Ausblick 2018 Mehr Konsum, weniger Investitionen - OWC Verlag für Außenwirtschaft

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Ausblick 2018 Mehr Konsum, weniger Investitionen - OWC Verlag für Außenwirtschaft
1/2 2018 15,00 € 22. Jahrgang H49998 www.owc.de

             Übernahmen aus China
           Analysen zum Streitthema
   Aufgeschoben, nicht aufgehoben
            2019 kommt die E-Quote
         Schleswig-Holstein & China
Potenzial kontinuierlich ausschöpfen

                        GlobalContact
                 Freihandel unter Druck

    Ausblick
       2018
         Mehr Konsum, weniger
                  Investitionen
Ausblick 2018 Mehr Konsum, weniger Investitionen - OWC Verlag für Außenwirtschaft
Lunch #1
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Sie mit!

Chinesische Übernahmen in der EU
Gefahr für deutsche Technologieunternehmen?
Chinas zunehmende Auslandsdirektinvestitionen und Übernahmen von Hightech-Unternehmen wie Kuka haben in Deutschland zu
einer erhitzten Debatte geführt. Kaufen die Chinesen unsere Spitzentechnologie und Hidden Champions auf? Müssen wir unsere In-
dustrie vor der Gefahr aus dem Osten mit protektionistischen Maßnahmen schützen? Ja, sagen Poliker aus Berlin und Brüssel. Nein,
sagen China-Experten und der Asien-Pazifik-Ausschuss der deutschen Wirtschaft im aktuellen ChinaContact – bislang hätten chine-
sische Investoren in westlichen Unternehmen ein gutes Bild abgegeben. Sehen das deutsche Mittelständler auch so?

Diskutieren Sie mit uns und unseren Experten, erfahren Sie Hintergründe der Arbeit der Redaktion und werden Sie Teil der Bericht-
erstattung!

Mit Impulsvorträgen von Experten (tbd) sowie Hintergründen über die Berichterstattung im aktuellen ChinaContact 1/2 2018 von
Patrick Bessler und Zhang Xiaodong, OWC Verlag.

Februar 2018
Berlin

Mehr Informationen in Kürze unter:                                                Zhang Xiaodong
                                                                                    Redakteurin
                                                                                                                 Patrick Bessler
                                                                                                                 Chefredakteur
www.owc.de / marketing@owc.de                                                       OWC Verlag                    OWC Verlag
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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

die Wirtschaft wird auch 2018 robust wachsen, wenngleich et-      ren soll und prüfen, welche Chancen für deutsche Zulieferer am
was weniger als im Vorjahr, wie Jürgen Conrad von der Asi-        Markt bestehen bleiben.
atischen Entwicklungsbank analysiert (Seite 10). Haupttrei-          2018 bringt auch für den OWC-Verlag viel Neues, allem vo-
ber werde der Konsum sein, Investitionen und Auslandsnach-        ran ein neues Team in der Redaktion von ChinaContact. Mit
frage dürften hingegen das Wachstum etwas bremsen. Den            Zhang Xiaodong verstärkt uns eine erfahrene Journalistin und
deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen tut das keinen        Volkswirtin, die zuvor unter anderem für CCTV und die Xin-
Abbruch, meint Frank Rückert von der Deutschen Botschaft          min News als Deutschlandkorrespondentin gearbeitet hat. Mit
in Peking (Seite 14). Er geht davon aus, dass deutsche Investi-   Petra Reichardt, die das Heft jahrelang mitgeprägt hat, sorgt ei-
tionen in China und das bilaterale Handelsvolumen auch im         ne etablierte Redakteurin und wichtige Stütze des Verlags für die
laufenden Jahr weiter wachsen. Deutsche Unternehmen profi-        nötige Konsistenz. Ich selbst freue mich, meine Asienerfahrung
tierten dabei von dem geplanten „Upgrade“ der Wirtschaft auf      und meine Einblicke aus der Arbeit in der Außenwirtschaftsför-
eine höhere Wertschöpfungsebene.                                  derung in die Redaktion einbringen zu können und das „neue
    Darüber, wie sich chinesische Auslandsinvestitionen im lau-   China“ – wenn es denn nach dem Willen der Regierung geht
fenden Jahr entwickeln werden, gehen die Meinungen ausei­         – mit frischen Augen zu betrachten. In dieser Ausgabe unter-
nander. Während die Deutsche Botschaft mit einer weiteren         stützt uns noch der ehemalige Chefredakteur Peter Tichauer.
Zunahme vor allem in Deutschland rechnet, geht der Asien-Pa-         ChinaContact erscheint ab diesem Jahr im Zweimonats-
zifik-Ausschuss von einer Abschwächung der Dynamik aus.           rhythmus, mit mehr Umfang und exklusiverem Inhalt. Gleich-
Chinesische Übernahmen haben sich in Deutschland zu einem         zeitig wollen wir Sie noch aktueller auf dem Laufenden halten
Streitthema entwickelt. Ab Seite 17 gehen wir der Frage nach,     und stärker in unsere Arbeit einbeziehen. Unser Info-Angebot
wie „gefährlich“ sie für Deutschland wirklich sind.               auf www.owc.de bauen wir mit täglichen News weiter aus. Mit
    Besonderes Augenmerk legen wir in dieser Ausgabe auch auf     dem neu konzipierten ChinaContact-Lunch bieten wir Ihnen
die Automobilindustrie. Mit seiner Größe prägt China den glo-     zusätzliche Hintergründe und Impulsvorträge von Branchen-
balen Markt wie kein anderes Land und könnte zum entschei-        experten zu den Titelthemen unserer Ausgaben – und möch-
denden Treiber für die Elektrifizierung im Straßenverkehr wer-    ten im Gegenzug aus Ihren Erfahrungen lernen. Lesen Sie mehr
den. 2019 greift die E-Quote. Wir erklären, wie sie funktionie-   über den ersten Lunch (siehe links) oder auf unserer Website.

                                                                  Das Team des OWC-Verlags wünscht Ihnen eine
                                                                  spannende Lektüre.

Patrick Bessler, Chefredakteur
E-Mail: pb@owc.de

                                                                                                        1/2 2018 ChinaContact / 3
Ausblick 2018 Mehr Konsum, weniger Investitionen - OWC Verlag für Außenwirtschaft
Titelthema: Wirtschaftsausblick 2018                       Automobil- und Zulieferindustrie

10 Mehr Konsum, weniger Investitionen                     24 Forcierter Umstieg auf das E-Auto
    Chinas Wirtschaft 2018: Ausblick von Jürgen Conrad,        Trotz Protesten kommt die Quote 2019. Interview mit
    Asian Development Bank                                     Ferdinand Dudenhöffer, Uni Duisburg-Essen

13 Chinas Wirtschaft in Zahlen                            28 Zulieferer: Kein Grund zur Sorge
                                                               Der Absatz von Fahrzeugen in China steigt weiter.
14 China 4.0                                                   Davon profitieren deutsche Automobilzulieferer.
    Geht die Erfolgsgeschichte für die deutsche
    Wirtschaft weiter?                                    30 Infografik: So funktioniert die E-Quote

17 Wenn Chinesen übernehmen                               32 Chinas neue Autokäufer
    Chinesische Übernahmen werden oft skeptisch                Jung, gebildet, Gutverdiener – „New Urban Im-
    beäugt. Doch die Realität überrascht.                      migrants“ treiben den Absatz von Neuwagen an.

19 Besser als ihr Ruf                                     35 Austausch und Dialog verstärken
    Chinesische Investoren suchen den sozialen Konsens         Gespräch mit David Huang, Erster Sprecher des
    und respektieren die deutsche Mitbestimmungskultur.        Fachausschusses Automobilindustrie der Chinesi-
                                                               schen Handelskammer in Deutschland e. V.
21 Chinas Direktinvestitionen im Ausland
                                                               Tourismus
    APA aktuell
                                                          40 Tourismusjahre für mehr Wettbewerb
22 Chinas Hochtechnologie-Investitionen                        China bleibt der wichtigste internationale Tourismus-
    Berlin und Brüssel reagieren auf chinesische Über-         quellmarkt der Welt. Der Wettbewerb in Europa steigt.
    nahmen politisch motiviert. Die deutsche Industrie
    warnt vor protektionistischen Maßnahmen.              43 Wachstum von Auslandsreisen hält an
                                                               Asiaten reisen so viel ins Ausland wie nie zuvor. Ihr
                                                               Ziel Nummer eins: Asien.

