STEUERN+RECHT - PWC BLOGS

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                     steuern+recht

                     Januar – März 2017

                     Lizenzschranke geplant                       US-Steuerreform
                     Neue Regeln sollen Ausweichen auf Niedrig-   Handlungsbedarf für deutsche Unternehmen
                     steuerländer verhindern
                                                                  Förderung von Elektromobilität
                     Rückwirkende Korrektur von                   Auswirkungen auf die Lohnsteuer
                     ­Rechnungen
                     Welche Mindestanforderungen erfüllt sein
                     müssen

                     Erneuerbare Energien
                     Frankreich präsentiert Maßnahmenpaket

Januar – März 2017                                                                              steuern+recht   1
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Inhalt

                                                               Seite 6

                                   Steuergestaltungen
                                  ­internationaler Konzerne:
                                   Lizenzschranke geplant

   Steuern aktuell ..................................... 4 Länderreport ........................................ 43

   Lohnsteuer ........................................... 25 Die Serie ............................................... 45

   Arbeitsrecht .......................................... 29 Ticker ................................................... 46

   Recht aktuell ........................................ 36 Impressum ............................................ 47

   Zoll ....................................................... 38

      Steuern A bis Z
      Rückwirkende Korrektur von Rechnungen .................... 11                    Geplante US-Steuerreform – Handlungsbedarf für
                                                                                       deutsche Unternehmen ................................................. 23
      Ort der Lieferung bei Versendung über
      Konsignationslager ........................................................ 15   Alles zum Thema Abschlussprüfungsreform – kompakt,
                                                                                       übersichtlich und informativ ......................................... 24
      Zur Besteuerung von juristischen Personen des
      öffentlichen Rechts ....................................................... 17

      Frankreich passt Förderung erneuerbarer Energien

                                                                                                                          ab Seite 11
      europäischen Vorgaben an ............................................ 20

2 steuern+recht                                                                                                                                   Januar – März 2017
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Editorial

„Lizenzboxregelungen im Visier“
Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl ist ein neues Prestige-   Um ein wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs
objekt ins Visier der Beamten gerückt, die sich um das Wohl      und seine Auswirkungen geht es im Beitrag „Rückwirkende
der Staatskasse sorgen: die Lizenzeinnahmen aus gewerbli-        Korrektur von Rechnungen“ von Martin Diemer und Franz
chen Schutzrechten – im Prinzip ein alltägliches, aber überaus   Kirch. Der EuGH erließ Ende letzten Jahres zwei Urteile, die
lukratives Geschäft. Nunmehr soll die steuerliche Abzugsmög-     sich mit der Korrektur unvollständiger Rechnungen und der
lichkeit für Lizenzaufwendungen des Unternehmens in              Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen Rechnungen
Deutschland eingeschränkt werden, wenn damit im Empfän-          überhaupt zu korrigieren sind. Kurze Zeit später schloss sich
gerland Lizenzeinnahmen entstehen, die aufgrund eines als        der Bundesfinanzhof den Luxemburger Kollegen an. Warum
schädlich eingestuften Präferenzregimes nicht oder nur nied-     diese Entscheidungen die Umsatzsteuerpraxis bis auf Weiteres
rig (unter 25 Prozent) besteuert werden. Denn genau das          beschäftigen werden, erfahren Sie auf den Seiten 11 bis 14.
­bereitet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Sorgen.
 „Die Bundesregierung schiebt der Gewinnverlagerung über         Eine anregende Lektüre aller Beiträge dieser Ausgabe und
 Patentboxen zur reinen Steuergestaltung einen Riegel vor“,      einen schönen Frühling wünscht Ihnen
 verkündete er, kurz nachdem das Bundeskabinett den Ent-
 wurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im
 Zusammenhang mit Überlassung von Rechten beschlossen
 hatte. Um welche neuen Spielregeln es sich handelt und wann
 sie anzuwenden sein sollen, erfahren Sie in unserem Titel­      Marius Möller
 beitrag „Steuergestaltungen internationaler Konzerne:
 ­Lizenzschranke geplant“ auf den Seiten 6 bis 10.

Während die geplante Lizenzschranke noch in den Gremien
von Bundestag und Bundesrat beraten wird, hat ein anderes
Regelwerk die parlamentarische Hürde bereits im letzten Jahr
genommen. Die Rede ist vom Gesetz zur steuerlichen Förde-
rung der Elektromobilität im Straßenverkehr. Es trat am
17. November 2016 in Kraft und führt weitere Steuererleichte-
rungen für den Bereich E-Mobility ein. Welche Vergünstigun-
gen lohnsteuerrechtlich relevant sind, hat unser Experte Man-
fred Karges auf den Seiten 26 bis 28 für Sie zusammengefasst.

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Steuern aktuell

   Kampf gegen Geldwäsche                      schen Analyse liegen. Zudem soll sie     Mit dem nun vom Bundesfinanzministe-
   und die Finanzierung von                    erstmals eine Filterfunktion erfüllen.   rium vorgelegten Entwurf soll die
                                               Um die Strafverfolgungsbehörden zu       ­GAufzV an die gesetzlichen Änderungen
   Terrorismus: neue Regeln                    entlasten, werden nur noch „werthalti-    in Bezug auf die Gliederung der Verrech-
                                               ge“ Verdachtsmeldungen an die Straf-      nungspreisdokumentation angepasst
                                               verfolgungsbehörden weitergeleitet.       werden in eine landesspezifische, unter-
                                                                                         nehmensbezogene Dokumentation
                                                                                         (Local File) und eine Stammdokumenta-
                                                                                         tion (Master File). Weitere Inhalte dieser
                                               Rahmen für Bußgelder                      Verordnung sind insbesondere redaktio-
                                               deutlich angehoben                        nelle Anpassungen und Klarstellungen.

                                               Damit die rechtlichen Vorgaben zur
                                               Verhinderung von Geldwäsche auch         Einprozentregelung:
                                               eingehalten werden, wird der Bußgeld­
                                               rahmen für schwerwiegende, wieder­       Nutzung eines
   Die Bundesregierung hat am 22. Februar      holte und systematische Verstöße deut-   ausländischen Kfz
   2017 den Entwurf eines Gesetzes zur         lich angehoben. Zudem veröffentlichen
   Umsetzung der Vierten Geldwäsche-           die Aufsichtsbehörden künftig unan-      Existiert für das betrieblich genutzte Kfz
   richtlinie der Europäischen Union (EU),     fechtbar gewordene Bußgeldentschei-      kein inländischer Bruttolistenpreis und
   zur Ausführung der EU-Geldtransfer­         dungen auf ihrer Internetseite.          ist das Fahrzeug auch nicht mit einem
   verordnung und zur Neuorganisation                                                   Modell bau- oder typengleich, für das
   der Zentralstelle für Finanztransaktions­                                            ein inländischer Bruttolistenpreis exis-
   untersuchungen beschlossen. Damit                                                    tiert, muss der inländische Bruttolisten-
   sollen in erster Linie Maßnahmen zur
                                               Gewinnabgrenzung:                        preis geschätzt werden.
   Prävention von Geldwäsche und der           Diskussionsentwurf
   Finanzierung von Terrorismus aktuali-       veröffentlicht                           Im Rahmen einer solchen Schätzung
   siert und gestärkt werden.                                                           gibt bei einem ausländischen Kfz, das
                                               Durch das Gesetz zur Umsetzung der       nach Deutschland importiert wurde, der
                                               Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie    Kaufpreis des Importeurs die Bemes-
                                               und von weiteren Maßnahmen gegen         sungsgrundlage für den individuellen
   Zentralstelle wird                          Gewinnkürzungen und -verlagerungen       Vorteil der privaten Kfz-Nutzung reali-
   umstrukturiert und erhält
   mehr Personal
                                               Kaufpreis des Importeurs als Bemes-
                                               sungsgrundlage
   Bislang war die Zentralstelle für Finanz­
   transaktionsuntersuchungen (FIU)
   ­unter dem Namen „Zentralstelle für
    Verdachtsmeldungen“ beim Bundes­
    kriminalamt im Geschäftsbereich des        vom 20. Dezember 2016 sind die gesetz-   tätsnah wieder, so das Niedersächsische
    Bundesinnenministeriums angesiedelt.       lichen Regelungen zu den Aufzeich-       Finanzgericht (FG). Im Streitfall war das
    Nun wird sie in die Generalzolldirektion   nungspflichten des § 90 Absatz 3 der     betreffende Fahrzeug (ein Ford Mustang
    überführt, also in den Geschäftsbereich    Abgabenordnung modifiziert worden.       Shelby GT 500 Coupé) aus den USA
    des Bundesfinanzministeriums. Zu-          Dementsprechend ist auch eine Anpas-     importiert worden.
    gleich werden ihre Aufgaben und Kom-       sung der Gewinnabgrenzungsauf­
    petenzen unter Berücksichtigung der        zeichnungsverordnung (GAufzV) vom        Der inländische Bruttolistenpreis ist zu
    Vorgaben der Vierten EU-Geldwäsche-        13. November 2003 erforderlich.          schätzen, wenn ein solcher für das je-
    richtlinie neu geregelt. Ein Schwerpunkt                                            weilige Fahrzeugmodell nicht existiert.
    wird auf der operativen und strategi-                                               Nach Auffassung des FG bestand hier

