UMWELT & energie - Land Niederösterreich

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UMWELT & energie - Land Niederösterreich
www.umweltundenergie.at

                                    UMWELT & energie
                                        01|2016 UMWELT → ENERGIE → KLIMA → NATUR → LEBEN in Niederösterreich

→ nachhaltig MOBIL

                                                                                                                           VERKEHRSSPARHAUS    
 © ISTOCK.COM/VASSILIY VISHNEVSKIY/YT

                                                                                             Mit dem „Energieausweis für Siedlungen“ ist es Gemeinden    
                                                                                                möglich, ihre Siedlungsbauten schon vor der Errichtung    
                                                                                                     hinsichtlich maximaler Energieeffizienz zu planen.    

                                                                                                                            WILDBIENENSCHUTZ    
                                                                                                  Lebensqualität und Überleben der Menschen sind eng    
                                                                                                         mit dem Schicksal dieser Bestäuber verknüpft.    
UMWELT & energie - Land Niederösterreich
→ INHALT

                                                                      06

                                                                                                                                                                                          16

                                                                      → nachhaltig MOBIL
                                                                      05   Top & Aktuell | Energiefördermaßnahmen verlängert. |
                                                                           Umwelttechnologie stärkt NÖ Wirtschaft.

                                                                      06   Mobilitätsvielfalt im Trend | Das Erfolgsprinzip von
                                                                           multimodaler Mobilität besteht darin, dass situations­
                                                                           bedingt die geeignetste Fortbewegungsart gewählt
                                                                           ­werden kann.
                                                                                                                                                                                           26
                                                                      10   Elektromobilität statt Diesel und Benzin | Der Wert-
                                                                           schöpfungskreislauf Elektromobilität bietet die Chance,
                                                                           ein nachhaltiges, ökologisches Wirtschaften und somit
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                                                                           Lebensqualität und Wohlstand auch für künftige Gene-
                                                                           rationen sicherzustellen.
                                                                                                                                       → ENERGIE & klima
                                                                      12   PendlerInnen der nahen Zukunft | Für Menschen, die
                                                                           täglich einen Arbeitsweg von maximal 15 km zurückle-        23   Kurz & Bündig
                                                                           gen und über sichere Abstellmöglichkeiten verfügen,
                                                                           bietet das Elektrofahrrad hervorragende Möglichkeiten.      24   Vom Energie- zum Verkehrssparhaus | Neben Hei-
                                                                                                                                            zung, Warmwasseraufbereitung und Stromverbrauch
                                                                      14   Partizipative Stadtentwicklung | Die unmittelbar be-             entscheidet auch der Standort eines Wohngebäudes
                                                                           troffenen Menschen müssen selbst davon überzeugt                 oder einer Siedlung über deren Energieeffizienz.
                                                                           sein, dass nachhaltige Mobilitätsformen ihre Lebens-
                                                                           qualität verbessern – ein Gespräch mit der Umwelt- und      26   Professionelle Beratung für NÖ BauwerberInnen |
                                                                           Gesundheitspsychologin Mag.a Dr. Cornelia Ehmayer.               Über 70 Expertinnen und Experten arbeiten neben dem
                                                                                                                                            Hotline-Team im Rahmen des BeraterInnen-Pools bei
                                                                      16   Mobil mit ISTmobil | Vor knapp einem Jahr startete ein           der Initiative „Energieberatung NÖ“ mit. UMWELT &
                                                                           überregionales Anrufsammeltaxi im Bezirk Korneuburg.             energie hat zwei von ihnen vor den Vorhang geholt.

                                                                      18   Neue Mobilitätsangebote erobern die Welt | Innova-          28   Crowdfunding | Ein neues Gesetz ermöglicht kleineren
                                                                           tive Lösungen für eine flexible Fortbewegung ohne eige-          Unternehmen und Gemeinden neue Finanzierungsmög-
                                                                           nes Auto sind im Kommen.                                         lichkeiten zur Umsetzung größerer Vorhaben wie Ener-
                                                                                                                                            gie-Effizienz-Projekte.
                                                                      20   Weniger Verkehr durch bewusste Kaufentscheidun-
                                                                           gen | Auch die Länge der Transportwege von Produkten        29   Kommunale Abfallwirtschaft | Eine Fachtagung in
                                                                           bzw. in welcher Form diese zurückgelegt werden, haben            St. Pölten diente Gemeinden aus ganz Österreich zum
                                                                           Einfluss auf die Umwelt.                                         Erfahrungsaustausch sowie als Informationsplattform.

                                                                      22   Klimaneutraler Kurzurlaub | Dieses vom Verein für           30   Termine
                                                                           ­Horizonterweiterung initiierte Projekt will das Elektro­
                                                                            auto auch für Freizeitfahrten etablieren.

                                                                      2 UMWELT & energie 01|2016
UMWELT & energie - Land Niederösterreich
© ISTOCK.COM/ALEXANDR DUBOVITSKIY/PEOPLEIMAGES
                                                                                   28                                                                                                                                                                                         38

                                                                                                                                                                                                                               42

                                                                                                                                                                                                © VOGL, CLEAN CLOTHES.AT

32

→ KLIMA & natur                                                                                                                                                                            → NATUR & leben
31       Kurz & Bündig                                                                                                                                                                     37                              Kurz & Bündig

32       Keine Ernte ohne Bestäuber | Die Ausräumung der                                                                                                                                   38                              Erwachen aus dem Winterschlaf | Gesunde, leichte
         Landschaft und die damit verbundene Blütenarmut                                                                                                                                                                   Kost, Bewegung an frischer Luft und ausreichend Schlaf
         ­haben viele Wildbienenarten an den Rand ihrer Existenz                                                                                                                                                           können bei der Bewältigung von Frühjahrsmüdigkeit
          gebracht.                                                                                                                                                                                                        unterstützen.

34       Die Österreichische Vogelwarte | Die erste Außenstel-                                                                                                                             42                              Die Produktionsfehler unserer Kleidung | Billige
         le in den Bundesländern wurde letztes Jahr in Seebarn                                                                                                                                                             ­T-Shirts, teure Marken-Jeans oder -Schuhe werden oft
         am Wagram eröffnet und soll neben der Ausbildung von                                                                                                                                                               unter menschenunwürdigsten Arbeitsbedingungen her-
         ehrenamtlichen MitarbeiterInnen eine breite Öffentlich-                                                                                                                                                            gestellt. Die Clean Clothes Kampagne deckt diese auf,
         keit für ornithologische Themen sensibilisieren.                                                                                                                                                                   mobilisiert KonsumentInnen und kann dadurch Druck
                                                                                                                                                                                                                            auf Unternehmen ausüben.
36       Termine

                                                                                                                                                                                              → STANDARDS
                                                                                                                                  © ISTOCK.COM/RBIEDERMANN/UROSHPETROVIC/FRANCOIS-EDMOND

                                                                38                                                                                                                         44   eNu Expertise | Angebote im Bereich Mobilität. next-
                                                                                                                                                                                                                           bike als Teil multimodaler Mobilität. Elektromobilität im
                                                                                                                                                                                                                           Faktencheck. „Söwa gmocht“: Radlpatschen flicken.
IMPRESSUM: Herausgeber, Verleger & Medieninhaber: Land Niederösterreich, Gruppe Raumord-
nung, Umwelt und Verkehr, Abteilung Umwelt- und Energiewirtschaft, 3109 St. Pölten, Landhaus-
platz 1, Tel.: 02742/9005-10759, Fax: DW 10765, email: post.ru3@noel.gv.at Redaktion: DI Leonore
Mader-Hirt, Mag.a Silvia Osterkorn/eNu. Titel­foto: iStock.com/YT. Grafische Konzeption & Layout:
                                                                                                                                                                                           50   Buchtipps
Peter Fleischhacker. ­Anzeigenvertretung: Media­contacta Wien, Tel.: 01/5232901. Auflage: 31.000.
Herstellung: Druckerei Berger, Horn. Verlags- und Erscheinungsort: St. Pölten. Offenlegung nach
§ 25 Mediengesetz: Periodisch erscheinendes Informationsblatt in ­Niederösterreich. Namentlich ge-
kennzeichnete Artikel müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. Für unverlangt
eingesendete Artikel wird keine Haftung übernommen. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Bei-
träge zu überarbeiten und zu kürzen.

                                                                                                                                                                                                                                                    UMWELT & energie 01|2016       3
UMWELT & energie - Land Niederösterreich
100 % Erneuerbarer Strom
                       in Niederösterreich
                  Unser gesamter Strombedarf wird aus Wasser, Wind,
                       Biomasse und Sonnenkraft bereitgestellt.
                             Sicher. Sauber. Unabhängig.

