Märchenschloss Giessbach - Fondation Franz Weber

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Märchenschloss Giessbach - Fondation Franz Weber
unabhängig | unerschrocken | kompromisslos

Januar | Februar | März | Nr 95 | Fr. 5.– | AZB/P.P. Journal 1820 Montreux 1 | Postcode 1

    Märchenschloss
    Giessbach
 Zootiere                                         Stierkampf                                    Die kleine Ecke,
 Spiele am Abgrund                                Kommt die Wende aus Südamerika?               die niemand liest:
                                                                                                Stromproduktion durch Sport
                                    7                                       15                                        24

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Märchenschloss Giessbach - Fondation Franz Weber
Fondation Franz Weber: ein Begriff für wirksamen Tier- und Umweltschutz

Zugunsten
der Tiere und
der Natur
Unsere Arbeit
ist eine Arbeit im Dienste der Allgemeinheit.
Die Tätigkeit der FFW wird durch die Überzeugung motiviert, dass
auch die Tiervölker als Teile der Schöpfung ein Anrecht auf Existenz
und Entfaltung in einem dafür geeigneten Lebensraum haben, und
dass auch das einzelne Tier als empfindendes Wesen einen Wert
und eine Würde besitzt, die der Mensch nicht missachten darf. In
ihren Schutz- und Rettungskampagnen für unversehrte Landschaf-
ten und verfolgte und gequälte Tiere ist die Stiftung unermüdlich
bestrebt, immer wieder die Verantwortung des Menschen für die
Natur zu wecken und den Tieren und Tiervölkern in der menschli-
chen Rechtsordnung eine Stellung zu verschaffen, die ihnen Schutz,
Recht und Überleben sichert.

Um weiterhin ihre grossen Aufgaben im Dienste von Natur und Tier-
welt erfüllen zu können, wird die Stiftung Franz Weber immer auf die                       Wenn alle Stricke reissen, wenn alles
Grosszügigkeit hilfsbereiter Menschen zählen müssen. Als politisch
unabhängige, weder von Wirtschaftskreisen noch durch staatliche
                                                                                        vergeblich scheint, wenn man verzweifeln
Zuwendungen unterstützte Organisation ist sie auf Spenden, Schen-                      möchte über die Zerstörung der Natur und das
kungen, Legate, usw. angewiesen. Die finanziellen Lasten, die die
Stiftung tragen muss, werden nicht leichter sondern immer schwe-                         Elend der gequälten und verfolgten Tiere,
rer – entsprechend dem unaufhaltsam wachsenden Druck auf Tier-                           dann kann man sich immer noch an die
welt, Umwelt und Natur.
                                                                                             Fondation Franz Weber wenden.
Steuerbefreiung
Die Fondation Franz Weber ist als gemeinnützige Institution von der
Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie von den direkten Staats-
                                                                                             Sie hilft oft mit Erfolg auch in scheinbar
und Gemeindesteuern befreit. Zuwendungen können in den meis-                                          hoffnungslosen Fällen ...
ten Schweizer Kantonen von den Steuern abgezogen werden.

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Märchenschloss Giessbach - Fondation Franz Weber
Nr 95 Januar | Februar | März 2011
                                                                                                                                                        JFW | Editorial                       3

                                                                                                         Tiere
                                                                                            Kommunikation mit den Tieren Neue Disziplin der Veterinärmedizin                                  >> 4
                                Franz Weber, Chefredaktor                                   Zoos und Tierparks Gehören nicht ins 21. Jahrhundert                                               >>7
                                                                                            Stierkampf Kommt die Wende aus Ecuador?                                                           >>15
Liebe Leserinnen, liebe Leser
                                                                                            Australien Die Rettung der Kimberley-Wildpferde                                                   >>17
Wie in jedem anderen Land sind auch in unserem Land der schwarzen Schafe viele –            Zugvögel am Col de l’Escrinet Freier Pass für die Ringeltauben                                    >>22
man denke nur an die Horden von Spekulanten, die sich in den Kopf gesetzt haben,
unser Mittelland in ein Betonland zu verwandeln, die unsere Alpentäler und Berghän-
ge verspekulieren und verzementieren, und die nun auch noch unsere letzten unver-
                                                                                                        Schweiz
bauten Landschaften und sogar unsere Wälder der Industrialisierung durch Windkraft-         Windkraftturbinen Eine hoch umweltfeindliche Technologie                                          >> 9
maschinen, mit anderen Worten dem überbordenden Energieverbrauch und der                    Kampfjetlärm im Berner Oberland Die Verteidigung geht weiter                                     >> 12
hemmungslosen Stromverschwendung opfern wollen, – man denke auch an die
zunehmende Gewalttätigkeit, den Alkoholismus und die Drogensucht zahlloser
Jugendlicher. Aber das alles ist nicht wirklich die Schweiz, obwohl es zur Schweiz
                                                                                                        Natur
gehört.                                                                                     Landschaft und Traum Wie die Natur unseren Schlaf beeinflusst                                     >>24
Was die Schweiz ausmacht, ist das, was Bestand hat. Und was Bestand hat, ist nicht
nur das Matterhorn, der schönste Berg der Welt, nicht nur die herrliche Jungfrau und                     Gesellschaft
der ganze grandiose Alpenkranz mit seinem Firnenlicht. Das ist auch – und vor allem –
unsere Staatsform, auf die wie stolz sein können. Das ist unsere direkte Demokratie.        Vor 50 Jahren in Paris Bruno Coquatrix, König des Music-Hall                                     >> 27
Das ist unsere 720jährige Geschichte.                                                       Die Leser haben das Wort                                                                         >> 32
Welches Land kann sich einer solchen Geschichte rühmen?! Wir haben allen Grund,
unser Land zu lieben, trotz seiner, fast möchte ich sagen, notgedrungenen Mängel. Wir                    JFW plus
können stolz sein auf das, was die Schweiz in ihrem 720jährigem Bestehen hervorge-
                                                                                            Die kleine Ecke, die niemand liest                                                               >> 26
bracht hat. Heben wir aus dieser Fülle nur das eine hervor: die Schweiz hat der Welt
                                                                                            Grand V – die vegetarische Palette                                                               >> 36
das Rote Kreuz geschenkt, die bis heute vornehmste Errungenschaft der Menschheit.
                                                                                            Giessbach-Saisonprogramm 2011                                                                    >> 39
Die Stimme der Schweiz hat in der ganzen Welt einen unverkennbaren Ton. Auf jedem
Gebiet, sei es in der Malerei, der Musik, der Dichtung, der Philosophie oder Theologie,
sei es in der Technik, ja selbst im Sport, im Film, hat die Schweiz ihren Mann und sehr
oft auch ihre Frau gestellt. Im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl, stellt sie sogar die
meisten Nobelpreisträger der Welt!
Wir könnten in hunderten, ja tausenden von Zahlen schwelgen, wollten wir uns hier
die Liste der berühmten Schweizer vornehmen. Doch wir wollen uns nicht rühmen, nur
einmal ganz einfach stolz sein auf die Vielseitigkeit, Vielschichtigkeit, Verschiedenar-
tigkeit unserer Bevölkerung, stolz auf unsere vier Landessprachen, stolz auf unsere 23                                                                                    Schluss mit
Kantone, stolz auf die Schönheit unserer Natur und unserer Landschaften, stolz auf
das Herz Europas. Die Schweiz ist nicht nur das geographische Herz Europas, sie ist
                                                                                                                                                                          uferlosem
auch das Herz der Freiheit Europas.                                                                                                                                       Bau von
Aus all diesen Vorzügen ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass wir nicht nur stolz sein                                                                                 Zweit-
dürfen auf unser Land, sondern dass wir auch für unser Land noch und noch kämpfen                                                                                         wohnungen.
müssen: für und um unsere letzte noch intakt gebliebene Natur. Wenn wir nicht sofort
Halt rufen und unser Halt landesweit durchsetzen, ist es um die in der ganzen Welt
berühmte landschaftliche Schönheit und Einzigartigkeit der Schweiz geschehen, dann
                                                                                                                                                                          JA
droht uns schon morgen oder übermorgen nicht nur die Verödung unserer Täler und
Berge, sondern auch, vom Genfer- bis zum Bodensee, das fratzenhafte Gesicht einer                                                                                         zur Initiative!
einzigen Stadt!
Einmal mehr ist es unsere viel beneidete Staatsform, die es uns Bürgern und Bürgerin-                                               Impressum
nen erlaubt, selber in ein verderbliches Geschehen einzugreifen: im vorliegenden Fall
                                                                                             Herausgeber: Franz Weber für die Fondation Franz Weber und Helvetia Nostra
dank der erfolgreichen Landschaftsinitiative und unserer ebenso erfolgreichen Initiati-
                                                                                             Chefredaktor: Franz Weber
ve “Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen” – deren Abstimmungsdaten                   Redaktion: Judith Weber, Walter Fürsprech,Vera Weber, Alika Lindbergh
unaufhaltsam näher rücken…                                                                   Druck: Ringier Print Adligenswil AG
                                                                                             Layout: Vera Weber und Ringier Print
Es ist meine Bitte an Sie, liebe Leserinnern und Leser, schon heute in Ihrem Freundes-
                                                                                             Redaktion und Administration: Journal Franz Weber, case postale, CH-1820 Montreux (Schweiz),
und Bekanntenkreis für ein wuchtiges Ja zu diesen beiden Initiativen zu werben.              e-mail: ffw@ffw.ch, www.ffw.ch, Tel. 021 964 24 24 oder 964 37 37. Fax: 021 964 57 36.
Unser gemeinsamer Kampf ist ein Kampf für uns selbst und für die Zukunft unserer             Abonnements: Journal Franz Weber, Abonnements, case postale,1820 Montreux.
Kinder !                                                                                     Tel. 021 964 24 24 oder 964 37 37

