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124. Jahrgang / Heft 1 / März 2015

unterwegs
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Auf dem Vorgipfel der Kessispitze. Foto: Karl Leonhardt
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Editorial

Teurer Schweizer Franken...

W      ie schon viele Jahre habe ich auch
       diesen Winter wieder eine Woche im
Engadin verbringen können. Ich konnte
                                              Lustnau bouldern und klettern können.
                                              Unser B12 ist seit dem grandiosen Eröff-
                                              nungswochenende im Oktober zum be-
wieder tolle Skitouren machen und mich        liebten Treff unserer Kletterer geworden.
auf den bestens gepflegten Loipen beim        Die Besucherzahlen übersteigen vom ers-
Langlaufen austoben. Beim Preis von 75        ten Tag an unsere Kalkulation bei weitem.
SFr. für die Tageskarte habe ich diesmal      Auch die Zahl unserer Mitglieder steigt
auf einen Tag auf der Piste verzichtet. Da    seit der Eröffnung des B12 rasant an.
seit Anfang des Jahres der Kurs des Euro      Der Ausbau von unserem Haus Matschwitz
zum Franken nicht mehr von der Schwei-        wird ebenfalls gut angenommen, somit
zer Nationalbank gestützt wird, ist nun       ist die Sektion finanziell, trotz der hohen
der Kurs ca. 1:1. Noch vor 5 Jahren hat der   Schulden, auf einem guten Weg. Dies war
Euro 1,77 SFr. gekostet.                                      aber nur durch den ehren-
Seither sind die Lebens-                                      amtlichen Einsatz und die
haltungskosten bei uns                                        Spenden vieler Mitglie-
um ca. 12% gestiegen. Im                                      der möglich. Dafür vielen
selben Zeitraum sind die                                      Dank an alle Helfer und
Preise in der Schweiz um                                      Spender!
das Doppelte, also um                                         Eine weitere teure Bau-
ca. 24% gestiegen. Aber                                       stelle kündigt sich aber
auch die Einkommen der                                        bereits an: Unsere Tübin-
Schweizer sind entspre-                                       ger Hütte ist in die Jahre
chend schneller gestiegen                                     gekommen und bedarf ei-
als in Deutschland. So-                                       ner Sanierung. Im Gegen-
mit ist der Urlaub für uns                                    satz zu Haus Matschwitz
Deutsche in der Schweiz                                       und B12 kann aber auf
nun mehr als doppelt so teuer wie noch        der Tübinger Hütte, bei kaum 2000 Über-
vor 5 Jahren. Ich frage mich verwundert,      nachtungen pro Jahr und wenigen Tages-
wie das zustande kommt, und wer daran         gästen, die Investition nicht annähernd
schuld ist? Das Anwerfen der Gelddruck-       wieder erwirtschaftet werden. Deshalb
maschine, wie von der Europäischen Zen-       werden wir auch weiterhin eure Unter-
tralbank angekündigt, wird da vermutlich      stützung, finanziell und ideell, benöti-
auch keine Verbesserung für uns bringen.      gen. Aber vielleicht kommt uns ja dabei
Die Alternative für uns Tübinger Bergstei-    wenigstens der teure Schweizer Franken
ger, in Österreich, Italien oder Frankreich   zu Hilfe, unsere Tübinger Hütte liegt ja
Urlaub zu machen, ist mit längeren Fahr-      nur 1,8 km von der Schweizer Grenze ent-
zeiten und somit mehr Umweltverschmut-        fernt, und auch unser Haus Matschwitz
zung und Staugefahr verbunden.                wird schon fleißig von unseren Schweizer
                                              Nachbarn besucht.
Als Trost bleibt uns, dass wir ja nun end-
lich in unserer eigenen Halle in Tübingen-                            Euer Karl Leonhardt

                                                                   DAV Tübingen 1/2015 1
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Inhalt

 7                                         20

                          50

                               1  Editorial
                               4  Unterwegs
                               4  Alpine Basisausbildung Eis
                               7  DAV Nachwuchscamp in Arco
                               10 Alpinklettern selbstständig unterwegs
 44                            14 Berliner Höhenweg
                               16 Grand Cornier – Eine Nummer zu groß?
                               19 Skigymnastik
                               20 Die FÜLs auf der Tübinger Hütte
                               22 Pflanzengesellschaften am Monte
                                  Baldo
                               25 Wegebau 2014
                               26 Bezirksgruppe Nagold
                               26 Auf den Hohen Dachstein!
                               28 BG Nagold feiert Jubiläum
                               30 DAV-Familiengruppe beim Saison-
                                  Ausgangsklettern
                               31 Höhlen, Fledermäuse und Felsklettern
                               32 Spenden Adventskalender in Nagold
                               33	Information
 58
                               33 Einladung zur Mitgliederversammlung
  2 DAV Tübingen 1/2015
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41                              46

28

     34   Nachruf Günter Frey
     35   Verstorbene 2014
     36   Geburtstage im 1. + 2. Quartal 2015
     38   Spender in 2014
     40   Großes Interesse am Arthrose-Vortrag
     41   7. Regio Cup Klettern 2015               62
     42   Informationen aus dem B12
     44	Unterwegs
     44 Erfolgreiche Landschaftspflege-Aktion
         im Schönbuch 2014
     46 GTA = Grande Traversata delle Alpi
     49 Samstag-Mountainbiker
     50 Kletterkurs „Von der Alb in die Alpen“
     54 Frauentour im Zahmen und
         Wilden Kaiser
     56 Petersenspitze Nordwand 2014
     58 Mountainbiker überquerten die Alpen
     60 Mit 85 über den Lechweg
     62 Die Besteigung des Grand Combin
         de Grafeneire
     64 Impressum                                  40

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Alpine Basisausbildung Eis
vom 17. – 20.07.2014

