Ausblick 2018 Mehr Konsum, weniger Investitionen - OWC Verlag für Außenwirtschaft
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1/2 2018 15,00 € 22. Jahrgang H49998 www.owc.de Übernahmen aus China Analysen zum Streitthema Aufgeschoben, nicht aufgehoben 2019 kommt die E-Quote Schleswig-Holstein & China Potenzial kontinuierlich ausschöpfen GlobalContact Freihandel unter Druck Ausblick 2018 Mehr Konsum, weniger Investitionen
Lunch #1 Diskutieren Sie mit! Chinesische Übernahmen in der EU Gefahr für deutsche Technologieunternehmen? Chinas zunehmende Auslandsdirektinvestitionen und Übernahmen von Hightech-Unternehmen wie Kuka haben in Deutschland zu einer erhitzten Debatte geführt. Kaufen die Chinesen unsere Spitzentechnologie und Hidden Champions auf? Müssen wir unsere In- dustrie vor der Gefahr aus dem Osten mit protektionistischen Maßnahmen schützen? Ja, sagen Poliker aus Berlin und Brüssel. Nein, sagen China-Experten und der Asien-Pazifik-Ausschuss der deutschen Wirtschaft im aktuellen ChinaContact – bislang hätten chine- sische Investoren in westlichen Unternehmen ein gutes Bild abgegeben. Sehen das deutsche Mittelständler auch so? Diskutieren Sie mit uns und unseren Experten, erfahren Sie Hintergründe der Arbeit der Redaktion und werden Sie Teil der Bericht- erstattung! Mit Impulsvorträgen von Experten (tbd) sowie Hintergründen über die Berichterstattung im aktuellen ChinaContact 1/2 2018 von Patrick Bessler und Zhang Xiaodong, OWC Verlag. Februar 2018 Berlin Mehr Informationen in Kürze unter: Zhang Xiaodong Redakteurin Patrick Bessler Chefredakteur www.owc.de / marketing@owc.de OWC Verlag OWC Verlag
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, die Wirtschaft wird auch 2018 robust wachsen, wenngleich et- ren soll und prüfen, welche Chancen für deutsche Zulieferer am was weniger als im Vorjahr, wie Jürgen Conrad von der Asi- Markt bestehen bleiben. atischen Entwicklungsbank analysiert (Seite 10). Haupttrei- 2018 bringt auch für den OWC-Verlag viel Neues, allem vo- ber werde der Konsum sein, Investitionen und Auslandsnach- ran ein neues Team in der Redaktion von ChinaContact. Mit frage dürften hingegen das Wachstum etwas bremsen. Den Zhang Xiaodong verstärkt uns eine erfahrene Journalistin und deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen tut das keinen Volkswirtin, die zuvor unter anderem für CCTV und die Xin- Abbruch, meint Frank Rückert von der Deutschen Botschaft min News als Deutschlandkorrespondentin gearbeitet hat. Mit in Peking (Seite 14). Er geht davon aus, dass deutsche Investi- Petra Reichardt, die das Heft jahrelang mitgeprägt hat, sorgt ei- tionen in China und das bilaterale Handelsvolumen auch im ne etablierte Redakteurin und wichtige Stütze des Verlags für die laufenden Jahr weiter wachsen. Deutsche Unternehmen profi- nötige Konsistenz. Ich selbst freue mich, meine Asienerfahrung tierten dabei von dem geplanten „Upgrade“ der Wirtschaft auf und meine Einblicke aus der Arbeit in der Außenwirtschaftsför- eine höhere Wertschöpfungsebene. derung in die Redaktion einbringen zu können und das „neue Darüber, wie sich chinesische Auslandsinvestitionen im lau- China“ – wenn es denn nach dem Willen der Regierung geht fenden Jahr entwickeln werden, gehen die Meinungen ausei – mit frischen Augen zu betrachten. In dieser Ausgabe unter- nander. Während die Deutsche Botschaft mit einer weiteren stützt uns noch der ehemalige Chefredakteur Peter Tichauer. Zunahme vor allem in Deutschland rechnet, geht der Asien-Pa- ChinaContact erscheint ab diesem Jahr im Zweimonats- zifik-Ausschuss von einer Abschwächung der Dynamik aus. rhythmus, mit mehr Umfang und exklusiverem Inhalt. Gleich- Chinesische Übernahmen haben sich in Deutschland zu einem zeitig wollen wir Sie noch aktueller auf dem Laufenden halten Streitthema entwickelt. Ab Seite 17 gehen wir der Frage nach, und stärker in unsere Arbeit einbeziehen. Unser Info-Angebot wie „gefährlich“ sie für Deutschland wirklich sind. auf www.owc.de bauen wir mit täglichen News weiter aus. Mit Besonderes Augenmerk legen wir in dieser Ausgabe auch auf dem neu konzipierten ChinaContact-Lunch bieten wir Ihnen die Automobilindustrie. Mit seiner Größe prägt China den glo- zusätzliche Hintergründe und Impulsvorträge von Branchen- balen Markt wie kein anderes Land und könnte zum entschei- experten zu den Titelthemen unserer Ausgaben – und möch- denden Treiber für die Elektrifizierung im Straßenverkehr wer- ten im Gegenzug aus Ihren Erfahrungen lernen. Lesen Sie mehr den. 2019 greift die E-Quote. Wir erklären, wie sie funktionie- über den ersten Lunch (siehe links) oder auf unserer Website. Das Team des OWC-Verlags wünscht Ihnen eine spannende Lektüre. Patrick Bessler, Chefredakteur E-Mail: pb@owc.de 1/2 2018 ChinaContact / 3
Titelthema: Wirtschaftsausblick 2018 Automobil- und Zulieferindustrie 10 Mehr Konsum, weniger Investitionen 24 Forcierter Umstieg auf das E-Auto Chinas Wirtschaft 2018: Ausblick von Jürgen Conrad, Trotz Protesten kommt die Quote 2019. Interview mit Asian Development Bank Ferdinand Dudenhöffer, Uni Duisburg-Essen 13 Chinas Wirtschaft in Zahlen 28 Zulieferer: Kein Grund zur Sorge Der Absatz von Fahrzeugen in China steigt weiter. 14 China 4.0 Davon profitieren deutsche Automobilzulieferer. Geht die Erfolgsgeschichte für die deutsche Wirtschaft weiter? 30 Infografik: So funktioniert die E-Quote 17 Wenn Chinesen übernehmen 32 Chinas neue Autokäufer Chinesische Übernahmen werden oft skeptisch Jung, gebildet, Gutverdiener – „New Urban Im- beäugt. Doch die Realität überrascht. migrants“ treiben den Absatz von Neuwagen an. 19 Besser als ihr Ruf 35 Austausch und Dialog verstärken Chinesische Investoren suchen den sozialen Konsens Gespräch mit David Huang, Erster Sprecher des und respektieren die deutsche Mitbestimmungskultur. Fachausschusses Automobilindustrie der Chinesi- schen Handelskammer in Deutschland e. V. 21 Chinas Direktinvestitionen im Ausland Tourismus APA aktuell 40 Tourismusjahre für mehr Wettbewerb 22 Chinas Hochtechnologie-Investitionen China bleibt der wichtigste internationale Tourismus- Berlin und Brüssel reagieren auf chinesische Über- quellmarkt der Welt. Der Wettbewerb in Europa steigt. nahmen politisch motiviert. Die deutsche Industrie warnt vor protektionistischen Maßnahmen. 43 Wachstum von Auslandsreisen hält an Asiaten reisen so viel ins Ausland wie nie zuvor. Ihr Ziel Nummer eins: Asien. 16 Besser als ihr Ruf? Analysen und Positionen zum Streitthema „Übernah- men aus China“
Inhalt Schleswig-Holstein & China Personal 46 Die „Leisure-Karte“ besser spielen 60 Offen für westliche Konfliktlösung? Noch finden nur wenige chinesische Touristen den „Soft Skills“ – Wahrnehmung und Umsetzung Weg nach Kiel. Das soll sich nun ändern. OWC Weltkarte 48 Bessere Chancen im Beruf mit CDAI 40 Verbesserte Rahmenbedingungen trotz Korruption Trilaterale Zusammenarbeit bei anwendungsorientier- ter Ausbildung chinesischer Bauingenieure Gesellschaft & Kultur 62 Instant-Nudeln in China – der verblasste Ruhm 49 Kontinuierlich Potenzial ausschöpfen 62 „Sharing-Buchläden“ in China Schleswig-Holstein und Zhejiang arbeiten schon viele 63 Zwei Jahre chinesische „Toiletten-Revolution“ Jahre zusammen. Das Spektrum wird jährlich breiter. 64 Wolfgang Kubins Zeitgemäße Betrachtungen Nordchina 3 Editorial 6 Meldungen, Studien 52 EUCCC Shenyang Chapter alarmiert 76 Service: Buchtipp, Geschäftsreisen Europäische Unternehmen warnen vor einem Verlust 77 Impressum der Wettbewerbsfähigkeit, der Stadt. 78 Veranstaltungskalender Ostchina Neu 54 Weniger über Risiken diskutieren GlobalContact Kooperationschancen bei Industrie 4.0: Interview mit Bernd Reitmeier, Initiator der Smart Factory Kunshan 67 Neue Gewichtung in der Weltwirtschaft Im Gespräch mit Prof. Dr. Gabriel Felbermayr, ifo Süddchina Zentrum für Außenwirtschaft 56 So sauber wie Trinkwasser 70 Freihandel unter Druck Das deutsche Unternehmen QWAIR reinigt Abwässer Proteste, Protektionismus und Regionalisierung im Galvanikpark der Metal Eco City Jieyang. stehen einer wachsenden Zahl von Handelsabkom- men entgegen. Wirtschaftsrecht 74 Auf einen Blick 58 Besserer Zugang zum Finanzmarkt Freihandelsabkommen boomen – freier Handel nicht. Künftig können ausländische Konzerne Mehrheitsbe- teiligungen an chinesischen Finanzfirmen halten. 24 Die E-Quote kommt 40 Mehr Touristen, mehr Wettbewerb Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Ausstieg aus China bleibt Tourismusquellmarkt Nummer eins. In dem Verbrennungsmotor ansteht. Europa nimmt der Kampf um die Reisenden zu.