                       26.000
                       Photovoltaik-
                       Anlagen

                                                         610
                                                      Windkraft-
                                                       Anlagen
                       5                                                           Erneuerbarer
                       Großwasserkraft-                                            Strommix
                       Anlagen
                                                                                           9%
                                                                                           Biomasse
                                                                                                           2%
        567                                                                                                Photovoltaik
        Kleinwasserkraft-
        Anlagen                           107                             59%
                                          Biomasse                        Großwasserkraft
                                          Anlagen
                                                                                                          26%
                                                                                                          Windkraft

Strombedarf                                                                                             4%
                                                                                                        Kleinwasserkraft
Strom ersetzt immer mehr Öl und Gas, vor
allem im Bereich Industrie und Mobilität.
Der steigende Strombedarf muss mit ei-               LED
nem weiteren Ausbau der Erneuerbaren
Energieträger einhergehen. Nur so können
wir auch in Zukunft 100%
                                                     Effizient zum Ziel
sauberen Strom in                                    86.000 Straßenlaternen wurden
Niederösterreich                                     von niederösterreichischen
beziehen.                                            Gemeinden auf hoch-
                                                     effiziente LED-Technologie
                                                     umgestellt. Damit könnte
                                                     die Strecke zwischen St. Pölten
                                                     und Lissabon                                                  St. Pölten
                                                     ausgeleuchtet                                 ng
                                                                                              chtu
                                                     werden.                          - Beleu
                                                     Das bringt                    LED
                                                     eine Energie-
                                                     einsparung
             2000           2015       2030          bis zu 80%. Lissabon

Stand: November 2015
UMWELT & energie - Land Niederösterreich
nachhaltig MOBIL
→ TOP & aktuell

  Energiefördermaßnahmen für Kommunen verlängert.

                                                                                                                                                              © HARTL, NLK/PFEIFFER, NLK/FILZWIESER
  J
       ährlich 4,35 Mio. Euro eingespart.               de Förderung und die Landesfinanzsonder-         Strom zu 100 % aus Erneuerbaren. Die-
       Seit 2012 fördert und begleitet das              aktion für thermische Sanierungen – wer-         ses wichtige Etappenziel am Weg zur Ener-
       Land NÖ seine Gemeinden beim Ener-               den für 2016 verlängert“, informiert LH-Stv.     giewende hat NÖ Ende 2015 gemeinsam mit
       giesparen. Heute sind rd. 560 Energie-           Mag. Wolfgang Sobotka. Insgesamt wurden          seinen vielen engagierten Gemeinden, die
       beauftragte in den Kommunen aktiv                seit dem Start rd. 900 Projekte wie Straßen-     insgesamt in den letzten Jahren rd. € 100
       und die Energie- und Umweltagentur               beleuchtungen, Photovoltaik- und Solaran-        Mio. in Energiesparmaßnahmen investiert
  NÖ hat sich als Service- und Bildungsdreh-            lagen, Nahwärmeanschlüsse, Elektroautos,         haben, erreicht. Anstrengungen, die nicht
  scheibe etabliert. „Die beiden wesentlichen           aber auch bauliche Maßnahmen unterstützt,        nur der Umwelt zu Gute kommen, sondern
  Förderschienen – die Energiespar-Gemein-              d. h. € 10 Mio. direkt bzw. € 17 Mio. in Form    auch die regionale Wirtschaft ankurbeln
                                                                                 von Darlehen aus-       und Arbeitsplätze vor Ort schaffen. „Ein
                                                                                 bezahlt. Der Mehr-      Weg, den wir gemeinsam weitergehen müs-
                                                                                 wert für die Ge-        sen, um Öl, Gas und die Atomkraft zurück-
                                                                                 meinden ist auch fi-    zudrängen und gleichzeitig die Wertschöp-
                                                                                 nanziell spürbar. So    fung im eigenen Land zu erhöhen“, ergänzt
                                                                                 spart eine moder-       Energie-LR Dr. Stephan Pernkopf. Auch der
                                                                                 ne Straßenbeleuch-      GVV-Präsident LAbg. und Bgm. Mag. Alfred
                                                                                 tung 70 % Strom         Riedl hebt die Partnerschaft zwischen Land
                                                                                 gegenüber einer         und Gemeinden hervor: „Die NÖ Gemeinden
                                                                                 alten Anlage. Bei       stehen zu ihrer Verantwortung als Multipli-
                                                                                 87.000 getausch-        katorinnen und Transformatorinnen im Be-
                                                                                 ten Lichtpunkten        reich der erneuerbaren Energien. Mit dem
                                                                                 seit 2012 ergibt sich   Maßnahmenpaket und der Förderung könn-
                                                                                 dadurch eine jährli-    ten sie nun auch in der direkten Umsetzung
  (v.l.n.r.): LR Dr. Stephan Pernkopf, LHStv. Mag. Wolfgang Sobotka,             che Einsparung von      Vorbilder für ihre Bürgerinnen und Bürger
  GVV-Präsident LAbg. und Bgm. Mag. Alfred Riedl                                 € 4,35 Mio.             sein.“ ←

                                                                                                         Verdoppelung des Exportvolumens bis 2021
  Umwelttechnologie stärkt NÖ Wirtschaft.                                                                von € 50 Mio. auf € 100 Mio. ←

  N
         Ö Wirtschaftskraft kann sich se-            schwerpunkte und der bedeutende Bereich
         hen lassen. „Im Vorjahr wurde erst-         der Umwelttechnologie tragen viel zu dieser
         mals die 50 Mrd. Euro-Marke beim re-        Entwicklung bei.
  gionalen Bruttoinlandsprodukt überschrit-
  ten“, freut sich LH Dr. Erwin Pröll. Als eigene    Exportoffensive für Umwelttechnologi-
  Volkswirtschaft wäre Niederösterreich damit        en. „Jetzt geht es darum, diese gute Aus-
  auf dem 70. Platz unter 196 Staaten welt-          gangssituation sowie den prognostizierten
  weit, vor Ländern wie Luxemburg, Uruguay,          Konjunktur-Aufwind von 1,9 % ordentlich zu
  Kroatien oder Slowenien. „Allein seit 2009         nutzen“, erläutert Pröll. Deshalb wird die Ex-
  hat die Wirtschaftsleistung dieses Bundes-         portoffensive ausgedehnt – und zwar auf
  landes um sechs Milliarden Euro zugelegt“,         den iranischen Markt. Dort gebe es für NÖ
  so Wirtschaftsforscher Dr. Christian Helmen-       Unternehmen vor allem in den Bereichen
  stein. Die konsequente Exportstrategie, die        Umweltschutz, Wassertechnologie und Luft-           LH Dr. Erwin Pröll mit Wirtschaftsforscher
  gezielten Forschungs- und Wissenschafts-           reinhaltung große Chancen. Ziel sei eine            Dr. Christian Helmenstein (Economica Institut)

                                                                                                                      UMWELT & energie 01|2016            5
UMWELT & energie - Land Niederösterreich
→ nachhaltig MOBIL

                  Multimodale
                   Mobilität
                                        im Trend
                                 Das Mobilitätsverhalten ändert sich.
                 Vor allem junge Menschen sind vielfältig unterwegs und nutzen das
                     für den jeweiligen Zweck am besten geeignete Verkehrsmittel.
                                           Text: Christian Gratzer

6 UMWELT & energie 01|2016
UMWELT & energie - Land Niederösterreich
„Um die Mobilitätsbedürfnisse der NÖ Bevölkerung
   ­klimafreundlich und sozial ausgewogen zu befriedigen,
      muss ein optimales Zusam-
  menspiel aller Mobilitäts­arten
        gewährleistet sein“, zeigt
     sich Umwelt-LR Dr. Stephan
         ­Pernkopf zuversichtlich.

