierte Schärf-
        trockene Geruch in die Nase, wie beim     abteilung unterhält, die die Sägen und   Seit vergangenem September produ-
        Arbeiten mit Holz an der heimischen       Klingen für das gesamte Werk schärft.    ziert das Werk die Premium Lackplatten
        Werkbank. Die Maschinen in Brilon                                                  der PerfectSense-Serie. „Die Erwartun-
        sind im Gegensatz zur Werkbank            Das Holz aus den präzise zerlegten       gen an die Qualität sind gestiegen. D­ ie
        im Hobby­keller jedoch hochmodern.        Rundhölzern wandert, nachdem es aus      Kunden möchten nicht mehr nur Glanz,
        Daher wird ­zu ihrem Schutz jeder         dem Sägewerk heraus ist, in eine der     sondern wollen sich in den Oberflä-
        Stamm, bevor er in die u-förmige Pro-     20 Trockenkammern. Anschließend          chen auch spiegeln können“, meint
        duktionsstraße geht, noch einmal ­­per    wird es weiterverarbeitet. Die Energie   Franz-Josef Susewind, Leiter Produkt-
        Laser vermessen. ­Die Prozesse laufen     zum Trocknen liefert die Kraft-Wärme-    management Möbel und Innenausbau.
        hochautomatisiert ab – menschliche        Kopplungs-Anlage des werkseigenen        Mit der Entwicklung von PerfectSense
        Eingriffe erfolgen kaum. Bei einem        Biomassekraftwerks. Über ein Förder-     reagierte EGGER auf diesen Trend. Und
        natürlichen Rohstoff wie Holz lässt       band werden das Spanplatten- und         öffnete damit auch ein neues Kapitel
        es sich nicht vermeiden, dass auch        das MDF/HDF-Werk mit hochwertigen        in der Geschichte des Standorts. „Für
        mal ein fehlerhaftes Stück darunter       Hackschnitzeln und Sägespänen ver-       Brilon spricht das Know-how in der La-
        ist oder ein angesägter Stamm bricht,     sorgt. Die dauerhaft hohe Qualität der   ckierung, die Möglichkeit, die Produk-
        meint Paul Lingemann. In so einem         Holzwerkstoffe kann auf diese Weise      tion in die Fußbodenproduktions­stra­ße
        Fall greifen die Mitarbeiter ein, holen   sichergestellt werden. Am Standort       zu inte­grieren sowie die geografische
        die unbrauchbar gewordenen Holzteile      Brilon wird die maximale Wertschöp-      Nähe zur Küchen- und Möbelindust-
        vom Band oder stoppen im Notfall die      fung generiert, vom runden Stamm         rie in Ostwestfalen“, zählt Franz-Josef
        Maschinen.                                über alle Veredelungsstufen bis hin      ­Susewind die Standortvorteile auf.

       30
E _ lösungen

                        » Die Kunden möchten nicht
                          mehr nur Glanz, sondern
                          wollen sich in den Oberflächen
                          auch spiegeln können. «
                              Franz-Josef Susewind, Leiter Produktmanagement Möbel und Innenausbau

