EINE REFLEXION - Das Schweizer Magazin für Strukturierte Produkte von BNP Paribas März 2019
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Das Schweizer Magazin für Strukturierte Produkte von BNP Paribas März 2019 EINE REFLEXION FUNDAMENTAL- ODER CHARTANALYSE? bnpparibas.ch
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 EDITORIAL DER STREIT HAT SEINE GRÜNDE Sehr geehrte Anlegerin, sehr geehrter Anleger, „Ein Chart sagt mehr als tausend Worte“ – mit diesem markanten Zitat eröffnen wir in der aktuellen Ausgabe von MÄRKTE & ZERTIFIKATE ein Thema, das seit vielen Jahrzehnten Zank- apfel zwischen Anlegern ist: Wie analysiert man die Börse richtig? Worauf kommt es an, auf den Chart, also den Kursverlauf, oder auf die Fundamentaldaten, etwa auf Gewinn und Umsatz? Um die Antwort vorwegzunehmen, es gibt kein Richtig oder Falsch. Letztendlich kommt es immer darauf an, welches Ziel ein Anleger verfolgt und welche Märkte und welchen Zeithorizont er dabei im Blick hat. Am besten, so scheint es, wäre eine Kombination beider Analysemethoden. Eine Vorgehensweise, die auch durchaus praktiziert wird, wie wir in einem Gespräch mit dem Fundamentalanalysten Egmond Haidt erfahren (Seite 18). Auch er schaut am Ende seiner Fundamentalanalyse auf den Chart und bekennt: „Ich würde nie eine Aktie kaufen, deren Kurs auf Talfahrt ist.“ In diesem Zusammenhang fällt uns die berühmte Bör- senweisheit „never catch a falling knife“ ein, fasse niemals in ein fallendes Messer, also in einen fallenden Kurs. Ist der Streit zwischen Chart- und Fundamentalanalysten also in Wirklichkeit überhaupt kein Streit? Löst sich alles in Wohlgefallen auf? Nein, der Streit ist da und er hat seine Gründe, wie wir ab Seite 10 erfahren werden. Urs Knobel, Marketing Exchange Dabei ist Streiten ja an sich nicht schlecht. Oft bringt Streit auch Neues, Innovatives hervor. Traded Solutions Zum Beispiel der Streit zwischen Tesla und den traditionellen Autokonzernen. Tesla hat in Schweiz den zurückliegenden Jahren den Konzernen aus Stuttgart, Wolfsburg und anderen bekannten Städten kräftig eingeheizt. Mit leistungsstarken Batterien sind die Tüftler aus dem Silicon Valley im wahrsten Sinne des Wortes der angestammten Konkurrenz davongefahren. Doch die Zeiten haben sich geändert. Volkswagen, Daimler und Co haben nach längerer Bedenkzeit die Notwendigkeit der Elektromobilität erkannt. Mit neuen Modellen starten sie im laufenden Jahr durch und treten somit in direkte Konkurrenz zu den Tesla-Modellen. Jetzt wird es erst richtig spannend, sagen Branchenbeobachter. Denn nun wird sich zeigen, wie gut Tesla wirk- lich ist, ob die amerikanischen Autos vom Konsumenten bevorzugt werden. Geschieht das nicht, könnte Tesla an der Börse ziemlich unter Druck kommen (Seite 28). Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und wie immer viel Erfolg an den Märkten! Ihr Urs Knobel BNP PARIBAS 3
INHALT MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 Tesla wird zum Gejagten (Seite 28) MÄRKTE INDEXMONITOR Technische Analyse: DAX, S&P 500 21 200-Tage-Linie gibt noch keine Entwarnung 22 Die dunkle Seite des Mondes: Chinas Wirtschaft kämpft 24 AKTIENMONITOR Technische Analyse: Geberit, Swisscom 27 Tesla wird vom Jäger zum Gejagten 28 ABB – einen Tick besser als Siemens 32 Am Ölmarkt herrscht Die Kosten entscheiden bei der Goldproduktion 34 Verwirrung (Seite 38) ROHSTOFFMONITOR Technische Analyse: Gold, Silber 37 Verwirrung am Ölmarkt 38 Auf die Auswahl kommt es am Rohstoffmarkt an 40 WÄHRUNGSMONITOR Technische Analyse: EUR/CHF, EUR/USD 43 Nicht nur Licht, in Australien gibt es auch Schatten 44 OBLIGATIONENMONITOR USA sind im Vorteil Technische Analyse: CONF Future, T-Note Future 47 (Seite 48) Wirtschaftswachstum – die USA sind im Vorteil 48 4 BNP PARIBAS
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 INHALT TITELTHEMA Fundamental- oder Chartanalyse? Eine Reflexion Unternehmenszahlen oder Kursverlauf? Was eignet sich besser für die Analyse der Börse? MÄRKTE & ZERTIFIKATE wägt ab. 10 Fundamental- oder Chartanalyse? Eine Reflexion (Seite 10) STANDARD Editorial 3 Ausgesuchte Produkte Tracker-Zertifikate 51 Outperformance-Zertifikate, Kapitalgeschützte Produkte, Barrier Reverse Convertibles 56 Rechtliche Hinweise/Impressum 57 Termine 58 NEWS / FOKUS Börsentag – zum zweiten Mal in Zürich 6 Strukturierte Produkte sind gefragt 6 TOPs/FLOPs am Zertifikatemarkt 7 Das Neuseeländischer Dollar Rückblick: Neuseeländischer Dollar Zins Zins Tracker-Zertifikat im Rück- blick (Seite 8) Tracker-Zertifikat 8 BNP PARIBAS 5
NEWS MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 BÖRSENTAG – ZUM ZWEITEN MAL IN ZÜRICH MESSEN/BÖRSENTAGE Grosser Andrang – das BNP Paribas-Team Irene Brunner (z. v. l.) und Urs Knobel auf dem ersten „Börsentag Zürich“. Noch sind es einige Wochen hin, aber die Vorbereitungen werden, sie sorgten für volle Vortragsräume. 2019 will man laufen auf Hochtouren: am 16. Mai findet der „Börsentag Zürich“ an diesen Erfolg anknüpfen. Mit dabei sind natürlich auch statt. Im zurückliegenden Jahr gab es die Privatanlegermesse, wieder die Experten von BNP Paribas. Veranstaltungsort ist die seit Jahren erfolgreich in Deutschland und Österreich in das World Trade Center in Oerlikon. Einlass ist ab 14:30 Uhr, verschiedenen Städten ausgerichtet wird, zum ersten Mal auch die Vorträge beginnen ab 15 Uhr. Um 21 Uhr endet der „Bör- in der Schweizer Finanzmetropole, und das mit grossem Erfolg. sentag“. Der Eintritt und alle Vorträge sind kostenfrei, jedoch Mit den Keynote-Speakern Hans A. Bernecker und Heiko Thie- ist eine vorherige Anmeldung erforderlich. Weitere Infos finden me konnten gleich zwei bekannte Börsenurgesteine gewonnen interessierte Anleger unter www.boersentag.ch STRUKTURIERTE PRODUKTE SIND GEFRAGT ANLEGERSERVICE Das Börsenumfeld ist 2018 schaut entsprechend zuver- UMSATZ NACH PRODUKTKATEGORIE deutlich schwieriger gewor- sichtlich auf 2019. Dabei den. Dennoch ist in der könnten sich insbesondere Schweiz der Umsatz mit die Trends aus dem zurück- Strukturierten Produkten im liegenden Jahr fortsetzen. Die zurückliegenden Jahr deut- Experten beobachteten ei- lich gestiegen. Er lag bei 331 nerseits eine verstärkte Nei- Milliarden Franken und da- gung bei den Anlegern, Struk- mit rund 20 Prozent über turierte Produkte über die dem Umsatz in 2017. „Wir Börse und nicht ausserbörs- wachsen weiter“, kommen- lich zu kaufen. Zudem haben tiert Willi Bucher, Leiter der Hebelprodukte an Bedeutung SVSP-Arbeitsgruppe Buy Side, gewonnen; ihr Umsatzanteil die Entwicklung. Der Schwei- lag 2018 bei 22 Prozent, im zerische Verband für Struk- Vorjahr waren es nur 16 Pro- Quelle: SVSP; Stand: Februar 2019 turierte Produkte (SVSP) zent. 6 BNP PARIBAS