Importstopp für Feststoffabfälle seit Jahresbeginn China, bisher weltgrößter Importeur von recycelfähigem Müll, hat die Einfuhr von 24 verschiedenen Sorten Feststoffmüll zum 1. Januar dieses Jahres eingestellt. Chinas Regierung hatte die WTO bereits am 18. Juli 2017 über diesen Schritt in- formiert. Vom Importverbot betroffen sind unter anderem Plastikabfälle aus Haushalten wie Getränkeflaschen, Fo- lien, PVC-Produkte, Lebensmittelver- packungen, CD-Hüllen, Spielzeug etc., Vanadiumschlacken, unsortiertes Alt- papier und Textilabfälle. Nach Anga- ben des chinesischen Umweltministeri- ums hatte sich das Volumen der Müll importe des Landes im Zeitraum 1995 bis 2016 von 4,5 Millionen auf 45 Milli- onen Tonnen verzehnfacht. Allein 2016 führte China rund 56 Prozent des glo- bal anfallenden Feststoffmülls ein. Zehn Prozent der über sieben Millionen Ton- nen Plastikmüll, die 2016 nach China ex- portiert wurden, stammten aus Deutsch- land. Über die Jahre hatte sich das Müll- geschäft für alle Beteiligten erfreulich entwickelt – China benötigte recycelbare Seit dem 1. Januar dürfen Plastikabfälle aus Haushalten in China Rohstoffe, andere Länder wollten ihren nicht mehr eingeführt werden. Müll loswerden. Mittlerweile produziert China selbst Unmengen von Müll und stimmter Grenzen eigenverantwortlich ge sicherer, intelligenter und umwelt- leidet zudem unter den Folgen von ille- festzusetzen. In Peking fällt demnach freundlicher machen können, teilte das galen Müllimporten und illegaler -ent- pro Kubikmeter Oberflächenwasser ei- Unternehmen in einer Presseerklärung sorgung. ne Steuer in Höhe von 1,6 Yuan an, pro mit. Die chinesischen Behörden haben Kubikmeter Grundwasser werden vier die Bestimmungen und Vorschriften für Yuan fällig. Der Wasserverbrauch von Lkw verschärft und weitergehende Maß- Pilotprogramm: Besteuerung Golfplätzen und Skiresorts sowie für nahmen für mehr Effizienz und Sicher- von Brauchwasser Dienstleistungen wie Autowäsche dürf- heit von Nutzfahrzeugen ergriffen. Das am 1. Juli 2016 in der Provinz He- te jedoch höher besteuert werden. bei gestartete Pilotprogramm zur Be- steuerung der Entnahme von Oberflä- Dürr baut Lackiererei für chen- und Grundwasser wurde Anfang Knorr-Bremse und Dongfeng Elektrofahrzeuge in Hefei Dezember 2017 auf weitere Regionen erweitern Geschäftsaktivitäten Der Maschinen- und Anlagenbau- ausgedehnt und kommt nun auch in Pe- Zum 1. Januar 2018 hat Dongfeng Auto er Dürr, Bietigheim-Bissingen, baut in king, Tianjin, Shanxi, Shandong, He Parts seine Aktivitäten im Bereich Kom- China für einen lokalen OEM eine voll- nan, Sichuan, Shaanxi, im Autonomen pressoren und Druckluft in das gemein- automatische Lackiererei. Das Werk in Gebiet Ningxia sowie in der Inneren same Joint Venture von Knorr-Brem- Hefei ist auf eine Kapazität von 100.000 Mongolei zur Anwendung. Diese Maß- se und Dongfeng überführt. 2015 hat- Einheiten pro Jahr ausgelegt und wird nahme soll dazu beitragen, das staatli- ten der weltweit führende Hersteller im Juni 2018 den Betrieb aufnehmen. che Ressourcenmanagement zu verbes- von pneumatischen Bremssystemen Die Integration zahlreicher digital@ sern, Wasserverschwendung und Um- und Systemanbieter für Nutzfahrzeuge DÜRR-Lösungen macht die Lackiere- weltverschmutzung einzudämmen und und Chinas größter Nutzfahrzeugher- rei zu einer Smart Factory mit umfas- wasserintensive Verbraucher aus ver- steller das Gemeinschaftsunternehmen sender Datennutzung. In der neuen An- schiedenen Branchen zu einer Neuaus- Knorr-Bremse Dongfeng Electronic & lage der Anhui Jianghuai Automobile richtung ihres Geschäftsmodells zu be- Technology (DETC) Commercial Ve- werden künftig im Auftrag eines loka- wegen. Nach Angaben des chinesischen hicle Braking Technology Co., Ltd. ge- len Elektrofahrzeugherstellers batterie- Foto: iStock © Kemter Finanzministeriums verbleiben die dar- gründet. Die erweiterte Zusammenar- betriebene Personenkraftwagen produ- aus resultierenden Steuereinnahmen bei beit mit Dongfeng Auto Parts bereite ziert. Die Fahrzeuge erhalten in der voll- den Lokalregierungen, die zudem befugt den Boden für entsprechend angepasste automatischen Lackiererei von Dürr ein sind, die Höhe der Steuern innerhalb be- Lösungen, die chinesische Nutzfahrzeu- modernes Zweiton-Farbdesign. 6 / ChinaContact 1/2 2018
Meldungen Kelley Platt bei Daimler Trucks North America die Geschäfte der Marke Wes- tern Star geleitet und Rekordergebnis- se bei Absatz und Marktanteil erzielen können. Von 2010 bis 2015 leitete Platt die Geschäfte von Thomas Built Buses in High Point, North Carolina. Unter ihr entwickelte sich Thomas Built Bu- ses zur führenden Marke auf dem nord- amerikanischen Schulbus-Markt. Platt begann ihre Karriere bei Daimler 1989 im Finanzbereich. Olaf Kastner Kelley Platt Jochen Goller Sven Ennerst Thomas Wittling Neuer China-Chef bei BMW Daimler stärkt Aufstellung Haier mit neuem Zum 1. März 2018 übernimmt Jochen seines Lkw-Geschäfts in China Geschäftsführer Goller die Leitung der BMW Group Seit dem 1. Januar 2018 hat Sven Ennerst Der Haushaltsgroßgerätehersteller Hai- Region China. Der 51-Jährige tritt die die Verantwortung für das Lkw-Geschäft er hat Thomas Wittling zum neuen Ge- Nachfolge von Olaf Kastner (62) an, der von Daimler Trucks in China übernom- schäftsführer der Haier Deutschland die BMW Group weiterhin bei über- men – sowohl für die lokale Produkti- GmbH ernannt. Seit dem 1. Januar 2018 greifenden Themen in China unter- on von Beijing Foton Daimler Automo- hat Wittling die Position des Geschäfts- stützen wird. Jochen Goller ist seit 1999 tive (BFDA) als auch für das Importge- führers der deutschen und österreichi- bei der BMW Group und sammelte be- schäft von Daimler Trucks and Buses schen Organisation übernommen und reits von 2004 bis 2009 als Marketinglei- China (DTBC). Gleichzeitig behält er trägt damit die volle Verantwortung für ter umfassende Erfahrungen in China. seine Funktion als Leiter der globalen die komplette Gesellschaft. Der bishe- Von 2009 bis 2015 leitete er die Marke Produktentwicklung und des globa- rige General Manager Ralph Bestgen MINI zunächst in Großbritannien und len Einkaufs. Ennerst hat in China Ma- scheidet auf eigenen Wunsch im Jahres- dann weltweit. Anschließend kehrte er schinenbau studiert und dort im Rah- verlauf 2018 aus, da er eine neue berufli- 2015 in den agilen chinesischen Markt men seiner weiteren beruflichen Lauf- che Herausforderung angenommen hat. zurück, um Vertrieb und Marketing des bahn Erfahrungen gesammelt. Er ist seit Thomas Wittling blickt auf eine langjäh- BMW Brilliance Automotive Joint Ven- mehr als 20 Jahren in Führungsfunkti- rige Laufbahn in der Hausgerätebranche tures zu leiten. In seiner neuen Positi- onen bei Daimler Trucks tätig. Darüber zurück. Er war sehr erfolgreich in füh- on wird Jochen Goller das Geschäft der hinaus übernimmt Kelley Platt im ers- renden Unternehmen der Branche wie BMW Group in China einschließlich der ten Quartal 2018 die Leitung von Bei- Gorenje, LG und AEG/Electrolux tätig. Koordination mit dem Joint Venture ver- jing Foton Daimler Automotive – dem antworten. Olaf Kastner hat sechs Jah- Joint Venture von Daimler und Foton re lang das Joint Venture BMW Brillian- für die lokale Produktion von schwe- ce Automotive geleitet und in den ver- ren Lkw unter dem chinesischen Mar- gangenen zwei Jahren die Geschäfte der kennamen Auman. Platt folgt auf Zhou BMW Group Region China. Liang, der neuen beruflichen Herausfor- derungen außerhalb von BFDA nach- geht und daher das Unternehmen mit Wirkung zum 15. Januar 2018 verlas- sen hat. In den vergangenen Jahren hat 1/2 2018 ChinaContact / 7