                                                          16   Besser als ihr Ruf?
                                                               Analysen und Positionen zum Streitthema „Übernah-
                                                               men aus China“
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Inhalt

     Schleswig-Holstein & China                                  Personal

46 Die „Leisure-Karte“ besser spielen                       60 Offen für westliche Konfliktlösung?
     Noch finden nur wenige chinesische Touristen den            „Soft Skills“ – Wahrnehmung und Umsetzung
     Weg nach Kiel. Das soll sich nun ändern.
                                                                 OWC Weltkarte
48 Bessere Chancen im Beruf mit CDAI                        40   Verbesserte Rahmenbedingungen trotz Korruption
     Trilaterale Zusammenarbeit bei anwendungsorientier-
     ter Ausbildung chinesischer Bauingenieure                   Gesellschaft & Kultur
                                                            62   Instant-Nudeln in China – der verblasste Ruhm
49 Kontinuierlich Potenzial ausschöpfen                     62   „Sharing-Buchläden“ in China
     Schleswig-Holstein und Zhejiang arbeiten schon viele   63   Zwei Jahre chinesische „Toiletten-Revolution“
     Jahre zusammen. Das Spektrum wird jährlich breiter.    64   Wolfgang Kubins Zeitgemäße Betrachtungen

     Nordchina                                              3    Editorial
                                                            6    Meldungen, Studien
52 EUCCC Shenyang Chapter alarmiert                         76   Service: Buchtipp, Geschäftsreisen
     Europäische Unternehmen warnen vor einem Verlust       77   Impressum
     der Wettbewerbsfähigkeit, der Stadt.                   78   Veranstaltungskalender

     Ostchina
                                                                                                            Neu
54 Weniger über Risiken diskutieren                              GlobalContact
     Kooperationschancen bei Industrie 4.0: Interview mit
     Bernd Reitmeier, Initiator der Smart Factory Kunshan   67 Neue Gewichtung in der Weltwirtschaft
                                                                 Im Gespräch mit Prof. Dr. Gabriel Felbermayr, ifo
     Süddchina                                                   Zentrum für Außenwirtschaft

56 So sauber wie Trinkwasser                                70 Freihandel unter Druck
     Das deutsche Unternehmen QWAIR reinigt Abwässer             Proteste, Protektionismus und Regionalisierung
     im Galvanikpark der Metal Eco City Jieyang.                 stehen einer wachsenden Zahl von Handelsabkom-
                                                                 men entgegen.
     Wirtschaftsrecht
                                                            74 Auf einen Blick
58 Besserer Zugang zum Finanzmarkt                               Freihandelsabkommen boomen – freier Handel nicht.
     Künftig können ausländische Konzerne Mehrheitsbe-
     teiligungen an chinesischen Finanzfirmen halten.

24   Die E-Quote kommt                                      40   Mehr Touristen, mehr Wettbewerb
     Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Ausstieg aus        China bleibt Tourismusquellmarkt Nummer eins. In
     dem Verbrennungsmotor ansteht.                              Europa nimmt der Kampf um die Reisenden zu.
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Importstopp für Feststoffabfälle
seit Jahresbeginn
China, bisher weltgrößter Importeur von
recycelfähigem Müll, hat die Einfuhr von
24 verschiedenen Sorten Feststoffmüll
zum 1. Januar dieses Jahres eingestellt.
Chinas Regierung hatte die WTO bereits
am 18. Juli 2017 über diesen Schritt in-
formiert. Vom Importverbot betroffen
sind unter anderem Plastikabfälle aus
Haushalten wie Getränkeflaschen, Fo-
lien, PVC-Produkte, Lebensmittelver-
packungen, CD-Hüllen, Spielzeug etc.,
Vanadiumschlacken, unsortiertes Alt-
papier und Textilabfälle. Nach Anga-
ben des chinesischen Umweltministeri-
ums hatte sich das Volumen der Müll­
importe des Landes im Zeitraum 1995
bis 2016 von 4,5 Millionen auf 45 Milli-
onen Tonnen verzehnfacht. Allein 2016
führte China rund 56 Prozent des glo-
bal anfallenden Feststoffmülls ein. Zehn
Prozent der über sieben Millionen Ton-
nen Plastikmüll, die 2016 nach China ex-
portiert wurden, stammten aus Deutsch-
land. Über die Jahre hatte sich das Müll-
geschäft für alle Beteiligten erfreulich
entwickelt – China benötigte recycelbare    Seit dem 1. Januar dürfen Plastikabfälle aus Haushalten in China
Rohstoffe, andere Länder wollten ihren      nicht mehr eingeführt werden.
Müll loswerden. Mittlerweile produziert
China selbst Unmengen von Müll und          stimmter Grenzen eigenverantwortlich          ge sicherer, intelligenter und umwelt-
leidet zudem unter den Folgen von ille-     festzusetzen. In Peking fällt demnach         freundlicher machen können, teilte das
galen Müllimporten und illegaler -ent-      pro Kubikmeter Oberflächenwasser ei-          Unternehmen in einer Presseerklärung
sorgung.                                    ne Steuer in Höhe von 1,6 Yuan an, pro        mit. Die chinesischen Behörden haben
                                            Kubikmeter Grundwasser werden vier            die Bestimmungen und Vorschriften für
                                            Yuan fällig. Der Wasserverbrauch von          Lkw verschärft und weitergehende Maß-
Pilotprogramm: Besteuerung                  Golfplätzen und Skiresorts sowie für          nahmen für mehr Effizienz und Sicher-
von Brauchwasser                            Dienstleistungen wie Autowäsche dürf-         heit von Nutzfahrzeugen ergriffen.
Das am 1. Juli 2016 in der Provinz He-      te jedoch höher besteuert werden.
bei gestartete Pilotprogramm zur Be-
steuerung der Entnahme von Oberflä-                                                       Dürr baut Lackiererei für
chen- und Grundwasser wurde Anfang          Knorr-Bremse und Dongfeng                     Elektrofahrzeuge in Hefei
Dezember 2017 auf weitere Regionen          erweitern Geschäftsaktivitäten                Der Maschinen- und Anlagenbau-
ausgedehnt und kommt nun auch in Pe-        Zum 1. Januar 2018 hat Dongfeng Auto          er Dürr, Bietigheim-Bissingen, baut in
king, Tianjin, Shanxi, Shandong, He­        Parts seine Aktivitäten im Bereich Kom-       China für einen lokalen OEM eine voll-
nan, Sichuan, Shaanxi, im Autonomen         pressoren und Druckluft in das gemein-        automatische Lackiererei. Das Werk in
Gebiet Ningxia sowie in der Inneren         same Joint Venture von Knorr-Brem-            Hefei ist auf eine Kapazität von 100.000
Mongolei zur Anwendung. Diese Maß-          se und Dongfeng überführt. 2015 hat-          Einheiten pro Jahr ausgelegt und wird
nahme soll dazu beitragen, das staatli-     ten der weltweit führende Hersteller          im Juni 2018 den Betrieb aufnehmen.
che Ressourcenmanagement zu verbes-         von pneumatischen Bremssystemen               Die Integration zahlreicher digital@
sern, Wasserverschwendung und Um-           und Systemanbieter für Nutzfahrzeuge          DÜRR-Lösungen macht die Lackiere-
weltverschmutzung einzudämmen und           und Chinas größter Nutzfahrzeugher-           rei zu einer Smart Factory mit umfas-
wasserintensive Verbraucher aus ver-        steller das Gemeinschaftsunternehmen          sender Datennutzung. In der neuen An-
schiedenen Branchen zu einer Neuaus-        Knorr-Bremse Dongfeng Electronic &            lage der Anhui Jianghuai Automobile
richtung ihres Geschäftsmodells zu be-      Technology (DETC) Commercial Ve-              werden künftig im Auftrag eines loka-
wegen. Nach Angaben des chinesischen        hicle Braking Technology Co., Ltd. ge-        len Elekt­rofahrzeugherstellers batterie-
                                                                                                                                       Foto: iStock © Kemter

Finanzministeriums verbleiben die dar-      gründet. Die erweiterte Zusammenar-           betriebene Personenkraftwagen produ-
aus resultierenden Steuereinnahmen bei      beit mit Dongfeng Auto Parts bereite          ziert. Die Fahrzeuge erhalten in der voll-
den Lokalregierungen, die zudem befugt      den Boden für entsprechend angepasste         automatischen Lackiererei von Dürr ein
sind, die Höhe der Steuern innerhalb be-    Lösungen, die chinesische Nutzfahrzeu-        modernes Zweiton-Farbdesign.

