FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung

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FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
Mitteilungen aus dem Produktionstechnischen Zentrum Berlin

FUTUR
Vision Innovation Realisierung

Digitalisierte Produktion

Starthilfe                       Digitales Upgrade für alte Maschinen und Anlagen

Smart und flexibel                                Intelligente Werkstattproduktion
FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
FUTUR 2/2016   3

                                                  Inhalt                                                                           Editorial
Impressum

FUTUR 2/2016
18. Jahrgang
ISSN 1438-1125                                                                                                                           Liebe Leserinnen, liebe Leser,   die Digitalisierung schreitet beschleunigt
                                                                                                                                                                          voran und durchdringt die Wertschöpfungs-
                                                                                                                                                                          kette immer intensiver. Wie Unternehmen
Herausgeber
Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann            04         Losgröße 1 – Demozelle »Smarte Fabrik 4.0«                                                                  diesen Wandel in der Produktion ökonomisch,
                                                                                                                                                                          ökologisch und sozial verträglich gestalten
Mitherausgeber
Prof. Dr.-Ing. Roland Jochem
                                                   06         Starthilfe – Digitales Upgrade für alte Maschinen und Anlagen                                               können, zeigen wir in unserer neuen FUTUR.
Prof. Dr.-Ing. Holger Kohl                                                                                                                                                Eine Schlüsselrolle dabei spielt die Informa­
Prof. Dr.-Ing. Jörg Krüger                         08         In Echtzeit gut – Optimierte Produkt- und Prozessqualität                                                   tionstechnik. Daten, Informationen und digi-
Prof. Dr.-Ing. Michael Rethmeier
Prof. Dr.-Ing. Günther Seliger                                durch Digitalisierung der Qualitätssicherung                                                                tale Modelle werden künftig nicht nur wie         Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann
Prof. Dr.-Ing. Rainer Stark                                                                                                                                               bisher als Planungsgegenstand und zur sta-
                                                  10          Industry Cockpit – Durchblick vom Management bis in die Produktion                                          tistischen Prozess­kontrolle genutzt, sondern     zifisch angepasst werden können. Das eröff-
F­ raunhofer-Institut für Produktionsanlagen
und Konstruktionstechnik IPK                                                                                                                                              im Sinne eines »Digitalen Zwillings« zu einer     net neue Möglichkeiten zur Datenanalyse
                                                  12          Smart und flexibel – Intelligente Werkstattproduktion                                                       Informationsfabrik verschmolzen. Eine solche      und Prognose, stellt aber auch völlig neue
Institut für Werkzeugmaschinen und
Fabrikbetrieb (IWF) der TU Berlin                                                                                                                                         smarte Fabrik, wie wir sie am Fraunhofer IPK      Anforderungen an das Management und die
                                                  14          Einfach anwenderfreundlich – Numerische Simulation von Fügestellen                                          aufgebaut haben, ermöglicht eine ständig          Organisation. Mit welchen Methoden und
Chefredaktion
                                                                                                                                                                          vorauseilende Simulation und Vorhersage           Tools wir Unternehmen dabei unterstützen,
Steffen Pospischil
                                                  16          Läuft rund – Neue Hochleistungsspindel für die Aluminiumzerspanung                                          der zu erwartenden Zustände bei Aufbau,           erfahren Sie in diesem Heft.
Redaktion                                                                                                                                                                 Veränderung und Betrieb von Produktions-
Claudia Engel, Corinna Fischer, Helen Stoffel,
Katharina Strohmeier
                                                  18          Fundsache – Rekonstruktion von Banknoten                                                                    anlagen sowie der operativen Produktion.          Essentieller Bestandteil einer jeden Fertigung
                                                                                                                                                                          Damit erlaubt sie die Nutzung ganz neuer          wird, trotz Digitalisierung, auch zukünftig
Satz und Layout                                    20         Clever vernetzt fertigen – Interview mit Klaus Löffler,                                                     Fertigungsparadigmen, beispielsweise zur          der technologische Fertigungsschritt sein.
Ismaël Sanou
                                                              TRUMPF Lasertechnik GmbH                                                                                    selektiven Montage in einer großvolumigen         Wir müssen jedoch klären, wie neue Techno-
Kontakt                                                                                                                                                                   Produktion.                                       logien oder die Integration und Vernetzung
­Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und
                                                   22         Partnerunternehmen: Deutsche Bundesbank –                                                                                                                     intelligenter Sensorik dazu beitragen können,
Konstruktionstechnik IPK
Institutsleitung                                              Nationales Analysezentrum für beschädigtes Bargeld                                                          Ein weiterer Effekt der digitalisierten Produk-   die Leistungsfähigkeit der Einzeltechnologien
Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann                                                                                                                                   tion: Unternehmen müssen in Echtzeit agie-        und damit der gesamten Wertschöpfungs-
Pascalstraße 8 – 9
10587 Berlin                                       23         Maschinensteckbrief: LANG MMC 500                                                                           ren und ihre Geschäftsprozesse aufwands-          kette zu steigern. So untersuchen wir, wie
Telefon: +49 30 39006-140                                                                                                                                                 neutral flexibilisieren, sodass Produkte und      Hersteller mit einer flexiblen Werkstattferti-
 Fax: +49 30 39006-392
                                                   24         Ereignisse und Termine                                                                                      Dienstleistungen kunden- und auftragsspe-         gung auf den zunehmenden Variantenreich-
info@ipk.­fraunhofer.de
http://www.ipk.­fraunhofer.de                                                                                                                                                                                               tum von Produkten reagieren oder ihre alten
                                                   32         PTZ im Überblick                                                                                                                                              Maschinen und Anlagen für das digitale Zeit-
Herstellung
Ruksaldruck GmbH + Co. KG                                                                                                                       XV. INTERNATIONALES                                                         alter umrüsten können.
                                                                                                                                                PRODUKTIONSTECHNISCHES
                                                                                                                                                KOLLOQUIUM

Fotos
                                                                                                                                                                                                                            Gelegenheit, diese Themen zu vertiefen,
Bosch Rexroth: 8 (Grafik, Bild rechts)                                                                                               PTK 2016                                                                               haben Sie übrigens auf unserem XV. Inter-
Deutsche Bundesbank: 22
Finow Automotive: 8 (Grafik, Bild links)
                                                                                                                                                DIGITALISIERTE PRODUKTION –
                                                                                                                                                                                                                            nationalen Produktionstechnischen Kollo-
Fraas und Richter Werkzeugbau: 8 (Grafik,                                                                                                       POTENTIALE FÜR EINE NACHHALTIGE                                             quium Ende September in Berlin. Besuchen
Bild mitte)
Fraunhofer IPK / Lukasz Buda: 11                                                                                                                URBANE WERTSCHÖPFUNG                                                        Sie uns und informieren Sie sich über den
Fraunhofer IPK / Jelena Radojicic: 28 (mit                                                                                                                                                                                  aktuellen Stand der produktionstechnischen
freundlicher Genehmigung von Comau)
Fraunhofer IPK / Katharina Strohmeier: 1, 12                                                                                                                                                                                Forschung. Wir freuen uns auf Sie.
IWF TU Berlin: 16, 17
Pixabay: 6
                                                                                                                                                                                                                            Ihr
SFB 1026: 26, 27
Stadtverwaltung Bischofswerda/Sven Pluhár: 29                                                                                                   SAVE THE DATE

                                                                                                                                                                                                              JAHRE
                                                  © F­ raunhofer IPK
(Luftbild)                                        Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit vollständiger Quellenangabe                             15. – 16.9.2016
TRUMPF: 23                                        und nach Rücksprache mit der Redaktion.
WGP: 24 unten
                                                  Belegexemplare werden erbeten.                                                                                                                                            Eckart Uhlmann
FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
4   Forschung und Entwicklung                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 FUTUR 2/2016           5

                                                                                                           Digitalisierte Produktion                                                    Informationsfluss           Raupenroboter           Pick and Place   Identifizierung       Station

                                                                                                                                                                                                                                             Halbzeug-/
                                                                                                                                                                                                                    Modul 1                 Rohteillager      Modul 2                                 Modul 3

    Losgröße 1

                                                                                                                                                                  und informationsterminal
    Demozelle »Smarte Fabrik 4.0«

                                                                                                                                                                   Produktkonfigurations-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              und übergabeterminal
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Produktinformations-
                                                                                                                                                                                               Produktentstehung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Qualitätskontrolle

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Ausgabelager
                                                                                                                                                                                                                              Zerspanung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Entnahme
                                                                                                                                                                                                   Virtuelle
    Auf dem Weg zur Industrie 4.0 gilt es, neue Methoden, Konzepte und Technologien                                                                                                                                  ID
    zu erproben und geschickt miteinander zu kombinieren. Zu diesem Zweck hat

                                                                                                                                                                                                                                                                                Montage
    das Fraunhofer IPK die Demozelle »Smarte Fabrik 4.0« entwickelt. Anhand einer                                                                                                                                                                                                                                                             ID                  ID
    Losgröße-1-Produktion werden hier die Wirkungsweisen, Anwendungsfälle und                                                                                                                                                                                           ID
    Potenziale von Smart Data und eines digitalen Fabrikzwillings für Forschungs- und                                                                                                                                                                                   Lager für Montage-
                                                                                                                                                                                                                                                                          komponenten
    Entwicklungspartner erleb- und erforschbar. Flankiert von einem Portfolio aus
    strategischer Beratung sowie Methoden- und Technologieentwicklung setzt das
    Institut mit seinen Kunden so individuelle Industrie-4.0-Lösungen für Produktent-
                                                                                                                                                                     Produktkonfiguration                                Rohteil- und                Formgebung          Assistierte Montage    Qualitätskontrolle                  Kommissionierung,                 Übergabe
    wicklung und Produktion um.                                                                                                                                       durch Auftraggeber                             Halbzeugentnahme             durch Zerspanung       durch Facharbeiter    für Einzelteil- und                    Lagerung                     des Produktes
                                                                                                                                                                                                                       und -transport                                                         Baugruppenprodukte                                                  an Auftraggeber