                                                     Nirgends in Europa gebe es eine s­ ol­-         Beschichtungsverfahren: Dafür werden
                                                     che Dichte an Kunden der Holzwerk­              die melaminharzbeschichteten MDF
                                                     stoff­industrie.                                Platten in einem aufwändigen Prozess
                                                                                                     mit mehreren Lackschichten versehen.
                                                     Schnelle und flexible Reaktion                  In verschiedenen Arbeitsschritten wird
                                                     auf die hohe Nachfrage nach                     die Oberfläche wiederholt mithilfe von
                                                     PerfectSense in Matt                            UV-Strahlen ausgehärtet und mehrmals
                                                                                                     fein geschliffen. Anschließend wird
                                                     Rund 200 Meter Luftlinie von                    in einem Sauberraum der Decklack
                                                     ­Suse­winds Büro entfernt werden die            aufgetragen. Mittels Calander Coating
                                                      Dekorplatten veredelt. In diesem Teil          Inert (CCI) Technologie wird in einem
                                                      des Werks hat der Geruch nach Tech-            weiteren Schritt die charakteristische
                                                      nik den natürlichen Holzgeruch ver-            Oberflächenruhe und Tiefenwirkung
                                                      drängt. Auch der Staubgehalt der Luft          erzielt. Dieser Vorgang ist für die beiden
                                                      ist deutlich geringer, darf doch die Pro-      Varianten Matt und Gloss gleichermaßen
                                                      duktion der Hightech­produkte nicht            umsetzbar. So kann der Holzwerkstoff-
                                                      durch Schmutz gefährdet werden. Die            hersteller flexibel auf Kundenwünsche
                                                      Fertigungsstraße, die ursprünglich             reagieren und je nach Bedarf den Anteil
                                                      für Fußbodendekore gebaut wurde,               von Gloss oder Matt in der Produktion
                                                      kann nun auch PerfectSense Gloss und           hinaufsetzen oder verringern.
                                                      Matt Lackplatten produzieren. Um die
                                                      nötige Perfektion der Oberfläche zu er-        Das Feedback auf die neue Produktka-
                                                      reichen, entwickelte EGGER zusammen            tegorie beschreibt Franz-Josef ­Suse­wind
                                                      mit der Firma Hymmen ein spezielles            als sehr positiv: „Wir haben offenbar

                                        4

4 Am Ende der Produktions­
 straße prüft das Team um Andre
 Wiegelmann die Oberfläche der
 neuen PerfectSense-Produkte.
 Anschließend werden diese nur
 noch für den Transport verpackt.

                                                                                                                                             31
5 Das Betriebsgelände ist insgesamt rund 570 000 m² groß.
 Das entspricht etwa 80 Fußballfeldern. Pro Jahr werden hier
 etwa 220 000 m³ MDF/HDF-Platte, 600 000 m³ beschichtete
 Spanplatte und 400 000 m³ Schnittholz produziert.

                                                               6

                                                               6 Peter Fabri übernimmt die Abstim-
                                                                   mung neuer Dekore mit den Partnern
                                                                   von EGGER, entwickelt aber auch
                                                                   selbst Dekore.
E _ lösungen

                                             Die Geschichte

                                                 Standort Brilon

                                                 Mit dem Bau des Spanplattenwerks beginnt   2007 wird das erste gruppeneigene Säge-
                                                 1989 der Aufbau des EGGER Werks im         werk gebaut, das ein Jahr später den Betrieb
                                                 Sauerland.                                 aufnimmt.

                                                 1996 wird die erste MDF/HDF-Anlage von     2013 eröffnet das EGGER Forum in Brilon.
                                                 EGGER in Deutschland in Betrieb ge­        Ein Jahr später nimmt die Kurztaktpresse
                                                 nommen, die zehn Jahre später umgebaut     (KT4) ihre Arbeit auf.
                                                 wird, um die Kapazitäten zu erhöhen. Im
                                                 selben Jahr startet die Produktion von     Die Zahl der Mitarbeiter stieg im Laufe
                                                 direkt ­bedrucktem Laminatfußboden mit     der Jahre stark an: Heute sind es rund
                                                 der DPR-Anlage.                            1 050 Mitarbeiter.

