TRANSFORMATION - HESSENCHEMIE
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JAHRESMAGAZIN 2021/2022 FOKUS Transformation ARBEITGEBERVERBAND CHEMIE UND VERWANDTE INDUSTRIEN FÜR DAS LAND HESSEN E. V. Dekarbonisierung, Digitalisierung und ein wieder- erwachter Systemwettbewerb – die chemische Industrie steht vor großen Herausforderungen. Um diese zu meistern und gestärkt aus dem Trans- formationsprozess herauszugehen, braucht es Rahmenbedingungen, die diese Kraftanstrengung möglich machen. Seite 8–9 Seite 30–31 HINTERGRUND RÜCKBLICK Tarifzwischenergebnis 2022 75 Jahre HessenChemie Überbrückung in krisenhaften Zeiten Von der Konfrontation zur Sozialpartnerschaft
INHALT Seite 4 Seite 25 EDITORIAL HINTERGRUND Transformation in Inklusion: selbstverständlich schwierigen Zeiten dabei sein Seite 6 Seite 26 FACTS & FIGURES EINBLICK Unsicherheiten nehmen Arbeitswissenschaft: weiter zu Wettbewerbsfähigkeit stärken, Akzeptanz gewinnen Seite 8 HINTERGRUND Seite 28 Tarifzwischenergebnis 2022: AUS DEM VERBAND Überbrückung in 10 Jahre HessenChemie krisenhaften Zeiten Akademie 18 Seite 10 Seite 30 HINTERGRUND RÜCKBLICK Transformation 75 Jahre HessenChemie erfordert Weitblick und Augenmaß Seite 32 HINTERGRUND Seite 12 Über den Regelbetrieb hinaus AUS DEM VERBAND Mitgliederversammlung Seite 33 beschließt Satzungsänderung AUSBLICK Mit ElVi-Ausbildungsmarketing Seite 14 auf TikTok junge Zielgruppen IMPRESSIONEN erreichen 12 Azubi-Wettbewerb 2022: engagierte Kolleginnen Seite 34 und Kollegen vorgestellt Blitzlicht: Nachhaltigkeit Seite 16 Seite 35 FACTS & FIGURES HINTERGRUND Neue Herausforderungen Zusammenarbeit von Berufs- im Arbeitsrecht für Unter- schulen und Betrieben stärken nehmen und Verband Seite 36 Seite 18 EINBLICK AUS DEM VERBAND Alles digital!? Die neue HessenChemie- Neue SCHULEWIRTSCHAFT- Webpräsenz Akademie beleuchtet den Einsatz digitaler Tools Seite 22 im Unterricht Blitzlicht: bewährte und neue Tools Seite 38 HESSENCHEMIE Seite 24 Vorstand und 25 STANDPUNKT Geschäftsführung „Zeitenwende“ – die Ampel im Krisenmodus Seite 39 Impressum 3
EDITORIAL Transformation in schwierigen Zeiten Liebe Leserinnen und Leser, Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen ist unsere Branche in Hessen bisher relativ stabil durch die als wir mit der Planung unserer Publikation Quintessenz Corona-Zeit gekommen. Nach Stagnation im Jahr begonnen haben, war für uns das Fokusthema klar: 2020 haben wir 2021 zunächst eine Erholung bei Pro- Die größte Herausforderung für unsere Branche in den duktion und Umsatz gesehen. Bereits zum Jahres- nächsten Jahren wird die Transformation zur klima- ende wirkten dann aber deutliche Bremskräfte. Die neutralen Produktion sein. Engpässe bei Logistik und Vorprodukten sowie kräftig steigende Energie- und Rohstoffkosten machen den Neben den bereits bekannten Herausforderungen Unternehmen seitdem zunehmend zu schaffen. Mehr wie Demografie und Digitalisierung kommen nun dazu können Sie auf den Seiten sechs und sieben Fragen der Deglobalisierung und vor allem die De- lesen. karbonisierung unserer Industrie hinzu. Gemeinsam bilden diese vier Megatrends eine historische Aufgabe, Materialknappheit, gestörte Lieferketten und massive die es zu lösen gilt. Lesen Sie hierzu bitte auch den Logistikprobleme gehörten bereits vor dem Ukraine- Gastbeitrag von Jürgen Vormann mit dem Titel „Trans- Krieg zum leidvollen Alltag vieler Unternehmen – mit formation erfordert Weitblick und Augenmaß“ auf entsprechenden Kostensprüngen. So waren allein den Seiten zehn und elf. Er beschreibt, was aus Sicht die Frachtkosten seit Beginn der Pandemie mit einem eines Standortbetreibers notwendig ist, damit die Anstieg um über 500 Prozent dramatisch hochge- chemische Industrie in Deutschland eine Zukunft hat. gangen. In Zahlen bedeutet das: Anfang Januar 2020 kostete ein Container Seefracht knapp 2.000 Dollar – Die Transformation muss gelingen! Hierzu wird es im Januar dieses Jahres waren für denselben Container sehr große Anstrengungen brauchen, in Politik, Wirt- fast 9.500 Dollar zu zahlen. schaft und Gesellschaft. Aus meiner Sicht benötigen wir deshalb jetzt vor allem drei Dinge: Einen klaren Zusätzlich sind auch die Kosten für wichtige Rohstoffe Fokus auf Investitionen und Innovationen, ein möglichst in der Chemie, wie Erdgas, Erdöl oder Naphtha, ex- starkes Wirtschaftsumfeld, in dem unsere Industrie plodiert. Der Krieg im Osten Europas lässt die Probleme wieder erfolgreich wachsen kann, und wettbewerbs- weiter wachsen. Waren die Energiepreise bereits vor fähige Kosten bei Energie, Rohstoffen – und auch dem 24. Februar 2022 weltweit nirgendwo so hoch beim Faktor Arbeit. wie in Deutschland, würde jetzt ein Ausbleiben der Gas- versorgung unvorhersagbare Folgen für weite Teile Alleine die klassische Chemie wird bis 2050 nach der Industrie haben. Um Missverständnissen vorzu- heutigen Schätzungen etwa 110 Milliarden Euro zusätz- beugen: Wir halten die durch die EU und die Bundes- lich investieren müssen, um Klimaneutralität zu regierung gegen Russland verhängten Sanktionen erreichen. Heruntergebrochen auf Hessen sind das für richtig. Sanktionen müssen aber gezielt sein, den 14 Milliarden Euro. Doch ist unser Wirtschaftsumfeld Aggressor treffen und gleichzeitig möglichst Schaden stark genug? von der eigenen Wirtschaft fernhalten. 4
Foto: HessenChemie Wie sich der Krieg in der Ukraine weiterentwickeln wird, ist derzeit nur schwer abzuschätzen. Man kann jetzt aber schon sehen, dass es bereits um weit mehr geht als die Verteidigung der Souveränität und den späteren Wiederaufbau der Ukraine. Vielmehr wird gerade deutlich, wie sich die Machtverhältnisse zwi- schen den Großmächten und deren Einflusszonen verschieben. China verurteilt den Angriffskrieg Russ- Es ist daher folgerichtig, dass gemeinsam mit der lands nicht, strebt selbst nach mehr Einfluss und IGBCE bei der Lohnfrage zunächst nur eine Zwischen- droht mehr oder weniger offen den USA. Die NATO lösung vereinbart wurde. Ich halte dieses Vorgehen hingegen erweitert sich um Finnland und Schweden, für vernünftig, um einerseits die Folgen der Inflation und die EU rückt wieder enger zusammen, zumindest für die Beschäftigten zu dämpfen und andererseits bis jetzt. die Unternehmen in einer Situation mit ungewisser Zukunftsperspektive nicht dauerhaft zu belasten. Die Angesichts dieser globalen Themen ist es schwer ein- wichtigsten Ergebnisse der Tarifrunde haben wir für zuschätzen, wie sich das alles auf die Transformation Sie auf den Seiten acht und neun zusammengefasst. unserer Branche auswirkt. Manche werden sagen, dass sich neue Chancen ergeben. Möglicherweise auch, Mit Blick auf die Fortsetzung der Verhandlungen im weil die Politik jetzt zu schnellem Handeln gezwungen Oktober dieses Jahres hoffen wir, die Lage dann besser ist und die Abhängigkeiten zu Russland mittelfristig einschätzen zu können. Wir müssen uns dabei aber abnehmen werden. Andere, die vielleicht