Z  wölf Teilnehmer haben sich dazu ent-
   schlossen, von den Ausbildern Helmut
Scherzer, Frank Diether, John Reinecker
                                            1. Tag: Donnerstag
                                            In gut zwei Stunden wanderten wir
                                            vom Parkplatz zur Wiesbadener Hütte
und Hans Friz-Feil alpine Sicherungs-       (2.443 m). Als erstes bezogen wir un-
techniken und vieles mehr in vier Tagen     ser Lager und anschließend gab es eine
zu erlernen. Ausgangspunkt für dieses       kleine Stärkung auf der Hüttenterrasse.
verlängerte Ausbildungswochenende war       Frisch gestärkt und mit leichtem Rucksack
die Wiesbadener Hütte in der Silvretta.     ging es dann Richtung Vermuntgletscher.
Die Anreise erfolgte über den Bodensee      Anfangs hatten wir einen Weg und dann
durch das Montafon und über die Silvret-    ging es weglos über Blöcke und Schutt
ta-Hochalpenstraße bis zur Bielerhöhe.      zu einem größeren Schneefeld neben
Gerne würde ich alle Eindrücke dieses       dem Gletscher. Aufgeteilt in vier Grup-
Kurses hier im Bericht niederschreiben,     pen übten wir bergauf Gehtechniken im
                                                           spurbaren Schnee und Firn,
                                                           mit und ohne Eispickel.
                                                           Nach dem Aufstieg erfolgte
                                                           auch wieder der Abstieg.
                                                           Hier lernten wir, wie man
                                                           im nicht absturzgefährde-
                                                           ten Gelände mit viel Spaß
                                                           richtig abfahren kann.
                                                           Nachdem wir das „Gehen“
                                                           gelernt hatten, kam das
                                                           „Stürzen“ auf Schnee- bzw.
                                                           Firnfeldern. Klar, man soll-
                                                           te dies vermeiden, aber
                                                           falls es passiert, ist es
                                                           gut zu wissen, was man
                                                           in einer solchen Situation
                                                           machen muss. Wir lernten
doch dann würde es einen Roman ge-          das Bremsen mit der Liegestütztechnik
ben. Daher versuche ich, jeden Tag grob     und die Bremstechnik mit dem Pickel-
zusammenzufassen. Mit dem Wetter            rettungsgriff. Diese Übungseinheit war
hatten wir Glück (wenn Engel reisen...),    eine Mordsgaudi, da es bei den Stürzen
von Donnerstag bis Samstag gab es Son-      die tollsten Figuren zu bewundern gab.
nenschein pur, und am Sonntag kam die       Von der Rolle vorwärts bis zum Hand-
angekündigte Schlechtwetterfront. Es        standüberschlag war alles dabei. Damit
begann aber erst kurz vor unserem Park-     wir noch ein Gefühl für unsere Steigeisen
platz zu regnen, von daher war es halb so   bekamen, legten wir diese anschließend
schlimm.                                    an und bewegten uns noch ein wenig auf
 4 DAV Tübingen 1/2015
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dem Vermuntgletscher. Die Zeit verging       einheit, dieses Mal von Frank zum Thema
im Fluge. Zurück bei der Wiesbadener         „Orientierung“, abgerundet und anschlie-
Hütte erfolgte eine kurze Katzenwäsche       ßend mit viel Müdigkeit von uns beendet.
und schon gab es Abendessen. Als Tages-
abschluss gab es von Helmut eine Theo-       3. Tag: Samstag
rieeinheit: Thema „Wetter“.                  Ein erwartungsvoller Tag begann: Die Kö-
                                             nigsdisziplin für einen Bergsteiger war
2. Tag: Freitag                              angesagt. Es ging auf eine Hochtour zum
Heute stand uns ein anstrengender Aus-       Signalhorn (3.210 m). Der/Die eine oder
bildungstag auf dem Ochsentaler Glet-        andere von uns fragte sich bestimmt,
scher bevor. Aber um es vorweg zu neh-       warum nicht auf den Piz Buin? Wenn wir
men, es war toll! Früh morgens nach dem      schon mal da sind! Es ist schließlich der
Frühstück machten wir uns auf den Weg        Bekannteste in dieser Gegend. Diesen
über die Grüne Kuppe bis zum Gletscher.      Gedanken hatten weitere Seilschaften
Jetzt hieß es Rucksack ablegen und Steig-    ebenfalls, die auf dem Weg dorthin wa-
eisen und die benötigte Ausrüstung anle-     ren. Von der Ferne konnte man regelrecht
gen. Nachdem wieder vier neue Gruppen        Karawanen beobachten. Die Entschei-
gebildet wurden, ging es
los. Die Ausbildungsinhal-
te waren: Gehtechnik mit
Steigeisen in der Vertikal-
und Frontalzackentechnik
mit Einsatz des Pickels,
Anbringen und Gehen am
Fixseil, Standplatzberei-
tung mit Eisschrauben
und Standplatzschlinge,
gesichertes gleichzeitiges
Gehen am Seil mit T-Block,
Abseilen, Partnersicherung
und vieles mehr. Nachdem
alle Übungen von allen
Teilnehmern      erfolgreich
bewältigt waren, ging es nachmittags         dung, auf das Signalhorn zu gehen, wur-
auf ein Schneefeld beim Gletscher. Hier      de dadurch bestätigt. Um 7 Uhr bei herr-
wurde uns das Spaltenrettungsverfahren       lichstem Wetter ging es los. Heute sollten
„Lose Rolle“ in einer Dreierseilschaft von   wir unser Gelerntes vertiefen und jede
unseren Ausbildern gezeigt, das wir im       Menge neue Erfahrungen dazu gewinnen.
Anschluss in den Gruppen üben konnten.       Der erste Teil des Weges führte wieder
Jeder nahm jede Position ein, da diese       über die Grüne Kuppe auf den Ochsenta-
Rettungstechnik jeder beherrschen soll-      ler Gletscher. Auf dem Firn wurden dann
te, der auf einem Gletscher mit Spalten      drei Seilschaften gebildet und weiter ging
unterwegs ist. Der Tag wurde nach dem        es stetig bergauf, vorbei an sichtbaren
Abendessen wieder mit einer Theorie-         Gletscherspalten.

