UNESCO - Deutsche UNESCO-Kommission
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Umschlag:Layout 1 23.05.2008 21:47 Seite 1 1|2008 UNESCO heute ZEITSCHRIFT DER DEUTSCHEN UNESCO-KOMMISSION Inhalt ➜ Moderne Wissens- gesellschaften und die Versprechen des Internets ➜ Medienkompetenz und Lernen im Internet ➜ Projektbeispiele Wissen im Web ➜ Interview mit Peter Schaar: Datenschutz im Internet ➜ Beiträge von Bernd Bischoff Abdul Waheed Khan Barbara Lison Celina Ramjoué Andreas Vogel
Umschlag:Layout 1 23.05.2008 21:43 Seite 2 © ZKM, Foto: ONUK © ZKM, Foto: ONUK Außenansicht des ZKM Nam June Paik: Internet Dream, 1995, Videoinstallation © ZKM, Foto: ONUK © ZKM, Foto: ONUK Mogens Jacobsen: Hørbar/Audiobar, 2007, interaktive Klanginstallation Ausstellungsansicht Mit der Ausstellung »YOU_ser. Das Jahrhundert des Konsumenten« thematisiert das ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Das ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe zeigt bis 6. Januar 2009 die Ausstellung »YOU_ser. Das Jahrhundert des Karlsruhe die Weiterentwicklung der Interaktivität in den globalen Weiten des Web 2.0. Eindrücke der Ausstellung vermitteln Konsumenten« die Fotos in diesem Heft. Informationen zur Ausstellung auf Seite 72.
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 1 UNESCOheute 1|2008 1 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Wissen wird immer mehr zur entscheidenden Res- von »Wissen im Web« auf. Der Schwerpunkt liegt source für Wohlstand und die Freiheit, über Lebens- dabei auf der Bildung im Internetzeitalter. optionen entscheiden zu können. Wissen ist eine wesentliche Grundvoraussetzung für demokratische Mit einer kritischen Bestandsaufnahme zum Wandel in Mitwirkung. Diese Erkenntnis hat schon vor mehr als Wissenserwerb und -vermittlung durch das Internet 60 Jahren die Mütter und Väter der UNESCO be- und zur Rolle der UNESCO bei der Förderung von wogen, das Konzept des Wissenszugangs als zentrales Wissensgesellschaften leitet Abdul Waheed Khan Element in der Verfassung der Organisation zu ver- dieses Heft ein. Andreas Vogel stellt mit dem Bericht ankern. Heute ist es so wichtig wie nie zuvor. Daher ist der Expertenkommission »Bildung mit neuen Medien« es nur folgerichtig, dass die UNESCO die Förderung aktuelle politische Überlegungen in Deutschland vor. moderner Wissensgesellschaften, in denen der Zugang Gabi Reinmann und Hermann Engesser beschäftigen zu Information und Bildung ebenso verwirklicht ist wie sich mit den Begriffen Information, Wissen und Meinungsfreiheit und kulturelle Vielfalt, als eine ihrer Bildung im Internetzeitalter. wichtigsten Aufgaben ansieht. Andere haben das übrigens auch erkannt, nicht zuletzt der Weltgipfel Wie verändert das Internet das Lernen in verschiede- Informationsgesellschaft, in den die UNESCO dieses nen Bildungsstufen? Die Artikel von Dirk Frank und Konzept mit Erfolg eingebracht hat – ein wichtiger Michael Schopen, Uwe Hochmuth und Michael Schritt. Mangold, Rolf Schulmeister sowie Friedrich W. Hesse und Maike Tibus beschäftigen sich mit dem Einsatz Am 30. April 2008 feierte das frei zugängliche Internet des Internets in Schule, Berufsbildung, Hochschule seinen 15. »Geburtstag« – so lange erst gibt es und im informellen Bereich. Celina Ramjoué stellt Browser für das World Wide Web. Inzwischen nutzen Chancen und Herausforderungen des »Open Access«- 1,3 Milliarden Menschen weltweit das Internet, ein Modells vor, das kostenlosen Zugang zu Forschungs- Fünftel der Weltbevölkerung. Ganz zweifellos birgt das ergebnissen ermöglichen soll. Welche Rolle spielen Internet enorme Potenziale für den Aufbau von Wis- heute Bibliotheken beim Lernen auf allen Bildungs- sensgesellschaften. Es ermöglicht technisch die welt- stufen? Sie sichern als öffentliche Institution Zugang weite Verbreitung von Information und Wissen und die zu allen Medienformen und Inhalten für die Zivilgesell- globale Vernetzung von Individuen und Interessen- schaft, so das Fazit von Barbara Lison. gruppen. Der Umfang der im Internet veröffentlichten Informationen wächst rasant, zahllose innovative An- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit gebote ermöglichen dem Nutzer Zugang zu Wissen. das Internet den Aufbau von Wissensgesellschaften Immer mehr Universitäten machen Lernangebote und voranbringt? Mit den Online-Enzyklopädien Wikipedia Forschungsergebnisse online zugänglich. Die freie und Meyers Lexikon Online stellen Arne Klempert und Online-Enzyklopädie Wikipedia umfasst zurzeit mehr Bernd Kreissig zwei Modelle zur Qualitätssicherung als zehn Millionen von Internetnutzern verfasste Artikel vor. Dirk Lewandowski beschäftigt sich mit dem wohl in 200 Sprachen. wichtigsten Schlüssel zum Internet, den Suchmaschi- nen, die heute wesentlich darüber entscheiden, Doch inwiefern realisiert sich dieses Potenzial des welche Informationen als wichtig wahrgenommen Internets zur Förderung von Wissensgesellschaften werden. »Wir brauchen nicht mehr und nicht weniger tatsächlich? Was können Internetangebote dabei leis- als eine neue Datenschutzkultur«, so das Fazit des ten, was nicht? Wie verändert das Internet Strukturen Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die des Wissenserwerbs und der Wissensvermittlung? Informationsfreiheit Peter Schaar im Interview mit Wie kann die Qualität von Informationen im Web UNESCO heute. Was bedeutet Medienkompetenz gesichert werden? Welche Kompetenzen muss der heute und wie ist es um die tatsächlichen Kompetenzen Nutzer erwerben? Dieses Themenheft von UNESCO der Nutzer bestellt? Diesen Fragen gehen Dorothee M. heute zeigt Trends, Chancen und Herausforderungen Meister und Bianca Meise nach. Debora Weber-Wulff