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 FOKUS: TOPS/FLOPS ALIBABA UND SWISSCOM WETTBEWERBSDRUCK FÜR SWISSCOM NIMMT ZU TOPS DES MONATS Perf. Mini-Futures Valor 1 Monat Alibaba Mini-Long 44935821 +87,1 % Der Aktie des chinesischen lief es zuletzt für die Valoren Swisscom Mini-Short 27417309 +74,7 % E-Commerce-Riesen Alibaba der Swisscom. Auf dem Sonova Mini-Long 44935655 +72,3 % ist ein guter Start in das Bör- Schweizer Markt bahnt sich senjahr 2019 gelungen. Der ein Zusammenschluss der Länder-Zertifikate DJ Turkey Titans 20 Index Tracker-Zertifikat 1983529 +19,6 % starke Anstieg wurde mit beiden Telekom-Unterneh- erfreulichen Zahlen für das men Sunrise und UPC an, Ägypten EGX 30 Index Tracker-Zertifikat 2315807 +14,3 % jüngste dritte Quartal unter- womit eine deutlich stärke- Kospi 200 Tracker-Zertifikat 1776045 +6,3 % mauert. Für Analysten ein re Nummer 2 hinter Markt- Themen-Zertifikate klares Zeichen, dass der führerin Swisscom entstehen Solar Energy Total Return Index 2552353 +15,6 % Tracker-Zertifikat Handelskrieg mit den USA würde. Zudem konnte die Senior Care Total Return Index 29892918 +11,8 % Tracker-Zertifikat keine allzu deutlichen Spu- Swisscom mit ihrer 2018er- Philadelphia Stock Exchange Semiconductor 2255338 +10,4 % Index Tracker-Zertifikat ren in der Alibaba-Bilanz Bilanz nicht überzeugen. Wer Rohstoff-Zertifikate hinterlassen hat. Mit dem allerdings auf fallende RICI Enhanced Zinc Index Tracker-Zertifikat 4545440 +7,7 % Alibaba Mini-Long (Valor Swisscom-Notierungen setz- 44935821) konnten Anleger te, konnte mit dem Swisscom Palladium Tracker-Zertifikat 1781988 +5,3 % an der erfreulichen Entwick- Mini-Short (Valor 27417309) RICI Enhanced Copper Index Tracker-Zertifikat 4545435 +4,8 % lung überproportional par- kräftige Gewinne einfahren. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die künfti- ge Wertentwicklung. Quelle: BNP Paribas; Beobachtungszeitraum: (14.01.2019 - 13.02.2019) tizipieren. Nicht ganz so gut (hs) DOW JONES, S&P 500 UND SMI GEÄNDERTE ZINSPERSPEKTIVEN SORGEN FÜR AUFTRIEB FLOPS DES MONATS Perf. Mini-Futures Valor 1 Monat DOW JONES INDUSTRIAL AVERAGE Mini-Short 44935676 -60,8 % Wer glaubte, die Aktienmärk- Markt inzwischen mehrheit- S&P 500 Mini-Short 44025645 -59,0 % te würden ihre gegen Ende lich mit keinem Zinsschritt SMI Mini-Short 39191777 -56,2 % 2018 beschleunigte Abwärts- mehr in diesem Jahr. Mit bewegung im neuen Jahr Short-Produkten auf den Länder-Zertifikate fortsetzen, wurde eines Bes- Dow Jones (Valor 44935676) India Index Tracker-Zertifikat 2372807 -1,4 % seren belehrt – die Stim- oder den S&P 500 (Valor Mexican Bolsa Index Tracker-Zertifikat 2440891 -0,9 % mung hellte sich im Januar 44025645) mussten Anleger Brasilien Index Tracker-Zertifikat 1909465 0,0 % wieder erheblich auf. Vor im Berichtszeitraum daher Themen-Zertifikate allem an den US-Börsen ging empfindliche Verluste hin- NYSE Arca Natural Gas Index Tracker-Zertifikat 1468712 -1,3 % es mit Beginn des neuen nehmen. Dem Aufwärtstrend Silver Mining Index Tracker-Zertifikat 2789420 +0,2 % Jahres wieder kräftig auf- an den US-Börsen stand Money Market Super Yield Index 2432420 +0,5 % wärts, was in erster Linie den auch der Schweizer Leitindex Tracker-Zertifikat geänderten Zinsperspektiven SMI in nichts nach und rück- Rohstoff-Zertifikate geschuldet war. Stellte US- te seit Jahresbeginn kräftig Erdgas Tracker-Zertifikat 3860984 -5,4 % Notenbankchef Jerome Po- vor. Mit dem SMI Mini-Short Platin Tracker-Zertifikat CHF Hedged 31082057 -3,8 % well im Dezember noch zwei (Valor 39191777) war daher RICI Energy Index Tracker-Zertifikat 2127165 -1,0 % Zinserhöhungen für 2019 in in den letzten Wochen eben- Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die künfti- ge Wertentwicklung. Quelle: BNP Paribas; Beobachtungszeitraum: (14.01.2019 - 13.02.2019) Aussicht, so rechnet der falls wenig zu holen. (hs) BNP PARIBAS 7
FOKUS: RÜCKBLICK MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 NICHTS FÜR VERGESSLICHE EIN RELATIV HOHES ZINSNIVEAU, EIN SICHERES POLITISCHES UND WIRTSCHAFTLICHES UMFELD – NEUSEELAND BIETET FÜR ANLEGER INTERESSANTE PERSPEKTIVEN. MIT EINEM ZINS-ZERTIFIKAT AUF DEN NEUSEELÄNDISCHEN DOLLAR SIND SIE DABEI. Die heissen Quellen von Wai-O-Tapu, ein Höhepunkt für Naturfans in Neuseeland. Aber auch für Anleger hat der Inselstaat etwas zu bieten. Neuseeland hat es nicht leicht. So ganz am „Rand“ der Zinssätzen in den westlichen Industrienationen. Natürlich Welt gelegen, wird der Inselstaat gerne schon mal ver- gibt es in anderen Ländern noch höhere Zinsen, etwa in gessen. So gibt es bei IKEA, dem sympathischen Möbelhaus Lateinamerika, aber oft sind diese nur in Kombination mit aus Schweden, derzeit „Björksta“ zu kaufen. Für knapp 60 einem gesteigerten politischen Risiko zu haben. Neuseeland Franken bekommt der designaffine Schweizer eine hübsch hingegen ist eine gefestigte parlamentarische Monarchie, gerahmte Weltkarte, die vor allem durch ein Manko be- die nach demokratischen Spielregeln arbeitet. Insofern sticht: rechts unten, neben Australien, da wo eigentlich sind die 1,75 Prozent durchaus attraktiv. Neuseeland liegen müsste, nichts als Wasser. Die Heimat Zudem wächst die neuseeländische Wirtschaft robust. Im der knapp 4,6 Millionen Insulaner, sie wurde schlichtweg dritten Quartal 2018 waren es im Vergleich zum Vorjah- vergessen. reszeitraum immerhin 2,6 Prozent, die das Bruttoinlands- produkt (BIP) zulegen konnte. Da zugleich der Arbeitsmarkt Attraktive Zinsen. Dabei hat Neuseeland einiges zu bieten, angespannt ist und die wachsende Wirtschaft die Inflati- für den Kultur- und Naturliebhaber ebenso wie für den on beschleunigt, schloss Notenbankchef Adrian Orr wei- Anleger. Immerhin notiert der neuseeländische Leitzins, tere Zinssenkungen aus. festgelegt durch die Reserve Bank of New Zealand (RBNZ), die Zentralbank des Landes mit Sitz in der Hauptstadt Passendes Produkt. Anleger können sich also, bei aller Wellington, bei 1,75 Prozent und damit deutlich über den Vorsicht, auf ein stabiles Zinsumfeld in Neuseeland ver- 8 BNP PARIBAS