6 / ChinaContact 1/2 2018
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Meldungen

                                                                                       Kelley Platt bei Daimler Trucks North
                                                                                       America die Geschäfte der Marke Wes-
                                                                                       tern Star geleitet und Rekordergebnis-
                                                                                       se bei Absatz und Marktanteil erzielen
                                                                                       können. Von 2010 bis 2015 leitete Platt
                                                                                       die Geschäfte von Thomas Built Buses
                                                                                       in High Point, North Carolina. Unter
                                                                                       ihr entwickelte sich Thomas Built Bu-
                                                                                       ses zur führenden Marke auf dem nord-
                                                                                       amerikanischen Schulbus-Markt. Platt
                                                                                       begann ihre Karriere bei Daimler 1989
                                                                                       im Finanzbereich.
 Olaf Kastner                                Kelley Platt

 Jochen Goller                               Sven Ennerst                               Thomas Wittling

Neuer China-Chef bei BMW                    Daimler stärkt Aufstellung                 Haier mit neuem
Zum 1. März 2018 übernimmt Jochen           seines Lkw-Geschäfts in China              Geschäftsführer
Goller die Leitung der BMW Group            Seit dem 1. Januar 2018 hat Sven Ennerst   Der Haushaltsgroßgerätehersteller Hai-
Region China. Der 51-Jährige tritt die      die Verantwortung für das Lkw-Geschäft     er hat Thomas Wittling zum neuen Ge-
Nachfolge von Olaf Kastner (62) an, der     von Daimler Trucks in China übernom-       schäftsführer der Haier Deutschland
die BMW Group weiterhin bei über-           men – sowohl für die lokale Produkti-      GmbH ernannt. Seit dem 1. Januar 2018
greifenden Themen in China unter-           on von Beijing Foton Daimler Automo-       hat Wittling die Position des Geschäfts-
stützen wird. Jochen Goller ist seit 1999   tive (BFDA) als auch für das Importge-     führers der deutschen und österreichi-
bei der BMW Group und sammelte be-          schäft von Daimler Trucks and Buses        schen Organisation übernommen und
reits von 2004 bis 2009 als Marketinglei-   China (DTBC). Gleichzeitig behält er       trägt damit die volle Verantwortung für
ter umfassende Erfahrungen in China.        seine Funktion als Leiter der globalen     die komplette Gesellschaft. Der bishe-
Von 2009 bis 2015 leitete er die Marke      Produktentwicklung und des globa-          rige General Manager Ralph Bestgen
MINI zunächst in Großbritannien und         len Einkaufs. Ennerst hat in China Ma-     scheidet auf eigenen Wunsch im Jahres-
dann weltweit. Anschließend kehrte er       schinenbau studiert und dort im Rah-       verlauf 2018 aus, da er eine neue berufli-
2015 in den agilen chinesischen Markt       men seiner weiteren beruflichen Lauf-      che Herausforderung angenommen hat.
zurück, um Vertrieb und Marketing des       bahn Erfahrungen gesammelt. Er ist seit    Thomas Wittling blickt auf eine langjäh-
BMW Brilliance Automotive Joint Ven-        mehr als 20 Jahren in Führungsfunkti-      rige Laufbahn in der Hausgerätebranche
tures zu leiten. In seiner neuen Positi-    onen bei Daimler Trucks tätig. Darüber     zurück. Er war sehr erfolgreich in füh-
on wird Jochen Goller das Geschäft der      hinaus übernimmt Kelley Platt im ers-      renden Unternehmen der Branche wie
BMW Group in China einschließlich der       ten Quartal 2018 die Leitung von Bei-      Gorenje, LG und AEG/Electrolux tätig.
Koordination mit dem Joint Venture ver-     jing Foton Daimler Automotive – dem
antworten. Olaf Kastner hat sechs Jah-      Joint Venture von Daimler und Foton
re lang das Joint Venture BMW Brillian-     für die lokale Produktion von schwe-
ce Automotive geleitet und in den ver-      ren Lkw unter dem chinesischen Mar-
gangenen zwei Jahren die Geschäfte der      kennamen Auman. Platt folgt auf Zhou
BMW Group Region China.                     Liang, der neuen beruflichen Herausfor-
                                            derungen außerhalb von BFDA nach-
                                            geht und daher das Unternehmen mit
                                            Wirkung zum 15. Januar 2018 verlas-
                                            sen hat. In den vergangenen Jahren hat

                                                                                                      1/2 2018 ChinaContact / 7
Ausblick 2018 Mehr Konsum, weniger Investitionen - OWC Verlag für Außenwirtschaft
erstaunliche 54 Punkte im Saldo ver-
                                             bessert. Auch die Erwartungen an die
                                             eigenen Geschäfte in den kommen-
                                             den zwölf Monaten steigen auf jetzt 49
                                             Punkte (Vorumfrage: 42 Punkte). Der
                                             Saldo der Konjunktur-Erwartungen für
                                             China sinkt zwar leicht von 28 auf 26
                                             Punkte, allerdings vor allem, weil mehr
                                             Unternehmen ein gleichbleibend hohes
                                             Niveau erwarten.
                                                Die Pläne der deutschen Unterneh-
                                             men zum Ausbau der Beschäftigung
                                             bleiben mit 51 Punkten hoch. Die In-
                                             vestitionen nehmen sogar zu (43 Punk-
                                             te nach elf Punkten in der Vorumfrage).
                                             Das größte Risiko der deutschen Un-
                                             ternehmen in China ist der Fachkräf-
                                             temangel. 49 Prozent der Unternehmen
                                             sehen dies als Hindernis für die Wirt-
                                             schaftsentwicklung an. Gleichzeitig stei-
                                             gen die Arbeitskosten – 46 Prozent nen-     Versteckter Protektionismus
Fachkräftemangel ist größtes                 nen dies als Risiko. Die Folge ist, dass    beeinflusst Handel
Risiko in China                              immer mehr Unternehmen über Ver-            Die Bertelsmann-Stiftung hat unter-
Ende November 2017 hat der Deut-             lagerungen in andere asiatische Länder      sucht, in welchem Umfang sich nicht-
sche Industrie- und Handelskammer-           mit günstigeren Standortkosten nach-        tarifäre Handelshemmnisse (NTH),
tag (DIHK) den „AHK World Business           denken. Die großen Herausforderungen        zum Beispiel mengenmäßige Importbe-
Outlook“ vorgelegt, der die aktuelle Si-     mit Blick auf den demografischen Wan-       schränkungen oder staatliche finanziel-
tuation und Erwartungen der deut-            del, die sozialen und ökologischen Be-      le Hilfen für heimische Anbieter, auf den
schen Unternehmen im Ausland auf-            dingungen sowie der Abbau von Über-         Welthandel auswirken, wer NTH ergreift
zeigt. Wirtschaftswachstum und Welt-         kapazitäten in der Industrie bestehen       und wen diese Maßnahmen treffen. Die
handel hätten zuletzt wieder Schwung         fort. Zudem steigt die Verschuldung         Studienergebnisse wurden im Dezember
bekommen und diese positive Entwick-         in den verschiedenen staatlichen Ebe-       2017 in der Reihe Policy Brief veröffent-
lung ziehe sich auch ins Jahr 2018, fasste   nen. Knapp über ein Drittel der Unter-      licht. Demnach sind die zwischen 2010
DIHK-Präsident Eric Schweitzer die Er-       nehmen sieht die wirtschaftspolitischen     und 2015 weltweit eingeführten NTH
gebnisse der Herbst-2017-Umfrage zu-         Rahmenbedingungen als Risiko für die        für rund 16 Prozent des ausbleibenden
sammen. „Dennoch wachsen die Bäu-            weitere Entwicklung der Geschäfte in        Welthandels im Jahr 2015 verantwort-
me nicht in den Himmel“, relativierte        China an. Unklar sind zum Beispiel die      lich. Das entspricht etwa 512 Milliarden
Schweitzer seine Aussage. Zwar sorge         Auswirkungen durch neue Regeln zur          US-Dollar. Über den betrachteten Zeit-
die dynamische Weltwirtschaft für gu-        Cybersicherheit, mit denen auch aus-        raum führt die Einführung mindestens
te Geschäfte, Handelsbarrieren und ak-       ländische Betriebe zur Offenlegung ih-      eines NTH im Durchschnitt aller Län-
tuelle politische Entwicklungen dürften      rer Daten verpflichtet werden können.       der und Produkte dazu, dass die Impor-
die Geschäftstätigkeit der Unterneh-            An der Befragung durch die Deut-         te zwischen den betroffenen Ländern
men jedoch künftig weiter einschrän-         schen Auslandshandelskammern betei-         (also dem Land, das die Maßnahme er-
ken. Mittlerweile sieht jedes zweite Un-     ligten sich rund 3.000 deutsche Unter-      greift, und dem Land, dessen Exporte in
ternehmen weltweit in den wirtschafts-       nehmen, Niederlassungen und Tochter-        das ergreifende Land betroffen sind) um
politischen Rahmenbedingungen ein            gesellschaften sowie Betriebe mit engem     bis zu zwölf Prozent zurückgehen. Ins-
Risiko für die eigenen Geschäfte. Be-        Deutschlandbezug. Kleinere Unterneh-        gesamt ergriffen die 151 in der Daten-
trachtet werden die Wirtschaftsräume         men mit weniger als 100 Mitarbeitern        bank „Global Trade Alert“ aufgeführ-
EU, Ost-/Südosteuropa, Russland, Tür-        machten 49 Prozent der Antworten aus.       ten Länder zwischen Anfang 2009 und
kei, Asien/Pazifik, Nordamerika, Süd-        www.dihk.de                                 Juli 2017 über 5.600 neue protektionis-
und Mittelamerika sowie Afrika, Nah-                                                     tische Maßnahmen. Mehr als 3.000 da-
und Mittelost.                                                                           von waren NTH. Da viele dieser Maß-
    In China und den anderen asiati-                                                     nahmen nicht mehr in Kraft sind, lag die
schen Staaten ist die Stimmung der                                                       Zahl der noch angewendeten NTH 2016
deutschen Unternehmen weiterhin po-                                                      bei etwas mehr als 2.400. Zum Vergleich:
sitiv. Die hohen Wachstumsraten und                                                      2009 wurden lediglich knapp 390 NTH
der steigende Konsum in vielen Ländern                                                   verzeichnet.
sorgen für gute Geschäfte. So hat sich                                                      Die USA – Nummer eins im Welt-
die Lage der deutschen Unternehmen                                                       handel – haben zwischen Anfang 2009
in China nochmals um einen Punkt auf                                                     und Juli 2017 die mit Abstand meisten