                                                                             Franz Weber     Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck von Fotos oder Texten nur mit Genehmigung der Redaktion. Für unver-
                                                                                             langt eingesandte Manuskripte oder Fotos kann keine Verantwortung übernommen werden.
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4   JFW | Tiere                                                                                                               Nr 95 Januar | Februar | März 2011

Telepathie mit Tieren
■   Alika Lindbergh

Eine großartige neue Disziplin      bediente, um mit Patterson zu               zen, um durch Koko verstehen                 anderen Fähigkeiten zur Kom-
der Veterinärmedizin bricht         kommunizieren, musste die                   zu lernen, was den Geist eines               munikation verkümmern ließ
sich Bahn: die Kommunikati-         Wissenschaftsgemeinde offi-                 Gorillas ausmacht, worin sei-                oder aufgab), fiel ihm nicht
on mit den Tieren.                  ziell anerkennen, dass Tiere                ne Gedanken und nicht zuletzt                nur das Lügen leichter; er
                                    des Denkens mächtig sind und                seine Seele bestehen.                        trennte sich damit auch end-
König Salomo, so will es die        sogar ein Seelenleben besit-                                                             gültig von den anderen leben-
Legende, „…redete mit dem           zen. Tierfreunde wussten das                Tierbeobachtungen lassen kei-                den Arten und kommunizierte
Vieh, den Vögeln und den Fi-        natürlich längst, doch welche               nen Zweifel daran, dass Tiere                nur noch mit den Vertretern
schen“. Wer von uns, liebe          Befriedigung lag darin, allen               nicht nur denken, sondern                    seiner eigenen stammelnden
Tierfreunde, hat nicht schon        Betonköpfen den Mund end-                   nachdenken, und dass der                     Spezies. Darin lag kein Fort-
davon geträumt, es ihm gleich-      lich mit „wissenschaftlich be-              Geist, der ihre kleinen oder                 schritt sondern im Gegenteil
zutun? Wirklich mit Tieren zu       wiesenen“ Argumenten stop-                  großen Körper beseelt, genau                 ein unschätzbarer Verlust, den
sprechen, vor allem jedoch die      fen zu können!                              wie beim Homo sapiens die                    wir immer dann schmerzlich
Antworten zu verstehen, die                                                     Essenz ihres Wesens aus-                     empfinden, wenn unser Haus-
sie uns zu geben versuchen          Nichtsdestotrotz hat sich das               macht.                                       tier krank ist und wir es drin-
und – mehr noch – endlich zu        faszinierende      Experiment                                                            gend fragen möchten, was ihm
erfahren, was sie denken? Die       dann sonderbarerweise darauf                Als der Mensch eine artikulier-              fehlt. Welcher gute Tierarzt
Gedanken zu kennen, die im          beschränkt, Koko nur die aller-             te Sprache entwickelte, die zu               hat sich nicht schon sehnlich
Geist unserer Katze oder unse-      simpelsten, einfältigsten Fra-              seinem bevorzugten Verstän-                  gewünscht, seinen Patienten
res Kanarienvogels schlum-          gen zu stellen, anstatt die ein-            digungsmittel werden sollte                  direkt befragen zu können,
mern oder tanzen, oder im           zigartige Gelegenheit zu nut-               (so sehr, dass er darüber alle               statt sich an dessen aufgeregt
Geist des Pferdes, das uns aus
seinen wunderbaren dunklen
Augen ruhig und voll beredter
Sanftmut anschaut?

Wer von uns hat noch nie die
Pferdeflüsterer beneidet? Und
wer von uns hat noch nie ein
Tier, dessen sprechender Blick
ihm bis auf den Grund der See-
le drang, gefragt: „Was willst du
mir sagen?“ Und mag unser
Vertrauen in die Macht der
Liebe auch noch so groß sein –
wie enttäuschend ist es in sol-
chen Momenten, die Antwort
nur vermuten zu können, oder
schlimmer – sie erfinden zu
müssen?

Verpasste Chance
Als die Verhaltensforscherin
Penny Patterson dem Gorilla-
weibchen Koko die Sprache
der Taubstummen beibrachte
und Koko sich dieser Sprache
dann ganz selbstverständlich        Tiere sprechen nicht mit Worten und schreiben keine Briefe. Aber sie lesen unsere Gedanken.
Märchenschloss Giessbach - Fondation Franz Weber
Nr 95 Januar | Februar | März 2011
                                                                                                                     JFW | Tiere       5

stotternden Besitzer wenden          mitzuteilen, so fürchten wir        scheinlich auch unsere Urur-        Kriegsgeschehen und insbe-
zu müssen, der zu keiner             nur allzu oft, dass wir uns die     ahnen vor der Existenz der ge-      sondere für Spionagezwecke
brauchbaren Auskunft fähig           Nachricht einbilden, sie uns        sprochenen Sprache nutzten.         einzusetzen).
ist?                                 nur ausdenken, dass wir das         Die Telepathie ist es, die unse-
                                     Tier „vermenschlichen“, und         rem tierischen Gefährten            Ungeahnte Möglichkeiten
Eine cartesianische Angst            diese cartesianische Angst ver-     gleich einem natürlichen Tele-      Immer dringlicher stellt sich
Es ist schon immer meine             stärkt noch unsere parapsy-         fon mitteilt, dass wir gerade       indessen die Frage, warum
(durchaus persönliche) Ûber-         chische Unfähigkeit.                auf dem Rückweg nach Hause          man die Telepathie nicht
zeugung gewesen, dass unsere                                             sind, und die Botschaft ist für     längst dazu benutzt, die Per-
sogenannt „geringeren Brü-           Der verschüttete                    ihn ebenso klar wie für uns ein     spektiven zu erforschen, die
der“ uns in vielerlei Hinsicht       sechste Sinn                        Telefonanruf. Also legt er sich     sie uns in Hinsicht auf unsere
deutlich überlegen sind. Je-         Ohne Zweifel versteht das           an die Wohnungstüre, um auf         Beziehungen zur Tierwelt er-
denfalls lässt sich nicht leug-      Tier, dass unser Geist, anders      uns zu warten, und sorgt sich       öffnet. Und oh Wunder! End-
nen, dass Menschen, die mit          als der seine, unter einer mehr     nicht länger. Die Telepathie ist    lich, ENDLICH ändert sich
Tieren leben und sie ohne Vor-       oder weniger ausgeprägten           es auch, die ihn erkennen           das! ENDLICH zeichnet sich
urteile, dafür aber mit Liebe        Taubheit leidet, und ist darü-      lässt, dass wir einen Kummer        ein wirklicher Fortschritt ab!
und Respekt beobachten, un-          ber ebenso betrübt wie wir.         verbergen, und während kei-         Zaghaft noch, aber stetig ent-
fehlbar zur Erkenntnis gelan-        Doch auch wenn wir nur hie          ner unserer Nächsten etwas          wickelt sich derzeit eine neue
gen, dass sie uns sehr gut ver-      und da erfassen, was es uns sa-     ahnt, schmiegt er sich an uns,      paraveterinäre Disziplin: der
stehen, und dies mitunter so-        gen möchte, wird es niemals         um uns zu sagen: „Ich bin da!“      Beruf des Tierkommunika-
gar auf ganz erstaunliche Art        aufgeben und sich uns immer         Und diese wundervolle Fähig-        tors.
und Weise, sei es über unsere        wieder aufs Neue mitteilen in       keit ist es auch, die ihm Ein-
Worte (die sie rasch wiederer-       der Sprache der Seele. Denn         blick in die verborgensten Ge-      Vor wenigen Jahren erst erfuh-
kennen und deren Sinn sie be-        ihm ist sehr wohl bewusst,          danken eines Besuchers ge-          ren wir in Fernsehreportagen
greifen), sei es durch die au-       dass wir über diesen außer-         währt und ihn erkennen lässt,       von den ersten Gehversuchen
ßersinnliche Wahrnehmung,            sinnlichen Kanal, den wir           ob sich dieser in guter oder in     einer in der Veterinärmedizin
mit der sie die Bedeutung un-        manchmal als Intuition be-          böser Absicht nähert, ganz          sporadisch genutzten Praxis,
serer Rede erfassen.                 zeichnen, miteinander „spre-        gleich, was er vorgibt…             die vor allem in Belgien zum
                                     chen“ könnten; für das Tier ist                                         Einsatz kommt, wenn es da-
Tiere können ohne jeden              der sechste Sinn etwas ganz         Jeder Tierfreund macht frü-         rum geht, den Tierarzt im Fal-
Zweifel unsere Gedanken le-          Natürliches, und hätte unser        her oder später die Erfahrung       le von Schwierigkeiten bei der
sen. Uns hingegen gelingt dies       evolutionärer Sonderweg ihn         von der außerordentlichen           Diagnose bestimmter Tier-
kaum. Auf ähnliche Weise, wie        nicht tief in uns verschüttet       Hellsichtigkeit seiner tieri-       krankheiten zu unterstützen,
wir uns einem schwerhörigen          und uns dadurch auf Erden           schen Begleiter, und es ist inte-   die umso komplexer sein kön-
Mitmenschen gegenüber ver-           sehr allein gelassen, dann wä-      ressant, dass sich dieses Phä-      nen, als sie, wie beim Men-
halten würden, kompensieren          re er das auch für uns…             nomen auch bei Pflanzen be-         schen, von psychosomati-
Tiere unseren Mangel durch                                               obachten lässt. Denn wie die        schen Faktoren abhängen mö-
Mimik, Gebaren und Gestik            Hoffnungslos verschüttet, un-       Studien hochqualifizierter For-     gen.
und mit allerlei ausdrucksstar-      ser sechster Sinn? Nicht sicher.    scher ergeben haben, besitzen
ken Lauten. Manchmal aber            Es bleibt uns ein Weg der Kom-      auch Pflanzen eine untrügli-        Mit Hilfe telepathischer Kom-
auch, und sogar vor allem, in-       munikation, wir müssen ihn          che Wahrnehmungsfähigkeit           munikation mit den Tieren
dem sie uns ansehen, denn sie        nur wiederfinden, wiederbele-       für die Absichten der sich ih-      lässt sich häufig das mühsame
wissen sehr wohl, wie dies           ben, wiederherstellen, so wie       nen nähernden Menschen              Herantasten an die Krankheit
auch die Sensibelsten unter          wir dies mit einem verletzten       und „wissen“, ob letztere sie       vermeiden, das die Heilung oft
uns wissen, dass die Augen die       und vorübergehend gelähm-           pflegen oder zerstören wollen.      verzögert oder beeinträchtigt.
Fenster der Seele sind.              ten Körperglied tun würden:                                             Tierärzte wie Anne Evans in
                                     es ist die Telepathie, diese Aus-   Die Telepathie, die insbeson-       Belgien sind entweder selbst
Trotzdem sind wir leider auch        drucksmöglichkeit aus der           dere am berühmten Rhine Re-         telepathisch tätig (vorausge-
bei einem geliebten Wesen,           Tiefe der Zeiten, diese Fähig-      search Center in Durham USA         setzt, sie besitzen die Bega-
das uns so nahe steht wie un-        keit, von der manche von uns        eingehend erforscht wird, ist       bung dafür und haben sie wei-
ser Hund, niemals ganz sicher,       (bewusst oder unbewusst)            die einzige außersinnliche Fä-      terentwickelt) oder bedienen
ob wir seine wortlose Bot-           noch einen Teil in ihrem In-        higkeit, die von der offiziellen    sich eines Mediums, um das
schaft tatsächlich begriffen ha-     nersten bewahrt haben.              Wissenschaft weder abgelehnt        erkrankte Tier zu befragen.
ben. Wenn ein Hund uns mit                                               noch geleugnet wird – was so
seinem treuen Blick tief in die      Wie ein                             weit geht, dass man sich sogar      Die Ergebnisse sind verblüf-
Augen schaut und ganz offen-         natürliches Telefon                 in den Labors der Kriegsindus-      fend, da sie nicht nur einmal
sichtlich versucht, uns etwas        Gemeinhin nutzen alle Tiere         trie intensiv mit ihr beschäftigt   mehr den Beweis dafür erbrin-
unmittelbar von Geist zu Geist       die Telepathie, so wie sie wahr-    (freilich in der Absicht, sie im    gen, dass Kommunikation oh-
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6     JFW | Tiere                                                                                          Nr 95 Januar | Februar | März 2011