                                            das 2013 in Brilon eröffnete und auf            die mit Holz arbeiten. Wenn der Dekor­
                                            großes Interesse stößt.                         entwickler ein passendes Holzmaterial
                                                                                            gefunden hat, scannt er es im Werk mit
                                            Der Digitaldruck wird die Mög-                  einem großen präzisen Scanner ein.
                            5
                                            lichkeiten in der Dekorwelt noch                Anschließend bearbeitet er das hoch-
                                            erweitern                                       aufgelöste digitale Bild an seinen beiden
                                                                                            kalibrierbaren Bildschirmen. „Eine
                                            Im Stockwerk über dem Besucherzen­              solche Datei kann auch schon mal acht
                                            trum arbeiten Designer an der künf­tigen        bis zehn Gigabyte groß sein“, berichtet
genau die richtige Antwort auf die          Produktwelt. Eine wichtige Rol­le spielt        Peter Fabri. Sorgfältig bear­beitet er die
Nachfrage gefunden.“ Er rechnet da-         dabei Peter Fabri. Derzeit be­steht s­ eine     Bilder mit Photoshop – bis ein perfektes
mit, dass das Angebot ausgebaut wird        Hauptaufgabe darin, d ­ ie Dekorentwick-        Ergebnis vorliegt, können drei bis vier
und sich der Standort weiterentwi-          lungen für den Tief­druck mit Dekor-            Wochen vergehen.
ckeln kann. „In Brilon ging es bislang      druckern zu koordinieren. Er prüft die
immer erfolgreich vorwärts.“                Vorlagen und schaut sich das Druckbild          In Brilon loten die Beteiligten außer-
                                            genau an – vom Gesamt­bild bis hin zu           dem die sich erweiternden Mö­glich­
Großen Anteil an der Erfolgs­geschichte     Details wie Holzmaserungen, Jahresli-           keiten des Digitaldrucks aus. „Es
im Sauerland hat das ansässige              nien und Farbschattierungen. „Mit den           geht darum, Dekore zu reproduzieren
­Design- und Dekormanagement für alle       Dekoren versuchen wir, die Natur ab-            und für verschiedene Ausgaben zur
 ­EGGER Produkte. Unter der Leitung         zubilden. Ein gutes Dekor ist möglichst         Verfügung zu stellen“, so Peter Fabri.
  von Klaus Monhoff spürt die Abteilung     nah an der ­Vorlage“, sagt Peter Fabri.         Bislang eignet sich der Digitaldruck
  Designtrends auf Messen, bei kreativen    Sein geschultes Auge wird der gelernte          nur für bestimmte Anwendungen und
  Verarbeitern und Architekten nach,        Mediengestalter künftig auch verstärkt          Mengen, doch das könnte sich in den
  überträgt sie in die EGGER Produktwelt    für die Entwicklung neuer Dekore ein-           kommenden Jahren ändern. Peter Fabri
  und wird so selbst zum Trendsetter        setzen, mit denen EGGER seine Kollekti-         glaubt daher, dass die Bedeutung des
  in der Branche. Die Produkte, wie etwa    onen künftig noch erweitern möchte.             Digitaldrucks zunehmen wird. ­­Es wäre
  die­Kollektion Zoom, aber auch die Syn-                                                   ein weiterer Wachstumszweig für
  chronpore „Feelwood“ und der cork+        Dazu geht Peter Fabri auf die Suche nach        Brilon. Die Zahl der anliefernden Last-
  Fußboden, können Gäste im hochmo-         passenden Vorlagen, sei es auf Holzmes-         wagen und Züge dürfte so bald nicht
  dernen Besucherzentrum bestaunen,         sen oder bei Handwerkern in der Region,         abnehmen.