                                                                                                                                                           Schematischer Aufbau der Demozelle »Smarte Fabrik 4.0« mit den drei Modulen Zerspanung, Montage und Qualitätskontrolle

                                                          xt                                                                                               Schnittstelle konfiguriert, kann als Einzel-                                            Montageanweisungen per Display, Head-                         schmelzung von realer Produktion und digi-
                                                       nte
                                                     Co                                                                                                    teil oder als Baugruppe spezifiziert wer-                                               Up-Display oder Pick-by-light vom Monteur                     talen Planungs- und Simulationswerkzeugen.
                                                a&

                                                                                                       n
                                                                                     p ti m i z a ti o

                                                                                                                                                           den, wodurch sich unterschiedliche Pfade                                                zusammengefügt werden. Das Montage­                          Änderungen, ob im virtuellen oder physi-
                                             Dat

                                                         Living
                                                         Digital                                                                                           durch die Produktion ergeben. Die Demo-                                                 ergebnis wird abermals qualitätsgeprüft, in                   schen Raum, werden bidirektional zwischen
                                                          Twin                                                                                             zelle besteht aus drei Modulen, die vorerst                                             das Ausgabelager befördert und nach Iden-                    der Demozelle und dem digitalen Zwilling
                                                                                  &O

                                                                                                                                                           in fester, später in variabler Anordnung im                                             tifizierung des Auftraggebers an die Entnah-                  synchronisiert. Autonome Vorgänge inner-
                                                                              n
                                                                         io

                                                                             at                                                                            Raum arrangiert und medien- und infor-                                                  mestation übergeben. Weitere Ausbaustu-                        halb der Demozelle können so im Vorfeld
                                                                         m
                                                               I n for
                                                                                                                                                           mationstechnisch miteinander verbunden                                                  fen der Demozelle sehen die Fertigung von                     abgesichert werden und bleiben für den
                                                                                                                                                           sind. Ausgehend von der Produktspezifika-                                               cyber-physischen Systemen selbst vor. Aus                     Menschen nachvollziehbar. Der digitale Zwil-
                                                                                                                                                           tion werden vollautomatisch Produktstruk-                                               dem vom Kunden gestaltbaren Getränke-                          ling erzeugt Informationen und Erkenntnisse,
                                                                                                                                                           tur, Prozessplan und Steuerungsprogramme                                                untersetzer wird dann ein intelligentes Pro-                 die in-the-loop an die Maschinen selbst, ihre
    In der Demozelle »Smarte Fabrik 4.0« wurde eine modulare Losgröße-1-Fertigungsstraße sowohl physisch
    als auch virtuell, in Form eines digitalen Zwillings, aufgebaut.                                                                                       erzeugt. Diese umfassen u. a. die CNC-Pro-                                              dukt, das mit Bewegungs- und Temperatur-                       Betreiber, ihre Anwender und an die Pro-
                                                                                                                                                           grammierung mit G-Code für die Zerspa-                                                  sensoren bestückt wird. Zusätzlich kann es                   duktentwicklung weitergeleitet werden. Zu
    ►►Produktionsfaktor Information                      der Produktentwicklung und Produktion  –          »Smarte Fabrik 4.0« wurde am Fraunhofer         nung, Bauteilnummern auf RFID-Chips, die                                                Informationen über seine eigene Fertigung                    diesem Zweck wurde eigens ein webbasier-
    Als Resultat der Entwicklung eingebette-             und zwar über den gesamten Lebenszy-              IPK eine Fertigungsstraße geschaffen, an der    Steuerung der Spannvorrichtungen, Logis-                                                speichern. Darüber hinaus erhält der Geträn-                  tes Smart Data Dashboard entwickelt, wel-
    ter Systeme wurden 2006 erstmalig cyber-             klus eines Produktes. Angefangen beim             alle Aspekte von Industrie 4.0 auf vielfäl-     tik- und Qualitätsprüfungsprozesse sowie                                                keuntersetzer Netz- und Internet-Zugang                      ches alle relevanten Informationen visuali-
    physische Systeme, kurz CPS, beschrieben.            einzelnen Sensor über Anlagenzustände             tige Art und Weise erprobt und optimiert        die Ableitung des Montageplans.                                                         und kann somit abhängig vom Nutzerverhal-                     siert und den intuitiven Eingriff in den
    Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu               und Linienauslastung bis hin zu vernetzten        werden können. Ziel ist es, die informa­-                                                                                               ten auch unterschiedliche Services anstoßen.                  Produktionsprozess ermöglicht. Erst so wird
    klassischen Systemen war deren Vernetzung.           Produktionsstätten sollen intelligente Pro-       tionstechnischen Wirkzusammenhänge und          Je nach Auftrag werden die Rohteile in                                                                                                               es möglich, robuste CPS-Verbünde zu ent-
    Daraus entwickelten sich im weiteren Verlauf         duktionssysteme Daten und Informationen           Potenziale von cyber-physischen Systemen        einer Frässtation auf die gewünschte Form                                               Die Kommunikation zum Austausch von                           wickeln und zu betreiben.
    die Begriffe Internet der Dinge und Indus-           austauschen, interpretieren und in eine ver-      und digitalen Zwillingen für die industrielle   gebracht. Eine kamerabasierte Qualitätskon-                                             Prozess- und Planungsdaten erfolgt vorläu-
    trie 4.0 in Deutschland. Seit seiner erstma-         netzte, autonome Prozesslandschaft zurück-        Anwendung aufzuzeigen und gemeinsam             trolleinheit überprüft Produkteigenschaften                                             fig auf der Basis von Softwareschnittstellen
    ligen Verwendung im Jahr 2011 wird der               fließen lassen. Die Herausforderungen rei-        mit Kunden Strategien für deren Einführung      wie Form, Maßhaltigkeit, Material und Farbe                                             wie OPC-DA, später auch OPC-UA, mittels
    Begriff Industrie 4.0 synonym für Neuent-            chen dabei von Fragen der Standardisierung        im Unternehmen zu entwickeln.                   und schickt mangelhafte Teile zurück in die                                             WLAN, RFID und Ethernet, EtherCAT sowie
    wicklungen in den Bereichen der vernetzten           über Themen der IT-Sicherheit bis hin zur                                                         Zerspanung. Gleichzeitig fließen Abwei-                                                 weiteren Industriebussystemen wie Profi-
    Produktion und der industriellen Informati-          Geschäftsmodellentwicklung sowie der Aus-         ►►Reale Fertigungsstraße                        chungen kontinuierlich in die automatische                                              Bus oder ProfiNet. Die Demozelle dient aber                                    Ihre Ansprechpartner
    onstechnik genutzt.                                  und Weiterbildung.                                Die Demozelle »Smarte Fabrik 4.0« arbei-        G-Code-Erzeugung zurück, um eine stän-                                                  auch als Testumgebung für neue Protokolle                                      Thomas Damerau
                                                                                                           tet mit dem Szenario der Herstellung eines      dige Verbesserung der Produktion zu erzielen.                                           des Internets der Dinge, insbesondere des                                      Telefon: +49 30 39006-216
    Zu den Kernaufgaben von Industrie 4.0                Letztlich kann der Schritt zur Industrie 4.0      Getränkeuntersetzers, der vom Kunden                                                                                                    Constrained Application Protocol (CoAP).                                       thomas.damerau@ipk.fraunhofer.de
    gehört u. a. die Sammlung und Bereitstel-            nur dann gelingen, wenn die individuel-           in Form, Material und Farbe frei gestaltet      Nach der Einzelteilprüfung werden die Teile
    lung von Daten aus cyber-physischen Sys-              len Bedürfnisse der Unternehmen durch            werden kann und anschließend direkt oder        mit Hilfe eines autonomen Transportraupen-                                              ►►Digitaler Zwilling                                                           Thomas Vorsatz
    temen sowie die Nutzung der daraus zu                eine maßgeschneiderte Migrationsstrate-           per Fernauftrag gefertigt wird. Das Produkt,    roboters an den Montagearbeitsplatz beför-                                              Der digitale Zwilling, hier in Form eines kine-                                Telefon: +49 30 39006-271
    gewinnenden Informationen im Umfeld                  gie adressiert werden. Mit der Demozelle          das der Kunde mittels einer webbasierten        dert, wo sie anhand dynamisch erzeugter                                                 matisierten Fabrikmodells, sorgt für eine Ver-                                 thomas.vorsatz@ipk.fraunhofer.de
FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
6   Forschung und Entwicklung                                                                                                                                                                                                                                                                         FUTUR 2/2016          7

                                                                                                           Digitalisierte Produktion
                                                                                                                                                                                                                (VALUE-ADDED) SERVICES

                                                                                                                                                                                                                                       Capacity          Energy
                                                                                                                                                                                                                      HMI                                                        …

    Starthilfe
                                                                                                                                                                                                                                      Utilization       Monitoring

    Digitales Upgrade für alte Maschinen und Anlagen                                                                                                                                                                          INDUSTRIE 4.0 – PLATFORM