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 FOKUS: RÜCKBLICK lassen. Profitieren können sie davon unter anderem durch Index bei knapp 179 Punkten. Zum Zeitpunkt der Auflegung Zins-Zertifikate. BNP Paribas bietet mit dem Neuseelän- des Index – im Oktober 2003 – notierte er bei knapp 109 discher Dollar Zins Tracker-Zertifikat dazu ein passendes Punkten. Solange die Zinsen in Neuseeland nicht auf oder Angebot. Basiswert des Produkts ist der BNP Paribas NZD unter null fallen, wird der Index weiter zulegen. Money Market Total Return Index. Der Index enthält eine Zinskomponente, die New Zealand Dollar London Interbank Wette gegen den Franken. Also eine sichere Sache? Nicht Offer Rate, oder auch New Zealand Dollar LIBOR. Dies ist ganz, denn um den Index zu handeln, wird der Punktestand ein Zinssatz, der auf den durchschnittlichen Zinssätzen umgerechnet, nämlich in Franken. Der Preis des Neusee- basiert, zu denen eine grosse Anzahl internationaler Ban- ländischer Dollar Zins Tracker-Zertifikats wird somit nicht ken in London einander gegenseitig Geld leihen. Die offi- nur von den Zinsen, sondern auch vom Wechselkurs Fran- ziellen LIBOR-Sätze werden täglich berechnet und veröf- ken/Neuseeländischer Dollar (CHF/NZD) beeinflusst. Dabei fentlicht. gilt, wer den Zinsvorsprung in Neuseeland nutzt, spekuliert Durch die tägliche Berücksichtigung der anfallenden Zin- indirekt gegen den Franken. Legt der Franken gegenüber sen erhöht sich der Punktestand des BNP Paribas NZD dem Neuseeländischen Dollar zu, schmälert das die Ren- Money Market Total Return Index stetig. Aktuell liegt der dite des Tracker-Zertifikats; wertet der Franken hingegen ab, kann davon auch das Zertifikat profitieren. Dieser Zusammenhang ist ein wesentlicher Grund, warum NEUSEELÄNDISCHER DOLLAR ZINS das Neuseeländischer Dollar Zins Tracker-Zertifikat in den TRACKER-ZERTIFIKAT zurückliegenden Jahren schwächer performt hat als sein Basiswert, der BNP Paribas NZD Money Market Total Re- turn Index. Der Franken hat über einen längeren Zeitraum gegenüber dem Neuseeländischen Dollar aufgewertet. Unter dem Strich kommt das Zertifikat seit Auflegung auf ein Plus von rund 25 Prozent. Ein weiterer Einflussfaktor war das fallende Zinsniveau in Neuseeland. Zum Zeitpunkt der Auflegung des Zertifikats lag es noch bei rund sechs Prozent. Nicht vergessen. Experten rechnen bei CHF/NZD in den kommenden Monaten mit einer Seitwärtsbewegung. Die Luzerner Kantonalbank etwa geht in ihrem aktuellen Länderprofil für Neuseeland von einer Seitwärtsbewegung SVSP-Kategorie: Tracker-Zertifikat (1300) auf Sicht von zwölf Monaten aus. Damit entfällt mögli- BNP Paribas NZD Money Market cherweise erst einmal der Wechselkurs CHF/NZD als ne- Basiswert: Total Return Index Handelswährung: Franken (CHF) gativer Einflussfaktor für die Performance des Zertifikats. Basiswertwährung: Neuseeländischer Dollar (NZD) Rechnet man zudem damit, dass das Zinsniveau in Neu- seeland nicht weiter abgesenkt wird, bietet das Neusee- währungsgesichert: nein ländischer Dollar Zins Tracker-Zertifikat eine interessan- Zinszertifikate-Zins: 1,70 % te Perspektive. Gerade auch im Hinblick auf die zuneh- Laufzeit: Open End (keine fixe Laufzeitbegrenzung) menden Unsicherheiten an den europäischen Märkten Geld-/Briefspanne: 0,20 % offeriert sich das Zins Tracker-Zertifikat als Investment- Emissionstag: 01.06.2005 alternative. Auch wenn Neuseeland auf Weltkarten also Valor/Symbol: 2169507 / NZDZZ gerne mal vergessen wird, Anleger sollten den Inselstaat Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die nicht vergessen. (oh) künftige Wertentwicklung. Quelle: BNP Paribas, Bloomberg; Stand: Februar 2019 BNP PARIBAS 9
TITELTHEM A MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 FUNDAMENTAL- ODER CHARTANALYSE? EINE REFLEXION UNTERNEHMENSZAHLEN ODER KURSVERLAUF? WAS EIGNET SICH BESSER FÜR DIE ANALYSE DER BÖRSE? MÄRKTE & ZERTIFIKATE WÄGT AB ZWISCHEN POSITIONEN, DIE SICH NICHT UNBEDINGT AUSSCHLIESSEN, DIE ABER AUCH NICHT BELIEBIG AUSTAUSCHBAR SIND. „Ein Chart sagt mehr als tausend Worte“, sagt der Chart- techniker leicht genervt: „Ich will Gewinne machen, und techniker. „Eine gute Aktie findet man aber nur, wenn man dazu muss ich wissen, wann ich kaufen oder verkaufen soll.“ sich die Geschäftszahlen eines Unternehmens anschaut“, Der Fundamentalanalyst dreht sich um und geht. Dabei entgegnet der Fundamentalanalyst. „Ja, ja“, antwortet der murmelt er noch: „Ich will auch Gewinne machen. Und dazu Charttechniker: „Aber in einem Chart spiegeln sich ja alle muss ich wissen, ob eine Aktie über- oder unterbewertet ist. kursrelevanten Daten wider. Mehr braucht es nicht, um eine Was hilft mir da der Chart?“ gute Aktie zu finden.“ Der Fundamentalanalyst schüttelt den Kopf: „Allein die fundamentalen Kennzahlen helfen, den Börsenwelt spaltet sich in zwei Lager. Zugegeben, das fairen Wert einer Aktie zu bestimmen. Und früher oder Streitgespräch zwischen Charttechniker und Fundamental- später nähert sich eine Aktie immer ihrem fairen Wert an.“ analyst hat so konkret nie stattgefunden, es entspringt „Was interessiert mich der faire Wert“, entgegnet der Chart- unserer Fantasie. Doch es hätte so oder ähnlich jederzeit 10 BNP PARIBAS
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 TITELTHEM A passieren können. Denn die Börsenwelt spaltet sich in zwei analysten toben hartnäckig seit vielen Jahrzehnten. Und Lager: in Charttechniker, auch als technische Analysten beide können mit berühmten und erfolgreichen Persönlich- bezeichnet, und Fundamentalanalysten. Während die tech- keiten aufwarten, die ihre Strategien vehement verteidigen. nischen Analysten vor allem auf den Kursverlauf von Akti- Bei den Fundamentalanalysten etwa Warren Buffett. Der en, Indizes, Rohstoffen und Währungen schauen und anhand Selfmade-Milliardär ist Vertreter des Value Investing, einer von Regelmässigkeiten Trends bestimmen, die sie für ihr Anlagestrategie, die auf den inneren Wert einer Aktie achtet, tägliches Handeln an der Börse nutzen, ziehen die Funda- also Bilanzzahlen zur Analyse heranzieht. Bei den Chart- mentalanalysten unternehmerische Bilanzzahlen heran, technikern ist es unter anderem John J. Murphy, der mit rechnen und vergleichen, und finden so Aktien, die an der seinem Buch „Technische Analyse der Finanzmärkte“ so eine Börse unterbewertet sind. Doch welches Lager hat recht? Art Lehrbuch geschrieben und der Charttechnik damit qua- Oder gibt es kein Richtig und Falsch, gleicht der Streit zwi- si einen wissenschaftlichen Charakter verliehen hat. Aber schen „Chartis“ und „Fundis“ einem Blick durch eine ver- auch Charles Dow, der Begründer des nach ihm benannten schneite Skibrille? Weil Schneeflocken die Brillengläser Leitindex an der New Yorker Börse, des Dow Jones, gilt als bedecken, sieht man auf beiden Seiten Unterschiedliches, Vertreter der Charttechnik. Er publizierte bereits in den aber es reicht ein kurzer Wisch, und schon ist alles wieder 1880er-Jahren im Wall Street Journal eine Reihe von Artikeln, gleich. Also ein Streit um nichts? die sich mit der Analyse von Kursverläufen beschäftigten Ganz so einfach wird es wohl nicht sein, denn die