erstaunliche 54 Punkte im Saldo ver- bessert. Auch die Erwartungen an die eigenen Geschäfte in den kommen- den zwölf Monaten steigen auf jetzt 49 Punkte (Vorumfrage: 42 Punkte). Der Saldo der Konjunktur-Erwartungen für China sinkt zwar leicht von 28 auf 26 Punkte, allerdings vor allem, weil mehr Unternehmen ein gleichbleibend hohes Niveau erwarten. Die Pläne der deutschen Unterneh- men zum Ausbau der Beschäftigung bleiben mit 51 Punkten hoch. Die In- vestitionen nehmen sogar zu (43 Punk- te nach elf Punkten in der Vorumfrage). Das größte Risiko der deutschen Un- ternehmen in China ist der Fachkräf- temangel. 49 Prozent der Unternehmen sehen dies als Hindernis für die Wirt- schaftsentwicklung an. Gleichzeitig stei- gen die Arbeitskosten – 46 Prozent nen- Versteckter Protektionismus Fachkräftemangel ist größtes nen dies als Risiko. Die Folge ist, dass beeinflusst Handel Risiko in China immer mehr Unternehmen über Ver- Die Bertelsmann-Stiftung hat unter- Ende November 2017 hat der Deut- lagerungen in andere asiatische Länder sucht, in welchem Umfang sich nicht- sche Industrie- und Handelskammer- mit günstigeren Standortkosten nach- tarifäre Handelshemmnisse (NTH), tag (DIHK) den „AHK World Business denken. Die großen Herausforderungen zum Beispiel mengenmäßige Importbe- Outlook“ vorgelegt, der die aktuelle Si- mit Blick auf den demografischen Wan- schränkungen oder staatliche finanziel- tuation und Erwartungen der deut- del, die sozialen und ökologischen Be- le Hilfen für heimische Anbieter, auf den schen Unternehmen im Ausland auf- dingungen sowie der Abbau von Über- Welthandel auswirken, wer NTH ergreift zeigt. Wirtschaftswachstum und Welt- kapazitäten in der Industrie bestehen und wen diese Maßnahmen treffen. Die handel hätten zuletzt wieder Schwung fort. Zudem steigt die Verschuldung Studienergebnisse wurden im Dezember bekommen und diese positive Entwick- in den verschiedenen staatlichen Ebe- 2017 in der Reihe Policy Brief veröffent- lung ziehe sich auch ins Jahr 2018, fasste nen. Knapp über ein Drittel der Unter- licht. Demnach sind die zwischen 2010 DIHK-Präsident Eric Schweitzer die Er- nehmen sieht die wirtschaftspolitischen und 2015 weltweit eingeführten NTH gebnisse der Herbst-2017-Umfrage zu- Rahmenbedingungen als Risiko für die für rund 16 Prozent des ausbleibenden sammen. „Dennoch wachsen die Bäu- weitere Entwicklung der Geschäfte in Welthandels im Jahr 2015 verantwort- me nicht in den Himmel“, relativierte China an. Unklar sind zum Beispiel die lich. Das entspricht etwa 512 Milliarden Schweitzer seine Aussage. Zwar sorge Auswirkungen durch neue Regeln zur US-Dollar. Über den betrachteten Zeit- die dynamische Weltwirtschaft für gu- Cybersicherheit, mit denen auch aus- raum führt die Einführung mindestens te Geschäfte, Handelsbarrieren und ak- ländische Betriebe zur Offenlegung ih- eines NTH im Durchschnitt aller Län- tuelle politische Entwicklungen dürften rer Daten verpflichtet werden können. der und Produkte dazu, dass die Impor- die Geschäftstätigkeit der Unterneh- An der Befragung durch die Deut- te zwischen den betroffenen Ländern men jedoch künftig weiter einschrän- schen Auslandshandelskammern betei- (also dem Land, das die Maßnahme er- ken. Mittlerweile sieht jedes zweite Un- ligten sich rund 3.000 deutsche Unter- greift, und dem Land, dessen Exporte in ternehmen weltweit in den wirtschafts- nehmen, Niederlassungen und Tochter- das ergreifende Land betroffen sind) um politischen Rahmenbedingungen ein gesellschaften sowie Betriebe mit engem bis zu zwölf Prozent zurückgehen. Ins- Risiko für die eigenen Geschäfte. Be- Deutschlandbezug. Kleinere Unterneh- gesamt ergriffen die 151 in der Daten- trachtet werden die Wirtschaftsräume men mit weniger als 100 Mitarbeitern bank „Global Trade Alert“ aufgeführ- EU, Ost-/Südosteuropa, Russland, Tür- machten 49 Prozent der Antworten aus. ten Länder zwischen Anfang 2009 und kei, Asien/Pazifik, Nordamerika, Süd- www.dihk.de Juli 2017 über 5.600 neue protektionis- und Mittelamerika sowie Afrika, Nah- tische Maßnahmen. Mehr als 3.000 da- und Mittelost. von waren NTH. Da viele dieser Maß- In China und den anderen asiati- nahmen nicht mehr in Kraft sind, lag die schen Staaten ist die Stimmung der Zahl der noch angewendeten NTH 2016 deutschen Unternehmen weiterhin po- bei etwas mehr als 2.400. Zum Vergleich: sitiv. Die hohen Wachstumsraten und 2009 wurden lediglich knapp 390 NTH der steigende Konsum in vielen Ländern verzeichnet. sorgen für gute Geschäfte. So hat sich Die USA – Nummer eins im Welt- die Lage der deutschen Unternehmen handel – haben zwischen Anfang 2009 in China nochmals um einen Punkt auf und Juli 2017 die mit Abstand meisten 8 / ChinaContact 1/2 2018
Studien NTH (knapp 800 Maßnahmen) einge- sich sektorale Unterschiede. Besonders führt, größtenteils lange vor Antritt der stark ist der handelsreduzierende Effekt Trump-Administration. Indien hat mit von NTH im Rohstoffsektor (inklusive 312 die zweithöchste Anzahl an NTH Erzen, Mineralstoffen, Elektrizität, Gas eingeführt und China – Nummer zwei und Wasser). Hier führt die Einführung im Welthandel – führte lediglich 112 mindestens eines NTH im Durchschnitt Maßnahmen ein (Rang neun). Deutsch- zu einer Verringerung des entsprechen- land belegt mit rund 130 Einzelmaßnah- den bilateralen Handels um knapp 26 men den fünften Rang. Deutschlands Prozent. Im Agrarbereich inklusive Exporte waren von den zwischen 2009 Forstwirtschaft und Fischerei liegt der und 2017 ergriffenen NTH jedoch am Handelsrückgang im Durchschnitt bei Konfuzius- häufigsten betroffen. Mit Ausnahme von rund 8,4 Prozent. Die Handelsrückgän- Institut China finden sich unter den zehn Volks- ge der übrigen betrachteten Sektoren lie- wirtschaften, gegen die sich die meisten gen zwischen diesen beiden Werten (Me- Düsseldorf dieser Instrumente richten, ausschließ- tall- und Maschinenbereich: minus 14 lich Industrienationen. Hierbei zeigt sich Prozent, Konsum- beziehungsweise Ver- Chinesische Sprache einerseits