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 2 2 UNESCOheute 1|2008 setzt sich mit der unter Lernenden weit verbreiteten Repräsentativität noch Vollständigkeit. Es handelt sich »Copy & Paste-Mentalität« auseinander. um Projekte, die uns beispielhaft und inspirierend er- scheinen, mit vielen von ihnen arbeitet die DUK auf Das Heft schließt mit neuen Chancen, die das Internet die eine oder andere Weise zusammen. Sehr herzlich zur Förderung wichtiger Anliegen der UNESCO eröff- danken wir dem Zentrum für Kunst und Medientech- net. Carl Philipp Burkert beschreibt Konzepte der nologie in Karlsruhe, das uns eine Auswahl großartiger politischen Bildung im Internet. Walter F. Kugemann Fotos aus seiner Ausstellung »YOU_ser. Das Jahrhun- und Bernd Bischoff zeigen auf, dass das Internet die dert des Konsumenten« zur Bebilderung des Heftes zur Bildung benachteiligter Gruppen und die Integration Verfügung gestellt hat. Wie der Lernende im Web 2.0. von Migranten in erheblichem Maße voranbringen immer häufiger auch Produzent von Wissen ist, kann kann. Welche Entwicklungsmöglichkeiten der Einsatz der Besucher dieser anregenden Ausstellung die Inhalte von Informations- und Kommunikationstechnologien der web-basierten Kunstwerke selbst bestimmen. Entwicklungsländern eröffnen kann, aber auch, welche Schwierigkeiten damit verbunden sind, legen Günter »Information and communication technologies have a Podlacha und Til Schönherr dar. central role to play in the quest for development, dignity and peace«, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im Eine über das Heft verteilte Auswahl von Projektbei- Februar 2007 – und fast unwillkürlich möchte man hin- spielen zeigt, wie Wissensgesellschaft durch das zufügen »…and in the quest for knowledge«. In diesem Internet ganz konkret und tagtäglich gestaltet wird. Sinne wünschen wir Ihnen eine inspirierende Lektüre. Diese Auswahl beansprucht selbstredend weder Foto: DUK Foto: DUK Jörg Tauss, Vorsitzender des Fachausschusses Dr. Barbara Malina, Referentin für Bildung und Kommunikation und Information der DUK, Kommunikation / Information der DUK Mitglied des Bundestages
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 3 3 Inhalt UNESCO heute Nr. 1/2008 (1. Halbjahr) Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Jörg Tauss / Barbara Malina Moderne Wissensgesellschaften und die Versprechen des Internets . . 5 Abdul Waheed Khan »Web 2.0: Strategievorschläge zur Stärkung von Bildung und Innovation in Deutschland« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Zum Bericht der Expertenkommission »Bildung mit neuen Medien« Andreas Vogel Wissen und Information im Zeitalter des Internets . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Gabi Reinmann Bildung im Stand-by-Modus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Zum Bildungsbegriff im Internetzeitalter Hermann Engesser Vom Hilfsmittel zur Lernumgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Digitale Medien in der Schule Dirk Frank / Michael Schopen Niederschwelliger Zugang zu beruflicher Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Welche Chancen bietet das Web 2.0? Uwe Hochmuth / Michael Mangold E-Learning im Studium: Schwachstellen ausgleichen . . . . . . . . . . . . . 27 Rolf Schulmeister Informelles Lernen im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Perspektiven aus lernpsychologischer Sicht Friedrich W. Hesse / Maike Tibus Open Access . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Den Zugang zu Forschungsergebnissen fördern Celina Ramjoué Titelfoto: PIPS:lab. Luma2solator, 2004, Die Rolle der Bibliotheken im Internetzeitalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 interaktive Nutzer-Installation Barbara Lison Foto © PIPS:lab
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 4 4 UNESCOheute 1|2008 Qualitätssicherung im Netz: das Beispiel Online-Enzyklopädien Arne Klempert: die Online-Enzyklopädie Wikipedia . . . . . . . . . . . . . . 41 Bernd Kreissig: Meyers Lexikon online . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Informationen finden im Netz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Der Einfluss von Suchmaschinen Dirk Lewandowski »Wir brauchen nicht mehr und nicht weniger als eine neue Datenschutzkultur« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Interview mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar Medienkompetenz als lebenslange Herausforderung . . . . . . . . . . . . . 53 Dorothee M. Meister / Bianca Meise »Wieso, im Internet ist doch alles frei?« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Copy & Paste-Mentalität unter Lernenden Debora Weber-Wulff Politische Bildung im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Carl Philipp Burkert Informationstechnologie und Bildung für benachteiligte Gruppen . . . 62 Walter F. Kugemann »E-Inclusion« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Integration von Migranten mithilfe des Internets Bernd Bischoff E-Learning und Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Verringerung der digitalen Kluft Günter Podlacha / Til Schönherr Vernetzung von Kunst und Neuen Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Das ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe Impressum UNESCO heute (ISSN 0937-924X) Redaktion: Layout: MediaCompany GmbH Antonie Curtius, Dr. Barbara Malina Herausgeber: Satz und Druck: Medienhaus Plump, (verantwortlich) und Kurt Schlünkes Deutsche UNESCO-Kommission e.V. Rheinbreitbach Präsident: Walter Hirche Redaktionelle Kürzungen, Bildauswahl, Auflage: 6.500 Vizepräsidenten: Dr. Verena Metze- Überschriften und Veröffentlichung Mangold, Prof. Dr. Hermann Schäfer der eingesandten Artikel bleiben der UNESCO heute wird auf chlorfrei Generalsekretär: Dr. Roland Bernecker Redaktion vorbehalten. Namentlich gebleichtem Papier gedruckt. gekennzeichnete Artikel geben nicht Redaktionsanschrift: immer die Meinung der Redaktion unesco heute online Colmantstraße 15, 53115 Bonn wieder. www.unesco-heute.de Telefon (0228) 60 497-0 Fax (0228) 60 497-30 Erscheint halbjährlich. Bezug und UNESCO heute wird vom Auswärtigen E-Mail: sekretariat@unesco.de Abdruck frei. Amt der Bundesrepublik Deutschland www.unesco.de Quellenangabe: UNESCO heute. unterstützt. Belegexemplar erbeten. Kostenlose Abonnements an Privat- anschriften werden auf ein Jahr befristet.
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 5 5 © PIPS:lab, Foto: PIPS:lab PIPS:lab. Luma2solator, 2004, interaktive Nutzer-Installation Abdul Waheed Khan Moderne Wissensgesellschaften und die Versprechen des Internets Die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien während der letzten Jahr- zehnte hat die Voraussetzungen für den Aufbau moderner Wissensgesellschaften grundlegend verändert. Das Internet scheint sich als Medium par excellence zur globalen Informationsverbreitung und Kommunikation herauszubilden – aber trägt es tatsächlich dazu bei, Wissensgesellschaften aufzubauen und zu fördern? Welchen Chancen und Herausforderungen sehen wir uns gegenübergestellt, und wie kann die UNESCO an der Gestaltung moderner Wissensgesellschaften mitwirken? Das letzte Jahrhundert war vom Sie- lutionierte: das Internet. Am 30. April damals bezeichnete Tim Berners-Lee, geszug verschiedenster Technologien 1993 wurde das World Wide Web der Erfinder des World Wide Web, zur Informations- und Wissensver- offiziell freigegeben. Damit hatte sich das neue Netzwerk als »Medium für breitung geprägt, wie dem Telegra- das Internet als Massenmedium die menschliche Kommunikation: phen, dem Telefon, dem Radio, dem durchgesetzt. Es ermöglichte eine bei- Kommunikation durch Austausch von Computer. Doch erst im letzten Jahr- spiellose Integration verschiedenster Wissen« (www.w3.org/1998/02/ zehnt kam ein gänzlich neuartiges Me- Dienstleistungen in ein und dieselbe Potential.html). dium auf, das die gesamte mensch- Technik und markierte den Beginn liche Kommunikation in noch nie einer neuen Ära der Kommunikation Der Aufstieg des Internets rief dagewesener Art und Weise revo- und Wissensvermittlung. Schon enthusiastische Reaktionen von