4 steuern+recht                                                                                                     Januar – März 2017
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eine Schätzungsbefugnis des Finanz-        Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein        Aufwendungen für ein häusliches Ar-
 amts, da eine Ableitung und Ermittlung     häusliches Arbeitszimmer gemeinsam,        beitszimmer ist danach jedem Steuer-
 des inländischen Bruttolistenpreises       kann jeder Nutzende die Aufwendungen       pflichtigen zu gewähren, dem für seine
 durch Währungsumrechnung der aus-          für das häusliche Arbeitszimmer, die er    betriebliche oder berufliche Tätigkeit
 ländischen Händlerpreisempfehlung          getragen hat, einkünftemindernd gel-       kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung
 nicht dem Sinn und Zweck der Ein­-         tend machen. Die daran geknüpfte Be-       steht, wenn er in dem Arbeitszimmer
 prozentregelung und des inländischen       dingung: Die Voraussetzungen des § 4       über einen Arbeitsplatz verfügt und die
­Bruttolistenpreises als Bemessungs-        Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 2 Ein-      geltend gemachten Aufwendungen
 grund­lage entspricht. Dadurch soll näm-   kommensteuergesetz liegen in seiner        ­getragen hat. Der BFH hat zudem klar-
lich der Vorteil der Nutzungsüberlas-       Person vor. Der Bundesfinanzhof (BFH)       gestellt: Die Kosten sind bei Ehegatten
sung eines betriebsbereiten Kfz bewertet    hat damit seine Rechtsprechung in zwei      jedem Ehepartner grundsätzlich zur
werden. Es sollen dadurch nicht die         Streitfällen zugunsten der Steuerpflich-    Hälfte zuzuordnen, wenn sie bei hälfti-
tatsächlichen Neuanschaffungskosten         tigen geändert.                             gem Miteigentum ein häusliches Ar-
oder der gegenwärtige Wert des Kfz

                                            Änderung der Rechtsprechung
abgebildet werden, sondern das, was
durch die Nutzungsüberlassung erspart

                                            zugunsten der Steuerpflichtigen
wird. Dazu zählen auch die laufenden
Kosten, die in den tatsächlichen An-
schaffungskosten nicht enthalten sind.
Damit ist der Bruttolistenpreis eine ge-
neralisierende Bemessungsgrundlage,         Bislang sind die obersten Finanzrichter    beitszimmer gemeinsam nutzen. Nicht
die aus typisierten Neuanschaffungskos-     von einem objektbezogenen Abzug der        geprüft hatte die Vorinstanz, ob der
ten den Nutzungsvorteil insgesamt zu        Aufwendungen für ein häusliches Ar-        Klägerin in dem Arbeitszimmer ein eige-
gewinnen sucht. Dies berücksichtigend       beitszimmer ausgegangen. Das bedeu­        ner Arbeitsplatz in dem für ihre beruf­
ist das FG zu dem Ergebnis gekommen,        tete: Die abziehbaren Aufwendungen         liche Tätigkeit konkret erforderlichen
dass bei einem nach Deutschland impor-      waren, unabhängig von der Zahl der         Umfang zur Verfügung stand. Der BFH
tierten Kfz der Kaufpreis des Importeurs    nutzenden Personen, auf 1.250 Euro         hat die Sache deshalb an das FG zurück-
einen zu schätzenden inländischen           begrenzt. Nun kann der Höchstbetrag        verwiesen.
Bruttolistenpreis realitätsnah wieder-      von jedem Steuerpflichtigen in voller
 gibt. Gewinnmargen weiterer Auto­händ­     Höhe in Anspruch genommen werden,          Im zweiten Fall (VI R 86/13) betonte
 ler sind demnach bei der Schätzung         der das Arbeitszimmer nutzt, sofern in     der BFH darüber hinaus: Für den Abzug
 nicht einzubeziehen.                       seiner Person die gesetzlichen Voraus-     der Aufwendungen für ein häusliches
                                            setzungen erfüllt sind.                    Arbeitszimmer muss feststehen, dass
                                                                                       dort tatsächlich eine berufliche oder
Häusliches Arbeitszimmer:                   Im ersten entschiedenen Fall (VI R         betriebliche Tätigkeit entfaltet wird.
                                            53/12) nutzten die Kläger gemeinsam        Außerdem müsse der Umfang dieser
Nutzung durch mehrere                       ein häusliches Arbeitszimmer in einem      Tätigkeit glaubhaft erscheinen lassen,
Steuerpflichtige                            Einfamilienhaus, das ihnen jeweils zur     dass der Steuerpflichtige hierfür ein
                                            Hälfte gehörte. Finanzamt und Finanz-      häusliches Arbeitszimmer vorhalte. Das
                                            gericht (FG) erkannten die Aufwendun-      hatte das FG nicht aufgeklärt. Der BFH
                                            gen für das häusliche Arbeitszimmer        musste die Vorentscheidung daher auch
                                            von jährlich rund 2.800 Euro dabei nur     in diesem Verfahren aufheben und die
                                            in Höhe von 1.250 Euro an und ordneten     Sache an das FG zurückverweisen.
                                            diesen Betrag den Klägern je zur Hälfte
                                            zu.

                                            Der BFH hat diese Vorentscheidung
                                            aufgehoben. Der auf den Höchstbetrag
                                            von 1.250 Euro begrenzte Abzug der

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Leitartikel

   Verzahnt. Ein neuer Paragraf im Ein-
   kom­mensteuergesetz soll die steuer­
   liche Behandlung von Lizenzeinnahmen
   neu justieren.

      Steuergestaltungen
      internationaler Konzerne:
      Lizenzschranke geplant

                                          Die Bundesregierung hat am 25. Januar 2017 den Entwurf eines
                                          Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit
                                          der Überlassung von Rechten beschlossen. Damit soll verhindert
                                          werden, dass multinationale Unternehmen Gewinne durch Lizenz-
                                          zahlungen in Staaten mit besonderen Präferenzregelungen (soge-
                                          nannten Lizenz-, Patent- oder IP-Boxen) verschieben, die nicht den
                                          Anforderungen des Projekts entsprechen, das die OECD und die
                                          G20 beschlossen haben, um gegen Gewinnkürzung und Gewinn-
                                          verlagerung vorzugehen. Um die Beschränkung des Abzugs umzu-
                                          setzen, wird ein neuer Paragraf 4j Einkommensteuergesetz einge-
                                          führt, der erstmals für Aufwendungen angewendet werden soll, die
                                          nach dem 31. Dezember 2017 entstehen.