ne Worte funktioniert, son-         derheit des telepathischen         tigt, das (leider sehr schlecht)   blieb. Kim Sheridans Buch, das
dern auch, dass die Antworten       Austauschs wird im Übrigen in      aus dem Amerikanischen ins         eine Reihe von Zeugnissen
der Tiere von Vernunft und ei-      Science-Fiction-Werken aus-        Französische übersetzt wor-        über das Weiterleben der Tier-
ner oftmals erstaunlichen In-       giebig ausgekostet, wenn E.T.      den ist. Die Autorin, Kim She-     seele enthält, stellt das Offen-
telligenz zeugen.                   und andere kleine grüne            ridan, scheint eine außerge-       sichtliche klar heraus: Da die
                                    Männchen die Gedanken von          wöhnliche Persönlichkeit zu        Telepathie, die es gestattet, mit
Natürlich ist Vorsicht geboten,     Menschen und Außerirdi-            sein: davon zeugen ihr Ver-        Tieren zu kommunizieren
es gilt, sich gut zu informieren,   schen in alle erdenklichen         ständnis für Tiere und ihre        (und sie zum Beispiel nach ih-
bevor man einem Kommuni-            Dialekte übersetzen. Die uns       vorbehaltlose Liebe zu ihnen       ren Empfindungen zu fragen),
kator sein Vertrauen schenkt:       etwas näheren Amazonas-In-         ebenso wie der Weg, den sie        ein Austausch von Geist zu
Schließlich besteht die Mög-        dianer pflegen zum Beispiel        mit ihren Schriften und Konfe-     Geist ist, kann man sich ihrer
lichkeit, dass dessen Gaben         ihre Besucher zu berühren          renzen, die in den USA auf gro-    auch dann noch bedienen,
nur unzureichend entwickelt         oder ihnen tief in die Augen zu    ßes Interesse stoßen, für eine     wenn der Geist seine sterbli-
sind und er das ihm Mitgeteil-      schauen, um ihre Gedanken          bessere Kommunikation mit          che Hülle bereits verlassen
te schlecht übersetzt. Vor al-      und damit ihre wahren Ab-          Tieren ebnet. Die Gründerin        hat. Ein qualifizierter Kommu-
lem jedoch darf man dabei           sichten zu ergründen.              des „Compassion Circle“, der       nikator kann folglich Antwor-
nicht außer Acht lassen, dass                                          sich zum Ziel gesetzt hat, das     ten von einem Tier erhalten,
es in der Welt der medialen         Mein King Charles-Rüde Elfie,      Mitgefühl auf alle Lebewesen       das „auf die andere Seite“ ge-
Kommunikation, ebenso wie           der durch die Begleitumstände      auszuweiten, betreut zusam-        langt ist.
in allen parapsychologischen        des Handels mit Hunden aus         men mit ihrem Mann einen
Bereichen, von Spinnern,            Zentraleuropa ein Trauma er-       Zufluchtsort für zahme Ratten,     Dieser Aspekt der Kommuni-
Scharlatanen und notorischen        litten hatte, war, als ich ihn     die im Stich gelassen oder         kation wird gewiss heftiger dis-
Lügnern wimmelt. Das gilt lei-      zum ersten Mal beim Händler        misshandelt wurden, sowie ei-      kutiert und angezweifelt wer-
der (und besonders) auch für        sah, bedrückt und reagierte        nen Hundebetreuungs- und -         den als die medizinische Nut-
diejenigen mit der größten          auf Menschen äußerst miss-         ausführdienst. Die auffallend      zung der Tierkommunikation.
Überzeugungskraft.                  trauisch. Doch kaum bei mir        hübsche blonde Frau mit dem        Doch für aufgeschlossene Zeit-
                                    zu Hause angelangt, sah er         fröhlichen Gesicht, die in den     genossen ist sie eine Wohltat,
Anderseits: Wenn ein kurz-          mich aus nächster Nähe an:         USA Berühmtheit erlangte, hat      denn nach den erschüttern-
sichtiger Zeuge einen wirren        Hundenase an Menschenna-           sich zu einer Expertin der         den Zeugnissen zu schliessen,
Bericht dessen liefert, was er      se, Auge in Auge, ein Verhal-      Tierkommunikation         entwi-   die Kim Sheridan uns liefert,
gesehen hat, muss das nicht         ten, dem man bei Großaffen         ckelt und tritt für die Schaf-     gedenken unsere verstorbe-
heißen, dass es das, was er ge-     häufig begegnet, das ich je-       fung einer echten Berufsaus-       nen Haustiere der Menschen,
sehen hat, nicht gibt, ebenso       doch nie zuvor bei einem           bildung auf diesem Gebiet ein.     die sich um sie gekümmert ha-
wenig wie die schlechte Über-       Hund beobachtet hatte. Mein                                           ben, mit Dankbarkeit und Lie-
setzung eines Buches bedeu-         kleiner Elfie verharrte fast ei-   Ihr Buch „Animals and the Af-      be und besänftigen diejenigen,
ten muss, dass das Original         ne Minute lang so, witternd        terlife“ (Tiere und das Jen-       die sich in Selbstvorwürfen
kein Meisterwerk ist. Auch          und mir tief in die Augen bli-     seits) geht indes weit darüber     verzehren, ihr Umgang mit ih-
wenn es passieren kann, dass        ckend. Das war der Moment,         hinaus. Da sie selbst unter        nen und ihre Entscheidungen
die wortlose Sprache der Tele-      in dem er begriff, und von da      dem Tod der ersten Tiere, die      seien nicht immer richtig ge-
pathie falsch eingesetzt wird,      an schenkte er mir (und nur        sie sterben sah, bis aufs Äu-      wesen.
ist sie gleichwohl ein wertvol-     mir) sein uneingeschränktes        ßerste litt, möchte sie die Er-
les Instrument, wenn sich ein       Vertrauen. Er legt dieses Ver-     kenntnisse aus sogenannten         Wir werden dem Tod unserer
qualifizierter Kommunikator         halten seitdem häufiger an         „Nahtod-Erfahrungen“ weiter-       Haustiere und den Erkennt-
ihrer bedient, ebenso wie sich      den Tag, wiederholt das Studi-     entwickeln, die Menschen in        nissen, die wir aus den jüngs-
der Wert der Medizin nicht an-      um meiner innersten Gedan-         ihrer Trauer um ein geliebtes      ten Erfahrungen und Zeugnis-
hand der Irrtümer eines unfä-       ken, und wenn er sich dann         Tier wirklich Trost spenden        sen von ihrem Leben nach
higen Arztes beurteilen lässt.      von mir löst, benimmt er sich      können.                            dem Leben gewinnen, einen
                                    wie ein Freund, der die Ant-                                          späteren Artikel widmen.
Trotz dieser Vorbehalte und         wort auf grundsätzliche Fra-       Antworten von „der ande-           Freuen wir uns für heute an
bei aller angebrachten Vor-         gen erhalten hat…                  ren Seite?“                        der Tatsache, dass die neue
sicht ist die Idee dennoch                                             Ihr leider so stümperhaft ins      Disziplin existiert und hoffen
großartig und eröffnet unge-        Für echte Kommunikation            Französische übersetztes Buch      wir, dass sie sich weiterentwi-
ahnte Möglichkeiten.                mit Tieren                         ist auf diesem Gebiet ebenso       ckeln und zum besseren Ver-
                                    Mit etwas gutem Willen ist der     wichtig wie das berühmte „Le-      ständnis von Mitgeschöpfen
Auge in Auge                        Dialog also auf diesem Weg         ben nach dem Tod“ von Dr.          beitragen wird, die eine arro-
In der Telepathie wird Bedeu-       möglich. Das fand ich einmal       Moody, der in seiner Welt der      gante Menschheit bislang wie
tung in ihrer reinsten Form in      mehr durch die Lektüre eines       Erforschung      menschlicher      Objekte behandelt hat.
Worte übersetzt. Diese Beson-       erstaunlichen Werkes bestä-        Nahtod-Erfahrungen gefangen                                           ■
Märchenschloss Giessbach - Fondation Franz Weber
Nr 95 Januar | Februar | März 2011
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Wildtiere in Zoos und anderen Schauanlagen                                                                             hervorbringen, und was unbe-
                                                                                                                       fangene Besucher dann für