Diskus- und den Anspruch erhoben, Vorhersagen für das Geschehen sionen zwischen technischen Analysten und Fundamental- an der Börse zu treffen. INDIKATORENANALYSE – WIE STARK IST DER TREND? Viele Charttechniker greifen bei der Untersuchung eines Kursver- tember/Oktober eine Divergenz zum RSI: Der S&P 500 konnte noch laufs auf sogenannte technische Indikatoren zurück. Von diesen zulegen, der RSI jedoch nicht mehr. Zudem rutschte der RSI aus technischen Indikatoren gibt es eine grosse Anzahl. Im Kern geht der überkauften Situation unter 70 Prozent. Beides waren Anzeichen es bei ihnen aber immer darum, das Verhalten der Anleger zu für ein Nachlassen der Kursstärke. Im Oktober kam es dann schliess- analysieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Wie stabil ist lich zu einem ersten Kursrutsch beim S&P 500. ein Trend? Dazu wird oft die Anzahl der Käufe und der Verkäufe verglichen und das Verhältnis von steigenden und fallenden S&P 500 UND RELATIVE-STÄRKE-INDEX (RSI) Kursen betrachtet. Ein bekannter Indikator ist etwa der Rela- tive Strength Index, auf Deutsch der Rela- tive-Stärke-Index, kurz RSI. Ihn gibt es in verschiedenen Variationen. Beim RSI geht es darum, die Stärke der aktuellen Kurs- bewegung in Relation zu früheren Bewe- gungen zu setzen. Dabei pendelt der RSI zwischen zwei Extremen, die überkaufte und überverkaufte Situationen am Markt anzeigen. Werte über 70 Prozent deuten auf eine überkaufte Situation hin, Werte unter 30 Prozent auf eine überverkaufte. Aber auch der Verlauf des RSI wird betrach- tet. Steigt oder fällt der RSI? Und wie ver- hält sich dazu der Kurs, der analysiert wird? Gibt es Divergenzen? So gab es etwa beim Quelle: Bloomberg; Stand: 16.01.2019 S&P 500 Index im zurückliegenden Sep- BNP PARIBAS 11
TITELTHEM A MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 Kurse sind kein Zufall. Dabei ist bis heute umstritten, ob Eintreten. Ein Phänomen, das es nicht nur an der Börse gibt. mithilfe der technischen Analyse wirklich Kursvorhersagen Viele Abläufe in der Wirtschaft, etwa das Verhalten von getroffen werden können. Denn letztendlich spiegelt ja ein Konsumenten und Herstellern, lassen sich mit selbsterfül- Chart nichts anderes wider als das mehr oder weniger lenden Prophezeiungen erklären. Und auch der Mensch an zufällige Aufeinandertreffen von Käufern und Verkäufern. sich ist davon nicht frei. Der Placebo-Effekt beschreibt ein Sie einigen sich auf einen Preis, zu dem etwa eine Aktie ähnliches Phänomen, das durchaus wissenschaftlich belegt ihren Besitzer wechselt – das ist der Aktienkurs. Jeder Ak- ist. Glaubt man fest an die Wirksamkeit eines Medikaments, tienkurs ergibt im Kursverlauf, im Chart, einen Punkt. Tref- dann kann dieses, obwohl im Test ohne Wirkstoff, sehr wohl fen ganz oft Käufer und Verkäufer aufeinander, entstehen eine heilsame Wirkung entfalten. viele Punkte. Diese kann man miteinander verbinden und zu Formationen zusammenfassen. Doch was heisst das Börse ist Psychologie. Die Analyse von Kursverläufen gleicht schon? Auch hingeworfene Erbsen lassen sich am Boden demnach einer Analyse der Psychologie der Anleger, und liegend zu imaginären Formationen verbinden. Daraus die ist eben nicht zufällig und unsinnig. Insofern ist die Gesetzmässigkeiten abzuleiten scheint aber erst einmal Behauptung unseres anfangs erwähnten fiktiven Charttech- Unsinn zu sein. nikers – „Ein Chart sagt mehr als tausend Worte“ – alles Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn das Zusammentref- andere als unberechtigt. Doch daraus eine exakte Wissen- fen von Käufern und Verkäufern ist nicht völlig zufällig und schaft zu formulieren, auf die man sich ohne Wenn und Aber unsinnig. Sie kaufen und verkaufen, weil sie auch die Ver- verlassen kann, scheint übertrieben. Der Charttechniker gangenheit vor Augen haben. Sie steigen ein oder stossen handelt nach Wahrscheinlichkeiten, immer in dem Bewusst- ab, weil eine Aktie ein bestimmtes Niveau erreicht hat, das sein, dass es diesmal auch anders sein könnte. schon einmal von einigen Anlegern zum Ein- oder Ausstieg Ein Grundsatz, der aber auch vom Fundamentalanalysten genutzt wurde. Nun setzt man darauf, dass es sich diesmal berücksichtigt werden muss. Die betriebswirtschaftliche auch so verhält. Und je mehr Anleger auf solche Kauf- oder Analyse kann noch so stichhaltig sein, eine Garantie für Verkaufsniveaus achten, desto eher treten sie dann auch Gewinne ist sie nicht. Denn erstens können auch Bilanz- ein. Dafür gibt es den Begriff „self-fulfilling prophecy“ oder zahlen täuschen, und zweitens, wer sagt, dass eine unter- im Deutschen „selbsterfüllende Prophezeiung“. Je mehr bewerte Aktie steigt? Sie steigt ja nur, wenn es auch Käufer Menschen an etwas glauben, desto wahrscheinlicher sein gibt. Und die können aus welchen Gründen auch immer fern bleiben. Damit mag Warren Buffett kein Problem haben. Allein die Bekanntgabe eines Einstiegs seiner Beteiligungs- gesellschaft Berkshire Hathaway bei einer nach seinen Berechnungen unterbewerteten Gesellschaft löst bei dieser regelmässig Kauflawinen an der Börse aus. Doch für den einsamen und unbekannten Privatanleger, der in seinem Kämmerlein umfangreiche Berechnungen anstellt, gilt das nicht. Seine Erkenntnisse bleiben unbekannt und folgenlos. Denn die der Fundamentalanalyse zugrunde liegende An- nahme, die Börse sei rational und Aktienkurse würden stets zu ihrem fairen Wert tendieren, ist so nicht unbedingt haltbar. Denn nicht erst seit André Kostolany wissen wir: „Die Börse reagiert nur zu zehn Prozent auf Fakten, alles andere ist Psychologie.“ Der 1999 verstorbene und sehr populäre Börsenspekulant ist weder dem Lager der techni- schen Analyse noch dem der Fundamentalanalyse zuzu- Im Tiefschnee auf neuen Wegen. Das wäre nichts für den rechnen. Charttechniker. Er verlässt sich auf die Spuren der Vergangenheit. (Fortsetzung des Titelthemas auf Seite 14) 12 BNP PARIBAS
