KEP JOURNAL - DAS KEP NUTZT DIE ZEIT DIE RUHE VOR DEM STURM? - LOGO LAUT NÖ
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x.x | Kapiteltitel Die Ruhe vor dem Sturm? Das KEP nutzt die Zeit KEP Klima- und Journal OKTOBER 2018 Energieprogramm Das Medium des NÖ Klima- und Energieprogramms 1
Klare Ziele verfolgen – auch in unruhigen Gewässern Inhalt Das Jahr 2018 hat eine Menge an Rekor- den gebrochen, wie z.B. bei Hitzeperioden, 1 Das Streitthema Dürreschäden und Borkenkäferbefall. Ja, Klimaveränderungen gab es schon immer, Klimaschutz war gestern, aber nein, nicht in so einem rasanten Tempo. Klimawandelanpassung ist heute? 4 Dieser Klimawandel ist wissenschaftlich be- wiesen „hausgemacht“ und hat mit unserem 2 Es wird ernst … Verhalten, vor allem mit dem Verbrennen von fossilen Energieträgern zu tun. … das KEP bereitet sich vor 6 Es ist unerlässlich umzudenken und zu handeln. Einen wichtigen Schritt hat die 3 Achtung wir kommen vom Kurs ab Peter Obricht Bundesregierung mit dem Beschluss der Projektleiter Entwicklung der NÖ Emissionsdaten 8 mission2030 – der Österreichischen Klima- NÖ Klima- und und Energiestrategie – gemacht. Auf EU- Energieprogramm 2020 4 Wer hinter diesem Abteilung Umwelt- und Ebene wurden im selben Zeitraum die Ziele Energiewirtschaft (RU3) für Erneuerbare Energie und Energieeffizienz umfassenden Programm steht nachgeschärft. KEP: Wir drehen am Steuer! 9 Diese Vorgaben wirken sich auch in Nieder- österreich aus, denn für eine erfolgreiche Klima- und Energiepolitik liegen wesentliche 5 Was wir vorhaben Kompetenzen bei uns Ländern. Wir machen Kursänderung voraus! dabei unsere Hausaufgaben um Anforderun- Wir nehmen das steuer in die Hand! 10 gen als auch Herausforderungen bestmög- lich gerecht zu werden. Aktuell arbeiten wir gemeinsam mit der Europäischen Akademie 6 Was tut sich in den KEP Bereichen 12 (EURAC) in Südtirol an einer einzigartigen Gebäude 12 Modellierung von zukünftigen Energie- und Mobilität und Raumentwicklung 16 CO2-Szenarien. Weiters wird das Land NÖ Kreislaufwirtschaft 20 noch heuer einen Klima- und Energiefahrplan Franz Angerer Land- und Forstwirtschaft 24 beschließen, nicht zuletzt aufgrund der Vor- Projektleiter Vorbild Land 28 Stv. NÖ Klima- und gaben der mission2030. Hier geht es um die Energieprogramm 2020 Vision einer nachhaltigen Zukunft mit klaren Energieversorgung 32 Abteilung Umwelt- und Zielen und Rahmensetzungen. Energiewirtschaft (RU3) All dies soll wieder durch ein kraftvolles Klima- und Energieprogramm mit konkreten Maßnahmen umgesetzt werden. Wir bedan- ken uns besonders bei allen Kolleginnen und Kollegen, die sich dafür so engagiert globale Veran einsetzen: Denn nur gemeinsam lösen wir die tw ortung großen Herausforderungen dieser Zeit. Impressum KEP-Journal des NÖ Klima- und Energieprogrammes 2020 Oktober 2018 Herausgeber: Amt der NÖ Landesregierung, Gruppe Raumordnung, Umwelt und Verkehr – Abteilung Umwelt- und Energiewirtschaft (RU3), 3109 St.Pölten, Landhausplatz 1 Projektleitung und Koordination: DI Peter Obricht, DI Franz Angerer, Ing. Josef Fischer BA, Ing. Franz Gerlich MSC Redaktion: Abteilung Umwelt- und Energiewirtschaft (RU3), Dr. Kurt Schauer (zukunftsberater.at), Dr. Hermann Schmidt-Stejskal (Institut für Industrielle Ökologie) Bilder: Die Bilder wurden von den jeweiligen Fachabteilungen zur Verfügung gestellt (die Rechte liegen bei den Fachabteilungen) außer anders angegeben. Titelbild: © shutterstock.com/Alvov Grafische Gestaltung: www.waltergrafik.at, 3912 Grafenschlag Druck: Gedruckt nach der Richtlinie „Druckererzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens. Druckerei Janetschek GmbH • UW-Nr. 637 Erscheinungsort: St. Pölten, Oktober 2018 2 KEP-Journal 2018
Anpassung a den Klim n awandel Das Lan Effiziente CO2-opti iert als VorbilddNÖ Gebäude Wir tscham ft e Klimag chte Erneue are Energierb Land- &ere Forstw versorg ung ir tschaft Nachha Beschaffltuigneg Integrierte Ressourc ensch onung Zukunft Mobilitätsfähige vielfält e Raumenigtw ickling Das Medium des NÖ Klima- und Energieprogramms 3
Karl Steininger: Die Klimaveränderung, die sich bis Gernot Wagner: Nicht „lieber“, sondern: „sowohl als zur Mitte des Jahrhunderts materialisieren wird, ist im auch.“ Es ist tatsächlich schon spät genug, dass es längst Wesentlichen durch die vergangenen Treibhausgas-Emissi- an der Zeit ist sich an Klimaschmutz anpassen zu müs- onen und deren lange Verweildauer in der Atmosphäre sen. Das heißt aber nicht, dass wir auf schon vorgegeben. Daran gilt es sich in jedem Klimaschutz verzichten könnten. Fall anzupassen. Ob wir uns von jetzt weg auf Und natürlich gibt’s bessere und 1 einen klaren Klimaschutzpfad begeben, schlechtere Wege sich anzu- der die Einhaltung der Pariser Klimaziele passen. Schneekanonen sind gewährleistet, oder stattdessen einfach eine Form der Anpassung. so weiter tun wie bisher, in beiden Schneekanonen, deren Fällen ist die Klimaveränderung bis Viele sagen es Elektrizität von Kohle- ≈2050 nahezu ident. Aber: welchen passiert viel zu wenig kraftwerken kommt, sind Klimaschutzpfad wir jetzt einschla- beim Klimaschutz. jedoch ein Schritt zurück gen entscheidet über das Klima in für den Klimaschutz. der zweiten Hälfte unseres Jahr- Sollten wir uns Und natürlich geht’s bei hunderts: dort ist dann die Klima- daher lieber auf die Schneekanonen um eine veränderung dramatisch (mit hohen Klimawandelanpassung eher luxuriöse Form der Folgekosten) wenn wir jetzt – in diesen Anpassung. Klimawandel ist gegenwärtigen Jahren – nicht den konzentrieren? oft ein viel existentielleres Umschwung schaffen klar und beherzt in Problem. Das macht sowohl Richtung einer treibhausgasfreien Wirtschaft Klimaschutz und auch Anpassung zu gehen. um einiges wichtiger. 1 Das Streitthema Klimaschutz war gestern, Klimawandelanpassung ist heute? Wir Menschen ändern uns doch nicht? Hilft nur mehr die Technik, um mit dem Klimawandel zu leben? Karl Steininger: Das hängt primär davon ab, wie gut wir das Experimentieren in diesen „neuen Welten“ ermögli- Gernot Wagner: Ja und nein. Falls Klima- schutz wirklich nur chen. Dort wo wir z.B. Straßenraum von vormals Fahrzeugparkflächen 2 auf Verhaltensän- derungen setzen wieder als Lebensraum zurückge- würde, dann winnen, können die Menschen Gute Nacht. Es erleben, wie sehr die Vorteile Klimaschutz setzt auf geht auch um wiegen und ihre vorherigen Sor- Verhaltensänderung. Was bessere, effizi- gen dieser Umwidmung gegen- davon wird aufgehen, entere Techno- über vergleichsweise klein werden logien, und vor – dann gehen wir in eine fußläu- wenn wir an die Paris- allem darum das fige Lebensumgebung, die gut mit Ziele denken? allgegenwärtige öffentlichem Verkehr bedienbar ist Profitdenken in die (Stichwort Verhaltensänderung). An richtigen Bahnen diesem Beispiel: wir schaffen in den zu lenken. Das heißt Ortskernen jene Raumstrukturen wieder, Klimapolitik: einen die wir schon aus den (mittelalterlichen) Emissionspreis, implizit Stadtkernen kennen, in die wir wohl vor allem oder explizit, der sowohl zu auch deshalb so gerne auf Urlaub fahren. Experimen- großangelegten Verhaltensänderun- tieren ermöglichen, die Kommunikation zu diesen Erfah- gen als auch zum breiten Einsatz effizienter rungen gestalten, und Hürden („des geht net“) immer und überhaupt emissionsfreier Technologien führt. Paris öfter überspringen – das sind die Zutaten zu einem breit ist dazu ein guter Anfang, aber eben nur ein Anfang. Es aufkommenden „Paris-Lebensstil“. muss noch viel mehr geschehen. 4 KEP-Journal 2018