                                                                 DAV Tübingen 1/2015 5
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Die letzten 50 Hm vor dem Gipfel be-        del und Kaiserschmarren machten wir uns
wältigten wir kletternd mit Hilfe eines     an den Abstieg von der Hütte zum Park-
Fixseiles, das Helmut und Hans legten       platz.
(Schwierigkeit II). Die Aussicht auf dem
Signalhorn und auf die umliegenden Ber-     Schlusswort
ge wie z.B. den Piz Buin war grandios. In   Es waren vier tolle Tage, die leider viel zu
dieser tollen Szenerie bekamen wir einen    schnell vorbei gingen. Was ganz wichtig
Exkurs zum Thema Gletscher von John. Es     war: Es sind alle wieder gesund zu Hau-
war sehr interessant. Der Abstieg führte    se angekommen. Die Gruppe war spitze,
uns über den Grat und ein steiles Schnee-   es waren alle hoch motiviert und haben
feld auf die Schweizer Seite. Nach einem    mitgemacht. Der Zusammenhalt z.B. bei
kurzen Stück auf dem Silvrettagletscher     Hilfestellung in schwierigen Situationen
mussten wir wieder bis zu einer Scharte     oder sich gegenseitig aufzubauen, war
aufsteigen. Von dieser wurden wir durch     einfach super, so wie es sein sollte. Es
unsere Ausbilder an einem Grenzpfosten      wäre schön, wenn man mindestens ein-
wieder auf die österreichische Seite zum    mal im Jahr zusammen eine Hochtour
Ochsentaler Gletscher abgelassen. Nach-     durchführen könnte. Ich denke, dass je-
dem wir den Gletscher überquert hatten,     der gerne an dieses Wochenende zurück
ging es auf bekanntem Weg wieder zu-        denkt. Die Wiesbadener Hütte als Stütz-
rück zur Wiesbadener Hütte. Es war eine     punkt für dieses Ausbildungswochenen-
sehr schöne Hochtour, auf der wir u.a.      de war ideal. Die Bedienungen haben sich
erfahren durften, wie man durch Ablassen    sehr gut um uns gekümmert. Mehrmals
brüchiges Gelände überbrückt oder einen     bekamen wir den Satz zu hören: „Tisch
steilen Firnhang mit einem Fixseil absi-    Nummer 18 alles o.k.?“.
chert. Inklusive an diesem Tag war auch
                                            „Last but not least“ (zu guter Letzt): Unse-
noch das Überqueren eines reißenden
                                            re vier Ausbilder Helmut, Frank, John und
Gebirgsbaches.
                                            Hans, bei denen wir uns immer aufgeho-
 4. Tag: Sonntag                            ben und sicher fühlten. Durch ihre hohe
Heute wurde vor der Hütte das Spalten-      Fachkompetenz haben sie die Ausbildung
rettungsverfahren „Lose Rolle“ nochmals     sehr gut geleitet. Die Tage waren immer
vertieft. In einer neuen Ausbildungsein-    sehr kurzweilig und lehrreich. Im Namen
heit lernten wir, wie der Gestürzte mit     aller Teilnehmer möchte ich unseren Dank
einem Selbstrettungsverfahren aus einer     aussprechen, und vielleicht trifft man sich
Gletscherspalte aufsteigen kann. Dieses     mal wieder auf einer gemeinsamen Tour.
übten wir unter dem Vordach der Hütte       Diese Ausbildung und auch die „Ba-
mittels Prusik und Selbstflaschenzug, bei   sisausbildung Fels“ kann man nur
dem wir noch den Gardaknoten lernten.       empfehlen, wenn man sich abseits von
Hans hat uns dann noch im Anschluss an      Wanderwegen in Richtung Hochgebirge
die Übungen zum Thema „Alpine Gefah-        und Gletscher begeben möchte.
ren und Risikomanagement“ aufgeklärt.
Nach einer Feedbackrunde bei Apfelstru-                     Thomas und Monika Haibt

 6 DAV Tübingen 1/2015
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Auf in die Wände!...
DAV Nachwuchscamp in Arco

... unter diesem Motto stand das erste       Los geht’s!
DAV Nachwuchscamp zum Thema Al-              Der Wetterbericht meinte es gut mit uns
pinklettern in Arco. Ziel dieses Nach-       und sagte nur Sonnenschein mit modera-
wuchscamps war es, jungen und motivier-      ten Temperaturen für die nächste Woche
ten Nachwuchsalpinisten die Möglichkeit      voraus. Die Verhältnisse waren also per-
zu geben, ihr Wissen zu erweitern und        fekt. Jetzt lag es nur noch an uns, aus die-
eventuell den Weg zum Expeditionskader       sen Tagen etwas zu machen.
vorzubereiten. Nach einer angenomme-         Nach unserer Anreise, Besprechung und
nen Bewerbung mit Tourenbericht sah          einer kleiner Ausrüstung durch Mountain
man sich mit den Schulungsinhalten “Er-      Equipment am Sonntagabend konnte es
weiterte Technik- und Taktikverbesserun-     am Montag, nach unserer ersten Nacht
gen für lange, alpine und selbst abzusi-     in den „Guesthouses Arco“, endlich an
chernde Alpinrouten” konfrontiert.           die Blöcke unterhalb des Colodris gehen.
Während der sechstägigen Ausbildung          Hier konnten wir Basics wie Standplatz-
in den Herbstferien wurde unser zehn-        bau an mobilen Sicherungsmitteln und
köpfiges Team von den Spitzenbergfüh-        selbst geschlagenen Haken auffrischen.
rern Fritz Miller, Martin Schmid und Michi   Nachdem wir unsere Coaches von unseren
Wärthl geleitet und gecoacht.                Fähigkeiten überzeugen konnten, ging es
                                                                  DAV Tübingen 1/2015 7
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am zweiten Tag richtig mit dem Klettern      Am nächsten Tag stand ein Ruhetag auf
los. Unterteilt in drei Gruppen, machten     dem Programm. Diesen nutzten wir als
wir die Wände rund um Arco unsicher.         Ausbildungs- und Schulungstag. Wir ei-
Tobi, Lorenz und ich waren mit Fritz un-     nigten uns auf das Thema „Bergrettung”.
terwegs. Wir lernten einiges über die        Was am Anfang sehr theoretisch aussah,
Wichtigkeit des schnellen Kletterns und      entwickelte sich allerdings zu einem sehr
der damit verbundenen Optimierung von        interessanten Tag. Unsere super kompe-
Seilmanövern. Es war ja somit klar, dass     tenten Bergführer brachten uns alpines
es nicht bei der am Abend geplanten Rou-     Handwerkszeug wie Schleifknoten, Seil-
te „Athene“ blieb, son-                                        verlängerung,    „Body
dern dass wir danach                                           Hauling“ und das Set-
noch die Route „He-                                            zen von Bohrhaken bei.
lena“ kletterten. Zum
                                                               Jetzt kommen die Final-
krönenden Abschluss
                                                               routen
des Tages genossen wir
im Klettergarten einen                                         Frisch erholt, jedoch
kleinen Crashkurs zum                                          mit dezentem Muskel-
Thema „Technisches                                             kater vom technischen
Klettern mit Hilfe von                                         Klettern, wollten wir
Steigleitern, Cliffs und                                       an den letzten beiden
Friends durch Über-                                            Tagen noch einen Tick
hänge”. Nach diesem                                            anspruchsvollere Rou-
langen und anstren-                                            ten klettern. So mach-
genden Tag schmeckte                                           ten wir (Michi, Mathes
das Abendessen, das                                            und ich) uns am Frei-
abwechselnd aus Pizza                                          tagmorgen auf den Weg
und Pasta bestand, be-                                         in Richtung Laghel.
sonders gut.                                                   Ziel waren die Felsen
                                                               „Mandrea“ (überhalb
Unser dritter Tag sollte                                       des Sarcatals) mit der
uns zwei Routen mit sehr unterschiedli-      Tour „Fiore di Corallo“. Nach einem für
chem Charakter bescheren. Wir stiegen        Arcos Verhältnisse langen Zustieg, der
in die gut abgesicherte, aber klettertech-   ganze 20 Minuten dauerte, konnten wir
nisch schwere Route „Genghiz Kahn“ ein,      einen ersten Blick in diese sehr imposan-
und wechselten ab der Hälfte der Wand-       te, einschüchternde, mit Verschneidun-
höhe in die alpine und nur mit Holzkeilen    gen, Rissen und Überhängen durchzoge-
abgesicherte Route „Pillastro Gabrielli”.    ne Wand werfen. Der Bouldereinstieg, der
Diesen Tag verbrachten wir mit Michi.        erst über einen Baum und dann mithilfe
Ich denke, dass es sehr lehrreich ist, mit   eines dynamischen Pendlers an die Wand
verschiedenen Profis unterwegs zu sein,      ging, war erst der Anfang einer echt ab-
denn jeder hat seine Stärken und Priori-     wechslungsreichen Tour. Mathes und ich
täten, auf die er Wert legt und von denen    entschieden uns für einen Blockvorstieg,
man sich seinen Kletter- und Taktikstil      da die Schwierigkeiten und Absicherung
prägen lassen kann.                          kontinuierlich anspruchsvoll waren.