M
                 obilitätsvielfalt. Familie      park von Familie M. kann sich sehen lassen:   kehrsclub Österreich (VCÖ) zeigt, dass die

                                                                                                                                               © BURGER, NLK/BURCHHART
                 M. wohnt in einem schönen       Sechs Fahrräder, ein e-Moped, ein Auto und    multimodale, vielfältige Verkehrsmittelwahl
                 Mehrfamilienhaus mit Terras-    dazu noch zwei TOP-Jugendtickets sowie        ein Mobilitätstrend ist, der Zukunft hat. Der
                 se und Grünblick. Herr M. ar-   eine ÖBB-Jahreskarte.                         Erfolg fußt auf einem einfachen Prinzip: Es
                 beitet in St. Pölten und pen-                                                 wird die für den jeweiligen Zweck am bes-
delt täglich rd. 35 km in Kombination Rad & Erfolgsprinzip. Familie M. steht beispiel-         ten geeignete Mobilitätsform gewählt. An-
Bahn: Mit dem Fahrrad gelangt er zum drei   haft für das vielfältige Mobilitätsverhalten       statt aus Gewohnheit immer ins Auto zu
Kilometer entfernten Bahnhof, und dank der  von immer mehr Menschen. Die Hälfte der            steigen, werden kurze Strecken zu Fuß oder
zentralen Lage seines Arbeitgebers geht er  Niederösterreicherinnen und Niederöster-           mit dem Rad zurückgelegt und bei gutem
                                                                                reicher        Angebot längere Strecken mit öffentlichen
 Mobilitätsvielfalt ermöglicht, dass situationsbedingt über 15                                 Verkehrsmitteln gefahren. Salopp formuliert
                                                                                Jahre ist      kann man sagen: Ein Mobilitätsverhalten
 die beste Fortbewegungsart gewählt werden kann.                                zumin-         mit Hausverstand.
                                                                                dest ge-
vom Bahnhof nur rund sieben Minuten zu legentlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln             Vielfältiger Nutzen. Zukunft hat die multi-
Fuß ins Büro. Die Verknüpfung dieser un- unterwegs, sieben von zehn lenken mehr-               modale Mobilität auch, weil sie vielfachen
terschiedlichen Fortbewegungsarten emp- mals die Woche ein Auto, zwei Drittel nut-             Nutzen schafft. Wer kurze Strecken zu Fuß
findet der zweifache Familienvater als ide- zen das Fahrrad für Alltagserledigungen und        oder mit dem Fahrrad zurücklegt, macht
al. Durchs Radfahren und Gehen kommt sogar neun von zehn gehen Strecken im All-                Bewegung und wie allgemein bekannt, ist
er täglich auf eine gesunde Portion Bewe- tag mehrmals die Woche zu Fuß, Wanderun-             diese gesund, beugt Krankheiten vor und
gung und die Bahnfahrt bringt ihm die nö- gen oder Spaziergänge in der Freizeit nicht          hält körperlich sowie geistig fit. Die Umwelt
tige Ruhe zum Lesen. Der Mobilitätsfuhr- mitgerechnet. Eine Publikation des Ver-               wiederum atmet auf, wenn weniger giftige →

                                                                                                           UMWELT & energie 01|2016       7
UMWELT & energie - Land Niederösterreich
→ nachhaltig MOBIL

                                                                    Für die Regionen ist ein attraktives öffentliches Verkehrsangebot ...

                                            mit dem Fahrrad zurückgelegt, profitiert Unterstützende Maßnahmen. Viele kleine
Schadstoffe über die Auspuffe in die Luft ge-
langen und weniger klimaschädliches CO2     auch die Gemeinde davon. Zum einen wird Initiativen ergeben in Summe Großes. Das
den Klimawandel anheizt. AutofahrerInnen,   die Gemeinschaft im Ort gestärkt: Man trifft betrifft auch die Förderung der Mobilitäts-
die ihr eigenes Kfz tatsächlich brauchen,   einander zu-
können sich über weniger Verkehr auf der    fällig auf der      Kommunen können durch Schaffung der nötigen
Straße freuen und finden schneller einen    Straße und
Parkplatz. Last but not least schont ein viel-
                                            oft entsteht            Infrastruktur multimodale Mobilität forcieren.
fältiges Mobilitätsverhalten die Geldbörse. dadurch ein
                                            mehr oder weniger langer Plausch. Wer zu vielfalt in der Gemeinde, wobei eine Platz-
Der VCÖ hat das beispielhaft für zwei Mobili-
tätstypen berechnet: Beide legen 16.000 km  Fuß oder mit dem Rad einkauft, bleibt im Ort und Ressourcenverteilung zugunsten von
pro Jahr zurück. Einer fährt 98 % davon mit und stärkt die Nahversorgung. Weniger Au- FußgängerInnen bzw. des Rad- und öffent-
dem Auto und kommt auf jährliche Gesamt-    tos bedeuten auch mehr Verkehrssicherheit lichen Verkehrs Vorrang haben sollte. Das
kosten von € 7.800. Der andere legt ein     im Ort. Davon profitieren vor allem Kinder Zufußgehen kann durch ausreichend breite
Fünftel seiner Jahreskilometer mit dem Fahr-und ältere Menschen. Auch eine gute Anbin- Gehwege, ein durchgängiges Wegenetz oder
rad oder zu Fuß zurück, etwas mehr als ein  dung an öffentliche Verkehrsmittel nützt der die Schaffung von Abkürzungen für Fußgän-
Drittel mit öffentlichen Verkehrsmitteln undKommune. Die Gemeinde ist als Wohnort at- gerInnen gefördert werden. Gerade in Sied-
weniger als die Hälfte mit dem Auto. Alles  traktiver, die Chancen, dass junge Familien lungen können solche Maßnahmen ein An-
in allem kommt diese Person auf € 4.270,    in den Ort ziehen, steigen. Eine gute Erreich- reiz sein, mehr Alltagswege gehend zurück-
                                                                                b a r k e i t zulegen. Verkehrsberuhigung und niedri-
 Radfahren und Zufußgehen stärkt die Gemeinschaft                               mit Bahn geres Tempo im Ort führen dazu, dass bei-
                                                                                oder Bus spielsweise Kinder selbstständig zur Schu-
 sowie die Nahversorgung vor Ort.                                               b e d e u - le kommen, anstatt von den Eltern mit dem
                                                                                tet eine Auto chauffiert zu werden.
das ist eine beeindruckende Ersparnis von höhere Attraktivität als Ausflugsziel. Für die
€ 3.530 pro Jahr. Für viele Menschen sind Regionen ist ein vielseitiges öffentliches Ver- Großes Potenzial fürs Radfahren. In Nie-
das zwei Monatsgehälter oder ein toller Fa- kehrsangebot eine wichtige Lebensader. Ge- derösterreich ist jede zwölfte Autofahrt kür-
milienurlaub.                               meinden können diese stärken, indem sie zer als ein Kilometer, vier von zehn Auto-
                                            dafür sorgen, dass Bahnhof und Bushalte- fahrten sind kürzer als fünf Kilometer. Vie-
Gemeinden gewinnen an Attraktivität. stellen gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad er- le Beispiele zeigen, dass die Bereitschaft
Werden mehr kurze Strecken zu Fuß oder reichbar sind.                                         zum Radfahren in der Bevölkerung groß

8 UMWELT & energie 01|2016
UMWELT & energie - Land Niederösterreich
... eine wichtige Lebensader.

ist – vorausgesetzt es gibt eine gute Infra- in der Buckligen Welt getestet wird. Dieses      gelassen und der Kindergarten konnte eine

                                                                                                                                                      © GANSTERER, VCÖ (3)
struktur und man fühlt sich beim Radfah-     Mobilitätsmodell umfasst ein Elektroauto         zusätzliche Gruppe eröffnen. Eine Verkehrs-
ren sicher. Die Kommunen können diese        für die Verbindung Bahnhof und Wohnort.          planung, die die Vielfalt der Mobilität för-
                                                                      Weiter geht es mit      dert, führt zu einem vielfältigen Nutzen –
 Die Gestaltung des Wohnumfelds beeinflusst der Bahn bis zum                                  sowohl für die BürgerInnen, als auch für die
                                                                      Bahnhof des Ar-         Gemeinde und Umwelt. ←
 das Mobilitätsverhalten entscheidend.                                beitsortes. Die tat-
                                                                      sächliche Arbeits-      INFO: Die VCÖ-Publikation „Multimodale Mobilität
Fortbewegungsart durch Verkehrsberuhi- stätte erreicht man mit dem e-Bike oder                erfolgreich umsetzen“ kann unter Tel.: 01/8932697
                                                                                              oder vcoe@vcoe.at kostenlos angefordert werden.
gungsmaßnahmen im Ort sowie durch die mittels e-Carsharing. Tagsüber werden die
Öffnung von Einbahnen für den Radverkehr Elektroautos von einem lokalen Betrieb als           Mag. Christian Gratzer, VCÖ-Kommunikation
fördern. Zudem bieten sich Kooperationen Dienstauto genutzt.
mit Geschäften sowie Betrieben an, um aus-                                                    www.vcoe.at
reichend Abstellplätze für Fahrräder im Ort Siedlungsentwicklung. Acht von zehn All-
zu schaffen. In kleineren Gemeinden ver- tagswegen beginnen oder enden zu Hau-
bessern Dorfbusse und Anrufsammeltaxis se. Wo man wohnt und wie das Wohnum-                      Was bedeutet
das Mobilitätsangebot. Ein Beispiel ist der feld gestaltet ist, hat daher einen wesent-
                                                                                                 multimodale Mobilität?
Bürgerbus in Ernstbrunn. Der kleine e-Bus lichen Einfluss auf das Mobilitätsverhalten.
bringt die Menschen kostengünstig inner- Gemeinden, die vorhandene Baulandre-                    Unter multimodaler Mobilität versteht man
halb der Gemeinde ans Ziel. Das „Ernsti-Mo- serven in den Ortskernen forcieren, anstatt          die Nutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel
bil“, das die Fahrgäste von zu Hause abholt, neue Siedlungen auf der grünen Wiese zu             durch eine Person in einem bestimmten Zeit-
wird von Ehrenamtlichen gelenkt.             errichten, verringern die Autoabhängigkeit          raum. Ein Verkehrssystem ist dann multimo-
                                             und stärken das Ortszentrum. Ein positives          dal, wenn für konkrete Mobilitätsbedürfnisse
e-Mobilität in Kombination mit Öffis. Beispiel ist die Gemeinde Krummnußbaum.                    mindestens zwei Verkehrsmitteloptionen
Auch Parkplätze und Lademöglichkeiten Leerstehende Flächen im Zentrum wurden                     zur Verfügung stehen. Intermodalität ist ein
für e-Autos gehören zu einem guten, mul- für verdichtete Wohnbauformen verfügbar                 Sonderfall der multimodalen Mobilität und
timodalen Angebot am Bahnhof. Wie die gemacht und ein neues Gemeindezentrum                      bezeichnet die Nutzung verschiedener Ver-
multimodale Verknüpfung von Bahn und mit Arztpraxen, Café, Veranstaltungssaal,                   kehrsmittel vom Start- bis zum Zielort eines
Elektroauto aussehen kann, zeigt das Pro- und betreutem Wohnen errichtet. Außer-                 einzelnen Weges. ←
jekt „eMORAIL“, das u. a. in Grimmenstein dem hat sich ein Nahversorger neu nieder-

