Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch

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Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
2/2015

Thema Umwelt

         Bauen für die Zukunft
Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
Pusch-Wanderausstellung

«Wasser – alles klar!»

Die Ausstellung «Wasser – alles klar!» vermittelt spielerisch Wissenswertes rund ums Wasser und
gibt konkrete Handlungstipps für den Alltag. Das Herzstück der Ausstellung sind sechs Experimente:
Schöpfend, schaltend und waltend setzen sich die Besucherinnen und Besucher mit der Rolle des
Wassers in unserer Gesellschaft auseinander.

Die Ausstellung richtet sich an Erwachsene und Jugendliche ab 10 Jahren. Sie ist ein publikumswirk-
sames Kommunikationsmittel für Umwelttage, Märkte, Messen oder für Anlässe in Wasserversor-
gungen, Kläranlagen und anderen Betrieben. Auch für den Einsatz an Projekttagen in Schulen eignet
sich «Wasser – alles klar!» optimal.

Holen Sie «Wasser – alles klar!» zu sich!
Informationen und Reservation: Mehmet Özcan, mehmet.oezcan@pusch.ch, 044 267 44 13
www.pusch.ch/wasserausstellung
Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
Editorial | Thema Umwelt 2/2015    3

Inhalt

Leitartikel
                                                            Von Kühlschränken und
Bauen für die Zukunft
Marianne Stünzi
                                                    4       Gebäuden
                                                            Wenn der Kühlschrank den Geist aufgegeben hat und wir ihn
Bauen für die Zukunft
                                                            ­ersetzen müssen, haben wir uns schon an den Gedanken
Gesund und ökologisch bauen –
warum und wie?                                     6        ­gewöhnt: Nicht nur der Anschaffungspreis ist wichtig. Auch die
Barbara Sintzel                                               Grösse muss passen und der Energieverbrauch spielt eine Rolle.
Nachhaltig Bauen nach Schweizer Art                8
Joe Luthiger                                                Was für Kühlgeräte mit einer Lebensdauer von rund zehn Jahren
Bauen für die 2000-Watt-Gesellschaft             10        gilt, gilt erst recht für Gebäude mit einer Lebensdauer von Gene-
Jules Pikali
                                                            rationen. Entscheidend sind nicht allein die Investitionskosten,
Planungswerkzeuge erleichtern die
Umsetzung12                                                sondern die Kosten über den ganzen Lebenszyklus hinweg.
Barbara Sintzel

Menschen im Zentrum des nachhaltigen                        Dennoch finden sich in Kreditanträgen für Bauvorhaben in der
Bauens14                                                   Regel ausschliesslich die Investitionskosten für die Erstellung
Thea Rauch
                                                            und für einen allfälligen Landerwerb. Zu den Kosten, die der
Sekundärrohstoffe im Hoch- und Tiefbau 16
Karl Vogler, Bruno Suter                                    ­Betrieb mit sich bringen wird, schweigen sie sich meist aus.
                                                             Das gilt erst recht für externe Kosten, die aus der Belastung von
Standpunkte                                                 ­ mwelt und Gesundheit resultieren. Diese kurzfristige Sicht
                                                            U
Kontroverse um die Sanierungspflicht                        ­verhindert nachhaltige und aus langfristiger Sicht wirtschaftliche
für Altbauten                                    18
Thomas Ammann, Florian Brunner                               Bauprojekte.

                                                            Beim Kauf eines neuen Kühlschranks stehen uns Topten, die
Umweltschutz in der Gemeinde
                                                            Energieetikette oder das Energy-Label als Entscheidungshilfe zur
Ittigen setzt sich fürs Klima ein                20
Priska Messmer                                              Verfügung. Für das nachhaltige Bauen und Sanieren sind es
Freizeitangebote im Wald                         21        ­erprobte Standards, die die Ziele vorgeben, und Merkblätter, die
Chueky Dhidugong Asch
                                                             sich direkt in Wettbewerbe oder Werkverträge einbinden lassen.

Pusch aktuell                                               Nachhaltiges Bauen ist zwar komplex, aber keine Hexerei. Wenn
Mehr Natur in der Gemeinde –                                wir den Bodenverbrauch stoppen, die Energiewende ernst neh-
die grosse Chance!                               22
Kim Rüegg                                                   men und uns auf den Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft machen
Pusch-Agenda24                                             wollen, führt kein Weg daran vorbei.

… und ausserdem26

                                                            Marianne Stünzi
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                                                            stv. Geschäftsleiterin Pusch
Klimaschutz in der Ernährung
Erscheint Ende September 2015

Impressum Ausgabe 2/2015, Juni 2015
Herausgeber Praktischer Umweltschutz Schweiz Pusch,
Hottingerstr. 4, Postfach 211, 8024 Zürich, Telefon
044 267 44 11, mail@pusch.ch, www.pusch.ch Redaktion
Marianne Stünzi, Priska Messmer, Anja Stettin ­Satz
und Bild Peter Nadler, Fällanden Druck Galledia AG,
Flawil, klimaneutral gedruckt auf Rebello-Recyclingpapier
Abonnement CHF 50.– pro Jahr, das Abo ist im Pusch-
Mitglieder­beitrag inbegriffen Einzelpreis CHF 15.–
                                                            Leserservice | Auf der Website von Pusch finden Sie weitere Informationen,
Auflage 1800 Ex. Erscheint vierteljährlich Titelbild        nützliche Adressen, Publikationshinweise und Links zum Thema «Bauen für die
Eawag ISSN 2296-6315                                        Zukunft»: www.pusch.ch/dossier
Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
4   Thema Umwelt 2/2015 | Leitartikel

                                                                                                                                         Andri Bryner, Eawag

    Nachhaltige Bauten machen die höheren Investitionskosten durch den geringeren Betriebsaufwand meist wieder wett. Das zeigt auch das Beispiel des Ver-
    waltungs- und Forschungsgebäudes Forum Chriesbach der Eawag in Dübendorf, das zahlreiche Preise gewonnen und internationale Beachtung gefunden hat.

    Bauen für die Zukunft
                    Rund 15 Milliarden Franken investiert die öffentliche Hand jährlich in den Bau von Schulen,
                    Kindergärten, Verwaltungsgebäuden oder Werkhöfen. Dabei beeinflussen Bodenverbrauch,
                    Energiebedarf und Materialwahl die Umwelt erheblich. Mit zukunftsfähigen und ökologischen
                    Bauten können Gemeinden ihre Verantwortung wahrnehmen, die Kosten optimieren und ihrer
                    Vorbildfunktion gerecht werden. Wissen und Werkzeuge sind vorhanden.

    MARIANNE STÜNZI Wohn-, Geschäfts- und             denen Ressourcen mit Mass zu nutzen, und           Die Gesamtenergiebilanz ist wichtig
    Infrastrukturbauten überdauern Generationen.      strebt eine global gerechte Verteilung an. Um      Der Schweizer Gebäudepark beansprucht
    Sie sind eine wichtige Voraussetzung für die      dieses Ziel bis ins Jahr 2150 zu erreichen,        rund die Hälfte des gesamten Energiever-
    Funktionstüchtigkeit von Wirtschaft und Ge-       müssen wir in der Schweiz den Primärenergie-       brauchs und ist für rund 40 Prozent der CO 2-
    sellschaft. Wer heute baut, muss folglich eine    bedarf in den nächsten 35 Jahren halbieren         Emissionen verantwortlich. Entsprechend
    Vorstellung davon haben, wie wir in 30, 50        und die Treibhausgasemissionen um mehr als         gross ist hier das Potenzial für Einsparungen.
    oder mehr Jahren wohnen, arbeiten und uns         drei Viertel senken. Das gelingt nur, wenn wir     Früh erkannt hat das der Verein Minergie.
    fortbewegen werden. Da sind langfristiges         Energie effizienter nutzen, erneuerbare statt      Vor zwanzig Jahren war Bauen im Minergie-
    Denken und Visionen gefragt.                      fossile Energie einsetzen und unsere Lebens-       standard noch eine Pioniertat. Heute gehört
      Eine dieser Visionen ist die 2000-Watt-Ge-      qualität nicht mehr länger an einen stetig         es schon fast zum guten Ton. Rund ein Viertel
    sellschaft. Sie verfolgt das Ziel, die vorhan-    steigenden materiellen Standard koppeln.           aller Neubauten wird nach Minergiestandard
Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
Dossier | Bauen für die Zukunft                5

erstellt. Diese Niedrigenergiebauten dürfen
für Heizung, Warmwasser, Kühlung und Lüf-                          Ziele des nachhaltigen Bauens
tung maximal drei Viertel der Energie und nur                      Gesellschaft                Wirtschaft                Umwelt
halb so viel fossile Energie verbrauchen wie                        Gestalterische und          Optimierung der          Einsatz erneuerbarer Ressourcen
gewöhnliche Bauten. Noch strenger sind die                         ­städtebauliche Quali-      ­Lebenszykluskosten       und effizienter Umgang mit nicht
Auflagen bei den erweiterten Labels Miner-                          täten                                                erneuerbaren Ressourcen
gie-P (Niedrigstenergiebau) und Minergie-A                         Bauen für alle              Marktfähigkeit            Klimaschutz
(Plusenergiebau).                                                  Individuelle Gestaltungs-   Finanzierbarkeit und      Effizienter Umgang mit Stoffen
   In eine Gesamtenergiebilanz gehört neben                        spielräume                  Handelbarkeit             und minimieren der Schadstoff-
der Betriebsenergie auch die graue Energie:                                                                              konzentrationen
diejenige Energie, die vom Abbau der Rohstoffe                     Räume für soziale           Regionalökonomischer      Minimieren der Umwelt­
über die Produktion der Baustoffe bis zur Fer-                     Kontakte                    Beitrag                   auswirkungen

tigstellung des Gebäudes aufgewendet wurde.                         Gesundheit und                                       Naturräume und Artenvielfalt
Minimierte Untergeschosse, eine kompakte                           ­Wohlbefinden                                         ­erhalten sowie Boden schützen