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 TITELTHEM A DIE TECHNISCHE ANALYSE – AUF DER SUCHE NACH TRENDS Auch innerhalb der technischen Analyse gibt es ver- Abwärtstrends ab. Verbindet man die jeweiligen Tiefs schiedene Vorgehensweisen. Im Kern geht es aber stets und Hochs eines Trends durch eine Linie, spricht der um das Finden von Trends. Diesem Ziel liegt die Annah- technische Analyst von Unterstützung und Widerstand. me zugrunde, dass sich Märkte in Trends bewegen. Wird eine Unterstützung oder ein Widerstand gebrochen, Hintergrund: Käufer und Verkäufer treffen sich an der ist das für den technischen Analysten ein wichtiges Börse – und natürlich auch auf digitalen Plattformen – Signal. und handeln Kurse aus, zu denen etwa Aktien ihren Um den Wechsel von Auf- und Abwärtstrends zeitnah Besitzer wechseln. Solche Kurse sind nicht zufällig. Denn zu erkennen, hat die technische Analyse Chartmuster im Mittelpunkt des Handelns steht oft der Blick in die entwickelt, sogenannte Trendwendeformationen. Diese Vergangenheit. Welche Kurse wurden zuletzt erzielt? spiegeln die zunehmende oder abnehmende Bereitschaft Wie teuer war die Aktie gestern? An solchen Preisen der Anleger wider, Aktien zu kaufen. Die einfachsten orientiert man sich. Das führt dazu, dass sich Aktien- Trendwendeformationen sind das Doppelhoch und das kurse in Trends bewegen. Die Trendbestimmung ist das Doppeltief. Bei ihnen wird ein bestimmter Kurs zweimal zentrale Anliegen der technischen Analyse. Dazu haben hintereinander erreicht, ohne ihn zu überschreiten oder die technischen Analysten eine Vielzahl von Hilfsmitteln zu unterschreiten. Das heisst, die Anleger sehen in dem konstruiert. Unmengen an sogenannten Indikatoren, erreichten Kurs einen Verkaufs- beziehungsweise Kauf- Chartdarstellungen und -mustern gehören heute zum zeitpunkt, sie werden vorsichtiger/mutiger. Kommt es in Alltag eines technischen Analysten. einem Aufwärtstrend zu einem Doppeltop, kann das ein Zeichen für den Beginn eines Abwärtstrends sein und Muster weisen auf Trendwechsel hin. Um die grundle- andersherum. Im DAX hatten wir etwa im Jahr 2007 ein gende Sichtweise eines technischen Analysten aufzu- Doppeltop bei 8.000 Punkten. zeigen, reicht ein Blick auf den Frankfurter Leitindex Eine weitere wichtige und oft beachtete Trendwende- DAX. Auch er lässt sich in seiner Entwicklung in Form formation ist die Schulter-Kopf-Schulter-Formation, die von Trends darstellen. Dabei wechseln sich Auf- und sowohl einen Aufwärts- als auch einen Abwärtstrend einleiten kann. Dabei handelt es sich im Grunde genommen um ein BLICK DES CHARTTECHNIKERS AUF DEN DAX Dreifachhoch, bei dem das mittle- re Hoch/Tief, der Kopf, etwas über beziehungsweise unter dem rech- ten und linken Hoch/Tief, den bei- den Schultern, herausschaut. Der Kopf stellt sozusagen das letzte Aufbäumen des bis dahin vorherr- schenden positiven oder negativen Trends dar. Eine grössere Schulter- Kopf-Schulter-Formation finden wir im DAX-Chart in den Jahren 2017 und 2018. Auch hier könnte die Formation ein Hinweis auf den Be- ginn eines längeren Abwärtstrends Quelle: Bloomberg; Stand: 14.02.2019 sein. BNP PARIBAS 13
TITELTHEM A MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 Analysen erfordern jede Menge Wissen und Zeit. Neben viel SENTIMENTANALYSE – AUF DIE STIMMUNG KOMMT ES AN Lektüre, um das bei beiden Disziplinen notwendige theo- retische Rüstzeug zu erlernen, ist auch Praxis gefragt. Der In jüngster Zeit hat sich neben der technischen Analyse und der Fundamentalanalyse eine dritte Disziplin zur Untersuchung und technische Analyst verbringt viele Stunden über seinen Einschätzung von Börsenkursen etabliert: die Sentimentanalyse. Charts, an denen er Szenarien durchspielt und die Ergeb- Diese hat sich zur Aufgabe gemacht, die Stimmung an der Börse nisse immer wieder mit dem tatsächlichen Geschehen an zu messen. Bei extremer Euphorie und grosser Skepsis empfiehlt den Märkten vergleicht. So bekommt er mit der Zeit ein die Sentimentanalyse antizyklisches Agieren. Euphorie und Gespür für das Verhalten von Börsenkursen. „Wo ich früher Skepsis werden unter anderem durch das Verhältnis von Puts als Student bestimmt eine Stunde Charts analysiert habe, und Calls, das Put-Call-Ratio oder kurz PCR genannt, an den Optionsbörsen erfasst. Ein hohes Put-Call-Verhältnis deutet auf benötige ich heute einige wenige Blicke“, erklärt uns der einen grossen Absicherungsbedarf der Marktteilnehmer gegen technische Analyst Harald Weygand in einem Gespräch fallende Kurse hin. Es werden mehr Puts als Calls gekauft. Bei (siehe Seite 18). Der erfolgreiche Trader und Co-Moderator extremen PCRs herrscht am Markt Panik – eine gute Zeit für der Sendung von BNP Paribas Deutschland „Rendezvous einen antizyklischen Kauf. mit Harry“ beschäftigt sich seit seiner Studentenzeit mit Die Sentimentanalyse greift grundlegende Gedanken auf, die schon André Kostolany Zeit seines Lebens geäussert hat. Während der Auswertung von Kursverläufen. Was als Hobby und er dabei aber noch sehr auf sein Bauchgefühl geachtet hat, Leidenschaft begann, ist heute Weygands Beruf: Charts, versucht die Sentimentanalyse stichhaltige Kriterien für ein Charts und nochmals Charts – von morgens bis abends. antizyklisches Handeln an der Börse zu liefern. Die Sentiment- Nicht weniger zeitintensiv ist die Fundamentalanalyse. analyse hat auch Eingang in die technische Analyse und in die Denn die Bilanz eines Unternehmens zu lesen und zu in- Fundamentalanalyse gefunden. terpretieren ist nicht immer ganz einfach. Bei den profes- sionellen Anlegern, bei den Banken, arbeiten dafür Exper- tenteams. „Kann ein Privatanleger tatsächlich das bewerk- Er lehnte beide ab, setzte stattdessen auf die Beobach- stelligen, woran im professionellen Bereich ganze Teams tungsgabe des Anlegers und die Stimmung an der Börse arbeiten?“, bezweifelt Harald Weygand. „Ja“, antwortet und empfahl antizyklisches und mutiges Handeln in star- Egmond Haidt. Der Fundamentalanalyst Haidt ist bekannt ken Übertreibungsphasen. Ein riskantes Agieren: Von 100 für seine makroökonomische Herangehensweise, die auch Investments, so berichtet Kostolany über sich selbst, lag als Top-down-Ansatz bezeichnet wird. Ausgehend von einer er 49-mal falsch, 51-mal richtig. Von der Differenz aus Globalanalyse – Konjunkturdaten, Zinsen, Rohstoffe und Falsch und Richtig konnte er allerdings meistens gut leben. Währungen – arbeitet sich der Profi langsam, aber sicher über eine Branchen- zu einer Unternehmensanalyse durch. Wissen und Zeit sind nötig. Es geht also auch ohne Chart- Ein Konzept, das er auch jeden Dienstag in der von BNP technik und Fundamentalanalyse. Aber beide scheinen Paribas Deutschland angebotenen Sendung „Euer Egmond“ schon sehr hilfreich, wenn man sich als Privatanleger selbst einem breiten Publikum vorstellt. Schritt für Schritt ana- um sein Geld kümmern möchte. Denn die von Kostolany lysiert Haidt die Märkte, bespricht konjunkturelle Einflüs- angesprochenen Übertreibungsphasen, in denen es sich se und untersucht die Entwicklungen an der Zins-, Rohstoff- lohnen könnte, zu kaufen oder zu verkaufen, muss man ja und Währungsfront. Am Ende seiner Arbeit stehen Emp- auch erst einmal erkennen. Wann ist die Börse, wann ist fehlungen, die „im Trend“ liegen, so Haidt gegenüber MÄRK- eine Aktie heiss gelaufen? Wann liegt der Markt am Boden? TE & ZERTIFIKATE (siehe Seite 18). Wann ist eine Aktie extrem billig? Es braucht also Kriterien Dabei ist „Trend“ hier durchaus vielseitig gemeint. Denn für Kauf und Verkauf. Und die könnten nun mal Charttech- nicht jede Aktie, die an der Börse unter ihrem fairen Wert nik und Fundamentalanalyse liefern. Auch wenn sie nicht notiert, ist auch wirklich kaufenswert. Das Unternehmen vor Fehlschlägen schützen, sie scheinen immer noch bes- braucht einen gewissen Charme, einen Reiz, eine Anzie- ser als das blosse Bauchgefühl, auf das Kostolany immer hungskraft auch auf andere Anleger, um interessant zu sein. wieder anspielt und das ihn, so berichtete er stolz, mehr- Nur „billig“ reicht oft nicht. Das ist der eine „Trend“. fach an den Rand des Ruins gebracht hat. Doch beide (Fortsetzung des Titelthemas auf Seite 16) 14 BNP PARIBAS