Spiele am Abgrund
                                                                                                                       Spaziergänge halten mögen,
                                                                                                                       ist in Wirklichkeit nur der
                                                                                                                       klägliche Ausdruck der kolos-
                                                                                                                       salen Langeweile des Tieres,
■   Pierre Demeure                                                                                                     das unentwegt die gleichen
                                                                                                                       Bewegungen vollführt, die
Sie spielen unbekümmert un-               heit der Behörden, die den Be-             in dem sich ein echtes Bären-     gleichen    wenigen      Meter
ter den wachsamen Augen ih-               suchern auf diese Weise ein                leben führen lässt.               durchschreitet, auf und ab, im-
rer Mutter. Sie ahnen nicht,              Spektakel bieten konnten, das                                                mer wieder, in einer Spur, die
dass sie sich in der Todeszelle           dem Wappen der Stadt alle Eh-              Verzweifelte Langeweile           seine Schritte austreten, bis
befinden und das Urteil in ge-            re machte.                                 Der Leitung des Bärenparks ist    der Boden abgenutzt ist…
wisser Hinsicht durch das La-                                                        bewusst, dass schon sehr bald
chen der Kinder und die Be-               Nur leider muss für die nächs-             Probleme auf sie zukommen         Unterbrochen werden wird
geisterungsstürme der Er-                 te Zukunft vorausgeplant wer-              werden. In freier Wildbahn        der monotone Tagesablauf nur
wachsenen gefällt wurde.                  den. Denn Bärenjunge wach-                 verlassen Jungbären mit etwa      von den Fütterungszeiten –
                                          sen schnell. Die Fellkugeln                zwei Jahren ihre Mutter, um       ein trauriges Schicksal für die
Sie, das sind Urs und Berna,              werden mit jedem Tag stattli-              ihr Leben als erwachsene Tie-     Herrscher der Wälder und
die beiden Bärenjungen aus                cher. Spiele werden zur He-                re in anderen Revieren als ihre   Weiten.
dem Bärenpark Bern (eigent-               rausforderung, der Mutter fällt            Eltern zu verbringen. In ei-
lich eher Ursa und Berna,                 es immer schwerer, ihre Jun-               nem Tierpark kann diese end-      Lebenslänglich
denn wie sich herausstellte,              gen zu bewachen, die übermü-               gültige Ablösung nicht erfol-     oder Todesspritze
handelt es sich um zwei Weib-             tig auf Bäume klettern, Äste               gen und die kleine Familie        Es gibt nur zwei Möglichkei-
chen), vor Monaten noch zwei              abbrechen, in ungestümer                   wird zum Gefängnis. Konflikte     ten, damit uns dieses jämmer-
überaus niedliche kleine Fell-            Kraft den Boden umpflügen                  werden allmählich häufiger        liche Schauspiel und den Tie-
kugeln. Die Besucher ström-               und versuchen, sich unter den              und problematischer werden.       ren dieses Schicksal erspart
ten in Scharen herbei, um sie             Zäunen hindurchzuzwängen                   Die Eltern werden ihre Jun-       bleibt: für die Jungbären muss
zu betrachten, lachten über ih-           und wegzulaufen. Denn so                   gen zurückweisen, das Zusam-      ein neues Zuhause gefunden
re Streiche und waren hinge-              zweckmäßig ein Park auch ge-               menschrumpfen des individu-       oder sie müssen eingeschlä-
rissen, wenn sie gesäugt wur-             staltet sein mag, wird er doch             ellen Lebensraums wird ste-       fert werden.
den. Zur größten Zufrieden-               niemals ein Bärenrevier sein,              reotype      Verhaltensweisen
                                                                                                                       Sie in die freie Wildbahn zu
                                                                                                                       entlassen, kommt nicht in Fra-
                                                                                                                       ge, denn ein Bärenjunges er-
                                                                                                                       lernt bereits in den ersten Le-
                                                                                                                       bensmonaten von seiner Mut-
                                                                                                                       ter die Verhaltensweisen, die
                                                                                                                       notwendig sind, damit es in
                                                                                                                       der Natur heranwachsen und
                                                                                                                       als freilebender Bär existieren
                                                                                                                       kann. Das neue Zuhause kann
                                                                                                                       daher nur ein Zoo oder ein
                                                                                                                       speziell für die Unterbringung
                                                                                                                       von Bären geeignetes Schutz-
                                                                                                                       gebiet sein. Bliebe zu hoffen,
                                                                                                                       dass ihnen dort mehr geboten
                                                                                                                       würde, als ein paar Quadrat-
                                                                                                                       meter in Fels verwandelten
                                                                                                                       Beton, auf dem die Pflanzen
                                                                                                                       und Blumen fehlen, die ein
                                                                                                                       freies Bärenleben möglich ma-
                                                                                                                       chen.

                                                                                                                       Die zweite Lösung ist – leider –
                                                                                                                       schneller und endgültiger: Ei-
                                                                                                                       nes Tages wird, unter Aus-
Spiele werden zur Herausforderung. Der Mutter fällt es immer schwere, ihre Jungen zu bewachen…                         schluss der Öffentlichkeit, in
Märchenschloss Giessbach - Fondation Franz Weber
8       JFW | Tiere                                                                                                                     Nr 95 Januar | Februar | März 2011

                                                                                          Platz für die lästig gewordenen             in denen Bären gehalten wer-
                                                                                          Jungtiere finden lässt? Han-                den, dass jedermann die Tiere
                                                                                          delt es sich hier um einen ech-             in einer artgerechten Umge-
                                                                                          ten Hilferuf angesichts einer               bung betrachten kann. Vor al-
                                                                                          Situation, die man nicht be-                lem Tiere, die aus der Gefan-
                                                                                          dacht hatte, oder um eine                   genschaft unter erbarmungs-
                                                                                          wohlüberlegte Taktik, mit der               würdigen Bedingungen im
                                                                                          man sich Problemtiere vom                   Zirkus, im Zoo, aber auch aus
                                                                                          Hals schaffen möchte? Und                   privater Haltung befreit wur-
                                                                                          darf man, wenn dann eine in                 den, sind in solchen Anlagen
                                                                                          jeder Hinsicht vernünftige Lö-              zu sehen. Den Organisatio-
                                                                                          sung angeboten wird, beson-                 nen, Verbänden und Stiftun-
                                                                                          dere Ansprüche stellen und                  gen, die diese Schutzgebiete fi-
                                                                                          die Entscheidung hinauszö-                  nanzieren, ist es zu verdan-
                                                                                          gern?                                       ken, wenn die Sohlengänger
                                                                                                                                      dort ihre Lebensfreude wie-
Wo sind die Wälder? Instinktiv folgt der Jungbär dem Ruf der Wildnis in seinem Blut und   Nicht mehr vertretbar                       derfinden und mit ihren Art-
sucht sich unter dem Zaun hindurchzuzwängen.                                              Die Zeit ist reif, die Lebensum-            genossen harmonisch zusam-
                                                                                          stände der Tiere in Parks und               menleben.
der nächtlichen Dunkelheit                   der klimatischen Bedingun-                   Anlagen, in denen sie Besu-
des Käfigs, eine tödliche Injek-             gen, durch Unfälle, durch An-                chern vorgeführt werden, neu                Es ist gewiss nicht das Nächst-
tion verabreicht, um allen                   griffe des männlichen Bären,                 zu bewerten. Wildlebende                    liegende, lange Reisen auf sich
künftigen Problemen aus dem                  der sich erneut fortpflanzen                 Großtiere gehören nicht län-                zu nehmen, um Tiere in freier
Weg zu gehen.                                will), das Recht, alle zwei Jah-             ger in eine Umgebung, die ih-               Wildbahn zu erleben. Doch
                                             re eine Generation von Jung-                 ren artspezifischen Bedürfnis-              wenn biologische Vielfalt in
Fragwürdiges und Uneinge-                    bären zu opfern? Zeugt diese                 sen nicht gerecht wird. Es ist              unserer Gesellschaft wirklich
standenes                                    Praxis nicht eher vom ent-                   nicht länger hinnehmbar, sie                akzeptiert würde, jene Vielfalt,
Sind die unerwünscht gewor-                  schiedenen Willen, in regel-                 zur Ergötzung eines Publi-                  die den wildlebenden Tieren
denen Jungbären erst einmal                  mäßigen Abständen neue Pu-                   kums zu missbrauchen, dem                   ein wenig authentischen Le-
beseitigt, beginnt der Teufels-              blikumsmagnete zu produzie-                  es heutzutage problemlos                    bensraum zugesteht – auch
kreis von Neuem. Das lang ge-                ren?                                         möglich ist, das Leben in freier            den Räubern, die von Zeit zu
trennte Bärenpaar findet wie-                                                             Wildbahn in unzähligen gross-               Zeit ein Schaf reißen – so
der zusammen, und wenige                     Echter Hilferuf oder emo-                    artigen Filmen und Dokumen-                 könnten wir Entdeckungen,
Monate später erblicken neue                 tionale Erpressung?                          tationen zu bewundern.                      die uns Tierfotografen und –
Bärenbabys das Licht der Welt,               Entscheidet man sich für eine                                                            filmer mit ihren einzigartigen
zum Entzücken einer neuen                    Umsiedlung, stellt sich die Fra-             Schritte                                    Bildern ermöglichen, auch im
Kindergeneration und zur Be-                 ge, welche Haltungsbedingun-                 zur Wiedergutmachung                        wirklichen Leben und aus
lustigung ihrer Eltern…                      gen die Verbannten erwarten.                 Darüber    hinaus     verfügt               nächster Nähe machen.
                                             Kommen sie in den Genuss ei-                 Europa über so viele Anlagen,                                                     ■
Wie sind diese von Zoo- und                  ner angemessenen Umge-
Parkdirektoren vorgesehenen                  bung, oder sind sie dazu ver-
Lösungsmöglichkeiten         und             dammt, auf einem Zementbo-
Optionen zu bewerten? Ent-                   den im Kreis zu laufen? Wer
scheiden sie sich für die Ein-               kommt für ihre Haltung auf?
schläferung, stellt sich die Fra-            Werden sie auf die Barmher-
ge, weshalb sie nicht schon im               zigkeit von Tierschutzorgani-
Vorfeld die Sterilisation als Al-            sationen angewiesen sein?
ternative wählten, mit der sich              Wird ihr Zweck womöglich da-
die Geburten hätten vermei-                  rin bestehen, neue Jungbären
den lassen. Ist das Argument                 zur Welt zu bringen, um Besu-
zulässig, wonach man die Bä-                 cher anzulocken?
rin Junge bekommen lassen
soll, im Interesse ihres Wohl-               Wie ist weiterhin jene Form
befindens? Gibt uns die Tatsa-               der emotionalen Erpressung
che, dass in freier Natur nicht              zu bewerten, die darin besteht,
wenige Jungtiere eines „natür-               das Schreckensbild der Ein-
lichen“, in ihrer Art begründe-              schläferung heraufzubeschwö-                 Die verzweifelte Langeweile und Einsamkeit des männlichen Bären, den alle Fasern sei-
ten Todes sterben (aufgrund                  ren, für den Fall, dass sich kein            nes Wesens zur Gefährtin treiben…
Märchenschloss Giessbach - Fondation Franz Weber
Nr 95 Januar | Februar | März 2011
                                                                                                                                       JFW | Schweiz          9