 8 DAV Tübingen 1/2015
Unterwegs

Die Route ist mit 10 Seillängen, bis zum      Merci!
unteren 8. Schwierigkeitsgrad und nur         Abends gab es noch einen sehr beeindru-
mit wenigen Normalhaken abgesichert,          ckenden und motivierenden Vortrag von
sehr schwer. Das heißt, dass bei jeder        Michi über einige der wirklich großen Ber-
Seillänge volle Konzentration und Leis-       ge, wie Cerro Torre, Fitz Roy, Makalu und
tungsfähigkeit gefordert ist. Mathes führ-    Gasherbrum II ... Merci!
te die erste Hälfte der Höhenmeter sou-
                                              Nette Gruppe, kompetente Coachs, kras-
verän an. Auf einem kleinen Band in der
                                              se Touren und keine Unfälle. Das nenne
Wandmitte machten wir eine kurze Pause,
                                              ich aus diesen Tagen etwas gemacht. Ich
aßen und tranken etwas, bevor ich die
                                              finde es super, die Lücke zwischen dem
Führung für den zweiten Teil übernahm.
                                              JDAV-Kursprogramm und dem Expedka-
Nach der Schlüsselseillänge, die uns frei
                                              der durch solche Camps zu schließen. Ich
und onsight gelang, einer AO-Stelle über
                                              hoffe, dass der DAV weitere Camps in al-
ein kleines „Dachl“ und ein paar weite-
                                              len alpinistischen Spielformen anbieten
ren Seillängen, waren wir um 16 Uhr er-
                                              wird. Vielen Dank an den DAV und Moun-
schöpft, aber glücklich am Ausstieg.
                                              tain Equipment, dass sie so etwas ins Le-
An den Abenden im Gemeinschaftsraum           ben gerufen und unterstützt haben.
ging es entspannt und lustig zu. So er-       Ein weiterer Dank an unsere Teamleader
klärte uns Fritz spaßhaft: „Es gibt vier      Martin, Michi und Fritz. Ihr wart klasse!
Orte, an denen man immer gute Kletterer       Einen ganz großen, letzten Dank will ich
trifft: Chamonix, ElChaltén, Yosemite Val-    an die Sektion Tübingen für die finanziel-
ley und natürlich – am Rutschenfels auf       le Unterstützung sagen. Ich finde es ganz
der Schwäbischen Alb!“                        stark, wie sich die Sektion Tübingen für
Nach dem letzten Mal Material packen          die Jugendarbeit einsetzt. Dies kann man
ging es zügig ins Bett, denn am nächs-        an solchen Unterstützungen wie auch den
ten Tag wollten wir nochmal fit sein, um      zahlreichen Kinder- und Jugendgruppen
den legendären Klassiker „Zanzara“ zu         sehen!
klettern. Die Crux dieser Route liegt in
                                              Hier unsere Routen:
der Kletterschwierigkeit, die im oberen
achten Schwierigkeitsgrad meinem On-          2. Tag: Athene (VII, 9SL, Parete di San Pao-
sightniveau eigentlich nicht entspricht.      lo), Helena (VI, 8SL, Parete di San Paolo)
Zu schwer! Aber man muss doch, um sich        3. Tag: Genghiz Kahn (VIII+, 9SL, Man-
zu verbessern, an seine Grenzen und dar-      drea), PillastroGabrielli (VII-, 5SL, Man-
über hinaus gehen, oder? Und bei all die-     drea),
sen Bohrhaken ist dies auch vertretbar.       5. Tag: Fiore di Corallo (VIII-/A0, 10SL,
                                              Mandrea),
Also neue Batterien in den Herzschritt-       6. Tag: Zanzara (VIII+, 14SL, Colodri)
macher, Windeln anziehen und los geht’s!
Fritz ließ mich die schweren Passagen                                    Text: Finn Koch
vorsteigen. Ich war fit und nach drei „Hän-                Bilder: Finn Koch, Fritz Miller
gern“ waren wir nach 14 Seillängen 300 m
über dem Gardasee und genossen den
genialen Sonnenuntergang. Den letzten
für dieses Mal Arco.