8 / ChinaContact 1/2 2018
Ausblick 2018 Mehr Konsum, weniger Investitionen - OWC Verlag für Außenwirtschaft
Studien

NTH (knapp 800 Maßnahmen) einge-                              sich sektorale Unterschiede. Besonders
führt, größtenteils lange vor Antritt der                     stark ist der handelsreduzierende Effekt
Trump-Administration. Indien hat mit                          von NTH im Rohstoffsektor (inklusive
312 die zweithöchste Anzahl an NTH                            Erzen, Mineralstoffen, Elektrizität, Gas
eingeführt und China – Nummer zwei                            und Wasser). Hier führt die Einführung
im Welthandel – führte lediglich 112                          mindestens eines NTH im Durchschnitt
Maßnahmen ein (Rang neun). Deutsch-                           zu einer Verringerung des entsprechen-
land belegt mit rund 130 Einzelmaßnah-                        den bilateralen Handels um knapp 26
men den fünften Rang. Deutschlands                            Prozent. Im Agrarbereich inklusive
Exporte waren von den zwischen 2009                           Forstwirtschaft und Fischerei liegt der
und 2017 ergriffenen NTH jedoch am                            Handelsrückgang im Durchschnitt bei
                                                                                                                   Konfuzius-
häufigsten betroffen. Mit Ausnahme von                        rund 8,4 Prozent. Die Handelsrückgän-                Institut
China finden sich unter den zehn Volks-                       ge der übrigen betrachteten Sektoren lie-
wirtschaften, gegen die sich die meisten                      gen zwischen diesen beiden Werten (Me-               Düsseldorf
dieser Instrumente richten, ausschließ-                       tall- und Maschinenbereich: minus 14
lich Industrienationen. Hierbei zeigt sich                    Prozent, Konsum- beziehungsweise Ver-                Chinesische Sprache
einerseits die Dominanz der Industrie-                        brauchsgüter minus zehn Prozent).                    und Kultur
länder im Welthandel: Wer viel handelt,                           Die Autoren der Studie betonen, dass
steht auch eher im Fokus von NTH der                          der Löwenanteil des geringer ausfallen-
übrigen Handelspartner. Andererseits                          den Welthandels, nämlich 84 Prozent,
sind auch vier Länder in beiden Top-                          nicht auf NTH zurückzuführen ist, son-                 Kurse für Anfänger
10-Rankings zu finden: drei Industrie-                        dern andere Gründe hat. Eine Möglich-
länder – USA, Deutschland und Itali-                          keit, die mit NTH aufgrund geringerer                  und Fortgeschrittene
en – sowie China als einziges Entwick-                        Ex- und Importe einhergehenden Ver-
lungs- und Schwellenland. Das zeigt,                          luste zu senken und den Handel zwi-
                                                                                                                     • kompetent
dass zumindest einige der Länder, die                         schen Ländern und Regionen wieder an-
viele NTH einführen, auch selbst stark                        zukurbeln, sehen die Autoren der Studie                • in angenehmem Ambiente
von diesen betroffen sind. Dies könnte                        im Abschluss bilateraler Freihandelsab-                • in Kleingruppen
ein Anzeichen dafür sein, dass Protek-                        kommen. Gleichzeitig rufen sie die In-
tionismus in einen Teufelskreislauf von                       dustriestaaten auf, ihre NTH zurückzu-                 • Lehrmaterialien inkl.
Aktion und Reaktion münden kann, der                          fahren – gegebenenfalls auch unilateral
langfristig allen Beteiligten schadet.                        – und gegenüber Entwicklungsländern
   Werden die Handelseffekte nach In-                         mehr Kompromissbereitschaft zu zeigen.
dustriesektoren differenziert, so ergeben                     www.bertelsmann-stiftung.de                          Konfuzius-Institut
                                                                                                                   Düsseldorf
                                                                                                                   an der Heinrich-Heine-
Top Ten der Länder mit den meisten neu eingeführten
NTH zwischen 2009 und 2017                                                                                         Universität Düsseldorf
     Länder, die von 2009 bis 2017 NTH eingeführt haben und selbst in hohem Maße von anderen NTH betroffen waren   Graf-Adolf-Str. 63
USA                                                                                                  796           40210 Düsseldorf
                                                                                1.747
                                                                                                                   Tel.:   021141628540
Indien                                                  312
                                                                                                                   Fax:    021141628569
Russland                                         250
                                                                                                                   (Mo.-Do. 14-18 Uhr)
Saudi-Arabien                          151                                                                         www.konfuzius-duesseldorf.de
                                                                                                                   info@konfuzius-duesseldorf.de
Deutschland                          131
                                                                                          2.002

Indonesien                          127

Belarus                            116
                                                                                                                   Erstes offizielles
Brasilien                          113                                                                             chinesisches
                                                                                                                   Sprach- und
China                              112
                                                                                        1.909                      Kulturinstitut in
Italien                           110
                                                                                                                   NRW
                                                                                    1.871

Quelle: Bertelsmann-Stiftung (Global Trade Alert Database: Yalcin, Kinzius and Felbermayr 2017:39)

                                                                                                                            1/2 2018 ChinaContact / 9
Ausblick 2018 Mehr Konsum, weniger Investitionen - OWC Verlag für Außenwirtschaft
Wirtschaftsausblick 2018

10 / ChinaContact 1/2 2018
Mehr Konsum,
                         weniger
                         Investitionen

                         Im laufenden Jahr wird die chinesische
                         Wirtschaftsleistung um knapp sechseinhalb
                         Prozent zulegen. Wesentlicher Treiber des
                         Wachstums ist der Konsum. Investitionen
                         werden dagegen weiter zurückgehen, auch
                         beim Ausbau der Infrastruktur.

                         Nach einer leichten Wachstumserholung 2017, die allein dem
                         Außenhandel zu verdanken war, wird sich 2018 in China wie-
                         der der langjährige Trend einer von der Regierung kontrol-
                         lierten Wachstumsabschwächung durchsetzen. Nach 6,7 Pro-
                         zent Wirtschaftswachstum 2016 und geschätzten 6,8 Prozent
                         2017 ist mit 6,4 Prozent Wachstum im Jahr 2018 zu rechnen.
                         Chinas Bruttoinlandsprodukt wird damit um etwa 900 Milli-
                         arden auf mehr als elf Billionen Euro zulegen.

                         Konsum treibt Wachstum an
                         Wie schon in den Vorjahren wird der Konsum der wichtigste
                         Wachstumsmotor bleiben, angetrieben von robusten Lohnstei-
                         gerungen, steigenden Sozialausgaben der Regierung und einer
                         strukturell abnehmenden Sparneigung der Bevölkerung. Ver-
                         braucherumfragen sind hier ganz klar: Chinesen sind kons-
                         umfreudig wie nie und werden es bleiben. Im Gegensatz dazu
                         wird sich die Investitionsnachfrage aufgrund von strukturel-
                         len, aber auch konjunkturellen Faktoren weiter abschwächen.
                         Chinas Städte expandieren und mit ihnen der Immobilien-
                         sektor. Die Baukonjunktur wird sich 2018 dennoch abkühlen,
                         denn die Regierung wirkt einer Überhitzung des Immobilien-
                         marktes mit Kaufbeschränkungen in mehr und mehr Städten
                         entgegen. Auch Hypothekenkredite werden teurer und weni-
                         ger leicht zugänglich. Infrastrukturinvestitionen werden wei-
Foto: iStock © caoyu36

                         ter wachsen, aber ebenfalls weniger stark als in den Vorjah-
                         ren, denn viele Städte und Gemeinden stoßen an finanzielle
                         Belastungsgrenzen. Das gilt auch für kapitalintensive Industri-
                         en, in denen das Investitionswachstum wegen Überkapazitäten
                         und hoher Schuldenbelastung seit Jahren negativ ist. Staatlich