                                                                                                            UMWELT & energie 01|2016              9
UMWELT & energie - Land Niederösterreich
→ nachhaltig MOBIL

     Statt Diesel und Benzin
     Elektromobilität mit Strom aus Erneuerbaren
                               Der Wertschöpfungskreislauf Elektromobilität bietet die Chance,
          ein nachhaltiges, ökologisches Wirtschaften und somit Lebensqualität und Wohlstand
                               auch für künftige Generationen sicherzustellen. Text: Oliver Danninger

D
            er Klimawandel ist Realität.       von landesweit        NÖ kann sich durch Forcierung der e-Mobilität
            Die aktuelle, in großem Maße       100 % Strom aus
            durch Menschen verursach-          erneuerbaren                in Kombination mit Erneuerbaren zu einer
            te CO2-Konzentration in der At-    Energien heraus-
            mosphäre liegt heute schon um      ragende Startbe-            internationalen Modellregion entwickeln.
rund ein Drittel höher als die höchsten Wer-   dingungen. Eben
te der letzten 500.000 Jahre. Der Klimawan-    dieser vor Ort erzeugte regenerative Strom wachstum geben. Vielmehr ist ein zeitge-
del wird neben ökologischen Umbrüchen          mit lokaler Wertschöpfung ist ein zweites mäßes wirtschaftliches Handeln, das sich
auch zu wirtschaftlichen und sozialen Verän-   wichtiges Faktum für den Erhalt von Wohl- an ökologischer und ökonomischer Stabili-
derungen führen, die vor Europa nicht Halt     stand in diesem Bundesland.                tät orientiert, gefragt.
machen werden. Die Herausforderungen
an die nachfolgenden Generationen sind        Überholte Wachstumsmodelle. Mit Kenn-         Wirtschaftliche und ökologische Poten-
dementsprechend hoch, denn sie müssen         größen, wie der Steigerung des Brutto-        ziale. Elektromobilität kann dabei einen we-
                                                                     inlandsprodukts        sentlichen Beitrag zu einer resilienten Wirt-
 Auf einem endlichen Planeten mit endlichen (BIP), sind veraltete                           schaft mit regionaler Wertschöpfung, unter
                                                                     makroökonomische       Berücksichtigung von Ökologie und Ökono-
 Ressourcen kann es kein unbegrenztes                                Wachstumsmodel-        mie, leisten. Gerade die lokale Erzeugung
                                                                     le nicht mehr in der   regenerativer Energie, die unseren Ener-
 Wirtschaftswachstum geben.                                          Lage in einer gesät-   giebedarf deckt, bietet hohe wirtschaftli-
                                                                     tigten Marktwirt-      che und ökologische Potenziale. Pionie-
auch die Last der derzeitigen Generationen schaft als alleinige Gradmesser für Wohl-        re wie der Ladeinfrastrukturanbieter ELLA
schultern. Um dies zu schmälern und die stand zu dienen. Auch ist die Steigerung            (siehe Kasten) zeigen, dass es in Niederös-
Lebensqualität auf diesem Planeten auch des BIP oft an Konsumwachstum bzw. Roh-             terreich möglich ist, von den neuen Wert-
für die Zukunft zu erhalten, ist es unerläss- stoffverbrauch geknüpft. Die endlichen Res-   schöpfungspotenzialen der Elektromobilität
lich, den CO2-Ausstoß drastisch zu reduzie- sourcen und negativen Umwelteffekte wer-        zu profitieren.
ren. Hier sind eine CO2-neutrale Mobilität im den dabei nicht ausreichend berücksichtigt,
Allgemeinen, und eine Elektromobilität, die weshalb die Anwendung dieser Modelle            Auf dem Weg zu einer Vorzeigeregion.
mit regenerativer Energie betrieben wird im nur bedingt zukunftstauglich ist. Auf einem     Die NiederösterreicherInnen haben eine
Speziellen, unverzichtbare Beiträge. Nieder- endlichen Planeten mit endlichen Ressour-      hohe Affinität zu einem nachhaltigen Le-
österreich hat mit einem bilanzierten Anteil cen kann es kein unbegrenztes Wirtschafts-     bensstil, wie der wachsende Marktanteil

10 UMWELT & energie 01|2016
© KRUEGL, E-MOBIL NÖ
   Förderungen für Elektromobilität in Niederösterreich

   Fahrzeuge                               Privatpersonen                                      Unternehmen, Gemeinden/Vereine

   reine Elektroautos BEV                  bis zu 3.000 €                                      bis zu 5.000 €
   (Battery-Electric-Vehicle)              +                                                   (4.000 € Bund + 1.000 € Land NÖ)
                                           bis zu 2.000 € für Zusatzleistungen,                +
                                           die begeistern:                                     bis zu 5.000 € zusätzlich für:

                                           n   Ladestation                                     n Ladestationen
                                           n   Energiemanagementsystem                         n e-Carsharing Equipment
                                           n   Stationärer Stromspeicher
                                           n   ÖBB-Vorteilscard für 2 Jahre
                                           n   2 Jahrestickets für den öffentlichen Verkehr

   Plug-In-Hybrid,                         bis zu 1.500 €                                      bis zu 3.750 €
   Range Extender                                                                              (3.000 € Bund + 750 € Land NÖ)

   e-Krafträder                            bis zu 1.000 €
   (inkl. Leichtfahrzeuge)