die Dominanz der Industrie- brauchsgüter minus zehn Prozent). und Kultur länder im Welthandel: Wer viel handelt, Die Autoren der Studie betonen, dass steht auch eher im Fokus von NTH der der Löwenanteil des geringer ausfallen- übrigen Handelspartner. Andererseits den Welthandels, nämlich 84 Prozent, sind auch vier Länder in beiden Top- nicht auf NTH zurückzuführen ist, son- Kurse für Anfänger 10-Rankings zu finden: drei Industrie- dern andere Gründe hat. Eine Möglich- länder – USA, Deutschland und Itali- keit, die mit NTH aufgrund geringerer und Fortgeschrittene en – sowie China als einziges Entwick- Ex- und Importe einhergehenden Ver- lungs- und Schwellenland. Das zeigt, luste zu senken und den Handel zwi- • kompetent dass zumindest einige der Länder, die schen Ländern und Regionen wieder an- viele NTH einführen, auch selbst stark zukurbeln, sehen die Autoren der Studie • in angenehmem Ambiente von diesen betroffen sind. Dies könnte im Abschluss bilateraler Freihandelsab- • in Kleingruppen ein Anzeichen dafür sein, dass Protek- kommen. Gleichzeitig rufen sie die In- tionismus in einen Teufelskreislauf von dustriestaaten auf, ihre NTH zurückzu- • Lehrmaterialien inkl. Aktion und Reaktion münden kann, der fahren – gegebenenfalls auch unilateral langfristig allen Beteiligten schadet. – und gegenüber Entwicklungsländern Werden die Handelseffekte nach In- mehr Kompromissbereitschaft zu zeigen. dustriesektoren differenziert, so ergeben www.bertelsmann-stiftung.de Konfuzius-Institut Düsseldorf an der Heinrich-Heine- Top Ten der Länder mit den meisten neu eingeführten NTH zwischen 2009 und 2017 Universität Düsseldorf Länder, die von 2009 bis 2017 NTH eingeführt haben und selbst in hohem Maße von anderen NTH betroffen waren Graf-Adolf-Str. 63 USA 796 40210 Düsseldorf 1.747 Tel.: 021141628540 Indien 312 Fax: 021141628569 Russland 250 (Mo.-Do. 14-18 Uhr) Saudi-Arabien 151 www.konfuzius-duesseldorf.de info@konfuzius-duesseldorf.de Deutschland 131 2.002 Indonesien 127 Belarus 116 Erstes offizielles Brasilien 113 chinesisches Sprach- und China 112 1.909 Kulturinstitut in Italien 110 NRW 1.871 Quelle: Bertelsmann-Stiftung (Global Trade Alert Database: Yalcin, Kinzius and Felbermayr 2017:39) 1/2 2018 ChinaContact / 9
Mehr Konsum, weniger Investitionen Im laufenden Jahr wird die chinesische Wirtschaftsleistung um knapp sechseinhalb Prozent zulegen. Wesentlicher Treiber des Wachstums ist der Konsum. Investitionen werden dagegen weiter zurückgehen, auch beim Ausbau der Infrastruktur. Nach einer leichten Wachstumserholung 2017, die allein dem Außenhandel zu verdanken war, wird sich 2018 in China wie- der der langjährige Trend einer von der Regierung kontrol- lierten Wachstumsabschwächung durchsetzen. Nach 6,7 Pro- zent Wirtschaftswachstum 2016 und geschätzten 6,8 Prozent 2017 ist mit 6,4 Prozent Wachstum im Jahr 2018 zu rechnen. Chinas Bruttoinlandsprodukt wird damit um etwa 900 Milli- arden auf mehr als elf Billionen Euro zulegen. Konsum treibt Wachstum an Wie schon in den Vorjahren wird der Konsum der wichtigste Wachstumsmotor bleiben, angetrieben von robusten Lohnstei- gerungen, steigenden Sozialausgaben der Regierung und einer strukturell abnehmenden Sparneigung der Bevölkerung. Ver- braucherumfragen sind hier ganz klar: Chinesen sind kons- umfreudig wie nie und werden es bleiben. Im Gegensatz dazu wird sich die Investitionsnachfrage aufgrund von strukturel- len, aber auch konjunkturellen Faktoren weiter abschwächen. Chinas Städte expandieren und mit ihnen der Immobilien- sektor. Die Baukonjunktur wird sich 2018 dennoch abkühlen, denn die Regierung wirkt einer Überhitzung des Immobilien- marktes mit Kaufbeschränkungen in mehr und mehr Städten entgegen. Auch Hypothekenkredite werden teurer und weni- ger leicht zugänglich. Infrastrukturinvestitionen werden wei- Foto: iStock © caoyu36 ter wachsen, aber ebenfalls weniger stark als in den Vorjah- ren, denn viele Städte und Gemeinden stoßen an finanzielle Belastungsgrenzen. Das gilt auch für kapitalintensive Industri- en, in denen das Investitionswachstum wegen Überkapazitäten und hoher Schuldenbelastung seit Jahren negativ ist. Staatlich 1/2 2018 ChinaContact / 11
verordnete Angebotsverknappung hat zwar der Schwerindus- gangenen beiden Jahren inzwischen wieder wichtige Themen. trie in den vergangenen beiden Jahren höhere Verkaufspreise Natürlich wird die Regierung auch 2018 vorsichtig agieren, und sprunghaft gestiegene Gewinne beschert. Die Profite flie- denn Reformen sind kein Selbstzweck, sondern haben der ßen aber in den Schuldendienst und nicht in Neuinvestitionen. Stärkung der chinesischen Wirtschaft zu dienen. Ich rechne Quantitativ kann dieser Investitionsausfall nicht voll von dennoch mit Maßnahmen, die ausreichen, die Internationali- dem Investitionsboom in konsumorientierten Industrien und sierung des Yuans wiederzubeleben, die ja nicht nur ein Pres- im Dienstleistungssektor kompensiert werden, denn diese viel- tigeobjekt ist, sondern auch Kosten und Risiken von chinesi- versprechenden Sektoren sind tendenziell weniger kapita- schen Auslandsinvestitionen entlang der neuen Seidenstraße lintensiv. Dazu kommt, dass die chinesische Exportindust- senkt. Ob sich das Klima für ausländische Direktinvestitionen rie zwar mit 2017 ein recht gutes Jahr hinter sich hat, aber die in China auch verbessert, bleibt abzuwarten. Der Ansatz der weiteren Aussichten doch zu unsicher sind, um massive Er- stark interventionistischen chinesischen Industriepolitik, die weiterungsinvestitionen zu rechtfertigen. Insgesamt wird des- Sonderstellung der Staatsunternehmen und das Fehlen einer halb 2018 das Investitionswachstum wieder unter dem der dezidierten Wettbewerbspolitik lassen Zweifel aufkommen. Gesamtwirtschaft verharren, und der Anteil der Investitionen am Bruttoinlandsprodukt, der in China immer noch bei er- Mehr Reformen im Staatssektor staunlichen 42 Prozent liegt, wird weiter zurückgehen. Die Regierung gibt inzwischen offen zu, dass die generell schwache Performance der mehr als 130.000 Staatsunterneh- Binnennachfrage verliert an Kraft men ein zentrales Problem der chinesischen Wirtschaft ist, vor Das Wachstum der Inlandsnachfrage wird also trotz starken allem weil Staatsunternehmen überproportional zur Unter- Konsums wegen des schwächeren Investitionswachstums nehmensverschuldung beitragen. Ich erwarte 2018 Reform- 2018 weiter an Kraft verlieren. Die Auslandsnachfrage, die schritte, die über die zögerlichen Maßnahmen der vergange- 2017 noch das gesamtwirtschaftliche Wachstum stabilisieren nen Jahre hinausgehen. Das heißt, mehr Teilprivatisierungen konnte, wird im laufenden Jahr aller Wahrscheinlichkeit nach und Bankrotte, insbesondere bei Staatsunternehmen im Ei- aber wieder zur Wachstumsbremse. Jedenfalls dann, wenn der gentum von Städten oder Provinzen, die