                                                            1/2 2018 ChinaContact / 11
verordnete Angebotsverknappung hat zwar der Schwerindus-           gangenen beiden Jahren inzwischen wieder wichtige Themen.
trie in den vergangenen beiden Jahren höhere Verkaufspreise        Natürlich wird die Regierung auch 2018 vorsichtig agieren,
und sprunghaft gestiegene Gewinne beschert. Die Profite flie-      denn Reformen sind kein Selbstzweck, sondern haben der
ßen aber in den Schuldendienst und nicht in Neuinvestitionen.      Stärkung der chinesischen Wirtschaft zu dienen. Ich rechne
   Quantitativ kann dieser Investitionsausfall nicht voll von      dennoch mit Maßnahmen, die ausreichen, die Internationali-
dem Investitionsboom in konsumorientierten Industrien und          sierung des Yuans wiederzubeleben, die ja nicht nur ein Pres-
im Dienstleistungssektor kompensiert werden, denn diese viel-      tigeobjekt ist, sondern auch Kosten und Risiken von chinesi-
versprechenden Sektoren sind tendenziell weniger kapita-           schen Auslandsinvestitionen entlang der neuen Seidenstraße
lintensiv. Dazu kommt, dass die chinesische Exportindust-          senkt. Ob sich das Klima für ausländische Direktinvestitionen
rie zwar mit 2017 ein recht gutes Jahr hinter sich hat, aber die   in China auch verbessert, bleibt abzuwarten. Der Ansatz der
weiteren Aussichten doch zu unsicher sind, um massive Er-          stark interventionistischen chinesischen Industriepolitik, die
weiterungsinvestitionen zu rechtfertigen. Insgesamt wird des-      Sonderstellung der Staatsunternehmen und das Fehlen einer
halb 2018 das Investitionswachstum wieder unter dem der            dezidierten Wettbewerbspolitik lassen Zweifel aufkommen.
Gesamtwirtschaft verharren, und der Anteil der Investitionen
am Bruttoinlandsprodukt, der in China immer noch bei er-           Mehr Reformen im Staatssektor
staunlichen 42 Prozent liegt, wird weiter zurückgehen.             Die Regierung gibt inzwischen offen zu, dass die generell
                                                                   schwache Performance der mehr als 130.000 Staatsunterneh-
Binnennachfrage verliert an Kraft                                  men ein zentrales Problem der chinesischen Wirtschaft ist, vor
Das Wachstum der Inlandsnachfrage wird also trotz starken          allem weil Staatsunternehmen überproportional zur Unter-
Konsums wegen des schwächeren Investitionswachstums                nehmensverschuldung beitragen. Ich erwarte 2018 Reform-
2018 weiter an Kraft verlieren. Die Auslandsnachfrage, die         schritte, die über die zögerlichen Maßnahmen der vergange-
2017 noch das gesamtwirtschaftliche Wachstum stabilisieren         nen Jahre hinausgehen. Das heißt, mehr Teilprivatisierungen
konnte, wird im laufenden Jahr aller Wahrscheinlichkeit nach       und Bankrotte, insbesondere bei Staatsunternehmen im Ei-
aber wieder zur Wachstumsbremse. Jedenfalls dann, wenn der         gentum von Städten oder Provinzen, die selbst finanziell un-
globale Außenhandel nicht doch noch einmal neuen Schwung           ter Wasser stehen.
aufnimmt, was derzeit nicht zu erkennen ist.                          Privatisierung im großen Maßstab kann aber ausgeschlos-
   Die Inflation wird sich 2018 weiter beschleunigen. Ich          sen werden. Denn Staatseigentum an Produktionsmitteln ist
rechne mit einem Anstieg der Konsumentenpreise um 2,4 und          nach Ansicht der chinesischen Führung ein definierendes
der Produzentenpreise um etwa vier Prozent im Jahresdurch-         Merkmal der sozialistischen Marktwirtschaft. Nach den Par-
schnitt. Trotz kontinuierlichen Preisanstiegs bei Dienstleis-      teitagsbeschlüssen im Oktober 2017 wird das auf absehbare
tungen und Medikamenten drückten fallende Lebensmittel-            Zeit auch so bleiben.
preise den Auftrieb der Konsumentenpreise 2017 auf 1,7 Pro-
zent. Schuld war vor allem die Überproduktion des in China
so beliebten Schweinefleisches.                                         Jürgen Conrad
   Mit sich normalisierenden Lebensmittelpreisen sollte die             leitet die Economics Unit der Asian Development Bank
Inflation 2018 deutlich zulegen, auch wenn sie wohl unter               Resident Mission in der Voksrepublik China.
der von der Regierung gesetzten Höchstgrenze von drei Pro-
zent bleiben wird. Die Produzentenpreise werden weiterhin
schneller steigen, denn die Regierung setzt ihre Politik fort,
über Produktionskontrollen im Bergbau und in der Schwerin-
dustrie deren Verkaufspreise und damit Gewinne zu stützen,
um ein günstiges Umfeld für Schuldenabbau und Restruktu-
rierungen zu schaffen.

Kaum Änderungen in Fiskalpolitik
Die Geld- und Fiskalpolitik wird sich 2018 wohl nicht grund-
sätzlich ändern. Zwar bemüht sich die Regierung inzwischen
ernsthaft darum, die Risiken im Finanzsektor in den Griff zu
bekommen, die sich durch hohes Kreditwachstum und Regu-
lierungslücken über die Jahre entwickelt haben. Gleichzeitig
stellt sie aber klar, dass das nicht zu Lasten der Kreditvergabe
an die Realwirtschaft gehen soll und auch die Finanzierungs-
kosten eher sinken sollen. Was nach einer Quadratur des Krei-
ses klingt, kann mit zahlreichen Staatseingriffen in China tat-
sächlich gelingen. Und sollte das Wirtschaftswachstum doch
stärker als geplant einbrechen, kann die Geld- und Fiskalpoli-
tik auch schnell wieder auf Expansion schalten. Das reduziert
auch das Risiko meiner Wachstumsprognose.
   Die Liberalisierung des Wechselkurses und der Abbau von
Kapitalverkehrskontrollen sind nach Rückschlägen in den ver-

12 / ChinaContact 1/2 2018
Wirtschaftsausblick 2018

BIP (Veränderung in %, real) und BIP pro                                          Inflation (in %)
Kopf (in Tausend Yuan)

80                                                                          15

70                                                                                                  5,9
                                                                                                                       5,4
60                                                                          12
                                                                                              4,8
50

40                                                                            9                                  3,3
                                                                                                                              2,6 2,6
30                                                                                                                                                           2,4*
                                                                                  1,8                                                      2           2 1,8*
20                                                                            6         1,5                                                     1,4
10

0                                                                             0
    2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017* 2018*       2005 2006 2007 2008            2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017* 2018*

                                                                                                          -0,7                 Quelle: IMF | * Schätzung bzw. Prognose

FDI (in Mrd. USD)                                                                 Außenhandel (in Mrd. Yuan)
     Inbound          Outbound                                                       Export               Import

                             63,8                                                                                6.264,8
2005                                                                                2005
           13,7                                                                                               5.427,4

2006                          67,1                                                  2006
                                                                                                                       7.759,5
               23,9                                                                                                6.337,7
                                 78,3                                                                                        9.345,6
2007                                                                                2007
            17,2                                                                                                       7.328,5

2008                                    95,3                                        2008
                                                                                                                              10.039,5
                         56,7                                                                                           7.952,7

2009                                   91,8                                         2009
                                                                                                                        8.203,0
                      43,9                                                                                          6.861,8

2010                                       108,8                                    2010
                                                                                                                                 10.702,3
                         58,0                                                                                                 9.469,9
                                                117,7                                                                                  12.324,1
2011                                                                                2011
                       48,4                                                                                                         11.316,1

2012                                           113,3                                2012
                                                                                                                                         12.935,9
                              65,0                                                                                                   11.480,1
                                                117,8                                                                                       13.713,1
2013                                                                                2013
                                73,0                                                                                                   12.103,8

2014                                            119,7                               2014
                                                                                                                                              14.388,4
                                                 123,1                                                                                 12.035,8

2015                                              126,3                             2015
                                                                                                                                               14.116,7
                                                          174,4                                                                  10.433,6

2016                                              126,0                             2016
                                                                                                                                               13.841,9
                                                                    217,2                                                        10.496,7

                                                                                                                                                           Quelle: OECD

                                                                                   Durchschnittslohn (in Mrd. Yuan)
                                                                                   70.000

                                                                                   60.000

                                                                                   50.000

Chinas
                                                                                   40.000

                                                                                   30.000

Wirtschaft                                                                         20.000

in Zahlen
                                                                                   10.000

                                                                                            2006      2008             2010         2012            2014         2016

                                                                                                                                           Quelle: Statistikamt VR China

                                                                                                                                1/2 2018 ChinaContact / 13
China 4.0:                   Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland
                             und China sind so eng wie nie zuvor. Im Jahr 2016 kletter-

Geht die
                             te das bilaterale Handelsvolumen auf 170 Milliarden Euro.
                             Damit heißt Deutschlands wichtigster Handelspartner in der
                             Welt nicht mehr Amerika oder Frankreich, sondern China.