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 TITELTHEM A DIE FUNDAMENTALANALYSE – AUF DER SUCHE NACH DEM INNEREN WERT Wie in der charttechnischen Analyse gibt es auch in der Mehrwert ein Unternehmen für einen Aktionär in der Fundamentalanalyse zahlreiche verschiedene Ansätze. Zukunft erwirtschaftet. Warren Buffett, einer der be- Die „eine“ Fundamentalanalyse gibt es nicht. Im We- kanntesten Vertreter der Fundamentalanalyse, beschreibt sentlichen geht es aber bei allen Ansätzen darum, un- den inneren Wert als die abgezinste Menge Geld, die terbewerte Aktien zu finden. Der Fundamentalanalyst aus einem Unternehmen über die Lebenszeit herausge- geht nämlich davon aus, dass jedes Unternehmen un- zogen werden kann. Er sagt: „Der Preis ist das, was man abhängig von seinem jeweiligen Aktienkurs einen inne- für eine Aktie zahlt. Der innere Wert ist das, was man ren, einen wirtschaftlich realen, einen fairen Wert hat, für den Preis bekommt.“ der sich berechnen lässt. Dieser innere Wert wird mit Aber auch er vertraut nicht nur dem inneren Wert. Da- dem aktuellen Aktienkurs verglichen. Notiert der Akti- mit er ein Unternehmen kauft, muss dieses sozusagen enkurs darunter, ist die Aktie an der Börse unterbewer- ein Aufnahmeverfahren durchlaufen. Der innere Wert tet, liegt er darüber, ist sie überbewertet. Das Papier ist dabei nur ein Kriterium. Weitere sind etwa, dass das wird bei einer Unterbewertung gekauft, weil der Funda- Unternehmen ein Produkt herstellen muss, das der mentalanalyst davon ausgeht, dass an der Börse früher Milliardär versteht. „Kaufe nur, was du verstehst“, sagt oder später immer der innere Wert einer Aktie ange- Buffett. Darum hat er sich auch von Technologie-Aktien steuert wird. Die Börse ist aus diesem Blickwinkel rati- lange Zeit ferngehalten. Zudem müssen die Unternehmen onal, zumindest unter mittel- bis langfristigen Gesichts- über einen längeren Zeitraum stabile Erträge erwirt- punkten. Kurzfristig kann es natürlich immer wieder zu schaften und das Management muss seine Qualität Abweichungen kommen, die zum antizyklischen Handeln bewiesen haben. Turnaround-Storys, die Spekulation auf genutzt werden können. ein neues Management und so weiter – all das nimmt Buffett in sein Portfolio nicht auf. Damit ist Buffetts Grosse Anzahl an Kennzahlen. Für die Bestimmung des Ansatz der Fundamentalanalyse deutlich komplexer als inneren Wertes eines Unternehmens haben die Funda- oft angenommen. mentalanalysten eine Vielzahl von Bilanz- und Kenn- zahlen unter Beobachtung. Das können relativ einfache Kennzahlen sein, etwa die aktuelle Marktkapitalisierung eines Unternehmens an der Börse ins Verhältnis gesetzt zu seinem Gewinn oder Umsatz. Die sich daraus zu er- rechnenden Relationen – das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) – sind wohl die bekanntesten Kennzahlen der Fundamental- analyse. Ihre Aussagekraft ist allerdings begrenzt, da sie auf Zahlen beruhen, die sich sehr schnell ändern können oder ohnehin nur Prognosen sind. Aussagekräf- tiger sind da schon die sogenannten Rentabilitätskenn- zahlen, etwa die Eigenkapitalrentabilität. Sie zeigen an, wie profitabel ein Unternehmen wirtschaftet. Buffetts Vorgehen ist komplex. Wichtig dabei ist: Den einen inneren Wert eines Unternehmens gibt es nicht. Glatt müssen die Skier sein. Das macht ihren inneren Wert aus. Grob geht es immer nur darum, abzuschätzen, welchen Auch der Fundamentalanalyst sucht danach. BNP PARIBAS 15
TITELTHEM A MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 Blick durch die Skibrille, bei dem sich Rechts und Links prima ergänzen, auch wenn es Abweichungen bei der Be- trachtung gibt? Es ist sicherlich richtig, dass sich technische Analyse und Fundamentalanalyse nicht grundsätzlich aus- schliessen. Viele Fundamentalanalysten greifen zum Schluss ihrer Auswertungen auf die Charttechnik zurück, um das Timing, den konkreten Kauf- und Verkaufszeitpunkt, festzu- legen, wie Egmond Haidt. Und technische Analysten bedie- nen sich häufig der Fundamentalanalyse, um ihre Chart- auswertung zu untermauern; die konjunkturelle Entwicklung, die aktuellen Nachrichten – auch eingefleischte Charttech- niker verschliessen sich solchen Einflüssen nicht, wie Harald Weygand durchblicken lässt. Auch er prüft, „wie die Märk- Gute Laune bei Warren Buffett – mit der Eigenkapital- te auf positive und negative Nachrichten reagieren“. rentabilität im Blick wurde er reich. Doch das Verhältnis ist komplizierter. Nicht für jeden Anle- ger, in jedem Markt, bei jeder Aktie und in jeder Situation EIGENKAPITALRENTABILITÄT – DARAUF ACHTET AUCH WARREN BUFFETT sind Charttechnik und Fundamentalanalyse geeignet. Beide haben klare Grenzen, die nicht überschritten werden soll- Zur Bestimmung des inneren Wertes einer Aktie hält die Fun- ten. Wenn die technische Analyse etwa darauf beruht, dass damentalanalyse viele Kennzahlen bereit. Eine wichtige ist die viele Anleger einen Blick zurück werfen und sich an vergan- Eigenkapitalrentabilität. Sie errechnet sich, indem der Gewinn eines Unternehmens ins Verhältnis zum Eigenkapital gesetzt genen Kursentwicklungen orientieren, dann kann man mit wird. Die Rechnung lautet: Gewinn / Eigenkapital x 100 %. Bei ihr nicht in Märkten arbeiten, in denen nur wenige Inves- einem Gewinn von 50.000 Franken und einem Eigenkapital von toren unterwegs sind. Das gilt am Aktienmarkt insbeson- 1 Million Franken ergibt sich demnach eine Eigenkapitalrenta- dere für die Small und Mid Caps. Bei den klein- bis mittel- bilität von 5 Prozent. gross kapitalisierten Gesellschaften kommen oft an einem Grundsätzlich wird eine hohe Eigenkapitalrentabilität als posi- tives Zeichen gewertet, das auf ein wirtschaftlich gut aufgestell- Tag nur sehr wenige Kurse zustande. Hier auf das Massen- tes Unternehmen hindeutet. Allerdings gibt es Unterschiede phänomen „self-fulfilling