Form sowie langlebige Konstruktionen und                           Nachhaltiges Bauen bezieht die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit in Planung,
Oberflächenmaterialien wirken sich günstig                         Bau und Betrieb mit ein und berücksichtige den gesamten Lebenszyklus einer Immo-
aus. Auch die Wahl der Baustoffe ist entschei-                     bilie von der Planung bis zum Rückbau. (Quelle: NNBS)

dend. So enthalten beispielsweise aus Erdöl
hergestellte Polystyrolplatten wesentlich mehr
graue Energie als mineralische Steinwolle oder
gar Dämmmaterialien aus nachwachsenden
Rohstoffen wie Weichfaserplatten.                 Wahl der Baumaterialien. Diese sollten zudem         kauf von Bauland oder Baurechtsverträge las-
   Einen positiven Einfluss auf die graue Ener-   möglichst frei von Schadstoffen sein. Kom-           sen sich an entsprechende Auflagen knüpfen.
gie hat auch der Einsatz von Recyclingbaustof-    pakte Baukörper helfen, den Bodenverbrauch           Dasselbe gilt für Gestaltungs- und Sondernut-
fen. Deren Aufbereitung verbraucht weniger        in Grenzen zu halten, und eine naturnahe             zungspläne, die es erlauben, von der regulären
Energie als die Produktion von Primärbau-         Umgebungsgestaltung fördert die Biodiversi-          Bauordnung abweichende Rahmenbedingun-
stoffen. Zudem helfen sie, die natürlichen        tät. Mit in die Betrachtung gehört auch der          gen zu definieren.
Rohstoffe zu schonen und Deponieraum zu           Standort, der möglichst gut durch den öffent-           Mit verschiedenen Standards, Labels, Merk-
sparen. In die Welt der Märchen gehört hin-       lichen Verkehr erschlossen sein sollte.              blättern und weiteren Hilfsmitteln steht öffent-
gegen das gängige Vorurteil, dass Anlagen zur     ▸ ▸ Schadstofffreie Materialien und eine qua-        lichen und privaten Bauherren eine breite
Gewinnung von Sonnenenergie viel graue            litativ hochwertige Umgebung wirken sich             Palette an erprobten Werkzeugen für eine
Energie binden: Bei Sonnenkollektoren ist die     gleichzeitig positiv auf die Gesundheit und das      erfolgreiche Planung und Realisierung zur Ver-
graue Energie bereits nach zwei Jahren, bei       Wohlbefinden der Nutzerinnen und Nutzer              fügung. Wichtige Erfolgsfaktoren sind zudem
Photovoltaikanlagen der heutigen Generation       aus. Aus gesellschaftlicher Sicht wichtig sind       klare und überprüfbare Vorgaben in einer mög-
nach drei Jahren kompensiert.                     zudem eine gute architektonische Gestaltung,         lichst frühen Projektphase, der rechtzeitige
   Eine Gesamtenergiebilanz unter Berücksich-     Räume für soziale Kontakte, ausreichendes            Einbezug ausgewiesener Fachexperten und
tigung der grauen Energie kann auch als Ent-      Tageslicht und der Schutz vor Lärm und               -planer sowie ein Qualitätsmanagement.
scheidungshilfe dienen, wenn es darum geht,       Strahlung.                                              Gemeinden nehmen für das nachhaltige
ein bestehendes Gebäude zu sanieren oder          ▸ ▸ Aus wirtschaftlicher Sicht schliesslich steht    Bauen eine Schlüsselrolle ein. Pusch unter-
einen Ersatzbau zu realisieren. Ersatzbauten      die Optimierung der Lebenszykluskosten               stützt sie dabei mit praxisnahen Kursen, die
aus Gründen der Energieeffizienz sind nicht       von der Erstellung über den Betrieb bis zum          erprobte Labels und Standards vorstellen und
in jedem Fall sinnvoll, denn mit dem Abriss       Rückbau im Zentrum. Dabei zeigt sich, dass           anhand von Praxisbeispielen Stolpersteine und
geht viel graue Energie verloren. Gleichzeitig    nachhaltiges Bauen die allenfalls höheren In-        Erfolgsfaktoren beleuchten. Der nächste Kurs
können Ersatzbauten zum Verlust kultureller       vestitionskosten durch tiefere Betriebskosten        wird 2016 stattfinden.
und sozialer Werte führen. Diese Werte müs-       nach wenigen Jahren kompensiert. Mit der                                           Links und weitere Infos:
sen jedoch zwingend in die Abwägung der           Wahl einheimischer und erneuerbarer Mate-                                           www.pusch.ch/dossier
                                                                                                                                      www.pusch.ch/agenda
verschiedenen Interessen einfliessen.             rialien und Energieträger leistet nachhaltiges
                                                  Bauen zudem einen Beitrag zur regionalen
Alle Dimensionen der Nachhaltigkeit               Wertschöpfung.
berücksichtigen
Nachhaltiges Bauen geht aber über die Reduk-      Die öffentliche Hand als Vorbild
tion des Energieverbrauchs hinaus. In eine        Die öffentliche Hand tätigt mit jährlich 15 Mil-
Gesamtbetrachtung gehören Kriterien aus           liarden Franken mehr als ein Viertel der
allen drei Nachhaltigkeitsdimensionen: gesell-    gesamten Bauinvestitionen in der Schweiz.
schaftliche, wirtschaftliche und ökologische      Mit nachhaltigem Bauen können Städte und
(siehe Tabelle).                                  Gemeinden ihre Vorbildrolle und ihre Verant-
▸ ▸ Aus Umweltsicht stehen der Einsatz erneu-     wortung gegenüber der Bevölkerung, den Be-
erbarer Ressourcen und der sparsame Einsatz       nutzerinnen und Benutzern und der Umwelt
                                                                                                                  Marianne Stünzi, stv. Geschäftsleiterin,
von nicht erneuerbaren Ressourcen im Vorder-      wahrnehmen.
                                                                                                                  Pusch, Postfach 211, 8024 Zürich,
grund. Das gilt sowohl für die Versorgung des        Das gilt nicht nur für die gemeindeeigenen                   044 26744 72, www.pusch.ch,
Gebäudes mit Energie und Wasser wie für die       Neubauten oder Sanierungen. Auch der Ver-                       marianne.stuenzi@pusch.ch
Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
6   Thema Umwelt 2/2015

    Gesund und ökologisch bauen – warum und wie?
                       Gesundes und ökologisches Bauen bietet Vorteile für die Umwelt und die Menschen, die in
                       den Gebäuden arbeiten oder wohnen. Es nützt aber auch den Eigentümern, weil die Gebäude
                       qualitativ meist besser, wertbeständiger und im Betrieb günstiger sind als konventionelle.
                       ­Damit diese Vorteile zum Tragen kommen, muss ein Projekt von Anfang an richtig aufgegleist
                       und konsequent durchgezogen werden.