   INFO: Förderung befristet bis 31. 12. 2017, www.e-mobil-noe.at/foerderung

von biologisch produzierten, regionalen                Niederösterreich für einen zukunftsweisen-   ökonomisch an seine Grenzen gebracht ha-
Produkten beweist. Diese gesellschaftliche             den Weg entschieden hat.                     ben und die Zeit reif ist für eine ökologisch
Aufgeschlossenheit kann – in Kombina­tion                                                           wie ökonomisch zukunftsfähige Elektromo-
mit den 100 % regenerativen Stromressour-    Positive Entwicklung. Nationale wie inter-             bilität. ←
cen – die Entwicklung des Landes zu ei-      nationale Trends haben eine hohe, positive
ner internationalen Vorzeigeregion im Be-    Dynamik und zeigen, dass der Ausbau der                DI Oliver Danninger, Manager der Elektromobilitäts-
reich Elektromobilität vorantreiben. Dieses  Elektromobilität weit über den Prognosen               initiative „e-mobil in niederösterreich“, ecoplus,
Ziel hat auch die Landesinitiative „e-mobil  der letzten Jahre liegt. Gründe dafür sind un-         NÖ Wirtschaftsagentur GmbH
in niederösterreich“, die bei ecoplus, der   ter anderem die positiven Entwicklungen bei
Wirtschaftsagentur des Landes NÖ, ange-      Preis und Speicherdichte von Lithium-Ionen-            www.ecoplus.at
siedelt ist. Gemeinsam mit zahlreichen Lan-  batterien. Die Steuerreform in Kombination
desabteilungen und Vorfeldorganisationen,    mit der Förderung von Elektromobilität in
wie der Energie und Umweltagentur NÖ und     Österreich mit bis zu € 11.667 Ersparnis bei
                                                                                                       ELLA AG
                                                                       der Anschaffung so-
                                                                       wie bis zu € 4.300
 Nationale wie internationale Entwicklungen                                                            Die 2014 gegründete ELLA AG mit Sitz in
                                                                       jährlich durch Sach-            Pfaffenschlag ist eine Tochterfirma der WEB
 zeigen, dass der Ausbau der e-Mobilität                               bezugsbefreiung                 Windenergie AG. Das Unternehmen baut ak-
                                                                       in den Lohnneben-               tuell ein Elektro-Ladesäulennetz in Österreich
 alle Prognosen übertrifft.                                            kosten (s. S. 45) ist           auf, welches zu 100 % aus W.E.B-Grünstrom
                                                                       europaweit ein Vor-             gespeist wird. Der Energiemix setzt sich aus
NÖ-Regional, wird die Elektromobilitätsstra- zeigeangebot für Unternehmen. Nicht zu-                   83 % Windkraft, 14 % Wasserkraft und 3 %
tegie des Landes umgesetzt. Erste sichtbare letzt zeigen die Entwicklungen der letzten                 Sonnenenergie aus heimischer Strompro-
Ergebnisse wie der Ausbau der Schnelllade­ Monate in Bezug auf Abgaswerte und de-                      duktion zusammen. ELLA ist in Form einer
infrastruktur durch die Ladeinfrastrukturan- ren Manipulation, dass konventionelle An-                 Bürgerbeteiligungsgesellschaft konzipiert,
bieter, die Weiterführung einer optimierten triebsformen, insbesondere der Dieselmo-                   an der sich jede/r beteiligen und somit eine
Förderung für Privatpersonen, Unternehmen tor, stark unter Druck geraten und langfris-                 „eigene“ Ladeinfrastruktur mitaufbauen
und Gemeinden, aber auch die Erarbeitung tig einem Ende im Massenmarkt entgegen-                       kann. ←
wichtiger Rahmenbedingungen wie die Ver- steuern. Dies veranschaulicht eindrucksvoll,
ankerung des Ausbaus der Ladeinfrastruk- dass die immer schärferen Abgasgrenzwer-                      INFO: www.ella.at
tur in der NÖ Bauordnung zeigen, dass sich te den Verbrennungsmotor physikalisch und

                                                                                                                 UMWELT & energie 01|2016           11
→ nachhaltig MOBIL

                      PendlerInnenfahrzeug
                                                                                     der nahen Zukunft
    Gerade für Menschen, die täglich den gleichen Arbeitsweg von maximal 15 km zurücklegen
     und über sichere Abstellmöglichkeiten verfügen, bietet das Elektrofahrrad hervorragende
                                                  Möglichkeiten. Text: Markus Schuster, Franz Angerer

D
            aten und Fakten. Das Potenzial     genommen und in die Kategorie 60 plus ein- Infrastruktur am Arbeitsplatz. Wichtig in
            zur Erhöhung des Anteils an All-   gereiht, es galt als uncool und altmodisch. diesem Zusammenhang ist der Aspekt der
            tagsradlerInnen in Niederöster-    Dieses Vorurteil ist ungerechtfertigt, denn sicheren Abstellmöglichkeit am Arbeitsplatz.
            reich ist vorhanden, wie die Mo-   elektroradln ist eine sport-
            bilitätserhebung aus dem Jahr      liche Fortbewegung und für              Eine diebstahlsichere Aufbewahrung
2008 bestätigt. Demnach werden 53 % aller      jedes Alter geeignet. Der ein-
werktäglichen Wege der Niederösterreiche-      zige Unterschied gegenüber            ist Voraussetzung für die regelmäßige
rInnen am Steuer eines Autos zurückgelegt.     einem herkömmlichen Fahr-
Im Bereich der durchschnittlichen Fahrrad-     rad ist das deutlich höhere
                                                                                               Nutzung von e-Bikes im Alltag.
Entfernung – bis maximal zweieinhalb Kilo-     Tempo und die Möglichkeit,
meter – enden bereits über ein Fünftel aller   bei gemäßigtem Fahrstil unverschwitzt am Grundsätzlich gilt dies natürlich auch für
Autofahrten. 41 % aller Pkw-Wege sind kür-     Arbeitsplatz anzukommen – dank Unterstüt- „herkömmliche“ Räder. Da derzeit jedoch e-
zer als fünf, 60 % kürzer als zehn Kilometer.  zung eines elektrischen Antriebs.                Bikes im Durchschnitt wesentlich teurer sind,
Betrachtet man die Wege nach dem haupt-                                                         ist eine diebstahlsichere Aufbewahrung am
sächlich benutzten Verkehrsmittel, differen-   Zum Arbeitsplatz mit dem e-Bike. In den Zielort Voraussetzung für deren regelmä-
ziert nach dem Zweck der zurückgelegten        letzten Jahren schnellten die Verkaufszahlen ßige Nutzung. Ebenfalls wäre es zukünftig
Strecke, so fällt auf, dass es sich bei knapp  der Elektrofahrräder in Österreich immens in wünschenswert, dass auch die Arbeitgebe-
                                                                die Höhe. Insbesondere im rInnen diesem Trend folgen und ihren Mitar-
 Elektroradln ist eine sportliche Fort-                         Freizeit- und Tourismusbe- beiterInnen, die mit dem (e-) Rad zur Arbeit
                                                                reich sind die e-Bikes schon kommen, geeignete Möglichkeiten zum Um-
 bewegung und für jedes Alter geeignet. in vielen Gebieten sicht- und kleiden und Deponieren des Radzubehörs,
                                                                erlebbar. Jetzt gilt es, diesen wie Radhelm, Kleidungsstücke etc., zur Ver-
einem Viertel um Arbeitswege handelt und Boom und die vielen Vorteile der Elektrorä- fügung stellen. Eine Ladestation am Arbeits-
bei diesen der Anteil der Pkw-Benutzung mit der auch für Arbeitswege bestmöglich zu platz ist nicht zwingend erforderlich, da die
67 % überdurchschnittlich hoch ist.            nutzen. Wer immer schon mit dem Rad zur Reichweite der Akkus normalerweise für Hin-
                                               Arbeit fahren wollte und den inneren Schwei- und Retourweg auslangt, wäre jedoch eine
e-Bike im Trend. Die Nutzung eines Elek­ nehund nie besiegen konnte, der sollte es „Würdigung“ jener Personen, die umwelt-
trofahrrads wurde über viele Jahre nicht ernst einmal mit dem e-Bike versuchen.                 schonend zur Arbeit kommen.

12 UMWELT & energie 01|2016
sen. Hydraulische Backenbremsen sind na-

                                                                                                                                                         © HÖRSCHLÄGER (2), HERRY CONSULT
                                                                                                    hezu wartungsfrei und zuverlässig, Schei-
                                                                                                    benbremsen sind vor allem bei Nässe un-
                                                                                                    schlagbar. Nasse Straßen können die Freude
                                                                                                    am Radln gehörig trüben, wenn kein Spritz-
                                                                                                    schutz vorhanden ist. Es lohnt sich, Fahrrä-
                                                                                                    der auch mal im Regen zu testen.

                                                                                                    e-Pendeln bietet viele Vorteile. Der Weg
                                                                                                    zur Arbeit per e-Bike ist auf kurzen Strecken
                                                                                                    schneller und auf längeren Strecken oftmals
                                                                                                    nur geringfügig langsamer als mit dem Auto.
                                                                                                    (E-) RadlerInnen ersparen sich Zeit und Geld
                                                                                                    für den Besuch eines Fitnessstudios, weil re-
                                                                                                    gelmäßiges (elektro)radeln zu einer guten
                                                                                                    Kondition führt und die frische Luft das Im-
                                                                                                    munsystem stärkt. Außerdem macht e-Ra-
                                                                                                    deln einfach Spaß, sei es völlig entspannt
                                                                                                    durch die Landschaft zu gleiten oder mit or-
                                                                                                    dentlichem Speed einen Berg hinauf oder
                                                                                                    gegen den Wind zu fahren. ←

                                                                                                    DI Markus Schuster, Projektleiter
                                                                                                    bei HERRY Consult GmbH
                                                                                                    DI Franz Angerer, Amt der NÖ Landesregierung,
                                                                                                    Abt. Umwelt- und Energiewirtschaft,
                                                                                                    Bereichsleitung Energie und Klima

Kurze Strecken legt man per e-Bike schneller, längere Strecken                                      www.ecoplus.at/de/ecoplus/cluster-
oftmals nur geringfügig langsamer als mit dem Auto zurück.                                          niederoesterreich/e-mobil/modellregion-e-
                                                                                                    pendler-niederoesterreich