Karl Steininger: Das Kokettieren mit allein technischen Lösungen 3 Gernot Wagner: Nein. Das Gebot der Stunde des Jahrzehnts heißt Emissionsreduzierun- hat in der Menschheitsgeschichte gen: die rasche Entkarbonisierung – Entkoh- fast immer zu neuen – und oft Klimawandel setzt lung – unserer Wirtschaft und Gesellschaft. sogar größeren – Problemen stärker auf technische Dazu kommt noch Anpassung, wo es auch geführt (etwa in der Energiever- Lösungen. höchst an der Zeit ist viel mehr zu tun. Und sorgung hat uns die Kernkraft ja, leider ist es bereits so spät, dass wir Tschernobyl, Fukushima u.v.m. Sind Ansätze wie tatsächlich auch an Geo-Engineering denken beschert; in der Mobilität haben Geo-Engeneering das sollten. Dabei geht’s um zwei gänzlich unter- wir z.B. mit neuen Straßen fast Gebot der Stunde? schiedliche Ansätze: Carbon Geo-Engineering, durchwegs neuen (und meist bald das darauf abzielt CO2 wieder aus der Atmosphäre noch mehr stauenden) Verkehr gesät). zu holen, und Solar Geo-Engineering, wo es darum Für mich sind die „Neben“wirkungen (die geht, zu versuchen, den Planeten künstlich abzukühlen. schnell zu den dominierenden Auswirkungen Carbon Geo-Engineering ist im Prinzip Entkarbonisierung werden können) von z.B. Solarem Geo-Engineering noch viel im Overdrive – vom Bäume pflanzen bis CO2 aus dünner zu wenig abschätzbar, als dass aus einer Risikoabwägung Luft zu saugen. Letzteres klingt teuer, ist es auch. Carbon eine Empfehlung dafür ableitbar wäre. Ganz im Gegenteil: Geo-Engineering sollte aber nicht mit Solar Geo-Engineering sein Einsatz würde die Kraft in die Klimaschutzbemühungen verwechselt werden. Solar Geo-Engineering sollte einen jeden schwächen. Dabei gilt es ganzheitliche – möglichst dem äußerst mulmig stimmen. Auch da aber heißt es mittlerwei- Prinzip der Natur entsprechende – Lösungen zu finden, ganz le, dass es schon so spät ist, dass wir leider nicht mehr den besonders das Gleichgewicht zwischen Emission und Bindung Luxus haben nicht zumindest die Erforschung viel ernster zu von Treibhausgasen wiederherzustellen. nehmen, als es die Welt derzeit tut. Karl Steininger Gernot Wagner Wegener Center für Klima Harvard Universität und Globalen Wandel Karl Steininger: An den bereits durch die historischen Gernot Wagner: Auf gut Englisch heißt’s „Beggars can’t be Emissionen ausgelösten Klimawandel gilt es sich jeden- choosers“ – Bettler können nicht wählerisch sein. Schritt eins: falls anzupassen! Die Anpassungsmöglichkeiten sind aber Entkarbonisierung, Entkohlung. Das bedeutet wiederum viele zunehmend aufwändig bzw. übersteigt ein weiter (stark) Dinge. Politische Impulse beinhalten schließlich alles von CO2- voranschreitender Klimawandel in zunehmend mehr Preisen über Technologiesubventionen bis hin zu intelligenterer Bereichen die Anpassungsmöglichkeiten, nicht nur bei Stadtplanung. Schritt zwei: Anpassung. Hoffentlich eine solche, uns, sondern auch in Ländern in denen dann der Migrati- die nicht selbst zu mehr Klimaschmutz führt, sondern vielmehr onsdruck – auch nach Europa – weiter steigen wird. Daher zum Klimaschutz beiträgt. Schritte drei und vier: die Erfor- hat sich die Weltgemeinschaft auf die Pariser Klimaziele schung sowohl von Carbon als auch Solar Geo-Engineering. verständigt. Im Klimaschutz nur auf Technik oder nur auf Heißt das wir sollten Solar Geo-Engineering morgen einsetzen? Verhaltensänderung zu setzen ist mit Sicherheit viel teurer Natürlich nicht. Aber Ignorieren ist auch keine Lösung. Das ist als auf eine kluge Kombination aus beidem. Wir können in vor allem deswegen so wichtig, weil sich bei Solar Geo-Enginee- unserem Verhalten nicht nur auf die Verfügbar- ring, insbesondere bei stratosphärischen Aerosolen, all das keit neuer Technologien (Stichwort z.B. was wir vom Klimaschutz kennen, auf den Kopf gestellt Digitalisierung) reagieren, sondern 4 wird. Hier geht’s nicht darum Personen, Industrien, diese auch so einsetzen, dass sie Länder dazu zu bewegen mehr zu tun. Falls über- unser Wohlbefinden erhöhen, den haupt geht’s darum zu vermeiden, dass Länder sozialen Einbezug stärken und Was bringt Solar-Geoengineering zu schnell, zu viel, zugleich auch den Übergang zur letztlich mehr Nutzen? uninformiert und daher dümmlich anwenden. treibhausgasfreien Gesellschaft Deshalb sollten wir auch von der Erforschung fördern (etwa durch Sharing- Klimawandelanpassung dieser Technologien nicht zurückschrecken. Konzepte in der Mobilität oder oder Klimaschutz? Aber das heißt natürlich nicht, dass sie ein bi-direktionale Netze in der Technische Ersatz für Entkarbonisierung wären. Entkarbo- Strom- und Wärmeversorgung). nisierung ist der erste und wichtigste Schritt. Lösungen oder Verhaltensänderung? Das Medium des NÖ Klima- und Energieprogramms 5