    Das Sinnbild von Industrie 4.0 ist die intelligente Fabrik, in der sämtliche Produk-                                                                   Integration einzelner Maschinen in Kleinun-
    tionsmittel hochgradig miteinander vernetzt sind. Diese Vernetzung gewährt                                                                             ternehmen, als auch Integrationsprozesse von
    Zugriff auf aktuellste Daten aus Produktion und Betrieb und ermöglicht deren                                                                           Fertigungslinien der Serienproduktion. Basis
    Archivierung. Betriebswirtschaftliche Analysen, Prognosen und Entscheidungen                                                                           dafür ist jeweils die Erfassung von Maschinen-,
    profitieren von dieser umfassenden Informationsgrundlage. Das Verbundprojekt                                                                           Anlagen- und Produktionsdaten zur Übermitt-
    RetroNet unterstützt die Anbindung auch bestehender Produktionsmittel und                                                                              lung an eine zentrale Datenhaltung.
    bringt so »die Forschung auf den Hallenboden«.
                                                                                                                                                           Für das erste Projektjahr bis Ende 2016 ist
                                                                                                                                                           geplant, initiale Dienste zu realisieren, um so
                                                                                                                                                           die Tragfähigkeit der Konzepte, die grundle-      Anwendungsszenarien vom Automobilzulieferer über Maschinenbauunternehmen
                                                                                                                                                                                                             zur Serienfertigung von elektrischen Antrieben (v. l.) und deren Integration im
                                                                                                                                                           gende Datenverfügbarkeit sowie Durchgän-
                                                                                                                                                                                                             Gesamtkonzept. (© Bild links: Finow Automotive, mitte: Fraas und Richter Werk-
                                                                                                                                                           gigkeit der Daten von der Maschine bis in den     zeugbau, rechts: Bosch Rexroth)
                                                                                                                                                           Dienst und die Visualisierung für den Nutzer
                                                                                                                                                           zu zeigen. In dieser Phase wird die Methodik
                                                                                                                                                           zur Bewertung des Maschinenparks und des
                                                                                                                                                           möglichen Nutzens der Vernetzung während          Parallel entstehen Methoden und Konzepte,
                                                                                                                                                           der Produktion begleitend entwickelt.             die eine Mehrwert-, Investitions- und Risiko-
                                                                                                                                                                                                             abschätzung für das Unternehmen im Indus-                Projektpartner
                                                                                                                                                           ►►Technologien für die Umsetzung                  trie 4.0-Integrationsprozess zulassen. Somit             Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird
                                                                                                                                                           Als Adapter zur Datenerfassung mit dem            arbeiten die Partner im Projekt RetroNet eine           mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung
                                                                                                                                                           angedachten Funktionsumfang werden unter          Struktur von Methodiken aus, die Unterneh-              und Forschung (BMBF) im Programm »Innovatio-
                                                                                                                                                           Federführung von Bosch Rexroth sogenannte         men von der Auswahl und Kalkulation über                nen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit
                                                                                                                                                           Konnektoren entwickelt. Die Entwicklung der       den Integrationsprozess bis hin zum Einsatz             von morgen« gefördert und vom Projektträger
                                                                                                                                                           Softwareplattform koordiniert PI Informatik.      geeigneter Mehrwertdienste begleitet.                   Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für
                                                                                                                                                           Die Plattform wird neben der Datenaggrega-                                                                den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.
                                                                                                                                                           tion den Zugriff auf die gesammelten Daten        ►►Ausblick                                              –– AUCOTEAM GmbH
                                                                                                                                                           verwalten und Ausführungsumgebung für             Nach der initialen technologischen Strategie            –– Bosch Rexroth AG
                                                                                                                                                           die Mehrwertdienste sein. Inwieweit Dienste       ist die Ausqualifizierung der Konzepte und              –– Finow Automotive GmbH
                                                                                                                                                           im Sinne von Softwaremodulen nicht nur auf        die Erweiterung der Anwendungsszenarien                 –– Fraas und Richter Werkzeugbau GmbH
                                                                                                                                                           der Plattform flexibel betrieben, sondern auch    geplant. Schwerpunkt ist hier die Modulari-             –– Fraunhofer IPK
                                                                                                                                                           direkt auf einem Konnektor ausgeführt wer-        sierung von Diensten und die Verteilung über            –– KleRo GmbH Roboterautomation
    Alte Hardware fit für Industrie 4.0 zu machen – das ist das Ziel des Projekts RetroNet.                                                                den können, ist Gegenstand der Forschungs-        die verschiedenen Ausführungseinheiten                  –– Lernfabrik Neue Technologien
                                                                                                                                                           arbeiten, da hierzu unterschiedliche Rech-        Plattform und Konnektor. Damit geht ein                     Berlin gGmbH
                                                                                                                                                           nerplattformen und Leistungsfähigkeiten           durchgängiges Datenmodell einher. Nach den              –– PI Informatik GmbH
    Die Umsetzung von Industrie 4.0 erfordert               Im Projekt entstehen Methoden und Kompo-       ►►Anwendungsszenarien                           berücksichtigt werden müssen. Das Fraunho-        ersten Erfahrungen bei der Umsetzung ein-               –– Technische Universität Berlin IWF
    einen kontinuierlichen Veränderungsprozess              nenten zur Integration bestehender Hardware    Ausgangspunkt für die Entwicklungen sind        fer IPK befasst sich im Verbundprojekt mit der    facher Szenarien kann die Methodik vervoll-             –– Universität Stuttgart ISW
    in den Unternehmen. Da vor allem kleine und             in die intelligente Fabriksteuerung. Hierfür   die konkreten Anwendungsszenarien der           erforderlichen Kommunikationssoftware. Ein        ständigt und ausgebaut werden. Darüber hin-
    mittlere Firmen langfristig in ihre Maschinen           werden physische und logische Konnekto-        drei Industriepartner Fraas und Richter Werk-   besonderer Schwerpunkt ist die Entwicklung        aus werden Bewertungswerkzeuge integriert
    und Anlagen investieren, verzögert sich hier            ren entwickelt, mit denen die Anbindung        zeugbau, Finow Automotive und Bosch Rex-        einer Middleware, die nach dem Client-Server-     und evaluiert, die die durch Vernetzung,
    oftmals der praktische Einsatz von Industrie-           bestehender Maschinen und Anlagen an           roth. Sie evaluieren, welche Maschinen und      Prinzip Dienste und beteiligte Teilsysteme ver-   Datenverfügbarkeit und Mehrwertdienste
    4.0-Technologien und bremst deren anwen-                eine Steuerungsplattform ermöglicht wird.      Anlagenteile an eine Steuerungsplattform        mittelt. Die verfügbaren Funktionen werden        erreichte Verbesserung quantifizieren. Appli-
    dungsnahe Weiterentwicklung. Das Projekt                Unternehmen können damit sukzessive ein        angeschlossen werden sollen und welche          als Mehrwertdienste strukturiert, analog zu       kativ werden hierzu die bewusst einfach                 Ihr Ansprechpartner
    RetroNet schlägt deshalb die Brücke zwischen            cyber-physisches System aufbauen und ihrem     exemplarischen Dienste für diese in Frage       Apps für Smartphones, und hinsichtlich der        gehaltenen Szenarien bei den Anwendungs-                Moritz Chemnitz
    derzeitigem Anlagenbestand und der Vernet-              Bedarf entsprechend klassische und Industrie   kommen. Das Spektrum der Szenarien              Echtzeit- und Sicherheitsanforderungen für        partnern ausgebaut und durch Demonstra-                 Telefon: +49 30 39006-127
    zung nach dem Industrie 4.0-Leitbild.                   4.0-Produktion kombinieren.                    umfasst sowohl die methodisch begleitete        den Einsatz in der Produktion optimiert.          toren ergänzt.                                          moritz.chemnitz@ipk.fraunhofer.de
FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
8   Forschung und Entwicklung                                                                                                                                                                                                                                                                                    FUTUR 2/2016     9

                                                                                                             Digitalisierte Produktion

    In Echtzeit gut
    Optimierte Produkt- und Prozessqualität
    durch Digitalisierung der Qualitätssicherung
    Die umfassende Vernetzung aller Softwaresysteme ist Voraussetzung für das
    intelligente Produkt in der Industrie 4.0. Dieses weiß zu jedem Zeitpunkt, welche
    Produktionsschritte an seinen Komponenten vollzogen werden, kennt seine
    Qualität und kann auf Grund der Echtzeitauswertung seiner Produktionsdaten
    selbst regelnd in den Produktionsprozess eingreifen. Damit eröffnet es auch
    Chancen für neue Ansätze der Qualitätssicherung.

                                                                                                                                                               Q-Echtzeitwissen als Schlüssel für Qualität in der Industrie 4.0

                                                                                                                                                               die Realisierbarkeit der Kundenwünsche, son-
                                                                                                                                                               dern treffen auch Vorhersagen über die erziel-
                                                                                                                                                               bare Qualität des Produktes.