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 6 6 UNESCOheute 1|2008 Computerspezialisten, Theoretikern Tunis abgehalten wurde. Aus der und Politikern hervor. Aber es waren Überzeugung heraus, dass jeder, und vor allem die normalen Nutzer, die mit ganz besonders Minderheiten und Begeisterung die neue Technologie Randgruppen, von den Möglichkeiten des WWWs mit seinem immer grö- der Informations- und Kommunika- Eine neue Ära der ßeren Netz aus untereinander ver- tionstechnologien und speziell des In- Kommunikation und linkten Dokumenten, Bildern und ternets profitieren können, bestand Wissensvermittlung anderen Quellen und die weiteren allgemeiner Konsens über den drin- Dienste des Internets, wie E-Mail, genden Bedarf, den Zugang zu Infor- gemeinsamer Datenzugriff und In- mationsinfrastrukturen und -tech- stant-Messaging, aufnahmen. Die Zahl nologien zu verbessern. Neben der der Internetnutzer stieg von ein paar Zugangsfrage sahen die Vertreter der Vereinzelten zu Beginn der 1990er am Weltgipfel teilnehmenden Staaten Jahre auf bereits 16 Millionen im Jahr die größte Herausforderung jedoch 1995 und über 300 Millionen zum darin, die Kompetenzen auszubilden, Jahrtausendwechsel. Laut Internet die zur Nutzung dieser Technologien World Statistics beträgt die Anzahl nötig sind. Zudem sollten sowohl die der Internetnutzer inzwischen über Sicherheit und das Vertrauen in diese 1,3 Milliarden, das entspricht einem Technologien verstärkt werden, als Fünftel der Weltbevölkerung. auch der Respekt vor der kulturellen Vielfalt im Netz gewährleistet und die Das Mandat der UNESCO ethischen Dimensionen der Informa- tionsgesellschaft stärker berücksich- Die UNESCO erkannte frühzeitig das tigt werden. enorme Potenzial des neuen Me- diums. Aufgrund der vereinfachten Die Informations- und Möglichkeit, neue Informationen zu Wissenskluft produzieren, zu bewahren und zu ver- breiten, erschien das Internet als das Genau fünfzehn Jahre nach der of- ideale Mittel zur Umsetzung des fiziellen Einführung des World Wide UNESCO-Mandats, »den freien Aus- Web und einige Jahre nach dem Welt- Die »Informationskluft« tausch von Ideen durch Wort und Bild gipfel liegt noch ein weiter Weg bis zwischen Industriestaaten zu erleichtern« und durch »freien zum gleichen Zugang zu Information und Entwicklungsländern: Meinungs- und Wissensaustausch die und Wissen in allen Ländern vor uns. Beziehungen zwischen den Völkern zu Das Potenzial des Internets als welt- • Nur sechs Prozent der entwickeln und zu vertiefen« (Ver- weites Kommunikations- und Infor- afrikanischen Bevölkerung fassung der UNESCO, Präambel und mationsmedium, das die Verbreitung besitzen ein Fernsehgerät, Artikel I.2). Die hohe Interaktivität des von Wissen vereinfacht, ist noch lan- nur jeder fünfte Afrikaner neuen Mediums erlaubte nicht nur ge nicht überall verwirklicht. besitzt ein Radio. deutlich mehr Nutzern, auf Inhalte zuzugreifen und an deren Gestaltung Dabei konnten wir in den letzten Jah- • 80 Prozent der Bevölkerung mitzuwirken, als das bei traditionellen ren immer häufiger feststellen, wie in Europa haben Zugang zu nationalen Zeitungen, Medien der Fall war. Es bot vor allem stark die globale Entwicklung von der während es in Afrika, die Möglichkeit, die ganze Welt mit- Fähigkeit abhängt, Information und Lateinamerika und vielen einander zu vernetzen. Dies ließ die Wissen effektiv zu produzieren, zu Teilen Asiens weniger als Vision eines universellen Ideen- und verbreiten und zu nutzen. Jenseits der 25 Prozent sind, in manchen Wissensaustauschs zwischen Men- unbestreitbar wichtigen Rolle der Ländern nicht einmal zwei schen aller Völker der Welt, unge- Technologien sind Informationsmana- Prozent. achtet ihrer Sprache und Kultur, ihres gement und Wissenserwerb von Alters und sozialen Status’, in greif- wachsender Bedeutung für die glo- • In vielen Entwicklungs- bare Nähe rücken. bale Wettbewerbsfähigkeit jedes ländern liegt der Anteil Landes. der Bevölkerung, der Formale Anerkennung erhielten diese Zugang zum Internet hat, bei weniger als einem Versprechen während des UN-Welt- Viele Entwicklungsländer im asiati- Prozent. gipfels zur Informationsgesellschaft schen Raum und einige afrikanische (World Summit on the Information Länder holen jetzt erst auf. Sie sind Society), der 2003 in Genf und 2005 in auf dem Weg, ihren Bürgern einen
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 7 7 besseren Zugang zu neuen und alten systemen, die uns weit über die Medien und damit den Empfang und klassischen, auf Mensch-Maschine- die Weitergabe von Informationen zu Interaktion beruhenden Netzwerk- ermöglichen. Andere Länder allerdings systeme hinausbefördert. geraten aufgrund des mangelnden Zugangs zu Information, Wissen und Parallel dazu gewinnen Netzwerk- Das Internet als Mittel zur technischem Know-how immer gemeinschaften immer mehr an Be- Umsetzung des UNESCO- stärker ins wirtschaftliche Abseits. deutung. So erlebt die zweite Gene- Mandats, durch »freien ration der Web-Technologie, das Web Meinungs- und Wissens- Die Kluft zwischen Industriestaaten 2.0, einen raschen Aufstieg. Mit Hilfe austausch die Beziehungen und Entwicklungsländern besteht wei- von Plattformen wie Wikipedia inter- zwischen den Völkern zu terhin und geht weit über den schlich- agieren Internetnutzer miteinander entwickeln und zu ten Zugang zu Informationstechnolo- und unterstützen sich gegenseitig im vertiefen«. gien und zum Internet hinaus. Sie be- Aufbau von neuem Wissen, indem sie trifft vielmehr alle vier Elemente, die beständig Informationen austauschen, für die UNESCO Bausteine von Wis- sammeln und korrigieren. In virtuellen sensgesellschaften darstellen: sozialen Netzwerken entstehen neue Wissensaufbau, Wissenserhaltung, Formen des Datenaustauschs und der Wissenserwerb und Wissensaus- kreativen Zusammenarbeit. tausch. Das UNESCO-Konzept der Wissensgesellschaften ist noch lange nicht Wirklichkeit geworden, zu- mindest in den meisten Teilen der Demokratiebildung Welt. im Internet weltweit Dieses Konzept beruht auf einer soli- www.dadalos.org