Industrialisierte Jurahöhen
                                                                                                                                   setzt. Nicht jedoch in der
                                                                                                                                   Schweiz. Er beträgt in unse-
                                                                                                                                   rem Land immer noch 300

für «grüne» Energie
                                                                                                                                   Meter.

                                                                                                                                   Was, wenn eine solche Turbine
                                                                                                                                   bei einem Sturm umstürzen
■   Fabian Dreher                                                                                                                  sollte? Dass dieses Szenario
                                                                                                                                   nicht ausgeschlossen werden
                                                                                                                                   kann, wurde bereits mehrfach
                                                                                                                                   dokumentiert. Zur Erinne-
                                                                                                                                   rung: Die höchsten Windkraft-
                                                                                                                                   anlagen erreichen eine Ge-
                                                                                                                                   samthöhe von mehr als 180
                                                                                                                                   Metern!

                                                                                                                                   Zum hörbaren Lärm der Wind-
                                                                                                                                   turbinen gesellt sich der nicht
                                                                                                                                   hörbare      Tieffrequenz-Lärm
                                                                                                                                   hinzu. Auch wenn nicht hör-
                                                                                                                                   bar, so richtet er nicht weniger
                                                                                                                                   Schaden an. In einschlägigen
                                                                                                                                   Studien werden bis drei Kilo-
                                                                                                                                   meter Entfernung Symptome
                                                                                                                                   wie Kopfschmerzen, unstetes
                                                                                                                                   Gleichgewicht,        Brechreiz,
                                                                                                                                   Schlafstörungen, Reizbarkeit,
                                                                                                                                   Depressionen,       Konzentrati-
                                                                                                                                   ons- und Gedächtnisprobleme
                                                                                                                                   dokumentiert.

                                                                                                                                   Einige Schritte weiter, hinter
                                                                                                                                   dem neugebauten Stromver-
Bei grösseren Windparks kann der Strom nicht direkt in das Netz eingespiesen werden, sondern eine spezielle Einspeiseanlage wird   teilerzentrum, sind die ersten
notwendig. Diese wird, wie hier auf dem Mont Crosin, direkt in die empfindliche Natur auf den Jurahöhen gebaut.                    Windräder zu sehen. Impo-
                                                                                                                                   sant stehen sie in der Land-
Der Nebel liegt noch über dem               wegen sich nur langsam über                 mimmissionen der Windturbi-                schaft und passen zur umlie-
Vallon de St-Imier, als ich früh            die Kreten. Das Geräusch, das               nen. Der hörbare Lärm ist laut             genden Natur wie die Faust
an diesem Herbstmorgen mei-                 die Windturbinen an diesem                  einer Lärmstudie der EMPA                  aufs Auge.
nen Aufstieg Richtung Mont                  Tag machen, gleicht einem                   (Eidgenössische Materialprüf-
Crosin beginne. Nach rund ei-               dumpfen Schaben und wird                    anstalt) auf Nabenhöhe 107                 Aus natürlichen Landschaf-
ner Stunde Wanderung durch                  beim Näherkommen lauter                     Dezibel (DbA), nimmt aber                  ten werden Industriezonen
den feuchten Herbstwald tref-               und lauter. Direkt vor den An-              mit zunehmender Distanz ex-                Die Anlagen auf dem Mont
fe ich beim Bauernhof Le Ser-               lagen stehend, ist das Ge-                  ponentiell ab. (100 Dezibel                Crosin werden von der Stom-
gent ein, auf der Höhe des Hü-              räusch allgegenwärtig und                   entspricht dem Lärmgrenz-                  lobby als Pioniertat gefeiert.
gelzugs, zu dem neben dem                   durchdringend. Nicht laut, ei-              wert von Konzerten und Dis-                Aus Sicht der Landschaft je-
Mont Crosin auch der weiter                 ne Unterhaltung ist problem-                kotheken.) Laut der Studie der             doch sind sie Vorboten eines
nördlich gelegene Mont Soleil               los möglich. Auf Dauer je-                  EMPA vom Januar 2010 ist in-               Schreckensszenarios, das allen
gehört. Die Windturbinen des                doch geht das Geräusch in                   nerhalb von 450 Metern mit ei-             unverbauten Berg- und Hügel-
Mont Crosin sind hier noch                  Mark und Bein über und                      ner Überschreitung der Grenz-              zügen in der Schweiz droht.
von mächtigen Tannen ver-                   macht klares Denken bei-                    werte für Landwirtschaftszo-               Seit dem Ausbau im Frühjahr
deckt, der Wegweiser zeigt                  nahe unmöglich.                             nen zu rechnen.                            und Sommer 2010 stehen auf
noch 20 Minuten bis zu den                                                                                                         dem Mont Crosin und dem
Anlagen an. Doch bereits hier               Ungeheure Lärmbelastung                     In vielen Ländern Europas                  Mont Soleil 16 Windturbinen.
sind sie deutlich zu hören.                 – mitten in der Natur!                      wurde der Mindestabstand der               Die ersten wurden zwischen
Nicht, das heute ein besonders              Bis heute existieren nur weni-              Windturbinen zu bewohnten                  1996 und 2004 installiert und
windreicher Tag wäre. Nein,                 ge Studien über die Risiken für             Gebäuden von 300 auf 600                   waren mit 60-80 Metern Ge-
die tiefliegenden Wolken be-                die Gesundheit durch die Lär-               oder sogar 900 Meter hochge-               samthöhe noch relativ klein.
Märchenschloss Giessbach - Fondation Franz Weber
10       JFW | Schweiz                                                                                                                   Nr 95 Januar | Februar | März 2011