                                                                                                                                                               Mit der steigenden Verfügbarkeit der Pro-
                                                                                                                                                               zessparameter wird dieser Ansatz immer
                                                                                                                                                               wirkungsvoller, um die Produktqualität zu                          Spielerisch zum Qualitätsexperten
                                                                                                                                                               bestimmen. Zusätzlich können alle Einheiten                        Mit der App »Quality Quiz« des Fachgebiets Qualitätswissenschaft der Technischen Uni-
                                                                                                                                                               ohne Mehrkosten oder Zeitaufwand wäh-                              versität Berlin können Studierende, QualitätsprüferInnen oder ManagerInnen jetzt Quali-
    Zeitliche Einordnung der Entwicklung der Qualitätssicherung in die Phasen der industriellen Produktion                                                     rend des Produktionsprozesses überprüft                            tätsthemen spielerisch erlernen. In sechs Wissensrubriken, darunter »Six Sigma und Lean«,
                                                                                                                                                               werden. Neben der Kenntnis der Prozessda-                          »Statistik« oder »Total Quality Management«, werden die wichtigsten Themen des Qualitäts-
    Bei dem Prozess des Wandels der klassi-               Auswertung der umfangreichen Sensorik bei          sen und Mustererkennung von Echtzeitdaten         ten ist gerade bei Losgröße 1 oder Kleinst-                        managements vermittelt. Dabei können Nutzer zwischen drei Schwierigkeitsstufen der über
    schen Industrie zur Industrie 4.0 handelt es           cyber-physischen Produktionssystemen bieten       Aussagen über den Zustand einer Anlage. Vor       serien die Inline-Messung die Methode zur                          700 Multiple- und Dual-Choice-Fragen wählen und damit sowohl Grundlagenwissen als auch
    sich im Kern um die fortschreitende Vernet-            einen neuen Ansatz zur Qualitätssicherung in      allem Ausfälle können so durch rechtzeitiges      Qualitätssicherung in der Smart Factory. Mit                       neueste wissenschaftliche Erkenntnisse erwerben. Und das an konkreten Beispielen: In einem
    zung eingebetteter Systeme zur Steuerung               der Industrie 4.0: Durch Echtzeitüberwachung      Eingreifen gezielt verhindert werden.             Hilfe von Inline-Messsystemen und unter-                           zehnstufigen Level-System arbeiten sich die Spieler zu Qualitätsfragen vom »Lappen« über
    mechatronischer Komponenten, die in ihrer              lassen sich schon während der Produktion                                                            schiedlichster Sensorik können schon inner-                        »Flachzange«, »Luftpumpe« und »Bohrhammer« bis zum komplexen »Laser« hoch. Diverse
    Komplexität sogenannte cyber-physische Sys-            Informationen über die Qualität des Produk-       Vernetzung und Automatisierung in der Pro-        halb der Produktionskette die Produktpara-                         Achievements, die sowohl Fleiß als auch Kenntnisse belohnen, befördern die Motivation.
    teme bilden. Diese cyber-physischen Systeme            tes gewinnen und Qualitätswissen generieren.      duktion bringen darüber hinaus intelligente       meter bestimmt und frühzeitig Fehler im                            »Das Fachgebiet Qualitätswissenschaft ist traditionell sehr stark engagiert in der Ausbildung
    zeichnen sich durch eine vielschichtige Aktorik        Dieses wiederum wird aktiv in die Prozess-        Qualitätsassistenzsysteme hervor, welche den      Produktionsprozess erkannt werden. Die                             der nächsten Generation von Qualitätsmanagerinnen und -managern. Mit unserer neuesten
    aus und erfassen dank hochpräziser Sensoren            kette zurückgeführt; durch die Regelung der       Qualitätsingenieur bei der Sicherung der Pro-     Smart Factory nutzt das Wissen der Inline-                         Weiterentwicklung der Lehre bedienen wir gleichzeitig die aktuellen Mega-Trends ‚Gamifica-
    alle möglichen Systemparameter. Ihr Einsatz            Prozessparameter lässt sich so ein optima-        duktqualität und bei der Überwachung des          Messung, um ihre Prozesse eigenständig zu                          tion‘ und ‚Mobile Learning‘. Die neue App ist unser erster Versuch auf diesen Gebieten und
    in Produktionssystemen wiederum führt zu               les Ergebnis erzielen. Mit Hilfe von Machine      Zustands der Gesamtanlage unterstützen,           rekonfigurieren und zu optimieren. Zusam-                          wir freuen uns auf das Feedback der Nutzer aus Wirtschaft und Wissenschaft.«, so Fachge-
    cyber-physischen Produktionssystemen, wel-             Learning-Algorithmen können eigenständige,        zum Beispiel durch automatische Benach-           men mit der Prozessparameterauswertung                             bietsleiter Professor Dr.-Ing. Roland Jochem.
    che sich durch die Erfassung der Prozesspara-          kontinuierliche Verbesserungsprozesse reali-      richtigungssysteme, detaillierte Betriebsanzei-   wird die Umsetzung des Taguchi-Gedan-
    meter intelligent an die Produktionssituation          siert werden, so dass Anlagen sich im laufen-     gen und Augmented Reality. Aber es werden         kens, dass jede Abweichung vom Zielwert
    anpassen können. Die Analyse und Generie-              den Betrieb selbst optimieren. Zugleich wer-      auch Qualitätsassistenzsysteme ermöglicht,        trotz Einhaltung der Toleranzintervalle eine                                                                       Ihr Ansprechpartner
    rung von Wissen um den Produktionsprozess              den Abweichungen frühzeitig erkannt und           die Kunden schon vor der eigentlichen Fer-        Verschwendung darstellt, durch automati-                                                                           Prof. Dr.-Ing. Roland Jochem
    aus der erzeugten Menge an Daten sowie die            Ausschuss und Ausfallzeiten minimiert. Dane-       tigung bei der Individualisierung ihrer Pro-      sierte Verfahren nun nur noch eine Frage                                                                           Telefon: +49 30 39006-118
    detaillierte Kenntnis der Prozessdaten durch           ben ergeben sich über gezielte Langzeitanaly-     dukte unterstützen. Diese prüfen nicht nur        der Zeit.                                                                                                          roland.jochem@ipk.fraunhofer.de
FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
10   Forschung und Entwicklung                                                                                                                                                                                                                                                         FUTUR 2/2016        11

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     Industry Cockpit
     Durchblick vom Management bis in die Produktion
     Industrie 4.0 verspricht große Flexibilität in der Produktion. Ziel ist es, die Produkt-
     und Prozessvarianten mit kleinen Losgrößen signifikant zu steigern, ohne die
     Produktionskosten ins Unwirtschaftliche zu treiben. Der Schlüssel dafür liegt in
     vernetzten Informations- und Kommunikationslösungen, mit denen sämtliche
     Elemente der Fabrik – Produkte, Maschinen, Werkzeuge und Menschen – integriert
     betrachtet und gesteuert werden. Der Mensch als zentrales Bindeglied muss in
     der Lage sein, jederzeit diese Komplexität zu beherrschen. Zur Entscheidungs-
     unterstützung benötigt er jedoch situations- und aufgabengerecht aufbereitete
     Informationen. Ein Werkzeug, das diesen Anforderungen gerecht wird, ist das
     Industry Cockpit des Fraunhofer IPK, das in Kooperation mit dem MES-Hersteller
     Pickert & Partner aus Karlsruhe entwickelt wird.

     Sollen Prozesse anpassbar sein, ist es umso    deren notwendige Überwachungsmerkmale            Gesamtmodell zusammengesetzt werden.
     wichtiger den Verwaltungsaufwand mög-          fallweise anpasst. Will man nun noch Flexi-      Jedes dieser Puzzleteile trägt die Informati-
     lichst gering zu halten. Die Anforderung,      bilität schaffen und unterstützen, sind die      onen, welche prozessrelevanten Auswertun-
     individuelle Kundenwünsche zu Kosten           heute starr programmierten Systeme nicht         gen benötigt werden, im Hintergrund wie
     eines Standardmassenproduktes kurzfris-        mehr ausreichend, um die Auftragsfertigung       eine Art Rucksack mit sich. Je nach Kombi-
     tig zu befriedigen, macht ein durchgängi-      ganzheitlich zu verfolgen. Insbesondere der      nation der Module werden unterschiedli-
     ges Prozessengineering notwendig. Die sich     Bezug zu verknüpften Prozessen, wie z. B.        che Sichten des Cockpits auftragsspezifisch
     damit erhöhende Komplexität von industriel-    zu Zulieferern oder dem Vertrieb, werden         abgeleitet. Das funktioniert ähnlich wie auf
     len Unternehmensprozessen erfordert eine       immer schwieriger.                               der Modellseite. Ist ein neues Prozessmodul
     kontextuelle und damit für den Anwender                                                         erstellt und in der Modulbibliothek abge-
     einfache Prozessüberwachung. Insbeson-         ►►Konfigurieren                                  legt, können im Anschluss über einen Aus-
     dere die Aufbereitung und Aggregation             statt programmieren                           wertungsgenerator die zu überwachenden
     auftragsindividueller Informationen zur Ent-   Der modellbasierte Ansatz des Industry           Echtzeitparameter definiert werden. Diese
     scheidungsunterstützung muss einfach und       Cockpits verfolgt die Strategie »Modellkon-      Auswertungen sind ebenfalls als Puzzleteile       levant ist. Das Industry Cockpit informiert       erhöhte Flexibilität hinsichtlich der Kommu-
     schnell möglich sein.                          figuration statt Programmieren«. Damit kön-      modular.                                          genau dann, wenn einer dieser Parameter           nikation, der Überwachung und der Doku-
                                                    nen individuelle Prozesse für unterschied-                                                         aus dem Toleranzbereich zu geraten droht,         mentation von kundenindividuellen Anfor-
     Die Verkettung sämtlicher Unternehmens-        liche Rollen aufgabengerecht überwacht           Innerhalb eines Cockpitkonfigurators wer-         und erzeugt weitere erforderliche Sichten,        derungen. Damit unterstützt das Industry       Das Industry Cockpit entsteht im Rahmen des
     aktivitäten lässt sich in Form von Unterneh-   und gesteuert werden. Grundlage hierfür          den dann die Auswertungswidgets rol-              wie z. B. Verlaufs- und Belastungskurven.         Cockpit alle Mitarbeiter im Unternehmen        Projektes MetamoFAB. Das Projekt MetamoFAB
     mensmodellen beschreiben und erlaubt           ist zunächst das Unternehmensmodell, wel-        lenspezifisch zugeordnet, denn ein Meis-          Auf diese Weise wird der Anwender in sei-         vom Management bis zur Produktion und          wird mit Mitteln des Bundesministeriums für
     gleichzeitig eine Darstellung der Wechsel-     ches alle Prozesse zur Auftragsbearbeitung       ter benötigt andere Informationen als der         ner Entscheidungsfindung zum Eingriff spe-        trägt maßgeblich zu einem effektiven Infor-    Bildung und Forschung im Programm »Inno-
     wirkungen zwischen Produkt, Organisation,      sowohl administrativ als auch produktiv          Werker an der Maschine. Eingebettet in            zifisch unterstützt. Bei gleichzeitiger Ansicht   mationsmanagement bei.                         vationen für die Produktion, Dienstleistung
     Ressourcen und Informationen. Diese Ver-       abbildet. Betrachtet man nun die einzelnen       einem dynamischen Dashboard liefern die           aller Parameter wäre der Werker sonst über-                                                      und Arbeit von morgen« gefördert und vom
     knüpfungen und die operativen Plan- und        Prozessschritte als sogenannte Module, die       Auswertungswidgets der Rolle die erforder-        fordert und würde eventuell kritische Situa-                                                     Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die
     Ausführungsdaten reichen aus, um eine kun-     einen Teilschritt zur Auftragserfüllung abbil-   lichen Informationen mit für die Aufgabe          tionen übersehen. Diese Mechanismen zur                                                          Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentli-
     denauftragsindividuelle Fertigung mit den      den, so lassen sich solche Modelle wie ein       optimalen Anzeigen. Mit Hilfe von frei defi-      Ein- und Ausblendung bestimmter Auswer-                                                          chung liegt beim Autor.
     Informationen zu versorgen, die sie benö-      Puzzle in kleine Teile zerlegen, für die sich    nierbaren Parametern wird einfach festge-         tungen sind wie auch alle anderen Kompo-
     tigt, ohne die Mitarbeiter zu »überfluten«.    die notwendigen Informationen schneller          legt, wann diese angezeigt werden und             nente frei definierbar und können ebenfalls
     Das gelingt, indem einerseits die kritischen   definieren lassen als für das Gesamtkonst-       wann nicht, um ausschließlich die aktuell         rollenspezifisch festgelegt werden.
     Prozesse automatisch überwacht werden,         rukt. Diese Puzzleteile oder Prozessmodule       für den Anwender erforderlichen Informati-                                                                                                         Ihre Ansprechpartnerin
     aber nur im Problemfall eine Visualisierung    werden in einer Modulbibliothek vorge-           onen zu filtern. Das ist zum Beispiel bei einer   Die Wiederverwendbarkeit sowohl der Pro-                                                         Nicole Oertwig
     stattfindet. Und andererseits, wenn sich das   halten und können je nach Anwendungs-            Roboterbearbeitung der Fall, bei der eine         zessmodule als auch der Cockpit­module in                                                        Telefon: +49 30 39006-176
     Cockpit an die spezifischen Prozesse und       wunsch zu einem auftragsspezifischen             Vielzahl von Parametern überwachungsre-           den dynamischen Dashboards liefert so eine                                                       nicole.oertwig@ipk.fraunhofer.de
FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
12   Forschung und Entwicklung                                                                                                                                                                                                                                                                         FUTUR 2/2016     13