schon jetzt im Klaren sein, dass die Gespräche mit der IGBCE sicher- mit dem Rücken zur Wand stehen, hoffen auf ein lich nicht einfacher werden. Eins werden wir deutlich oder gleich mehrere Wunder. Ich rate in jedem Fall herausstellen: Selbst wenn es Hoffnung auf mehr dazu, die Dinge anzupacken, die wir selbst beein- Frieden geben sollte, die Herausforderungen durch flussen können. Hierzu gehört für uns die Möglichkeit, die Transformation bleiben. Tarifverträge mit der Gewerkschaft zu verhandeln und damit die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Ich würde mich freuen, wenn Ihnen die vorliegende verlässlich zu gestalten. Ausgabe unseres Mitgliedermagazins einige Einblicke und Denkanstöße gibt. Wir sind auch in diesen schwie- Folgerichtig spielt neben der Transformation als grund- rigen Zeiten für Sie da mit unseren Beratungsleistungen, legende Frage für die kommenden Jahre jetzt auch Informationsveranstaltungen, Seminaren und auch die aktuelle Krise eine Rolle in der Chemie-Tarifrunde. neuen digitalen Angeboten, zum Beispiel im Bereich Bereits unsere regionale Tarifverhandlung am 2. März der Nachwuchsgewinnung. Vor allem aber freuen 2022 in Wiesbaden stand unter dem unmittelbaren wir uns auf jeden persönlichen Kontakt und Austausch Eindruck des Angriffs auf die Ukraine. Im Laufe der mit Ihnen. Bleiben wir trotz aller Herausforderungen ersten und zweiten Bundesrunde wurde auch der IGBCE optimistisch! klar, dass es aufgrund der Unsicherheiten nicht einfach einen „normalen Abschluss“ geben kann. Mit herzlichen Grüßen Ein Reallohnplus angesichts der gestiegenen Inflation Ihr ist unrealistisch geworden. Dirk Meyer 5
Unsicherheiten nehmen weiter zu Die hessische Chemie- und Pharmaindustrie hat sich im Jahr 2021 konjunkturell von der Corona-Krise weiter erholen können, doch der Ausblick für dieses Jahr ist völlig ungewiss. Gleichzeitig steht die Industrie mit dem Thema der Transformation inmitten eines umfassenden Strukturwandels. Die Chemie- und Pharmaindustrie in bedeutete dies 7 Prozent Umsatzrück- möglich. Während unsere Branche so- Hessen konnte 2021 bei Umsatz, Produk- gang und ein Produktionsminus von gut mit 2021 zwar konjunkturell eine solide tion und Verkaufspreisen ein erfolg- 2 Prozent. Die Pharmasparte hingegen Entwicklung erfuhr, traf dies auf die reiches Jahr verbuchen, dies allerdings konnte ohne tiefe Einschnitte auf der Ertragslage nur bedingt zu. unter durchaus differenzierten Vor- Basis von 2020 aufbauen. Dies ist unter zeichen. anderem der Tatsache geschuldet, dass Eine seriöse Einschätzung für die Ent- sie konjunkturell weniger anfällig ist. wicklung im Jahr 2022 ist im Rahmen In der klassischen Chemie beruhte der Die dortige Entwicklung entsprach der aktuellen Verwerfungen hingegen deutliche Umsatzzuwachs vor allem 2021 daher eher einem fortgesetzten de facto unmöglich. Die ohnehin be- auf einem starken Anstieg der Verkaufs- Wachstum, während der klassische reits stark angespannte Lage bei der preise. Die Produktion konnte sich bis zur Chemiebereich in stärkerem Maße Kenn- Preisentwicklung für Energie, Rohstoffe Jahresmitte zwar ebenfalls ausweiten, zeichen einer wirtschaftlichen Erholung und Logistik sowie die Engpässe bei schwächte sich danach aber wieder er- aufwies. der Lieferung von Vorprodukten sind heblich ab. Im Gegensatz hierzu bildete durch den Krieg in der Ukraine noch im Pharmabereich ein deutlicher Anstieg Der erheblich verschärfte Kostendruck weiter massiv verschärft worden. der Produktion die Grundlage für die setzte im Jahresverlauf 2021 jedoch Umsatzzuwächse. Die Verkaufspreise Unternehmen beider Sparten gleicher- legten wiederum nur sehr moderat zu. maßen zu. Deutlich höhere Preise für Energie, Strom und Rohstoffe belasteten Unterschiede bestanden auch bei der die Geschäftsergebnisse ebenso wie wirtschaftlichen Ausgangslage. So ging sprunghaft gestiegene Logistikkosten die klassische Chemie mit einer kon- und anhaltende Lieferengpässe. Zu- junkturellen Hypothek aus dem Corona- dem war eine Kostenweitergabe in den Krisenjahr 2020 ins Rennen. Konkret überwiegenden Fällen nur teilweise Foto: istockphoto.com 6
FACTS & FIGURES i Ob und wann eine Entspannung in Preisentwicklung ausgewählter diesen Bereichen einsetzen wird, ist auf- Kostenfaktoren 2021 grund der völlig unabsehbaren politi- Abweichung ggü. Vorjahr in Prozent Lust auf mehr schen und wirtschaftlichen Folgen dieser Informationen? 252,2 Auseinandersetzung in keiner Weise Das monatlich erscheinende einschätzbar. Konjunktur-Stenogramm von HessenChemie informiert aus- Zusätzlich trifft der politische Umbruch, führlich und fortlaufend über an dessen Anfang Europa nun steht, die aktuellen Konjunkturdaten die Industrie inmitten der herausfordern- der chemisch-pharmazeuti- den Transformation. Diesen historischen schen Industrie in Hessen. Die 105,7 Stenogramme stehen Interes- Strukturwandel bei Klima, Energie, 74,7 75,9 sierten auf der HessenChemie- Digitalisierung und demografischem 63,6 Website in der Rubrik „Publi- Wandel über neue Investitionen und kationen“ zur Verfügung. Innovationen schnell und erfolgreich zu gestalten, ist durch die jüngsten Verwerfungen keinesfalls einfacher geworden – und gerade deshalb aber Erdöl Erdgas Naphtha Benzol Fracht- kosten auch wichtiger denn je. (hö) Konjunkturdaten (Hessen) Kumulierte Werte bis einschließlich Dezember 2021 Insgesamt Chemie Pharma Beschäftigte 61.399 +1,4 % 38.901 +2,8 % 22.498 –1,0 % Produktion 107,8 +6,3 % 100,5 +4,8 % 118,4 +8,7 % Erzeugerpreise 110,8 +8,4 % 114,7 +13,6 % 105,8 +1,5 % Umsatz (Betriebe) 31.813,1 +15,6 % 17.507,4 +17,8 % 14.305,7 +13,1 % Inland 11.253,3 +24,1 % 5.096,6 +14,2 % 6.156,7 +33,7 % Ausland 20.599,8 +11,5 % 12.410,8 +19,4 % 8.149,0 +1,2 % Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt 7
Tarifzwischenergebnis 2022 Überbrückung in Der Auftakt der diesjährigen Tarif- gespräche fand am 2. März 2022 mit der regionalen Verhandlung für den krisenhaften Zeiten Tarifbezirk Hessen in Wiesbaden statt. Matthias Bürk (Merck KGaA), Verhand- lungsführer der hessischen Chemie- Arbeitgeber, stellte in den Verhandlungen heraus, dass die Branche angesichts U nter dem Eindruck gestiegener sichtigt. Zugleich wurden Tarifthemen der notwendigen Transformations- Energiekosten, hoher Infla- abgeschlossen, die im Nachgang zum aufgaben inmitten eines historischen tion und massiver Unsicherheit Tarifabschluss 2019 noch offen waren. Strukturwandels stehe, der massive durch den Ukraine-Krieg standen die Zuvor hatte die IGBCE eine spürbare reale Investitionen seitens der Unternehmen Chemie-Tarifverhandlungen in diesem Entgelterhöhung, eine Erhöhung der brauche. Der Tarifabschluss müsse Jahr vor besonderen Herausforderungen. Nachtschichtzuschläge auf einheitlich daher langfristig tragbar bleiben, um Am 5. April haben BAVC und IGBCE 25 Prozent, eine Weiterentwicklung Standorte und Arbeitsplätze nachhaltig bei der Lohnfrage daher zunächst ein des Tarifvertrags „Zukunft durch Aus- zu sichern, und gleichermaßen den Tarifzwischenergebnis vereinbart, das bildung“ sowie eine inhaltliche Gestal- aktuellen Krisen Rechnung tragen. Der die derzeit äußerst unsichere politische tung der Themen Transformation und Krieg in der Ukraine habe das politi- und wirtschaftliche Situation berück- mobile Arbeit gefordert. sche und wirtschaftliche Umfeld dabei 8