Zumindest im Vergleich mit                  sogenannte “Windparks“ wird                 grösseren Windpark zusätz-                   nach den wenigen günstigen
den acht neusten Turbinen,                  die Landschaft aber im Eiltem-              lich ein Verteilerzentrum er-                Standorten für Windkraft-
die 120 bis 150 Meter aus der               po von der Industrialisierung               richtet werden.                              werke in der Schweiz neue
Juralandschaft ragen.                       eingeholt. Wo gestern noch zu-                                                           Begehrlichkeiten  aufkom-
                                            friedene Kühe weideten, ste-                Ich gehe weiter über den Mont                men lässt.
Die sanfte Hügellandschaft                  hen inzwischen riesige Beton-               Crosin Richtung Mont Soleil.
des Jura wird durch die Wind-               türme, werden Zufahrtsstras-                Kindheitserinnerungen kom-                   Die andere Seite der KEV
turbinen und ihre markanten                 sen erstellt und Kabel verlegt.             men hoch. Oft ist unsere Fami-               Bis vor zehn Jahren war Wind-
Türme von Grund auf verän-                  Denn Windturbinen bedeuten                  lie früher im Sommer in diese                kraft in der Schweiz kaum ein
dert. Während Jahrhunderten                 einen gravierenden Eingriff in              Gegend gekommen auf der Su-                  Thema. Zu wenig Wind und zu
griff der Mensch hier nur in                die Landschaft. Nicht nur prä-              che nach Ruhe und Natur.                     unbeständige Windverhältnis-
die Natur ein, um Landwirt-                 gen sie von weitem den Hori-                Doch die Landschaft rund um                  se war das Fazit sämtlicher Ab-
schaft zu betreiben und seine               zont, sie benötigen ebenfalls               mich herum hat ihre Un-                      klärungen. Auf die Angstma-
Ernährung sicherzustellen.                  eine massive Infrastruktur, die             schuld verloren. Offiziell noch              che der Stromkonzerne und
Saftige Weiden und Wälder                   mitten in die Natur gebaut                  eine Landwirtschaftszone, hat                ihrer Lobbyisten mit einer dro-
bedeckten die weitläufigen                  werden muss. Jede Turbine                   ihre Industrialisierung durch                henden “Stromlücke“ reagier-
Hügel und boten Mensch                      braucht einen Turm, der sie                 den Bau der Windräder begon-                 ten die Politiker nach langen
und Natur einen Rückzugs-                   trägt und eine Zufahrtsstrasse              nen und ist kaum mehr aufzu-                 Verhandlungen mit der Schöp-
raum und Ruhe vor der Hek-                  für die Wartung; kilometerwei-              halten. Momentan plant die                   fung der kostendeckenden
tik der Städte.                             se Kabel müssen verlegt wer-                Betreiberfirma Juvent SA, eine               Einspeisevergütung (KEV).
                                            den, um den produzierten                    Tochterfirma der Berner BKW
Wo gestern noch Kühe un-                    Strom ins Netz einspeisen zu                FMB AG, zwar keine weiteren                  Diese gut gemeinte staatliche
gestört weideten                            können.       Dazu    müssen                Windturbinen auf dem Mont                    (d.h. durch die Steuerzahler
Durch den Bau von Windturbi-                Stromleitungen gebaut oder                  Crosin. Doch es wird nicht lan-              und Stromkonsumenten fi-
nen und ihre Gruppierung in                 ausgebaut und bei einem                     ge dauern, bis der Goldrausch                nanzierte) Massnahme zur

Anlässlich der Erstellung einer Windturbine wird das Ausmass der Zerstörung der Natur und Landschaft auf den Jurahöhen gut ersichtlich.
Nr 95 Januar | Februar | März 2011
                                                                                                                               JFW | Schweiz          11

Förderung erneuerbarer Ener-                sie wenigstens für die Promo-              nommen. Auch hier wurden            mus und an Verachtung der
gien entpuppt sich jedoch im-               toren und Stromkonzerne zu                 die Turbinen mitten in die          lebenden Welt, um sich mit
mer mehr als trojanisches                   einem guten Geschäft. Ein                  idyllische, natürliche Land-        Zerstörung von Natur und
Pferd der Promotoren und                    Geldsegen für eine finanzkräf-             schaft gepflanzt. Wiesen und        Umwelt noch einen grünen
Energiekonzerne.         Land-              tige private Minderheit auf                Felder wurden für Zufahrts-         Anstrich zu geben, wie dies
schafts- und Umweltschutzbe-                dem Rücken der ausgebeute-                 strassen zerstört, Betonfunda-      die Stromwirtschaft gegen-
stimmungen werden systema-                  ten Landschaft und Natur.                  mente in den Boden gestampft        wärtig praktiziert. Und die
tisch aufgeweicht und zuguns-                                                          und Gräben für die Kabel aus-       Städte machen bei dieser
ten der Produktion von                      800 Windturbinen                           gehoben. Ein Stück Schweiz,         wahnwitzigen Ausbeutung
sogenannt “grünem Strom“                    in der Schweiz?                            das der Mensch seit Jahrhun-        mit. Für die lokale, ländliche
aufgehoben. Selbst kantonale                Über den Mont Soleil, wo wei-              derten im Einklang mit der          Bevölkerung bleibt ausser
und nationale Schutzgebiete                 tere der 16 Anlagen stehen, ge-            Natur genutzt hat, wurde für        zerstörten      Landschaften
sind vor dieser Entwicklung                 lange ich auf einem gemütli-               kurzfristigen Profit für immer      nichts übrig.
nicht sicher, wie die Pläne im              chen Wanderweg über Cer-                   zerstört. Und was auf dem
Kanton Neuenburg zeigen.                    neux-Veusil       nach      Le             Mont Crosin, in Le Peuchapat-       Der Widerstand
Und dies, obwohl die Windver-               Peuchapatte (JU). Hier stehen              te und in St-Brais bereits Reali-   formiert sich
hältnisse in der Schweiz sich               die neusten drei Windturbi-                tät ist, droht zahlreichen Land-    Aber noch ist nicht alle Hoff-
weiterhin schlecht für die Pro-             nen der Schweiz, erbaut im                 schaften, Berg- und Hügelzü-        nung verloren. Auch wenn die
duktion von Strom eignen.                   Sommer 2010 und erst im No-                gen in der Schweiz. Suisse          Übermacht der Stromlobby
Aber durch die KEV werden                   vember 2010 in Betrieb ge-                 Eole, die Lobbyorganisation         und der Promotoren im Mo-
                                                                                       der Stromwirtschaft, listet 108     ment gross scheint, so mobili-
                                                                                       geplante Anlagen an 19 Stand-       sieren doch immer mehr loka-
                                                                                       orten auf, die bis 2015 reali-      le Initiativen die Bevölkerung
                                                                                       siert werden sollen. Bis 2030       gegen die Windturbinen. Der
                                                                                       sind sogar bis 800 Windturbi-       vor einigen Jahren gültige
                                                                                       nen in der Schweiz vorgese-         Konsens, wonach Windener-
                                                                                       hen, die meisten davon in           gie per se gut ist, hat Risse be-
                                                                                       landschaftlich        wertvollen    kommen. Am Schwyberg (FR)
                                                                                       und für die Natur sensiblen         und am Heiterenberg (AG)
                                                                                       Gebieten.                           kämpft die betroffene Bevölke-
                                                                                                                           rung gegen die Zerstörung ih-
                                                                                       Natur- und Umweltzerstö-            rer Natur und Landschaft. Und
                                                                                       rung im grünen Mantel               im Kanton Neuenburg hat ein
                                                                                       Dies alles, um dem unauf-           Initiativkomitee mit kräftiger
                                                                                       haltsam steigenden Energie-         Unterstützung der Fondation
                                                                                       hunger der Städte und Ag-           Franz Weber eine Initiative
                                                                                       glomerationen nachzukom-            vorgelegt, die der Bevölkerung
                                                                                       men. Denn die „grüne,               ein Mitspracherecht beim Bau
                                                                                       lokale“   Produktion     der        von Windturbinen geben will.
                                                                                       Windkraftanlagen geht nicht         Wie dies eigentlich in einer di-
                                                                                       etwa, obwohl dieser Ein-            rekten Demokratie selbstver-
                                                                                       druck absichtlich erweckt           ständlich sein sollte...
                                                                                       wird, in die „lokalen Haus-
                                                                                       halte“ sondern ins allgemei-        Dank der Mitarbeit der Fonda-
                                                                                       ne Verbrauchernetz, wo sie          tion Franz Weber kann die Be-
                                                                                       in den Stunden des Höchst-          völkerung nun den Schutz der
                                                                                       konsums zu Höchstpreisen            Jurahöhen bestätigen und den
                                                                                       verkauft wird.                      Promotoren und dem Energie-
                                                                                                                           hunger der Konzerne eine Ab-
                                                                                       Die Zerstörung der Land-            fuhr erteilen. Überall in der
                                                                                       schaft wird von Stromkon-           Schweiz, wo private Interes-
                                                                                       zernen und Technokraten,            sen und Bereicherung auf Kos-
                                                                                       die zur Natur keinerlei Be-         ten der Natur unsere Land-
                                                                                       zug mehr haben, stillschwei-        schaft bedrohen, ist nun unse-
                                                                                       gend in Kauf genommen               re Arbeit gefragt.
                                                                                       und sogar mutwillig voran-
Bau, Betrieb und Unterhalt von Windturbinen brauchen Zufahrtswege, die einer Schnei-   getrieben. Es braucht schon
se gleich in die empfindliche Landschaft geschlagen werden.                            ein gehöriges Mass an Zynis-                                       ■
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Kampfjetlärm im Berner Oberland

Die Verteidigung gegen Höllenkrach
und Luftverschmutzung geht weiter
■   Hans Peter Roth
                                                                                                                             Medien vor. «In Unterbach
                                                                                                                             selber erreicht der maximale
                                                                                                                             Lärmpegel leicht 120 Dezibel
                                                                                                                             – die Schmerzgrenze liegt bei
                                                                                                                             130 Dezibel.» Dabei ist zu be-
                                                                                                                             tonen, dass die Dezibel-Lärm-
                                                                                                                             messwerte nicht linear, son-
                                                                                                                             dern exponentiell ansteigen:
                                                                                                                             Von 100 auf 110 Dezibel wird
                                                                                                                             es nicht um 10 Prozent lauter,
                                                                                                                             sondern um ein Vielfaches
                                                                                                                             unerträglicher.