    BARBARA SINTZEL Die Art und Weise, wie ge-                                                           guten und behaglichen Innenraumklima. Das                                        tiges Bauen die Emission von Schadstoffen.
    baut wird, hat grossen Einfluss auf die Umwelt                                                       ist insofern wichtig, als wir – je nach Quelle –                                 Diese Vorteile gelten über den gesamten
    und die Menschen, die sich in den Gebäuden                                                           durchschnittlich 80 bis 90 Prozent unseres                                       Lebenszyklus, also vom Bau, über den Betrieb
    aufhalten. Insofern müsste das gesunde und                                                           Lebens in Gebäuden verbringen. Zu einem                                          bis zum Rückbau.
    ökologische Bauen heute eigentlich der Nor-                                                          guten Innenraumklima tragen unter anderem
    malfall sein. Die Wirklichkeit sieht aber anders                                                     schadstoffarme Materialien, optimale Tages-                                      Konzepte sind vorhanden
    aus. Viele Baumaterialien enthalten noch Be-                                                         lichtverhältnisse und geringe Lärm- und Strah-                                   Nachhaltiges Bauen hat zuweilen noch den
    standteile, die zu gesundheitlichen Problemen                                                        lenbelastung bei.                                                                Ruf, besonders komplex und aufwendig zu
    führen können, schwierig zu entsorgen sind                                                              Den Eigentümern bringen nachhaltige Ge-                                       sein. Die Praxis zeigt, dass es zwar eine
    oder Gewässer belasten. Zu oft noch werden                                                           bäude eine bessere Wirtschaftlichkeit und eine                                   anspruchsvolle, aber durchaus lösbare Auf-
    Gebäude gebaut, die unnötig viele Ressourcen                                                         höhere Wertbeständigkeit. Ein wesentlicher                                       gabe ist, sofern es systematisch betrieben
    verbrauchen, in die zu wenig Tageslicht dringt,                                                      Grund hierfür ist die höhere Flexibilität, die                                   wird. Und: Nachhaltig Bauen braucht ein
    die nicht richtig gelüftet werden können oder                                                        ein nachhaltiges Gebäudekonzept mit sich                                         Qualitätsmanagement.
    Lärm unzureichend dämmen.                                                                            bringt. Auch führt die intensive Auseinander-                                       Mittlerweile stehen Planern, Bauherrschaf-
       Viele Risiken für Gesundheit und Umwelt                                                           setzung mit Materialien, ihrer Zusammenset-                                      ten, Architektinnen und Architekten bewährte
    lassen sich bereits durch eine Planung redu-                                                         zung, Herkunft und Verarbeitung dazu, dass                                       Konzepte und Hilfsmittel zur Verfügung, auf
    zieren, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet                                                          Konstruktionen von Grund auf durchdacht                                          die sie in allen Phasen eines Projekts zurück-
    ist. Nachhaltiges Bauen ist aber mehr als die                                                        sind. Das verlängert die Lebensdauer des                                         greifen können. In der Praxis hat es sich als
    Summe einzelner Massnahmen. Vielmehr                                                                 Gebäudes. Zudem kann davon ausgegangen                                           sinnvoll erwiesen, schon früh in der Planung
    geht es darum, eine Gesamtsicht auf ein Pro-                                                         werden, dass das Risiko für spätere Schadstoff-                                  respektive im Wettbewerb eine ausgewie-
    jekt zu erhalten.                                                                                    sanierungen sinkt.                                                               sene Fachperson für das nachhaltige Bauen
                                                                                                            Nachhaltige Gebäude schonen die Umwelt.                                       beizuziehen.
    Mehrwert für alle                                                                                    Sie verbrauchen weniger Ressourcen als kon-                                         Eine umfassende Sammlung an Planungs-
    Dies generiert Mehrwert für Nutzer, Eigen-                                                           ventionelle Bauten. Dies betrifft sowohl den                                     werkzeugen steht auf der Internetplattform
    tümer und Umwelt: Die Nutzer nachhaltiger                                                            Landverbrauch als auch den Rohstoff- und                                         des Vereins Eco-Bau gratis zur Verfügung
    Gebäude profitieren beispielsweise von einem                                                         Energiebedarf. Zusätzlich reduziert nachhal-                                     (siehe Beitrag Seite 12). Mit Minergie-Eco
                                                                                                                                                                                          existiert seit 2006 ausserdem ein erprobtes
                                                                                                                                                                                          Zertifizierungssystem, mit dem man sich die
                                                                                                                                                                                          ökologischen und gesundheitlichen Leistungen
                                   Einflussfaktoren des Innenraumklimas
                                                                                                                                                                                          in Form eines Labels bestätigen lassen kann.
                                                                                                                                                                                          Inzwischen sind schon mehr als 1500 Ge-
                                                                                                                            len …
                                                                                           Schim me

                                                                                                      Biologische                                                                         bäude in der Schweiz nach diesem Standard
                                                                                                       Faktoren                                                                           zertifiziert. Wer nach Minergie-Eco baut, er-
                                                                                                                        nel

                                                                                                  ilz                                                                                     hält im Rahmen des Zertifizierungsprozesses
                                                                                                                      io
                                                                                              lp

                                                                                                        ,M             eg
                                                                                                           il b e n, L
                                                                                                                                                                               de …
                                                                                                                                    F or m ald

                                                                                                                                                 Chemische
                                                           Tageslicht                                                                                                                     zudem Unterstützung und Rückmeldungen
                                                                                                                                                  Faktoren
                                                                                                                                                                                          durch die Zertifizierungsstellen. Hierzu ge-
                                                                                                                                                                           ozi
                                                                                     …
                                                Lic

                                                                                                                                                                        Bi

                                                      te
                                                                                                                                        eh

                                                                                   li c                                                          yd                        ,
                                                                                                                                                                      el
                                                                                   k
                                                     h

                                                           inf
                                                                 a ll, A u s b                                                                        , Lö
                                                                                                                                                           s e m it t
                                                                                                                                                                                          hören etwa die Kontrolle von Berechnungen,
                                                                                                                                                                                          Auskünfte zu Baumaterialien, Checklisten,
                                          L
                                                                      …                         Gesundes                                                                                  stichprobenhafte Baustellenkontrollen oder
                                    uf

                                                                                             Innenraumklima
                                                                         z

                                                                                                                                                                                          Raumluftmessungen. Das alles verbessert die
                                 tw

                                                                         enschut

    Das Innenraum-                                                                                                                                              Fasern
                             e c h s e l, L

                                            Klimatische
    klima von Gebäu-                                                                                                                                            Stäube
                                                                                                                                                                                          Qualität am Bau ganz allgemein.
                                             Faktoren
    den wird durch
                                                                         nn

                                                                                                                                                                                      …
                                                                                                                                                       Fe

                                                                                                                                                          ns
                                                                    So

                                           tf                                                                                                                                         t
                                            u

    viele verschiedene                          eu
                                                     c h tig keit
                                                                     ,                                                                                                           es       An den richtigen Schrauben drehen
                                       f

                                                                                                                                                               tau
                                                                                                                                                         i

                                                                                                                                                                     b, A s b
    Faktoren beein-                                                                                                                                                                       Wie nachhaltig ein Gebäude am Ende sein
    flusst. Jeden von
                                                                                                                                                                                          wird, entscheidet sich bereits früh in der Pla-
    ihnen gilt es in allen                                                           Lärm                              Strahlung                                                          nung. Am Anfang von Projekten sind bekannt-
                                                                                                        …
                                                                   Ver k

    Phasen des Baus
                                                                                                      tik

                                                                                                                                                                                          lich die Einflussmöglichkeiten und Freiheiten
                                                                                                                                                        …
                                                                                                                 Ra

    und im Betrieb zu
                                                                     eh

                                                                                                                     on
                                                                                                  us

                                                                           slä
                                                                                                  ak                                    o
                                                                                                                   d

                                                                                                                                                      g
                                                                         r

                                                                                                                          , El
    kontrollieren.                                                               rm,
                                                                                          Raum                                 ektros m                                                   am grössten. Deshalb sollte ein Projekt schon
Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
Dossier | Bauen für die Zukunft              7

früh an folgenden Kriterien gemessen und
optimiert werden:                                                   Eco-Bau
▸ ▸ Kompaktheit und Flächeneffizienz: Kom-                           Im Verein Eco-Bau haben sich Bauämter des Bundes, von Kantonen und Städten
pakte Baukörper haben ein günstiges Ver-                             sowie Organisationen wie die Koordination der Bauorgane des Bundes (KBOB)
hältnis von Gebäudeoberfläche zu Geschoss­                           und die Schweizerische Zentralstelle für Baurationalisierung (CRB) zusammenge-
fläche. Dies reduziert in der Regel nicht                            schlossen. Zurzeit sind es rund 60 Mitglieder. Im Zentrum der Vereinsaktivitäten
nur den Betriebsenergieverbrauch, sondern                            stehen die Entwicklung und die Verbreitung von Planungswerkzeugen für eine
                                                                     nachhaltige, ökologische und gesunde Bauweise. Über seine Website und mit
auch die zu verbauende Materialmenge und
                                                                     Weiterbildung fördert Eco-Bau die breite Anwendung der Planungswerkzeuge
damit die Baukosten und die Umweltbelas-
                                                                     durch öffentliche und private Bauherrschaften, durch Planende und weitere
tung. Neben der Kompaktheit spielt auch die
                                                                    ­interessierte Kreise.
Flächeneffizienz eine Rolle. Hier gilt es, den
                                                                    Weitere Informationen: www.eco-bau.ch
Raum optimal zugunsten der Nutzenden zu
gestalten und Restflächen, die kaum sinnvoll
genutzt werden können, zu vermeiden.
▸ ▸ Topografie und Untergeschosse: Die Platzie-

rung des Gebäudes in der Topografie bestimmt       klares Steigzonenkonzept und eine geeignete          zu Wärmeverlusten führen. Durch den opti-
die Menge der Erdbewegungen und des Aus-           Anbindung an Technikräume. Die gewählte              malen Einsatz von Tageslicht lässt sich auch
hubs. Der zu transportierende Aushub und           Tragkonstruktion soll Flexibilität für spätere       der Anteil an Kunstlicht reduzieren.
die grosse Masse der nötigen Baustoffe für         Veränderungen am Sekundärsystem bieten.              ▸ ▸ Schallschutz: Lärm ist ein grosses umwelt-