selbst finanziell un- globale Außenhandel nicht doch noch einmal neuen Schwung ter Wasser stehen. aufnimmt, was derzeit nicht zu erkennen ist. Privatisierung im großen Maßstab kann aber ausgeschlos- Die Inflation wird sich 2018 weiter beschleunigen. Ich sen werden. Denn Staatseigentum an Produktionsmitteln ist rechne mit einem Anstieg der Konsumentenpreise um 2,4 und nach Ansicht der chinesischen Führung ein definierendes der Produzentenpreise um etwa vier Prozent im Jahresdurch- Merkmal der sozialistischen Marktwirtschaft. Nach den Par- schnitt. Trotz kontinuierlichen Preisanstiegs bei Dienstleis- teitagsbeschlüssen im Oktober 2017 wird das auf absehbare tungen und Medikamenten drückten fallende Lebensmittel- Zeit auch so bleiben. preise den Auftrieb der Konsumentenpreise 2017 auf 1,7 Pro- zent. Schuld war vor allem die Überproduktion des in China so beliebten Schweinefleisches. Jürgen Conrad Mit sich normalisierenden Lebensmittelpreisen sollte die leitet die Economics Unit der Asian Development Bank Inflation 2018 deutlich zulegen, auch wenn sie wohl unter Resident Mission in der Voksrepublik China. der von der Regierung gesetzten Höchstgrenze von drei Pro- zent bleiben wird. Die Produzentenpreise werden weiterhin schneller steigen, denn die Regierung setzt ihre Politik fort, über Produktionskontrollen im Bergbau und in der Schwerin- dustrie deren Verkaufspreise und damit Gewinne zu stützen, um ein günstiges Umfeld für Schuldenabbau und Restruktu- rierungen zu schaffen. Kaum Änderungen in Fiskalpolitik Die Geld- und Fiskalpolitik wird sich 2018 wohl nicht grund- sätzlich ändern. Zwar bemüht sich die Regierung inzwischen ernsthaft darum, die Risiken im Finanzsektor in den Griff zu bekommen, die sich durch hohes Kreditwachstum und Regu- lierungslücken über die Jahre entwickelt haben. Gleichzeitig stellt sie aber klar, dass das nicht zu Lasten der Kreditvergabe an die Realwirtschaft gehen soll und auch die Finanzierungs- kosten eher sinken sollen. Was nach einer Quadratur des Krei- ses klingt, kann mit zahlreichen Staatseingriffen in China tat- sächlich gelingen. Und sollte das Wirtschaftswachstum doch stärker als geplant einbrechen, kann die Geld- und Fiskalpoli- tik auch schnell wieder auf Expansion schalten. Das reduziert auch das Risiko meiner Wachstumsprognose. Die Liberalisierung des Wechselkurses und der Abbau von Kapitalverkehrskontrollen sind nach Rückschlägen in den ver- 12 / ChinaContact 1/2 2018
Wirtschaftsausblick 2018 BIP (Veränderung in %, real) und BIP pro Inflation (in %) Kopf (in Tausend Yuan) 80 15 70 5,9 5,4 60 12 4,8 50 40 9 3,3 2,6 2,6 30 2,4* 1,8 2 2 1,8* 20 6 1,5 1,4 10 0 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017* 2018* 2005 2006 2007 2008 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017* 2018* -0,7 Quelle: IMF | * Schätzung bzw. Prognose FDI (in Mrd. USD) Außenhandel (in Mrd. Yuan) Inbound Outbound Export Import 63,8 6.264,8 2005 2005 13,7 5.427,4 2006 67,1 2006 7.759,5 23,9 6.337,7 78,3 9.345,6 2007 2007 17,2 7.328,5 2008 95,3 2008 10.039,5 56,7 7.952,7 2009 91,8 2009 8.203,0 43,9 6.861,8 2010 108,8 2010 10.702,3 58,0 9.469,9 117,7 12.324,1 2011 2011 48,4 11.316,1 2012 113,3 2012 12.935,9 65,0 11.480,1 117,8 13.713,1 2013 2013 73,0 12.103,8 2014 119,7 2014 14.388,4 123,1 12.035,8 2015 126,3 2015 14.116,7 174,4 10.433,6 2016 126,0 2016 13.841,9 217,2 10.496,7 Quelle: OECD Durchschnittslohn (in Mrd. Yuan) 70.000 60.000 50.000 Chinas 40.000 30.000 Wirtschaft 20.000 in Zahlen 10.000 2006 2008 2010 2012 2014 2016 Quelle: Statistikamt VR China 1/2 2018 ChinaContact / 13
China 4.0: Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China sind so eng wie nie zuvor. Im Jahr 2016 kletter- Geht die te das bilaterale Handelsvolumen auf 170 Milliarden Euro. Damit heißt Deutschlands wichtigster Handelspartner in der Welt nicht mehr Amerika oder Frankreich, sondern China. Erfolgsgeschichte Auch im vergangenen Jahr legte der Handel weiter kräftig zu, in den ersten acht Monaten um elf Prozent gegenüber dem- selben Zeitraum 2016. Die Direktinvestitionen entwickel- für die deutsche ten sich ähnlich dynamisch – und zwar in beide Richtungen. Deutsche Investitionen in China sind im ersten Halbjahr 2017 gegen den allgemeinen Trend noch leicht gewachsen und ma- Wirtschaft chen mehr als die Hälfte der EU-Investitionen aus. Chinesi- sche Investitionen in Deutschland sind 2016 sprunghaft an- gestiegen und scheinen auch 2017 weiter zugenommen zu weiter? haben. Viele der rund 6.000 deutschen Unternehmen haben Chi- na zu ihrem zweiten Heimatmarkt gemacht. Dank deutscher Ingenieurskunst, der hohen Qualität ihrer Produkte und der Strahlkraft ihrer Marken genießen deutsche Unternehmen das Vertrauen vieler Kunden und Geschäftspartner. Die technolo- gische Vorreiterrolle, die unsere Unternehmen im Bereich der Industrie 4.0 haben, und die Stärken des Landes beispielsweise in der industriellen Fertigung machen die deutsche Wirtschaft insgesamt zu einem strategisch wichtigen Partner für China. Das von der chinesischen Regierung angestrebte „Upgrade“ der chinesischen Wirtschaft auf eine höhere Wertschöpfungs- ebene eröffnet gerade den deutschen Unternehmen vielfältige Geschäftsmöglichkeiten. Chinas Binnenmarkt wächst indes unvermindert weiter. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum lag 2017 mit durch- schnittlich 6,8 Prozent über den Erwartungen und sucht im internationalen Vergleich noch immer seinesgleichen. China wird auf absehbare Zeit rund ein Viertel und mehr zum welt- weiten Wirtschaftswachstum beitragen. Ein wichtiger Wachs- tumstreiber ist dabei der Dienstleistungssektor. Die Mittel- schicht wird größer und zahlungskräftiger, damit steigt auch die Nachfrage nach Qualitätsprodukten. Viele dieser Produkte werden künftig auf neuen Vertriebswegen den Kunden errei- chen, die boomenden E-Commerce-Plattformen bieten gera- de kleinen Unternehmen neue Absatzmöglichkeiten in China. Umfeld für Unternehmen wird schwieriger Die Voraussetzungen für ein neues Kapitel in der Erfolgsge- schichte deutscher Unternehmen in China sind eigentlich bes- tens. Doch die deutschen Unternehmen spüren einen immer stärkeren Gegenwind. Trotz der hervorragenden geschäftli- chen Aussichten nimmt ihre Investitionsneigung spürbar ab. Gleiches gilt für die Bereitschaft, neue Mitarbeiter einzustel- len. Die Ursachen hierfür liegen in einem schwieriger wer- denden Umfeld und einer steigenden Verunsicherung im Hinblick auf die langfristigen Aussichten. So hat sich die An- zahl deutscher Unternehmen, die sich mit der Bitte um Un- terstützung an die Deutsche Botschaft wenden, in den letz- ten drei Jahren verdreifacht. Zu den altbekannten Problemen wie dem Joint-Venture-Zwang in manchen Branchen oder der mangelnden Rechtsdurchsetzung beim Schutz geistigen Eigentums gesellen sich in immer kürzeren Abständen neue Hemmnisse hinzu. Solche, die direkt auf die operative Ge- schäftstätigkeit durchschlagen wie die plötzlich eingeführten Kapitalverkehrskontrollen zu Beginn des Jahres. Aber auch 14 / ChinaContact 1/2 2018