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     Smart und flexibel
     Intelligente Werkstattproduktion
     Fertigungsanlagen in der Großserienherstellung sind derzeit überwiegend auf
     spezifische Bauteile ausgelegt und oft mit starrer Verkettung realisiert. Wegen des
     zunehmenden Variantenreichtums der Produkte stoßen solche linien­orientierten                                                                                   Regelkreisen und effizienter, ergebnisorien-    aufwand für Einsatzbesprechungen wird
     Produktionssysteme jedoch an ihre Grenzen – vor allem hinsichtlich Reaktions-                                                                                   tierter Kommunikation aller am Produktions-     dadurch erheblich reduziert.
     fähigkeit, Auslastung und Liefertreue. Im Projekt »iWePro – Intelligente selbst-                                                                                prozess beteiligten Mitarbeiter und Ressour-
     organisierende Werkstattproduktion« entwerfen Partner aus Wissenschaft und                                                                                      cen. Dabei soll die Fertigung zwar wie bisher   Gleichzeitig unterstützen die Agenten die
     Industrie deshalb innovative Produktionskonzepte, die eine flexible, smarte                                                                                     von der Leitungsebene vorgeplant werden,        situationsorientierte Anpassung des geplan-
     Werkstattfertigung durch die Kombination von zentraler Planung und dezentraler                                                                                  denn nur eine zentrale Optimierung hat ein      ten Fertigungsablaufs. Das funktioniert so:
     Fertigungssteuerung ermöglichen.                                                                                                                                Gesamtoptimum im Fokus. Gleichzeitig sol-       Jeder Fertigungsauftrag und jede Ressource
                                                                                                                                                                     len aber die Mitarbeiter auf dem Shop Floor – Maschinen, Mitarbeiter, Werkzeuge, etc. –
                                                                                                                                                                     in die Lage versetzt werden, den geplanten      wird durch einen Agenten repräsentiert. Die
     ►►Beispiel Getriebefertigung                            Alternativen zur Linie gibt es: zum Beispiel              Im Projekt iWePro erproben IPK-Entwickler     Ablauf aktiv zu beeinflussen, etwa um die       Agenten kommunizieren und verhandeln
     Zahnräder werden bisher meist in Linien                 die Werkstattfertigung. Diese Fertigungs-                mit Partnern aus der Wirtschaft, wie sich      Einhaltung von Terminen sicherzustellen.        miteinander. Steht etwa ein Arbeitsschritt
     gefertigt, bei denen zum Beispiel Fräs- und             philosophie erlaubt den flexiblen Durchlauf              auf der Fertigungsebene eine Zahnradpro-                                                       eines Auftrags kurz vor dem Abschluss,
     Drehmaschinen fest verkettet sind. Fällt                eines Auftrags durch die Fertigung. So kann              duktion ohne Verkettung zuverlässig steu-      ►►Technologie                                   fragt der die Werkstücke repräsentierende
     eine Maschine aus, steht die ganze Linie                ein Drehauftrag auf allen verfügbaren Dreh-              ern lässt. Bisher wird in der industriellen    Konkret untersucht iWePro, ob und wie sich      Agent bei den Agenten der Maschinen an
     still. Zudem ist es aufwändig bis unmög-                maschinen ausgeführt werden, wodurch sich                 Fertigung vorab ein Plan für die komplette    eine Software zur Maschinenbelegungs-           der nächsten Bearbeitungsstation an, wer
     lich, auf Linien Klein- oder Kleinstaufträge            die Freiheitsgrade zur Optimierung massiv                 Produktion vom Rohling bis zum einsatz-       planung mit einem Agentensystem verbin-         die entsprechende Bearbeitung vornehmen
     mit besonderen Anforderungen oder Pro-                  erhöhen. Für eine solche Fertigungsstruktur               bereiten Zahnrad erstellt und anschließend    den lässt, das während der laufenden Pro-       kann. Die Maschinenagenten liefern unter
     duktmerkmalen zu fertigen. Will man                      braucht man Methoden, die sicherstellen,                nur noch abgearbeitet. iWePro zielt dage-      duktion situationsorientierte, dynamische       anderem Verfügbarkeit und Kosten zurück.
     hier flexibler werden, ist die Verkettung               dass Aufträge die Fertigung zuverlässig, ter-            gen auf eine »smarte« Werkstattfertigung       Anpassungen eines vorab erstellten Plans        Auf dieser Basis wird dem Mitarbeiter, der        Projektpartner
     aufzuheben.                                             mingerecht und kostenoptimal durchlaufen.                auf Basis dezentraler Strukturen mit kleinen   unterstützt. Die Grundlage bildet das im        die Bearbeitung steuert, eine Palette an          –– Adam Opel AG, Rüsselsheim
                                                                                                                                                                     Rahmen von iWePro entwickelte Feinpla-          Möglichkeiten angeboten, wann und an              –– DMG Electronics GmbH, Pfronten
     In der Fabrik der Zukunft sind alle Mitarbeiter mithilfe intelligenter Technologien in ein flexibles Prozessnetz eingebunden.                                   nungs-Tool »Job Shop Scheduler« der flexis      welcher Maschine der nächste Bearbeitungs-        –– flexis AG, Stuttgart
                                                                                                                                                                     AG. Die Software erstellt für die anstehen-     schritt zu welchen Bedingungen erfolgen           –– SAFELOG GmbH, Kirchheim
                                                                                                                                                                     den Fertigungsaufträge detaillierte Produkti-   kann. Damit können schnell und effizient          –– SimPlan AG, Maintal
                                                                                                                                                                     onspläne und stellt diese in Gantt-Diagram-     Entscheidungen getroffen werden.                  –– Soziologisches Forschungsinstitut
                                                                                                                                                                     men dar. Diese Gantts veranschaulichen,                                                              Göttingen (SOFI) e.V., Göttingen
                                                                                                                                                                     welcher Bearbeitungsschritt eines Auftrags      ►►Simulation                                      –– TAGnology RFID GmbH, Voitsberg (A)
                                                                                                                                                                     wann auf welcher Maschine erfolgen soll.        Zur Absicherung von investitionsintensiven
                                                                                                                                                                     Zudem können unterschiedliche Szenarien         Entscheidungen bezüglich der Umsetzung            Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt
                                                                                                                                                                     durchgeplant werden, indem die Fertigung        der Werkstattfertigung muss geprüft werden,       wird mit Mitteln des Bundesministeriums für
                                                                                                                                                                     beispielsweise in eine Fast Lane für Teile      ob diese tatsächlich bessere Ergebnisse liefert   Bildung und Forschung (BMBF) im Programm
                                                                                                                                                                     mit starker Nachfrage und einen flexiblen       als die technisch sehr ausgefeilte klassische     »Innovationen für die Produktion, Dienstleis-
                                                                                                                                                                     Bereich für Exoten segmentiert wird.            Linienfertigung. Dazu entsteht in iWePro eine     tung und Arbeit von morgen« gefördert und
                                                                                                                                                                                                                     aufwändige Simulation auf Basis der Soft-         vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut.
                                                                                                                                                                     Aus der Feinplanung leitet das Agenten-         ware Demo3D der SimPlan AG. Mit ihrer Hilfe       Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröf-
                                                                                                                                                                     system konkrete Handlungsempfehlungen           kann durchgespielt werden, welche Kombi-          fentlichung liegt beim Autor.
                                                                                                                                                                     für die Mitarbeiter auf dem Shop Floor ab.      nation aus zentraler Planung und dezentraler
                                                                                                                                                                     So kann die Vermittlung des Produktions-        Umplanung für welchen Anwendungsfall
                                                                                                                                                                     plans an die Mitarbeiter direkter erfolgen      geeignet ist. Darüber hinaus wird ein
                                                                                                                                                                     als bisher. Vernetzte Technologien machen       Demonstrator entwickelt, mit dem die Art          Ihr Ansprechpartner
                                                                                                                                                                     es möglich, jedem Mitarbeiter die für ihn       und Weise der Informationsbereitstellung für      Eckhard Hohwieler
                                                                                                                                                                     relevanten Teile des Plans direkt an seinem     Mitarbeiter auf dem Shop Floor, etwa über         Telefon: +49 30 39006-121
                                                                                                                                                                     Arbeitsplatz bereit zu stellen. Der Zeit-       Smart Devices, evaluiert werden kann.             eckhard.hohwieler@ipk.fraunhofer.de
FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
14   Forschung und Entwicklung                                                                                                                                                                                                                                                                 FUTUR 2/2016   15