Untergeschosse belasten die Umwelt stark. Bei      Bestimmend sind Raster, Geschosshöhen, Ge-           medizinisches Problem. Deshalb ist ein konse-
der Planung muss deshalb schon früh geprüft        bäudetiefen und Lasten.                              quenter Schallschutz nach aussen, aber auch
werden, ob das Volumen der Untergeschosse          ▸ ▸ Baustoffe richtig wählen und Schadstoffe ver-    zwischen den Nutzungseinheiten wichtig. Bei
reduziert werden kann, beispielsweise durch        meiden: Die Herstellung von Baumaterialien           erhöhten Schallschutzanforderungen muss
das Verlagern von Räumen in oberirdische           oder Stoffen, die beim Bau eingesetzt werden,        die Anordnung der lärmempfindlichen Räume
Geschosse. Dies senkt in den meisten Fällen        beeinflusst die Umwelt stärker als gemeinhin         optimiert werden. Wichtig in diesem Zusam-
auch die Erstellungskosten.                        angenommen. Hier hilft die Öko­bilanzierung          menhang sind zudem eine sorgfältige Planung
▸▸ Statisches Konzept und Nutzungsflexibilität:    von Bauteilen mit, Konstruktionen bezüglich          von Fassade und Haustechnik sowie geeignete
Mit einfacher Tragstruktur und geradliniger        grauer Energie und Umwelteinflüssen zu opti-         Massnahmen beim Trittschall.
Lastabtragung über alle Geschosse können die       mieren. Durch richtige Materialwahl schützt          ▸ ▸ Ausrüstung und Haustechnik: Heute werden

tragenden Elemente minimal dimensioniert           man ausserdem die Nutzenden vor gesund-              Gebäude aus bauphysikalischen und energe­
werden. Das spart Material und Kosten. Im          heitlichen Risiken wie etwa durch Lösungs-           tischen Gründen sehr luftdicht gebaut. Umso
Hinblick auf spätere Nutzungsänderungen            mittel- oder Formaldehyd-Emissionen.                 wichtiger ist ein angemessenes Lüftungskon-
sollte die Tragstruktur Umgestaltungen ohne        ▸ ▸ Tageslicht nutzen: Durch die optimale Ver-       zept. In vielen Fällen sind Lüftungsanlagen mit
Anpassungen erlauben.                              sorgung mit Tageslicht entstehen helle und           Wärmerückgewinnung eine sinnvolle Lösung.
▸ ▸ Nutzungsdauer der Bauteile: Eine geeignete     freundliche Räume, die sich positiv auf Ge-          Bei Minergie-Eco sind sie Pflicht. Die Leitun-
Systemtrennung ermöglicht einfache und effi-       sundheit und Wohlbefinden der Nutzenden              gen solcher Anlagen sollen möglichst kurz
ziente Instandhaltungs- und Instandsetzungs-       auswirken. Dabei gilt es, den optimalen Fens-        bleiben und müssen gut zu reinigen und zu
arbeiten durch gute Zugänglichkeit und Tren-       teranteil an der Fassade auszuloten: Zu viele        warten sein. Auch der planerischen Reduktion
nung der Bauteile. Hierfür braucht es ein          Fenster können zu Blendung oder im Winter            von Elektrosmog, dem radonfreien, dem was-
                                                                                                        sersparenden Bauen wie auch der Reduktion
                                                                                                        des Legionellen-Risikos gilt es Rechnung zu
                                                                                                        tragen.
                                                                                                            Richtig verstanden und betrieben nützt
                                                                                        hanneshenz.ch

                                                                                                        nachhaltiges Bauen nicht nur der Umwelt
                                                                                                        und den Menschen. Es bringt auch handfeste
                                                                                                        wirtschaftliche Vorteile. Von Anfang an gilt
                                                                                                        es aber, an den richtigen Stellschrauben zu
                                                                                                        drehen und im weiteren Verlauf auch immer
                                                                                                        wieder zu überprüfen, wo man steht. Nur so
                                                                                                        kann nachhaltiges Bauen wirklich gelingen.
                                                                                                        Die entsprechenden Konzepte und Instru-
                                                                                                        mente sind vorhanden.
                                                                                                                                   Links und weitere Infos:
                                                                                                                                    www.pusch.ch/dossier

                                                                                                                 Barbara Sintzel, Geschäftsführerin
                                                                                                                 Eco-Bau, Röntgenstrasse 44, 8005 Zürich,
Gesund und ökologisch Bauen ist gerade bei öffentlichen Bauten wie beispielsweise der                            044 241 27 22, www.eco-bau.ch,
Sprachheilschule Turgi wichtig. Architekten: Ernst Niklaus Fausch.                                               barbara.sintzel@eco-bau.ch
Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
8   Thema Umwelt 2/2015

    Nachhaltig Bauen nach Schweizer Art
                    Mit dem Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz wurde ein umfassendes Konzept geschaffen für
                    die Planung und Ausführung von umwelt-, wirtschafts- und gesellschaftsverträglichen Bau­
                    projekten. In den nächsten Monaten wird der Standard nun um ein Label ergänzt – ein Bericht
                    zum Stand der Dinge.

    JOE LUTHIGER Nachhaltiges Bauen ist ein

                                                                 Berrel Berrel Kräutler AG, Zürich
    Thema von nationaler Bedeutung. Deshalb
    wurde das Netzwerk Nachhaltiges Bauen
    Schweiz (NNBS) gegründet. Es ist wesentlicher
    Bestandteil der vierten Strategie «Nachhaltige
    Entwicklung» des Bundesrats und wird von
    Wirtschaft, öffentlicher Hand und Interessen-
    gruppen des nachhaltigen Bauens getragen.
    Mittlerweile zählt es bereits 100 Mitglieder.
       Das Netzwerk setzt sich übergreifend für die
    Förderung und die Koordination des nachhal-
    tigen Bauens in der Schweiz ein. Es versteht
    nachhaltiges Bauen als eine ganzheitliche,
    zukunftsfähige Entwicklung von Siedlungen
    und Infrastrukturen. Hier geht es also um das
    Bauwerk Schweiz mit seinen Einzelobjekten,
    Gebäudeparks und den Infrastrukturbau im
    Kontext von Quartier-, Stadt- und Raument-
    wicklung. Ziel des Netzwerks ist es, in Zusam-                                                   Das neue Verwaltungszentrum des Uvek an der Pulverstrasse 11 in Ittigen ist eines der
                                                                                                     Gebäude, die in der Pilotphase des SNBS zertifiziert wurden.
    menarbeit mit Wirtschaft, öffentlicher Hand,
    Bildung, Politik und Wissenschaft ein klares,
    schweizweites Verständnis des nachhaltigen
    Bauens zu etablieren. Zu diesem Zweck wurde
    im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)       tet als in der Schweiz, wo Wasser kein beson-                                        «sicher» respektive «je nach Projekt» nach
    der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz           ders rares Gut ist.                                                                  SNBS zertifizieren lassen (siehe Abbildung 1).
    (SNBS) geschaffen, den das NNBS pflegt und          Alles in allem bildet der SNBS erstmals                                            29 Prozent waren noch unentschlossen und
    weiterentwickelt.                                 einen umfassenden Rahmen um die bestehen-                                            12 Prozent gaben an, sie würden keine Zertifi-
                                                      den Werke und Instrumente zum nachhaltigen                                           zierung nach SNBS anstreben. Nach Argumen-
    Noch ein Standard?                                Bauen in der Schweiz. Hierzu zählen unter                                            ten für die Zertifizierung gefragt, wurden am
    Was ist nun das Besondere am SNBS und was         anderem die Beiträge des SIA und des Vereins                                         häufigsten das Umweltbewusstsein, die Repu-
    der Unterschied zu ausländischen und bereits      Eco-Bau, die 2000-Watt-Gesellschaft oder Mi-                                         tation des Gebäudeinhabers oder -betreibers
    länger bestehenden Standards respektive           nergie. Sie alle bringt der SNBS in Einklang                                         und der Mehrwert für die Nutzer genannt. Mit
    Labels? Zum einen baut der SNBS auf den           und stimmt sie aufeinander ab. Damit ver-                                            deutlichem Abstand folgten die finanziellen
    bewährten und bestehenden Schweizer Nor-          ringert er den Aufwand für die Bauherrschaft                                         Vorteile bei Verkauf oder Vermietung.
    men, Richtlinien und Empfehlungen der Fach-       und deckt die Nachhaltigkeitskriterien effizi-                                         Bei den Argumenten gegen eine Zertifizie-
    verbände auf und ist auf die hiesigen Baupro-     enter ab.                                                                            rung steht an erster Stelle die Meinung, dass es
    zesse abgestimmt. Allerdings gab es Aspekte                                                                                            bereits genügend Labels auf dem Markt gibt.
    der Nachhaltigkeit, für die vor der Schaffung     Der Markt sagt ja                                                                    Es folgen die Bedenken, dass der Mehrwert
    des SNBS faktisch wenig bis nichts vorhanden      Um die Nachfrage für eine Zertifizierung nach                                        einer Zertifizierung zu gering sei oder sie zu
    war. Hierzu gehört etwa die Beurteilung der       einem derart umfassenden Standard abzu-                                              viel Zeitaufwand oder Mehrkosten verursa-
    Artenvielfalt (vor und nach dem Bau) oder die     schätzen, beauftragte das Bundesamt für Ener-                                        che. Erwartungsgemäss darf ein Zertifikat bei
    Bewertung der Qualität öffentlicher Räume.        gie im Sommer 2014 die Berner Fachhoch-                                              grösseren Projekten mehr kosten. Ab einem
    Zum anderen nimmt sich der SNBS der Nach-         schule mit einer Studie. Zielgruppe waren                                            Investitionsvolumen von 10 Millionen steigt
    haltigkeitskriterien an, die für die Schweiz      Architekten, Planer und Bauherrschaften. Die                                         die Bereitschaft deutlich, höhere Zertifizie-
    besonders wichtig sind. Andere Labels gewich-     470 Teilnehmenden setzten sich zusammen                                              rungskosten zu bezahlen.
    ten, ihrem geografischen Ursprung entspre-        aus einer ausgewählten Stichprobe und aus                                              Für die nächsten zwei bis fünf Jahre pro-
    chend, andere Themen stärker und weniger          den Adressaten des NNBS-Newsletters.                                                 gnostizieren die Befragten bei Neubauten eine
    Schweiz-spezifisch. So wird in anderen Gegen-       Wie die Resultate zeigen, würden heute                                             stärkere Nachfrage nach einem SNBS-­L abel
    den etwa der Wasserverbrauch anders gewich-       59 Prozent der Teilnehmer ihre Gebäude                                               als bei An- und Umbauten. Am stärksten soll
Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
Dossier | Bauen für die Zukunft               9