                                                                   DAV Tübingen 1/2015 9
Unterwegs

Sonne, Seil und Schnitzel satt
Alpinklettern selbstständig unterwegs

D    er Wolkenbruch zur Vorbesprechung
     bei der Paul-Horn-Arena setzte zwar
ein markantes Zeichen, doch unsere Aus-
fahrt blieb zum großen Teil vor Nieder-
schlägen verschont. Auf der Rückfahrt
erlebten wir sogar ein spektakuläres
Schauspiel aus dem Licht des Sonnen-
untergangs und dem dunklen Himmel.
Ein „Balrog“ (Anmerkung der Redaktion:
Wer damit nichts anfangen kann – Tolkien
lesen oder googeln) brach durch die Wol-
ken über Stuttgart. Und dann war da am
letzten Tag noch dieses Gewitter ... aber
von vorne.
Wie für viele andere Touren auch, trafen
wir uns am Sportinstitut an einem wunder-
schönen sonnigen Morgen zum gemein-
samen Start mit einem der komfortablen
DAV-Busle. Leicht verspätet ob des „Ver-
lustes“ einer Teilnehmerin, die wir noch
nachträglich aufsammelten, chauffierte      Danach bekamen wir hinter dem Haus an
uns Martin Reusch nach Nesselwängle im      Martins genialem Standplatzbrettle un-
Tannheimer Tal. Auf dem Beifahrersitz saß   sere erste Theorieeinheit. Dabei wieder-
unsere zweite Tourbegleiterin Birgit Ste-   holten wir nicht nur die Seilkommandos,
fanek und im Fond sechs kletterhungrige     sondern lernten auch die Freuden des
Teilnehmer, alle zusammen voller Vorfreu-   Herstellens einer Plaisierschlinge ken-
de auf die kommenden drei Tage.             nen. Jeder, der nicht weiß, wieso diese so
Auf dem Parkplatz angekommen, luden         heißt, sollte es mal ausprobieren.
die meisten ihre Rucksäcke und restli-      Etwa eine Stunde später stiegen wir auf
ches Gepäck auf die Materialseilbahn und    kurzem Wege bereits zu unserer ersten
machten sich auf, die ersten Höhenmeter     Kletterroute, um das Gelernte sofort in
zu Fuß zurück zu legen. So stieg es sich    die Tat umzusetzen. In zwei Dreierseil-
doch viel leichter zum Gimpelhaus hoch.     schaften und einer Zweierseilschaft ging
Um die Mittagszeit oben angekommen,         es auf den Hochwiesler. Die Route heißt
pausierten wir und stärkten uns mit Kaf-    „Hüttengrat“ (UIAA III bis IV, Stelle IV+,
fee und Getränken, denn inzwischen wa-      fünf Seillängen) und ist für den Anfang
ren nicht nur wir, sondern auch die Tem-    äußerst gut geeignet, da man nach jeder
peratur ordentlich gestiegen.               Seillänge gut aussteigen kann. Edelweiß
 10 DAV Tübingen 1/2015
Unterwegs

wachsen dort übrigens „wie Un-
kraut“.
Bis alle oben waren, dauerte es eine
Weile, und es wurde bereits nach
dem Abendessen gelechzt. Doch es
stand uns noch dreimal Abseilen und
der Rückmarsch bevor. Beim Absei-
len schaute uns eine Herde Gämsen
zu.
Zurück an der Hütte stürzten wir uns
sofort auf das Abendessen, bevor
sich die Auswahl durch die fortge-
schrittene Uhrzeit laut Speisekarte
verringert hätte. Sechs riesige Wie-
ner Schnitzel mit Pommes, Ketch-
up und Mayo sowie zwei Portionen
Schlutzkrapfen wurden bestellt und rest-     nahm sich die Südostwand (UIAA III+,
los weggeputzt. Damit ja auch am nächs-      sieben Seillängen) vor. Eine Zweier- und
ten Tag die Sonne wieder genauso schei-      eine Dreierseilschaft machten sich an die
nen sollte.                                  Südwestkamine, an die sich der Westgrat
Nach dem Essen übten wir mit Stirnlam-       (UIAA IV+, 8 Seillängen) anschließt. Beim
pe nochmal den Standplatzbau bis in die      Klettern meinte es die Sonne so gut mit
Nacht hinein. Sogar später in der Hütte      uns, dass wir in der Wand brutzelten.
wurden danach noch weiter Halb- und          Auf dem Gipfel des Gimpel begrüßten wir
Mastwürfe geknotet. Parallel dazu über-      uns mit Berg Heil alle wieder. Jede Gruppe
legten wir uns noch, welche Routen wir       brauchte viel mehr Zeit als ursprünglich
am kommenden Tag machen könnten und          angedacht und so dachte man, die jeweils
gingen dann in unsere Lagerbetten, um        anderen wären längst schon oben. Tat-
für den kommenden Tag fit zu sein.           sächlich kamen wir nur um ca. 10 Minuten
Der zweite Tag begann für viele mit dem      versetzt an. Wir pausierten, aßen unsere
Marmeladenfrühstück. Dabei war uns           wohlverdiente Vesper und genossen die
das Verhältnis der Marmeladenmenge           großartige Aussicht, die uns dort geboten
zum Brot doch ziemlich suspekt. Auch         wurde (u.a. Schloss Neuschwanstein).
das Müsli mit Joghurt wurde ungewöhn-        Es folgte ein unerwartet harter Abstieg
lich in einer hohen Kaffeetasse serviert.    über den Normalweg, der nochmal an
Dem Geschmack tat dies freilich keinen       unseren Leistungsreserven zehrte und
Abbruch. Lediglich über den Kaffee hätte     unsere volle Aufmerksamkeit verlangte.
man meckern können, den wir aber trotz-      Bevor wir aber zurück zum Gimpelhaus
dem „honorierten“.                           gingen, machten wir noch einen kleinen
Draußen begrüßte uns wieder ein groß-        Abstecher zur Tannheimer Hütte, die un-
artiger sonniger alpiner Morgen. Wir stie-   weit entfernt liegt. Dort sagten wir den
gen zum Gimpel und trennten uns dort         Salewa-Klettersteig-Gehern aus unserer
in zwei Gruppen: Eine Dreierseilschaft       Sektion „Hallo”.
                                                                 DAV Tübingen 1/2015 11
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 12 DAV Tübingen 1/2015
Bevor wir zum Abendessen schritten,          eine Seilschaft noch zum letzten Stand
sprangen die meisten noch unter die          und konnte über die Abseilpiste herunter,
luxuriösen Duschen, die es im Gimpel-        die andere musste den Rückzug über die
haus gibt. Großzügige vier Minuten lang      Route antreten. Zum Glück zog das Un-
gibt es warmes Wasser. Was für eine          wetter nur vorbei und beruhigte sich nach
wohltuende „Verschwendung“!                  wenigen Minuten wieder. So hatten wir
                                             sogar Gelegenheit gehabt, auf eine der
Der dritte Tag brachte uns erneut zu-
                                             wichtigsten alpinen Gefahren sensibili-
nächst Sonnenschein und schönes Wet-
                                             siert zu werden.
ter. Doch der Wetterbericht sagte bereits
eine Verschlechterung gegen Nachmit-         Zurück auf der Hütte ließen wir uns bei
tag hin voraus. Diesmal brachen wir zum      der Abschlussbesprechung die hausge-
Gimpelvorbau und zur Zwerchwand auf,         machten Germknödel, Apfelstrudel oder
wo sich die Routen „Morgenstund“ und         Semmelknödelsuppe schmecken. Es
„Till Ann“ befinden. Es erwies sich als      folgte noch der Abstieg ins Tal, wo unser
nützlich, dass die Felswände, in denen       Busle stand und uns heil zurück nach Tü-
sich die beiden Routen befinden, in Sicht-   bingen gebracht hat.
und Rufverbindung zueinander liegen. So      Alle Teilnehmer haben viel gelernt und da-
wurden Seilkommandos gerne mal über          bei eine Menge Spaß gehabt. Ein großer
die gegenüber kletternde Seilschaft wei-     Dank geht an unsere beiden Guides, die
tergeleitet. Im Verlauf des Kletterns wur-   uns einerseits jederzeit das Gefühl ga-
de die Bewölkung dichter und die Tempe-      ben, gut aufgehoben zu sein, anderseits
ratur fiel merklich. Von weitem sah man      uns motiviert haben, zukünftig selbst-
ein Unwetter, das sich immer schneller       ständig alpin unterwegs zu sein. Wir sind
näherte. Unter Regen, zuckenden Blit-        froh, dass es solche Menschen gibt!
zen und donnerndem Grollen schaffte es                                      Timo Veith
                                                                 DAV Tübingen 1/2015 13
Unterwegs

