Spurenstoffe in der Abwasserbehandlung - Dr. Issa Nafo (Emschergenossenschaft/Lippeverband) Tag der Wasserwirtschaft, 9. November 2017, Magdeburg ...
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Spurenstoffe in der Abwasserbehandlung Dr. Issa Nafo (Emschergenossenschaft/Lippeverband) Tag der Wasserwirtschaft, 9. November 2017, Magdeburg ||
Inhalt • Was sind Spurenstoffe? • Quellen und Eintragspfade ins Abwasser und Gewässer • Bedeutung und Relevanz der Befunde • Überblick Handlungsoptionen im Allgemeinen • Sachstand Entwicklung von Verfahren zur gezielten Elimination in der Abwasserbehandlung • Rahmenbedingungen für das Handeln zur Verminderung der Emissionen ins Abwasser und Gewässer || 2
Wasserlauf Coesfeld Verbandsgebiet Entwässerungspumpwerk Kläranlage Dülmen Borken Lüdinghausen Ahlen Haltern Dren- Dorsten steinfurt Wesel Werne Datteln Lippborg Marl Hamm Lippe Berg- Reckling- kamen hausen Dinslaken Lünen Bönen Kamen Ober- Gelsen- hausen Unna Soest kirchen Castrop Werl Bottrop -Rauxel Dortmund Duisburg Essen Holzwickede Emscher Bochum Mülheim Witten Genossenschaftsgebiet ll Bewirtschaftung der Flussgebiete von Emscher und Lippe (3,8 Mio. Menschen) ll Betreiben von 60 Kläranlagen und reinigen rd. 1 Mrd. m³ Abwasser pro Jahr ll Größte Abwasserentsorger in der BRD und das größte Wasserwirtschaftsunternehmen in NRW ll Non-Profit-Genossenschaft auf gesetzlicher Grundlage mit kommunalen und gewerblich-industriellen Mitgliedern || 3
Spurenstoffe, Mikroschadstoffe, Mikroverunreinigungen Definition Von Menschen künstlich hergestellte chemische Verbindungen, die in geringsten Mengen (Mikrogramm, Nanogramm und darunter) in den Gewässern nachgewiesen werden. Einige dieser Stoffe können bereits in diesen Konzentrationen nachteilige Wirkungen auf die aquatischen Ökosysteme haben und/oder die Gewinnung von Trinkwasser aus dem Rohwasser negativ beeinflussen. Siehe IKSR-Bericht Nr. 181, 2010 || 4
Ziel- und Nebenwirkung von Alltagsprodukten Zielwirkung Geschmack, Schmerzhemmend Schutz vor Algenbefall Konzentration Entzündungshemmend Schutz vor Pilzbefall Nutzungsdauer Kurz (Minuten) Mittel (Stunden) Lang (< 10 Jahre) Inhaltsstoffe Wasser, Wasser, Wasser, Farbstoffe, Zusatzstoffe Harz, Kohlensäure, Wirkstoff Dispersion Süssstoffe Potentielle Koffein, Diclofenac Terbutryn Spurenstoffe Acesulfam Relevanz Abwasser Hoch Hoch Mittel (UBA, 2014) Weitere Spurenstoffe: Industrie- und Haushaltschemikalien, Biozide, Kosmetika, … || 5
Eintrag von Spurenstoffen in den Wasserkreislauf Vielfältige Quellen und Pfade Regenwasserkanäle Schifffahrt Straßen Pflanzenschutz Mischwasserüberläufe Tierhaltung Bahntrassen Mikroplastiken Kommunale Kläranlage Industriekläranlage || 6 Quelle: geänd. nach Prof. Firk
Eintrag von Rückständen am Beispiel eines beliebten Schmerzmittels… Diclofenac Rund 90 Tonnen des Schmerzmittels werden jährlich in Deutschland verbraucht Rund 70% des Wirkstoffes verlassen den Körper wieder auf natürlichem Wege – und gelangen dabei ins Abwasser Bis zu 63 Tonnen können so über Duschwasser und Ausscheidungen in den Wasserkreislauf gelangen || 7
Verhalten von Medikamentenrückständen in Abwasserbehandlungsanlagen … in herkömmlichen kommunalen Kläranlagen nach Stand der Technik P-Fällung (Fe, Al) Rechen Vorklärung Belebung Nachklärung Sandfilter (optional) Denitrifikation Nitrifikation Vergleich Zu- und Ablauf am Beispiel von 15 Arzneimittelwirkstoffen (24h-Mischproben, n= 4) KA Hünxe 65-85% der Frachten (15 Substanzen) KA Dülmen werden eliminiert KA DO-Scharnhorst Ablaufkonzentration von einzelnen KA Bad Sassendorf Arzneistoffen im Bereich von 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Mikrogramm/Liter Eliminated Not eliminated || 8