Wirtschaftsausblick 2018 solche, die die Unsicherheit schleichend erhöhen und zu dem und gleichzeitig noch stärker als bisher langfristige Strategien immer weiter verbreiteten Gefühl beitragen, in China weniger für das Geschäftsmodell von morgen entwerfen. Wir stehen willkommen zu sein. Dazu zählen beispielsweise die unklaren bereit, unsere Unternehmen bei der Fortschreibung ihrer Er- Folgen des neuen Cybersicherheitsgesetzes oder die Auswir- folgsgeschichte in China nach Kräften zu unterstützen. kungen des sogenannten „Social Credit Systems“ für die Un- ternehmen. Große Sorgen bereitet vielen Unternehmen auch der immer weiter wachsende Einfluss der Kommunistischen Dr. Frank Rückert Partei Chinas auf ihre Geschäftstätigkeit. Dies gilt insbeson- ist Gesandter und Leiter der Wirtschaftsabteilung der dere für Joint Venture und vor allem dann, wenn das deutsche Deutschen Botschaft Peking. Unternehmen eine Minderheitsbeteiligung hat. www.china.diplo.de Es ist indes im beiderseitigen Interesse, dass sich die bi- lateralen Wirtschaftsbeziehungen auch weiterhin gut entwi- ckeln und deutsche Unternehmen mit ihrer Innovationskraft zum „Upgrade“ der chinesischen Wirtschaft beitragen kön- nen. Dazu sind jedoch substanzielle Schritte für den weiteren Abbau von Marktzugangsbeschränkungen notwendig. 2017 gab es eine ganze Reihe hoffnungsvoller Signale, mit denen China bekräftigte, bestehende Investitionsbeschränkungen ab- bauen und den Markt weiter öffnen zu wollen. Jetzt ist es an der Zeit, die angekündigten Verbesserungen auch entschlos- sen umzusetzen. Es gibt aber auch eine Reihe von Dingen, die wir selbst tun können, um unsere Chancen in China zu verbessern. Po- litik und Wirtschaft müssen gemeinsam daran arbeiten, un- seren technologischen Vorsprung zu halten und auszubauen. Für deutsche Unternehmen heißt das: Vorfahrt für Innovati- on und Ausbildung, mit der Dynamik Chinas Schritt halten AT/02/164 We are where you are. In Ihren Märkten sind wir zuhause. Mit eigenen Standorten, an denen wir uns persönlich für Ihre Ziele einsetzen. Mit einem der effizientesten Logistik-Netze der Welt. Und mit dem Anspruch, der uns seit mehr als 500 Jahren antreibt: Service Excellence. Wo brauchen Sie Unterstützung? www.gw-world.com 1/2 2018 ChinaContact / 15
Das Chinabild in der Öffentlichkeit in Europa und Deutschland ist zwiespältig. Kultur und Rahmenbedingungen in Chinas „sozialistischer Marktwirtschaft“ unterscheiden sich klar von denen in Deutschland. Vor diesem Hintergrund werden chinesische Investitionen kritischer wahrgenommen als die anderer Herkunftsländer. Ob chinesische Investoren als Unter- nehmenseigentümer und Arbeitgeber bei übernommenen Firmen tatsächlich anders agieren und ob die Sorgen von Arbeitnehmern und Öffentlichkeit berechtigt sind, ist unter anderem Gegenstand der von der Hans-Böckler-Stiftung im vergangenen Jahr in der Reihe Mitbe stimmungsreport veröffentlichten Studie „Chinesische Investitionen 2016“. Zwei der an der Publikation beteiligten Autoren – Ulrike Reisach und Wolfgang Müller – haben die Ergebnisse ihrer Untersuchungen, die auf fast 50 Interviews und zweijähriger Forschungsarbeit basieren, für den ChinaContact-Ausblick 2018 in Einzelbeiträgen aufbereitet. Foto: Lei Han 16 / ChinaContact 1/2 2018
Unternehmens- führung nach Übernahme durch chinesische Investoren Öffentlichkeit und Belegschaften betrachten chinesische Investoren oft skeptisch, doch die Realität in den übernommenen Firmen übertrifft die Erwartungen oft in positiver Weise. China hat in großen Teilen der deutschen Presse kein all- zu gutes Image und seine wirtschaftliche Stärke ist für man- che sogar furchteinflößend. Daher ist es kein Wunder, wenn Übernahmen durch chinesische Investoren kritisch gesehen werden. Für das einzelne Unternehmen kann die Übernah- me aber recht positiv sein, je nachdem, an welchen Investor es gerät. Die Auswahl des „richtigen“ Investors ist daher eine Kunst, die eine solide Kenntnis der Rahmenbedingungen in China sowie präzise Recherchen voraussetzt. Managementstruktur und Entscheidungsfindung Bei chinesischen Investoren handelt es sich um Staatskon- glomerate, Unternehmen mit gemischter Eigentümerstruktur und um Privatunternehmen. Sie unterscheiden sich im Grad der Kontrolle durch den chinesischen Staat und in der Finan- zierung. Viele chinesische Investoren minimieren Risiken und sparen Steuern, daher laufen Übernahmen in aller Regel über europäische Tochtergesellschaften, die als Holdings organi- siert sind. Bei seriösen Investoren, etwa chinesischen Staats- konglomeraten, haben diese ihren Sitz in Deutschland be- ziehungsweise Europa, so dass ein enger Austausch mit dem Management des Unternehmens in Deutschland möglich ist. Manchmal sind Vertreter des Managements deutscher Fir- men zugleich auch Mitglieder der Holding. Mehrheitlich wer- den die Holdings von chinesischen Entsandten oder von in Europa lebenden Chinesen geführt, weil diese über Sprach- kenntnisse und meist auch über eine einschlägige Ausbildung verfügen. Besteht keine Holdingstruktur, wird mindestens ein Vertreter des chinesischen Eigentümers als Mitglied der 1/2 2018 ChinaContact / 17
Geschäftsführung, meist im Bereich Finanzen, fest installiert. Geschäfts in Deutschland wurde dadurch bislang noch nicht Diese Person spricht in aller Regel Deutsch oder Englisch und beobachtet. Es scheint sogar so zu sein, dass kleinere über- agiert als Mittler zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft. nommene Firmen, die vor der Pleite standen, durch ihre Ent- Deutsche CEO berichten von einer kollegialen Zusammenar- wicklungskompetenz unter chinesischen Investoren noch ei- beit mit den chinesischen Kollegen. ne Weile die Beschäftigung sichern können. Dennoch ist die Im Managementstil zeigen sich deutliche Unterschiede Zukunft solcher reinen Know-how-Transfermodelle mittel- zwischen den übernehmenden Tochtergesellschaften staat- fristig höchst unsicher. licher Konglomerate wie AVIC, NORINCO, Weichei Power Kulturelle Unterschiede tragen zu Unklarheiten über die oder WISCO und tendenziell eher pragmatisch agierenden gegenseitigen Erwartungen und die Bedeutung von Verhal- hybriden Investoren und privatwirtschaftlich organisierten tensweisen bei. Solche im Zuge der Übernahme oft vernach- Firmen wie Sany oder Fosun Group. Gemeinsames Merkmal lässigte Fragen führen später häufig zu Missverständnissen auf von Firmen, die mehrere Jahre nach der Übernahme steigen- Ebene des Managements wie auch des Unternehmensalltags. de Umsätze und Erträge erwirtschaften, ist die Tatsache, dass Vertreter des chinesischen