Erfolgsgeschichte
                             Auch im vergangenen Jahr legte der Handel weiter kräftig zu,
                             in den ersten acht Monaten um elf Prozent gegenüber dem-
                             selben Zeitraum 2016. Die Direktinvestitionen entwickel-

für die deutsche
                             ten sich ähnlich dynamisch – und zwar in beide Richtungen.
                             Deutsche Investitionen in China sind im ersten Halbjahr 2017
                             gegen den allgemeinen Trend noch leicht gewachsen und ma-

Wirtschaft                   chen mehr als die Hälfte der EU-Investitionen aus. Chinesi-
                             sche Investitionen in Deutschland sind 2016 sprunghaft an-
                             gestiegen und scheinen auch 2017 weiter zugenommen zu

weiter?                      haben.
                                Viele der rund 6.000 deutschen Unternehmen haben Chi-
                             na zu ihrem zweiten Heimatmarkt gemacht. Dank deutscher
                             Ingenieurskunst, der hohen Qualität ihrer Produkte und der
                             Strahlkraft ihrer Marken genießen deutsche Unternehmen das
                             Vertrauen vieler Kunden und Geschäftspartner. Die technolo-
                             gische Vorreiterrolle, die unsere Unternehmen im Bereich der
                             Industrie 4.0 haben, und die Stärken des Landes beispielsweise
                             in der industriellen Fertigung machen die deutsche Wirtschaft
                             insgesamt zu einem strategisch wichtigen Partner für China.
                             Das von der chinesischen Regierung angestrebte „Upgrade“
                             der chinesischen Wirtschaft auf eine höhere Wertschöpfungs-
                             ebene eröffnet gerade den deutschen Unternehmen vielfältige
                             Geschäftsmöglichkeiten.
                                Chinas Binnenmarkt wächst indes unvermindert weiter.
                             Das gesamtwirtschaftliche Wachstum lag 2017 mit durch-
                             schnittlich 6,8 Prozent über den Erwartungen und sucht im
                             internationalen Vergleich noch immer seinesgleichen. China
                             wird auf absehbare Zeit rund ein Viertel und mehr zum welt-
                             weiten Wirtschaftswachstum beitragen. Ein wichtiger Wachs-
                             tumstreiber ist dabei der Dienstleistungssektor. Die Mittel-
                             schicht wird größer und zahlungskräftiger, damit steigt auch
                             die Nachfrage nach Qualitätsprodukten. Viele dieser Produkte
                             werden künftig auf neuen Vertriebswegen den Kunden errei-
                             chen, die boomenden E-Commerce-Plattformen bieten gera-
                             de kleinen Unternehmen neue Absatzmöglichkeiten in China.

                             Umfeld für Unternehmen wird schwieriger
                             Die Voraussetzungen für ein neues Kapitel in der Erfolgsge-
                             schichte deutscher Unternehmen in China sind eigentlich bes-
                             tens. Doch die deutschen Unternehmen spüren einen immer
                             stärkeren Gegenwind. Trotz der hervorragenden geschäftli-
                             chen Aussichten nimmt ihre Investitionsneigung spürbar ab.
                             Gleiches gilt für die Bereitschaft, neue Mitarbeiter einzustel-
                             len. Die Ursachen hierfür liegen in einem schwieriger wer-
                             denden Umfeld und einer steigenden Verunsicherung im
                             Hinblick auf die langfristigen Aussichten. So hat sich die An-
                             zahl deutscher Unternehmen, die sich mit der Bitte um Un-
                             terstützung an die Deutsche Botschaft wenden, in den letz-
                             ten drei Jahren verdreifacht. Zu den altbekannten Problemen
                             wie dem Joint-Venture-Zwang in manchen Branchen oder
                             der mangelnden Rechtsdurchsetzung beim Schutz geistigen
                             Eigentums gesellen sich in immer kürzeren Abständen neue
                             Hemmnisse hinzu. Solche, die direkt auf die operative Ge-
                             schäftstätigkeit durchschlagen wie die plötzlich eingeführten
                             Kapitalverkehrskontrollen zu Beginn des Jahres. Aber auch

14 / ChinaContact 1/2 2018
Wirtschaftsausblick 2018

            solche, die die Unsicherheit schleichend erhöhen und zu dem       und gleichzeitig noch stärker als bisher langfristige Strategien
            immer weiter verbreiteten Gefühl beitragen, in China weniger      für das Geschäftsmodell von morgen entwerfen. Wir stehen
            willkommen zu sein. Dazu zählen beispielsweise die unklaren       bereit, unsere Unternehmen bei der Fortschreibung ihrer Er-
            Folgen des neuen Cybersicherheitsgesetzes oder die Auswir-        folgsgeschichte in China nach Kräften zu unterstützen.
            kungen des sogenannten „Social Credit Systems“ für die Un-
            ternehmen. Große Sorgen bereitet vielen Unternehmen auch
            der immer weiter wachsende Einfluss der Kommunistischen                 Dr. Frank Rückert
            Partei Chinas auf ihre Geschäftstätigkeit. Dies gilt insbeson-          ist Gesandter und Leiter der Wirtschaftsabteilung der
            dere für Joint Venture und vor allem dann, wenn das deutsche            Deutschen Botschaft Peking.
            Unternehmen eine Minderheitsbeteiligung hat.                            www.china.diplo.de
                Es ist indes im beiderseitigen Interesse, dass sich die bi-
            lateralen Wirtschaftsbeziehungen auch weiterhin gut entwi-
            ckeln und deutsche Unternehmen mit ihrer Innovationskraft
            zum „Upgrade“ der chinesischen Wirtschaft beitragen kön-
            nen. Dazu sind jedoch substanzielle Schritte für den weiteren
            Abbau von Marktzugangsbeschränkungen notwendig. 2017
            gab es eine ganze Reihe hoffnungsvoller Signale, mit denen
            China bekräftigte, bestehende Investitionsbeschränkungen ab-
            bauen und den Markt weiter öffnen zu wollen. Jetzt ist es an
            der Zeit, die angekündigten Verbesserungen auch entschlos-
            sen umzusetzen.
                Es gibt aber auch eine Reihe von Dingen, die wir selbst
            tun können, um unsere Chancen in China zu verbessern. Po-
            litik und Wirtschaft müssen gemeinsam daran arbeiten, un-
            seren technologischen Vorsprung zu halten und auszubauen.
            Für deutsche Unternehmen heißt das: Vorfahrt für Innovati-
            on und Ausbildung, mit der Dynamik Chinas Schritt halten
AT/02/164

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Das Chinabild in der Öffentlichkeit in Europa und Deutschland ist zwiespältig. Kultur und
Rahmenbedingungen in Chinas „sozialistischer Marktwirtschaft“ unterscheiden sich klar von
denen in Deutschland. Vor diesem Hintergrund werden chinesische Investitionen kritischer
wahrgenommen als die anderer Herkunftsländer. Ob chinesische Investoren als Unter-
nehmenseigentümer und Arbeitgeber bei übernommenen Firmen tatsächlich anders agieren
und ob die Sorgen von Arbeitnehmern und Öffentlichkeit berechtigt sind, ist unter anderem
Gegenstand der von der Hans-Böckler-Stiftung im vergangenen Jahr in der Reihe Mitbe­
stimmungsreport veröffentlichten Studie „Chinesische Investitionen 2016“. Zwei der an der
Publikation beteiligten Autoren – Ulrike Reisach und Wolfgang Müller – haben die Ergebnisse
ihrer Untersuchungen, die auf fast 50 Interviews und zweijähriger Forschungsarbeit basieren,
für den ChinaContact-Ausblick 2018 in Einzelbeiträgen aufbereitet.

                                                                                               Foto: Lei Han

16 / ChinaContact 1/2 2018
Unternehmens-
führung nach
Übernahme durch
chinesische
Investoren

Öffentlichkeit und Belegschaften betrachten
chinesische Investoren oft skeptisch, doch
die Realität in den übernommenen Firmen
übertrifft die Erwartungen oft in positiver
Weise.

China hat in großen Teilen der deutschen Presse kein all-
zu gutes Image und seine wirtschaftliche Stärke ist für man-
che sogar furchteinflößend. Daher ist es kein Wunder, wenn
Übernahmen durch chinesische Investoren kritisch gesehen
werden. Für das einzelne Unternehmen kann die Übernah-
me aber recht positiv sein, je nachdem, an welchen Investor
es gerät. Die Auswahl des „richtigen“ Investors ist daher eine
Kunst, die eine solide Kenntnis der Rahmenbedingungen in
China sowie präzise Recherchen voraussetzt.