darischen, pluralistischen und ganz- heitlichen Sichtweise. Es beinhaltet eine klar entwicklungsorientierte Per- Was bedeutet Demokratie? Welche Menschenrechte gibt es? Wie funktioniert die spektive und berücksichtigt die Kom- EU? Und wie unterrichtet man solche Themen? Auf diese Fragen gibt der interna- plexität und Dynamik der aktuellen tionale UNESCO-Bildungsserver D@dalos Antworten. Globalisierungsprozesse. Es beruht auf unserer Überzeugung, dass das Das Projekt ist aus der Zusammenarbeit der deutschen UNESCO-Projektschulen Tempo globaler Entwicklungsprozesse mit Partnerschulen in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens hervorgegangen. davon abhängt, inwieweit wir Wis- 1998 beschloss ein deutsches Team den Aufbau des Bildungsservers, um die sensklüfte vermindern können. Die Demokratie- und Friedenserziehung an Schulen in Südosteuropa zu fördern. rasanten Veränderungen in der Welt Heute stehen elf Online-Lehrbücher in neun Sprachen (in allen Sprachen des der Informations- und Kommunika- ehemaligen Jugoslawiens sowie Bulgarisch, Englisch und Deutsch) kostenlos zur tionstechnologie, besonders neu auf- Verfügung: Baukästen, in denen sich Lehrerinnen und Lehrer Hintergrundinfor- kommende Technologien wie Handy mationen und Unterrichtsmaterialien zu den Themen Menschenrechte, Demokratie oder Breitband, können uns dabei und Friedenspädagogik je nach Bedarf aussuchen können. Für Fortbildungen wie helfen. zum Beispiel Computerkurse und Seminare zur Politikdidaktik dient die Website als wichtigste begleitende Ressource. Über acht Millionen Besucher weltweit Weltweit zählen wir heutzutage über haben sie bisher genutzt. Der Bedarf nach einem zielgruppenspezifischen Angebot drei Milliarden Besitzer von Mobil- im Bereich Demokratieerziehung ist groß. telefonen und über eine Milliarde Internetnutzer. Beflügelt von den Der Bildungsserver wurde mit finanzieller Unterstützung des Auswärtigen Amtes, Kombinationsmöglichkeiten digitaler der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Deutschen UNESCO-Kommission aufgebaut. Technik haben sich alle gängigen Netz- Die beiden Träger – der Verein Pharos e.V. Stuttgart (www.pharos-online.org) und werk- und Servicetechnologien dras- D@dalos Sarajevo – bemühen sich um eine Erweiterung des Bildungsservers um tisch fortentwickelt, indem sie ver- französische, russische, arabische und chinesische Sprachversionen. schiedene Dienste für Video-, Audio- und Datenübertragung mit der Möglichkeit zur Sprechverbindung kombinierten. Damit ist der Weg frei für die erste Welle von wirklich allumfassenden Kommunikations-
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 8 8 UNESCOheute 1|2008 © Axel Roch/Mehi Yang, Foto: Axel Roch/Mehi Yang Axel Roch/Mehi Yang. mikrogalleri.es, 2007, interaktive Netz-Plattform Aufgrund der immer Neue Herausforderungen »Internet Governance Forum« (www. höheren Komplexität des intgovforum.org) den politischen Dia- Internets wächst der Bedarf Neben den großen Vorteilen bringt der log über die ethischen Dimensionen an Kompetenzen, die wir technische Fortschritt jedoch neue des Internets, die Verwirklichung der Herausforderungen mit sich, denen Vielsprachigkeit im Internet und die brauchen, um von diesen sich auch die UNESCO stellen muss. Verbesserung von Nutzungsbedingun- Technologien profitieren Aufgrund der immer höheren Kom- gen und -kompetenzen. zu können. plexität des Internets und auch der anderen Informations- und Kommu- Die »Kronberger Erklärung« nikationsmedien wächst der Bedarf an Kompetenzen, die wir brauchen, um Im Sommer 2007 diskutierte eine von diesen Technologien profitieren zu Expertengruppe auf einem von der können. Während meist die Frage des UNESCO und der Deutschen Zugangs zu digitalen Medien im Fokus UNESCO-Kommission organisierten steht, konzentriert sich die UNESCO Treffen in Kronberg über die Zukunft eher auf den Inhalt der Informations- von Wissenserwerb und Wissensver- medien und die Fähigkeiten der Men- mittlung in den nächsten fünfund- schen, Information und Wissen effi- zwanzig Jahren. Die Teilnehmer hiel- zient zu nutzen. ten fest, dass die Informations- und Kommunikationstechnologien enorme Benachteiligte Völker und Gemein- soziale Veränderungen mit sich brin- schaften müssen einerseits dazu gen. Deshalb betont die »Kronberger befähigt werden, Information zu Erklärung« (www.unesco.de/ schaffen und langfristig zu bewahren. kronberg_declaration.html) die Die »Kronberger Erklärung« Andererseits benötigen sie das nötige Chancen der Bildung durch das In- betont die Chancen für die Know-how für die Nutzung von Tech- ternet. Es geht darum, die Infor- Bildung. nologien, die ihnen erlauben, ihre ei- mations- und Kommunikationstech- genen und die von anderen bereit- nologien in den Dienst der modernen gestellten Informationen abzurufen. Wissensgesellschaften zu stellen, in Erst die effektive Verwendung von denen das Ziel einer Bildung für alle Informationen führt zum Aufbau von Menschen im Mittelpunkt steht. neuem Wissen und damit zu gesell- schaftlichem Fortschritt. Aus diesem Es ist zu vermuten, dass Wissens- Grund wirkt die UNESCO an Aktivi- erwerb und -weitergabe in Zukunft täten mit, die den Nutzen des Inter- immer stärker von technischen Ent- nets erhöhen sollen. So unterstützt wicklungen geprägt sein werden und sie beispielsweise im Rahmen des Informations- und Kommunikations-
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 9 9 prozesse daher weiterhin enormen kürzungen werden Kulturen entweder Veränderungen unterworfen sein homogenisieren oder polarisieren; der werden. In den kommenden Jahr- Zugang zum Internet wird uns entwe- zehnten wird die Bedeutung von Fak- der auseinander treiben oder einander tenwissen abnehmen, während es näher bringen; der Pfad wird uns ent- immer wesentlicher wird, sich in weder zu Neid und Hass führen oder einem komplexen System aus Daten zu Frieden und Einvernehmen.