HINTERGRUND „Dieser Brückenabschluss beweist erneut die Stärke der Im Bereich der Ausbildung wurde Chemie-Sozialpartnerschaft. das neue UCI-Förderprogramm „Aus- In einer extrem unsicheren bildungPlus“ ins Leben gerufen, mit Situation ist eine zügige und dem junge Menschen in kleinen und mittleren Unternehmen, die in besonde- einfache Lösung gefunden rem Maße von den Folgen der Pandemie worden, die dennoch Planungs- betroffen sind, unterstützt werden. Da- sicherheit bietet und den In- rüber hinaus werden BAVC und IGBCE eine wissenschaftliche Studie in Auf- teressen beider Seiten gerecht trag geben, die die Praxis des mobilen wird. Gleichzeitig ist es erneut Arbeitens untersuchen wird. Weiterhin gelungen, auch tarifpolitisch können Unternehmen und Beschäftigte in Verbindung mit den Altersfreizeiten innovative Elemente in diesem künftig vereinbaren, diese durch einen Ergebnis zu verankern.“ flexiblen Übergang in den Ruhestand oder durch eine Einzahlung in die ge- Matthias Bürk (Merck KGaA), setzliche Rentenversicherung beziehungs- Verhandlungsführer der hessischen weise in die betriebliche Altersvorsorge Chemie-Arbeitgeber zu ersetzen. Zudem werden Alters- freizeiten künftig anteilig auch allen Teilzeitmitarbeiterinnen und Teilzeit- mitarbeitern gewährt. Darüber hinaus entwickeln die Chemie-Sozialpartner das erste branchenweite Sozialpartner- Modell für die betriebliche Alters- vorsorge. (hö) Die regionale Chemie-Tarifrunde am 22. März 2022 in Wiesbaden. grundlegend verändert. Durch die entstandene immense Unsicherheit gebe es aktuell keine solide Grundlage für eine seriöse Einschätzung der kurzfristigen Wirtschaftsentwicklung. Das Tarifzwischenergebnis Die Tarifbeschäftigten erhalten eine Brückenzahlung als Einmalzahlung in Höhe von 1.400 Euro. Diese geht nicht dauerhaft in die Tariftabelle ein. Die Zahlung kann bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf 1.000 Euro gesenkt werden. Der Zuschlag für Nachtarbeit Fotos: HessenChemie beträgt ab Juli 2022 einheitlich 20 Pro- zent. Über mögliche dauerhafte Entgelt- steigerungen wird bei der Fortsetzung Vorstandsmitglied von HessenChemie und Verhandlungsführer der hessischen Chemie-Arbeitgeber der Tarifrunde im Oktober dieses Jahres Matthias Bürk (Merck KGaA) und Sabine Süpke, Landesbezirksleiterin und Vorsitzende des Landesbezirks- weiterverhandelt. vorstandes sowie Verhandlungsführerin der IGBCE Hessen-Thüringen. 9
Gastbeitrag Transformation erfordert Weitblick und Augenmaß Die chemische Industrie steht vor einer Zeitenwende – und die Politik ist gefordert 10
HINTERGRUND M it der Einordnung von Ereignissen und Heraus- forderungen in die Kategorie „historisch“ sollte man zurückhaltend umgehen. Der bereits laufende, in weiten Teilen allerdings noch bevorstehende Transformations- prozess der chemischen Industrie in Deutschland kann aller- dings mit Recht als „historisch“ bezeichnet werden. Die Dekar- bonisierung einer energieintensiven Branche mit mehr als eineinhalb Jahrhunderten Tradition ist weit mehr als nur eine evolutionäre Weiterentwicklung. Gleichzeitig hat diese Indus- trie wie andere Wirtschaftsbereiche auch mit den Auswirkungen des demografischen Wandels zu kämpfen, und sie will die Chancen der Digitalisierung nutzen. Hinzu kommen die geo- Der Autor, Jürgen Vormann, ist Vorsitzender der Geschäftsführung politischen Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit der Infraserv Verwaltungs GmbH und der Infraserv GmbH & Co. dem wieder erwachten Systemwettbewerb, der die Chemie- Höchst KG. Er ist Mitglied im Vorstand von HessenChemie und industrie mit der stark ausgeprägten globalen Vernetzung des Bundesarbeitgeberverbands Chemie (BAVC). und dem internationalen Wettbewerb in besonderer Weise betrifft. Nein, die bevorstehenden Weichenstellungen fallen nicht in die Rubrik „business as usual“…. Gerade die Kombination unterschiedlicher Anforderungen mit weitreichenden Auswirkungen auf die Zukunft der Chemie- industrie in Deutschland macht es erforderlich, dass Rahmen- die Menge der Energie aus erneuerbaren Quellen nicht aus- bedingungen mit Weitblick und Augenmaß gestaltet werden. reichend sein, um den Bedarf in Deutschland zu decken. Zum Der European Green Deal und die ambitionierten Ziele, die Vergleich: Um die CO₂-Neutralität der chemischen Industrie von der Bundesregierung in Bezug auf Klimaschutz und in Deutschland zu gewährleisten, müssten die heutigen Produk- Nachhaltigkeit definiert werden, werden weitreichende Ver- tionsverfahren im Wesentlichen auf strombasierte Verfahren änderungen für die Chemieindustrie mit sich bringen. Die umgestellt werden. Dies würde dazu führen, dass sich der aus Branche trägt die Zielsetzung mit – beim Klimaschutz geht erneuerbaren Quellen zu speisende Strombedarf unserer es längst nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um Branche ausgehend vom aktuellen Stand mehr als verzehn- das „Wie“. Doch klar ist auch: Klimaschutzziele können in facht. Und damit wäre nur der Bedarf der Chemieindustrie Deutschland und Europa nur im Schulterschluss von Politik, gedeckt, vom Stromverbrauch von Elektrofahrzeugen, Privat- Industrie und Gesellschaft erreicht werden, und dieser haushalten oder gar anderer Industriebranchen ganz zu Schulterschluss muss die wesentlichen globalen Wirtschafts- schweigen. regionen und -nationen mit umfassen. Nachhaltigkeit setzt zudem immer auch die Berücksichtigung und die Balance Was bedeutet das? Dass der Kampf gegen den Klimawandel Fotos: istockphoto.com, Infraserv GmbH & Co. Höchst KG, 2022 ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte voraus, und schon verloren ist und energieintensive Unternehmen in spätestens seit dem „heißen“ Krieg in der Ukraine muss man Deutschland keine Zukunft haben? Nein! Die chemisch-pharma- hier auch noch die sicherheitspolitischen Ziele in allen ihren zeutische Industrie ist die Branche, die Zukunft möglich macht, Facetten hinzufügen. Insbesondere muss die Versorgungs- innovative Technologien entwickelt und neue Wege findet. sicherheit adressiert werden – ein Thema, das lange Zeit Die in unserer Branche tätigen Naturwissenschaftler, Ingeni- nicht die notwendige Beachtung gefunden hat. eure und Techniker werden Lösungen finden für die Fragen der Energieversorgung und -speicherung sowie der Ressourcen- Zu den wesentlichen Zukunftsthemen gehört die Frage der schonung, aber auch zur Bekämpfung von Krankheiten und Energieversorgung. Angesichts des politisch und gesellschaft- des Hungers in der Welt. Dafür braucht es geeignete politisch- lich angestrebten Ausstiegs aus der Kohle und der Kernkraft regulatorische Rahmenbedingungen, mit denen sich die sowie der aktuellen Unsicherheitsfaktoren in Bezug auf die Branche im globalen Wettbewerb behaupten kann, Akzeptanz Versorgung mit Erdgas aus Osteuropa müssen entweder die für Brückentechnologien und die Bereitschaft, Innovationen klimapolitischen Zielsetzungen oder die Strategien zum Er- voranzutreiben. Eine Aufgabe von historischer Tragweite – reichen dieser Ziele einem Realitäts-Check unterzogen werden. eine Aufgabe, die sehr anspruchsvoll, aber unter den richtigen Mit den heute zur Verfügung stehenden Technologien wird Voraussetzungen lösbar ist. 11