„ Ein großer Fehler der Menschen ist es zu denken, dass die Zeit auf Standby steht, solange sie keine Entscheidung getroffen haben. Wadim Korsch © shutterstock.com/Federico Rostagno 2 Es wird ernst … … das KEP bereitet sich vor D ie längste Hitzeperiode seit Aufzeichnungen, Neues zu entdecken, uns weiter zu entwickeln und zu wach- langanhaltende Dürre, Borkenkäfer im Übermaß, sen. Aber wie verändert man die nicht so guten Gewohnhei- kein Heu um Kühe zu füttern, rasant sterbende ten, wie unser Leben auf zu großem Fuß? Gletscher. Als mediale Steigerungsform wurde in Mit der Philosophie der kleinen Schritte! Mark Twain hat diesem Sommer auch oft über das Kippen des Klimas oder einmal gesagt „Eine Angewohnheit kann man nicht aus dem neue Heißzeiten gesprochen Fenster werfen. Man muss sie die Treppe hinunterboxen, Aber ehrlich, haben wir uns an diese Meldungen nicht Stufe für Stufe.“ Man kann mit schlechten Gewohnheiten schon gewöhnt? Stammleser des Journals, Mitstreiter beim nicht von heute auf morgen brechen. Es geht dabei um eine KEP oder einfach Interessierte lesen und hören ähnliches behutsame Neuausrichtung und Neuordnung – Schritt für schon seit geraumer Zeit. Warum werden wir dann nicht Schritt. Es geht um Geduld und um Üben, Üben, Üben. Und müde auch in der diesjährigen Ausgabe wieder darüber zu genau darum schreiben wir über Klimaschutz, einer erneu- schreiben? erbaren Energiezukunft, den Chancen bei der rechtzeitigen Das hat eben mit gewöhnen bzw. Gewohnheit zu tun! Anpassung an den Klimawandel und vielem mehr. Immer Das Menschgemachte am Klimawandel liegt im Verbrennen wieder. Denn eines ist klar: wir müssen handeln. Für uns von fossiler Energie begründet. Und das hängt stark am und unsere nächsten Generationen. Lebensstil und Konsum Nun mag der kritische Leser im ersten Gedankenzug Denn eines ist klar: wir müssen – was wiederum viel mit befürchten, dass diese kleinen Schritte zu wenig bewirken. handeln. Für uns und unsere Gewohnheit(en) zu tun Aber ist es nicht wie bei einem Schiff? Ändert der Steu- nächsten Generationen. hat. Wir sind es gewöhnt ermann den Kurs nur um wenige Grad, steuert das ganze auf zu großem Fuß zu Schiff ein neues Ziel an! leben. International war der Welterschöpfungstag 2018 am 1. August. Das heißt die restlichen 153 Tage des Jahres Neuer Kurs für Österreich leben wir auf Ökopump – die natürlichen Ressourcen für Am Steuer hat auch die Bundesregierung gedreht und in der dieses Jahr sind bereits erschöpft. Ach ja, rein für Österreich ersten Jahreshälfte die Österreichische Klima- und Ener- betrachtet, haben wir bereits am 13. April die Ziellinie über- giestrategie mit dem Namen #mission2030 beschlossen. schritten – ein 3/4 Jahr zu früh. Die Strategie ist Grundlage für die Aktivitäten der nächsten Und mit Gewohnheiten ist es so eine Sache. Einerseits Jahre und gibt Zielsetzungen und Rahmenbedingungen geben sie uns Halt und Sicherheit und können identitätsstif- vor. Diese sind nicht für alle Sektoren gleich stark und auch tend sein. Auf der anderen Seite hindern sie uns davor etwas deren Flughöhe (von allgemeinen Vorhaben bis zu konkreten 6 KEP-Journal 2018
2 | Hintergrund Umsetzungen) variiert, aber es ist eine erste Kurskorrektur! Energie- und Klimaplan vorzulegen. Hier werden klare Umset- Für die Gesamtemissionen und für die Sektoren Gebäude so- zungsschritte verlangt. Erste Arbeitsgruppen zwischen Bund wie Verkehr gibt es klare CO2-Ziele. Dabei ergibt sich folgen- und Länder starten bereits im Herbst 2018. des Bild: Was bedeutet das für uns? von 2005 von 2016 Unsere Arbeit im Klima- und Energieprogramm wird weiter an bis 2030 bis 2030 Bedeutung gewinnen. Auch uns treffen Anforderungen durch Gesamtemissionen -36% -28% EU- und Bundes-Ziele, die es umzusetzen gilt. Und natürlich Sektor Gebäude -60% -37% geht es darum als Lebens- und Wirtschaftsraum zukunftsfit zu sein. Daher setzten wir in Niederösterreich konkrete Schritte Sektor Verkehr -36% -31% und bleiben am Ball. Erfahren Sie mehr auf Seite 10. Restliche Sektoren -21% -21% Golden Plating Das sind starke Ziele. Wenn man bedenkt, dass z.B. im Noch ein Wort zur wiederholt diskutierten Befürchtung „Zuviel Gebäudebereich mit der Bauordnung und der Wohnbauförde- zu tun“. Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit las- rung die Kompetenz bei uns Länder liegt, wird dies noch eine sen sich nicht (mehr) durch beharren auf alte Gewohnheiten ernstzunehmende Herausforderung werden! wie fossile Rohstoffe gewährleisten. Es geht vielmehr um eine Diversität der Lieferketten und der Ressourcen. Zu wenig zu Schritt auf Schritt tun wäre der falsche Schritt. Baden-Württemberg ist eine der Zu den definierten Aufgaben und Leuchtturmprojekten dieser führenden Wirtschaftsregionen Europas und sieht seine starke Mission2030 sind nun konkrete Maßnahmen zu erarbeiten. Klimapolitik als Politik für den Wirtschaftsstandort. Also doch Im Rahmen der Governance-Verordnung hat jedes Mitglieds- kein Golden Plating? Aber lesen Sie mehr im spannenden Gast- land bis Ende 2019 der EU-Kommission einen nationalen kommentar aus Baden-Württemberg. GAST KOMMENTAR Wie es die anderen machen? Baden-Württemberg berichtet von einem klaren Dekarbonisierungspfad! Baden-Württemberg und Niederös- sionen und der Rahmenbedingungen Baden-Württemberg den Strategiedialog terreich pflegen auf dem Gebiet des aufgezeigt, denn die Handlungskompe- Automobilwirtschaft ins Leben geru- Klimaschutzes einen intensiven Aus- tenzen im Klimaschutz liegen in weiten fen: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, tausch. Neben der direkten fachlichen Teilen auf Bundes- und auch europäi- Arbeitnehmerverbände, Verbraucher- Zusammenarbeit verbindet beide Länder scher Ebene. organisationen, Umweltverbände und auch das internationale Engagement für Zivilgesellschaft erarbeiten gemeinsam den Klimaschutz. Sowohl Niederöster- Die für die Zielerreichung notwendigen Strategien und Konzepte, um den reich als auch Baden-Württemberg sind Maßnahmen und Strategien auf Landes- Transformationsprozess in der Automo- der Under2 Coalition beigetreten, um ebene stehen im Integrierten Energie- bilindustrie erfolgreich zu gestalten. den Klimaschutz global aber auch im und Klimaschutzkonzept (IEKK). Dort eigenen Land voranzubringen. ist auch festgelegt, wieviel Minderung Im Klimaschutz soll auf dem Weg ins in den einzelnen Sektoren bis zum Jahr Jahr 2050 auf Basis wissenschaftlicher Im Jahr 2013 hat Baden-Württemberg – 2020 erbracht werden soll. Im Rahmen Untersuchungen ein Zwischenziel für als zweites Bundesland in Deutschland einer umfangreichen Bürger- und das Jahr 2030 festgelegt werden. Mit – ein Klimaschutzgesetz verabschiedet. Öffentlichkeitsbeteiligung wurde dem neuen Zielhorizont wird dann auch Darin ist geregelt, dass wir bis 2050 der Entwurf des IEKK frühzeitig mit das IEKK fortgeschrieben und weiter eine Treibhausgasminderung von 90 Bürgerinnen und Bürgern sowie Verbän- optimiert werden. Dabei setzen wir Prozent gegenüber 1990 anstreben. den und Unternehmen diskutiert. Die wieder auf eine frühzeitige Bürger- und Bis zum Jahr 2020 sollen bereits min- Empfehlungen der Beteiligten wurden Öffentlichkeitsbeteiligung, um gemein- destens 25 Prozent weniger Treibhaus- zu einem großen Teil übernommen. sam mit den Menschen und Unterneh- gasemissionen emittiert werden. Außerdem hat das Thema Klimaschutz men im Land den Transformationspfad auf diesem Weg insgesamt an Aufmerk- zu beschreiten. Im Klimaschutzgesetz ist auch eine Be- samkeit gewonnen. richtspflicht zu den Entwicklungen der Treibhausgasemissionen und den Klima- In Baden-Württemberg ist Klima- Mehr unter schutzaktivitäten der Landesregierung politik letztendlich auch Politik für https://um.baden-wuerttemberg.de/klima angelegt. Dieser kommen wir mit einem den Wirtschaftsstandort des Landes. jährlichen Monitoring-Bericht nach. Da unser Bundesland stark durch den Darin berichten die Ressorts über den Automobilsektor geprägt ist, ist es Stand der Umsetzung der Maßnahmen wichtig ist, hier frühzeitig den Trans- in ihrem jeweiligen Bereich. Auch wird formationsprozess anzustoßen und die Entwicklung der Treibhausgasemis- zu begleiten. Daher hat die Politik in Das Medium des NÖ Klima- und Energieprogramms 7