6 steuern+recht                                                                                   Januar – März 2017
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dürfen seit dem 1. Juli 2016 keine neuen geistigen Eigentums-
                                                                 werte oder Steuerpflichtige mehr aufgenommen werden. Auf
                                                                 Bestandsfälle dürfen derartige Präferenzregelungen aber
                                                                 maximal bis zum 30. Juni 2021 weiter angewendet werden.

                                                                 Einführung einer Abzugsbeschränkung als
                                                                 Abwehrmaßnahme
                                                                 Da nicht auszuschließen ist, dass es auch künftig Präferenzre-
                                                                 gelungen geben wird, die nicht dem Nexus-Ansatz entspre-
                                                                 chen, und eine Vielzahl der deutschen Doppelbesteuerungsab-
                                                                 kommen einen Nullsteuersatz auf Lizenzzahlungen vorsieht,
                                                                 ist es weiterhin möglich, dass Unternehmen Gewinne durch
                                                                 Lizenzzahlungen in entsprechende Staaten verlagern. Um das
                                                                 zu vermeiden, will die Bundesregierung mit dem vorliegenden
                                                                 Gesetzentwurf einen neu gefassten § 4j Einkommensteuerge-
                                                                 setz (EStG) einführen. „Wir dulden nicht mehr, dass internati-
                                                                 onale Konzerne ihre Lizenzeinnahmen in Niedrigsteuerländer
                                                                 verschieben, ohne dass es dort einen Forschungsbezug gibt“,
                                                                 begründete Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble den
                                                                 Kabinettsbeschluss. Entsprechende Abwehrmaßnahmen hatte
                                                                 jüngst auch der Bundesrat in einer Entschließung gefordert
Im Abschlussbericht zu Aktionspunkt 5 des Projekts gegen         und zumindest ein beschlussfähiges Ergebnis noch für die
Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and            laufende Legislaturperiode angemahnt.
Profit Shifting, BEPS) haben sich die beteiligten Staaten auf
Rahmenbedingungen für Regelungen verständigt, mit denen          Nach § 4j EStG sind Aufwendungen für Rechteüberlassungen
sie für bestimmte Einnahmen, die aus qualifiziertem geisti-      durch eine nahestehende Person im Sinn des § 1 Absatz 2
gem Eigentum resultieren, eine steuerliche Vorzugsbehand-        Außensteuergesetz nicht oder nur zum Teil abziehbar, wenn
lung (Lizenz-, Patent- oder IP-Boxen) vorsehen dürfen. Der       die Zahlung beim Empfänger niedrig besteuert wird (Ertrag-
sogenannte Nexus-Ansatz prüft, ob eine derartige Präferenz-      steuerbelastung unter 25 Prozent) und eine niedrige Besteue-
regelung die gewährten Steuervergünstigungen vom Umfang          rung nicht bereits auf der Regelbesteuerung in dem betreffen-
der Tätigkeiten der begünstigten Steuerpflichtigen im Bereich    den Staat, sondern auf einer besonderen Präferenzregelung
Forschung und Entwicklung (FuE) abhängig macht. Er baut          (etwa der „Lizenzbox“) beruht. Um Ausweichmanöver zu
auf dem Grundprinzip auf, auf dem Steuergutschriften für         verhindern, ist die Regelung dabei auch auf Fälle mit Zwi-
FuE und ähnliche ausgabenorientierte Steuerregelungen            schenschaltung weiterer nahestehender Personen anzuwen-
­beruhen. In diesen ausgabenorientierten Regelungen sind         den. Ferner sind auch Betriebsstätten potenzielle Schuldner
 Ausgaben und Steuervergünstigungen direkt miteinander           oder Gläubiger im Sinn der Vorschrift. Sofern die Tatbestands-
 verknüpft, weil die Ausgaben zur Berechnung der Steuerver-      voraussetzungen der Regelung erfüllt sind, werden die Auf-
 günstigung herangezogen werden.                                 wendungen nur mit dem Anteil zum Abzug zugelassen, der
                                                                 dem Verhältnis von Ertragssteuerbelastung beim Gläubiger
Der Nexus-Ansatz dehnt diesen Grundsatz auf Steuerregelun-       der Zahlung zu einer 25-prozentigen Steuerbelastung ent-
gen aus, die sich auf Einnahmen beziehen, die nach der Schaf-    spricht. Das bedeutet: Je höher die steuerliche Belastung beim
fung und Nutzung geistigen Eigentums erzielt wurden. Kurz        Gläubiger ist, desto höher ist auch der abziehbare Anteil beim
gesagt werden hierbei die Ausgaben für eigene und bei frem-      Schuldner.
den Dritten in Auftrag gegebene FuE-Tätigkeiten unter Bezug
auf den geistigen Eigentumswert ins Verhältnis zu den Ge-
samtausgaben für dessen Entwicklung gesetzt, die zusätzlich        Im Februar 2017 hat die Bundesregierung im Rahmen
Anschaffungskosten für geistiges Eigentum und Aufwendun-           parlamentarischer Fragen erläutert, in welchen Ländern
gen für die Auftragsforschung durch Nahestehende umfassen.         der Europäischen Union – nach ihrem Kenntnisstand –
Zu dem Anteil, der sich aus dieser Anrechnung ergibt, sind die     derzeit entsprechende begünstigende Steuerregimes für
Gesamteinkünfte aus dem geistigen Eigentumswert begünsti-          sogenannte Lizenzboxen existieren und wie oder in
gungsfähig. Übersteigen die durch eine Präferenzregelung           ­welchem Umfang in den betreffenden Ländern dagegen
begünstigten Einkünfte diesen Betrag nicht, erfüllt die Rege-       vorgegangen wird.
lung das Erfordernis der wesentlichen Geschäftstätigkeit. Im
Präferenzregime, das nicht dem Nexus-Ansatz entspricht,