Mitgliederversammlung beschließt Satzungsänderung Am 14. Juni fand die diesjährige Mit- sind umfangreiche Investitionen, ein sich die Arbeitgeber klar gegen eine gliederversammlung von HessenChemie starkes Wirtschaftsumfeld und wett- Ausweitung der Mitbestimmung in perso- statt – nach zwei Jahren Pandemie end- bewerbsfähige Kosten notwendig. nellen Angelegenheiten. Hier hat die lich wieder als Präsenzveranstaltung Dies gelte es auch gegenüber den poli- BDA einen eigenen Forderungskatalog im HessenChemie Campus, sichtlich tischen Entscheidern immer wieder in die Diskussion eingebracht. Und hin- zur Freude aller Beteiligten. Durch die zu verdeutlichen. Einem Gas-Embargo, sichtlich des gesetzlichen Mindestlohnes, Versammlung führte der Vorstands- das den sofortigen Stopp der Gas- der durch staatlichen Eingriff zum vorsitzende Oliver Coenenberg (Sanofi- lieferung für Europa bedeuten würde, 1. Oktober 2022 auf 12 Euro pro Stunde Aventis Deutschland GmbH). erteilte er eine Absage. steigt, haben die Arbeitgeber deutlich ihre Ablehnung formuliert. Aus Arbeit- Geopolitische Lage setzt Kritik an Plänen der Ampel- gebersicht ist dies der wohl nachhal- Unternehmen unter Druck Koalition tigste Angriff auf die Tarifautonomie Coenenberg wies in seinem Bericht des Im Arbeitsrecht kommt auf die Arbeit- und auf werthaltige Tarifverträge. Vorstandes auf die massiven Belastun- geber einiges zu, was Coenenberg gen und Herausforderungen hin, von kritisch sieht. Gemeinsam mit BAVC Unterstützungsangebote denen die chemisch-pharmazeutische und VhU bringt sich HessenChemie hier des Verbandes und kunststoffverarbeitende Industrie auf verschiedene Weise in die politische HessenChemie-Hauptgeschäftsführer derzeit betroffen sind. Neben den Diskussion ein. Besonders aufmerksam Dirk Meyer ging in seinem Bericht der Unsicherheiten aufgrund des Ukraine- müsse man beim geplanten Gesetz zum Geschäftsführung unter anderem auf Krieges, den stark gestiegenen Energie- mobilen Arbeiten sein. Dieses dürfe die Dienstleistungen und Services von und Logistikkosten sowie gestörten nicht zu einem Quasi-Rechtsanspruch HessenChemie ein. So unterstützen die Lieferketten hat die Branche die not- führen, sondern müsse weiterhin auf neuen Angebote im Mitgliederbereich wendige Transformation zur klima- Freiwilligkeit basieren. Auch bei der be- auf www.hessenchemie.de die Mitglieder neutralen Produktion zu meistern. Dazu trieblichen Mitbestimmung positionieren durch tagesaktuelle Fachmeldungen, zielgenaue Praxishilfen, das neue Chemie- Rechtsportal und einen umfangreichen Seminarkalender bei ihrer täglichen Arbeit. Auch im Bereich Nachwuchsgewin- nung für die Ausbildung unterstützt HessenChemie mit vielfältigen Maß- nahmen. Dazu gehören Messeauf- tritte, die Ausbildungsplatzbörse auf www.elementare-vielfalt.de und der HessenChemie-Website sowie der „Aus- bildungsradar“, bei dem gute Bewerber, die keine Ausbildungsstelle erhalten haben, an andere Unternehmen weiter- empfohlen werden können. Derzeit wird dieser Talentsharing-Ansatz zum „Fachkräfteradar“ ausgebaut, um auch Wiedersehen bei schönem Wetter im HessenChemie Campus (v. l. n. r.: Dirk Meyer, die nicht übernommenen Ausbildungs- Prof. Dr. Heinz-Walter Große, Oliver Coenenberg, Bettina Buschhoff, Wolf Matthias Mang). Absolventen weiterempfehlen zu können. 12
AUS DEM VERBAND Endlich wieder Austausch und Abstimmung face to face – nach zwei Jahren Pandemie fand die diesjährige Mitgliederversammlung wieder vor Ort in Wiesbaden statt. Hauptausschuss und Rechnungsprüfer gewählt Turnusgemäß wurde in diesem Jahr der Hauptausschuss nach zweijähriger Amts- zeit neu gewählt. Die beiden Rechnungs- prüfer Jörg Kreutzer (InfraServ GmbH & Co. Wiesbaden KG) und Florian Marquardt (Merz Pharma GmbH & Co. KGaA) wurden im Amt bestätigt. Satzungsänderung Im Rahmen der Mitgliederversammlung beschlossen die Unternehmensvertreter auf Vorschlag des Vorstandes Änderun- gen zur Satzung. Damit wird fortan eine eigenständige Regelung direkt in der Oliver Coenenberg und Dirk Meyer danken dem ehemaligen Vorstands- Satzung verankert, die es den Organen vorsitzenden Prof. Dr. Heinz-Walter Große für sein langjähriges Engagement. und Gremien des Verbandes ermöglicht, Online-Versammlungen mit entspre- chender Beschlussfähigkeit umzusetzen. Auch gemischte Versammlungsformen Erwartungen der Wirtschaft an Verabschiedung von sind fortan möglich. Bislang war hier die zukünftige Landesregierung Prof. Dr. Heinz-Walter Große allein eine temporäre gesetzliche Öff- Wolf Matthias Mang, Präsident der Ver- Zum Abschluss der Mitgliederversamm- nung im Vereinsrecht die Grundlage. einigung der hessischen Unternehmer- lung verabschiedete Oliver Coenenberg Die weiteren beschlossenen Anpassun- verbände (VhU), stellte in seinem Gast- seinen Vorgänger im Amt des Vorstands- gen der Satzung zielen darauf ab, die vortrag die Erwartungen der hessischen vorsitzenden und würdigte das außer- satzungsrechtlichen Verfahren rechts- Wirtschaft an die Politik nach der gewöhnliche Engagement von Prof. Dr. sicher, aber auch praxisnah zu gestalten, Landtagswahl im Herbst 2023 vor. Die Große für den Verband und die hessi- insbesondere durch eine Konkretisie- VhU hat hierzu gemeinsam mit deren sche Wirtschaft insgesamt. Die Verab- rung der Vertretungsberechtigten der Mitgliedsverbänden ein 100-seitiges Pro- schiedung war aufgrund der Corona-Pan- Mitglieder einschließlich der Vollmachts- gramm mit 21 Handlungsfeldern entwi- demie erst jetzt in Präsenz möglich. (di) Fotos: HessenChemie erteilung sowie Stimmrechtsübertra- ckelt, das im Mai der Presse vorgestellt gung auf andere Mitglieder und durch wurde. Neben der priorisierten Sanie- eine Konkretisierung der Erfordernisse rung des hessischen Landeshaushalts von Schrift- und Textform im jeweiligen fordert die VhU von der Politik Inves- Anwendungsfall. titionen in Bildung und Digitalisierung. 13
Engagierte Kolleginnen und Kollegen vorgestellt 14