                                                                                                                                              33
E _ lösungen

Zufriedenheit
ist Trumpf
Dank der Digitalisierung können Kunden

leichter über ihre Meinung zu einem

Unternehmen befragt und neue Kunden

gewonnen werden. Allerdings wächst so auch

die Masse an Informationen. Neue Methoden

helfen, die wichtigsten Informationen

herauszufiltern.
autorin Johanna Rüdiger

                                                      35
E _ lösungen

                               Süßwaren und Babynahrung – das             dustrieberatung führt unter anderem
                               sind die Branchen mit den loyalsten        für EGGER Online-Befragungen durch.
                               Kunden. Zumindest, wenn es nach            Dabei bekommen die verschiedenen
                               dem aktuellen „Loyalitätsindex“ geht,      Kundengruppen eine E-Mail mit einem
                               den das Marktforschungsinstitut Facit      Link zu einem Fragebogen, der in die
                               für Deutschland erstellt hat. Für diesen   verschiedenen Landessprachen über-
                               Index wurden die Teilnehmer zu 104         setzt wird. „Bei der Kundenzufrieden-
                               Marken aus 16 Branchen online be-          heitsstudie 2013 erhielten wir so fast
                               fragt. Schokolade und Babybrei also.       2 000 Interviews, was eine detaillierte
                               Das macht auf den ersten Blick Sinn.       Auswertung nach Divisionen, Ländern
                               Handelt es sich doch um Produkte,          oder Kundengruppen ermöglichte“,
                               zu denen Kunden schnell eine positive­     sagt Daniel Weih, zuständiger Projekt-
                               Bindung aufbauen können. Doch in           leiter bei Consultic.
                               dem Loyalitätsindex geht es nicht nur,
                               wie der Name suggeriert, um Treue,         Jede Menge Informationen also, die es
                               sondern auch um Kundenzufriedenheit,       dann gilt, sinnvoll auszuwerten. Das
                               die ebenfalls in die Bewertung einfloss.   ist ebenso schwierig. In der wachsen-
                               Denn empirische Untersuchungen ha­-        den Datenflut liegt die neue Heraus-
                               ben bestätigt, dass hohe Kundenzufrie-     forderung bei der Erforschung der
                               denheit eine notwendige Vorausset-         Kundenzufriedenheit. Der Wirtschafts-
                               zung für das Entstehen einer solchen       wissenschaftler Armin Töpfer, Leiter
                               Bindung ist.                               der Forschungsgruppe Marktorientierte
                                                                          Unternehmensführung an der TU Dres-
                               Die regelmäßige Befragung einer re­-       den, warnt davor, „Zahlenfriedhöfe“ zu
                               prä­sentativ ausgewählten Kundschaft ­     kreieren. Er forscht schon lange zum
                               war lange das einzige Mittel, um Wün-      Thema Kundenzufriedenheitsmessung,
                               sche und Sensibilitäten der Zielgruppe     lobt die Vorteile von Statistikprogram-
                               zu ermitteln. Je mehr man wissen woll-     men wie SPSS, kennt aber auch die
                               te, wie Produkt, Service, Lieferung und    Nachteile: „Die Entscheider im Unter-
                                                                          nehmen sind nicht an statistischen De-
                                                                          tails interessiert, sie wollen wesentliche
                                                                          Ergebnisse und dabei vor allem auch
                                                                          Defizite aufgezeigt bekommen.“
               » Entscheider sind nicht
                 an statistischen Details                                 Aus diesem Grund werden statistische
                                                                          Datenmassen in aussagekräftige Indizes
                 inte­ressiert, sie wollen                                übersetzt. Sie ermöglichen Vergleiche
                                                                          und bieten im besten Fall einen verläss-
                 wesent­liche Ergebnisse. «                               lichen Anhaltspunkt, schnell und treff-
                Armin Töpfer, Professor an der TU Dresden
                                                                          sicher die richtigen Maßnahmen daraus
                                                                          abzuleiten. Zu den bekannten Indizes
                                                                          gehört der Net Promoter Score (NPS),
                                                                          der die Wahrscheinlichkeit wiedergibt,
                               Reklamationsmanagement ankommen,           mit der ein Kunde ein Unternehmen
                               desto größer war die Zumutung für den      oder eine Marke weiterempfiehlt – oder
                               Kunden, der sich für all die Fragen Zeit   eben nicht. Der Customer Satisfaction
                               nehmen musste. Die befragte Zielgruppe     Index (CSI) dagegen zeigt die Gesamtzu-
                               ist entsprechend klein, die Ausbeute       friedenheit mit dem Unternehmen.
                               bei diesen herkömmlichen persönlichen,
                               schriftlichen oder telefonischen Befra-    Um konkrete Ansatzpunkte für Verbes­
                               gungen eher gering. Das setzte bis­her     serungen herauszufiltern, wird der
                               bei dem Versuch, den Kundenkreis           Pareto Priority Index (PPI) herangezo-
                               über den persönlichen Kontakt hinaus       gen. „Bei diesem Index leitet sich aus
                               auf eine teilanonyme Masse zu erwei-       der Wichtigkeit einzelner Merkmale, der
                               tern, natürliche Grenzen. Entsprechende    Leistung des Herstellers insgesamt und
                               Hoff­nungen ruhen deshalb auf den          im Vergleich zum Wettbewerber ab, an
                               neuen Werkzeugen der Digitalisierung.      welchen Stellschrauben am ehesten ge-
                               Die Agentur Consultic Marketing & In­-     dreht werden muss.“ Diese Stellschrau-