Januar – März 2017                                                                                                steuern+recht   7
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Überwachung der Umstellung in den einzelnen Staaten auf
      Dazu der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Michael         den Nexus-Ansatz erfolgt bisher durch die EU beziehungs­
      Meister wörtlich: „Die folgenden europäischen Mitglied-      weise OECD. Dabei erfolgt jedoch nur eine staatenweise
      staaten haben eine sogenannte Lizenzbox: Belgien,            ­Typenprüfung. Die Erfüllung der Nexus-Voraussetzungen und
      Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg,       deren Umfang im Einzelfall bleiben jedoch offen. Nach
      Malta, Niederlande, Portugal, Spanien, Ungarn, Zypern.        ­A nsicht der Länderkammer besteht deshalb Klärungsbedarf,
                                                                     welche nationalen Prüfungsmaßnahmen notwendig sind und
      Österreich hat zum 1. März 2014 in § 12 Ziffer 10 öKStG        wie deren praktischer Vollzug gewährleistet werden kann.
      [österreichisches Körperschaftsteuerrecht, die Redak­
      tion] ein Abzugsverbot für Zins- und Lizenzzahlungen         Klarstellung beim Gläubiger (§ 4j Absatz 1 EStG und
      eingeführt.                                                  § 4j Absatz 2 Satz 3 EStG)
                                                                   Der Gläubiger im Sinn des § 4j EStG kann auch eine im Aus-
      Die österreichische Regelung sieht ein vollständiges         land transparent besteuerte Personengesellschaft oder eine
      Abzugsverbot vor, wenn die Vergütungen beim Empfän-          zum Beispiel nach dem Check-the-box-Verfahren transparent
      ger nicht mindestens einer Körperschaftsteuer von 10         besteuerte Kapitalgesellschaft sein. Die vom Bundesrat nun-
      Prozent unterliegen. Sofern eine Besteuerung mit min-        mehr vorgeschlagenen Änderungen, unter anderem die
      destens 10 Prozent erfolgt, wird der Betriebsaus­            ­Wörter „beim Gläubiger“ durch die Wörter „des Gläubigers“
      gabenabzug in voller Höhe zugelassen.“                        zu ersetzen, dienen der Klarstellung. In Fällen, in denen der
                                                                    Gläubiger eine rechtsfähige, aber nach dem Steuerrecht
      Fundstelle                                                    ihres Sitzstaats transparent besteuerte Einheit ist, soll so die
      Deutscher Bundestag, 17. Februar 2017                         ­A nwendbarkeit der Vorschrift sichergestellt werden.
      (Drucksache 18/11220)
                                                                   Verweis auf BEPS-Report der OECD angeregt
                                                                   Der Bundesrat bittet überdies, im weiteren Gesetzgebungs­
   Zu keiner Abzugsbeschränkung soll es aber kommen, wenn          verfahren zu prüfen, ob in § 4j Absatz 1 EStG die Sätze 4 bis 6
   die niedrige Besteuerung der Einnahmen beim Gläubiger aus       durch einen Verweis auf den OECD-Bericht zum BEPS-Aktions­
   einer Präferenzregelung resultiert, die auf Rechte beschränkt   punkt 5 ersetzt werden können. Begründung der a    ­ ngeregten
   ist, denen eine substanzielle Geschäftstätigkeit zugrunde       Änderung: § 4j Absatz 1 Satz 4 soll regeln, dass die Lizenz-
   liegt. Diese soll nach dem Entwurf nur dann gegeben sein,       schranke nicht gilt, wenn die ausländische Präferenz­regelung
   wenn der Gläubiger das Recht überwiegend im Rahmen seiner       dem Nexus-Ansatz der OECD entspricht. Die beiden folgenden
   eigenen Geschäftstätigkeit entwickelt hat. Soweit die Präfe-    Sätze versuchen, den Nexus-Ansatz eigenständig zu definie-
   renzregelung Einnahmen aus der Überlassung von Marken-          ren. Dies birgt nach Ansicht der Ländervertreter die Gefahr,
   rechten begünstigt, greift die Ausnahme nicht. Ebenfalls vor-   dass die Definition durch Verwaltung und Rechtsprechung
   gesehen ist eine Ausnahme für solche Maßnahmen, die an          abweichend von der OECD-Auslegung allein nach dem natio-
   eine ausländische Zwischengesellschaft im Sinn der §§ 7 ff.     nalen Wortlaut interpretiert wird.
   Außensteuergesetz (AStG) geleistet werden und nach § 10
   AStG zu einer Hinzurechnungsbesteuerung führen. Dadurch         Belastung bei mehreren Gläubigern
   soll eine doppelte Belastung sowohl durch die Versagung des     4j Einkommensteuergesetz sieht vor, dass Aufwendungen für
   Betriebsausgabenabzugs für die Rechteüberlassung als auch       Rechteüberlassungen durch eine nahestehende Person im
   durch eine Hinzurechnung der Einkünfte der Zwischengesell-      Sinn des § 1 Absatz 2 AStG nicht oder nur zum Teil abziehbar
   schaft aus dem überlassenen Recht vermieden werden.             sind, wenn die Zahlung beim Empfänger niedrig besteuert
                                                                   wird (Ertragsteuerbelastung < 25 Prozent) und eine niedrige
                                                                   Besteuerung nicht bereits auf der Regelbesteuerung in dem
                                                                   betreffenden Staat, sondern auf einer besonderen Präferenz-
   Erste Reaktionen: Bundesrat bezieht                             regelung (zum Beispiel „Lizenzbox“) beruht. Nach der Stel-
   Stellung                                                        lungnahme des Bundesrats ist bei mehreren Gläubigern dabei
                                                                   die niedrigste Belastung maßgeblich. Die Ergänzung diene der
   In seiner Sitzung am 10. März 2017 hat der Bundesrat zum        Klarstellung, auf welche Belastung bei mehreren Gläubigern
   Gesetzentwurf erstmals Stellung genommen. Nur wenige            abzustellen sei.
   Tage später hat die Bundesregierung auf die Stellungnahme
   der Länderkammer reagiert und ihre Gegenäußerung im Ka-         Steuerbegünstigung für Deutschkurse
   binett beschlossen.                                             Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu
                                                                   prüfen, inwieweit eine Steuerbegünstigung für Deutschkurse,
   Nachfolgende Vorschläge der Länderkammer wird                   die Arbeitgeber zur beruflichen Integration bei ihnen beschäf-
   die Bundesregierung danach prüfen:                              tigter Flüchtlinge anbieten, in das Einkommensteuergesetz
                                                                   aufgenommen werden kann.
   Nachweis gewährleistet
   Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu     Neu: Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen
   prüfen, ob die erforderlichen Nachweise für die Inanspruch-     vorgesehen
   nahme der Rückausnahme von der Abzugsbeschränkung und           Neu ins Gesetz aufgenommen werden soll eine Regelung zur
   zur Erfüllung des Nexus-Ansatzes bereits im Rahmen heutiger     Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen. Betriebsver-
   Dokumentationspflichten eingefordert werden können und ob       mögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schul-
   es dazu ergänzender Regelungen bedarf. Begründung: Die          denerlass zum Zweck einer unternehmensbezogenen Sanie-