IMPRESSIONEN Fotos: HessenChemie Beim 24. Azubi-Wettbewerb „menschelte“ es: Denn unter dem Motto „Menschen mit Herz: Azubi-Reporter machen Engagement sichtbar“ waren die Auszu- bildenden, dual Studierenden und Teilnehmende aus Förderprogrammen dazu aufgerufen, Kolleginnen und Kollegen zu porträtieren, die sich inner- halb oder außerhalb des eigenen Unternehmens ehrenamtlich engagie- ren. Neben Videos, Podcasts und klassischen Zeitungsartikeln durften Porträtbilder sowie Skulpturen zum Wettbewerb eingereicht werden. Im Mai wurden die Gewinnerinnen und Ge- winner im Rahmen einer Preisverleihung auf dem Neroberg – dem Wiesbadener Hausberg – unter freiem Himmel und bei bestem Wetter gewürdigt. Nach der Preisverleihung konnten sich noch alle Azubis aktiv im Kletterwald betätigen. Den ersten Preis des Wettbewerbs belegte CSL Behring mit einem Nach- richtenbeitrag über Labormanager Torsten Wüst, der sich ehrenamtlich beim THW Schwalmstadt engagiert. Insge- samt wurden fünf Teams prämiert. Der Sonderpreis für besonderes Engagement wurde zudem an Stephan Kutscher von Allnex vergeben, der während der Flutkatastrophe im Ahrtal Betroffene unterstützte. (ki) 15
Neue Herausforderungen im Arbeitsrecht für Unternehmen und Verband D ie Taktzahl in der Rechtsabteilung werden. Neben der persönlichen war auch in den vergangenen Beratung hilft der Dokumentengenera- Monaten herausfordernd. Das Tages- tor als Teil des Chemie-Rechtsportals, geschäft, also Arbeitsrecht von A bis Z, auf das man im Mitgliederbereich auf individual wie kollektiv, ist bereits seit www.hessenchemie.de zugreifen kann Jahren hoch. Thematisch verändern sich (siehe hierzu auch Seite 18 ff.). die Schwerpunkte üblicherweise nur in Nuancen, werden aber von den Verbands- juristen von HessenChemie im Hinblick auf den Beratungsbedarf der Mitglieder Top-10-Beratungsthemen 2021 ständig analysiert. Ein Beispiel: 2020 1. Abmahnung war „Arbeitszeit“ ein absolutes Topthema in den Personalabteilungen und damit 2. Arbeitsvertragsgestaltung auch im Verband (begründet durch das 3. Betriebsvereinbarung mobile Arbeiten im Rahmen der Pan- demie). 2021 taucht dieses in der Top 4. Kündigung, ordentlich, Zum Tagesgeschäft kommen stetig Ten der Beratungsgründe überhaupt personenbedingt neue und teilweise komplexe Themen nicht mehr auf. Die Unternehmen haben hinzu. Die Highlights des vergangenen also bereits im Vorjahr umfassende 5. Tarifrecht Jahres sind so bunt und vielfältig wie Regelungen auf den Weg gebracht. Ein 6. Aufhebungsvertrag die Mitgliedsunternehmen und deren Thema, das stattdessen deutlich an Herausforderungen selbst. Bedeutung gewonnen hat, war die 7. Entgelt „Arbeitsvertragsgestaltung“ (Platz 2 Auch 2021 mussten sämtliche Irrungen 8. Mitbestimmung soziale statt 7). Hier ergibt sich für die Unter- Angelegenheit und Wirrungen rund um die sich teils nehmen viel Potenzial, gerade im Hin- wöchentlich ändernden Corona-Rege- blick auf Flexibilität. Auf der anderen 9. Urlaub lungen tagesaktuell gescreent, analy- Seite entstehen aber auch große Risiken, siert und aufbereitet werden. Neben 10. Kündigung, außerordentlich wenn Klauseln nicht aktuell gehalten einer „Task Force Corona“, bestehend 16
FACTS & FIGURES zu Rechnungszinsabsenkungen bei Neu- Dies liegt insbesondere an einem deut- zusagen geführt. In diesem Zusammen- lichen Rückgang der betriebsbedingten hang ging es darum, allen Mitgliedsunter- Kündigungen, die 2020 einen Anteil nehmen die wichtigen Informationen von 19 Prozent der Prozesse ausmachten zur Verfügung zu stellen sowie auch eine und 2021 auf gerade einmal 11 Prozent ge- Schulung zu konzipieren und anzu- sunken sind. Man sieht hier sehr deutlich, bieten. Daneben hatten sich die Mitglieds- dass trotz und wegen der Pandemie der unternehmen mit dem Jahreswechsel Arbeitsmarkt unter Druck steht. Arbeit- 2021/2022 erneut mit dem Betriebs- nehmer wie Arbeitgeber „hängen“ rentenstärkungsgesetz zu befassen, stärker an ihren Arbeitsverhältnissen. da die letzte Stufe der Arbeitgeber- zuschüsse für Altverträge geprüft und Die Arbeitgeber versuchen ihre Mitar- gegebenenfalls umgesetzt werden beiterinnen und Mitarbeiter zu halten musste. Das Thema betriebliche Alters- und haben gelernt, mehr Maßnahmen vorsorge hat im vergangenen Jahr zu nutzen, ehe sie kündigen. daher durchgehend zu einem hohen Beratungsaufwand geführt. Bei den weiteren Prozessgründen, die die Hauptzahl der Verfahren ausmachen, Schließlich wurden einige kollektive wie außerordentliche (14 statt 10 Pro- Verhandlungen begleitet, insbesondere zent), verhaltens- (10 statt 8 Prozent) im Rahmen von Restrukturierungen und personenbedingte Kündigungen und kollektiven Überleitungen von Unter- (12 statt 10 Prozent), Zustimmungs- nehmen in die Flächentarifverträge. ersetzungsverfahren (jeweils 12 Prozent) aus sechs Verbandsjuristen, konnten und Entgeltstreitigkeiten (10 statt die Mitgliedsunternehmen von der „kollek- Die Zahl der Beratungen ist aufgrund 13 Prozent), gab es jeweils nur geringe tiven Rechtsberatung“, den zahlreichen dieser Themen anhaltend hoch. Wie die Veränderungen. (cl) tagesaktuellen Fachmeldungen und unten stehende Grafik zeigt, sind die Ad-hoc-Veranstaltungen profitieren. Da- geführten Prozesse dagegen um fast neben galt es gleichermaßen komplexe 15 Prozent zurückgegangen. wie emotional aufgeladene Einzelfälle zu lösen. Nach mehreren Impfpassfälschungen Prozessentwicklung Anfang Dezember 2021 in Kassel und im Schwalm-Eder-Kreis war das Regional- 880 büro Nordhessen mit einer Vielzahl von Anfragen rund um gefälschte Impfpässe 695 konfrontiert. Der Schwerpunkt der Beratung lag hier in der Frage, ob der 584 543 Nachweis eines gefälschten Impfpasses 509 518 473 geführt werden kann beziehungsweise 444 434 413 411 ob bereits die Verdachtsmomente 352 ausreichend sind, um eine außerordent- liche Kündigung zu rechtfertigen. Aber auch die betriebliche Altersvorsorge Foto: istockphoto.com hielt einige Herausforderungen für die Mitgliedsunternehmen und damit die 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Verbandsjuristinnen und -juristen von HessenChemie bereit: Die Auswirkungen der anhaltenden Niedrigzinsphase haben Masseverfahren 17
Die neue HessenChemie-Webpräsenz Viel Service und Informationen für die Mitglieder Im August 2021 ging die neue HessenChemie- In der letzten Ausgabe der Quintessenz hatten Website online. Ziel war es, den Internet- wir den Relaunch bereits angekündigt. Zeit, auftritt auf einen aktuellen technischen Stand eine erste Bilanz zu ziehen und den Leserinnen zu bringen und für die Nutzer unterschied- und Lesern – allen voran den Mitarbeitenden lichster Zielgruppen ansprechend zu gestalten. der Mitgliedsunternehmen – die wichtigsten Dabei stand das passwortgeschützte Mitglieder- Services und Themen sowie die nächste portal mit seinen exklusiven Inhalten ganz Ausbaustufe vorzustellen. besonders im Fokus. 18