                                                                                                                             An vorderster Front wehrt
                                                                                                                             sich HELVETIA NOSTRA ge-
                                                                                                                             meinsam mit betroffenen An-
                                                                                                                             wohnern und Touristikern
                                                                                                                             wie etwa dem Hotelierverein
                                                                                                                             Brienz oder dem Freilichtmu-
                                                                                                                             seum Ballenberg seit Jahren
                                                                                                                             gegen den Lärmangriff der
                                                                                                                             Luftwaffe. In den letzten drei
«Wenn eine F/A-18-Doppelpatrouille auf dem Militärflugplatz Meiringen in Unterbach mit Nachbrenner startet, werden noch in   Jahren gab es auf dem Flug-
Brienz 100 Dezibel gemessen»                                                                                                 platz    Meiringen      durch-
                                                                                                                             schnittlich 3260 Flugbewe-
                                                                                                                             gungen mit dem F/A-18. In
In Meiringen (BE) dürfte der             Der Saal ist voll im Rössli, das          sich die Dienste des auf Flug-            Aussicht gestellt werden vom
Militärflugplatz     Unterbach           Thema der hier stattfinden-               lärm spezialisierten Zürcher              VBS nun aber sogar 5000 Be-
ein Fall für die Justiz werden.          den Pressekonferenz brisant:              Anwalts Peter Ettler gesi-                wegungen jährlich.
Lärmgeplagte Anwohner wol-               Fluglärm! Mit dem Militär-                chert.
len den Rechtsweg beschrei-              flugplatz Meiringen im Ber-                                                         Gefahr von Sachzwängen
ten, um eine markante Be-                ner Oberland müssen sich                  Schmerzgrenze                             In Verhandlungen mit dem
grenzung der Flugbewegun-                wohl schon bald die Richter               Als Mitglied der Eidgenössi-              VBS wird indessen eine Ober-
gen zu erreichen.                        befassen. Den lärmgeplagten               schen Kommission für Lärm-                grenze von 2500 Flugbewe-
                                         Haslitalern reicht es jetzt               bekämpfung will Ettler das                gungen gefordert, davon
Der Ort könnte nicht besser              nämlich: Sie glauben nicht                Verteidigungsdepartement                  höchstens die Hälfte mit den
gewählt sein. Um zum Res-                mehr an eine politische Lö-               VBS zunächst zu einer Verfü-              enorm lauten F/A-18. Dazu
taurant Rössli in Unterbach-             sung und wollen nun den                   gung auffordern. Darin soll               vier Monate Pause im Som-
Meiringen zu gelangen, muss              Rechtsweg beschreiten, um                 die Zahl der Flugbewegungen               mer, wenn die Hotels in der
man zuerst die Piste des Mili-           auf dem Militärflugplatz Un-              mit den besonders lauten                  Region 60 bis 70 Prozent des
tärflugplatzes       Meiringen           terbach bei Meiringen eine                F/A-18-Jets auf jährlich 1250             Jahresumsatzes mit Ruhe su-
überqueren. Die Barriere an              Flugreduktion       durchzuset-           begrenzt werden. «Wenn eine               chenden Gästen erwirtschaf-
der Unterbachstrasse ist ge-             zen. Das kündigt die «IG für              F/A-18-Doppelpatrouille auf               ten. Bisher zeigten die Ver-
öffnet. Eine Abschrankung                weniger Fluglärm in der Al-               dem Militärflugplatz Meirin-              handlungen keinen Erfolg –
wie am Bahnübergang. Doch                penregion» (IGF) vor den Me-              gen in Unterbach mit Nach-                im Gegenteil: Der Bundesrat
hier kommen keine Züge. Die              dien an. Die Interessenge-                brenner startet, werden noch              hat die 15-jährige Frist, wel-
Unterbachstrasse quert das               meinschaft zählt mehrere                  in Brienz 100 Dezibel gemes-              che die Lärmschutzverord-
Rollfeld für Militärjets.                hundert Mitglieder und hat                sen», rechnet Peter Ettler den            nung für die Sanierung der
Nr 95 Januar | Februar | März 2011
                                                                                                              JFW | Schweiz         13

Lärmsituation gewährte und           chen. Der wirtschaftliche        versehrtheit betont und eine        en, eine davon durch die
die im Juni 2010 auslief, ein-       Schaden, den das VBS verur-      Beurteilung der Belastung ge-       Weltgesundheitsorganisation
fach verlängert. Und zwar            sacht, ist für den Tourismus     fordert, die explizit auf ein-      WHO schon 1999 veröffent-
gleich um weitere zehn Jah-          in unserer Gegend verhee-        zeln wahrnehmbare Lärmer-           licht, gehen in eine ähnliche
re, bis 2020. «So lange können       rend.»                           eignisse eingeht. Danach wä-        Richtung. Bis jetzt hätten Me-
wir nicht warten», sagt IGF-                                          ren wohl das Bundesgericht          thoden gefehlt, um die Lärm-
Präsident Emil Feuz. «Denn           Ebenfalls auf die Herbstferi-    und sogar der Europäische           belastung zu messen; mit den
mit der Zeit werden durch            en fällt noch ein weiteres Er-   Gerichtshof für Menschen-           neuesten Studien lägen die
den Ausbau des Flugplatzes           eignis: Das Axalp-Flieger-       rechte in Strassburg an der         Dinge nun aber anders, sagt
und die Schliessung anderer          schiessen. Obgleich das VBS      Reihe. «Der Anspruch auf            Peter Ettler. Auch wenn erst
Militärflugplätze        immer       von verschiedenen Seiten         körperliche Unversehrtheit          wenige Studien zum Thema
mehr Sachzwänge geschaf-             mehrmals ersucht wurde,          ist ein Menschenrecht», be-         erschienen sind, rechnet er
fen.»                                dieses nach den Herbstferien     tont Peter Ettler. Der Jurist ist   sich vor Gericht Chancen
Dabei hatte alles erfolgver-         zu organisieren, wird es er-     zuversichtlich, dass eine           aus: «Schliesslich hat sich die
sprechend begonnen: Im               neut während den Schulferi-      Lärmschutzklage        Aussicht     Justiz bei der Bewertung des
Oberhasli war die Kampfjet-          en 2011 durchgeführt. «Auch      auf Erfolg hat.                     Werteverlusts von Immobi-
lärm-Initiative 2008 deutlich        diese Entscheidung, die un-                                          lien rund um Flughäfen sogar
angenommen worden (siehe             ser Tal mit enormem Flug-        Begründete Zuversicht               auf eine einzige Studie ge-
Kasten). Der bernische Mili-         lärm überzieht, können wir       Ettlers Zuversicht hat ihre         stützt.»
tärdirektor Hans-Jürg Käser          nicht akzeptieren», sagt Mo-     Gründe: Bis vor kurzem war
(FDP) machte sich für ein ru-        nique Werro klar und deut-       Lärm zwar als etwas Lästiges        Fluchtreflex und Stress-
higeres Meiringen stark. Und         lich. In diesem Fall liegt im    anerkannt. Aber schulwis-           hormone
Verteidigungsminister Mau-           Übrigen die Vermutung nahe,      senschaftlich gesehen galten        «Beim Fluglärm ist das abrup-
rer sprach von einer gerech-         dass die Verantwortlichen        Gesundheitsschädigungen             te Anschwellen des Lärms
ten Verteilung des Fluglärms.        während der Herbstferien         durch Lärm als nicht nach-          noch ein zusätzlicher Faktor»,
Als Maurer aber im Frühling          nicht bloss mehr Schaulusti-     weisbar. Doch nun weist eine        ergänzt der Lärmschutz-
2010 nach Meiringen kam,             ge anlocken wollen, sondern      neue, im November 2011 he-          Anwalt. «Besonders Bauern,
zeichnete sich bereits ab, dass      vor allem auch Kinder und        rausgekommene Studie des            die sehr oft draussen arbei-
er in Sachen Flugbewegun-            Jugendliche, um diesen mit       Instituts für Sozial- und Prä-      ten, sind diesen Maximalpe-
gen und Sommerpause hart             einer «geilen» Flugshow die      ventivmedizin der Uni Bern          geln extrem ausgesetzt. Diese
bleiben würde.                       Armee       und     Luftwaffe    eben diese Gesundheitsge-           Spitzenwerte     verursachen
                                     schmackhaft zu machen.           fährdung nach. Die Berner           Stress.» Denn schnelles An-
«Inakzeptabel»                       Nachwuchs gesucht!               Fluglärm-Studie, die auch im        schwellen von Lärm löse au-
Zumindest dieses und nächs-                                           wissenschaftlichen Fachma-          tomatisch einen Fluchtreflex
tes Jahr dürfte sich für die         Notfalls bis nach Strass-        gazin Epidemiology publi-           aus und führe zur Ausschüt-
Flugplatz-Anwohner sowieso           burg                             ziert wurde, zeigt: Bei Lärm-       tung von Stresshormonen.
wenig ändern: Der im Herbst          Daher wollen die lärmgeplag-     spitzen ab 60 Dezibel im In-        «Eine gewisse Weile können
2010 publizierte Flugplan für        ten Anwohner eine Redukti-       nern und ab 88 Dezibel im           Körper und Psyche diese
2011 gleicht mit 4000 bis 5000       on der Flugbewegungen nun        Freien steigt das Risiko für        Belastungen kompensieren.
vorgesehenen Bewegungen              auf dem Rechtsweg durchset-      Hypertonie und damit für            Dann aber nicht mehr.» Es ge-
und den 16 Wochen, in denen          zen. Die IGF droht dem VBS       Herz- und Gefässerkrankun-          he dabei jedes Mal um ein
kein Jet-Betrieb geplant ist         mit einer Klage. Eine Chance,    gen signifikant – zumindest         ohrenbetäubendes, marker-
(davon acht Wochen im Som-           diese abzuwenden, bleibt         bei Menschen, die dem unre-         schütterndes Ereignis, viel in-
mer), dem letztjährigen. Zu-         Vorsteher Ueli Maurer (SVP)      gelmässigen Krach mindes-           tensiver als das andauernde
dem fällt der jährliche Wie-         noch: Das VBS solle eine Ver-    tens 15 Jahre lang ausgesetzt       laute Rauschen neben einer
derholungskurs dieses Mal            fügung erlassen und damit        sind.                               Autobahn oder einer Bahn-
ausgerechnet in die Herbstfe-        die Flugbewegungen der be-                                           strecke mit nicht lärmsanier-
rien, unter der Angabe des           sonders lauten F/A-18-Jets       Genau diese Bedingungen             ten Güterwagen. Deshalb
VBS, dass ein anderer Termin         auf jährlich 1250 begrenzen      sind im Haslital im Bereich         dürfe man nun nicht mehr
nicht möglich sei. «Der Plan         und die Sommerpause in der       von Unterbach bis Brienz ge-        zuwarten und die Bevölke-
ist inakzeptabel», ärgert sich       Ferienregion von zwei auf        geben. Hier ist die Bevölke-        rung weiter unnötig höheren
Monique Werro von der IGF            vier Monate verlängern.          rung bei einem F/A-18-Start         Gesundheitsrisiken aussetzen,
und Vizepräsidentin des Ho-          Kommt das VBS der Forde-         selbst hinter den vom VBS be-       folgert der Jurist. «Als der
teliervereins Brienz: «Die Ho-       rung bis in rund anderthalb      zahlten Lärmschutzfenstern          Anhang über Militärflugplät-
teliers und Touristiker von          Jahren nicht nach, folgt eine    noch 78, respektive 65 Dezi-        ze zur Lärmschutzverord-
Brienz und Umgebung haben            Klage vor Bundesverwal-          bel ausgesetzt. Und dies über       nung vor 21 Jahren geschrie-
eine einzige Saison, in wel-         tungsgericht – dabei würde       viele Jahre hinweg. Zwei wei-       ben wurde, baute man die
cher Gäste unseren Ort aufsu-        das Recht auf körperliche Un-    tere bereits publizierte Studi-     Vorschriften noch auf den
14     JFW | Schweiz                                                                                                          Nr 95 Januar | Februar | März 2011