Managementstruktur und Entscheidungsfindung
Bei chinesischen Investoren handelt es sich um Staatskon-
glomerate, Unternehmen mit gemischter Eigentümerstruktur
und um Privatunternehmen. Sie unterscheiden sich im Grad
der Kontrolle durch den chinesischen Staat und in der Finan-
zierung. Viele chinesische Investoren minimieren Risiken und
sparen Steuern, daher laufen Übernahmen in aller Regel über
europäische Tochtergesellschaften, die als Holdings organi-
siert sind. Bei seriösen Investoren, etwa chinesischen Staats-
konglomeraten, haben diese ihren Sitz in Deutschland be-
ziehungsweise Europa, so dass ein enger Austausch mit dem
Management des Unternehmens in Deutschland möglich ist.
Manchmal sind Vertreter des Managements deutscher Fir-
men zugleich auch Mitglieder der Holding. Mehrheitlich wer-
den die Holdings von chinesischen Entsandten oder von in
Europa lebenden Chinesen geführt, weil diese über Sprach-
kenntnisse und meist auch über eine einschlägige Ausbildung
verfügen. Besteht keine Holdingstruktur, wird mindestens
ein Vertreter des chinesischen Eigentümers als Mitglied der

                                   1/2 2018 ChinaContact / 17
Geschäftsführung, meist im Bereich Finanzen, fest installiert.    Geschäfts in Deutschland wurde dadurch bislang noch nicht
Diese Person spricht in aller Regel Deutsch oder Englisch und     beobachtet. Es scheint sogar so zu sein, dass kleinere über-
agiert als Mittler zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft.      nommene Firmen, die vor der Pleite standen, durch ihre Ent-
Deutsche CEO berichten von einer kollegialen Zusammenar-          wicklungskompetenz unter chinesischen Investoren noch ei-
beit mit den chinesischen Kollegen.                               ne Weile die Beschäftigung sichern können. Dennoch ist die
    Im Managementstil zeigen sich deutliche Unterschiede          Zukunft solcher reinen Know-how-Transfermodelle mittel-
zwischen den übernehmenden Tochtergesellschaften staat-           fristig höchst unsicher.
licher Konglomerate wie AVIC, NORINCO, Weichei Power                  Kulturelle Unterschiede tragen zu Unklarheiten über die
oder WISCO und tendenziell eher pragmatisch agierenden            gegenseitigen Erwartungen und die Bedeutung von Verhal-
hybriden Investoren und privatwirtschaftlich organisierten        tensweisen bei. Solche im Zuge der Übernahme oft vernach-
Firmen wie Sany oder Fosun Group. Gemeinsames Merkmal             lässigte Fragen führen später häufig zu Missverständnissen auf
von Firmen, die mehrere Jahre nach der Übernahme steigen-         Ebene des Managements wie auch des Unternehmensalltags.
de Umsätze und Erträge erwirtschaften, ist die Tatsache, dass     Vertreter des chinesischen Eigentümers haben Zugang zum
das Management überwiegend in bewährten deutschen Hän-            kompletten Intranet des Unternehmens, so dass auch auf die-
den liegt. Es werden Investitionen in Deutschland getätigt, die   sem Wege ein Know-how-Transfer vorstellbar ist.
lange fällig waren, und so die Produktion gesteigert und mo-          Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass staatliche chi-
dernisiert. Oft steigt der China-Umsatz, da die Muttergesell-     nesische Unternehmen meist langfristiger agieren, solider fi-
schaft den Zugang zum chinesischen Markt erleichtert.             nanziert und besser vorbereitet sind als kleinere private Ak-
    Eine Reihe übernommener Firmen baut den bereits vor           teure mit unklarem Hintergrund. Große chinesische Flagg-
der Übernahme vorhandenen China-Stützpunkt aus. Man-              schiff-Unternehmen, ob staatlich oder privat, wollen gute
che gründen oder übernehmen mit chinesischen Investitions-        Vorbilder sein und nicht durch negative Presse auffallen, um
geldern neue Standorte in China, Osteuropa oder Mittel- und       ihr eigenes Firmenimage als kompetente Auslandsinvestoren
Südamerika. Offenbar wird die Kompetenz deutscher Firmen          sowie das Image Chinas in Deutschland zu verbessern.
beim Aufbau und bei der Führung internationaler Tochterge-
sellschaften geschätzt und genutzt. Für den Standort Deutsch-
lands bedeutet dies eine Stärkung, wenn in Deutschland zu-              Ulrike Reisach
sätzliche Fertigungs- und Verwaltungseinheiten entstehen.               lehrt Intercultural Management und International Busi-
Dennoch gibt es Fälle, in denen deutsche Standorte geschlos-            ness Negotiations an der Hochschule Neu-Ulm für An-
sen werden. Dies kann normalen Effizienzüberlegungen zu-                gewandte Wissenschaften und als Gastprofessorin an
zuschreiben oder eine Konsequenz des Aufbaus in kosten-                 chinesischen Universitäten. Die Professorin forscht,
günstigeren Regionen sein. Insgesamt scheint es, als würden             publiziert und berät seit Mitte der 80er-Jahre zur
die chinesisch investierten Unternehmen betriebswirtschaft-             deutsch-chinesischen Wirtschaftszusammenarbeit.
lich ähnlich geführt wie dies unter anderen industriellen In-           www.ulrike-reisach.de/china
vestoren der Fall ist.
    Chinesische Eigentümer fordern Einblick in die Inves-
titions- und Finanzplanung des Unternehmens. Manches
von einem Staatskonglomerat übernommene Unternehmen
staunt über den Grad der Detaillierung weiterer Anforderun-
gen. In einem Fall wurde gefordert, auch geringwertige Wirt-
schaftsgüter detailliert zu „managen“, weil es sich schließlich
um chinesisches Staatsvermögen handle – ein Ansinnen, das
in der Praxis undurchführbar ist und schließlich auch abge-
mildert wurde. Die Abstimmungsprozesse auf chinesischer
Seite werden als komplex und langwierig wahrgenommen.
Mehrfach-Investoren mit Erfahrung erweisen sich als deutlich
pragmatischer. Oft haben diese bereits Standards entwickelt,
wie das Reporting stattfinden soll, und verfügen über inter-
national einsatzfähige Standardsoftware. Dies ist bei anderen
Firmen nicht immer der Fall, so dass die chinesischen Ver-
treter im Wesentlichen als Mittler und Übersetzer der jewei-
ligen Anforderungen, Fragen und Ergebnisse beschäftigt sind.

Know-how-Transfer
Eine der großen Sorgen bei der Firmenübernahme durch chi-
nesische Investoren ist ein einseitiger Know-how-Transfer.
Dieser findet tatsächlich statt, entweder durch die Weiterga-
be von Konstruktionsplänen oder die Übertragung von Pa-
tenten an die chinesische Muttergesellschaft. Manchmal er-
folgt dies indirekt durch den Ausbau des vorhandenen chi-
nesischen Stützpunkts. Eine konkrete Einschränkung des

18 / ChinaContact 1/2 2018
Wirtschaftsausblick 2018

Chinesische                                                        Tarifstandards Bestandteil des institutionellen Arrangements,
                                                                   das zu ihrer Investition gehört. Manche Investoren sehen in

Investoren sind
                                                                   der deutschen Mitbestimmung auch einen Garanten für die
                                                                   deutsche Qualitätsproduktion. Ob diese aus Arbeitnehmer-
                                                                   sicht bislang positiven Erfahrungen mit chinesischen Inves-

besser als ihr
                                                                   toren dauerhaft Bestand haben, kann noch nicht beurteilt
                                                                   werden. Die Aussagen gelten auch nicht für jede chinesische
                                                                   Investition in Deutschland. Besorgnisse äußern befragte Ar-

Ruf
                                                                   beitnehmervertreter vor allem über die Auswirkungen einer
                                                                   möglichen Krise in China auf die Finanzierung und Führung
                                                                   der Investments in Deutschland.