AUS DEM VERBAND Erfolgreicher Start Newsroom Im Durchschnitt besuchen knapp 5.500 Nutzer pro Monat die Schnell die aktuelle Presseinformation finden oder im Archiv Webpräsenz von HessenChemie. Diese Zahl ist im Vergleich nach älteren Meldungen schauen, das passende Foto suchen zur alten Internetseite weitgehend stabil geblieben. Jedoch oder mit einem Klick die Kontaktdaten der Presseverantwort- haben sich die Seitenaufrufe stark erhöht und verschoben: lichen zur Hand haben, dies und mehr bietet der Newsroom. Gab es 2019 noch durchschnittlich rund 180.000 Seitenaufrufe Außerdem, und das ist neu, befindet sich hier seit dem Re- pro Jahr, so waren es 2020 schon 226.000 und seit dem Re- launch ein Veranstaltungskalender. So haben Mitarbeitende launch 2021 knapp 295.000. Die Besucherinnen und Besucher aus den Mitgliedsunternehmen ohne Zugang zum Mitglieder- nutzen also deutlich mehr Inhalte. Auch die Verweildauer portal die Möglichkeit, sich zu einem der vielen Seminare, stieg deutlich an. Stark zugenommen haben die Zugriffe auf Trainings und Veranstaltungen von HessenChemie anzumelden. die Fachmeldungen, insbesondere auf das Arbeitsrecht. Diese haben sich verdreifacht. Doppelt so viele Nutzer greifen nun Ausbildung und Beruf auch auf die Praxishilfe „Das Arbeitsverhältnis“ zu. Ebenso Erst schnuppern oder gleich durchstarten? Eine erste Orientie- wird der Veranstaltungskalender deutlich mehr genutzt. Die- rung erhalten junge Menschen in der Rubrik „Ausbildung und ser verzeichnet einen Zuwachs von über 40 Prozent. Dies liegt Beruf“. Mitgliedsunternehmen können sich unter „Frühförde- vor allem daran, dass nun fast alle Seminare im öffentlichen rung“ über Unterstützungsangebote seitens der Chemie- Bereich zu finden sind. verbände Hessen in diesem Bereich informieren. Darüber hinaus findet sich an dieser Stelle die bewährte Ausbildungs- Zentrale Elemente platzbörse mit vielen freien Ausbildungsstellen aus den Die Website richtet sich an unterschiedliche Zielgruppen: Mitgliedsunternehmen. zum einen an Medien und Politik, aber auch an Lehrende sowie Schülerinnen und Schüler. Diese finden im öffentlichen Bereich zahlreiche für sie relevante Informationen. Darüber hinaus bietet das passwortgeschützte Mitgliederportal spezielle Inhalte für die Mitgliedsunternehmen von HessenChemie, Ob Kurzarbeit, FAQs zu insbesondere die Personalabteilungen. den Auswirkungen des Ukraine-Krieges oder Branchendaten aktuelle Informationen Gerade Journalistinnen benötigen bei Bedarf schnell und ein- zu den Tarifverhand- fach Informationen zur Branche. Diese erhalten sie in der lungen: In den Fach- Rubrik „Chemie in Hessen“, aufgeteilt in Chemie und Pharma, meldungen informieren industrienahe Serviceunternehmen sowie die kunststoff- die einzelnen Abteilun- verarbeitende Industrie. gen von HessenChemie zu allen wichtigen Über uns Themen – schnell und Welche Ziele verfolgt HessenChemie, welche Aufgaben sind direkt. zentraler Bestandteil des Verbandes, und welche Köpfe stecken dahinter? Dies erfahren Interessierte in der Rubrik „Über uns“. Auch das vielfältige „Engagement“ von HessenChemie wird hier dargestellt. Ob die Mitwirkung bei der Initiative Joblinge, die Darstellung des HessenChemie Campus als nachhaltiges Fachmeldungen Gebäude oder die Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Kommen wir zum Mitgliederbereich: Dieser steht exklusiv den Mitarbeiter des Verbandes im Bereich des lebensphasen- Mitgliedsunternehmen des Verbandes zur Verfügung. Ein gerechten Arbeitens. ganz wesentlicher Bestandteil sind die Fachmeldungen, mit denen HessenChemie die Nutzerinnen und Nutzer über Neuig- keiten, aktuelle Entwicklungen, Ereignisse und Entscheidun- gen aus den Bereichen Arbeitsrecht, Tarif- und Arbeitsmarkt- politik, Personal und Qualifizierung sowie Politik und Nach- haltigkeit informiert. Nutzer des Mitgliederportals erhalten zudem regelmäßig die eingestellten Meldungen als Kurz- übersicht in ihr E-Mail-Postfach. Gerade in Zeiten von Corona oder zu den Tarifverhandlungen können die Mitarbeiterinnen Foto links: Von Pressemeldungen über Social-Media- und Mitarbeiter aus den Mitgliedsunternehmen sich hier auf Aktivitäten bis zu Impressionen aus Veranstaltungen – aktuelle und hilfreiche Informationen verlassen. der Newsroom einer Website erfüllt seinen Zweck, wenn er Journalisten die Arbeit erleichtert. 19
AUS DEM VERBAND Praxishilfen In den Praxishilfen finden Interessierte zahlreiche Informa- tionen und Arbeitshilfen für die operative Personalarbeit, wie zum Beispiel Erläuterungen, FAQ-Listen, Muster und Leit- fäden zu unterschiedlichen Themen. Die Praxishilfen sollen den persönlichen Kontakt zum Verband digital auf 24/7- Praxishilfe – Inklusion Basis ergänzen. Diese Praxishilfe konkretisiert die Sozialpartner-Verein- barung von BAVC und IGBCE zur Inklusion durch eine Fülle Praxishilfe – Das Arbeitsverhältnis an Handlungswissen noch weiter: Interessierte finden dort In dieser Praxishilfe stellen die Verbandsjuristinnen und -juristen anregende Fallbeispiele, Baupläne für Inklusionsvereinbarun- Muster, Formulare und Erläuterungen zur Unterstützung der gen, Erklärvideos, eine Förderfinder-App oder Dossiers täglichen Personalarbeit zur Verfügung. Diese reichen von der über wesentliche Krankheitsbilder und deren Auswirkungen Anbahnung des Arbeitsverhältnisses bis zu dessen Beendi- im Arbeitskontext. Der Veranstaltungsbereich enthält zu- gung. Die neue Unterrubrik „Aktuelle Themen“ bietet Hilfe- dem themenbezogene Schulungen und Angebote für den stellung bei denjenigen Themen, die auf der arbeits- und Austausch im Chemie-Netzwerk. sozialrechtlichen Agenda aktuell – aus wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und/oder gesetzgeberischen Chemie-Rechtsportal Gründen – ganz oben stehen und somit den Alltag in den Neu ist das Chemie-Rechtsportal. Es hilft dabei, Fragestellun- Personalabteilungen stark prägen. So waren dies im ersten gen aus dem Arbeitsalltag leicht zu lösen. Hierzu bietet es vier Halbjahr 2022 vor allem Informationen zu Kurzarbeit und verschiedene interaktive Werkzeuge: alles rund um das Thema Ukraine. — Im Dokumentengenerator stehen den Nutzern modular Praxishilfe – Tarifverträge aufgebaute Muster zur Verfügung, mit denen sie eigen- An dieser Stelle bietet der Verband weiterführende Informa- ständig Dokumente, wie beispielsweise Arbeits- und tionen und Arbeitshilfen zu ausgewählten Tarifverträgen Aufhebungsverträge sowie Hinweisschreiben zum Daten- wie der Pflegezusatzversicherung „CareFlex Chemie“ oder schutz, erstellen können. dem Tarifvertrag „Moderne Arbeitswelt“. — Die Entscheidungsdialoge bieten durch die Beantwortung Praxishilfe – Tarifrunden von Entscheidungsfragen Schritt für Schritt Antworten auf Auf diese Praxishilfe ist insbesondere zu den Tarifrunden einzelne Rechtsfragen. hinzuweisen. Hier befinden sich zu den jeweiligen Verhand- lungen in der Chemie und kunststoffverarbeitenden Industrie — Der Rechner liefert Portalbesucherinnen, zum Beispiel (KVI) sämtliche Informationen übersichtlich als Download. bei der Berechnung von Urlaubsansprüchen und -geldern, So haben die Mitarbeitenden der Mitgliedsunternehmen stets konkrete Ergebnisse durch Eingabe ihrer Falldaten. die wichtigsten Dokumente schnell zur Hand. — Und im