Dauerschallpegel auf. Heute        die Flugbewegungen ausge-                    schadstoffen in der betroffe-               ders Kinder, Schwangere,
zeigt die aktuelle Forschung       rechnet in einem engen Tal                   nen Region sei nebst der                    Kranke und Betagte. Nach-
aber eben, dass man unbe-          zu konzentrieren, welches                    Lärmverschmutzung         nun               weislich können sie Erkran-
dingt auch maximale Lärm-          seitlich teilweise durch senk-               ebenfalls eingehend zu prü-                 kungen der Atmungsorgane
pegel einbeziehen muss.»           rechte     Felswände     abge-               fen. Für den Verein IGF hat                 und des Kreislaufs oder Krebs
                                   schlossen ist. Diese natürli-                Albin Mätzener die Wirkung                  herbeiführen und bewirken
Minimale Wertschöpfung             chen Schallreflektoren ver-                  des Jetbetriebs auf die Luft-               teilweise sogar Schäden am
Zwar gibt es auch Haslitaler,      stärken den Krach noch                       verschmutzung im Haslital                   Erbgut.» Auswirkungen habe
die sich um die mit dem Mili-      massiv. Auch in der Umge-                    untersucht. Entstanden ist                  die Luftverschmutzung auch
tärflugplatz verbundenen Ar-       bung des Militärflugplatzes                  unter seiner Feder ein aus-                 auf den Boden und die Vege-
beitsplätze sorgen und des-        Payerne, wohin die Flugbe-                   führlicher und fundierter                   tation.
halb nicht gegen den Flug-         wegungen der Schweizer                       Luftschadstoffbericht. «An ei-
lärm vorgehen wollen. Doch         Luftwaffe ebenfalls zuneh-                   nem „Flugtag“ mit 20 Flugbe-                Mittlerweile ist die Abteilung
der Rückhalt der IGF mit ih-       mend verlagert werden, ist                   wegungen werden 9 Tonnen                    Immissionsschutz des Berner
ren rund 450 überzeugten           die Lärmbelastung gross. Weil                Kerosin verbraucht, ohne Fil-               Wirtschaftsamtes BECO hell-
Mitgliedern ist in der Bevöl-      sich die Schallwellen über                   ter, ohne Katalisatoren», sagt              hörig geworden. Während die
kerung gross. Dies zeigen          dem flachen Gelände um                       Vereinsmitglied     Mätzener:               nächstgelegene      Luftschad-
zweifellos auch die konkre-        Payerne aber anders ausbrei-                 «Bei jedem Verbrennen von                   stoff-Messstelle in der Region
ten Resultate, welche Franz        ten, weit weniger verheerend                 Treibstoffen aus Erdöl entste-              bisher in Form eines Passiv-
Webers Kampfjetlärm-Initita-       als im Haslital.                             hen Schadstoffe», betont er                 sammlers      in    Interlaken
tive in den betroffenen Ge-                                                     und zählt auf: «Die Luftschad-              stand, wird seit dem 15. Juli
meinden vor drei Jahren er-        Massive Umweltver-                           stoffe beeinflussen die Wär-                2010 nun auch in der Region
zielte (siehe Tabelle).            schmutzung                                   me-Abstrahlung der Erde, al-                Unterbach gemessen. Resul-
                                   Anwalt Peter Ettler fordert,                 so den Treibhauseffekt. Sie                 tate sollten im ersten Quartal
Kampfjetlärm-Initiative 2008       die Belastung wegen Luft-                    schädigen Menschen, beson-                  dieses Jahres vorliegen.
– Ja-Stimmenanteil in den be-
troffenen Gemeinden                                                                                                         Forderung bekräftigt
                                                Initiative: Kein Kampfjetlärm in                                            Trotz all dieser Faktoren gibt
Brienzwiler   72 %                                     Tourismusgebieten                                                    es bislang kaum Hinweise,
Hofstetten    70 %                                                                                                          dass das VBS die Sorgen der
Schwanden     68 %                 Am 3. November 2005 lancierte Franz Weber die Eidgenössische Volksinitiative 'Ge-        Betroffenen sowie die Fakten-
Brienz        67 %                 gen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten'. Sie war unter anderem eine Reaktion auf          lage ernst nehmen würde.
Meiringen     52 %                 die Umstrukturierung der Luftwaffe im Rahmen der Armeereform XXI, welche zur             Die IGF werde das VBS daher
(«Flugplatz-Gemeinde»!)            Folge hat, dass die F/A-18-Kampfjets seit Jahren vorwiegend über alpinen Gebieten        nun zunächst zu einer Verfü-
Oberried      51 %                 fliegen. Ganz konkret trugen die Diskussionen um den Fluglärm in der Region des          gung auffordern, die Zahl der
                                   Militärflugplatzes Meiringen zur Entstehung der Initiative bei. Sie wollte touristisch   Flugbewegungen mit den be-
Hinzu kommt, dass auch rein        genutzte Erholungsgebiete in der Schweiz durch ein Verbot militärischer Übungsflü-       sonders lauten FA-18-Jets auf
wirtschaftlich gesehen die         ge mit Kampfjets in der heutigen Friedenszeit vor unerträglichem Lärm und inak-          jährlich 1250 zu begrenzen,
Militärfluganlage im Haslital      zeptabler Umweltverschmutzung schützen.                                                  sagt Lärmschutz-Anwalt Pe-
– deren Betrieb im Übrigen         Durch Annahme der Volksinitiative wäre die Bundesverfassung vom 18. April 1999           ter Ettler. «Kommt das VBS
von der IGF gar nicht grund-       wie folgt geändert worden: Art. 74a Lärmschutz (neu) «In touristisch genutzten           der Aufforderung nicht nach,
sätzlich infrage gestellt wird –   Erholungsgebieten dürfen in Friedenszeiten keine militärischen Übungen mit               will sich die Interessenge-
eine minimale Wertschöp-           Kampfjets durchgeführt werden.»                                                          meinschaft ans Bundesver-
fung generiert. Diese steht in                                                                                              waltungsgericht wenden.» In
keinem Verhältnis zu den           Die Initiative war nie gegen die Armee, wohl aber gegen die Auswüchse der Armee          letzter Konsequenz sei auch
wirtschaftlichen      Schäden,     gerichtet. Das F/A-18-Kampfflugzeug ist überdimensioniert, ineffizient und ruinös        ein Gang nach Strassburg
welche sie anrichtet. Sie          für unser Land. Die schweren Umweltbelastungen, die es unseren Alpentälern, d.h.         denkbar.
macht die fragile Randregion       unseren wichtigsten touristischen Erholungsgebieten in Friedenszeiten aufzwingt,
zum Abwanderungsgebiet.            sind völlig unangemessen. Eine zahlenmässige Reduktion und bessere Verteilung            Mit ihrer klaren Stellungnah-
Der Tourismus wird massiv          der Trainingsflüge sowie eine entsprechende Stationierung der Maschinen würde            me haben sich das Haslital
beeinträchtigt. Davon bei-         die Luftwaffe keineswegs mit einem «Groun-ding» bedrohen. Der Einsatz von Flug-          und die Brienzerseeregion für
spielsweise betroffen: das         simulatoren ist ebenfalls eine wirksame Massnahme, um die schädlichen Auswir-            ihre Forderungen nach weni-
über die Landesgrenzen hi-         kungen der Flugzeuge drastisch zu reduzieren.                                            ger Kampfjetflügen und mehr
naus bekannte Freilichtmu-                                                                                                  Rücksicht auf ihren Touris-
se-um Ballenberg oder die          An der Volksabstimmung vom 24. Februar 2008 wurde die Initiative abgelehnt, in
                                                                                                                            mus eine Ausgangsposition
Hotellerie in Brienz.              den vom Kampfjetlärm unmittelbar betroffenen Gebieten jedoch klar angenom-
                                                                                                                            geschaffen, wie sie sie bisher
                                   men.
                                                                                                                            noch nie besassen.
Geradezu absurd mutet es an,                                                                                                                                   ■
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