                                                                                                         Digitalisierte Produktion

                                                                                                                                                         ►►Fit für hochfeste Stähle                           verlässliche Daten zu gewinnen, kommt die     rialproben durchgeführt werden. Daraus

     Einfach anwenderfreundlich
                                                                                                                                                         Zukünftig sollen auch die lokalen Werkstoff­         Finite-Element-Methode zum Einsatz: Der       ergibt sich eine deutliche Vereinfachung im
                                                                                                                                                         eigenschaften von im Automobilbau typi-              Eindringprüfvorgang wird nachmodelliert       Vergleich zu herkömmlichen Verfahren der
                                                                                                                                                         schen Stahlwerkstoffen und deren Fügestel-           und an das reale Experiment angeglichen.      Kennwertermittlung wie Zug- oder Mikro-
     Numerische Simulation von Fügestellen                                                                                                               len bestimmt werden können. Zu diesem                Die mechanische Simulation liefert dann die   zugversuchen. Für diese Verfahren müssen
                                                                                                                                                         Zweck wollen die Wissenschaftler am Fraun-           während der Prüfung vorliegenden, nicht       Proben erst aufwändig und kostenintensiv,
     Ob in der Automobilindustrie, beim Rohrleitungs- oder beim Kraftwerksbau –                                                                          hofer IPK das Verfahren im Rahmen öffent-            messbaren Parameter. Diese wiederum kön-      teilweise durch Funkenerosion, gefertigt
     anspruchsvolle und hochwertige Fügeverbindungen entscheiden oft über die                                                                            lich geförderter sowie bilateraler industrieller     nen im Anschluss in das Neuronale Netz ein-   werden. Die neue anwenderfreundliche
     Qualität des Endproduktes. Um z. B. das Verzugsverhalten von Karosseriebauteilen                                                                    Projekte für den Einsatz bei hochfesten Stäh-        gepflegt werden.                              Methode hilft dabei, den Einsatz der Simu-
     vorab einschätzen zu können, setzen Hersteller auf die numerische Simulation                                                                        len, z. B. Dualphasen-, TRIP- und TWIP-Stäh-                                                       lation bereits in der Entwicklung von Pro-
     der geschweißten Komponenten. Besondere Aufmerksamkeit gilt hier den Füge-                                                                          len, weiterentwickeln. Kern ihrer Forschung          Die zu entwickelnde Methode kann nach         dukten zu unterstützen und trägt zur Ein-
     stellen. Da diese oft nur wenige Millimeter klein sind, kommen konventionelle                                                                       ist das Training des für die Datenzuordnung          einfacher Probenvorbereitung, z. B. durch     sparung von Ressourcen bei.
     Prüfverfahren wie der Zugversuch hier jedoch nicht ohne weiteres in Frage.                                                                          zuständigen Neuronalen Netzes. Um dafür              Schliffherstellung, an geschweißten Mate-
     Forscher des Fraunhofer IPK untersuchen deshalb eine alternative Methode, um
     die negativen Begleiterscheinungen des thermischen Schweißens im Vorfeld am
     PC zu analysieren und nötige Gegenmaßnahmen ableiten zu können.

                                                                                                         Zyklus werden die Eindringtiefe, die aufge-
                                                                                                         brachte maximale Kraft und die Hysterese
                                                                                                         Kurve im Kraft-Eindringtiefe-Diagramm
                                                                                                         gemessen.

                                                                                                         Die instrumentierte Eindringprüfung kann
                                                                                                         bisher allerdings noch nicht für jeden belie-
                                                                                                         bigen Werkstoff eingesetzt werden – für
                                                                                        Messkopf
                                                                                                         viele Materialien befindet sich die Methode
                                                                                                         noch im Laborstadium. Um verlässliche           Anwendung der Kennwerte in der Simulation von Fügestellen:
                                                                                                         Spannungs-Dehnungs-Werte für einen              Probe mit den modellierten Fügezonen Schweißlinse (grün) und Wärmeeinflusszone (rot)

                                                                                                         plastischen Verformungsbereich ermitteln
                                                                                                         zu können, müssen zunächst interne Ver-
     Mikroskop                                                                                           arbeitungsparameter auf den zu untersu-
                                                                                                         chenden Werkstoff angepasst werden. Das
                                                                                                         Fraunhofer IPK hat hier bereits Erfahrungen
                                                                                        Probe            gesammelt: In einem Forschungsprojekt zur
                                                                                                         Untersuchung des Festigkeitsverhaltens von
                                                                                                         Aluminiumpunktschweißverbindungen wur-
                                                                                                         den diese Parameter ermittelt. Mit Hilfe der
                    Vorrichtung für die instrumentierte Eindringprüfung                                  instrumentierten Eindringprüfung wurden
                                                                                                         dann mehrere Eindringkurven in den drei
     ►►Instrumentierte Eindringprüfung                   Ein modernes anwenderfreundliches Ver-          Zonen »Schweißlinse«, »Grundwerkstoff«
     Für eine detaillierte Simulation von Füge-          fahren, das die benötigte hohe lokale Auf-      und »Wärmeeinflusszone« aufgezeichnet.
     stellen werden Eingangsdaten benötigt, die          lösung für die Abbildung dieser Zonen           Auf Basis der so gewonnenen Eingangsda-
     die Materialeigenschaften in den verschie-          aufbringen kann, ist die instrumentierte Ein-   ten konnten die verschiedenen Fügezonen
     denen Zonen einer Fügestelle beschreiben            dringprüfung, kurz IEP. Sie zeichnet während    modelliert und beispielsweise Spannungs-        Anwendung mittels IEP ermittelter Kennwerte in der Simulation von Fügestellen:
     – im Fall von Punktschweißverbindungen sind         einer mehrstufigen, automatisiert ablaufen-     verteilungen von Bauteilen mit Punktschwei-     Vergleichsspannungsverteilung einer gekoppelten statisch-mechanischen
                                                                                                                                                         und thermischen Simulation
     das die Schweißlinse, der Grundwerkstoff            den Härteeindringprüfung verschiedene           ßung simuliert werden. Die erzielten Simu-                                                                                                            Ihr Ansprechpartner
     und die Wärmeeinflusszone. In jeder dieser          Parameter auf. Dabei wird wiederholt bei        lationsergebnisse stimmten dabei sehr gut                                                                                                             Julian Frei
     Zonen liegt meist ein anderes Spannungs-            stetig steigender Kraft ein Prüfstempel in      mit Ergebnissen experimenteller Untersu-                                                                                                              Telefon: +49 30 39006-374
     Dehnungs-Verhalten vor.                             eine Materialprobe eingepresst. In jedem        chungen überein.                                                                                                                                      julian.frei@ipk.fraunhofer.de
FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
16   Forschung und Entwicklung