3 | Wir bleiben dran! 14.000 Trend ab 2014 Energieversorgung 12.000 Zielwert 2020 10.000 Landwirtschaft 8.000 Kreislaufwirtschaft 6.000 Alles im Blick – die Treibhausgas- 4.000 emissionen Mobilität und Raumentwicklung in Niederösterreich 2.000 2005–2016 (KEP) Gebäude in kt CO2eq 0 3 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Achtung: Wir kommen vom Kurs ab Entwicklung der NÖ Emissionsdaten! W ir werden an unseren Taten gemessen, daher ist Im Gebäudebereich liegt mit minus 31% eine deutliche der kritische Blick auf die Fakten unerlässlich! Emissionsreduktion vor, was auf die durchgeführten Wär- Vom Spitzenjahr der Emissionen 2005 bis zum medämmungen und die verbesserten Heizungsanlagen Jahr 2016 konnten wir in NÖ im Non-ETS-Bereich zwar zurückzuführen ist. eine Reduktion von 10,4% einfahren, aber alleine in den In der Mobilität und Raumentwicklung ist ein Emissi- letzten beiden 2 Jahren (2014 bis 2016) verzeichneten onsrückgang von 3% zu verzeichnen. Die dort zugeord- wir wieder einen Anstieg von 4,5%! Und die Grobdaten neten Emissionen aus dem Personen-Straßenverkehr sind von 2017 lassen einen weiteren Anstieg erwarten. vorwiegend durch die beigemischten Anteile an Biokraft- Auch wenn eine Entwicklung von 2 Jahren noch nicht stoffen gesunken, wohingegen die Fahrleistung nicht als Trend bezeichnet werden kann, sind die Zahlen ein zurückgeht. Alarmzeichen, denn wir entfernen uns ganz klar vom Bei der Kreislaufwirtschaft liegt ein Anstieg der Emissi- Zielpfad. Wenn wir diese Tendenz nicht rasch stoppen onen von zwei Prozent vor. Die Emissionen der Industrie und umkehren, werden wir das Ziel bis 2020 nicht halten sind seit 2005 um 24% stark gestiegen. Die hier auch können! Es braucht daher eine klare und konsequente bilanzierten Emissionen aus dem Güter-Straßenverkehr, Wende. Vor allem auch mit Blick auf die Vorgaben für die etwa die Hälfte der Emissionen ausmachen, sind 2030. allerdings gesunken. Die diesem Bereich ebenfalls zu- geordneten Emissionen der Abfallwirtschaft sind um 3% Rund 60% der Treibhausgasemissionen in Niederöster- gestiegen. reich sind dem Nicht-Emissionshandelsbereich (NON- Die Landwirtschaft weist einen Emissionsrückgang von ETS) zuzuordnen. Hier gibt es das Ziel die Emissionen bis 1% auf. Das ist vor allem auf leicht sinkende Düngermen- zum Jahr 2020 um 16% und bis 2030 um 36% zu redu- gen und Tierzahlen zurückzuführen. zieren. In Niederösterreich sind die NON-ETS-Emissionen In der Energieversorgung beträgt der Emissionsrückgang im Zeitraum 2005 bis 2016 zwar um 10% gesunken, doch 49%, was vor allem an den stark zurückgehenden Emis- 2014-2016 (und nach den ersten Grobdaten auch 2017) sionen aus den fossilen Fernheizwerken von NON-ETS- wieder kontinuierlich gestiegen! Anlagen liegt. Die Bereiche des KEP weisen allerdings sehr unterschiedliche Emissionstrends auf: KEP TIPP Weitere Fakten und noch mehr Informationen finden Sie im Umwelt-Energie- und Klimabericht des Landes NÖ unter www.noel.gv.at/Umwelt/Klima/ 8 KEP-Journal 2018 Klima-Energieberichte.html.
4 | Was hinter diesem Programm steht KEP: Wir drehen am Steuer! Gemeinsam die Energie bün- deln, gemeinsam dranbleiben, nur so sind die großen Her- ausforderungen der Zukunft zu meistern. Nur so bleiben 4 wir auf Kurs. „ Wer hinter diesem umfassenden Programm steht Das KEP ist wie das Meer: Die einzelnen Wogen vermögen nicht viel, aber die Kraft der Brandung ist unwiderstehlich. frei nach Václav Havel Leitung: DI Obricht, DI Angerer Kernteam Koordination, Monitoring, Berichtswesen Ing. Fischer BA, Ing. Gerlich MSc. 6 Thematische Bereiche mit 15 Handlungsfelder Mobilität und Land und Das KEP und Gebäude Raumentwicklung Kreislaufwirtschaft Forstwirtschaft Vorbild Land Energie seine Akteure Bauwesen Klimagerechte Abfallwirtschaft Globale Aspekte Da Klima- und Energiefragen und Ressourcen- Forstwirtschaft und Bewusstseins- Energiesysteme DI Länger (BD4) Mobilität schonung Dr. Hagen (LF4) bildung Klima DI Angerer (RU3) in alle Lebensbereiche hin- DI Baier (RU1) DI Rausch (RU7) Dr. Jugovits (RU3) DI Kunyik (RU3) einwirken, ist die Mitwirkung Nicht- CO2-optimierte Landwirtschaft und die vernetzte Zusammen- Nachhaltige Erneuerbare Wohngebäude Wirtschaft und Ernährung Beschaffung Energieträger arbeit von über 30 Abteilun- Kitzberger MA Klimaorientierte Kitzberger MA DI Müller Reinwein (WST3) (WST3) (LF3) DI Steiner (RU3) DI Böswarth (RU3) gen erforderlich und im KEP Raumentwicklung DI Scholly- auch realisiert worden. Das Wohngebäude Bachinger (RU2) Klimagerechter Öffentliche ist unsere Stärke! DI Kodym (RU2) Mag. Frank (F2) Gütertransport Gebäude Ing. Reisel (F2) DI Popp (RU7) DI Dorninger (LAD3) Das Programm ist in 6 Berei- che und 15 Handlungsfelder Querschnittsthemen thematisch untergliedert und wird durch 6 Querschnitts- Klimawandel Feinstaub Finanzen Gemeinden Gender anpassung Nachhaltigkeit themen noch weiter in seiner DI Brandstätter Mainstreaming (BD4) Mag. Drescher (F1) DI Greisberger (eNu) Dr. Hilbert (F3) DI (FH) Böswarth (RU3) DI Steiner (RU3) verbindend-übergreifenden Mag. Zimmermann (RU3) Aufgabe gestärkt. Das Medium des NÖ Klima- und Energieprogramms 9