Eigentümers haben Zugang zum das Management überwiegend in bewährten deutschen Hän- kompletten Intranet des Unternehmens, so dass auch auf die- den liegt. Es werden Investitionen in Deutschland getätigt, die sem Wege ein Know-how-Transfer vorstellbar ist. lange fällig waren, und so die Produktion gesteigert und mo- Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass staatliche chi- dernisiert. Oft steigt der China-Umsatz, da die Muttergesell- nesische Unternehmen meist langfristiger agieren, solider fi- schaft den Zugang zum chinesischen Markt erleichtert. nanziert und besser vorbereitet sind als kleinere private Ak- Eine Reihe übernommener Firmen baut den bereits vor teure mit unklarem Hintergrund. Große chinesische Flagg- der Übernahme vorhandenen China-Stützpunkt aus. Man- schiff-Unternehmen, ob staatlich oder privat, wollen gute che gründen oder übernehmen mit chinesischen Investitions- Vorbilder sein und nicht durch negative Presse auffallen, um geldern neue Standorte in China, Osteuropa oder Mittel- und ihr eigenes Firmenimage als kompetente Auslandsinvestoren Südamerika. Offenbar wird die Kompetenz deutscher Firmen sowie das Image Chinas in Deutschland zu verbessern. beim Aufbau und bei der Führung internationaler Tochterge- sellschaften geschätzt und genutzt. Für den Standort Deutsch- lands bedeutet dies eine Stärkung, wenn in Deutschland zu- Ulrike Reisach sätzliche Fertigungs- und Verwaltungseinheiten entstehen. lehrt Intercultural Management und International Busi- Dennoch gibt es Fälle, in denen deutsche Standorte geschlos- ness Negotiations an der Hochschule Neu-Ulm für An- sen werden. Dies kann normalen Effizienzüberlegungen zu- gewandte Wissenschaften und als Gastprofessorin an zuschreiben oder eine Konsequenz des Aufbaus in kosten- chinesischen Universitäten. Die Professorin forscht, günstigeren Regionen sein. Insgesamt scheint es, als würden publiziert und berät seit Mitte der 80er-Jahre zur die chinesisch investierten Unternehmen betriebswirtschaft- deutsch-chinesischen Wirtschaftszusammenarbeit. lich ähnlich geführt wie dies unter anderen industriellen In- www.ulrike-reisach.de/china vestoren der Fall ist. Chinesische Eigentümer fordern Einblick in die Inves- titions- und Finanzplanung des Unternehmens. Manches von einem Staatskonglomerat übernommene Unternehmen staunt über den Grad der Detaillierung weiterer Anforderun- gen. In einem Fall wurde gefordert, auch geringwertige Wirt- schaftsgüter detailliert zu „managen“, weil es sich schließlich um chinesisches Staatsvermögen handle – ein Ansinnen, das in der Praxis undurchführbar ist und schließlich auch abge- mildert wurde. Die Abstimmungsprozesse auf chinesischer Seite werden als komplex und langwierig wahrgenommen. Mehrfach-Investoren mit Erfahrung erweisen sich als deutlich pragmatischer. Oft haben diese bereits Standards entwickelt, wie das Reporting stattfinden soll, und verfügen über inter- national einsatzfähige Standardsoftware. Dies ist bei anderen Firmen nicht immer der Fall, so dass die chinesischen Ver- treter im Wesentlichen als Mittler und Übersetzer der jewei- ligen Anforderungen, Fragen und Ergebnisse beschäftigt sind. Know-how-Transfer Eine der großen Sorgen bei der Firmenübernahme durch chi- nesische Investoren ist ein einseitiger Know-how-Transfer. Dieser findet tatsächlich statt, entweder durch die Weiterga- be von Konstruktionsplänen oder die Übertragung von Pa- tenten an die chinesische Muttergesellschaft. Manchmal er- folgt dies indirekt durch den Ausbau des vorhandenen chi- nesischen Stützpunkts. Eine konkrete Einschränkung des 18 / ChinaContact 1/2 2018
Wirtschaftsausblick 2018 Chinesische Tarifstandards Bestandteil des institutionellen Arrangements, das zu ihrer Investition gehört. Manche Investoren sehen in Investoren sind der deutschen Mitbestimmung auch einen Garanten für die deutsche Qualitätsproduktion. Ob diese aus Arbeitnehmer- sicht bislang positiven Erfahrungen mit chinesischen Inves- besser als ihr toren dauerhaft Bestand haben, kann noch nicht beurteilt werden. Die Aussagen gelten auch nicht für jede chinesische Investition in Deutschland. Besorgnisse äußern befragte Ar- Ruf beitnehmervertreter vor allem über die Auswirkungen einer möglichen Krise in China auf die Finanzierung und Führung der Investments in Deutschland. Betriebsräte und Mitbestimmung akzeptiert Für die untersuchten Unternehmen ergibt sich folgendes Bild: Die chinesischen Investoren akzeptieren existierende Betriebsräte in Deutschland. Aber in den Betrieben und Un- Gegen chinesische Investoren, die deutsche ternehmen ohne Betriebsräte ändert sich auch nach dem Ein- Unternehmen übernehmen, gibt es viele stieg der Chinesen nichts. Das gilt auch für Neugründungen Vorbehalte. Meistens geht es um Arbeits- durch chinesische Konzerne in der ITK-Industrie: Dort gibt plätze und/oder den Verlust von Know-how es bislang keine Betriebsräte. und Schlüsseltechnologien. Beklagt werden Bei Unternehmen mit mitbestimmten Aufsichtsräten ha- ben sich die chinesischen Investoren mit der Unternehmens- zudem ungleiche Bedingungen für Auslands- mitbestimmung arrangiert und ihre Vertreter in die Aufsichts- investitionen in China und Europa. Chinesi- räte entsandt. Die Aufsichtsratsarbeit leidet aber unter Sprach- sche Investoren sind jedoch besser als ihr und Verständigungsproblemen. Manchmal wechseln auch die Ruf und akzeptieren die deutsche Mitbestim- Repräsentanten des Investors aus China, was die kontinuierli- mungskultur. che Arbeit im Aufsichtsrat und den Aufbau persönlicher Kon- takte erschwert. Von Managern chinesischer Staatskonzerne berichten Arbeitnehmervertreter über eine besondere Wert- schätzung: So holen die chinesischen Vertreter in den deut- schen Aufsichtsräten vor wichtigen Entscheidungen regelmä- 2016 machte der Einstieg von Midea beim Roboterbauer Kuka ßig die Meinung der Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat Schlagzeilen. Die alarmierte Politik initiierte in Brüssel einen ein. Für die Vertreter der chinesischen Seite im deutschen Un- Gesetzentwurf, der künftig ein besseres Screening von Aus- ternehmen hat die Gewerkschaft einen höheren Stellenwert landsinvestitionen in der EU ermöglichen soll. Für Proteste als unter den vorherigen Eigentümern. sorgte im Herbst 2017 die Entscheidung bei Ledvance, dem Die befragten Arbeitnehmervertreter halten die Kommuni- gerade von einem Konsortium aus China gekauften früheren kation mit der chinesischen Seite für wichtig. Oft gibt es aber Osram-Lampengeschäft, Werke zu schließen und die meisten kaum Kontakt zur chinesischen Seite. Das ist ein Problem, Arbeitsplätze in Deutschland abzubauen. zumal manchmal unterschiedliche Interessenlagen der ange- Ledvance ist aber eher ein Einzelfall. Bislang suchen chine- stellten hiesigen Manager und der chinesischen