                                                                                                             Produktion

     Läuft rund
     Neue Hochleistungsspindel für die Aluminiumzerspanung
     Bei der spanenden Bearbeitung von Metallen ist die Hauptspindel das hochtech-
     nologische Kernelement der Werkzeugmaschine. Genauigkeit und Produktivität
     der Fertigung hängen in entscheidendem Maße von ihrer Drehzahl, Leistung und
     ihrem Rundlauf ab. In Kooperation mit der südkoreanischen Hyundai WIA Corpo-
     ration hat das Fraunhofer IPK jetzt eine Hochleistungsfrässpindel mit hydraulisch
                                                                                                                                                           Montage und Test des finalen Spindelprototyps
     einstellbarer Lagervorspannung für die Aluminiumzerspanung entwickelt. Nach
     dem erfolgreichen Test des Prototyps will Hyundai WIA die neue Spindel bald-
     möglichst auf den Markt bringen.                                                                                                                      ►►Konstruktion und Simulation                    gungsmode tritt im Bereich zwischen 695          Praxistests der Fraunhofer-Forscher vor Ort
                                                                                                                                                              Hand in Hand                                  und 745 Hertz auf. Eine weitere strukturbe-      zeigten, dass der finale Spindelprototyp alle
                                                                                                                                                           Mit Abschluss der Konzeptionierungsphase         dingte Biegeschwingungsmode mit starker          wesentlichen Anforderungen erfüllt und dass
     ►►Hohe Anforderungen                                    sowie ein anspruchsvolles Drehzahl-Eigen-       Steifigkeitsanforderung bei entsprechend      waren die wesentlichen Module der Hoch-          Abhängigkeit von der Lagervorspannung            experimentelle und simulierte Messwerte gut
     Bei der Konstruktion der Spindel entspre-               frequenz-Verhältnis von höchstens 0,4. Dar-     hoher Maximaldrehzahl zu erfüllen, wurde      leistungsfrässpindel bereits geometrisch fest-   tritt zwischen 1.255 und 1.505 Hertz auf.        übereinstimmen. Die vorab simulierten Tem-
     chend der VDI-Richtlinie 2221 mussten hohe              über hinaus sollte eine hydraulisch einstell-   eine angestellte Stützlagerung in Tandem-     gelegt. Die Grobstruktur der Spindel wurde       Diese drei Moden dominieren das dynami-          peraturwerte wichen am vorderen Lager um
     Anforderungen erfüllt werden. So war eine               bare Lagervorspannung realisiert werden         O-Tandem-Anordnung mit hochpräzisen           nun auf Kundenwunsch mit der Konstrukti-         sche Verhalten an der Spindelnase. Außer-        elf Prozent und am hinteren Lager um fünf
     Maximaldrehzahl von 30.000 min-1 gefor-                 und Sensoren zur Erfassung des thermischen      Hybridschrägkugellagern von Schaeffler        onssoftware Inventor 2010 erstellt. Mithilfe     dem konnte gezeigt werden, dass sie das          Prozent von den gemessenen Werten ab.
     dert – für eine Spindel mit HSK-A63-Werk-               und des dynamischen Verhaltens sowie zur        Technologies gewählt. Beim Antriebssys-       der Rohstruktur wurden Vorabsimulationen         Ratterverhalten der Spindel wesentlich           Der relative Fehler zwischen simulierten und
     zeugaufnahme liegt das an der Grenze des                Bestimmung der Lagervorspannung in die          tem entschieden sich die Wissenschaftler      mit der Simulationssoftware ANSYS 14.0           beeinflussen.                                    experimentell ermittelten relevanten Eigen-
     technisch Machbaren. Die Lager sind dabei               Spindel integriert werden.                      aufgrund seiner Leistungsdichte und Effizi-   durchgeführt, um das thermische Verhalten                                                         frequenzen betrug in allen Fällen weniger als
     der limitierende Faktor, da sie einerseits                                                              enz für einen Synchronantrieb der Schweizer   zu untersuchen und die Kühlung entspre-          Das thermische Verhalten und die thermisch       dreizehn Prozent. Die Amplituden der Über-
     die Steifigkeit wesentlich bestimmen und                ►►Gut durchdacht –                              Firma e+a Elektromaschinen und Antriebe.      chend auszulegen. Andererseits sollte auch       induzierte Verformung der Spindel wurden         tragungsfrequenzgänge an der Spindelnase
     andererseits auf der Welle montiert wer-                    das Spindelkonzept                          Die Kühlung der Hochleistungsfrässpindel      das dynamische Verhalten abgeschätzt und         ebenfalls simulativ ermittelt. Dabei wurde       lagen etwa eine Dimension über den gemes-
     den müssen, die im vorderen Teil nahe der               Die Fraunhofer-Experten erstellten zunächst     wurde im nächsten Schritt mittels Simula-     gegebenenfalls über die Variation der Wand-      ersichtlich, dass die Temperaturen im Bereich    senen Amplituden. Zur Verbesserung der
     Werkzeugaufnahme einen Durchmesser von                  Konzepte für die Spanneinheit, die Spindel-     tion ausgelegt und optimiert. Hier wurde      stärke der Spindelwelle und die Positionie-      der Lagerinnenringe maximal werden. Bei          Übereinstimmung wurde eine Anpassung
     mindestens 70 Millimetern besitzt. Durch                welle, die Lageranordnung, das Antriebssys-     bereits der Bedarf für eine Wasserküh-        rung der Lager und des Antriebs beeinflusst      Wasserkühlung des Stators und der Lager-         der Dämpfungswerte vorgenommen, so dass
     diesen verhältnismäßig großen Durchmes-                 tem und die Kühlung der Spindel. Das von        lung sowohl des Antriebssystems als auch      werden können.                                   sitze traten Temperaturen von bis zu 98 Grad     nicht nur eine qualitative, sondern auch eine
     ser und die geforderte Steifigkeit entsteht             der Ott-Jakob Spanntechnik speziell ange-       der beiden Lagersitze deutlich. Vor allem                                                      Celsius in den Lager­innenringen auf. Die vor-   quantitative Übereinstimmung bestand.
     eine hohe thermische Belastung, die in der              fertigte Spannsystem bestimmte dabei die        im Bereich des hinteren Lagersitzes waren     Im Verlauf des Projekts wurde der Detail-        deren Lager weisen dabei höhere Tempera-
     weiterführenden Arbeit berücksichtigt wer-              innere Struktur der Welle. Die äußere Struk-    aufgrund der geringen Wärmeübertragung        lierungsgrad sowohl des Spindeldesigns als       turen als die hinteren, kleineren Lager auf.     Der erfolgreiche Projektabschluss wurde
     den musste. Weitere Anforderungen waren                 tur wurde in Verbindung mit dem Antriebs-       an die Umgebung hohe Temperaturen             auch des Simulationsmodells erweitert. So        Hinzu kommen Verlagerungen in der Spindel,       durch eine FEA-Schulung von Mitarbeitern
     eine hohe Nennleistung von 80 Kilowatt,                 und dem Lagerungskonzept entschieden.           zu erwarten.                                  wurden Labyrinth- und Lagerwellendich-           die sich aufgrund der Temperaturverteilung       der FuE-Abteilung von Hyundai WIA durch
     mit deren Hilfe eine sehr hohe Abtrennrate              Eine Wellenschulter trennt das vordere Lager                                                  tungen hinzugefügt und der hintere Lager-        ergeben. Die axiale Verlagerung der Spindel-     Simulationsexperten des Fraunhofer IPK
     von 5.000 cm³/min ermöglicht werden soll,               von Antrieb und hinterem Lager. Um die                                                        sitz zusätzlich mit axialem Spiel gelagert.      nase bezüglich der Einspannung der Spin-         ergänzt. Hyundai WIA plant nun, die neue
                                                                                                                                                           Darüber hinaus wurden Hydraulikzylinder          del beträgt im quasi-stationären Betrieb mit     Spindel baldmöglichst in Serie zu produzie-
     Konstruktionsdetails der Spindel (links) und simuliertes thermisches Verhalten (rechts)
                                                                                                                                                           zur Vorspannung der Lager sowie Versor-          30.000 min-1 etwa 88 Mikrometer.                 ren und für die Aluminiumzerspanung
                                                                                                                                                           gungskanäle für Kühlung, Schmierung,                                                              von Bauteilen in der Luft- und Raumfahrt
                                                                                                                                                           Hydraulik, Stromversorgung, Sensorik und         ►►Prototyp im Praxistest                         einzusetzen.
                                                                                                                                                           Schmierstoffversorgung integriert und das        Fertigung, Montage und Evaluierung der
                                                                                                                                                           Spannsystem in das Design hinzugefügt.           Hochleistungsfrässpindel erfolgten bei Hyun-     Autoren: Jan Mewis, Bernd Peukert,
                                                                                                                                                           Anschließend wurde das Prototypendesign,         dai WIA in Changwon und Uiwang, Südko-           Simon Thom
                                                                                                                                                           inklusive seines dynamischen, thermischen        rea. Dank der montagegerechten Konstruk-
                                                                                                                                                           und thermisch-elastischen Verhaltens, mit-       tion der Spindel verlief der Zusammenbau
                                                                                                                                                           tels FE-Simulation überprüft. Die Modalana-      des finalen Prototyps ohne Zwischenfälle.           Ihre Ansprechpartnerin
                                                                                                                                                           lyse ergab eine Lagervorspannungsabhän-          Schwierigkeiten, wie zum Beispiel sehr enge         Dr.-Ing. Fiona Sammler
                                                                                                                                                           gige axiale Festkörperschwingung zwischen        Kanäle für die Stromversorgung des Antriebs,        Telefon: +49 30 314-25689
                                                                                                                                                           550 und 680 Hertz. Die erste Biegeschwin-        wurden dokumentiert.                                fiona.sammler@ipk.fraunhofer.de
FUTUR - Starthilfe Smart und flexibel - Vision Innovation Realisierung
18   Forschung und Entwicklung                                                                                                                                                                                                                                            FUTUR 2/2016   19

                                                                                                        Automatisierung

                                                                                                                                                                                                      Rainer Elm, Leiter des Nationalen Analysezentrums

     Fundsache
                                                                                                                                                                                                      der Deutschen Bundesbank, über das Projekt