                                                                                                         zur Verfügung stehen, das auf einem schweiz-
   Der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz                                                               weiten Verständnis des nachhaltigen Bauens
   Der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz umfasst das Gebäude an sich und                               basiert, also dem SNBS. Um die geeignete Or-
   den Standort im Kontext seines Umfeldes. Ziel des neuen Standards ist es, die                         ganisation zu finden, wurde zwischen Dezem-
   drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Gesellschaft, Wirtschaft, Umwelt) gleicher­                      ber 2014 und Ende Februar eine internationa-
   massen und möglichst umfassend in Planung, Bau und Betrieb mit einzubeziehen                          le Ausschreibung lanciert. Die eingegangenen
   und damit den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie phasengerecht zu be­                              Angebote werden derzeit geprüft.
   rücksichtigen.
                                                                                                            Parallel zur Ausschreibung des Zertifizie-
   Basierend auf der Strategie für nachhaltige Entwicklung des Bundesrates wurden                        rungssystems wurde der Standard selbst über-
   die relevanten Ziele der Nachhaltigkeit einer Immobilie festgelegt und mittels                        arbeitet. Die Grundlagen hierfür lieferte neben
   geeigneter Kriterien und Indikatoren beschrieben. Die definierten Qualitätsziele                      der Marktstudie die Pilotphase, in deren Rah-
   sind ausgerichtet auf den Nutzen für Mensch und Gesellschaft, auf städtebau­
                                                                                                         men Mitte letzten Jahres 28 Gebäude nach
   liche und architektonische Aspekte, auf die Optimierung und Steigerung der
                                                                                                         SNBS zertifiziert werden konnten. Insgesamt
   ökonomischen Potenziale eines Gebäudes sowie auf den Schutz der Umwelt.
                                                                                                         erwies sich dabei das Beurteilungssystem auf
   Vorerst ist eine Anwendung des Standards für die Nutzungsarten Wohnen                                 Basis der drei Bereiche Ökologie, Ökonomie,
   (Mehrfamilienhäuser) und Büro/Verwaltung möglich. Der Standard lässt sich
                                                                                                         Gesellschaft mit den zugehörigen Themen als
   sowohl für Neubauten wie auch für bestehende Gebäude einsetzen. Hilfsmittel,
                                                                                                         sehr stabil und breit akzeptiert. Auch die Be-
   Normen und Richtlinien, die sich in der Praxis bewährt haben, sind wo immer
   möglich und sinnvoll in den SNBS integriert.
                                                                                                         urteilungskriterien zu den Themen wurden
                                                                                                         mehrheitlich als sinnvoll eingestuft.
                                                                                                            Die Pilotphase förderte aber auch wertvolle
                                                                                                         Erkenntnisse zutage, die halfen, den Standard
                                                             NNBS-Marktstudie                            und die Beurteilungs-Tools zu verbessern
   Abb. 1: Eine Marktstudie            12% 11%
                                                             ■     Ja, sicher                            und praxistauglicher zu machen. So zeigte
  zu einem Label nach SNBS
  zeigte, dass knapp 60 Pro-                                 ■     Ja, je nach Projekt                   sich etwa, dass die Arbeit mit den Tools sehr
       zent der Befragten ihr­      29 %                     ■     Eventuell                             zeitaufwendig sein kann. Die Messgrössen
   Projekt «sicher» oder «je                   48 %          ■     Nein, sicher nicht                    (Indikatoren) für die Beurteilung der Nach-
  nach ­Projekt» zertifizieren                                                                           haltigkeit erwiesen sich teilweise als schwie-
              lassen würden.
                                                                                                         rig interpretier- und anwendbar und bezüglich
                                                                                                         der Bewertung nicht immer nachvollziehbar.
                                                                                                         Das äusserte sich beispielsweise darin, dass
                                 Duales System mit Standard und Label                                    sich Verbesserungen an einzelnen Projekten
                                                                                                         nicht immer angemessen in der Gesamtbe-
                                  NNBS                 Vertrag        Labelorganisation
                                                                                                         urteilung niederschlugen. Erwartungsgemäss
                                                                                                         kamen auch einige technische Mängel an den
                                                                                          Organisation

      Abb. 2: Das neue Label      Vorstand NNBS
                                                                                                         Tools selbst und in den zugehörigen Unter­
         Nachhaltiges Bauen
      Schweiz wird von einer      Fachkommission                      Fachstelle                         lagen zum Vorschein.
          eigens zuständigen                                                                                Ein erstes Set von Verbesserungen wurde
    ­Organisation aufgebaut,                                                                             in der Revision des Standards bereits bearbei-
                                                                                          Produkt

                                  SNBS                Bildet die      LNBS
              vermarktet und      Standard SNBS       Basis           Label LNBS                         tet. Mittlerweile ist die neue Version 1.5 ver-
            weiterentwickelt.
                                                                                                         öffentlicht, inklusive der überarbeiteten Ins-
                                 NNBS: Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz
                                 SNBS: Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz                               trumente. Mit der neuen Version wurde auch
                                 LNBS: Label Nachhaltiges Bauen Schweiz
                                                                                                         die Anwenderfreundlichkeit der Werkzeuge
                                                                                                         verbessert.