„ 5 5 | Was wir vorhaben Was wir Besorgt mir Ingenieure, die noch nicht gelernt vorhaben haben, was nicht geht! Henry Ford Kursänderung voraus! Wir nehmen das Steuer in die Hand! E ine mutige Ansage! Vor allem bei den Rahmen- bedingungen, welche in den vorigen Kapiteln skizziert wurden: das Klima ändert sich rasch, aber gesellschaftliche Veränderungen gelingen nicht von heute auf morgen und was die Treibhausgasemissionen betrifft, weichen wir aktuell vom Reduktionspfad ab. Auf der anderen Seite passiert unheimlich viel! Das heurige Journal ist wieder voll von Aktivitäten rund um die 224 Instrumente des NÖ Klima- und Energiepro- grammes. In den Fachabteilungen und Partnerorganisa- tionen werden laufend Erfolgsgeschichten geschrieben und etwas bewegt. Die große Stärke liegt an unserem beständigen Programm und Der erforderliche Umbau unseres der kraftvol- setzung für unsere künftigen Aktivitäten sein wird. Der Energiesystems ist ein Generationenprojekt len Gruppe, erforderliche Umbau unseres Energiesystems ist ein was speziell Generationenprojekt, denn heute getroffene Entschei- im vergangenen Oktober beim großen Kick-Off zur dungen beeinflussen massiv die Lebensgrundlage künf- 2. Programmhälfte deutlich spürbar war. tiger Generationen. Bei der Energiewende geht es darum die Weichen für eine enkeltaugliche Zukunft zu stellen Auch inhaltlich macht Niederösterreich wieder große – ein gesundes Wirtschaftssystem, eine zukunftsfähige Schritte. Derzeit werden zig Tausende Energieszenarien Infrastruktur und intakte Lebens- und Naturräume. Der für unser Land modelliert – ein einzigartiges Verfahren, neue Fahrplan für NÖ soll mit Ende des Jahres beschlos- wo jede Stunde des Jahres berechnet wird. Aber mehr sen werden und befindet sich gerade in einem breiten dazu im nachfolgenden Gastkommentar. Abstimmungsprozess. Die großen Zielfelder sind: 1. Zukunftsfähiges Energiesystem NÖ Klima- und Energiefahrplan 2. Auswirkungen des Klimawandels begrenzen Gleichzeitig bzw. zum Teil aufbauend auf diesen Ergeb- 3. Moderne leistungsfähige Infrastruktur nissen erstellen wir einen NÖ Klima- und Energiefahr- 4. Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung plan der Ziele und Richtungen vorgibt und die Rahmen- 5. Bürgerengagement Gesellschaftliche Herausforderungen: Klimawandel – Klimaschutz – Erneuerbare Energiezukunft EU-Paket #mission2030 NÖ Klima- und Weltklimavertrag Strategie „Klima & Energie“ Österreichische EnergieFAHRPLAN von Paris Ziele und Vorgaben Klima- und Vision, Ziele und 195 Staaten + EU der EU-Kommission Energiestrategie Rahmensetzung NÖ Klima- und Umsetzung EnergiePROGRAMM Umsetzung von Maßnahmen 10 KEP-Journal 2018
5 | Was wir vorhaben So viel kann man schon verraten: Es wird kräftige Inhalte Greening the Gas oder einer Sektorkopplung bei Strom, geben! Denn das bereits beschlossene Ölverbot für den Wärme und Verkehr. Apropos Verkehr, hier stehen wir neuen Neubau ab nächsten Jahres war nur der Anfang unserer Mobilitätsformen gegenüber, welche uns gesellschaftlich Devise „Raus aus dem Öl“. Gleichzeitig ist es unerlässlich aber auch unsere Infrastrukturen verändern werden. Digi- sich mit neuen Technologien zu beschäftigen wie z.B. talisierung und smarte Netze runden das Bild ab. Wichtig ist es nicht nur Vorgaben oder Ziele zu sehen, sondern vor KEP allem Chancen für regionale Wertschöpfung und Green Jobs. TIPP das gesamte Auf der Website des Landes NÖ stehen NÖ Klima- und Energieprogramm Und zu guter Letzt wird diese Kursänderung wieder durch 2020, sowie eine ansprechende Kurzfassung, uns – der Gruppe des NÖ Klima- und Energieprogrammes – als Downloads zur Verfügung. umgesetzt werden. Denn durch konkrete Handlungen und http://www.noel.gv.at/Umwelt/Klima/Klima- vereinbarte Verantwortlichkeiten können wir weiterhin viel Energieprogramm/KlimaEnergieprogramm.html bewegen. DER GAST BESONDERE KOMMENTAR Das Modell Niederösterreich: Stunde für Stunde Interview mit Wolfram Sparber Leiter des Institutes für Erneuerbare Energie bei EURAC Research (privates Zentrum für angewandte Forschung mit Sitz in Bozen) Niederöster- ankommt ist: Wie kann man sicherstel- Unternehmen gefördert, die Knowhow reich hat sich len, dass am 8. Dezember um 11 Uhr entwickeln und Arbeitsplätze schaffen. im Klima- und die Energie verfügbar ist, die zu diesem Die gleichen Ausgaben für fossile Brenn- Energiebereich Zeitpunkt benötigt wird? Oder am 3. stoffe generieren dagegen kaum Mehr- ehrgeizige Mai um 18 Uhr? Dazu muss man zum wert, das Geld fließt aus der Region ab. Ziele gesetzt. einen den Bedarf genau kennen: Was Derzeit wird wird in jedem Moment des Jahres für Das Modell liefert also die Antwort auf an aktuellen Strom, Heizung und Verkehr gebraucht? die Frage, was energiepolitisch zu tun Vorgaben für Grundlage dafür ist die reale Situati- ist? den Zeitraum on des letzten Jahres. Zum anderen Nein, es zeigt aber Möglichkeiten auf, Wolfram Sparber 2030 bis 2050 betrachten wir das Potenzial: Wie viel mit möglichst geringen Ausgaben eine EURAC Research gearbeitet. Ihr dieser Energie liefern Sonne und Wind möglichst hohe Reduktion an CO2 zu Forschungsins- in jeder einzelnen Stunde, was kann erreichen. Welchen dieser Wege man titut unterstützt dieses Vorhaben mit durch Biomasse und Wärmepumpen wählt, ist dann die Entscheidung der einem innovativen Verfahren – wie gedeckt werden, wie stark müssen Gesellschaft– wir liefern die Faktenba- sieht das aus? Speicher mit betrachtet werden? Zu- sis, damit diese Entscheidung bewusst Wir haben ein Modell entwickelt, das sätzlich beziehen wir in unsere Rech- getroffen werden kann. zeigt, wie eine Region seine Klimaziele nungen sämtliche Möglichkeiten ein, am besten erreicht, also was die CO2 den Energiebedarf zu reduzieren – zum Gibt es für Niederösterreich schon effizientesten und gleichzeitig volks- Beispiel durch energetische Gebäudes- Ergebnisse? wirtschaftlich sinnvollsten Wege sind. anierung – und berücksichtigen große Unsere Berechnungen sind noch nicht Es handelt sich um ein Simulationsmo- gesellschaftliche Trends: Wenn mehr abgeschlossen, doch ein paar große dell für Energiesysteme wie der Bedarf Leute Elektroautos fahren, verringern Linien zeichnen sich schon ab. Wir künftig gedeckt werden könnte –über sich die Emissionen, doch man braucht haben gesehen, dass es noch beträcht- den Verlauf eines ganzen Jahres, Stun- mehr Strom. liches Potenzial gibt, durch Effizi- de für Stunde. enzsteigerung wie z. B. energetische Wie viele Szenarien simulieren Sie für Sanierung. Doch damit allein sind die Warum Stunde für Stunde? Niederösterreich? Klimaziele weitaus nicht zu erreichen: Für eine Region, die auf Erneuerbare Es werden am Ende mehr als 20.000 Dafür müssen auch die Verkehrsemissi- setzt, ist das wichtig, weil diese starken verschiedene Szenarien sein. Und für onen drastisch reduziert werden. Mehr Schwankungen unterliegen. Im Sommer jedes beziffern wir die gesamtgesell- Elektromobilität bedeutet aber einen steht viel mehr Solarenergie zur Verfü- schaftlichen Kosten, denn Investitio- etwas höheren Stromverbrauch – es wird gung als im Winter. Da nützt es wenig, nen in energetische Sanierung lohnen also auch nötig sein, die Stromproduk- wenn man weiß, wieviel PV-Strom in sich nicht nur, weil man dann weniger tion aus erneuerbaren Quellen weiter einem Jahr produziert wird – worauf es heizen muss – es werden zudem lokale auszuweiten. Das Medium des NÖ Klima- und Energieprogramms 11