8 steuern+recht                                                                                                       Januar – März 2017
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rung sind auf Antrag steuerfrei, wenn das Unternehmen
sanierungsbedürftig und sanierungsfähig ist, der Schulden­
                                                               Plans to restrict the deduction of royalty
erlass als Sanierungsmaßnahme geeignet ist und aus betrieb­    expenses to combat tax planning by
lichen Gründen und in Sanierungsabsicht der Gläubiger          international groups.
­erfolgt. Das gilt auf Antrag und unter den gleichen Voraus­
 setzungen auch für die Gewerbesteuer.                         On January 25, 2017 the federal government ap­
                                                               proved a draft of the Act to Combat Harmful Tax
Die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3a (neu)        Practices in connection with the Licensing of Rights.
EStG hat dabei zur Folge, dass                                 The intention is to prevent multinational businesses
• zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums           from transferring their royalty income to countries,
  festgestellte Verlustvorträge zu Beginn des Veranlagungs-    which offer such income preferential treatment. Such
  zeitraums der Entstehung des Sanierungsgewinns entfallen     preferential tax regimes (so-called Licence Boxes,
  und                                                          Patent Boxes or IP-Boxes) are considered not to meet
• im Sanierungsjahr entstehende negative Einkünfte nicht       the demands of the OECD and G20 BEPS Project. A
  mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen und nicht ­    new provision is to be introduced to the Income Tax
  in anderen Veranlagungszeiträumen abgezogen werden           Act (ITA) for this purpose; the new provision should
  können.                                                      be applied to expenses arising after December 31,
                                                               2017.
Ergänzend hierzu wird geregelt: Betriebsvermögensminde-
rungen oder Betriebsausgaben, die mit einem steuerfreien       In Action 5 of the Final Report of the BEPS Project, the
Sanierungsgewinn in unmittelbarem wirtschaftlichem Zu-         participating countries agreed upon a framework for
sammenhang stehen, dürfen unabhängig davon, in welchem         measures, ­according to which the states might provide for a
Veran­lagungszeitraum der Sanierungsgewinn entsteht, nicht     preferential tax treatment (Licence Boxes, Patent Boxes or
abgezogen werden.                                              IP-Boxes) to certain income resulting from qualifying
                                                               intellectual property (IP). The “nexus” approach examines,
Begründung für diese ins Gesetz neu aufgenommene Rege-         whether such a preferential treatment is dependent upon the
lung: Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Län-      amount of research and development (R&D) activities of the
der haben die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nach          taxpayer benefitting from the scheme. It is based on general
Streichung des § 3 Nummer 66 als in einem Zielkonflikt mit     principles, which apply to tax benefits for R&D and similar
der Insolvenzordnung stehend bewertet. Dementsprechend         expense-orientated tax rules. Under these expense-orientated
wurden bislang auf der Grundlage des BMF-Schreibens vom        tax rules, expenses and tax benefits are directly related to one
27. März 2003 sachliche Billigkeitsmaßnahmen gewährt. Mit      another, because the expenses will be applied to the
dem Beschluss des Großen Senats vom 28. November 2016          calculation of the tax benefit.
sieht der Bundesfinanzhof in der durch das BMF-Schreiben
eingeführten Verwaltungspraxis einen Verstoß gegen den         The nexus approach extends this general principle to tax
Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Die vom          provisions, which apply to income realised after the creation
Bundesrat vorgeschlagene gesetzliche Normierung soll diesen    and utilisation of IP. With regard to the value of the IP, the
Mangel beheben und Rechtssicherheit für die Unternehmen        ratio of the taxpayer’s own costs (i.e. the expenses incurred
bei Sanierungsvorhaben herstellen.                             through the taxpayer’s own R&D activities and R&D activities
                                                               performed by a third party on behalf of the taxpayer) are put
Lesen Sie hierzu auch den Blogbeitrag „Bundes­                 into proportion to the overall costs of development, which
finanzhof kassiert den Sanierungserlass – der                  include additional acquisition costs for IP and expenses for
Gesetzgeber muss jetzt handeln!“                               contract research by related parties. The total income arising
                                                               from the value of the IP is deductible in this proportion. To the
   http://blogs.pwc.de/steuern-und-recht/2017/02/10/           extent that the income deemed to benefit from the preferential
   bundesfinanzhof-kassiert-den-sanierungserlass-der-          regime does not exceed this amount, the regime meets the
   gesetzgeber-muss-jetzt-handeln/                             substantial activity requirement. With effect from July 1,
                                                               2016, no new IP or taxpayers may be admitted to preferential
Von der Bundesregierung abgelehnt: Anwendung des               regimes which do not apply the nexus approach. In existing
§ 4j und § 9 Absatz 5 Satz 2 EStG bereits für Aufwen-          cases, such (non-compliant) preferential regimes may
dungen, die nach dem 31. Dezember 2016 entstehen,              continue to apply until June 30, 2021 at the latest.
vorzusehen.
Den Ländervorschlag, wonach § 4j und § 9 Absatz 5 Satz 2       Introduction of a royalty expense capping as a
EStG bereits erstmals für Aufwendungen angewendet werden       defence measure
können, die nach dem 31. Dezember 2016 entstehen, lehnt die    As the existence of preferential regimes, which do not apply
Bundesregierung indes kategorisch ab. Die im Gesetzentwurf     the nexus approach, cannot be excluded in the future and as a
vorgesehene Anwendung der Regelungen auf Aufwendungen,         large number of German tax treaties apply a zero tax rate on
die den Steuerbilanzgewinn nach dem 31. Dezember 2017          royalty payments, it is still conceivable that businesses will
mindern, dient nach Ansicht der Bundesregierung insbeson-      shift their royalty income to the relevant countries. In order
dere der praktischen Umsetzbarkeit der Regelung.         GS    to avoid this, the government has introduced a new section
                                                               into the ITA with the new bill. “We will no longer tolerate
                                                               international groups shifting their royalty income to tax
                                                               havens, unless there is a connection to R&D there,” stated

Januar – März 2017                                                                                                steuern+recht   9
STEUERN+RECHT - PWC BLOGS
Wolfgang Schäuble, the Minister of Finance, in the cabinet          greater extent, developed the right within the parameters of
   resolution. The Bundesrat also recently demanded such               his own business activity. This exception does not apply where
   defence measures in a resolution and requested that, at the         the preferential regime benefits trade mark royalties.
   very least, a workable solution should be introduced in the
   current legislative period.                                         An exception to the general rule is also to be applied where
                                                                       the income arising from the royalty payments is treated and
   The new section in the ITA provides that expenses incurred          taxed as deemed income under CFC rules (Sec. 10 FTA). This
   for the licensing of rights by a related party (within the          exception is intended to avoid a double taxation which would
   meaning of Section 1 (2) of the Foreign Transactions Act            arise through a denial of the royalty expense with a parallel
   (FTA)) are non-deductible or only partially deductible, to the      taxation of the related royalty income under CFC rules.      EM
   extent that the payment – in the hands of the recipient – is
   subject to a low tax rate (income tax rate of < 25%) and the
   low tax rate is not a result of the standard tax rate in the
   country in question but rather arises from a special

                                                                       Hinzurechnungs-
   preferential regime (e.g. a Licence Box).

                                                                       besteuerung auf dem
   To stop any further avoidance, the provision also applies to
   situations under which further related parties are inserted in

                                                                       Prüfstand
   between. Furthermore branch undertakings are also
   considered to be payers and recipients within the meaning of
   the provision. Insofar as the conditions apply, only that
   proportion of the expenses will be deductible that corresponds      Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob die Hinzurech-
   to the ratio that the income tax rate borne by the recipient        nungsbesteuerung von Zwischeneinkünften mit
   bears to a tax rate of 25%. This means that the higher the tax      Kapitalanlagecharakter in Drittstaatensachverhal-
   burden on the recipient the greater the deductible proportion       ten mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
   by the payer.
                                                                       Der aktuelle Fall: Die Klägerin, eine im Inland ansässige
                                                                       GmbH, war zu 30 Prozent an einer schweizerischen Aktienge-
      In February 2017 the government responded to                     sellschaft (AG) beteiligt. Die AG hatte mit einer weiteren in-
      parliamentary questions regarding the names of EU                ländischen GmbH (Z-GmbH) einen Forderungskaufvertrag
      Member States which – according to its understanding             geschlossen. Die Z-GmbH war danach an Erlösen diverser
      –operate such a preferential tax regime for so-called            Sportvereine beteiligt und trat diese Forderungen an die AG
      Licence Boxes and the extent to which these countries            ab. In der Folge sah das Finanzamt in der AG eine sogenannte
      are introducing checks:                                          Zwischengesellschaft für Zwischeneinkünfte mit Kapitalanla-
                                                                       gecharakter und unterwarf diese im Streitjahr 2005 der Hin-
      The Parliamentary State Secretary Dr. Michael Meister            zurechnungsbesteuerung. Eine Vorgehensweise, die mit dem
      stated (verbatim):                                               deutschen S ­ teuerrecht im Einklang steht. Unter dem Blickwin-
                                                                       kel des Rechts der Europäischen Union (EU) – so der Bundes-
      “The following European Member States have a so-cal-             finanzhof (BFH) – kann sich jedoch eine andere Beurteilung
      led Licence Box: Belgium, France, Great Britain, Ireland,        ergeben. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte
      Italy, Luxembourg, Malta, the Netherlands, Portugal,             unlängst bei einer vergleichbaren britischen Regelung mit
      Spain, Hungary, Cyprus.                                          Urteil vom 12. September 2006 (C-196/04, Cadbury Schwep-
                                                                       pes) entschieden, dass der Steuerpflichtige unter bestimmten
      With effect from March 1, 2014 Austria introduced a              Voraussetzungen eine Hinzurechnungsbesteuerung abwen-
      restriction to the deduction of interest and royalty             den kann. Den deutschen Gesetzgeber hat dies dazu bewogen,
      payments in § 12 No. 10 of the Austrian Corporate                für Beteiligungen an ­Zwischengesellschaften aus Staaten der
      Income Tax Act. The Austrian rule provides for a                 EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ab dem
      complete disallowance of the expense, where the income           Jahr 2008 eine Entlastungsmöglichkeit durch einen Motivtest
      in the hands of the recipient is not subjected to a CIT rate     gesetzlich zu verankern. Für in Drittstaaten wie der Schweiz
      of at least 10 per cent. To the extent that there is taxation    ansässige Zwischengesellschaften gibt es jedoch keine ver-
      of at least at the rate of 10 per cent, a full deduction of      gleichbare Entlastungsmöglichkeit. Ob diese Benachteiligung
      the expenses is allowed.”                                        gegen EU-Recht verstößt, haben jetzt die Luxemburger Richter
                                                                       zu entscheiden.                                             MH
      Source
      Deutscher Bundestag – Drucksache (printed matter)
      18/11220 from February 17, 2017                                  Fundstelle
                                                                       BFH, Beschluss vom 12. Oktober 2016 (I R 80/14)

   However, there should be no restrictions to the deduction,
   where the low rate of taxation of the income in the creditor’s
   hands is the result of a preferential regime, which only applies
   to rights which underlie a substantial activity. According to
   the draft this will only be the case where the creditor has, to a

10 steuern+recht                                                                                                        Januar – März 2017
Steuern A bis Z

Rückwirkende Korrektur von Rechnungen
                                                                                Wirksame Korrektur. Ohne ordentli-
                                                                                che Rechnung ist keine rückwirkende
                                                                               ­Rechnungsberichtigung möglich.