Forschungsprojekte. Wie Elektroräder im             die Möglichkeit, geförderte Elektroräder bzw.     Was brauchen
Arbeitswege-Sektor eingesetzt werden kön-           -autos zu beziehen, wenn sie bereit waren,
                                                                                                      e-RadlpendlerInnen?
nen, zeigen u. a. zwei vom Klimafonds geför-        diese für den Weg zum Arbeitsplatz zu nut-
derte Forschungsprojekte in NÖ. Das Projekt         zen. Bereits im April 2015 wurde das Projekt-     Ein gutes Rad! Regelmäßige Nutzung bedingt
„e-park&drive“ beschäftigte sich mit der Ein-       ziel an genutzten e-Fahrzeugen erreicht. Ins-     ein verlässliches Rad mit einer komfortablen
bindung von e-Fahrrädern und Fahrradboxen           gesamt haben die TeilnehmerInnen seit Pro-        Sitzposition, guten Bremsen und einem pro-
bei Park&Drive-Anlagen. In diesem zweijähri-        jektbeginn im Jahr 2013 mehr als 1,1 Mio. km      fessionellen Spritzschutz. Nasse Straßen gibt
gen Forschungsprojekt wurden vom Projekt-           elektrisch zurückgelegt.                          es zwar nicht oft, sie können aber die Freude
team, HERRY Consult (Projektleitung), oemo-                                                           am Fahren stark trüben. Für längere Pendle-
bil OG, GW St. Pölten, e-mobil in nö, in Ko-Technische Anforderungen. Der Markt of-                   rInnenstrecken empfiehlt sich die Anschaf-
operation mit dem Land NÖ und der ASFI-     feriert eine Vielzahl an verschiedenen Fahr-              fung eines schnellen e-Bikes (S-Pedelec).
NAG an drei Park&Drive-Stellen in Wr. Neu-  rädern, mit Vorderradantrieb, mit Mittelmo-
stadt West, Lanzenkirchen und Seebenstein   tor und auch solche mit Hinterradantrieb.                 Gute, funktionelle Kleidung. Helm, Brille,
eigens produzierte Radboxen aufgestellt.    Qualitativ hochwertige Fahrräder sind zu-                 Handschuhe, eine winddichte, sehr atmungs-
Ausgewählte Testpersonen hatten ein Jahr    meist mit Mittelmotor oder Hinterradantrieb               aktive und gut sichtbare Jacke.
die Möglichkeit, diese mit im Rahmen des    ausgestattet. Die Größe der Akkus entschei-
Vorhabens zur Verfügung gestellten e-Bikes  det über die Reichweite. Übliche PendlerIn-               Abstellplatz. Dieser sollte sowohl am
                                                                         nenstrecken bis              Arbeitsplatz als auch zu Hause sicher und
 Übliche PendlerInnenstrecken können problem- max. 15 km kön-                                         trocken sein. Das e-Bike muss versperrt
                                                                         nen problemlos               und der Akku bei gemäßigten Temperaturen
 los mit einer Akkuladung bewältigt werden.                              mit einer Akku-              geladen werden können.
                                                                         ladung bewäl-
zu testen. Dies wurde von den TeilnehmerIn- tigt werden. Ein Nachladen am Arbeitsplatz                Fahrradtasche oder Rucksack! Wasserdichte
nen sehr gut angenommen, alle angebote- ist somit nur in Ausnahmefällen erforderlich.                 Seitentaschen oder Rucksäcke gibt es in
nen Radboxen wurden genutzt. Aufgrund PendlerInnenfahrzeuge müssen verlässlich                        Fachgeschäften in großer Auswahl. Auch
des hohen Zuspruches konnte auch die Test- und damit qualitativ hochwertig ausgestat-                 Laptops können damit problemlos transpor-
phase verlängert werden. Im Forschungspro- tet sein. Das höhere Tempo und die gute Be-                tiert werden. ←
jekt „e-pendler in nö“ hatten PendlerInnen schleunigung verlangen nach guten Brem-

                                                                                                                UMWELT & energie 01|2016            13
→ nachhaltig MOBIL

                      Befragung von VerkehrsteilnehmerInnen
                                                                 Multifunktionaler Stadtraum

                           Partizipative
                                                Stadtentwicklung
           Die unmittelbar betroffenen Menschen müssen selbst davon überzeugt sein,
        dass nachhaltige Mobilitätsformen ihre Lebensqualität verbessern und das Einzel-
       individuum daraus unverzichtbare Vorteile erzielt. UMWELT & energie führte dazu ein
       Gespräch mit der Umwelt- und Gesundheitspsychologin Mag.a Dr. Cornelia Ehmayer.

U
           MWELT & energie: Die von Ih-
                                 kein aus-       Multimodale Routenplaner wie „AnachB“ erleichtern
                                 reichen-
           nen ins Leben gerufene STADT-
                                 des Ar-
           psychologie verfolgt das Ziel, die   die Kombination von verschiedenen Verkehrsmitteln.
                                 g um e n t
           Lebensqualität in Städten durch
                                 für einen Umstieg auf ein anderes Verkehrs- führt. Welche Ergebnisse konnten dabei er-
           professionelles Beteiligen der Be-
                                 mittel. Wichtig ist neben verkehrstechni- zielt werden?
völkerung zu erhöhen. Inwiefern sind parti-
                                 schen Maßnahmen ebenso der Faktor Mo- EHMAYER: Zum Zeitpunkt des Projektes –
zipative Verfahren eine optimale Methode,
                                 tivation, d. h. Menschen anzuregen, einmal im Jahr 2009 – war ein multimodaler Rou-
eine zukunftsfähige Mobilitätsplanung in
                                 etwas Neues auszuprobieren und beispiels- tenplaner, der verschiedene Verkehrsmittel
dicht besiedelten Räumen sowie deren Ein-
zugsgebieten umzusetzen?         weise das Fahrrad für den Arbeitsweg zu kombiniert, etwas ganz Neues. Wir haben
EHMAYER: Mobilität ist ein Thema, das alle
                                 nutzen. Ist die Erfahrung positiv, dann ist damals evaluiert, ob die Nutzung des multi-
Menschen betrifft. Die aktive Mitarbeit der
                                 ein wichtiger Schritt in Richtung neue Mo- modalen Routenplaners „AnachB“ zu einer
Bevölkerung an einem Mobilitätskonzept
                                 bilität gemacht. Generell kann gesagt wer- umweltfreundlicheren Verkehrsmittelwahl
hilft einerseits, das eigene Mobilitätsver-
                                 den, dass frühzeitiges Einbinden der Angst führt. Die STADTpsychologie war für die qua-
                                 vor Veränderungen entgegenwirkt und die litative Befragung im Rahmen einer Usabi-
halten besser zu verstehen und ermöglicht
                                 Menschen behutsam auf eine Verhaltens- lity-Testung verantwortlich und begleitete
andererseits verkehrsplanerische Vorschlä-
ge, die sich am Lebensalltag der Menschen
                                 änderung vorbereitet.                       und interviewte ein Team von rd. 40 Testper-
orientieren. Dieses Anknüpfen ist psycholo-                                  sonen über ein Jahr regelmäßig. Die Ergeb-
                                 U & e: Das Forschungsprojekt ITSworks, in nisse haben gezeigt, dass ein multimodaler
gisch unbedingt notwendig, da eine Verhal-
                                 das auch die STADTpsychologie eingebun- Routenplaner umweltfreundliches Verkehrs-
tensänderung nur dann beibehalten wird,
wenn sie sich in bestehende Routinen und
                                 den war, ging der Frage nach, ob die Nut- verhalten fördert, weil die Kombination von
Gewohnheiten integrieren lässt. Umwelt-
                                 zung des Routenplaners AnachB.at zu ei- verschiedenen Verkehrsmitteln vereinfacht
                                 ner umweltschonenden Verkehrsmittelwahl wird. Beispielsweise wird der Umstieg von
schutz alleine ist gerade beim Autofahren
                                                                                     der Straßenbahn auf das Fahrrad
Neben verkehrstechnischen Maßnahmen ist v. a. Motivation                             durch das Zeigen von Citybike-Stati-
                                                                                     onen leichter, der Umstieg vom Auto
erforderlich, um eine langfristige Verhaltensänderung zu erzielen. auf ein öffentliches Verkehrsmittel

14 UMWELT & energie 01|2016
Mag.a Dr. Cornelia Ehmayer
Das Mitwirken der Bevölkerung an Mobilitätskonzepten, ermöglicht verkehrs-
planerische Vorschläge, die sich am Lebensalltag der Menschen orientieren.

durch die Anzeige von Parkgaragen ebenso.    Erledigungen per pedes durchgeführt wer-      EHMAYER: Hier ist besonders die von mir