                                                                                                                                                                                                      FUTUR: Können Sie etwas zu den Hintergründen des Darmstädter
     Rekonstruktion von Banknoten                                                                                                                                                                     Falls sagen?
                                                                                                                                                                                                      Rainer Elm: Im Herbst 2015 wurden im Stadtgebiet Darmstadt über einen
     Das Fraunhofer IPK hat in den vergangenen Jahren systematisch Methoden zur                                                                                                                       Zeitraum von mehreren Wochen an unterschiedlichen Stellen in kleine Stücke
     automatisierten virtuellen Rekonstruktion von handzerrissenen, geschredderten,                                                                                                                   zerrissene und zerschnittene Euro-Geldscheine gefunden. Insgesamt wurden
     zerschnittenen sowie anderweitig beschädigten Dokumenten und Unterlagen                                                                                                                          beim nationalen Analysezentrum (NAC) der Deutschen Bundesbank bislang
     entwickelt und erfolgreich in verschiedenen Projekten eingesetzt. Prominente                                                                                                                     8.335 Schnipsel eingereicht, die sich nach eingehender Prüfung alle als echte
     Beispiele sind das sogenannte »Stasi-Schnipsel-Projekt«, die erfolgreiche Wieder-                                                                                                                Teile von 10-, 50-, 100- und 500-Euro-Banknoten herausstellten. Die genaue
     herstellung verloren geglaubter geschredderter Unterlagen für Kriminal-, Finanz-                                                                                                                 Herkunft der Schnipsel konnte bis heute nicht geklärt werden. Nach unserer
     und Zollfahndungsbehörden sowie Projekte zur Rekonstruktion von Kulturgütern.                                                                                                                    Feststellung stammen die Schnipsel von mindestens 518 Ursprungsnoten mit
     Das Herzstück dieser Entwicklungsarbeiten, die »ePuzzler«-Technologie, kommt                                                                                                                     einem Nennwert von 89.160 Euro.
     jetzt auch bei der Rekonstruktion hochgradig fragmentierter Banknoten zum Einsatz.
                                                                                                                                                                                                      FUTUR: Warum müssen zerstörte Geldscheine überhaupt
                                                                                                                                                                                                      wieder zusammengesetzt werden?
     Immer wieder werden mutwillig zerstörte            Im Bereich von Grenzübergängen und Tran-        Rekonstruktion verwendbaren Muster ent-        Rekonstruktion von zwei 50-Euro-Banknoten      Elm: Eine der Voraussetzungen für die Erstattung von beschädigten Euro-
                                                                                                                                                       aus 7 und 11 Fragmenten (Schnittkonturen
     oder versehentlich beschädigte Geldscheine         sitzonen werden ebenfalls Wertdokumente         lang der Schnittkanten in höchstem Maße.                                                      Banknoten ist es, dass mehr als die Hälfte einer Ursprungsnote vorhanden
                                                                                                                                                       hervorgehoben)
     sichergestellt oder bei Banken zur Erstat-         wie Ausweise, Pässe oder Visa gezielt zer-      Wird eine größere Anzahl von 50-Euro-                                                         sein muss. Die Geldscheine brauchen also nicht bis ins letzte Detail wieder
     tung vorgelegt. Schlagzeilen machten               rissen oder zerschnitten, um Identitäten        Stapeln jeweils mehrfach zerschnitten und                                                     zusammengesetzt werden. Aber auch unter dieser Prämisse resultiert schon
     zuletzt zwei Funde großer Mengen zerris-           zu verschleiern. In vielen Fällen ist es den    werden die daraus resultierenden Frag-         einer automatisierten virtuellen Rekonstruk­   aus der Vielzahl der Schnipsel eine knifflige Puzzleaufgabe für Fortgeschrit-
     sener und zerschnittener Banknoten. Ende           Sicherheitsbehörden nicht möglich, die          mente beliebig vermengt, gleicht eine hän-     tion hochgradig fragmentierter Banknoten       tene. Das Ganze wird noch dadurch kompliziert, dass im Darmstädter Fall bei
     August 2015 wurden in Darmstadt stapel-            Dokumente manuell zu rekonstruieren.            dische Rekonstruk­tion der Geldscheine einer   zu untersuchen. Dafür wurden ausgewählte       weitem nicht alle Puzzleteile vorliegen, so dass immer wieder wichtige Ver-
     weise Geldscheinfragmente von 50-, 100-                                                            kaum lösbaren Sisyphus-Aufgabe. Schlicht       Verfahren der »ePuzzler«-Technologie adap-     bindungsstücke im Puzzle fehlen.
     und 500-Euro-Banknoten aufgefunden. In             ►►Hoher Aufwand mit wenig                       unmöglich wird eine zweifelsfreie manu-        tiert und zusammen mit ebenfalls am Fraun-
     einem anderen Fall stellte die Polizei in Öster-      Aussicht auf Erfolg                          elle Rekonstruktion, wenn dann noch die        hofer IPK entwickelten Methoden des Tem-       FUTUR: Wie sind Sie auf das Fraunhofer IPK gekommen?
     reich im November 2015 in einem Senioren-          Die händische Rekonstruktion ist bereits        Fragmentfläche eine manuell handhabbare        plate-Matchings zur Klassi­fikation und        Elm: Das IPK wurde durch die intensive Berichterstattung in den Medien
     heim große Mengen zerstörter 100- und              bei kleinen Fragmentmengen mit enormem          Größe unterschreitet – beispielsweise wenn     Positionierung von Fragmenten auf Bildvor-     auf den Fall aufmerksam und bot uns umgehend seine Unterstützung an.
     500-Euro-Banknoten sicher. Eine Rentnerin          Aufwand verbunden. Bei großen Mengen            die Banknoten mit einem Aktenvernichter        lagen in einem Assistenzsystem implemen-       Im Rahmen einer Testphase mit von uns präparierten Banknoten wurde die
     hatte – offenbar um ihre Erben zu »ärgern«  –      kleinteilig zerstörter Scheine ist sie häufig   »geschreddert« wurden – oder wenn die          tiert. Mithilfe dieser assistenzbasierten      am IPK entwickelte Software zur virtuellen Rekonstruktion an die speziellen
     kurz vor ihrem Tod ihr Barvermögen in Höhe         gar nicht oder nur mit unverhältnismäßig        Anzahl der Puzzle-Teile eine kritische Grö-    Rekonstruktionssoftware konnten die IPK-       Belange für Banknoten angepasst und erweitert. Anschließend wurde der
     von rund 950.000 Euro fein säuberlich              hohem Aufwand möglich. Das liegt unter          ßenordnung überschreitet.                      Experten die Deutsche Bundesbank sehr          komplette Darmstädter Fall dem IPK zur virtuellen Rekonstruktion übergeben.
     zerschnitten.                                      anderem daran, dass für die Rekonstruk-                                                        erfolgreich bei der Lösung des »Darmstädter
                                                        tion fast ausschließlich sich wiederholende     ►Die
                                                                                                         ►   Lösung:                                   Falls« unterstützen: In der zur Verfügung      FUTUR: Welche Potenziale sehen Sie für andere Anwendungen?
     Nationalbanken sind in bestimmten Fällen           und sich gleichende Muster und Merkmale            »ePuzzler«-Technologie                      gestellten, etwa 7.200 Teile umfassenden       Elm: Auch wenn aufgrund der vielen fehlenden Teile nur ein geringer Teil
     verpflichtet, den Gegenwert beschädigter           zur Verfügung stehen, die zudem teilweise       Im Herbst 2015 hat die Deutsche Bundes-        Menge von teilweise nur fingernagelgroßen      der Banknoten so rekonstruiert werden konnte, dass eine Erstattung möglich
     Währungsmittel zu erstatten. Generell gilt:        erst nach Vergrößerung durch ein Mikros-        bank deshalb das Fraunhofer IPK beauf-         50- und 500-Euro-Banknoten-Fragmenten          erscheint, lässt sich dennoch ein positives Fazit ziehen. Das Ergebnis der vir-
     Können Besitzer oder Finder mehr als die           kop eindeutig sichtbar werden. Wird bei-        tragt, im Rahmen einer Vorstudie die prin-     konnten rund 1.230 Teilrekonstruktionen,       tuellen Rekonstruktion ist im Hinblick auf die Qualität und auf die Leistungs-
     Hälfte einer Banknote vorlegen oder nach-          spielsweise ein aus                                                zipielle Machbarkeit        bestehend aus zwei bis 17 Fragmenten, wie-     fähigkeit des Systems äußerst beeindruckend und besitzt somit Potenzial
     weisen, dass die fehlende Hälfte endgültig         mehreren Scheinen                                                                              derhergestellt werden. Außerdem konnte         auch auf andere, ähnlich gelagerte Fälle von beschädigten Banknoten, z. B.
     vernichtet ist, wird in der Regel Ersatz geleis-   bestehender Stapel                                                                             mit Hilfe der Software ermittelt werden,       versehentlich geschredderte Banknoten, übertragen zu werden. Weitere Vor-
     tet. Doch vor jeder Erstattung müssen die          von 50-Euro-Bank-                                                                              dass die Menge der Puzzle-Teile sehr unvoll-   teile bestehen in der Auswertung und Dokumentation der Vorgänge, die das
     vorgelegten Geldscheinfragmente von Bank-          noten in einem                                                                                 ständig und damit aufgrund vieler fehlender    System mitliefert.
     mitarbeitern per Hand zusammengesetzt              Stück zerschnit-                                                                               Verbindungsstücke sehr wahrscheinlich
     werden. Dies dient zum einen der zweifels-         ten, gleichen                                                                                  nicht weiter rekonstruierbar ist. Das Rekon-
     freien Überprüfung der Echtheit des Geldes         sich die für die                                                                               struktionsassistenzsystem soll nun weiter-
     und zum anderen der exakten Ermittlung                                                                                                            entwickelt und speziell für die Verarbeitung                                          Ihr Ansprechpartner
     des jeweils zu erstattenden Betrags.                                                                                                              weiterer Währungen und Wertdokumente                                                  Dr.-Ing. Bertram Nickolay
                                                                                                                                                       adaptiert und optimiert werden.                                                       Telefon: +49 30 39006-201
                                                                                                                                                                                                                                             bertram.nickolay@ipk.fraunhofer.de
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