                                                                                                         Die nächsten Schritte
sie im öffentlichen Bau sein, gefolgt von pri-        Duales System mit Standard und Label               Als Nächstes steht der Entscheid bezüglich der
vaten Büro- und Verwaltungsgebäuden und               Mit den Resultaten der Studie im Hintergrund       Label-Organisation an. Der Zuschlag sollte bis
dem Wohnbau. Eher klein dürfte hingegen die           wurde beschlossen, ein Zertifizierungssystem       im Frühsommer erteilt sein. Dann wird es da-
Nachfrage aus Industrie und Gewerbe sein.             auf Basis des SNBS zu lancieren. Hierzu gehört     rum gehen, den Standard auf die nächste Ver-
Knapp zwei Drittel der Befragten halten ein           auch ein Label Nachhaltiges Bauen Schweiz          sion zu heben, und parallel dazu, ein darauf
Zertifikat für besonders relevant beim Verkauf        (LNBS). Das Label wird aber nicht vom Netz-        abgestimmtes Label zu entwickeln. Ziel ist es,
von Gebäuden und bei der Vermietung oder              werk Nachhaltiges Bauen Schweiz selbst be-         Anfang 2016 die nächste Version des SNBS zu
Kapitalanlage.                                        trieben, sondern von einer eigens zuständigen      veröffentlichen und das Label zu lancieren.
   Die Befragung lieferte zusätzlich viele Hin-       Organisation. Mit diesem dualen System sollen                                  Links und weitere Infos:
weise auf Themen, die Anbieter eines SNBS-            dem Markt gleichzeitig ein kostenloser Stan-                                    www.pusch.ch/dossier
Zertifizierungssystems besonders beachten             dard und ein kostenpflichtiges Label zur Ver-
sollten. Gewünscht wurden vor allem schlan-           fügung gestellt werden (siehe Abbildung 2).
ke, klare Prozesse, eine einfache, gute Hand-            Die Label-Organisation wird das Zertifizie-
                                                                                                                  Joe Luthiger, Geschäftsführer NNBS,
habung der Informations- und Hilfsmittel und          rungssystem aufbauen, pflegen, vermarkten
                                                                                                                  ­Fraumünsterstrasse 17, 8022 Zürich,
zielgruppenorientierte Schulungen und Wei-            und künftig weiterentwickeln. Mit dem LNBS                   043 466 55 86, joe.luthiger@nnbs.ch,
terbildungen in unterschiedlichen Formen.             soll dem Markt ein kommerzielles Produkt                     www.nnbs.ch
Thema Umwelt - Bauen für die Zukunft 2/2015 - Pusch
10   Thema Umwelt 2/2015

     Bauen für die 2000-Watt-Gesellschaft
                     Gebäude, welche heute erstellt werden, werden zu einem grossen Teil die Bausubstanz bis
                     zum Ende des laufenden Jahrhunderts prägen und müssen den Anforderungen der 2000-Watt-
                     Gesellschaft gerecht werden. Bauten, welche in Bezug auf Energieverbrauch die Ziele der
                     2000-Watt-Gesellschaft erfüllen, sind realisierbar und eine gute Investition.

     JULES PIKALI Im weltweiten Durchschnitt           zeigen auf, dass die anspruchsvollen Ziele er-       in der Bilanz seinen laufenden Energiebedarf
     verbraucht jeder Mensch rund 2200 Watt oder       reicht werden können. Dazu zählen die Über-          wird abdecken können.
     jährlich 19 300 Kilowattstunden (kWh) Primär­     bauung Suurstoffi in Rotkreuz oder das Schul-        ▸ ▸ Steigerung der Effizienz: Durch eine leis-

     energie. In der Schweiz sind es 6300 Watt         haus Eichmatt in Cham-Hünenberg.                     tungsfähige Wärmedämmung wird der Ener-
     (55 000 kWh pro Jahr) – in anderen Ländern                                                             giebedarf für das Raumklima minimiert. Eben-
     noch mehr, in Entwicklungsländern viel we-        Gesamtheitliche Betrachtung                          so wichtig ist aber auch die Beachtung des
     niger. Die 2000-Watt-Gesellschaft ermöglicht      Um die vorgegebenen Ziele zu erreichen, sind         sommerlichen Wärmeschutzes. Hier können
     global eine gerechte, nachhaltige Entwicklung     Anstrengungen in drei Richtungen erforder-           bauliche Massnahmen und die erforderliche
     mit einem für die Schweiz deutlich tieferen       lich:                                                Speichermasse einen hohen Komfort sicher-
     Pro-Kopf-Verbrauch bei gleichzeitig begrenz-      ▸ ▸ Nutzung von erneuerbaren Energien: Im            stellen. Ein entscheidender Aspekt ist auch die
     tem CO 2-Ausstoss.                                Vordergrund steht die Solarenergie, kombiniert       Tageslichtnutzung.
       In vielen Städten haben sich die Stimmbe-       mit Umgebungswärme. Die deutlich gesunke-            ▸ ▸ Steigerung der Suffizienz: Damit der im-

     rechtigten für den Weg in die 2000-Watt-Ge-       nen Preise für Photovoltaikmodule und die            mer höhere Raumbedarf pro Person die Ein-
     sellschaft entschieden. Das gilt beispielsweise   zusätzlichen Farben und Einbaumöglichkeiten          sparungen durch erneuerbare Energien und
     für die Städte Zürich, Luzern oder Zug. In der    schaffen schier unbeschränkt Möglichkeiten           eine bessere Effizienz nicht gleich wieder zu-
     Folge haben diese Städte Klimastrategien und      für die Gestaltung der Bauvorhaben. Grund-           nichtemacht, ist ein gewisses Mass an Selbst-
     einen Absenkpfad für den Energieverbrauch         sätzlich kann davon ausgegangen werden,              beschränkung erforderlich. Hierzu können
     formuliert (siehe Abbildung). Diese haben         dass das Haus der Zukunft als Nullenergiehaus        Bauherren und Projektverfasser massgebend
     Auswirkungen auf eigene Bauten und die
     Bauordnung.

     Energetisch vorbildliche Bauten                                Absenkpfad auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft
     Der SIA-Effizienzpfad Energie zeigt auf, wie                        100
                                                                                   6300 W       8,7 t
     das Ziel der 2000-Watt-Gesellschaft für Ge-                                   (100%)     (100%)
                                                                                                                     ■ Primärenergie (Watt)
     bäude erreicht werden kann. Dabei muss                                  80
                                                                                                                     ■ Treibhausgasemissionen (Tonnen)
     neben dem Energiebedarf für Raumklima
     und Warmwasser auch der Energiebedarf für                               60
                                                                   Prozent

     Licht und Apparate, die Mobilität und für die                                                          3500 W
     Erstellung (graue Energie) mitberücksichtigt                            40                              (55%)
     werden. Bewertet werden der Verbrauch an                                                                                            2000 W
     nicht erneuerbarer Primärenergie und der                                20                                                           (32%)      1,0 t
                                                                                                                         2,0 t                      (11%)
     CO 2-Ausstoss. Die Betrachtung erfolgt über                                                                        (23%)
     den Lebenszyklus des Objekts, also mit der                               0
                                                                                        Heute                       2050                        2150
     Erstellung und dem Rückbau (siehe Tabelle).
                                                                    Für eine global gerechte, nachhaltige Entwicklung muss die Schweiz den Primärenergie-
       Mit dieser gesamtheitlichen Betrachtungs-
                                                                    bedarf und die Treibhausgasemissionen massiv senken.
     weise werden für die Architektur neue Frei-
     heiten geschaffen: So kommt beispielsweise
     der Gesamtbilanz einer Gebäudesanierung
     zugute, dass der Energiebedarf für die Erstel-                 Zielwerte für 2000-Watt-Gebäude
     lung zu grossen Teilen entfällt; entsprechend
                                                                                              Primärenergie nicht erneuerbar     Treibhausgasemissionen
     darf der Verbrauch im Betrieb etwas höher
                                                                       Wohnen                 Neubau          Umbau              Neubau           Umbau
     sein. Wird ein Bauvorhaben realisiert, welches
     nicht optimal durch den öffentlichen Verkehr                      Richtwert Erstellung   110 MJ/m2        60 MJ/m2           8,5 kg/m2        5,0 kg/m2
     erschlossen ist, muss dies durch einen klei-                      Richtwert Betrieb      200   MJ/m2     250   MJ/m2         2,5   kg/m2      5,0 kg/m2
     neren Bedarf an Energie für Raumklima und                         Richtwert Mobilität    130   MJ/m2     130   MJ/m2         5,5   kg/m2      5,5 kg/m2
     Licht kompensiert werden.                                         Zielwerte              440 MJ/m2       440 MJ/m2          16,5 kg/m2       15,5 kg/m2
       Entscheidend ist, die energetische Beurtei-                  Der SIA-Effizienzpfad Energie definiert den Primärenergiebedarf und die Treibhausgas-
     lung bereits zu Projektbeginn in der Entwurfs-                 emissionen über den gesamten Lebenszyklus von Neubauten und Sanierungen und
     phase zu beachten. Verschiedene Projekte                       schliesst auch die durch den Standort bedingte Mobilität mit ein.
Dossier | Bauen für die Zukunft              11

                                                                                                                                  BHP Brugger + Partner AG

In Kriens entsteht mit dem Schweighofpark das erste 2000-Watt-Areal der Zentralschweiz.

beitragen. Möglichkeiten sind die gemein-           pflichtet sich die Arealträgerschaft, wieder-      Herstellungsprozesse bis zur Entsorgung ein-
schaftliche Nutzung von Räumen (Gästezim-           kehrende Überprüfungen durchzuführen.              schliesslich der dazu notwendigen Transporte
mer) oder Mehrgenerationenhäuser, die es er-          Das erste 2000-Watt-Areal der Zentral-           und Hilfsmittel. Sie wird auch als kumulierter,
möglichen, den Platzbedarf den Bedürfnissen         schweiz ist der Schweighofpark in Kriens: Auf      nicht erneuerbarer Energieaufwand bezeich-
der jeweiligen Lebenssituation entsprechend         dem 67 000 Quadratmeter grossen Grund-             net. In vielen bewährten Programmen (bei-
flexibel anzupassen.                                stück ist ein urbanes, autofreies Zentrum mit      spielsweise im Bauteilkatalog) ist die Berech-
                                                    Wohnungen für rund 1800 Personen und               nung integriert.
Zertifikat für 2000-Watt-Areale                     Dienstleistungsflächen mit bis zu 1500 Arbeits-    ▸ ▸ SIA-Merkblatt 2039 «Mobilität – Energie­