                                                                                                                                                  © EHMAYER (4)
Im Folgeprojekt von ITSworks, myITS, woll-   den und sind Orte des täglichen Bedarfs in    entwickelte Methode der „Aktivierenden
ten wir herausfinden, wie man einen Rou-     kurzen Distanzen zu erreichen, fördert das    Stadtdiagnose“ zu erwähnen. Diese kann
tenplaner optimal an Personen mit unter-     spontane Begegnungen und stärkt das Ge-       sowohl bei größeren Städten als auch klei-
schiedlichen Bedürfnissen anpasst. So ha-    meinschaftsgefühl. Ein weiterer, sehr reiz-   neren Gemeinden zur Anwendung kom-
ben ältere Menschen ganz andere Bedürf-      voller Zugang sich Städte anzueignen, ist     men. Im Wesentlichen hilft die Methode da-
nisse als jene, die mit Kleinkindern unter-  die stadtpsychologische Methode „Empi-        bei, die Zukunftspotenziale einer Kommune
wegs sind. Durch myITS ist es beispielsweise rischer Stadtspaziergang“: Wenn Orte, die     zu erkennen und eine zukunftsfähige Ge-
möglich geworden, sich neben der schnells-   man üblicherweise nur aus Autofahrer- oder    meindeentwicklung vorzubereiten. Die Vor-
ten Route, je nach Bedürfnissen wahlweise    Öffi-Perspektive kennt, einmal erwandert      gangsweise ist partizipativ angelegt und die
Apotheken, City-Bike-Stationen oder Büche-   werden, schärft das die Wahrnehmung für       Bewohnerinnen und Bewohner werden ak-
reien am Weg, einblenden zu lassen.          Potenziale und Probleme eines Raumes.         tiv eingeladen, an der Entwicklung der Zu-
                                             Um diese Art der Fortbewegung zu fördern,     kunftsperspektive ihrer Gemeinde mitzuar-
U & e: Das Zufußgehen erlebt in Städten braucht es aber zunächst einmal optimale           beiten. Die STADTpsychologie war zudem
derzeit eine Renaissance. Wie kann man Rahmenbedingungen: Wenn Räume nicht                 im Herbst 2015 an der Mobilitätsbefragung
diese natürlichste menschliche Bewegungs- attraktiv und sicher für Fußgängerinnen und      in einer NÖ Bezirkshauptstadt beteiligt und
                                                                       Fußgänger sind,     dort für die Aktivierung im Vorfeld zuständig.
 Zu Fuß gehen ist die natürlichste, aber auch                          sondern sich        Durch eine intensive direkte Kommunikation
                                                                       etwa neben ei-      mit der Bevölkerung, d. h. telefonische und
 die demokratischste aller Fortbewegungsarten. ner vielbefahre-                            persönliche Beratungen, konnte eine hohe
                                                                       nen, lärmbelas-     Beteiligung und ein hoher Rücklauf von Fra-
form für einen möglichst großen Teil der Be- teten Straße ohne Gehsteig befinden, lädt     gebögen erreicht werden. Aktuell arbeite ich
völkerung wieder attraktiv machen?           das kaum zum Gehen ein. Gibt es hingegen      an der Entwicklung eines Resilienz-Tests für
EHMAYER: Zu Fuß gehen ist nicht nur die eine einladende Fußgängerzone, einen Be-           Gemeinden, um herauszufinden, wie wider-
natürlichste, sondern auch die demokra- reich am Wasser oder mit Grünräumen, stei-         standsfähig die eigene Kommune gegen-
tischste aller Fortbewegungsarten: Es kos- gert das die Motivation, das Auto auch mal      über Krisen ist. ←
tet nichts und kann selbst von älteren oder stehen zu lassen.
sozial schwachen Personen ausgeübt wer-                                                    Mag.a Dr. Cornelia Ehmayer hat 2001 die STADTpsy-
den, sofern keine körperlichen Beeinträch- U & e: Gibt es auch Angebote von STADT-         chologie gegründet und seither zahlreiche partizipa-
tigungen vorliegen. Das Gehen fördert au- psychologie, die sich speziell an kleinere       tive Stadtentwicklungs- und Forschungsprojekte um-
                                                                                           gesetzt und begleitet.
ßerdem unmittelbare Interaktionen. Zudem Gemeinden bzw. Regionen richten und die-
haben fußgängerfreundliche Grätzel posi- se in ihrem Bestreben nach einer nachhal-
tive Effekte auf die Nachbarschaft: Können tigen Mobilitätsplanung aktiv unterstützen?     www.stadtpsychologie.at

                                                                                                        UMWELT & energie 01|2016            15
→ nachhaltig MOBIL

                                                Mobil
                                                  mit ISTmobil
         Im letzten Frühjahr startete ein neuartiges Anrufsammeltaxi erfolgreich im
 Bezirk Korneuburg. Nach sieben Monaten Betriebszeit konnten bereits über 9.650 bestellte
 Fahrten durchgeführt und mehr als 11.400 Personen befördert werden. Text: Marceline Martischnig

Ä
            ußerst flexibel. Das neue An-     Verkehrs-Landesrat Mag. Karl Wilfing beim     Callcenter-Hotline 0123/5004411 wird das
            ruftaxisystem (AST) fährt erst-   Startschuss des Pilotprojekts erfreut.        Fahrzeug bestellt. Fahrten vor 14.00 Uhr wer-
            mals in Niederösterreich über                                                   den innerhalb von 30 Minuten nach der ge-
            Gemeindegrenzen und auch            Einfache Nutzung. Die fünf bestehenden      wünschten Abfahrtszeit durchgeführt, nach
            zu Bahnhöfen außerhalb des          Anrufsammeltaxi-Systeme, die es bereits in  14.00 Uhr sowie sonn- und feiertags spä-
Bezirks sowie zu Haltestellen der Wiener        diesem Bezirk gab, wurden in das neue Sys-  testens innerhalb von 60 Minuten. ISTmobil
Linien.­17 Gemeinden des Bezirks Korneu-        tem des ISTmobils integriert. Gegenüber ei- ist zu fixen Betriebszeiten, an allen sieben
burg nehmen an dem Pilotprojekt unter dem       nem herkömmlichen AST besteht der Vorteil   Wochentagen, zu attraktiven Tarifen unter-
                                                                               darin, dass  wegs. Die Betriebszeiten orientieren sich an
 In der Region werden rd. 800 Sammelhaltepunkte die Kosten                                  den Nutzungserfordernissen, d. h. Montag
                                                                               für die Ge-  bis Donnerstag fährt das ISTmobil von 6.00
 von den ISTmobil Fahrzeugen angefahren.                                       meinde von   bis 22.00 Uhr und freitags von 6.00 bis 24
                                                                               Anfang an    Uhr. Am Wochenende startet der Betrieb in
Titel „ISTmobil Bezirk Korneuburg“ teil. In der genau kalkuliert und durch eine verstärk-   der Früh erst um 8.00 bzw. 9.00 Uhr: Sams-
Region werden insgesamt knapp 800 Sam- te Nachfrage bzw. höhere Fahrgastanzahl              tags sind die Wagen bis 24.00 Uhr in Betrieb,
melhaltepunkte von den ISTmobil Fahrzeu- günstiger werden. Das Service steht allen          sonn- und feiertags – die Zeiten an denen
gen angefahren. Die Stationen wurden zu BürgerInnen der betroffenen Region sowie            das Angebot am wenigsten angenommen
Projektbeginn von der Betreibergesellschaft auch Gästen zur Verfügung. Im Unterschied       wird – endet der Betrieb um 18.00 Uhr.
und den teilnehmenden Gemeinden defi- zu ähnlichen Mikromobilitätsprojekten kann
niert und nach der ersten Evaluierung nach ISTmobil ohne Vereinsmitgliedschaft oder Attraktive Preise. Die Tarife von ISTmobil
drei Monaten kundenfreundlich bereits um andere Zugangsbeschränkungen frei ge- orientieren sich an den bestehenden Kosten
acht Haltepunkte erweitert. „Der enorme Vor- nutzt werden.                                  für den öffentlichen Verkehr. Ab zwei Fahr-
teil besteht darin, dass erstmals ein ganzer                                                gästen wird zudem eine Gruppenermäßi-
Bezirk ein gemeinsames System hat und da- Fixe Betriebszeiten. Die Nutzung von IST- gung angeboten. Die automatische Bünde-
rüber hinaus sogar Haltepunkte – wie Stra- mobil ist einfach: Unter einer einheitlichen lung einer speziellen Dispositionssoftware
ßenbahnstationen in Wien – angefahren
werden. Damit hat Korneuburg neben den                                     ISTmobil kann ohne Vereinsmitgliedschaft
Linien des öffentlichen Verkehrs auch ein at-
traktives Angebot in der Fläche“, zeigte sich       oder andere Zugangsbeschränkungen frei genutzt werden.