6 Was tut sich in „ Was wir heute tun, entscheidet, wie die Welt morgen aussieht. Boris Pasternak den KEP- Bereichen? Gebäude – Förderung vs. Baurecht: D er gemeinsam konsequente A Weg in der us dem Planeten kann man Wohnbauförderung und nicht aussteigen! WIR vom KEP im Baurecht haben letzt- bleiben dran! lich zu einem Umbruch in der gesamten Bauwirt- Denn hinter jedem der 224 Instrumente schaft geführt und zwar und den beteiligten Personen stehen hin zu einer energieeffizi- Michael Reisel Johann Baier kleine und große Erfolgsgeschichten, enteren Bauweise. F2 RU1 die zeigen wie wertvoll unsere Arbeit Bereits im Jahr 2002 wurde erstmals eine ist und welch große Dinge auf diese höhere Wohnbauförderung vergeben, wenn ein Energieausweis vor- „ Weise entstehen. So wird ansatzweise gelegt wurde. In Folge dessen wurden die Anforderungen an die Ge- sichtbar, was das Amt der NÖ Landesre- bäudehülle weiter bis zu den heutigen Einstiegswerten verschärft. gierung und ihre Partner im In der nationalen Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie flossen im Jahr 2009 erstmals die Anforderungen an die Gebäudeenergie- Jahr 2017/18 wieder für ein effizienz in die NÖ Bauge- – auch in Zukunft – lebens- Verlangen die EU-Klimaziele setzgebung ein. Die in der NÖ wertes NÖ geleistet haben! schärfere Maßnahmen? Bauordnung 2014 gesetzlich vorgeschriebenen Werte werden nun kontinuierlich angepasst und verschärft, um die Ziele der EU-Gebäuderichtlinie für das Jahr 2020 zu erreichen. Dadurch werden die Vorgaben der NÖ Bauordnung im Jahr 2020 genau jene Werte erreichen, die jetzt schon in der Wohnbauförde- Ich verstehe nicht, warum die rung gefordert sind – und beide Instrumente gleich aufliegen. Dies Menschen Angst vor neuen bedeutet dann für den Neubau, dass ab 2020 auch Nicht-Wohngebäu- Ideen haben. Ich habe Angst de, also etwa Bürogebäude, die strengen Anforderungen der heute geltenden NÖ Wohnbauförderungsrichtlinien erfüllen müssen. vor den alten. Wenn sich die Grenzen der technischen Machbarkeit im Neubau John Cage nicht deutlich verändern, wird aus heutiger Sicht mit keiner – über jene der EU-Gebäuderichtlinie hinausgehenden – Verschärfung der 12 KEP-Journal 2018
6 | Gebäude Durchschnittliche Energiekennzahl (EKZ, Heizwärmebedarf) © Waldviertel Tourismus/www.ishootpeople.at/waltergrafik der in NÖ geförderten Bauvorhaben Jahr Sanierung Neubau Quelle: Abteilung Wohnungsförderung, F2 Eigenheime Wohnungen vor nach vor nach Eigenheime Wohnungen Sanierung Sanierung Sanierung Sanierung 2002 251,6 84,3 120,9 44,4 36,0 22,6 bis 2010 2011 258,9 77,4 113,3 36,8 32,8 23,1 2013 261,4 81,2 95,7 35,6 27,3 20,6 2015 265,5 75,1 112,4 37,1 28,7 21,1 2017 262,3 72,3 109,8 34,7 30,0 21,6 15 Jahre Energieausweis + 150.000 geförderte Wohneinheiten = nur mehr 1/3 Energieverbrauch! Überholen verboten? Eine Erfolgsgeschichte zieht Zwischenbilanz: in den letz- ten 15 Jahren wurden über die Wohnbauförderung 73.757 gesamthaft sanierte Wohneinheiten (Einzelbauteilsanie- rungen nicht eingerechnet) und 77.852 neu errichtete Anforderungen zu rechnen sein. Und zwar aus drei Gründen: Wohneinheiten in Top-Standard gefördert – das entspricht Weil das Gleichgewicht zwischen Energieeinsparung und ca. 21% des Wohnungsbestandes in NÖ. Wohnbaukosten gestört werden würde und der Forderung nach leistbarem Wohnen sowie der Forderung der EU nach In der Sanierung konnte durch ein Umdenken hin zu Kostenoptimalität nicht Rechnung getragen werden könnte. gesamthaften Gebäuderenovierungen mit Schwerpunkt Dämmung und Heizungsumstellung viel erreicht werden. Es stellt sich allerdings die zentrale Frage: Verlangt die Es wurde in der Sanierung eine Reduktion des Energiever- Erreichung der beschlossenen Klimaziele nicht strengere brauchs um mehr als 2/3 realisiert! gesetzliche Maßnahmen? Diese würden für alle Gebäu- deeigentümer gleichermaßen gelten. Braucht es dann Durch die seit 2002 konsequente Kopplung der Förderung begleitende Förderungsanreize, um die sozialen Konfliktpo- an die energetische Qualität der Gebäude hat sich der tenziale möglichst abzufangen? Allein diese Fragen zeigen damalige energetische Top-Standard durchgesetzt und ist ganz deutlich, dass zukünftig Baurecht und Förderungen heute die Norm. Die teilweise daraus entstandene neue zukünftig noch stärker im Gleichklang – quasi Kopf an Kopf Architektur im Neubau, ist heute akzeptiert und prägt das – agieren müssen. Erscheinungsbild vieler neuer Wohnsiedlungen. Neujahrsaktion. Sauber Heizen: 11.000 sind schon dabei! Anlässlich des Jahreswech- Insgesamt haben 11.000 Personen einen Heizungstausch sels startete die Kampagne teilgenommen und Informationen zu planen „Sauber Heizen“ mit dem Ziel über ihr Heizverhalten, das Alter über 40 Prozent der ihrer Heizanlagen und auch die TeilnehmerInnen haben möglichst viele Menschen zum Wahrscheinlichkeit eines möglichen eine über 15 Jahre alte Umstieg auf ein erneuerbares, Umstiegs angegeben. Durch diese Heizung sauberes Heizsystem zu motivie- Aktion in Einkaufszentren wurde ein mehr als 1/3 der Befrag- Manfred Brandstätter, BD4 ren. In Summe sind bereits 11.000 breites Publikum angesprochen: ten heizen heute noch Instrument: G5/4 Menschen dabei! mehr als 1/3 (4.000) der befragten mit fossilen Energieträ- Personen geben an in naher Zukunft gern (3.000 mit Gas, 1.200 mit Öl) Das Medium des NÖ Klima- und Energieprogramms 13
Der ecoplus Standortkompass: Wie Sie leerstehende Betrachtet man den tatsächlichen Betriebsflächen einfach finden können! Heizungsanlagenbestand und die Ergebnisse dieser Aktion zusammen, Unbebaute Flächen für Betriebsansiedlungen sind gerade in Regionen wird klar, welches Potential bzgl. mit großer Nachfrage oft Mangelware, denn die Flächenkonkurrenz Effizienzsteigerung und Klimaver- mit anderen Nutzungen wie Wohnen, Erholung oder die Landwirtschaft träglichkeit in NÖ noch schlummert. sind hoch. Umso wichtiger ist die Wiedernutzung von bestehenden, bereits Mitmachen zahlt sich weiter aus, betrieblich genutzten Flächen. Doch wie das Richtige finden? denn der Fragebogen ist nach wie Der www.standortkompass.at von ecoplus unterstützt als kostenloses Service- vor zugänglich unter www.energie- bewegung.at/sauberheizen/ und tool dabei Anbieter und Nachfrager in gleicher Weise! wer online ausfüllt, erhält einen Das Investorenservice von Gewerbeobjekte sichtbar zu Sofortpreis und wird über Neuigkei- ecoplus unterstützt Betrie- machen. Derzeit haben wir