Nachhaltige Areale können sich mit dem Ener-        plätzen geplant. Das städtebauliche Konzept        bedarf in Abhängigkeit vom Gebäudestandort» :
giestadt-Zertifikat für 2000-Watt-Areale aus-       und die Gestaltungspläne wurden 2012, die          Zweck dieses Merkblatts ist es, den Primär-
zeichnen lassen. Die Methodik baut auf dem          neuen Sonderbauvorschriften 2013 bewilligt.        energiebedarf der Benutzermobilität aufzu-
Energiestadt-Label und dem SIA-Effizienzpfad        Im Sommer 2013 haben die Investoren begon-         zeigen, der sich aus dem Gebäudestandort
Energie für Gebäude auf. Die externe Über-          nen, Architekturwettbewerbe über die ver-          ergibt. Das Berechnungsverfahren basiert auf
prüfung und Zertifizierung schafft zusätzliche      schiedenen Baufelder auszuschreiben. Ziel ist      den Ergebnissen des Mikrozensus zum Ver-
Investitionssicherheit und lässt sich bei der       es, das Areal bis ins Jahr 2020 fertigzustellen.   kehrsverhalten.
Vermarktung gegenüber Käufern oder Mietern                                                             ▸ ▸ Minergie-P, -A und Eco: Die verschiedenen

einfach kommunizieren. Für die Behörden ist         Werkzeuge und Hilfsmittel                          Minergie-Label erlauben eine Überprüfung der
das Zertifikat ein wichtiges Argument, um zu        Für die Projektierung von 2000-Watt-Bauten         Projekte und Zertifizierung der Bauten. Miner-
belegen, dass gewährte Ausnahmeregelungen           stehen die entsprechenden Werkzeuge und            gie-P und -A erfüllen aus energetischer Sicht
wie eine erhöhte Ausnutzung oder andere             Hilfsmittel bereit:                                die Vorgaben für 2000-Watt-Bauten. Hingegen
Abweichungen von der Bauordnung im Rah-             ▸ ▸ SIA-Empfehlung 112/1 «Nachhaltiges Bauen       fehlen insbesondere die Anforderungen an die
men eines Gestaltungs- oder Sondernutzungs-         im Hochbau» : Die Empfehlung definiert in          Mobilität.
plans gerechtfertigt sind.                          einem umfassenden Kriterienkatalog die The-        ▸ ▸ Standard   Nachhaltiges Bauen Schweiz
   Damit das Zertifikat bereits vor Baubeginn       men des nachhaltigen Bauens, unterteilt in         SNBS : Der Standard erlaubt eine umfassende
öffentlichkeitswirksam genutzt werden kann,         die Bereiche Gesellschaft, Umwelt und Wirt-        Beurteilung der Nachhaltigkeit. Der umfas-
erfolgt die Vergabe in zwei Stufen. In der          schaft. Die Relevanz der einzelnen Kriterien       sende Kriterienkatalog nimmt auch eine ver-
ersten Stufe wird das Zertifikat «Areal in Ent-     kann für jede Bauaufgabe frühzeitig verein-        tiefte Beurteilung von gesellschaftlichen und
wicklung» erteilt, welches eine quantitative        bart werden.                                       wirtschaftlichen Aspekten vor. Der Standard
und eine qualitative Bewertung des Vorhabens        ▸ ▸ SIA-Merkblatt 2040 «Effizienzpfad Energie» :   wurde 2013 lanciert und wird nächstes Jahr
vornimmt.                                           Für die Gebäudekategorien Wohnen, Dienst-          um ein Label ergänzt (siehe Beitrag Seite 8).
   Sobald mehr als die Hälfte der Gebäudeflä-       leistungsbauten und Schulen definiert das                                    Links und weitere Infos:
chen den Nutzern übergeben ist, stellt das Zer-     Merkblatt die Ziele für den Primärenergie-                                    www.pusch.ch/dossier
tifikat «Areal in Betrieb» sicher, dass sich auch   bedarf und die Treibhausgasemissionen. Ein
die Nutzung entsprechend den Zielvorgaben           einfaches Tool erlaubt es, die Berechnung vor-
im Toleranzbereich befindet. Bestandteile der       zunehmen.
Überprüfung sind die Bereiche Management-           ▸ ▸ SIA-Merkblatt 2032 «Graue Energie von Ge-
                                                                                                                Jules Pikali, Energieberatungszentrale
system, Kommunikation und Kooperation,              bäuden» : Das Merkblatt legt die Berechnung
                                                                                                                Zentralschweiz, OekoWatt, 6343 Rot-
Ver- und Entsorgung, Gebäude und Mobilität.         der grauen Energie fest. Sie umfasst die vor-               kreuz, 041 768 66 66, www.oekowatt.ch,
Mit der Entgegennahme des Zertifikats ver-          gelagerten Prozesse vom Rohstoffabbau über                  jules.pikali@oekowatt.ch
12   Thema Umwelt 2/2015

     Planungswerkzeuge erleichtern die Umsetzung
                      Für Gemeinden, die nachhaltig bauen wollen, gibt es für jede Bauphase nützliche und erprobte
                      Hilfsmittel und Werkzeuge. Die meisten davon können gratis eingesetzt werden und viele wurden
                      von öffentlichen Bauherren für öffentliche Bauherren entwickelt.