« zurechtzufinden, relevante Informa- tionen sowohl finden als auch be- Ich habe großes Vertrauen, dass wir werten und kreativ nutzen zu können. fähig sind, den zweiten Pfad zu wäh- Foto: DUK Tim Berners-Lee sah schon vor über len und alle Möglichkeiten des Inter- zehn Jahren voraus: »Das Netz wird nets zu nutzen, um die »Wissens- erhebliche Auswirkungen auf die kluft« zwischen den Ländern zu Abdul Waheed Khan ist Märkte und Kulturen der ganzen Welt schließen und die Grundlagen für Beigeordneter General- haben: Intelligente Auftraggeber wer- moderne Wissensgesellschaften direktor der UNESCO den die Märkte entweder stabilisieren überall in der Welt zu schaffen. für Kommunikation und oder destabilisieren; die Distanzver- Information. Andreas Vogel Web 2.0: Strategievorschläge zur Stärkung von Bildung und Innovation in Deutschland Zum Bericht der Expertenkommission »Bildung mit neuen Medien« Ende 2006 berief die Bundesminis- einer öffentlichen Beteiligung im wicklung aufzuspüren und auszu- terin für Bildung und Forschung Netz. Web 2.0 ist zur Metapher für schöpfen. (BMBF), Dr. Annette Schavan, eine neue nutzerbetriebene Internet- Expertenkommission zum Thema anwendungen geworden, die großes Web 2.0 wird als Herausforderung »Bildung mit neuen Medien«. Ziel Innovationspotenzial versprechen. und als Chance begriffen. Dabei war es, die zukünftige Entwicklung Das Strategiepapier skizziert wesent- steigen nicht nur die Anforderungen des Internets und seines wachsen- liche Entwicklungslinien des Web 2.0 an die kommerziellen Anbieter, son- den Anwendungspotenzials in Bil- sowie damit verbundene bildungs- dern auch an die Nutzer. Der Umgang dungskontexten zu untersuchen und und innovationspolitische Heraus- mit der neuen Vielfalt muss erlernt Handlungsempfehlungen für die För- forderungen. werden. Die Fähigkeit, sich gestal- derpolitik des BMBF zu erarbeiten. tend in dieser Welt bewegen zu kön- In seinem Bericht »Web 2.0: Strate- Lehr- und Lernprozesse werden sich nen, ebenso wie das Vermögen von gievorschläge zur Stärkung von Bil- verändern. Dies gilt insbesondere Unternehmen und Institutionen, sich dung und Innovation in Deutschland« auch für das informelle Lernen, das durch Nutzen der Potenziale Wett- vom 12. März 2007 setzt sich das 14- im beruflichen Bereich zunehmend bewerbsvorteile zu erschließen, er- köpfige Expertengremium mit dem an Bedeutung gewinnt. Die Mit- fordern eine enge Verzahnung von Schub an innovativen Anwendungen glieder der Expertenkommission sind Kompetenzentwicklung, Wissens- auseinander, den das Internet derzeit der Ansicht, dass es gerade in der aneignung und Arbeitsprozessen. erfährt. Charakteristisches Merkmal jetzigen Pionierzeit wichtig ist, im Auf Bildung und Wissenschaft dieser Entwicklung ist die Bildung Rahmen staatlicher Innovationspro- kommt hier eine besondere Rolle zu. von Communities jedweder Art, also gramme die Potenziale dieser Ent- Beide sind originäre Bereiche der
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 10 10 UNESCOheute 1|2008 Wissensarbeit, die selbst dem tech- voranbringt, sollte laut der Experten- der Internet-Technologie für Deutsch- nologischen Wandel ausgesetzt sind. kommission folgende Ziele verfolgen: land auszuschöpfen, muss eine Viel- Nach Ansicht der Experten müssen • dem Markt für innovative wissens- zahl von neuen Web-2.0-basierten entsprechende Pilotumgebungen ge- intensive Produkte und Dienst- Anwendungen für die Wissens- schaffen werden, Beispiellösungen leistungen einen starken Impuls gesellschaft geschaffen werden. entwickelt und die erforderlichen geben, Erfolgsfaktoren für den Einsatz von Kompetenzen aufgebaut werden, • die durch die Informations- und Web- 2.0-Anwendungen müssen die zur Erprobung neuer Formen der Kommunikationstechniken und identifi-ziert und gestärkt werden. Wissensarbeit und des Lernens er- insbesondere durch Web-2.0 Dadurch können dann Nutzer zu forderlich sind. Der aktuell stattfin- induzierten Strukturveränderungen effizienten und effektiven Inter- dende technologische Wandel im beschleunigen, aktions- und Kooperationsformen Web 2.0 bietet also große Chancen • neue Formen von Arbeits- und angeregt werden. für die Umsetzung der notwendigen Qualifizierungsprozessen fördern, Innovationen in Bildungsprozessen, • ein Klima für Innovationen in dem Nach Meinung der Expertenkommis- die wiederum Anstoß für weitere Wachstumsmarkt der Informations- sion sind Fördermaßnahmen bevor- Innovationen bei Produkten und und Wissensverarbeitung und zugt auf Ziel- und Gesellschaftsgrup- Dienstleistungen sein können. für die Weiterentwicklung des pen zu fokussieren, in denen das Internets schaffen, Potenzial von kollaborativen Arbeits- Eine politische Initiative, die eine • die digitale Spaltung mildern. formen besonders hoch einzuschät- schnelle und breite Anwendung von zen ist. Wegen der Vorreiterrolle von Web-2.0-Techniken und deren Die Arbeitsgruppe gibt drei Hand- Bildung und Wissenschaft in dem Weiterentwicklung in Deutschland lungsempfehlungen. Um Potenziale Feld der Wissensarbeit sollte auch © ZKM, Foto: ONUK Catalina Ossa/Enrique Rivera. MULTINODE_METAGAME, 2007, interaktive Nutzer-Installation
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 11 11 © ZKM, Foto: ONUK Jeffrey Shaw/Peter Weibel. YOUbiläums Browser, 2007, interaktive Daten-Installation der Schwerpunkt der Maßnahmen in diesen Bereichen liegen. Flankierend dazu ist es aber auch notwendig, Lehrer-Online und lo-net² – Kompetenzen der Bürger im Umgang Unterrichten mit digitalen Medien mit entsprechenden Technologien zu stärken, um so die digitale Spaltung www.lehrer-online.de abzumildern. Lehrer-Online ist eine Service- und Informations- Um die genannten Handlungsemp- plattform für Lehrerinnen und Lehrer, die digitale fehlungen umzusetzen, werden von Medien stärker in den Unterricht einbeziehen der Arbeitsgruppe Maßnahmen in möchten. Individuell adaptierbare Unterrichts- den Bereichen Leuchtturmprojekte, materialien, Rezensionen, Linksammlungen und mehr – Lehrer-Online bietet alles, Ausarbeitung eines Forschungs- und was beim Unterrichten mit digitalen Medien hilft und die Vorbereitung erleichtert. Innovationsprogramms und Qualifi- Ergänzend dazu informieren aktuelle Meldungen über Neues aus der Bildungswelt. zierung der Nutzer empfohlen. Dabei Das Projekt wird von der lo-net GmbH betrieben. kann nach Ansicht der Experten die Initiative Web-2.0 des BMBF einen www.lo-net2.de substanziellen Beitrag zu Innovatio- nen in Deutschland leisten und zur Neben den inhaltlich ausgerichteten Bereichen von Qualifizierung im Umgang mit und Lehrer-Online unterstützt die Lern- und Arbeitsplatt- über digitale Medien beitragen. form lo-net² den Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden. Bei lo-net² können Schulen sich intern Ministerialrat Dr. Andreas Vogel ist sowie mit anderen Einrichtungen virtuell vernetzen. Erprobte Kommunikations- Leiter des Referats »Neue Medien in der werkzeuge ermöglichen die Einbindung digitaler Medien in den Schulalltag. Bildung« im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). @ Der Bericht der Expertenkommission ist unter www.bmbf.de/pub/expertenkommission_web20.pdf abrufbar. Inzwischen ist auf der Grundlage der Empfehlungen auch eine Förderbekanntmachung des BMBF erfolgt (www.bmbf.de/foerderungen/12128.php).