Seite festzu- sische Investoren in Deutschland den sozialen Konsens. Das stellen sind. In Einzelfällen haben Betriebsräte oder Gewerk- ist das Ergebnis einer Studie, die auf Befragungen über die schaften die Kontaktaufnahme deshalb selbst betrieben. Da- Arbeitsbeziehungen in 42 chinesisch investierten Unterneh- rauf hat die chinesische Seite bislang immer positiv reagiert. men mit insgesamt über 55.000 Mitarbeitern in Deutschland Auch die Tarifbindung wird von chinesischen Investoren basiert. Neben den untersuchten Unternehmen wurden rund nicht angetastet. In verschiedenen Unternehmen gibt es zwar 30 weitere Unternehmen in Deutschland mit jeweils mehr als Abstriche von den Standards des Flächentarifs. Diese Abwei- 150 Mitarbeitern erfasst. chungen sind meist in Unternehmenskrisen und schon lan- Arbeitsbeziehungen, die Mitbestimmungskultur und die ge vor dem Einstieg der Investoren aus China vereinbart wor- Entgelt- und Tarifstandards bleiben nach dem Einstieg chi- den, etwa angesichts einer drohenden Insolvenz oder wegen nesischer Investoren unverändert. Befürchtete Arbeitsplatz- anhaltenden Auftragsmangels. Diese abweichenden Tarifver- verluste haben sich bislang nicht bestätigt. Know-how-Trans- träge gelten auch unter den neuen Eigentümern weiter. Sofern fer findet statt, aber gleichzeitig wird die Entwicklung in den es Angriffe auf die Mitbestimmung gab und die Tarifbindung investierten Unternehmen ausgebaut. Die chinesischen In- oder die Tarifstandards in Frage gestellt wurden, ging die Ini- vestitionen sind in der Regel langfristig orientiert. Auch bei tiative immer von den deutschen Managern aus. In Einzel- akuten wirtschaftlichen Schwierigkeiten im investierten Un- fällen war die chinesische Seite über diese Vorstöße offenbar ternehmen wird die Langfrist-Perspektive beibehalten und es nicht einmal informiert. wird weiter investiert. Es kann unterstellt werden, dass die Investoren aus China Unternehmen werden weiterentwickelt wenig oder nichts über die Arbeitsbeziehungen in Deutsch- Die chinesischen Investoren wenden nach ihrem Ein- land wissen. Aber offenbar sind für sie Mitbestimmung und stieg zum Teil erhebliche Mittel auf, um die Unternehmen 1/2 2018 ChinaContact / 19
zukunftsfähig zu machen. Investiert wird nicht nur in Forschung breiteten Vorbehalte gegenüber chinesischen Investments ist und Entwicklung, sondern auch in neue Produktionsanlagen das ein erstaunliches Ergebnis. Was sind die Hintergründe und Werke. Oft handelt es sich um Investitionen, die die vor- dafür? herigen Eigentümer – ob Mittelständler, Konzern oder Finanz- investor – immer wieder aufgeschoben hatten. In Einzelfäl- • Die chinesischen Investoren haben noch wenig Erfahrun- len mussten die chinesischen Investoren auch weitere Mit- gen mit Auslandsinvestitionen. tel einschießen, weil das übernommene Unternehmen den • Die chinesischen Investments sind langfristig. Geschäftsbetrieb beziehungsweise vereinbarte Restrukturie- • Es besteht zudem kein kurzfristiger Sanierungsbedarf bei rungsmaßnahmen nicht mehr selbst finanzieren konnte. Nach den übernommenen Unternehmen. Einschätzung der befragten Betriebsräte hat die nachhaltige • Für Chinas Staatskonzerne ist der Erhalt von Arbeitsplät- Entwicklung der investierten Unternehmen oberste Priori- zen wichtig. Das könnte auch in den investierten Unter- tät für die Investoren. Dies gilt sowohl für Staatskonzerne als nehmen in Deutschland eine Rolle spielen. auch für Privatunternehmen. • Die deutsche Industrie ist für China besonders attrak- tiv. In diesem Kontext werden auch Betriebsräte und Ge- Keine Arbeitsplatzverluste werkschaften positiv bewertet und als Sprecher der Fach- Im Saldo ist die Personalentwicklung in den untersuchten Un- arbeiter sowie Garant der Qualitätsproduktion akzeptiert. ternehmen bislang positiv. Neue Arbeitsplätze werden nicht nur in der Entwicklung, sondern teilweise auch in der Ferti- Die dargestellten Gesichtspunkte lassen vermuten, dass sich gung geschaffen. Für alle Branchen gilt, dass Wachstum hö- der Umgang chinesischer Investoren mit den Investments in here Priorität hat als die Marge. Es gibt bislang zudem keine Deutschland in den nächsten Jahren nicht fundamental än- Anhaltspunkte für die vielfach befürchtete Verlagerung von dern wird. Arbeitsplätzen nach China. Bei akuten wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unterneh- mens akzeptieren die chinesischen Investoren auch längere Wolfgang Müller Durststrecken und fordern nicht schnelle Personalanpassun- ist Sozialwissenschaftler und Informatiker und hat gen entsprechend den reduzierten Umsätzen. Geltende Tarif- mehrere Jahre in Peking gelebt. Bis 2014 arbeitete er verträge werden trotz teilweise jahrelanger roter Zahlen zu- für die IG Metall Bayern, war Mitglied in den Aufsichts- nächst nicht angetastet. Aus Sicht der Arbeitnehmervertreter räten von Audi, Schaeffler und Siemens und hat ein ist ein solches Investorenverhalten eher ungewöhnlich. Netzwerk für Betriebsräte in chinesisch-investierten Wenn eine Unternehmenskrise Sanierungsmaßnahmen Unternehmen in Deutschland aufgebaut. Jetzt berät er unausweichlich macht, werden die notwendigen Anpassun- Unternehmen zum Thema Arbeitsbeziehungen in Chi- gen im Konsens entwickelt. Dabei kommt es zuweilen auch zu na und Europa. Widersprüchen zwischen dem Management, das auf schnel- le, harte Einschnitte setzt, und den chinesischen Investoren. Stärkung der Entwicklung in Deutschland Der Abfluss von Know-how nach China, der Verlust des tech- nologischen Vorsprungs ist in Deutschland eine große Sor- ge. Viele Arbeitnehmervertreter berichten von Schulungs- programmen für chinesische Mitarbeiter, von Unterstützung aus Deutschland beim Aufbau von neuen Produktionsanlagen und Entwicklungsabteilungen in China. Gleichzeitig berich- ten sie aber, dass trotz jahrelangen Know-how-Transfers die Qualität von nach China transferierten Prozessen und Pro- dukten noch zu wünschen lässt. Letztlich entscheidet sich die Frage der Zukunftsfähigkeit der chinesisch investierten Unternehmen und Standorte in Deutschland, aber nicht am Know-how-Transfer nach China, der zweifellos stattfindet, sondern daran, ob die neuen Inves- toren beziehungsweise Eigentümer hierzulande weiter in For- schung und Entwicklung investieren, ob also in Deutschland weiter Know-how aufgebaut wird. Die Studie zeigt, dass die chinesischen Investoren keinesfalls die Entwicklungsbudgets kürzen, sondern in den Aufbau von Know-how in Deutsch- land oft mehr als die alten Eigentümer investieren. Investoren noch in der „Lernphase“? Im Vergleich zu ihren Erfahrungen mit anderen Investoren bewerten die meisten befragten Arbeitnehmervertreter die chinesischen Investoren bislang positiv. Angesichts der ver- 20 / ChinaContact 1/2 2018
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