     BARBARA SINTZEL Die öffentliche Hand kon-             Zentrale Anforderungen des nachhaltigen      nung von Bauelementen unterschiedlicher
     trolliert etwa ein Drittel des Bauvolumens in       Bauens, etwa solche, die auch konstruktive     Nutzungs- und Lebensdauer (Systemtren-
     der Schweiz. Deshalb spielt sie als Bauher-         Aspekte wie die Tageslichtführung und Anfor-   nung). Das sind zwei Aspekte, die sich – richtig
     rin eine Schlüsselrolle im nachhaltigen Bau-        derungen an das ökologische Gebäudekonzept     angegangen – auch positiv auf die Investitions-
     en. Das hat vor mehr als zehn Jahren einige         betreffen, sollten auch in das Wettbewerbs-    und Lebenszykluskosten auswirken können.
     Baubehörden von Bund, Kantonen und Städ-            programm einfliessen. Einige Hochbauämter      Ausserdem führen die bei Minergie-Eco gefor-
     ten dazu veranlasst, den Verein Eco-Bau zu          haben hierzu praktische Instrumente für        derte Bilanzierung der grauen Energie und
     gründen mit dem Ziel, das nachhaltige Bau-          die Beurteilung von Wettbewerbseingaben        der Einsatz von Recycling-Beton zu einem
     en breit in der Bauwirtschaft zu verankern.         entwickelt.                                    sorgfältigen Umgang mit Ressourcen.
     Hierfür erarbeitet der Verein Empfehlungen,                                                           Alle für die Planung notwendigen Ins-
     entwickelt Planungswerkzeuge und vermittelt         Standards erhöhen die Planungssicherheit       trumente und Informationen inklusive des
     Informationen.                                      Mit Minergie-Eco steht in der Schweiz ein      ­O nline-Nachweisinstruments stehen auf der
        Öffentliche Bauherrschaften, Planer und          umfassender Standard zum gesunden und           Website www.minergie.ch zur Verfügung.
     Architektinnen finden auf der Web-Plattform         ökologischen Bauen zur Verfügung. Er inte-      Ein einfaches Cockpit gibt der Bauherrschaft
     www.eco-bau.ch eine ganze Palette von Pla-          griert die Empfehlungen von Eco-Bau und die     und den Planenden hier jederzeit einen Über-
     nungswerkzeugen für nachhaltiges Bauen, die         Energiesparkonzepte von Minergie. Bestellt      blick über den aktuellen Stand des Projekts.
     aufeinander abgestimmt sind und alle Projekt-       eine Bauherrschaft Minergie-Eco, so erhält      Das zweistufige Zertifizierungsverfahren sorgt
     phasen abdecken. Die meisten dieser Tools           sie ein umfassendes System, das die Anlie-      dafür, dass der Nachhaltigkeit während des
     können kostenlos genutzt werden.                    gen des gesunden und ökologischen Bauens        gesamten Planungsprozesses genügend Auf-
        Wichtig für eine erfolgreiche Umsetzung          mit Qualitätsmanagement verknüpft. Zudem        merksamkeit geschenkt wird. Die nach Voll-
     ist, dass die Ziele des nachhaltigen Bauens         werden Leistungen hinsichtlich des nachhal-     endung des Baus vorgenommenen Raum-
     früh in den Planungsablauf integriert werden,       tigen Bauens mit einem Label ausgezeichnet.     luftmessungen bestätigen, dass die Vorgaben
     also bereits bei der strategischen Projektpla-      Zurzeit können unter anderem Verwaltungs-       erfüllt wurden, und dokumentieren die Quali-
     nung. In dieser Phase sind die Möglichkeiten        bauten, Schulen und Wohnhäuser zertifiziert     tät des Innenraumklimas.
     zum Verringern von Umweltbelastung und              werden. Ab 2016 werden auch Verkaufsflä-
     Kosten eines Gebäudes am grössten (siehe            chen hinzukommen.                              Bauteile optimieren
     Abbildung). Erfahrungen haben gezeigt, dass            Das Konzept von Minergie-Eco schafft ein    Nachhaltiges Bauen erfordert beim Energie-
     es nützlich ist, zu diesem Zeitpunkt Projekt-       gesundes, möglichst schadstofffreies Innen-    bedarf eine Gesamtbetrachtung über den
     varianten hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu      raumklima. Wer sich daran orientiert, erhält   ganzen Lebenszyklus eines Gebäudes. Damit
     beurteilen. Hierfür stehen verschiedene Nach-       Räume, die gut mit Tageslicht versorgt und     wird die graue Energie zu einer relevanten
     haltigkeitstools von Kantonen und Städten zur       wirksam vor Schall geschützt sind. Bei der     Grösse, die es zu optimieren gilt. Hierfür gibt
     Verfügung, beispielsweise der Nachhaltigkeits-      Bauökologie liegt der Schwerpunkt auf dem      es heute verschiedene Tools, die es ermög-
     kompass des Kantons Bern.                           ökologischen Gebäudekonzept und der Tren-      lichen, neben Nachweisen für die Betriebs-
                                                                                                        energie auch die graue Energie von Bauteilen
                                                                                                        einfach zu ermitteln. Gängige Hilfsmittel sind
                                                                                                        etwa das Online-Werkzeug Bauteilkatalog
     Handlungsspielraum im Projektverlauf                                                               (www.bauteilkatalog.ch) oder die Software-
                                                                                                        Lösungen Thermo, Lesosai und Enerweb.
                                                                                                           Der Bauteilkatalog beispielsweise macht
                                                                                                        die relevanten ökologischen Informationen
                                                                                                        von Bauteilen zugänglich. Damit lassen sich
                                                                                                        Umweltbelastungen respektive die graue
                                                                                                        Energie von Konstruktionen bewerten. Die
                                                                                                        grafische Oberfläche erlaubt die Suche nach
                                                      E nt sc heid un                                   dem jeweiligen Bauteil und den verfügbaren
                                                                        g sspielr au m
                                                                                                        Ausführungsvarianten. Es können U-Werte
                                                                                                        (Wärmedurchgangskoeffizient) berechnet und
       Strategische   Vorstudie     Projektierung   Ausschreibung Realisierung           Bewirt-
       Planung                                                                           schaftung      Kennwerte wie Primärenergie, graue Ener-
     Nachhaltigkeit sollte früh im Projekt eingefordert werden. Der Handlungsspielraum                  gie, Umweltbelastungspunkte (UBP) oder der
     ­verringert sich mit jeder Projektphase.                                                           Treibhauseffekt abgerufen werden. Neben
Dossier | Bauen für die Zukunft               13

                                                               Minergie
den Standardbauteilen der Gebäudehülle las-
sen sich auch ergänzende Bauteile für Rohbau
und Ausbau sowie mehrere Produktkataloge
von Herstellern abrufen.
  Vom Bauteilkatalog gibt es drei Versionen:
«Basic», «Pro» und «Expert». Die Nutzung
der Basic-Version ist kostenlos. Sie bietet einen
webbasierten, dynamischen Katalog. Die kos-
tenpflichtigen Versionen «Pro» und «Expert»
bieten zusätzliche Möglichkeiten, etwa die
Berechnung von ökologischen Beurteilungs-                                 Nach dem Minergie-Eco-Standard errichtete Häuser wie diese Kindertagesstätte
grössen wie der fossilen Primärenergie und                                in Zollikofen verfügen über ein ökologisches Gebäudekonzept und ein gesundes
                                                                          Innenraumklima.
des Eco-Indicators 99, welcher die Umwelt-
relevanz über den gesamten Lebenszyklus in
einer aggregierten Kennzahl ausdrückt.

Nachhaltig materialisieren
Praktische Vorgaben für die Projektierung und       nende Materialien und Bauleistungen auszu-                der Interessengemeinschaft privater professio-
Ausschreibung mit ökologisch günstigen und          schreiben. Die ökologische Beurteilung der                neller Bauherren ( IPB) publizierten Empfeh-
gesundheitlich unbedenklichen Materialien           Materialien und Bauleistungen basiert auf                 lungen zu finden. Sie richten sich an öffent­
bieten die Eco-BKP -Merkblätter von Eco-            einer einheitlichen und transparenten Metho-              liche und private professionelle Bauherren und
Bau. Die Blätter sind nach Baukostenplan-           dik. Sie umfasst alle wesentlichen Umweltwir-             unterstützen sie bei konkreten Fachthemen.
Nummern ( BKP -Nummern) gegliedert und              kungen während der gesamten Lebensdauer                   Alle Hilfsmittel auf dem Portal werden ständig
mit dem Zusatz «Eco» gekennzeichnet. Sie            der Materialien. Die Eco-Devis vergleichen                verbessert und veränderten Rahmenbedingun-
liefern nützliche Hinweise zu ökologischen          verschiedene Materialien und Bauleistungen,               gen angepasst.
und gesundheitlichen Aspekten und weisen            wie zum Beispiel Dämmmaterialien, die in                     Eco-Bau ist Gründungsmitglied des Netz-
auf ökologisch besonders günstige Materialien       etwa die gleiche Funktion erfüllen. Es gibt sie           werks Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS).
(erste Priorität und zweite Priorität), Bauteile    zu 41 Kapiteln des Normpositionenkatalogs                 Der Verein wird dort künftig die Federfüh-
oder Prozesse hin. Materialien der ersten           der Schweizerischen Zentralstelle für Bau­                rung für das gesunde und ökologische Bauen
Priorität erreichen beispielsweise deutlich         rationalisierung (CRB).                                   innerhalb des Standards Nachhaltiges Bauen
niedrigere Werte für graue Energie als ver-           Bei der Realisierung eines Projekts ist es              Schweiz (SNBS) übernehmen. Damit fliessen
gleichbare Materialien ohne dieses Prädikat.        wichtig, dass die Umsetzung der Massnah-                  die bisherigen Erfahrungen und Konzepte
Materialien, die ökologisch weniger günstig         men für nachhaltiges Bauen durch Kommu-                   auch in den neuen umfassenden Standard zum
sind oder die Ausschlusskriterien von Miner-        nikationsmassnahmen abgesichert wird. Hier                nachhaltigen Bauen in der Schweiz ein.
gie-Eco verletzen, sind mit «nicht empfohlen»       haben sich beispielsweise Kickoff-Schulungen                                          Links und weitere Infos:
gekennzeichnet.                                     mit Unternehmern und Hinweistafeln auf Bau-                                            www.pusch.ch/dossier
   Seit 2014 baut Eco-Bau zusätzlich ein Ver-       stellen mit den besonderen Anforderungen
zeichnis mit Eco-zertifizierten Bauprodukten        des jeweiligen Projekts bewährt. In den regel-
auf. Damit trägt der Verein dem wachsenden          mässigen Bausitzungen sollte das nachhaltige
Bedarf an verlässlichen Informationen bezüg-        Bauen als Traktandum nicht fehlen: Dort wer-
lich der ökologischen und gesundheitlichen          den die einschlägigen Themen praxisgerecht
Eigenschaften von Produkten Rechnung.               im Bauablauf eingespeist. So gelingt es der
                                                    Bauleitung, bei kritischen Prozessen genügend
Ausschreiben und realisieren                        präsent zu sein.
Das Eco-Bau-Planungswerkzeug Eco-Devis
unterstützt die Planenden dabei, ihre Bauleis-      Laufende Weiterentwicklung
tungen und Stoffflüsse in Bauprojekten nach-        Neben diesen Hauptwerkzeugen sind auf
                                                                                                                        Barbara Sintzel, Geschäftsführerin
haltiger zu gestalten. Es ist auf den Einsatz in    www.eco-bau.ch weitere Hilfsmittel wie die
                                                                                                                        Eco-Bau, Röntgenstrasse 44, 8005 Zürich,
Ausschreibungen ausgerichtet und ermöglicht         gemeinsam mit der Koordination der Bau- und                         044 241 27 22, www.eco-bau.ch,
es, ohne zusätzlichen Aufwand umweltscho-           Liegenschaftsorgane des Bundes (KBOB) und                           barbara.sintzel@eco-bau.ch
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