                                                                   Betriebsräte und Mitbestimmung akzeptiert
                                                                   Für die untersuchten Unternehmen ergibt sich folgendes
                                                                   Bild: Die chinesischen Investoren akzeptieren existierende
                                                                   Betriebsräte in Deutschland. Aber in den Betrieben und Un-
Gegen chinesische Investoren, die deutsche                         ternehmen ohne Betriebsräte ändert sich auch nach dem Ein-
Unternehmen übernehmen, gibt es viele                              stieg der Chinesen nichts. Das gilt auch für Neugründungen
Vorbehalte. Meistens geht es um Arbeits-                           durch chinesische Konzerne in der ITK-Industrie: Dort gibt
plätze und/oder den Verlust von Know-how                           es bislang keine Betriebsräte.
und Schlüsseltechnologien. Beklagt werden                              Bei Unternehmen mit mitbestimmten Aufsichtsräten ha-
                                                                   ben sich die chinesischen Investoren mit der Unternehmens-
zudem ungleiche Bedingungen für Auslands-
                                                                   mitbestimmung arrangiert und ihre Vertreter in die Aufsichts-
investitionen in China und Europa. Chinesi-                        räte entsandt. Die Aufsichtsratsarbeit leidet aber unter Sprach-
sche Investoren sind jedoch besser als ihr                         und Verständigungsproblemen. Manchmal wechseln auch die
Ruf und akzeptieren die deutsche Mitbestim-                        Repräsentanten des Investors aus China, was die kontinuierli-
mungskultur.                                                       che Arbeit im Aufsichtsrat und den Aufbau persönlicher Kon-
                                                                   takte erschwert. Von Managern chinesischer Staatskonzerne
                                                                   berichten Arbeitnehmervertreter über eine besondere Wert-
                                                                   schätzung: So holen die chinesischen Vertreter in den deut-
                                                                   schen Aufsichtsräten vor wichtigen Entscheidungen regelmä-
2016 machte der Einstieg von Midea beim Roboterbauer Kuka          ßig die Meinung der Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat
Schlagzeilen. Die alarmierte Politik initiierte in Brüssel einen   ein. Für die Vertreter der chinesischen Seite im deutschen Un-
Gesetzentwurf, der künftig ein besseres Screening von Aus-         ternehmen hat die Gewerkschaft einen höheren Stellenwert
landsinvestitionen in der EU ermöglichen soll. Für Proteste        als unter den vorherigen Eigentümern.
sorgte im Herbst 2017 die Entscheidung bei Ledvance, dem               Die befragten Arbeitnehmervertreter halten die Kommuni-
gerade von einem Konsortium aus China gekauften früheren           kation mit der chinesischen Seite für wichtig. Oft gibt es aber
Osram-Lampengeschäft, Werke zu schließen und die meisten           kaum Kontakt zur chinesischen Seite. Das ist ein Problem,
Arbeitsplätze in Deutschland abzubauen.                            zumal manchmal unterschiedliche Interessenlagen der ange-
    Ledvance ist aber eher ein Einzelfall. Bislang suchen chine-   stellten hiesigen Manager und der chinesischen Seite festzu-
sische Investoren in Deutschland den sozialen Konsens. Das         stellen sind. In Einzelfällen haben Betriebsräte oder Gewerk-
ist das Ergebnis einer Studie, die auf Befragungen über die        schaften die Kontaktaufnahme deshalb selbst betrieben. Da-
Arbeitsbeziehungen in 42 chinesisch investierten Unterneh-         rauf hat die chinesische Seite bislang immer positiv reagiert.
men mit insgesamt über 55.000 Mitarbeitern in Deutschland          Auch die Tarifbindung wird von chinesischen Investoren
basiert. Neben den untersuchten Unternehmen wurden rund            nicht angetastet. In verschiedenen Unternehmen gibt es zwar
30 weitere Unternehmen in Deutschland mit jeweils mehr als         Abstriche von den Standards des Flächentarifs. Diese Abwei-
150 Mitarbeitern erfasst.                                          chungen sind meist in Unternehmenskrisen und schon lan-
    Arbeitsbeziehungen, die Mitbestimmungskultur und die           ge vor dem Einstieg der Investoren aus China vereinbart wor-
Entgelt- und Tarifstandards bleiben nach dem Einstieg chi-         den, etwa angesichts einer drohenden Insolvenz oder wegen
nesischer Investoren unverändert. Befürchtete Arbeitsplatz-        anhaltenden Auftragsmangels. Diese abweichenden Tarifver-
verluste haben sich bislang nicht bestätigt. Know-how-Trans-       träge gelten auch unter den neuen Eigentümern weiter. Sofern
fer findet statt, aber gleichzeitig wird die Entwicklung in den    es Angriffe auf die Mitbestimmung gab und die Tarifbindung
investierten Unternehmen ausgebaut. Die chinesischen In-           oder die Tarifstandards in Frage gestellt wurden, ging die Ini-
vestitionen sind in der Regel langfristig orientiert. Auch bei     tiative immer von den deutschen Managern aus. In Einzel-
akuten wirtschaftlichen Schwierigkeiten im investierten Un-        fällen war die chinesische Seite über diese Vorstöße offenbar
ternehmen wird die Langfrist-Perspektive beibehalten und es        nicht einmal informiert.
wird weiter investiert.
    Es kann unterstellt werden, dass die Investoren aus China      Unternehmen werden weiterentwickelt
wenig oder nichts über die Arbeitsbeziehungen in Deutsch-          Die chinesischen Investoren wenden nach ihrem Ein-
land wissen. Aber offenbar sind für sie Mitbestimmung und          stieg zum Teil erhebliche Mittel auf, um die Unternehmen

                                                                                                       1/2 2018 ChinaContact / 19
zukunftsfähig zu machen. Investiert wird nicht nur in Forschung   breiteten Vorbehalte gegenüber chinesischen Investments ist
und Entwicklung, sondern auch in neue Produktionsanlagen          das ein erstaunliches Ergebnis. Was sind die Hintergründe
und Werke. Oft handelt es sich um Investitionen, die die vor-     dafür?
herigen Eigentümer – ob Mittelständler, Konzern oder Finanz-
investor – immer wieder aufgeschoben hatten. In Einzelfäl-        •   Die chinesischen Investoren haben noch wenig Erfahrun-
len mussten die chinesischen Investoren auch weitere Mit-             gen mit Auslandsinvestitionen.
tel einschießen, weil das übernommene Unternehmen den             •   Die chinesischen Investments sind langfristig.
Geschäftsbetrieb beziehungsweise vereinbarte Restrukturie-        •   Es besteht zudem kein kurzfristiger Sanierungsbedarf bei
rungsmaßnahmen nicht mehr selbst finanzieren konnte. Nach             den übernommenen Unternehmen.
Einschätzung der befragten Betriebsräte hat die nachhaltige       •   Für Chinas Staatskonzerne ist der Erhalt von Arbeitsplät-
Entwicklung der investierten Unternehmen oberste Priori-              zen wichtig. Das könnte auch in den investierten Unter-
tät für die Investoren. Dies gilt sowohl für Staatskonzerne als       nehmen in Deutschland eine Rolle spielen.
auch für Privatunternehmen.                                       •   Die deutsche Industrie ist für China besonders attrak-
                                                                      tiv. In diesem Kontext werden auch Betriebsräte und Ge-
Keine Arbeitsplatzverluste                                            werkschaften positiv bewertet und als Sprecher der Fach-
Im Saldo ist die Personalentwicklung in den untersuchten Un-          arbeiter sowie Garant der Qualitätsproduktion akzeptiert.
ternehmen bislang positiv. Neue Arbeitsplätze werden nicht
nur in der Entwicklung, sondern teilweise auch in der Ferti-      Die dargestellten Gesichtspunkte lassen vermuten, dass sich
gung geschaffen. Für alle Branchen gilt, dass Wachstum hö-        der Umgang chinesischer Investoren mit den Investments in
here Priorität hat als die Marge. Es gibt bislang zudem keine     Deutschland in den nächsten Jahren nicht fundamental än-
Anhaltspunkte für die vielfach befürchtete Verlagerung von        dern wird.
Arbeitsplätzen nach China.
    Bei akuten wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unterneh-
mens akzeptieren die chinesischen Investoren auch längere              Wolfgang Müller
Durststrecken und fordern nicht schnelle Personalanpassun-             ist Sozialwissenschaftler und Informatiker und hat
gen entsprechend den reduzierten Umsätzen. Geltende Tarif-             mehrere Jahre in Peking gelebt. Bis 2014 arbeitete er
verträge werden trotz teilweise jahrelanger roter Zahlen zu-           für die IG Metall Bayern, war Mitglied in den Aufsichts-
nächst nicht angetastet. Aus Sicht der Arbeitnehmervertreter           räten von Audi, Schaeffler und Siemens und hat ein
ist ein solches Investorenverhalten eher ungewöhnlich.                 Netzwerk für Betriebsräte in chinesisch-investierten
    Wenn eine Unternehmenskrise Sanierungsmaßnahmen                    Unternehmen in Deutschland aufgebaut. Jetzt berät er
unausweichlich macht, werden die notwendigen Anpassun-                 Unternehmen zum Thema Arbeitsbeziehungen in Chi-
gen im Konsens entwickelt. Dabei kommt es zuweilen auch zu             na und Europa.
Widersprüchen zwischen dem Management, das auf schnel-
le, harte Einschnitte setzt, und den chinesischen Investoren.

Stärkung der Entwicklung in Deutschland
Der Abfluss von Know-how nach China, der Verlust des tech-
nologischen Vorsprungs ist in Deutschland eine große Sor-
ge. Viele Arbeitnehmervertreter berichten von Schulungs-
programmen für chinesische Mitarbeiter, von Unterstützung
aus Deutschland beim Aufbau von neuen Produktionsanlagen
und Entwicklungsabteilungen in China. Gleichzeitig berich-
ten sie aber, dass trotz jahrelangen Know-how-Transfers die
Qualität von nach China transferierten Prozessen und Pro-
dukten noch zu wünschen lässt.
   Letztlich entscheidet sich die Frage der Zukunftsfähigkeit
der chinesisch investierten Unternehmen und Standorte in
Deutschland, aber nicht am Know-how-Transfer nach China,
der zweifellos stattfindet, sondern daran, ob die neuen Inves-
toren beziehungsweise Eigentümer hierzulande weiter in For-
schung und Entwicklung investieren, ob also in Deutschland
weiter Know-how aufgebaut wird. Die Studie zeigt, dass die
chinesischen Investoren keinesfalls die Entwicklungsbudgets
kürzen, sondern in den Aufbau von Know-how in Deutsch-
land oft mehr als die alten Eigentümer investieren.

Investoren noch in der „Lernphase“?
Im Vergleich zu ihren Erfahrungen mit anderen Investoren
bewerten die meisten befragten Arbeitnehmervertreter die
chinesischen Investoren bislang positiv. Angesichts der ver-

20 / ChinaContact 1/2 2018
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