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 12 12 UNESCOheute 1|2008 Gabi Reinmann Wissen und Information im Zeitalter des Internets © ZKM, Foto: ONUK the Slatelliterates. ZKM_YOUniverse in Second Life, 2007, interaktive Nutzer-Installation (cc) the Slatelliterates, screenshot Die Informationsflut im Internet Wissen – was ist das? Und all das ist Wissen? Auf diese steigt unaufhörlich. Aber steigt da- Frage gibt es keine einfache Antwort: mit auch die Menge und Qualität Wissen – das ist ein Wort, das wir Manche bestreiten, dass dokumen- auch in der Umgangssprache häufig tierte Forschungsergebnisse und die des Wissens der Internetnutzer? verwenden: Wir sprechen davon, in Wort, Text oder Bild gegossenen Was ist der Unterschied zwischen Wissen in der Schule erworben zu Erfahrungen Wissen sind, und ge- Information und Wissen, zwischen haben, und meinen damit Kenntnis- stehen diesen lediglich den Status öffentlichem und personalem se, manchmal auch Fähigkeiten. Wir der Information zu. Diese begriffliche Wissen? Der folgende Artikel klärt gehen davon aus, dass Enzyklopä- Unsicherheit schlägt sich auch in der die Begrifflichkeiten und fragt, dien wissenschaftliches Wissen ent- Kontroverse nieder, ob unsere Gesell- halten, und meinen damit dokumen- schaft eine Wissensgesellschaft oder inwieweit Wissen über das Internet tierte Ergebnisse des Denkens und nicht doch (nur) eine Informations- vermittelt werden kann. Handelns von Forschern aus aller gesellschaft ist. Welt. Wir sagen, dass wir um die Bedeutung einer Sache wissen, und Die Theorie der Strukturgenese meinen damit, verstanden zu haben, (Seiler 2008) betrachtet die Entste- dass etwas wichtig ist. Wenn wir hung von Wissen im Menschen darauf verweisen, dass uns das Le- genauer. Danach ist menschliches ben wissender macht, meinen wir Denken und Handeln weder vor- die Erfahrung, die wir sammeln; gegeben, noch entsteht es aus einer manchmal geben wir diese in Wort, einfachen und schrittweisen Ab- Schrift oder Bild an andere weiter. bildung von Wirklichkeit. Vielmehr
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 13 13 konstruiert jedes erkennende Subjekt lich die zwischen personalem und sein Wissen selbst. Erkenntnisstruk- öffentlichem Wissen. turen, die dem Wissen zugrunde lie- gen, werden aufgebaut, auf die erfah- Information und Wissen – wo ist rene soziale und gegenständliche der Unterschied? Umwelt angewendet (Assimilation) und an das Erfahrene nach und nach Personales Wissen zeichnet sich da- angepasst (Akkomodation). Dieser durch aus, dass es zunächst nur der Vorgang verläuft langsam, kontinu- jeweiligen Person selbst zugänglich ierlich und in Zyklen – ein Leben lang. ist. Es kann aber unterschiedlich be- Dabei beziehen sich Erkenntnisstruk- schaffen sein und seine Beschaffen- Ist unsere Gesellschaft turen nicht nur auf Wahrnehmen, heit ändern: eine Wissensgesellschaft Denken und Problemlösen, sondern • Ein Teil des personalen Wissens oder nur eine Informations- auch auf das Wollen, Fühlen und entsteht aus konkretem körper- gesellschaft? wertbezogene Urteilen des Men- lichen Tun und zeigt sich nur im schen. Handeln oder Problemlösen. Dieses enaktive Wissen (Handlungswis- Nun könnte man an dieser Stelle sen) ist dem Bewusstsein meist einwenden, dass Verständigung zwi- nicht (mehr) zugänglich, es ist schen Menschen unmöglich wird, »stilles« Wissen und weit davon wenn alles Wissen subjektiv kon- entfernt, sprachlich artikuliert zu struiert ist. Man kann in der Tat nicht werden. davon ausgehen, dass jemand genau • Wissen, das unabhängig von Wahr- dieselbe Bedeutung konstruiert, die nehmungen und Handlungen in der ein anderer mit einer Äußerung ge- Vorstellung aktiviert werden kann, meint hat. Die alltägliche Erfahrung nennt man intuitives oder bildhaftes ist voll von Beispielen für eine man- Wissen. Es ist vorbegrifflich, kann gelnde Deckung des Wissens zwi- ebenfalls noch nicht sprachlich ar- schen Personen: man redet aneinan- tikuliert werden und stützt sich auf der vorbei, E-Mails werden fehlge- bildliche Vorstellungen und erfah- deutet, direkte und medienvermittel- rene Beziehungen. te Dialoge laufen aus dem Ruder. • Für die Entwicklung von Erkennt- Dass Verstehen und Austausch nistätigkeit ist das begriffliche Wis- trotzdem bis zu einem gewissen sen entscheidend. Dieser Teil des Was an Wissen öffentlich Grad möglich sind, liegt daran, dass personalen Wissens entsteht durch gemacht wird, wird seit viele Wissensinhalte sozial aus- verschiedene Transformationen aus jeher durch technologische gehandelt, objektiviert und dann – enaktivem und bildhaftem Wissen. Errungenschaften enorm zum Beispiel in Form von Dokumen- Es ist bewusstseinsfähig und kann beeinflusst. ten – materialisiert werden. Hier explizit artikuliert, also auch sprach- kommt eine Unterscheidung ins lich dargelegt werden. Spiel, die indirekt den Informations- begriff in die Diskussion bringt: näm- Personales Wissen ist dem Bewusstsein ist sprachlich Begriffliches Wissen zugänglich artikulierbar Bildhaftes Wissen über Vorstellungen i.d.R. nicht artikuliert z.T. zugänglich Enaktives Wissen nicht (mehr) zugänglich nicht artikulierbar
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:10 Seite 14 14 UNESCOheute 1|2008 Öffentliches Wissen ist Wissen, das macht) wird, unterliegt einer his- im Gegensatz zum personalen Wis- torischen Entwicklung und wird seit sen nicht nur einer Person (der, die jeher durch technologische Errun- das Wissen hervorgebracht hat), genschaften enorm beeinflusst. So sondern auch anderen prinzipiell zu- auch heute: Das im Internet verfüg- gänglich ist. Diese Form des Wissens bare öffentliche Wissen wächst lässt sich mit anderen teilen, weil es unaufhörlich, weil man es immer in irgendeiner Form materialisiert ist. leichter, schneller und in größeren Auch das öffentliche Wissen kommt Mengen verbreiten kann und immer in verschiedenen Ausprägungen vor: mehr Menschen darauf zugreifen. • Kollektives Wissen ist für den Aus- Die digitale Wissenswelt wächst aber tausch von Wissen am wichtigsten. auch deshalb, weil Nutzer des In- Es entsteht, wenn Menschen Be- ternets im Vergleich zu früher öfter deutungen aushandeln, verdichten, von der Konsumenten- in die Pro- vereinheitlichen und systematisch duzentenrolle wechseln und tech- durch Zeichen (vor allem durch nische Werkzeuge zur Publikation von Öffentliches Wissen ist transformiert wird weiter verarbeitet heißt auch Kollektives Wissen in Zeichen durch menschlichen Dialog Information Formalisiertes Wissen nach festen Regeln in elektronischer Form Daten Sprache) darstellen. Diese Form Wissen unkomplizierter werden – des Wissens kann man als Infor- auch für den technischen Laien (Stich- mation bezeichnen. Wissen im wort: Web 2.0). Nun könnte man auf objektivierten Zustand – also Infor- die Idee kommen, man müsse das mation – ist ein in Zeichen »einge- Internet nur sich selbst überlassen, frorenes« Wissen und kann von und das öffentliche, vielleicht auch Individuen aktualisiert und ver- personale Wissen würde quasi selbst- standen werden, die wissen, was organisiert seinen Weg finden. Dem diese Zeichen bedeuten. ist allerdings nicht so. Bei Medien- und • Formalisiertes Wissen ist kollek- Informationskompetenz tives Wissen, das noch einmal nach Mehr denn je wird es für eine Gesell- kann man auch von festgelegten Kriterien und Zuord- schaft wichtig, dafür zu sorgen, dass »persönlichem Wissens- nungsregeln transformiert wird, management« sprechen. sodass Daten entstehen, die sich Literatur elektronisch weiterverarbeiten und speichern lassen. Dies erfolgt • Thomas Bernhard Seiler: jedoch ohne Steuerung und Kon- Wissen zwischen Sprache, trolle denkender Individuen. Information, Bewusstsein. Probleme mit dem Wissens- begriff. MV Wissenschaft, Welchen Einfluss nimmt das 2008. Internet? • The Open Knowledge Jeder baut im Laufe seines Lebens Foundation: The Three personales Wissen auf. Welchen Meanings of Open: Umfang und welche Qualität dieses www.okfn.org/ Wissen hat, ist Ergebnis einer Inter- three_meanings_of_open/ aktion zwischen uns und unserer • Portal für Persönliches Umwelt, also auch dem jeweils Wissensmanagement: öffentlich zugänglichen Wissen. Das www.persoenliches- war doch, so könnte man sagen, wissensmanagement. schon immer so. Was allerdings an com Wissen tatsächlich öffentlich (ge-