prophecy“ zu setzen ist nicht zwischen den Branchen. Branchen, in denen traditionell hohe ratsam. Doch die Einschränkung geht noch viel weiter. Investitionen getätigt werden müssen, weisen in der Regel im Beobachter bestreiten auch für viele Rohstoffe und Wäh- Schnitt eine niedrige Eigenkapitalrentabilität auf. Die Eigenka- rungen die Sinnhaftigkeit einer technischen Analyse. Was pitalrentabilität wird auch von Warren Buffett zur Bestimmung unter Umständen bleibt, sind die grossen umsatzstarken des inneren Werts einer Aktie herangezogen. Buffett bevorzugt grundsätzlich Unternehmen mit hoher Eigenkapitalrentabilität. Märkte, deren Indizes wie DAX und Dow Jones und die in ihnen jeweils zusammengefassten Aktien, die sogenannten Blue Chips. Damit hätte die technische Analyse möglicher- weise eine erhebliche Einschränkung hinzunehmen. Der andere: Auch Egmond Haidt achtet, bevor er kauft, auf Man muss sich also sehr genau überlegen, wann und wo die Charttechnik. „Ich würde nie eine Aktie kaufen, wenn es Sinn macht, auf die technische Analyse zurückzugreifen. ich sie nach der Fundamentalanalyse für kaufenswert hiel- Das gilt aber auch für die Fundamentalanalyse. Allein ein te, der Kurs aber auf Talfahrt ist“, erklärt er uns. Oder anders Blick auf die Anlagestrategie von Warren Buffett zeigt, wo ausgedrückt: Auch für den Fundamentalanalysten Haidt ist die Grenzen der Fundamentalanalyse verlaufen (siehe der technische Trend wichtig. Seite 15). Turnaround-Storys, junge Tech-, Internet- und Biotech-Schmieden, all diese Unternehmen lassen sich Das Verhältnis ist kompliziert. Löst sich damit der anfangs anhand von Fundamentaldaten nicht empfehlen. Denn erwähnte Streit zwischen „Chartis“ und „Fundis“ auf? Glei- diese Unternehmen produzieren auf Jahre gesehen vor allem chen Charttechnik und Fundamentalanalyse doch nur dem eins: Verluste. Nicht ohne Grund hat sich Buffett jahrzehn- 16 BNP PARIBAS
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 TITELTHEM A FUNDAMENTALANALYSE – TOP-DOWN UND BOTTOM-UP Quelle: eigene Darstellung ZWEI WEGE, EIN ZIEL In der Fundamentalanalyse sind grundsätzlich zwei Wege für wird geschaut, wie intakt das Umfeld ist. Erst wenn auch die ein Investment möglich: der Top-down- und der Bottom-up- Branchen- und die Globalanalyse grünes Licht geben, kommt Ansatz. Beim Top-down-Ansatz werden vom Analysten zuerst ein Einstieg infrage. Warren Buffett ist ein Vertreter des Bottom- der Markt und dann die Branchen analysiert. Dadurch findet up-Ansatzes. Der Fundamentalanalyst Egmond Haidt favorisiert ein Selektionsprozess statt. Am Ende des Prozesses bleibt nur hingegen die Top-down-Analyse. Über die Beobachtung der noch ein bestimmtes Spektrum an Unternehmen übrig, die Konjunkturdaten, des Anleihemarkts in den USA, von Währun- interessant sind. Diese werden dann auf ihren inneren Wert gen und Rohstoffen, nähert er sich nach und nach dem Akti- hin untersucht. Beim Bottom-up-Ansatz wird hingegen der enmarkt, erklärt uns der Experte in einem Gespräch (siehe umgekehrte Weg eingeschlagen. Es wird zuerst nach Unter- Seite 18). Erst dann folgt ein Blick auf die fundamentalen nehmen gesucht, die an der Börse unterbewertet sind. Dann Kennzahlen der Unternehmen. telang gegen eine Aufnahme von Technologie-Aktien in sein scheint. Denn nach einigen Minuten kommt der Fundamen- Portfolio gewehrt. Wo bleibt da noch der Kick, der Spass talanalyst zurück. Er lacht und reicht dem Charttechniker beim Anlegen? die Hand: „Stimmt, ein Chart sagt mehr als tausend Worte. Bevor sich ein Anleger der technischen oder der Fundamen- Mit einem Chart kann ich mein Timing zum Kauf einer un- talanalyse widmet, muss er sich auch die Frage stellen, was terbewerteten Aktie optimieren.“ Der technische Analyst er eigentlich will und welcher Anlegertyp er ist. Welcher nickt zustimmend: „Genau, und die Fundamentalanalyse Markt soll gehandelt werden? Welche Aktien sollen früher hilft mir, die Nachhaltigkeit und die Dauer des Trends grob oder später im Depot landen? Erst wenn diese Fragen be- einzuschätzen.“ Doch schon am darauffolgenden Tag hocken antwortet sind, macht es Sinn, sich einer Analysemethode sich beide am Schreibtisch gegenüber. Während sich der genauer zu widmen. technische Analyst durch unzählige Charts arbeitet und dabei nach bestimmten Mustern in den Kursverläufen Der Bessere sein. Technische Analyse und Fundamental- Ausschau hält, tippt der Fundamentalanalyst scheinbar analyse schliessen sich nicht aus, sie ergänzen sich aber unendliche Zahlenkolonnen in seinen Rechner. Auf beiden auch nicht unbedingt, zumindest nicht immer, nicht überall Seiten herrscht eisiges Schweigen und die Überzeugung, und nicht für jeden. Eine Einsicht, die auch unseren beiden doch der Bessere zu sein. (oh) eingangs erwähnten Analysten durch den Kopf zu gehen BNP PARIBAS 17
TITELTHEM A MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 „EINEN TREND SPIELEN.“ INTERVIEW MIT EGMOND HAIDT UND HARALD WEYGAND EGMOND HAIDT UND HARALD WEYGAND, JEDER VON IHNEN IST EXPERTE AUF SEINEM GEBIET. EGMOND HAIDT IST FUNDAMENTALANALYST, HARALD WEYGAND TECHNISCHER ANALYST. MÄRKTE & ZERTIFIKATE SPRICHT MIT IHNEN ÜBER IHRE HERANGEHENSWEISE AN DIE MÄRKTE. MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Herr Weygand, Sie sind technischer MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Und wie finden Sie dann die Aktien, Analyst. Wie schauen Sie sich die Märkte an? die Sie kaufen möchten? Harald Weygand: Ich schaue mir die Charts und die Markt- Egmond Haidt: Wenn ich eine Aktie aussuche, gehe ich nach breite an, bewerte das Marktsentiment, prüfe, wie die Märkte dem eben skizzierten Schema vor. Wenn ich all das gemacht auf positive und negative Nachrichten reagieren und auf habe, schaue ich mir zum Schluss verschiedene Kennzahlen welche Nachrichten besonders starke Kursausschläge folgen, an, etwa die operative Gewinnmarge der einzelnen Unter- erstelle Relative-Stärke-Rankings und werte Intermarketkor- nehmen oder das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Dann sieht relationen aus. Im Vordergrund steht dabei die charttechnische man sehr schnell, ob eine Aktie über- oder unterbewertet Analyse. Dabei wird der Chart, der Kursverlauf, nach bestimm- ist. ten immer wiederkehrenden Mustern sondiert. MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Und Sie, Herr Weygand, was han- MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Welche Chartmuster sind das? deln Sie konkret? Harald Weygand: Ja, das sind vor allem Doppel- und Dreifach- Harald Weygand: Ich handle vornehmlich Indizes wie DAX, böden, inverse Schulter-Kopf-Schulter-Muster, Flaggen, Wim- Dow