Berliner Höhenweg
– bei dieser Wetterlage nur für Unerschrockene: vom 14.–18.08.2014

D    er Start erfolgte ganz gemütlich um
     7 Uhr am Donnerstag, den 14. August
– eigentlich im Sommer – in Tübingen
                                             Hüttenwirtes. Der Weg führte sehr ab-
                                             wechslungsreich über sieben Schneiden
                                             (siehe Bezeichnung des Weges), durch
– in der Hoffnung auf strahlenden Son-       viele Kare, über rutschiges Blockgelände,
nenschein am Nachmittag beim Anstieg.        grüne Einsprengsel dazwischen und ganz
Aufgrund verschiedener Umstände hat-         ordentlich rauf und runter.
ten wir schon zu diesem frühen Zeitpunkt     Nach und nach zog es zu und wurde zu-
der Tour einen Verlust von drei Personen     sehends ungemütlicher, nebeliger und
zu beklagen. Jetzt waren wir zu sechst,      nasser. Immerhin war der Wettergott
darunter auch Christian, der sich auf die    fünf Stunden lang gnädig gewesen. Die
Wanderleiter-Prüfung vorbe-                                  schwierigeren Passagen
reitete.                                                     waren zum Glück gleich
Bereits auf der Fahrt nach                                   am Anfang dieses Tages-
Mayrhofen fiel uns auf, dass                                 pensums.
der Inn ordentlich Hochwas-                                  Gegen halb vier erreich-
ser hatte.                                                   ten wir nach ca. 8 Stunden
Da es bei unserer Ankunft                                    (davon etwa drei Stunden
regnete, entschieden wir                                     im      Regen-Schnee-Ge-
uns für die Auffahrt mit der                                 misch) die Kasseler Hütte.
Ahornbahn, was unseren                                       Diese war gut besucht,
Anstieg zur Edelhütte auf                                    obwohl wir an diesem Tag
eine gute Stunde verkürzte.                                  keine Menschenseele ge-
Christian und unser Touren-                                  troffen hatten.
leiter Oliver Prochazka-Spei-                                Hans verwöhnte uns an
del bestiegen kurzerhand                                     diesem Abend mit seinem
noch die knapp 3.000 m                                       exzellenten Kirschwasser
hohe Ahornspitze.                                            – das hatten wir uns ver-
Für den kommenden Tag war                                    dient!
der Sieben-Schneiden-Weg geplant – mit       Für den folgenden Tag wurde uns vom
9 Stunden Gehzeit vorgesehen und nur         Hüttenwirt für den Nachmittag besseres
bei sicherer Wetterlage empfohlen – der      Wetter prophezeit. Wir starteten gemüt-
Hüttenwirt riet uns davon ab, dies wagen     lich um 9 für die fünf bis sechs Gehstun-
zu wollen, weil die Prognose ab 10 Uhr auf   den. Zu Beginn führte der Weg über eine
Regen lautete.                               beeindruckende Hängebrücke; anschlie-
Da es dann aber am anderen Morgen            ßend am Hang entlang in leichtem Auf
doch relativ gut aussah, starteten wir       und Ab in einem weiten Bogen um den Tal-
wild entschlossen mit dem Segen des          kessel herum. Bevor es wieder über das