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:11 Seite 15 15 Menschen nicht nur über »nutzer- generierte Inhalte« verfügen, die rasch wachsen, ohne dass deren Qualität gesichert ist. Vielmehr muss auch der Zugang zu wissenschaft- lichem oder didaktisch aufbereitetem Wissen möglichst vielen Menschen offen sein, damit jeder sein perso- nales Wissen erweitern oder ver- tiefen kann. Genau das haben Be- wegungen wie Open Educational Resources (OER) zum Ziel: Man kann den OER-Ansatz im weitesten Sinne als einen Wissensmanagement- Ansatz bezeichnen, geht es doch darum, öffentliches Wissen im In- ternet aufzufinden, transparent und Wissen, zugänglich zu machen, es zu verbrei- wie’s geht! ten, bei Bedarf für neue Zielgruppen Zeigen, wie’s aufzubereiten und zu nutzen. Von allein entwickelt sich ein solches geht! Wissensmanagement in den sel- tensten Fällen. Es muss aktiv ge- www.internet-abc.de staltet, gefördert und letztlich auch »belohnt« werden; es muss sich für Das Internet-ABC bietet als Ratgeber im Netz Hilfestellung und Informationen den Staat, die Hochschulen und zum sicheren Umgang mit dem Internet. Die werbefreie Plattform richtet sich an andere Forschungs- und Bildungs- Kinder von fünf bis zwölf Jahren sowie Eltern und Pädagogen. Der Kinderbereich institutionen wie auch für die hält Seiten zum Spielen, Lernen und Kommunizieren bereit, um sich gefahrlos mit forschenden und lehrenden Per- dem Netz vertraut zu machen. Kinder können sich Schritt für Schritt Grundlagen sonen lohnen. aneignen, zum Beispiel zu Viren, Chat oder Sicherheit im Netz. Sie haben auch die Möglichkeit, sich zu jedem Thema Rat von einem Experten einzuholen. Die Der Einzelne kann sich dabei weder Features im Erwachsenenbereich liefern Tipps und Informationen rund um das zurücklehnen und darauf hoffen, dass World Wide Web. Eltern erwerben Kenntnisse, die sie ihrem Kind weitervermitteln man ihm die freien Bildungsressour- können. Pädagogen erhalten Anregungen für die Praxis, in Form von fachgerecht cen zuhause vorbeibringt, noch sollte aufbereiteten Unterrichtseinheiten für die Primarstufe. er sich der Illusion hingeben, es ge- nüge der Zugang zu öffentlichem Herausgeber der Website ist der Verein Internet-ABC e.V., dem zwölf Landes- Wissen als Ersatz für die mühsame medienanstalten angehören. Die Deutsche UNESCO-Kommission hat die Entwicklung eigenen personalen Schirmherrschaft über die Plattform. Wissens. Wer die im Netz verfüg- bare Information sinnvoll nutzen will, braucht Medien- und Informations- kompetenz: Man muss geeignete Ressourcen finden, beurteilen, aus- wählen, verstehen und letztlich auch anwenden können. Aber Kompeten- zen dieser Art allein genügen im Zeit- alter des Internets nicht: Letztlich sind es das personale Wissen und Bildung, die dem Individuum die Chance geben, an einer Wissens- gesellschaft aktiv zu partizipieren. Prof. Dr. Gabi Reinmann ist Professorin für Medienpädagogik an der Universität Augsburg.
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:11 Seite 16 16 UNESCOheute 1|2008 Hermann Engesser Bildung im Stand-by-Modus? Zum Bildungsbegriff im Internetzeitalter Immer mehr Studierende können dem gesprochenen Wort in Vorträgen nur noch dann folgen, wenn es multimedial unterstützt wird. In diesem »PowerPointilismus« zeigt sich beispielhaft der Übergang vom Lesen und Zuhören zum Schauen. Mit dem stürmischen Wachstum des Internets hat sich auch der Bildungs- begriff verändert. Professionalisierung gewinnt an Bedeutung. Der Weg in die Wiki-Welt Seit der Aufklärung hat das Buch eine besondere Bedeutung bei der Or- ganisation, Verteilung und Vermitt- lung von Bildung und Wissen für die bürgerliche Gesellschaft. Standard- werk der Aufklärung wurde das von D. Diderot und J. le Rond d’Alembert herausgegebene Werk »Encyclo- pédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers«, das von 1751 bis 1780 in 35 Bänden erschien. Etwa 60.000 durch ein Ver- weissystem vernetzte Stichwort- beiträge spiegelten das »gebändigte« Wissen der damaligen Zeit. Ähnliche Digitale Medien in der Bedeutung errangen die von W. Smellie 1768 bis 1771 herausgege- Hochschullehre bene Encyclopaedia Britannica und das von F.A. Brockhaus ab 1805 ver- www.e-teaching.org legte Konversationslexikon. Während Das frei zugängliche Portal e-teaching.org bietet auf über 1000 Seiten wissen- die gedruckte Version der Encyclo- schaftlich fundierte Informationen und praxisorientiertes Wissen zur Nutzung paedia Britannica bereits in den digitaler Medien in der Hochschullehre. Dozenten finden hier Materialien und 1990er Jahren herbe Umsatzrück- Praxisbeispiele zu methodisch-didaktischen, technischen, gestalterischen und gänge hinnehmen musste und nach organisatorischen Aspekten von E-Teaching. Der »NotizBlog« informiert täglich 1995 keine Neuauflage mehr ge- über neue Inhalte und aktuelle Nachrichten aus dem Bereich E-Learning. druckt wurde, schaffte es die »ge- Regelmäßig finden Online-Events wie Live-Webcast oder Chats mit E-Learning- druckte« Brockhaus-Enzyklopädie Experten statt. Über 50 Partnerhochschulen geben auf dem Portal Einblick in gerade noch ins neue Jahrtausend. ihre E-Learning-Aktivitäten. Zum Jubiläum im Jahr 2005 startete Das Portal e-teaching.org wurde von der Bertelsmann Stiftung und der Heinz- der Verlag die Auslieferung der 21. Nixdorf Stiftung 2002 initiiert. Das Institut für Wissensmedien in Tübingen Auflage. Multimediale Versionen wurde mit der Konzeption, redaktionellen Betreuung und Evaluation des Portals wurden parallel dazu im Internet und beauftragt. Finanziert wird das Portal vom Ministerium für Wissenschaft und auf Speichermedien angeboten. Vor Kunst Baden-Württemberg. Verbunden mit der Finanzierung ist der Auftrag, ein einigen Wochen erklärten die Lexi- Landesportal zur Darstellung der E-Learning-Aktivitäten der Hochschulen konmacher aus Mannheim, dass es Baden-Württembergs zu entwickeln. keine weitere Auflage in gedruckter Form mehr geben werde, da es nicht mehr genügend Käufer gebe. Man werde die Brockhaus-Enzyklopädie nur noch im Internet »lesen« können. Im neuen Jahrtausend wurde ein neues, die interaktiven Möglichkeiten