                                     Der Europäische Gerichtshof hatte am 15. September 2016 zwei Urteile
                                     erlassen, die sich mit der Korrektur unvollständiger Rechnungen und
                                     mit der Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen Rechnungen
                                     überhaupt zu korrigieren sind. Noch im Jahr 2016 schloss sich der
                                     Bundesfinanzhof der Rechtsprechung des Gerichtshofs in einem eigenen
                                     Urteil an. Dabei geht er auf zahlreiche Fragen ein, die die Luxemburger
                                     Richter noch offengelassen hatten. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs
                                     ist wegweisend. Die Implikationen, die es zusammen mit den beiden
                                     Urteilen des Europäischen Gerichtshofs aufwirft, sind weitreichend
                                     und werden die Umsatzsteuerpraxis auf unabsehbare Zeit beschäfti-
                                     gen. Eine Bestandsaufnahme wagen unsere beiden Steuerexperten
                                     Franz Kirch und Martin Diemer.

                     In diesem Beitrag erfahren Sie …
                     • … weshalb nach dem Bundesfinanzhof eine Rechnungskorrektur
                       rückwirkend zu erfolgen hat.
                     • … welche Mindestanforderungen eine berichtigungsfähige
                       ­Rechnung danach erfüllen muss.
                     • … welche Fragen einstweilen offenbleiben.

                                     Sachverhalt

                                     Die Klägerin hatte den Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines Rechtsanwalts in
                                     Anspruch genommen, die nur auf einen nicht näher bezeichneten „Beratervertrag“
                                     Bezug nahmen und in denen „das vereinbarte Beraterhonorar“ abgerechnet wurde.
                                     Weitere Rechnungen hatte ihr eine Unternehmensberatung – ebenfalls ohne weitere
                                     Erläuterung – für „allgemeine wirtschaftliche Beratung“ und „zusätzliche betriebs-
                                     wirtschaftliche Beratung“ erteilt. Das Finanzamt versagte der Klägerin den Vorsteu-

Januar – März 2017                                                                                        steuern+recht   11
erabzug aus diesen Rechnungen, weil sie seiner Meinung nach keine ordnungsge-
                   mäße Leistungsbeschreibung enthielten. Dagegen erhob die Klägerin Klage und
                   legte während des Klageverfahrens berichtigte Rechnungen vor, in denen der Ge-
                   genstand der Leistung ordnungsgemäß bezeichnet war. Das Finanzgericht (FG)
                   wies die Klage ab. Nach dem Urteil des FG entfaltete die Berichtigung jedenfalls
                   dann keine Rückwirkung, wenn die berichtigten Rechnungen erst nach Ergehen der
                   Einspruchsentscheidung vorgelegt würden.

                   Das Urteil

                   Anders als das FG gab der Bundesfinanzhof (BFH) der Klage statt. Wird zunächst
                   eine Rechnung ausgestellt, die den Anforderungen der §§ 14, 14a Umsatzsteuerge-
                   setz (UStG) nicht entspricht, und wird diese Rechnung später nach § 31 Absatz 5
                   Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) berichtigt, kann das Recht auf
                   Vorsteuerabzug gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UStG aufgrund der berich-
                   tigten Rechnung für den Besteuerungszeitraum ausgeübt werden, in dem die Rech-
                   nung ursprünglich ausgestellt wurde.

                   Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in seinem Urteil in der Rechtssache Se-
                   natex entschieden, dass die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie einer nationalen Re-
                   gelung entgegenstehe, wonach der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf eine
                   zwingende Angabe keine Rückwirkung zukomme. Der Besitz einer ordnungsgemä-
                   ßen Rechnung ist dem EuGH zufolge danach formelle, aber nicht materielle Voraus-
                   setzung für das Recht auf Vorsteuerabzug. Das Grundprinzip der Mehrwertsteuer-
                   neutralität aber verlange, dass der Vorsteuerabzug gewährt werde, wenn die
                   materiellen Anforderungen erfüllt seien, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimm-
                   ten formellen Bedingungen nicht genügt habe. Im Ergebnis kann der Vorsteuerab-
                   zug – anstelle (wie bisher) im Jahr der Berichtigung einer fehlerhaften Rechnung
                   – nunmehr rückwirkend für das Jahr, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt
                   wurde, geltend gemacht werden.

                   Der BFH gibt nunmehr seine dieser Entscheidung entgegenstehende Rechtspre-
                   chung auf: § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UStG sei im Sinne des Urteils Senatex
                   richtlinienkonform auszulegen. Gleiches gelte für § 31 Absatz 5 UStDV. Eine Berich-
                   tigung nach dieser Vorschrift wirke daher auf den Zeitpunkt zurück, in dem die
                   Rechnung ursprünglich ausgestellt worden sei. Im Übrigen bleibe der Besitz der
                   Rechnung eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für den Vorsteuer­
                   abzug. Die unionsrechtliche Systematik unterscheide zwischen der Entstehung und
                   der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug. Danach sei der Besitz der Rechnung
                   materielle Anspruchsvoraussetzung für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuer­
                   abzug.

                   Nach Meinung des BFH ist ein Dokument jedenfalls dann, wenn es Angaben zum
                   Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum
                   Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält, als „Rechnung“
                   anzusehen, die einer Berichtigung zugänglich ist. Dazu wiederum reiche es aus,
                   dass die Rechnung diesbezügliche Angaben enthalte und die Angaben nicht in so
                   hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend seien,
                   dass sie fehlenden Angaben gleichstünden. Die vorliegenden unzureichenden Leis-
                   tungsbeschreibungen genügten diesen Anforderungen.

                   Die Rechnung könne bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem
                   FG berichtigt werden, womit die Berichtigung auch im Streitfall noch nicht verspä-
                   tet gewesen sei.

                   Praxishinweis

                   Die Entscheidung des BFH ist von großer Bedeutung für Unternehmer, die trotz
                   formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in An-

12 steuern+recht                                                                        Januar – März 2017
spruch nehmen beziehungsweise genommen haben. Sie hatten bislang bei späteren
                     Beanstandungen selbst im Fall einer Rechnungsberichtigung Steuernachzahlungen
                     für das Jahr des ursprünglich in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs zu leisten.
                     Die Steuernachzahlung war zudem unter Umständen im Rahmen der sogenannten
                     Vollverzinsung mit sechs Prozent jährlich zu verzinsen.

                     Der BFH lässt in seinem Urteil – weil es darauf nicht ankam – jedoch eine Anzahl
                     von Fragen offen. Ausdrücklich war es im Streitfall nicht relevant, ob (wie mögli-
                     cherweise im Fall des EuGH-Urteils in der Rechtssache Barlis 06) schon die ur-
                     sprünglichen Rechnungen den gesetzlichen Anforderungen entsprachen, denn die
                     Rechnungen waren schließlich berichtigt worden. Auch die Frage, ob die Berichti-
                     gung einer Rechnung ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Absatz 1 Nummer 2
                     Abgabenordnung (AO) ist, war nicht streiterheblich. Diese Frage aber hat Auswir-
                     kungen auf die Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide und gegebenenfalls
                     auf die Verzinsung.