Wiki lassen sich aktuelle Informationen und weiter- Praxishilfen – Ausbildung führende Hinweise zu unterschiedlichen Rechtsthemen HessenChemie unterstützt seine Mitgliedsunternehmen durch nachschlagen. unterschiedliche Projekte bei der Nachwuchskräftegewinnung. Auf diesen Seiten finden die Nutzerinnen und Nutzer die Veranstaltungen wichtigsten Informationen, Tipps und Tricks rund um Elemen- Ob Seminare, Online-Trainings, Pressegespräche oder tare Vielfalt, Ausbildungsradar, Praktikumsjahr und SCHULE- Gremiensitzungen – hier finden Interessierte alle Termine von WIRTSCHAFT. HessenChemie übersichtlich chronologisch dargestellt. Bei Bedarf kann nach Kategorie und Veranstaltungstyp gefiltert Praxishilfe – Qualifizierungsoffensive werden. Im Infokasten der jeweiligen Veranstaltung ist ver- Die Qualifizierungsoffensive Chemie besteht im Kern aus den merkt, ob noch Plätze frei sind oder ob die Möglichkeit be- drei Elementen Future Skills Report, Qualifizierungsanalyse steht, sich auf eine Warteliste setzen zu lassen. Wie schon von und einem Weiterbildungsangebot. HessenChemie ergänzt der alten Website bekannt, können sich die Mitarbeitenden diese Elemente um weitere Angebote und eine spezifische der Mitgliedsunternehmen auch direkt zu den Veranstaltungen Beratung. Sämtliche Informationen dazu sowie aktuelle Ver- anmelden. anstaltungen können hier abgerufen werden. 20
Mit der neuen Dialog- plattform werden die Nutzerinnen und Nutzer noch stärker und schneller in den Informationsfluss eingebunden. NEU: Dialogplattform Im Juni 2022 ist die Integration der Dialogplattform in das Mitgliederportal erfolgt. Mit dem Tool will HessenChemie den Austausch mit den Gremienmitgliedern stärken, die Mitglieder individuell informiert halten, die Gremienarbeit effizienter ge- stalten und die ehrenamtliche Arbeit im Verband vereinfachen. Vor der Einführung der Dialogplattform wurden Vertreterinnen und Vertreter aus den Mitgliedsunternehmen nach deren Bedürfnissen und Anforderungen befragt sowie in verschie- denen Testgruppen die Plattform auf Herz und Nieren geprüft. Mit der neuen Dialogplattform können deren Mitglieder in geschützten Gruppen Ideen und Erfahrungen austauschen sowie Sitzungen vor- und nachbereiten (Terminfindung, Bereitstellung von Unterlagen wie Agenda, Präsentationen, Protokolle etc.). Jede Gruppe verfügt über einen Kalender und Dateienordner, sodass alle Dokumente und Termine zentral an einem Ort gebündelt werden. (di) i Zugang zum Mitgliederportal Wenn Sie Mitarbeiterin oder Mitarbeiter eines Mitgliedsunternehmens von HessenChemie sind und Zugang zum Mitgliederportal haben möchten, senden Sie eine E-Mail an info@hessenchemie.de. 21
BLITZLICHT Starke Wirtschaft ist maßgebend für ein soziales Europa Am 7. Oktober 2021 stand die Frage „Wie stärken wir Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Beschäftigung?“ im Mittelpunkt des virtuellen Expertengesprächs zur Europäischen Sozial- politik von HessenChemie und der hessischen Landesvertre- tung in Brüssel. Anlass war die „Konferenz zur Zukunft Europas“, die im Mai 2021 von dem Europäischen Parlament, Rat und der Europäischen Kommission gestartet wurde und bis Frühjahr 2022 andauerte. Hier diskutierten EU-Bürger mit Vertretern der EU-Institutionen und der Mitgliedsstaaten in dezentralen HessenChemie-Hauptgeschäftsführer Dirk Meyer hob hervor, dass eine starke Veranstaltungen sowie auf einer Online-Plattform über neue Wirtschaft Voraussetzung für ein soziales Europa ist. Leitlinien für die Zukunft der EU. Eine der zehn Kategorien wid- mete sich dem Thema Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit. „Die Europäische Union darf Unternehmen nicht durch überzo- gene sozialpolitische Vorgaben schwächen. Arbeitspolitische Zum Expertengespräch begrüßte die hessische Europaminis- Fragen müssen wir dort regeln, wo sie anfallen, nämlich in den terin Lucia Puttrich den hessischen CDU-Europaabgeordne- Mitgliedsstaaten auf der Ebene der Betriebe“, so Dirk Meyer. ten Prof. Dr. Sven Simon, das Mitglied im Kabinett des EU- Dazu gehöre eine EU-Wirtschaftsagenda 2030, die Investitio- Kommissars für Beschäftigung und soziale Rechte Ana Carla nen und Innovationen fördere und neues Wirtschaftswachs- Pereira sowie HessenChemie-Hauptgeschäftsführer Dirk tum nach der Corona-Pandemie ermögliche. Diese Überzeu- Meyer. FAZ-Korrespondent Hendrik Kafsack moderierte die Ver- gung hätten die Arbeitgeber auch direkt in die Konferenz anstaltung, bei der über 300 Teilnehmer zugeschaltet waren. eingebracht. (sc) Durch einen differenzierten und offenen Dialog mit der eigenen Zielgruppe bauen Unternehmen Glaubwürdigkeit und Vertrauen auf. sondern sogar von Vorteil sein. Denn durch einen differenzierten und offenen Dialog mit der eigenen Zielgruppe könne Glaubwürdigkeit aufgebaut werden und Vertrauen entstehen, was zum Commit- Political Influencers!? – FORUM Angesichts der Bundestagswahl stellten ment der Stakeholder mit dem Unterneh- Kommunikation nimmt politische HessenChemie und VCI Hessen beim men und seinen Werten beiträgt. Um Kommunikation und Haltung auf FORUM Kommunikation im September dauerhaft erfolgreich mit gesellschaftlich Social Media in den Blick 2021 nicht nur die Frage nach der Social- relevanten Themen in Social Media zu Politische Kommunikation hat sich auf- Media-Performance der Kandidaten, son- kommunizieren, seien Empathie und ein grund der Digitalisierung innerhalb kür- dern nahmen auch die Bedeutung politi- kontinuierliches Community Managment zester Zeit fundamental verändert. scher Kommunikation für Unternehmen unabdingbar, riet Hügelmann. Es dürften Mussten Politiker vor einigen Jahren im in den Blick. Diese spiele insbesondere jedoch auch einmal unkonventionelle Wahlkampf ihr Programm vor allem in bei der Führungskräftekommunikation Wege und neue Kanäle erprobt werden. lokalen Presseterminen und in Fernseh- eine zentrale Rolle, sagte Referent und So eigne sich beispielsweise der vergleichs- duellen vertreten, wird die Kommunika- politischer Berater Dr. Bendix Hügelmann, weise junge Social-Media-Kanal TikTok tion mit Wählerinnen und Wählern durch und äußere sich bei Unternehmen häufig für das Employer Branding und die Posi- Social Media deutlich schneller und un- im Kommunizieren von Haltung. Dies tionierung als engagierter Arbeitgeber. mittelbarer. könne Unternehmen nicht nur gelingen, (ki) 22