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:11 Seite 17 17 © ZKM, Foto: ONUK Ronald Genswaider. Evolvr, 2007, interaktive Netz-Installation des Internets nutzendes lexikalisches Wissen wird flüchtig garantieren. Die aus der Welt der Wissensprojekt gestartet, die Wiki- Bücher stammende internationale pedia. Zu der 2001 verwirklichten in- Über die Jahrhunderte hat sich ein Standardbuchnummer ISBN wurde ternationalen Internet-Enzyklopädie riesiger Schatz an Wissen auf Buch- 1998 durch den Document Object kann grundsätzlich jeder als Autor seiten angesammelt. Beinahe das Identifier (DOI) ergänzt, der das Auf- sein Wissen beitragen. Nach eigenen gesamte Wissen der Menschheit ist finden von digitalen Inhalten ermög- Angaben schreiben 285.000 ange- in Büchern gespeichert und für die licht, auch wenn sich die Informa- meldete Autoren regelmäßig für die Zukunft archiviert. Auch dies ändert tionen über das entsprechende Wikipedia. Bis jetzt wurden in der sich. Wir sind weit davon entfernt, Objekt im Laufe der Zeit verändert Wikipedia über zehn Millionen Bei- anzunehmen, dass das im World haben. träge in mehr als 250 Sprachen ge- Wide Web vorhandene Wissen für speichert. In deutscher Sprache sind Jahrhunderte vorgehalten wird. Im Mit dem Internet ändert sich die mehr als 700.000 Artikel vorhanden. Gegenteil, bereits nach wenigen Mo- Bedeutung von Bildung und der sie Sämtliche Inhalte stehen unter der naten können Webseiten verschwun- ermöglichenden und begleitenden Maßgabe, dass sie von jedermann den sein. Auch die Zugangsbedingun- Medien radikal. Die Wissensinhalte unentgeltlich genutzt, verändert und gen können sich ändern, oder der sind nun auf einem Bildschirm an- verbreitet werden können. Im Ge- gesuchte Inhalt ist nicht mehr unter zuschauen. In der digitalen Welt gensatz zur klassischen Enzyklo- dem ursprünglichen Link erreichbar, fluten Buchstaben und Bilder auf pädie, in der wenige Spezialisten sondern auf einer neuen Webseite dem Bildschirm am Betrachter vor- schreiben, publizieren in der Wiki- mit anderer Adresse. Möglich ist bei. Der Effekt, der sich beim Lernen pedia viele Leser ihr Wissen. Eine ferner, dass sich das Gesuchte zwar mit einem Buch einstellt, dass näm- Qualitätssicherung ist in dieser freien auf der ursprünglichen Webseite lich der Ort des Gelernten, ob das Internet-Enzyklopädie nur dadurch befindet, jedoch verändert wurde. Gelernte vorne oder hinten im Lehr- gegeben, dass Fehler oder Manipula- Bei der Archivierung digitaler Wis- buch stand, »automatisch« mitge- tionen in Wortbeiträgen irgendwann sensinhalte geht es also darum, lernt wird, und ein gelernter Sachver- Nutzer finden, die es besser wissen Authentizität, Integrität und Funk- halt, den man vergessen hat, da- und korrigieren. tionalität der Inhalte langfristig zu durch wieder aufgefunden werden
Unesco_heute_1_08_b:Unesco_heute_rz_a.qxd 23.05.2008 21:11 Seite 18 18 UNESCOheute 1|2008 kann, stellt sich beim Lernen mit mationen verdoppeln sich in immer und nutzen zu können. Wenn das elektronischen Systemen nicht mehr kürzeren Zeiträumen von wenigen Wissensmanagement immer effek- ein, da es dort kein »vorne« und Jahren. Aber die Informationen im tiver wird, wandert immer mehr »hinten« gibt. Internet besitzen nur eine kurze Halb- Wissen ins Netz. Es ist für den wertszeit. Die über 500 Milliarden Menschen im Stand-by-Modus vor- In der Welt des globalen Informa- Webseiten im Internet haben eine handen. Der Mensch in der Wissens- tionsaustauschs verlieren regionale durchschnittliche Lebensdauer von gesellschaft benötigt im Wesent- oder nationale Ausprägungen verläss- etwa 100 Tagen. Damit wird das lichen das Wissen über die Zugangs- licher Bildungsideale an Gewicht. Es Finden einer geeigneten Information mechanismen zum »elektronischen« stellt sich der kleinste gemeinsame zur Hauptaufgabe. Das globale Infor- Wissen. Ob dies wirklich ausreicht, Nenner der Soft Skills ein, durch den mationsangebot wird gleichzeitig als wenn man das in Giga- und Terabytes Kommunikation und Kooperation Informationsüberflutung und als gemessene Datenuniversum des ohne Grenzen ermöglicht werden. Informationsmangel wahrgenom- Internets betrachtet, ist zu hinter- Da gleichzeitig die Innovationszyklen men. Suchmaschinen helfen häufig fragen. Unabhängig von der Medien- in immer kürzerer Zeit ablaufen, nicht wirklich weiter, da das Angebot kompetenz scheint ein zweckfreies reicht es in vielen Disziplinen nicht des Gefundenen vielfach zu groß ist. Basiswissen unverzichtbar, um für mehr aus, ein Leben lang auf einmal In diesem Zusammenhang gewinnen den unvorstellbar großen Datenozean Gelerntes zu vertrauen. Man muss Wissensportale an Bedeutung, da da- überhaupt sinnvolle Fragen zu finden. ständig in der Lage sein, Gelerntes durch ein effizienter Zugriff auf das Hierfür dürfte der humanistische falls erforderlich zu entsorgen und digital vorhandene Wissen und ein Bildungshintergrund nach wie vor Neues zu lernen. Bei diesem Life- sowohl für das Unternehmen als eine gute Wahl sein. long-Learning haben interaktive Lern- auch für den Einzelnen vorteilhaftes umgebungen viele Vorteile. Aus- Wissensmanagement möglich wird. bildung und berufliche Weiterbildung Wissensportale, die vor allem in Un- Hermann Engesser ist Programmleiter wachsen zusammen. ternehmen eingesetzt werden, er- für den Bereich Informatik beimSpringer- möglichen neben der schnellen Ver- Verlag Heidelberg und Chefredakteur der Inzwischen wird E-Learning von vie- breitung von Informationen auch die Zeitschrift Informatik-Spektrum. len in Studium und Beruf genutzt. gezielte Suche und die Aufbereitung Selbst das Fach- und Lehrbuch findet von Wissen. Ferner stellen sie An- in seiner elektronischen Form, dem wendungen zur Verfügung, unter- E-Book, große Verbreitung. Die Flexi- stützen Unternehmensprozesse und bilität der elektronischen Lernwelt ermöglichen die Zusammenarbeit scheint unbegrenzt und zeigt sich in und die gemeinsame Wissensnut- virtuellen Seminaren und Tutorien mit zung über Abteilungs- oder gar Unter- Telekooperation, Televorlesungen, nehmensgrenzen hinweg, sie erzeu- virtuellen Praktika und virtuellen La- gen somit im Unternehmen einen borplätzen. Interaktives Lernen ist permanenten Lernprozess. zeitlich sehr flexibel möglich. Der Lernende kann sich seine Lernzeiten Wissen im Stand-by-Modus selbst aussuchen. So ist das E-Lear- ning sehr attraktiv für die berufliche Mit der stürmischen Entwicklung der Weiterbildung, da der Lernende seine Technik und der Globalisierung haben Lernaktivitäten mit seinen beruflichen sich die Schwerpunkte des Wissens- und privaten Terminen koordinieren erwerbs verschoben. Nicht mehr der kann. Bildungsbürger, der auch Interessen an zweckfreiem Wissen pflegte, Tore zum Wissen steht im Vordergrund. Ihn hat der Professional abgelöst, der virtuos Der hohe Grad an Vernetzung und die Techniken der digitalen Welt be- das Zusammenwachsen von Fest- herrscht. Mit den elektronischen netzen und mobilen Netzen schaffen Medien lässt sich explizites oder neue Möglichkeiten der Information explizit gemachtes Wissen digital und Kommunikation. Sowohl über erfassen, managen und mit Such- den PC als auch über mobile Geräte maschinen wiedergewinnen. Für den wie Notebook, Handy usw. kann fast Professional kommt es darauf an, zur unbegrenzter Datenaustausch erfol- rechten Zeit den Zugang zum Wissen gen. Die weltweit verfügbaren Infor- zu haben, um es optimal gewinnen
Sie können auch lesen