 14 DAV Tübingen 1/2015
Unterwegs

uns schon wohlbekannte Blockgelände          Die Mörchnerscharte belohnte uns an
zur Lapenscharte (ca. 2.700 m) hochging,     diesem wunderbaren Tag mit einem herr-
mussten wir noch die Elsenklamm über-        lichen Ausblick auf Gletscher, Gipfel und
winden. Der Weg an dieser Stelle zeich-      Täler der umliegenden Zillertaler Alpen.
nete sich durch extreme Nässe aus (der       Die Berliner Hütte war bereits in Sicht.
Regen lässt grüßen) und war sehr schmal      Diese wohl eher als Residenz des Kaisers
und rutschig. Oben auf der Lapenscharte      gedachte Unterkunft lag bei ihrem Bau
lag Neuschnee, welcher in                                  unweit der Gletscherzun-
den letzten Tagen gefallen                                 ge, was bei heutiger Be-
war. Beim Abstieg hatten                                   trachtung kaum zu glauben
wir noch mit starkem Wind                                  ist. Am Nachmittag unter-
und einem heftigen Grau-                                   nahmen wir noch einen
pelschauer zu kämpfen. Wie                                 Ausflug in die Bachaue am
eine Fata Morgana tauchte                                  Fuße der Gletscher, welche
dann die Greizer Hütte aus                                 von Pferden als Weideplatz
dem Nebel auf. Einige Un-                                  genutzt wurde.
erschrockene machten sich                                  Zu unserer Überraschung
aufgrund der kurzen Tages-                                 ging nach dem Abend-
etappe nochmals auf den                                    essen das Programm mit
Weg, um das Gelände unter-                                 einheimischen Musikanten
halb des zurückgehenden                                    weiter. Da einem unserer
Gletschers nahe der Greizer                                Teilnehmer die Spaghetti
Hütte zu erkunden.                                         nicht geschmeckt haben,
Wer hätte es gedacht: Am                                   wollte er ursprünglich den
anderen Morgen begrüßte                                    Koch erschlagen. Er konnte
uns strahlender Sonnen-                                    jedoch stattdessen dazu
schein! So konnten wir von                                 bewegt werden, das Tanz-
der Greizer Hütte bereits                                  bein zu schwingen. Die
unseren ca. 1.000 Hm um-                                   übliche Hüttenruhe um 22
fassenden Anstieg auf die                                  Uhr war damit außer Kraft
Mörchnerscharte einsehen.                                  gesetzt, wir kamen zu mu-
Zuvor ging es jedoch 400                                   sikalischen Genüssen vom
Hm bergab ins Tal – welche                                 Feinsten.
Verschwendung! Am Beginn
des Anstiegs mussten wir                                    Am anderen Tag erwarteten
eine „Alu-Baumarktleiter“ überwinden.        uns noch ein Abstieg von rund drei Stun-
Der Aufstieg führte uns lange Zeit gleich-   den zum Gasthof Breitlahner und eine
mäßig bis zu einer Höhenstufe unterhalb      anschließende Busfahrt nach Mayrhofen.
der Scharte, welche von den Wanderern        Ganz herzlichen Dank an Oliver und Chris-
rege als Vesperplatz genutzt wurde. Jeder    tian, für den dies hoffentlich eine gute
von uns meisterte das letzte sehr steile     Vorbereitung für den Ernstfall der Prüfung
Stück auf seine Art; zuerst über Schotter    war. Trotz des wechselhaften Wetters ge-
dann entweder über ein ausgedehntes          nossen wir unvergessliche Tage!
Schneefeld oder über gesicherte Felsen.         Michael Schäfer und Christa Marstaller
                                                                 DAV Tübingen 1/2015 15
Grand Cornier – Eine Nummer zu groß?

L   auwarmer Montagabend im Juli an
    der Paul-Horn-Arena. Vorbesprechung
zur Führungstour zum Grand Cornier, ei-
                                             Zwei Monate später: Die Tage sind schon
                                             merklich kürzer geworden. In Michaels
                                             Camping-Bus lange Anfahrt ins Wallis.
nem Fastviertausender im Wallis. Unsere      Wie so oft: Kandersteg – Autoverladung
vier Teilnehmer sind voller Vorfreude. Ich   – Goppenstein – Rhonetal – Sion – dann
muss leider Wasser in den Wein gießen:       nach links Abzweig ins traumhaft schö-
„Das Wetter ist nicht stabil. Am Grat lie-   ne Val d´Anniviers. Wir schrauben uns im
gen noch Unmengen Schnee. Kann sein,         zweiten Gang höher. Tief eingeschnittene
dass wir absagen müssen.“ Zwei Tage          Schluchten, blumengeschmückte Walli-
später lässt mein Anruf beim Hüttenwart      ser Holzhäuser, rauschende Wildbäche,
der Cabane de Moiry meine Zweifel zur        schneeweiß leuchten die ersten Gletscher
Gewissheit werden: „Impossible! Trop de      in der Mittagssonne und – „Das muss das
neige! Météo trop mal!“ Wir sind natür-      Zinalrothorn sein oder vielleicht doch das
lich enttäuscht, können aber keinen ge-      Obergabelhorn? – Und da, unglaublich –
meinsamen Ausweichtermin finden. Nur         die Dent Blanche!“ – Erinnerungen!
Michael, ebenfalls FÜL-Hochtouren, und       Unsere Fahrt endet am schönen Lac de
ich wollen die Tour im September privat      Moiry auf ca. 2.400 m. Gemütlich steigen
nachholen.                                   wir auf dem Kamm einer Seitenmoräne
 16 DAV Tübingen 1/2015
zur Cabane de Moiry auf 2.825 m auf. Wir     hart gefroren ist und gut trägt. Unsere
wussten, dass die Hütte einen Neubau         Steigeisen hinterlassen kaum Spuren.
hat, aber was uns erwartet, haut uns um.     Bei Sonnenaufgang taucht endlich unser
Im hellen Gastraum eine Glasfront mit di-    Berg strahlend weiß und schön hinter ei-
rektem Blick auf die Gletscherbrüche des     ner Gletscherkuppe auf.
Glacier de Moiry, nagelneue, blitzblanke     Am Fuß seiner steilen Westflanke laufen
sanitäre Anlagen mit warmem Wasser,          wir auf die andere Seilschaft auf, die auf
heller, geräumiger Schlafraum mit neuen      der weiten und kuppierten Gletscher-
Duvet-Decken nur für uns zwei allein, vor-   hochfläche einen direkteren Weg zum
zügliches Abendessen, nur eine Handvoll      Einstieg gefunden hat. Die Firnflanke ist
Leute oben. Dafür zahlen wir gerne die       ca. 45° steil, weiter oben beim Übergang
saftigen Schweizer Preise.                   in die Felsen noch steiler. Ein Ausrutscher
Nächster Morgen, vier Uhr: Mit zwei an-      hätte fatale Folgen. Wir entscheiden uns,
deren Deutschen frühstücken wir in aller     seilfrei zu gehen. Mit geführten Teilneh-
Ruhe im ansonsten leeren Gastraum. Ab-       mern hätten wir hier entweder langwierig
marsch 4:30 Uhr im Schein unserer Stirn-     durchsichern oder umständlich Fixseile
lampen. Als es graut, sind wir schon auf     installieren müssen. Wir sind zum ersten
dem spaltenreichen Gletscher am Seil un-     Mal froh, nur für uns allein die Verantwor-
ter der Pigne de la Lé unterwegs. Knapp      tung übernehmen zu müssen.
hinter uns erkennen wir die Lichtkegel       Wir werden noch häufiger froh sein,
der beiden anderen Deutschen. Auf dem        denn es wird spannend. Der 350 m lan-
Gletscher liegt viel Schnee, der zum Glück   ge Nordwestgrat in knapp 4.000 m Höhe
                                                                  DAV Tübingen 1/2015 17
Unterwegs