ten im Bereich Heizen am Laufen- be bei ihren Ansiedlungs- insgesamt 380 Immobilien den gehalten! Lassen auch Sie sich oder Erweiterungsprojekten online, davon 222 Grund- von der Energiebewegung NÖ über in Niederösterreich. Dabei stücke und 158 bestehende Beratungs- und Förderangebote ist die richtige Standort- Immobilien (Gewerbeobjekte informieren und zum Umstieg auf wahl oft ausschlaggebend und Büroflächen). Auf der ein erneuerbares Heizsystem moti- für die erfolgreiche Umset- Webplattform werden die für vieren. zung des Projekts: Auf die die Standortentscheidung grüne Wiese gehen, oder Kirisits Andreas, relevanten Informatio- Rückfragen: NÖ Energie- und Umwelt- ein bestehendes Be- Ecoplus, nen wie Flächenwidmung, agentur NÖ, Sophie Schiesser triebsobjekt kaufen? Ein Instrument: G2/3 Hochwasserbereiche, Natura (sophie.schiesser@enu.at) Neubau erscheint auf den 2000, Verkehrsinfrastruk- ersten Blick oft einfacher, allerdings tur inkl. Haltestellen in Karten und kann es zum Widerstand verschie- Luftbild dargestellt. Zusätzlich gibt es Heizungsanlagen in dener Gruppen mit Argumenten wie Tools zum Messen von Flächen und Ent- NÖ Haushalten (2016) Bodenverbrauch, Verkehrsaufkommen fernungen und es können Einzugsbe- oder Beeinträchtigung des Ortsbilds reiche und Routen berechnet werden. kommen. Eine bestehende Immobilie Mit dem Standortkompass steht somit 225.000 zu erwerben und wieder beziehungs- nun ein Instrument zur Verfügung, das weise um zu nutzen ist einerseits mit Unternehmen übersichtlich und rasch 150.000 Einschränkungen hinsichtlich des Pro- alle Optionen sowie deren Vor- und jektlayouts verbunden, andererseits Nachteile aufzeigt. 75.000 liegen diese Gebäude oft in Zentrums- nähe, wodurch die Verkehrsanbindung 0 mittels öffentlicher Verkehrsmittel gas s ssi öl, e mp , ng Bri oks, epu lar let ärm Fer as e ts gegeben ist und die Anrainer sich an izu Flü Heiz rm So ket Erd gg Pel K nw ohe le, das Erscheinungsbild gewöhnt haben. lz, Koh ktr Ho Ele Mit dem Standortkompass haben Wä Quelle: Statistik Austria, Eigene Darstellung wir die ideale Plattform entwickelt um das gesamte Angebot, nämlich unbe- baute Grundstücke und bestehende Smart Home: Fluch oder Segen? smart home weiter denken, kommen wir über das smart grid schlussend- lich zur smart city, wo die Gebäude Die Zielsetzung eines Steuerungen automatisch vorneh- mit der Mobilität und der Strompro- smarten Gebäudes ist men. duktion einer Stadt in Verbindung es, die Wohnqualität zu Damit ist mittlerweile nicht nur stehen und miteinander kommunizie- verbessern und gleich- mehr die eigene Steuerung der ren (z.B. Seestadt Aspern). zeitig die Energieeffizi- Gartenbewässerung oder Waschma- An der zunehmenden Komplexität Daniela Trauninger enz zu optimieren. Doch schine gemeint, vielmehr geht es der Vernetzung wird jedenfalls klar Donau-Universität- was macht ein Heim dabei auch um die intelligente Ver- wo die Schwachstellen des Systems Krems smart, also schlau? Die netzung von gebäudeintegrierter liegen: einerseits müssen alle Kompo- Intelligenz liegt darin Energieversorgung und Energieab- nenten, die in das System integriert technische Abläufe bzw. Geräte zu nehmern innerhalb größerer Gebäu- werden sollen, selbst die Intelligenz vernetzen, sodass diese miteinan- dekomplexe bis hin zur Vernetzung besitzen herstellerübergreifende In- der kommunizieren und optimale ganzer Gebäude. Wenn wir das formationen austauschen zu können. 14 KEP-Journal 2018
6 | Gebäude Die Bauordnung erleichtert Dämmen und Sanieren Die thermische Sanierung von Gebäuden spart Heizkosten und Fertigstellung gibt es allfällige Kühlkosten und erhöht den Wohnkomfort sowohl im keine Fristen. Winter als auch im Sommer. In der NÖ Bauordnung 2014 wurden mit Ein Tausch von Fens- tern ist grundsätzlich der Novelle 2017 weitere Erleichterungen und eine klare Regelung ge- jederzeit zulässig und schaffen, um die thermische Sanierung von Gebäuden zu ermöglichen. fällt unter Instandset- zungsmaßnahmen. Dies Die nachträgliche Dämmung einer dann zulässig, wenn das bestehende gilt auch dann, wenn Fassade war auch bisher schon bis Gebäude bereits zu hoch ist. die alten Fenster durch zu einer Dicke von insgesamt 20 Aus rechtlicher Sicht sind alle technisch höherwertige Huber Länger, BD1 cm zulässig, ohne dass dies bei der Maßnahmen zur Herstellung einer Fenster (z.B. durch mo- Instrument: G3/2 Berechnung der Bebauungsdichte Wärmedämmung nur mehr anzeige- derne, wärmedämmen- und des Bauwiches (= Abstand zur pflichtig (§ 15 Abs. 1 Zi. 2 lit. d). de oder schalldämmende Fenster) Grundstücksgrenze) berücksichtigt Die geplanten Maßnahmen müssen ersetzt werden. Grundsätzlich sind werden musste (§ 52 Abs. 4). Seit in einer maßstäblichen Zeichnung Instandsetzungsmaßnahmen bewil- der Novelle darf nun auch die Dach- dargestellt und in einem techni- ligungs-, anzeige- und meldefrei. haut bei vor dem 1. Februar 2015 schen Bericht beschrieben werden. Nur in Schutzzonen und erhaltens- bewilligten Gebäuden zur Unterbrin- Die Unterlagen sind 6 Wochen vor würdigen Altortgebieten ist für gung von Wärmedämmmaßnahmen Baubeginn bei der Baubehörde ein- diese Maßnahmen aus Gründen des um bis zu 30 cm angehoben werden zubringen. Erfolgt keine Versagung, Ortsbildschutzes eine Bauanzeige (§ 53a Abs. 10). Diese Anhebung dann darf nach Ablauf dieser 6 Wo- erforderlich. wird bei der Gebäudehöhe nicht chen innerhalb von 2 Jahren mit der Damit sind weitere wichtige berücksichtigt und ist sogar auch Sanierung begonnen werden. Für die Schritte gesetzt worden, damit der thermischen Sanierung unserer Gebäude auch rechtlich nichts mehr im Wege steht! Gebäude Handlungsfelder: Bauwesen Wohngebäude Nicht-Wohngebäude Abteilungen: BD1, BD2, BD4, F2, GBA, IVW3, LAD3, RU1, RU3, RU4, WST3, ecoplus, eNu Maßnahmen: GAST G1 Thermische Sanierung von Wohngebäuden KOMMENTAR forcieren G2 Thermische Sanierung von Nicht-Wohngebäuden Andererseits müssen die Sollwerte, Technologien kann nur dann aus- (Büros, Verkaufsstätten, Hotels usw.) forcieren Befehle sowie Abläufe von einem geschöpft werden, wenn die Pla- G3 Rechtliche Bestimmungen für die thermische Fachmann programmiert und ner ein entsprechendes Know-How Sanierung verbessern (WG und NWG) datenschutzrechtlich abgesichert aufbauen und v.a. interdisziplinär G4 Klimaschädliche Heizungssysteme durch sein. Vor allem aber die Nach- arbeiten. Hier müssen entspre- zukunftsfähige ersetzen G5 Effiziente Energiesysteme (Heizung, Lüftung, justierung bzw. Optimierung der chende Ausbildungsschwerpunkte Klimatisierung, Beleuchtung, Geräte) in Programmierung ist wichtig und in Richtung innovativer Gebäude- Gebäuden forcieren passiert oft nicht. Selbstlernende und Energiekonzepte, wie an der G6 Zukunftsfähigen Neubau forcieren Systeme, die u.a. auch bei uns an Donau-Universität Krems, gesetzt auf dem Weg zum Plus-Energiehaus der Donau-Universität Krems ent- werden. Denn nur mit entspre- G7 Klimaschonende Baustoffe forcieren wickelt werden, sollen in Zukunft chend ausgebildeten Experten (in Neubau und Sanierung) dabei Abhilfe schaffen (z.B. Projekt kann sich das smart home von G8 Aus- und Weiterbildung von ProfessionistInnen CoolAIR nachhaltigwirtschaften. der Spielerei für Häuslbauer in und Behörden verstärkt auf Klimaschutz ausrichten at/en/sdz/projects/cool-air.php). Richtung zukunftsfähiger smarter Das volle Potential der smarten cities weiterentwickeln. Das Medium des NÖ Klima- und Energieprogramms 15