                     Ein Abrechnungsdokument soll „jedenfalls dann“ eine Rechnung darstellen, auf
                     deren Empfangsdatum eine Korrektur zurückwirken kann, wenn sie bestimmte
                     Merkmale in hinreichender Qualität aufweist. Die vom BFH gewählte Formulierung
                     schließt nicht aus, dass auch Rechnungen mit anderen Rechnungsvoraussetzungen
                     als „Rechnung“ gelten könnten. Liegt keine „Rechnung“ im Rechtssinn vor, bleibt
                     eine Rechnungskorrektur mit Rückwirkung unmöglich. Das Gleiche (keine rückwir-
                     kende Rechnungskorrektur) gilt wohl auch dann, wenn eine Leistung beispielsweise
                     irrtümlich steuerfrei behandelt wurde und später korrigiert wird.

                     Der (zumindest ursprüngliche) Besitz der Rechnung soll nach dem Urteil des BFH
                     eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug sein – die Rech-
                     nung selbst aber offenbar nicht zwingend. Wie der EuGH im Urteil Barlis 06 anzu-
                     deuten schien, kommt dem Besitz einer „ordnungsgemäßen“ Rechnung – einmal
                     abgesehen davon, dass man zunächst einmal in den Besitz eines Dokuments gelangt
                     sein muss, das als Rechnung gelten kann – wenig mehr Bedeutung zu als dem Nach-
                     weis etwa für innergemeinschaftliche Lieferungen. In Zukunft könnte also der
                     Nachweis der materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Einzelfall
                     auch auf andere Weise als durch eine Rechnung möglich sein. Die Rechtsprechung
                     wird die Frage zu klären haben, ob das zutrifft und unter welchen Bedingungen der
                     Vorsteuerabzug in solchen Fällen möglich ist. In diesem Zusammenhang ist – eigent-
                     lich als Vorfrage – zu klären, unter welchen Umständen der Rechnungsempfänger
                     Gutglaubensschutz genießt und ihm deshalb der Vorsteuerabzug trotz fehlerhafter
                     Rechnung zusteht, weil er die Fehler in der Rechnung nicht erkennen kann.

                     Der BFH hat sich lediglich zu einer Rechnungskorrektur durch ein Korrekturdoku-
                     ment geäußert, nicht aber zur Korrektur mittels Stornierung und Neuausstellung.
                     Auch weil im letzteren Fall zweifelhaft sein könnte, ob eine Neuausstellung noch als
                     „Korrektur“ einer Rechnung gelten kann, sollte bis auf Weiteres eine Rechnungskor-
                     rektur möglichst nur durch ein Korrekturdokument im Sinn von § 31 Absatz 5
                     UStDV erfolgen.

                     Bitte beachten Sie: Bei Redaktionsschluss lag weder eine Reaktion der Verwaltung
                     vor noch war das BFH-Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht, es ist also offiziell
                     noch nicht als allgemein anwendbar deklariert. Bis auf Weiteres sollten als inhalt-
                     lich unvollständig oder falsch erkannte Rechnungen möglichst umgehend korrigiert
                     werden. Die Auswirkungen der neuen Rechtsprechung auf das Steuerstrafrecht sind
                     noch nicht völlig klar. Bei der Anwendung der neuen Rechtsprechung empfiehlt sich
                     also gehörige Vorsicht. Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Auswirkung die
                     neue Rechtsprechung auf die Umsatzsteuerschuld wegen überhöhtem oder unbe-
                     rechtigtem Steuerausweis nach § 14c UStG hat. In Fällen des unberechtigten Steuer-
                     ausweises, in denen zum Beispiel anstelle des tatsächlich gelieferten Gegenstands
                     ein anderer, nicht gelieferter Gegenstand in der Rechnung aufgeführt wird, ist es
                     möglich, dass auch eine Rechnungskorrektur keinen rückwirkenden Vorsteuerab-
                     zug zulässt. Der BFH hat in einem späteren Urteil bereits gegen eine Rückwirkung
                     einer Rechnungsberichtigung entschieden, in der die Steuer nach § 14c Absatz 1
                     UStG (überhöhter Steuerausweis) geschuldet wurde (vergleiche das Urteil vom
                     20. Oktober 2016, XI R 43/14). Was eine Steuerschuld aufgrund unberechtigten

Januar – März 2017                                                                           steuern+recht   13
Fundstellen                                  Steuerausweises angeht (§ 14c Absatz 2 UStG), so hat der BFH sich in seinem Urteil
   • BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016           in der Rechtssache XI R 47/13 vom 16. September 2015 bereits dahingehend geäu-
     (V R 26/15)                                ßert, dass eine Rückwirkung dem Regelungszweck der Vorschrift widerspräche,
   • EuGH, Urteile vom 15. September            womit er sich für bestimmte Fälle unter anderem gegen die Verwaltungsauffassung
     2016 (C-516/14, Barlis 06; C-518/14,       stellte. Besonders im Fall des § 14c Absatz 2 UStG ließen sich zumindest für gewisse
     Senatex)                                   Sachverhalte aber auch plausible Argumente dafür vorbringen, dass eine Rückwir-
                                                kung möglich sein sollte.

                                                Sie wünschen weitere Informationen, haben Fragen oder erkennen Beratungs­
                                                bedarf? – Rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder schicken Sie ihnen einfach
                                                eine E-Mail.

                                                Franz Kirch
                                                Tel.: +49 221 2084-459
                                                franz.kirch@de.pwc.com

                                                Martin Diemer
                                                Tel.: +49 711 25034-1258
                                                martin.diemer@de.pwc.com

   Formal invoicing errors may be corrected retroactively
   The input tax deduction under the German VAT Act is conditional on possession of a supplier’s invoice correctly drawn up. A
   deficient invoice can be corrected later, but the right to deduct the input tax can only be exercised after the correction. Thus,
   subsequent discovery, say on tax audit, of an invoicing error by the supplier can lead to deferral of the input tax deduction until
   the date of correction. This can trigger an interest charge for the intervening period. In its judgment of September 15, 2016 the
   ECJ held that the correction of formal invoicing errors is allowable with retroactive effect on the input tax deduction.

   The case brought before the ECJ by the Lower Tax Court of Lower Saxony concerned a trader (operating in the wholesale textile
   business) with defective suppliers’ invoices (missing tax numbers). The ECJ ruled that the VAT Directive must be interpreted as
   requiring retroactive deduction where the error is merely formal and there is no suggestion of bad faith. The reasoning is based
   on the concept of VAT as a tax neutral system for traders. This requires an immediate right of deduction as soon as the VAT has
   been paid. Correction of a formal error later must not lead to an interest charge or other burden, since there has been no loss to
   the state.

   Based on the ECJ judgment the Supreme Tax Court gave up its previously held contrary opinion on this issue but went on to
   add that the input tax deduction under the German VAT Act is nevertheless conditional on possession of a proper invoice from
   the supplier. It is not presently known whether the tax administration will generally accept and follow the new principles
   established by the court. Notwithstanding and for the time being it seems advisable to correct the wrong invoices as soon as
   possible.                                                                                                                    MH

14 steuern+recht                                                                                                         Januar – März 2017
Ort der Lieferung bei Versendung über
Konsignationslager
                                      Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs muss der Abnehmer für
                                      die Bestimmung des Lieferorts nach § 3 Absatz 6 Umsatzsteuergesetz bei
                                      Beginn der Versendung bereits feststehen. Unter dieser Voraussetzung
                                      könne eine Versendungslieferung auch dann vorliegen, wenn der Liefer-
                                      gegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem
                                      Auslieferungslager gelagert werde. Noch ist allerdings Vorsicht geboten,
                                      mahnen unsere Steuerrechtsexperten Franz Kirch und Martin Diemer.

                     In diesem Beitrag erfahren Sie …
                     • … weshalb der Bundesfinanzhof sich gegen die Auffassung der
                       Finanzver­waltung wendet.
                     • … warum diese Entscheidung für ausländische Lieferanten
                       ­bedeutsam ist.
                     • … welche Fragen vorerst offenbleiben.