Verhalten von Medikamentenrückständen in Abwasserbehandlungsanlagen Beispiel Zu- und Ablaufwerte ausgewählter Wirkstoffe 7,0 4,6 3,0 2,5 Zulauf (0) (Elimination in %) Ablauf Konzentration (µg/L) 2,0 1,5 (30) 1,0 (80) (0) 0,5 (40) (99) 0,0 Ibuprofen Diclofenac Carbamazepin Iopamidol Iohexol Iopromid Konventionelle, mechanisch-biologische Abwasserbehandlungs- anlagen können viele Wirkstoffe nicht vollständig eliminieren || 9
Schutzgüter, Ziele und Anforderungen für den Gewässerschutz Schutzgüter Zieldefinition über Anforderungen Trinkwasser − Humantoxikologische Grenzwerte, Exposition Gesundheitliche − Ästhetische Wirkung Orientierungswerte (GOW), Leitwerte, Zielwerte, … Gewässerökologie − Ökotoxikologische − Umweltqualitätsnorm Exposition (UQN nach WRRL) − Predicted No Effect Concentration (PNEC) || 10
Anzahl der gemessenen Arzneimittel- wirkstoffe in Umweltmedien Konzentrationsklassen der maximalen Konzentration Quelle: UBA-Hintergrundpapier, 2014 || 11
Spurenstoffe bei der Gewässerbewertung gemäß WRRL Zu „geregelten“ und „nicht geregelten“ Mikroschadstoffen nicht geregelte Stoffe Keine UQN in der Biologische Qualitätskomponente OgewVO festgelegt (Kleintiere, Fische, Wasserpflanzen) (z.B. Arzneistoffe); Maßgeblich für die ökologischen Ziele! können Zustand negativ beeinflussen? Allgemeine chemisch-physikalische Parameter (zur Unterstützung: Phosphor, Stickstoff, …) „Defizite“ führen nicht zur Abwertung der biologischen Bewertung! Geregelte Spurenstoffe Umweltqualitäts- Flussgebietsspezifische Stoffe normen UQN für 162 (Ökochemie: Metalle, Pestizide, …) Stoffe in der OgewVO Defizite führen zur Abwertung der festgelegt biologischen Bewertung! UQN für 33 prioritäre EU-weite Prioritäre Stoffe + 8 weitere Stoffe in der OgewVO (Schwermetalle, Industriechemikalien, festgelegt Pestizide, …) || 12 Quelle: http://www.doeni.gov.uk/overview_stds_and_classification.pdf
Was bedeutet das für die Umwelt? Beispiele Geiersterben in Indien, Pakistan und Nepal an Nierenversagen durch das Fressen von mit Diclofenac behandelten Tierkadaver Weitere negative Effekte wie dünnere Eierschalen bei Greifvögeln wegen DDT, etc. || 13
Verfahren für die gezielte Entfernung von Spurenstoffen aus dem Abwasser || 14 Quelle: Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe NRW, 09/2016
Oxidation und Adsorption zur Spurenstoffelimination Funktions- Oxidation Adsorption prinzip Betriebsmittel Ozon Aktivkohle pulverförmige granulierte Aktivkohle Aktivkohle Quelle: www.neugut.ch Quelle: Firmenprospekt Norit Quelle: Firmenprospekt Norit Quelle: Metzger, 2016 || 15
Oxidation und Adsorption: Vergleich Funktionsprinzip Oxidation Adsorption Ozon Aktivkohle → Spurenstoffe werden durch Ozon zerstört, → Spurenstoffe werden an die Aktivkohle aber nicht mineralisiert angelagert Quelle: Metzger, 2016 || 16
Anlagenbeispiele Pilotanlagen von Emschergenossenschaft/Lippeverband Kläranlage Bad Sassendorf (Oxidation mit Ozon) Kläranlage Dülmen (Adsorption mit Pulveraktivkohle) || 17
Großtechnische Anlagen von Emschergenossenschaft/Lippeverband … zur Untersuchung der Elimination von Spurenstoffen PAK MBR O3 Dülmen (2015) Hünxe (2009) Bad Sassendorf (2009) MBR PAK O3 NF/RO PAK/GAK O3 Marienhospital GE (2011) Technikum (2014) || 18 MBR = Membranfiltration, O3 = Ozonierung, PAK = Pulveraktivkohle, GAK: granulierte Aktivkohle, NF: Nanofiltration, RO: Umkehrosmose