36
E _ lösungen

                                                                                              Kunden möchten gern aus einer breiten Pro-
                                                                                              duktpalette wählen können. Eine europaweite
                                                                                              Kundenbefragung von EGGER zeigte zudem, dass
                                                                                              für Fußböden mit klar erkennbarem Kundennutzen
                                                                                              noch ein beachtliches, zusätzliches Markt- und
                                                                                              Kundenpotenzial vorhanden ist. Um diesen Teil der
                                                                                              Zielgruppe zu gewinnen, muss der Fußboden die
                                                                                              Eigenschaften warm, weich, leise und robust erfül-
                                                                                              len. EGGER entwickelte aus dieser Erkenntnis die
                                                                                              Innovation Cork+ und baute so im stark umkämpf-
                                                                                              ten Fußbodenmarkt seinen Marktanteil weiter aus.

ben sind es, die Andreas Hoskovec, Leiter             ihn eine konkrete Handlungsanweisung,                  Management“ (CRM) bezeichnet, gehört,
des Vertriebscontrollings bei EGGER,                  die sofort umgesetzt werden kann.                      diese Rückmeldungen im CRM-System
besonders interessieren: „In unserer ak­-                                                                    festzuhalten. Erst die Summe aus
tuellen Studie haben wir nicht nur di-                Dennoch sind sich die erfahrenen Ver-                  Indizes, Befragungen und persönlichen
rekte Kunden, sondern auch die Kunden                 triebsprofis einig: Trotz aller Vorteile der           Eindrücken der Vertriebsmitarbeiter
unserer Kunden befragt.“ Er sorgt dafür,              Digitalisierung werden auch in Zukunft                 ergibt ein verlässliches Bild: „Das
dass die Kritik optimal umgesetzt wird.               die traditionellen Methoden weiterhin                  ermöglicht ein tieferes Verständnis
„Die Ergebnisse werden detailliert pro                eine wesentliche Rolle spielen: die Rück-              der Gründe von Unzufriedenheit bzw.
Land und Markt aufgeschlüsselt, damit                 meldung im persönlichen Gespräch vor                   auch der Stärken eines Unternehmens“,
wir für unseren jeweiligen Standort ganz              Ort zwischen Außendienstmitarbeitern                   erklärt Daniel Weih. Die Digitalisierung
konkrete Verbesserungen vornehmen                     und Kunden. Zu einem gut organisierten                 kann den Kundenkreis zwar vergrößern.
können.“ Werden etwa in einem Markt                   Kundenbeziehungsmanagement, meist                      Den Kundenkontakt dagegen hält man
die Lieferzeiten bemängelt, ist das für               international als „Customer Rela­tionship              lieber persönlich.

 Indizes

     Net Promoter Score (NPS)                           Sicht der Kunden zu ermitteln. Der Index liefert   sich aus den Einsparungen und der Erfolgs-
     Diese Methode glänzt durch Einfachheit. Sie        außerdem Anhaltspunkte über die Stärken            wahrscheinlichkeit im Verhältnis zu Kosten
     stellt dem Kunden nur eine Frage: Wie wahr-        gegenüber Wettbewerbern. Eine Besonderheit         und Zeitaufwand. Ein hoher PPI bedeutet
     scheinlich ist es auf einer Skala von eins bis     dieser Methode besteht darin, dass sie Kun-        dringenden Handlungsbedarf.
     zehn, dass Sie das Unternehmen bzw. Produkt        denzufriedenheit kontinuierlich abfragt und
                                                                                                           Kano Analyse
     empfehlen? Kunden, die mit neun oder zehn          damit auch Entwicklungen abbildet.
                                                                                                           Diese Methode gibt Aufschlüsse darüber, wie
     antworten, sind „Promotoren“ – also beson-
                                                        Pareto Priority Index (PPI)                        sich die Kundenzufriedenheit zusammensetzt.
     ders emotional für eine Marke engagiert.
                                                        Wie der Name bereits andeutet, hilft diese         In die Kennwerte gehen vor allem die Einflüsse
     Customer Satisfaction Index (CSI)                  Methode, das Datenmaterial zu gewichten            der Produktmerkmale auf die Kundenzufrie-
     Das bewährte Instrument hilft dabei, die Stär-     und somit Entscheidendes von Unwichtigerem         denheit unter Berücksichtigung des Preis-
     ken und Potenziale eines Unternehmens aus          nach Prioritäten zu ordnen. Der PPI errechnet      Leistungs-Verhältnisses ein.

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