                                      Sachverhalt

                                      Die Klägerin lieferte Waren aus Spanien an ihren Abnehmer. Die Lieferungen wur-
                                      den über ein im Inland gelegenes Lager (Konsignationslager) ausgeführt. Der Lager-
                                      halter dieses Lagers war von der Klägerin beauftragt worden. Die Warenlieferungen
                                      erfolgten auf der Grundlage zentraler Lieferverträge. Darin wurden vor allem die zu
                                      liefernden Gegenstände, die Kaufpreise sowie die Zahlungs- und Lieferbedingungen
                                      geregelt. Hingegen wurden die konkreten Warenmengen und Liefertermine in Lie-
                                      ferabrufplänen (mitunter täglich) an die Klägerin übermittelt. Nur diese Lieferab-
                                      rufpläne waren rechtlich bindend. Die Lieferabrufe enthielten stets Freigaben für
                                      die nächsten zwölf Wochen im Voraus und bestimmten für diesen Zeitraum die
                                      Liefertermine in Abständen von regelmäßig ein bis zwei Wochen. Wie sich aus dem
                                      Urteil ergibt, war dem Abnehmer vertraglich ein uneingeschränktes Zugriffsrecht
                                      eingeräumt worden.

                                      Urteil

                                      Nach Meinung des Bundesfinanzhofs (BFH) bestimmt sich der Ort der von der
                                      ­K lägerin ausgeführten Lieferungen nach § 3 Absatz 6 Satz 1 Umsatzsteuergesetz
                                       (UStG), wenn die Person des Abnehmers bereits bei Beginn der Versendung fest-
                                       steht. Mit anderen Worten: Die Lieferung an den Beigeladenen (den Kunden) war
                                       aus deutscher Sicht also in Spanien steuerbar.

                                      Unter dieser Bedingung kann nach dem BFH eine Versendungslieferung auch dann
                                      vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze
                                      Zeit in einem Auslieferungslager gelagert wird.

                                      Eine Einlagerung für den beim Beginn der Versendung bereits feststehenden Ab­
                                      nehmer wie im Streitfall nur für kurze Zeit, um den produktionsbedingt beim
                                      ­Abnehmer für die nächsten Tage und Wochen benötigten Warenbedarf zu decken,
                                       unterbricht nach Meinung des BFH die im Streitfall in Spanien begonnenen Versen-
                                       dungen noch nicht – zumindest nicht in Sachverhalten wie dem, der dem BFH zur
                                       Entscheidung vorlag.

Januar – März 2017                                                                                         steuern+recht   15
Praxishinweis

                                      Mit dem vorliegenden Urteil wendet sich der BFH gegen die Auffassung der Finanz-
                                      verwaltung in Abschnitt 1a.2 Absatz 6 Satz 1 Umsatzsteuer-Anwendungserlass
                                      (UStAE). Die Entscheidung könnte zumindest in bestimmten Fällen dazu führen,
                                      dass ausländischen Zulieferern (in der Automobilindustrie werden Konsignations­
                                      lager beispielsweise sehr häufig genutzt) eine umsatzsteuerliche Erfassung in
                                      Deutschland erspart bleibt. Diese Unternehmer hatten infolge der Verwaltungs­
                                      meinung bislang eine innergemeinschaftliche Verbringung zur eigenen Verfügung
                                      mit innergemeinschaftlichem Erwerb in Deutschland zu melden, gefolgt von einer
                                      Inlandslieferung bei Entnahme aus dem Lager.

                                      Auch nach der Entscheidung des BFH bleiben Fragen offen. Abgesehen davon, dass
                                      Lieferung und Rechnungsstellung zeitlich auseinanderfallen, könnte zwischen einer
                                      im Abgangsland gemeldeten innergemeinschaftlichen Lieferung und einem in
                                      Deutschland durch den Abnehmer gemeldeten innergemeinschaftlichem Erwerb so
                                      viel Zeit vergehen, dass die Lieferung in einem anderen Zeitraum gemeldet wird als
                                      der korrespondierende Erwerb. Eine solche Diskrepanz kann zu Rückfragen der
                                      Finanzverwaltung führen. Zudem ist auch die Frage bedeutsam, welchen Zeitraum
                                      der BFH mit einer „kurzen“ Unterbrechung der Versendung meint. Eine solche
   Franz Kirch                        ­Unterbrechung muss – wie der BFH in Hinblick auf den Europäischen Gerichtshof
   Tel.: +49 221 2084-459              (EuGH) ausführt – so kurz sein, dass „ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang
   franz.kirch@de.pwc.com              zwischen der Lieferung des in Rede stehenden Gegenstands und seiner Beförderung
                                       sowie ein kontinuierlicher Ablauf des Vorgangs gegeben“ sei. Indessen lässt der vom
                                       BFH entschiedene Sachverhalt durchaus den Schluss zu, dass ein Verbleib der Ware
                                       im Lager für eine oder sogar mehrere Wochen noch unschädlich sein kann.

                                      Unternehmer, die sich diese günstige Rechtsprechung zunutze machen möchten,
                                      sollten den Sachverhalt des Urteils – der aus Gründen der Übersichtlichkeit oben
                                      nur grob zusammengefasst ist – genau studieren. Der BFH teilt nicht genau mit,
                                      welche der angeführten Eigenheiten des Sachverhalts für ihn ausschlaggebend
                                      waren und welche nicht. Aus dem Sachverhalt ergibt sich aber nicht zuletzt: In aller
                                      Regel bestand schon von vornherein eine feste Abnahmeverpflichtung des Abneh-
   Martin Diemer                      mers, also nicht lediglich ein Abnahmerecht oder andere „schwächere“ Konstruktio-
   Tel.: +49 711 25034-1258           nen. Der BFH hat sich in dieser Hinsicht deutlich ausgedrückt: Einer Anschluss­
   martin.diemer@de.pwc.com           revision der Klägerin mit Bezug auf einen kleinen Teil ihrer Lieferungen (sie hatte
                                      lediglich etwa 95 Prozent der Waren aufgrund einer verbindlichen Bestellung ver-
                                      sandt, nicht aber die restlichen fünf) gab er nicht statt. Seiner Meinung nach ist
                                      nämlich „die im Zeitpunkt der Versendung nur wahrscheinliche Begründung einer
                                      Abnehmerstellung […] einer tatsächlichen Abnehmerstellung nicht gleichzustellen“.
                                      Dass der Abnehmer bei Beginn der Versendung bereits feststehen muss, wird in der
                                      Praxis im Übrigen erfordern, dass ausschließlich dieser Abnehmer Zugriff auf die
                                      eingelagerten Waren haben kann.

                                      Noch hat die Finanzverwaltung zu diesem Urteil nicht Stellung genommen. Bis sie
                                      sich der Auffassung des BFH angeschlossen hat, sollte das Urteil nach Möglichkeit
                                      nur mit Absicherung durch eine verbindliche Auskunft angewendet werden – nicht
                                      zuletzt mit Blick darauf, dass Geschäfte über Konsignationslager und Call-off-stocks
                                      im Rahmen längerfristiger Geschäftsbeziehungen getätigt werden. Im Fall einer
                                      Beanstandung durch die Finanzverwaltung können in solchen Sachverhalten
                                      schnell immense Summen nachzuzahlen und – unter den weiteren Voraussetzungen
                                      – bedeutende Zinsbeträge zu erheben sein. Lieferer, die sich der neuen Rechtspre-
                                      chung des BFH bedienen möchten, müssten außerdem sicherstellen, dass im Ab-
   Fundstelle                         gangsstaat die richtigen umsatzsteuerlichen Konsequenzen gezogen werden: von
   BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016   der korrekten Angabe in der Zusammenfassenden Meldung bis gegebenenfalls zum
   (V R 31/15)                        Nachweis der Steuerbefreiung.

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