Jones und S&P 500, und Gold, Öl und Währungen. pel, Dreiecke und Keile. Als technisch ausgerichteter Händler muss ich dabei die unterschiedlichen Auflösungsvarianten, also MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Warum gerade diese Werte? wohin der Kurs nach einer solchen Formation ausbrechen Harald Weygand: Nun, ich kann in diesen Basiswerten könnte, und Auflösungswahrscheinlichkeiten dieser Muster grosse Positionen schnell eröffnen und schliessen, ohne kennen, um sinnvoll meinen Stop-Loss, meinen Take-Profit den Kurs durch mein Handeln selbst zu beeinflussen. Ob und das Money-Management ermitteln zu können. ich aber einen Index oder eine Aktie technisch auswerte, spielt keine Rolle. Das Vorgehen ist immer das gleiche. Man MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Das hört sich alles sehr technisch an. mag es kaum glauben, aber die Hauptinformation rezipiere Wie gehen Sie, Herr Haidt, denn bei Ihrer Analyse vor? Sie sind ich bei einem schnellen Blick auf den blanken Chart. Wo ja Fundamentalanalyst. ich früher als Student Stunden analysiert habe, benötige Egmond Haidt: Ja, richtig, ich betrachte die Märkte anders, ich heute einige wenige Blicke, und schon habe ich meine auch wenn mir das Vorgehen meines Kollegen nicht fremd ist. Meinung zu dem Basiswert. Ich verfolge vor allem die Konjunkturdaten aus den USA und China. Aber auch die Eurozone habe ich im Blick. Zudem be- MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Können Sie denn der Fundamen- obachte ich die Entwicklung am US-Anleihemarkt. Wenn die talanalyse etwas abgewinnen, Herr Weygand? Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sinken, wie sie es seit ei- Harald Weygand: Die Fundamentalanalyse hat sicherlich nigen Monaten tun, deutet das auf eine deutliche Eintrübung ihre Daseinsberechtigung. Sie ist nützlich, wenn der Anleger der langfristigen Perspektiven für die Wirtschaft hin. Ein sehr sie beherrscht. Wir sind aber an den Finanzmärkten, es geht wichtiger Indikator ist zudem die Zinsstrukturkurve, gerade um viel Geld, man konkurriert mit den besten Analysten. der Zinsaufschlag für zehnjährige US-Anleihen gegenüber Als Anleger sollte man also genau wissen, was man kann. zweijährigen. Wenn er immer kleiner, die Kurve immer flacher Die Fundamentalanalyse ist sehr komplex. Bei den grossen wird, signalisiert das eine Eintrübung für die Wirtschaft. Zudem Investmenthäusern arbeiten Teams mit vielen Experten an habe ich auch den Währungs- und Rohstoffmarkt im Blick. solchen Analysen. Kann ein Privatanleger tatsächlich das 18 BNP PARIBAS
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | MÄRZ 2019 TITELTHEM A bewerkstelligen, woran im professionellen Bereich ganze MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Haben Sie denn für uns einen Teams arbeiten? unter fundamentalen Aspekten interessanten Tipp für 2019? MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Aber man könnte berühmte Vor- Egmond Haidt: Wenn viele Einkaufsmanagerindizes wie bilder suchen und sich an ihnen orientieren? Etwa an derzeit auf Talfahrt sind, während die Zinsen für zehnjäh- Warren Buffett? rige US-Anleihen sinken, was eine Eintrübung der US- Harald Weygand: Viele Fondsmanager und Privatanleger Wirtschaft widerspiegelt, sind Aktien von Zyklikern wie versuchen den Investmentstil von Warren Buffett nachzu- Daimler, Continental oder Infineon auf Talfahrt. Dann macht ahmen, richtig. Aber den allermeisten gelingt es nicht. Der es Sinn, diesen Trend zu spielen, bis sich das Umfeld än- Ansatz ist nämlich weniger einfach, als ihn Buffett selbst dert. Ich fürchte also, dass sich die Kursrückgänge etwa beschreibt. im DAX noch ausweiten. MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Was sagen Sie, Herr Haidt, dazu? MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Und Herr Weygand, Ihr Tipp für Kann ein Privatanleger fundamental arbeiten? 2019? Egmond Haidt: Ja, in Zeiten des Internets ist das möglich. Harald Weygand: Ich erwarte auf Basis meiner charttech- Man kann problemlos die wichtigen Nachrichten und eine nischen Auswertungen einen schwächeren US-Dollar. Auf- Reihe von Konjunkturdaten finden, etwa auf den Seiten des grund der gegenläufigen Intermarketkorrelation dürften Institute of Supply Management (ISM). Zudem kann man Edelmetalle und Goldminen-Aktien steigen. Ein abwerten- die Geschäftsberichte eines Unternehmens herunterladen. der US-Dollar bedeutet auch Chancen für Aktien aus den Und man findet im Internet viele Daten zu den Unternehmen, Emerging Markets. etwa die Gewinnschätzungen. Damit kann man als Privat- anleger gut arbeiten. MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Gibt es für den interessierten Neueinsteiger Bücher, die Sie uns empfehlen können? MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Was sagen Sie denn als Funda- Harald Weygand: Ich empfehle „Technische Analyse“ von mentalanalyst zur technischen Analyse? Jack D. Schwager und „Technische Analyse der Finanzmärk- Egmond Haidt: Ich sehe die technische Analyse positiv. te“ von John J. Murphy. Häufig bestätigt die technische Analyse die Einschätzung, Egmond Haidt: „Finanznachrichten lesen – verstehen – zu der man durch die Fundamentalanalyse gekommen ist. nutzen“ von Rolf Beike und Johannes Schlütz, und „Unter- Ich würde nie eine Aktie kaufen, wenn ich sie nach der nehmensbewertung & Kennzahlenanalyse“ von Nicolas Fundamentalanalyse für kaufenswert hielte, der Kurs aber Schmidlin. (oh) auf Talfahrt ist. EGMOND HAIDT HARALD WEYGAND Nach einer Lehre zum Bankkaufmann und einem Harald Weygand entschied sich nach dem grossen BWL-Studium begann Egmond Haidt im Jahr 2000 Staatsexamen in Medizin für seine Leidenschaft, das als Redakteur beim Anlegermagazin Börse Online. Trading der Finanzmärkte. Seit 1998 ist er als pro- Seit 2013 ist er als freier Finanzjournalist tätig fessioneller Trader aktiv. Er ist Gründer des Portals und schreibt für verschiedene Publikationen. Jeden godmodetrader.de und Mitbegründer der BörseGo Dienstag um 18 Uhr analysiert Egmond Haidt live AG. In der jeden Montag um 19 Uhr stattfindenden in der von BNP Paribas in Frankfurt veranstalteten und von BNP Paribas in Frankfurt veranstalteten Sendung „Euer Egmond“ die Märkte unter funda- Sendung „Rendezvous mit Harry“ analysiert Harald mentalen Aspekten. Die Sendung kann auch nach- Weygand die Märkte mithilfe der Charttechnik. Die träglich auf www.bnp.de abgerufen werden. Sendung ist auf www.bnp.de abrufbar. Die im Interview geäusserten Meinungen geben nicht die Ansichten der Redaktion oder des Herausgebers wieder. BNP PARIBAS 19
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