16 UMWELT & energie 01|2016
Das Angebot besteht für alle BürgerInnen der Region sowie auch für Gäste.

ermöglicht die Erhöhung des Besetzungs-       gewählte Bahnhöfe zwischen 6.00 und 9.00 schaft und Tourismus. Neben Haltepunkten

                                                                                                                                                  © GOODLUZ - FOTOLIA.COM, JACKF - FOTOLIA.COM, WAVEBREAKMEDIAMICRO - FOTOLIA.COM, ISTMOBIL GMBH
grads und infolgedessen die Einsparung        und von 13.00 bis 20.00 Uhr für die Heim- des öffentlichen Interesses, wie Gemeinde-
jeder zehnten Fahrt und deren CO2-Emissi-     fahrt, werktags von Montag bis Freitag, zum ämter oder Sportanlagen, können auch an-
onen. Hier gäbe es laut Projektleiterin Do-   Verbundtarif an. Es werden die Bahnhö- sässige Gastronomie- sowie Handelsbetrie-
ris Hahn auch noch Steigerungspotenzial.      fe Absdorf-Hippers-
Für die Fahrgäste kann sich dadurch bei ei-   dorf, Korneuburg, La-     Alle ISTmobil Standorte sind auch im Ärzte-
ner Wegstrecke von fünf Kilometern ein Um-    dendorf und Stocke-
weg von bis zu sechs Minuten ergeben. Kon-    rau sowie die Stra-          folder des Bezirks Korneuburg angeführt.
kret zahlt man, wenn man alleine fährt, für   ßenbahnhaltestellen
die ersten fünf Kilometer vier Euro, bei bis zu
                                              Stammersdorf und Strebersdorf in Wien an- be – nach Absprache mit der Standortge-
zehn Kilometern acht Euro etc. Bei zwei bzw.  gefahren. Für mobilitätseingeschränkte Per- meinde – Haltepunkte in der Nähe bekom-
drei Fahrgästen reduziert sich der Preis für  sonen bietet ISTmobil ebenfalls eine be- men. Seit Beginn 2016 liegen bei allen teil-
eine Strecke von bis zu fünf Kilometern auf   darfsgerechte Lösung: Sofern diese eine nehmenden ÄrztInnen und Apotheken des
€ 3, bei vier MitfahrerInnen auf € 2,20 pro   mobilCard besitzen und die Zustimmung der Bezirks Korneuburg und natürlich auch beim
                                                       Heimatgemeinde eingeholt haben, Bürgerservice Ärztefolder auf. Diese beinhal-
 Die Betriebszeiten orientieren sich können sie für die Wohnadresse ei- ten neben den Standorten der Arztpraxen
                                                       nen virtuellen Sammelhaltepunkt auch den jeweils nächstgelegenen ISTmobil
 an den Nutzungserfordernissen.                        anfordern und somit direkt von Sammelhaltepunkt.
                                                       zuhause abgeholt bzw. retour ge-
Person. Die meisten Fahrten liegen innerhalb bracht werden.                                  Kostenlose App. Um die Haltestellensuche
der Fünf-Kilometer-Grenze und werden von                                                     und die Fahrtbuchung noch einfacher zu ge-
acht lokalen Taxiunternehmen, die 14 Fahr- Anschluss an den überregionalen Ver- stalten, bietet ISTmobil ebenfalls seit 2016
zeuge im Einsatz haben, durchgeführt.         kehr. Die meisten Fahrten sind in den Städ- eine kostenlose App für IOS und Android an.
                                              ten Korneuburg und Stockerau zu verzeich- Diese ist über die App Stores zu beziehen
Weitere Serviceleistungen. Zusätzlich wer- nen. Das ist darauf zurückzuführen, dass und für alle SmartphonebesitzerInnen eine
den von der ISTmobil GmbH weitere Service- diese Gemeinden bereits ein Anrufsammel- attraktive Serviceerweiterung. Mit ISTmobil
leistungen angeboten. Dazu gehören unter taxi hatten und die Bevölkerung bereits die wurde für die BürgerInnen im Bezirk Korneu-
anderem die mobilCard und das Pendler- Handhabung gewohnt ist. Zudem werden burg ein flächendeckendes Mobilitätsservice
Abo für Berufstätige außerhalb und inner- diese Bahnhöfe am häufigsten nachgefragt – geschaffen. ←
halb der Region. Die mobilCard bietet u. a. das ISTmobil dient hier, wie konzipiert, als Zu-
die bargeldlose Abrechnung der getätig- und Abbringer vom überregionalen Verkehr.            DI Marceline Martischnig hat Landschaftsplanung
ten Fahrten am Monatsende und ist auch in                                                    studiert und ist im Mobilitätsmanagement Weinvier-
übertragbarer Form erhältlich. Eine mobil- Umwelt, Wirtschaft und Tourismus. Vom tel tätig.
Card ist auch die Voraussetzung für die Teil- neuen Anrufsammeltaxi profitieren nicht nur
nahme am Pendlerabo. Dieses bindet aus- BürgerInnen, sondern auch Umwelt, Wirt- www.istmobil.at

                                                                                                            UMWELT & energie 01|2016       17
→ nachhaltig MOBIL

   Neue Mobilitätsangebote
                                                                                          erobern die Welt
                                    Mobil zu sein assoziieren viele Menschen mit Freiheit und Flexibilität.
                            Doch der motorisierte Individualverkehr hat auch seine Schattenseiten wie
                          erhöhtes Verkehrs- und Emissionsaufkommen. Innovative Lösungen für eine
                                            flexible Fortbewegung ohne eigenes Auto liegen daher im Trend.

C
            arsharing. Die gesellschaftliche    zelnen FahrerInnen bereits unter 12.000 Jah-   densfall inbegriffen. Um Kosten, Emissionen
            Entwicklung der „Share Econo-       reskilometern rechnet.                         und Platz zu sparen, setzen viele Regionen
            my“ bietet ein enormes Potenzial:                                                  in Zusammenarbeit mit Carsharing-Anbie-
            Der Trend geht weg vom Besitzen, Variantenreich. Das Prinzip des „Autotei-         tern auf das Modell des „Autoteilens“. Dazu
            hin zum Teilen. Im Bereich der   lens“ findet sich sowohl im privaten wie im       kommen immer mehr e-Carsharing Systeme
Mobilität beispielsweise ist das so genann-  öffentlich kommerziellen Bereich wieder.          in Gemeinden, die in geschlossenen Nutze-
te Carsharing äußerst beliebt. In Niederös-  Während im ersten Fall Privatpersonen an-         rInnengruppen e-Autos teilen und Caruso
terreich findet man in fast jedem Haushalt   deren ihr Auto zur Verfügung stellen, verlei-     oder ibiola als Buchungssoftware nutzen.
                                                                            hen im zwei-       Das Fahrzeug wird nach Registrierung mit ei-
 Ein Carsharing-Auto rechnet sich für die einzel-                           ten Fall Car-      ner Chipkarte geöffnet. Kommerzielle Anbie-
                                                                            sharing-An-        ter überlassen ihren Kunden und Kundinnen
 nen BenutzerInnen bereits unter 12.000 km/Jahr.                            bieter Fahr-       die Autos rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr,
                                                                            zeuge in ver-      an fixen Standorten wie Tiefgaragen oder ei-
mindestens ein Auto, auf 1.000 Einwohner­ schiedenen Ausführungen an ihre Kundin-              gens dafür angemieteten Parkplätzen. Ein
Innen kommen somit mehr als 800 Pkws. nen und Kunden. Über Plattformen können                  dichtes kommerzielles Carsharing-Netz gibt
Die meiste Zeit des Tages stehen diese al- sich mehrere Personen ein Auto teilen oder          es bisher nur in größeren Städten. Car2Go
lerdings ungenutzt auf einem Parkplatz und sich zusammenschließen, um gemeinsam                bietet sein Service in Wien an, Flinkster in
verursachen dabei Kosten. Wer also auf ein ein Fahrzeug zu kaufen. Etwas anders funkti-        Wien, Graz und Salzburg und Carsharing.at
eigenes Auto bzw. Zweitauto verzichtet, fin- oniert das Modell von www.carsha-
det in Carsharing-Modellen eine kosten- ring247.com, wo AutobesitzerInnen                  Mitfahrbörsen im Internet sind
günstige und umweltschonende Alterna- ihre Pkws für bestimmte Fahrten
tive. Gerade e-Carsharing, also das Teilen zu festgelegten Preisen vermieten.         praktisch und leicht zu bedienen.
von Elektroautos, erlebt gerade eine rasan- Zudem sind individuell festgelegte
te Entwicklung in diesem Bundesland. Eine oder vorab bestimmte Preise zu gefahrenen sogar österreichweit. In NÖ existieren verein-
Studie des VCÖ besagt, dass ein Carsharing- Kilometern, Vignetten etc. zu entrichten. Die zelt auch Standorte von Carsharing.at oder
Auto bis zu acht Privat-Pkws ersetzen kann Schlüsselübergabe findet persönlich statt. In Zipcar, allerdings nur an zentralen Verkehrs-
und sich bei geeigneter Nutzung für die ein- beiden Fällen ist die Versicherung im Scha- knotenpunkten wie Bahnhöfen.

18 UMWELT & energie 01|2016
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