Eliminationsleistung der „4. Stufe“ Beispiel Kläranlage Dülmen mit Pulveraktivkohlestufe Höherer 3 Kläranlage Eliminationsraten von Spurenstoffen auf der Rückhalt Dülmen (10 mgeinzelner PAK/L; n = 4; 24-Std MP) 100% Substanzen, die unzureichend in der Zusätzliche Elimination in der zus. Elimination PAK nachgesch. konv. Biologie eliminiert werden 90% 2 Pulveraktivkohlestufe Elimination Belebungsanlage (> 7,8% der Gesamtfracht) 80% Bezafibrat Iopamidol 70% Gabapentin Eliminationsleitung 60% Diclofenac 50% Sulfamethoxazol Elimination durch die 40% 1 konventionelle Belebungsanlage Carbamazepin 30% (80,6% der Gesamtfracht) 20% 10% 0% CLIN CANSAR DIHYCAR ATEN SULGLU FOAMPY4 IOTHAL ACAMPY4 AZITHRO IOPRO TRICLO NAXO IBUPRO DMTRAM LAMTRI DHERY ATS CARBAMA SULFAPY ERY PHETMA IRBESA SULME TRAMA CARBEPOX RAMI PIPERA SULPRI DICLOFE HCTHIA CLARI TRIME PROP IOPA VALSA RITA BEZFIB PREGA IOME IOHEX SALICY N4SULOX MPARA PARACE GUUR VALSAR GABAPEN TELSAR PROPAR ETHPAR METFOR AMPHEN4 BIOPLOL AMISUL TBPH246 PHENPEN2 HYDICLO METPRO HYMETO SOT ROXI AMPI || 19
Vergleich Eliminationsleistung von Ozon und Aktivkohle Eliminationsleistung von Ozon und Pulveraktivkohle auf der Kläranlagen am Marienhospital Gelsenkirchen 100% 90% Elimination bei 20 mg PAK/L (nach MBR) 80% MTP 70% CBZ IBU DCF 60% CLA 50% IOM 40% IOP SMX 30% 20% ATZ 10% 0% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Elimination bei 5 mg Ozon/L (nach MBR) || 20
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Spurenstoffelimination Baden-Württemberg Legende: Quelle: Kompetenzzentrum Spurenstoffe-BW || 22
Bericht des Umweltbundesamtes „Organische Mikroverunreinigungen in Gewässern. Vierte Reinigungsstufe für weniger Einträge“, März 2015 • Mehrkosten von 6 bis 16 Euro pro Jahr und einzelne Person oder 0,05 – 0,19 €/m³ • Erhöhung der Abwasserabgabe zur Finanzierung von 75% der Investitionskosten • Erhöhter Energieverbrauch, in der Regel um 5 – 30% gegenüber dem Normalbetrieb • Nachbehandlung von entstehenden Transformationsprodukten bei Ozon über eine biologische Klärstufe • Festlegung des Standes der Technik zur regulatorischen Verankerung der weitergehenden Abwasserreinigung für gezielte Spurenstoffelimination: o Keine dezidierte Festschreibung einer Verfahrenstechnik o Definition von geeigneten Überwachungsparametern zur Erfolgskontrolle; || 23
Strategiepapier für das Bundesumweltministerium Ergebnisse aus dem Stakeholder-Dialog »Spurenstoffstrategie des Bundes« • Beteiligung von 27 Stakeholder: Einbindung von Akteuren für die verschiedenen Handlungsfelder (Hersteller und Verarbeiter relevanter Stoffe wie Arzneimittel, Biozide, Kosmetika, Waschmittel, Haushalts- und Industriechemikalien; Ärzte, Apothekerverbände, DIHK; Wasserbände, Ländervertreter und Kommunen, Verbraucherschützer und Umweltverbände • Analyse der Ist-Situation; Erarbeitung einer übergreifenden Strategie (Maßnahmenmix); Erste Umsetzungsschritte gemeinsam mit den Ländern ab 2018 • Übergabe des „Policy Paper“ mit den Empfehlungen zur Reduzierung von Spurenstoffen in an das Bundesumweltministerium am 27. Juni 2017 || 24
Überblick über die erarbeiteten Handlungsempfehlungen Quelle: Policy Paper, Hillenbrand et al. 2017 * Empfehlungen mit Minderheitenvotum von einzelnen Stakeholdern || 25
Die Kampagne || 26
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Spurenstoffe in der Abwasserbehandlung Dr. Issa Nafo (Emschergenossenschaft/Lippeverband) Tag der Wasserwirtschaft, 9. November 2017, Magdeburg || 28
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