BLITZLICHT 4. FORUM Ausbildung „Ausbildung nach Corona – was bleibt, was geht, was kommt?“ Die Corona-Krise hat auch vor der Ausbildung keinen Halt gemacht: Die Pandemiezeit hat Schulabgänger, (Berufs-) Schulen, Auszubildende, Unternehmen sowie Ausbildungs- personal gleichermaßen vor große Herausforderungen ge- stellt und vieles nachhaltig verändert. Doch was waren die größten Hürden, und was hat man daraus gelernt? Wie haben die ausbildenden Unternehmen auf die unterschiedlichen Gegebenheiten reagiert und wie steht es um die Digitalisie- rung in der Ausbildung? Diese Fragen griff das 4. FORUM Ausbildung auf, zu dem sich Ausbilderinnen und Ausbilder im Rahmen eines virtuellen Veranstaltungsformats am 10. November 2021 zuschalten konnten. Neben Praxisbeispielen der drei Mitgliedsunternehmen Virtuelles Arbeitsrechtsfrühstück – Heraeus, Evonik und Merck, die die Thematik jeweils aus eine Erfolgsgeschichte verschiedenen Blickwinkeln in Workshops am Nachmittag Rückblickend hat die Corona-Pandemie der HessenChemie veranschaulichten, gab es zwei Impulsvorträge am Vormittag: Akademie ein wertvolles Geschenk bereitet: Online-Ver- Dr. Hendrik Biebeler vom Bundesinstitut für Berufsbildung anstaltungsformate zu (fast) jeder Zeit, mit (fast) jeder be- (BiBB) berichtete über die Ergebnisse einer empirischen liebigen Teilnehmergröße und zu (fast) allen Themen sind Studie zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf nun möglich. Diese neue Flexibilität haben die Juristen des die Ausbildungsbetriebe, Clemens Wieland von der Verbandes gleich zu Beginn der Pandemie genutzt, um ein Bertelsmann-Stiftung beleuchtete die Ausbildungsperspek- HessenChemie-Arbeitsrechtsfrühstück endlich in die Tat tiven von Jugendlichen in Zeiten von Corona. umzusetzen. Vorbei waren die internen Diskussionen um die „richtigen“ Zeitfenster, „günstigen“ Orte und „ideale“ Teil- Als Bilanz lassen sich vor allem zwei Erkenntnisse festhalten: nehmergröße. Schnell waren sich alle einig: In der neuen Zum einen konnte die duale Ausbildung in der chemisch- Online-Veranstaltungsreihe jeden ersten Mittwoch im Monat pharmazeutischen und kunststoffverarbeitenden Industrie frühmorgens um 8:30 Uhr sollten die Mitgliedsunternehmen auch unter erschwerten Bedingungen während der Corona- zukünftig kompakte Informationen, aktuelle Entwicklungen Pandemie stattfinden. Zum anderen bleibt das Aus- und neue Rechtsprechungen zum Arbeitsrecht erhalten. bildungspersonal als Lernbegleitung gerade in einer zu- nehmend digitalisierten Arbeitswelt unersetzlich. (sc) Gesagt, getan! Die Online-Reihe startete am 3. Juni 2020 mit dem Thema „Back to Office – was müssen Unternehmen beachten, wenn der Regelbetrieb wieder hochgefahren werden soll?“. Im vergangenen Jahr reichte die Themenviel- falt von kompakten News wie „Neue Regeln für Geschäfts- Illustrationen: istockphoto.com, Fotos: BR&U, HessenChemie geheimnisse“ über Klassiker wie „Update Arbeitsvertrag“ bis zu aktuellen Entwicklungen, wie das Beispiel „Zwischen Bundestagswahl und Koalitionsvertrag – ein Blick in die ar- beitsrechtliche Glaskugel“ zeigt. Seitdem wurden 21 virtuelle „Kaffeegespräche“ mit jeweils 50 bis 130 Teilnehmern durchgeführt, die sowohl aus Impulsvorträgen als auch aktiven Frage- und Diskussions- runden bestanden. An den virtuellen Frühstückscroissants arbeitet die Akademie noch! (hu) Hat die Pandemie die duale Ausbildung verändert? Das diskutierte HessenChemie mit den Ausbildungsverantwortlichen der Mitglieds- unternehmen im 4. FORUM Ausbildung (v. l. n. r.: Jürgen Funk, Daniel Schrapp). 23
STANDPUNKT „Zeitenwende“ – die Ampel im Krisenmodus Oliver Coenenberg ist Vorstandsvorsitzender von HessenChemie und Geschäftsführer Personal und Organisation sowie Arbeitsdirektor bei Sanofi- Aventis Deutschland. Verblüffung löste Scholz aber bereits am 26. Februar aus, als er im Bundestag erklärte, die Bundeswehr mit einem (schulden- finanzierten) Sondervermögen von 100 Milliarden Euro aus- statten zu wollen. Nicht vergessen wollen wir die verschie- densten Sanktionen, die mittlerweile auch bei uns Wirkung zeigen. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die Arbeitgeber unter- stützen die bisher durch die Bundesregierung verhängten Sanktionen gegen Russland. Es ist richtig, auf das System Putin L auch wirtschaftlichen Druck auszuüben. Sanktionen müssen ediglich vier von 247 lautet die 100-Tage-Bilanz der Ampel- jedoch gezielt sein, die Gegenseite unter Druck setzen und da- koalition, wenn es darum geht, die Vorhaben des Koali- bei möglichst Schaden von der eigenen Wirtschaft abhalten. tionsvertrags umzusetzen. Dieses Zwischenfazit zog die Deshalb ist es auch richtig, wenn die Wirtschafts- und Arbeit- gemeinnützige Internetplattform „Frag den Staat“. geberverbände die zu erwartenden massiven Folgen eines Energieembargos für die Wertschöpfungsketten und die Be- Aber auch schon aus Sicht des interessierten Beobachters ist schäftigung verdeutlichen. Bereits heute haben wir es mit es fast unmöglich, eine erste innenpolitische Bilanz zu ziehen. zuvor nicht gekannten Kostensteigerungen bei Öl, Gas und Der Fokus hat sich verschoben. Wie keine andere deutsche Strom zu tun. Hinzu kommt die Verteuerung für weitere Bundesregierung zuvor steht die Ampel unter dem Eindruck Rohstoffe und Materialien – wenn sie denn geliefert werden. eines einzelnen Ereignisses: Putins Krieg gegen die Ukraine! Dieses Ereignis hat nicht nur die Corona-Pandemie auf die Zum Schluss aber dann doch noch etwas aus dem Koalitions- hinteren Sendeplätze der Nachrichten verdrängt, sondern vertrag: Der Arbeitsminister ist das einzige Regierungs- auch den politischen Fahrplan komplett neu ausgerichtet. mitglied, das aus der Ära Merkel im Amt geblieben ist. Er war schon in der vergangenen Wahlperiode für die SPD ein „Wir brauchen Fortschritt, denn die Aufgaben, die vor uns Aktivposten im Kabinett. Dementsprechend smart verlief sein liegen, sind riesengroß“, das sagte Kanzler Olaf Scholz im Start in die neue Wahlperiode. Das Herzensprojekt der SPD Dezember anlässlich seiner ersten Regierungserklärung im hat er bereits eingetütet: Der Mindestlohn wird zum 1. Oktober Deutschen Bundestag. Als größte Herausforderung sah er dieses Jahres auf 12 Euro steigen. Wir als Arbeitgeber kriti- damals die Klimakrise an. Diese zu meistern, hatte sich die sieren dies scharf, denn die staatliche Festlegung von Löhnen Ampel zur Hauptaufgabe gemacht. Nach den eher trägen – statt wie bisher durch eine unabhängige Mindestlohnkom- Jahren der großen Koalition sollte diesbezüglich eine Auf- mission – ist aus Sicht der Arbeitgeber der wohl nachhaltigste bruchstimmung erzeugt werden. „Fortschrittskoalition“ Angriff auf die Tarifautonomie und werthaltige Tarifverträge! nannte sich das neue Bündnis aus SPD, Grünen und FDP am Eines aber konnten wir zumindest erreichen: Die zunächst Anfang gerne selbst. vorgesehene Ausweitung der Arbeitszeiterfassung in diesem Bereich wurde von BDA und BAVC erfolgreich abgewehrt! Und nun? Es sind SPD-Kanzler und eine grüne Außen- ministerin, die durch äußere Einflüsse gezwungen sind, Ihr massive Änderungen in der Sicherheitspolitik durchzusetzen. Oliver Coenenberg Der Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine brachte zunächst das Aus für die Gas-Pipeline Nord Stream 2. Zudem beschloss die Koalition nach anfänglichem Zögern, nun auch schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Die größte 24
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