„ Wer einmal elektrisch gefahren ist, der ist für alle Zeiten für den Verbrenner verloren. Dr. Stefan Niemand, Leiter Produktplanung der AUDI AG Mobilität & Raumentwicklung Fahrrad & Windrad – viele Räder braucht die M obil sein bedeutet von A nach B zu Obwohl bereits Anfang der gelangen, um unsere Grundbedürfnisse 90er Jahre die Folgen des wie Wohnen, Arbeit, Ernährung, Kultur Klimawandels bekannt waren und Bildung wahrnehmen zu können. Mobilität ist (Kyoto-Protokoll), hat dies dabei nur das Mittel zum Zweck. Eine Erfindung bisher zu geringen Konsequen- war für die Weiterentwicklung dieses „Mittels“ zen in der Mobilität geführt. ganz besonders prägend: die Erfindung des Rades Im Gegenteil! Insgesamt vor rund 6.000 Jahren. stammen mehr als 40 % der Mussten bei Schubkarren, CO2-Emissionen aus dem Die Klimaziele sehen eine Pferdewagen und Fahrrä- Verkehrssektor. Das Erreichen Regina Rausch Mobilitätswende vor! dern noch Mensch und Tier unserer Klimaziele setzt daher RU7, Instrument: M6/6 Energie einsetzen, kam es eine Mobilitätswende voraus – durch den Einsatz von fossiler Energie sehr rasch weg vom Verbrennungsmotor und ein Umstieg auf zu großen Fortschritten. Von der Erfindung der Elektrofahrzeuge. Strom ist damit der Rettungsan- Dampflok bis zum modernen Auto vergingen ker, allerdings nur, wenn dieser „sauber“ erzeugt nur wenige Jahrzehnte. Nun begann der Sieges- wird. zug auf 4 Rädern mit all seinen Konsequenzen, Nun kommt im Lauf der Geschichte der Mobili- die uns leider erst sehr spät bewusst wurden. tät ein weiteres Rad ins Spiel: das Windrad. Man Schadstoffemissionen, Klimawandel und Flächen- mag dazu stehen, wie man möchte – sanfte Riesen verbrauch sind allgegenwärtige Schlagworte, in der Landschaft oder Lärmquelle und Gefahr für die mittlerweile unser Handeln in der Mobilität die Vogelwelt – ohne Windkraftwerke in Kombi- lenken. nation mit Wasser- und Solarenergie ist Mobilität 16 KEP-Journal 2018
6 | Mobilität & Raumentwicklung 100% Erneuerbarer Strom für eine nachhaltige Mobilität? Absolut möglich! Der Landesfuhrpark als Vorreiter in Sachen 300 Windräder e-Mobilität: 20% bis 2020! 150 Windräder Das Land Niederösterreich verfolgt ambitionierte Ziele bei 30 der Umstellung des eigenen Fuhrparks in Richtung Elektro- Windräder mobilität. Bis 2020 sollen rund 20 Prozent des Landesfuhrparks 10% 50% 100% E-PKW in NÖ E-PKW in NÖ E-PKW in NÖ aus e-Fahrzeugen bestehen. Das erfordert genaue Planung und E-Busse in NÖ E-Busse in NÖ E-Busse in NÖ ein entsprechendes Umfeld – daher wurde die passende Ladeinf- rastruktur gleich mitentwickelt! 100% Erneuerbarer Strom für eine nachhaltige e-Mobilität ist in Niederösterreich längst Mobilität? Kein Problem! kein Nischenthema mehr, sondern im Alltag angekommen. Um auch die Wirtschaft verstärkt zum Umstieg auf e-Fahrzeuge zu Selbst wenn alle Autos und öffentlichen Busse auf motivieren, geht das Land Niederöster- NÖ-Straßen mit Strom betrieben werden würden, reich nun im eigenen Fuhrpark mit gutem © shutterstock.com/Smile Fight wären nur 300 Windräder für die Stromversorgung Beispiel voran und plant eine großflächige notwendig. Umstrukturierung bei laufendem Betrieb Mit dem Strom von einem Windrad können näm- und ohne Mobilitätseinschränkungen für lich ~ 3.500 Autos mit der für NÖ typischen Fahr- Peter Dorn, ST2 die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. leistung betrieben werden. Und mit 10 Windrä- Instrument: M8/1+5 Dazu wurde im zweiten Halbjahr 2017 dern alle Busse des öffentlichen Linienverkehrs. und V3/8 der Landesfuhrpark auf die Einsatzmög- 100% grüne Elektromobilität ist daher schon mit lichkeiten von e-Fahrzeugen auf Basis heutigen Technologien möglich! einer genauen Fahrprofilanalyse analysiert. In einem nächsten Schritt erfolgte eine detaillierte Kosten-Nutzen-Betrachtung. Ergebnis dieser Planungsaktivitäten ist ein klar definiertes Ziel: bis 2020 sollen rund 20 Prozent des Landesfuhrparks elektrisch Mobilität! unterwegs sein. Damit werden Fahrzeuge im Landesdienst bzw. bei ausgeglieder- ten Landesgesellschaften auf e-Antrieb Karl Dorninger, LAD3 umgestellt, alleine 50 im NÖ Straßendienst. Instrument: M8/1+5 Beim NÖ Straßendienst werden Ende 2018 und V3/8 der Zukunft nicht vorstellbar. Skeptiker befinden, mit 87 Elektrofahrzeugen (ca. 30% des dass allein aufgrund der benötigten Strommenge PKW-Anteils des NÖ Straßendienstes) die ein Umstieg nicht möglich ist. Doch dem ist nicht Klimaziele vorzeitig sogar übertroffen. so: Während ein Diesel-PKW mit einem Liter Diesel Zusätzliche e-Fahrzeuge bedeuten aber rund 17 km weit kommt, schafft ein E-PKW mit auch einen steigenden Bedarf an Strom- der gleichen Energiemenge bis zu 60 km. Und tankstellen! Mit Fertigstellung der 1. aufgrund der hohen Effizienz von E-Fahrzeugen ist Ausbaustufe im Juli 2018 durchbrach das auch die Aufbringung der dafür benötigten Strom- Land NÖ das Henne – Ei – Problem, indem menge kein Problem. Selbst für die Umstellung der frühzeitig moderne Stromtankstellen zur gesamten Busflotte in NÖ auf E-Busse braucht es Verfügung stehen und zum e-Auto motivie- den Strom von nur 10 Windrädern. ren sollen. Aber klar ist, dass die Dekarbonisierung nicht allein durch die Elektromobilität gelöst werden kann. Über 40 % aller PKW-Fahrten liegen unter 5 km – diese könnten allesamt zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Der Öffentliche Verkehr als Rückgrat der Mobilität wird in den nächsten Jahren massiv ausgebaut. Viele ergän- zende Mobilitätsformen sind im Kommen: Carsha- ring, „mobility on Demand“, etc. Alle Angebote zusammen können die Mobilitätswende ermögli- chen – Rad sei Dank! Das Medium des NÖ Klima- und Energieprogramms 17
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