ist extrem ausgesetzt und mit
Unmengen gefrorenem Schnee
bedeckt. Wir können nicht in
die Flanken ausweichen und
müssen alle Türme des scharfen
Grates überklettern. Immer wie-
der luftige Kletterstellen bis zum
oberen vierten Grad mit Steig-
eisen ohne vernünftige Siche-
rungsmöglichkeiten. Am ganzen
Grat finden wir nur einen einzi-
gen vertrauenswürdigen Bohr-
haken. Wir sind uns einig: Dieser
Grat ist bei den herrschenden
Verhältnissen anspruchsvoller
als alle uns bisher bekannten
Klassiker: Bernina-Biancograt,
Matterhorn-Hörnligrat, Grand-
Combin-Meitin-Grat,       Ortler-Hintergrat,   Zum Glück ist der zwanzig Jahre jüngere
Großglockner-Stüdlgrat, Dent-Blanche-          Michael bockstark. Er steigt noch allein
Wandfluh-Grat, Dent d´Hérens-Westgrat,         die letzten Meter auf den Gipfel, und
Eiger-Mitteleggigrat, Nadelgrat usw., usw.     zusammen und mit Hilfe der beiden an-
Wir sind im Nachhinein froh, dass die Tour     deren Deutschen treten wir den für mich
im Juli bei wohl noch schlechteren Bedin-      schmerzhaften und anstrengenden Rück-
gungen ausgefallen ist. Als Führungstour       weg an. Ich kann mit nur einem brauchba-
für uns einfach eine Nummer zu groß. Wir       ren Arm nicht selbstständig abseilen und
hätten mit Sicherheit abbrechen müssen         muss immer wieder an den schwierigen
– hoffentlich noch rechtzeitig. Ich ärgere     Kletterstellen abgelassen werden. Danke
mich über die wenig realistische Bewer-        Michael! Was wäre gewesen, wenn das
tung in der Literatur.                         mit geführten Teilnehmern passiert wäre?
Für mich persönlich kommt´s dann ziem-         Heli-Einsatz?
lich dick. Es ist kalt, und ich bin müde.      Nach 14 Stunden erreichen wir die Hüt-
Plötzlich, eine Seillänge unter dem Gip-       te, nach eineinhalb weiteren Stunden,
fel, bei einer Banalbewegung an einer          schon im Dunkeln, Michaels Campingbus.
einfachen Kletterstelle ein stechender         800 mg Ibuprofen lassen mich auf einem
Schmerz in meiner Schulter. Ich kann mei-      Parkplatz in Grimentz einigermaßen gut
nen rechten Arm nicht mehr heben. Eine         schlafen.
Woche später bestätigt eine MRT meine          Mittlerweile wurde die Sehne in der BG
Privatdiagnose: Abriss der Supraspina-         geflickt. Nach langer Rekonvaleszenz
tus-Sehne, Ruptur der Rotatorenman-            bleiben Zweifel, ob ich zukünftig an-
schette. Ich klettere mit zusammen gebis-      spruchvolle Hochtouren noch verantwor-
senen Zähnen unter starken Schmerzen           tungsbewusst führen kann.
quasi einhändig mit Zug von oben noch
ein heikle 5-er Stelle. Dann gebe ich auf.                               Heiko Pörtner
 18 DAV Tübingen 1/2015
Unterwegs

Zur Beendigung der DAV-Skigymnastik
nach 53 Jahren

I m Herbst 1961 wollte ich mich auf das
  winterliche Skilaufen vorbereiten und
erkundigte mich über die Möglichkeiten
                                             untrainierte Muskeln hatte. Dabei zeig-
                                             te sich Herr Cronmüller auch liberal und
                                             anpassungsfähig: liberal, da er jeden
in Tübingen. Dabei erfuhr ich, dass jetzt    von uns die Übungen so intensiv wie vom
gerade mit einer Ski-Gymnastik ange-         Einzelnen gewollt durchführen ließ; an-
fangen werde, da es im DAV damals vie-       passungsfähig, da er jahrzehntelang das
le Mitglieder mit dem gleichen Interesse     Nagen des Zahnes der Zeit bei uns (und
gebe. Von da an war ich regelmäßig in der    sich) human berücksichtigte.
montäglichen Ski-Gymnastik bei Herrn
                                             Ich – seit wenigen Jahren ehemaliger Teil-
Cronmüller. Sie fand zuerst in der Sport-
                                             nehmer – und sicher auch alle bis zuletzt
halle bei den Tennisplätzen in der Garten-
                                             aktiven Teilnehmer danken Herrn Cron-
straße (entsprechend knirschte es bei je-
                                             müller für seine einfallsreichen und hu-
dem Schritt des rötlichen Sandes wegen)
                                             morvollen Bemühungen und auch dem
statt, dann zog man um in die Turnhalle
                                             Alpenverein für die geschaffenen Mög-
beim Uhlandgymnasium und später in
                                             lichkeiten; wir wünschen beiden weiteres
die Kreissporthalle – immer angeleitet
                                             Wohlergehen.
von Herrn Cronmüller. Er fand auch neue
Gymnastikübungen, die uns zeigten, dass      Helmut Bläß, seit 1959 Mitglied des DAV,
jeder in seinem Körper eine ganze Menge                             Sektion Tübingen

                                                                 DAV Tübingen 1/2015 19
Unterwegs

Wo ist der Klabautermann?
Die Fachübungsleiter auf der Tübinger Hütte

U    nd wo ist jetzt der Klabautermann?
     Simon schaut seinen Vater fragend
an. Der zeigt nach vorne: „Dort hinten!“.
                                                man sich ausruhen und den Kletterka-
                                                meraden zuschauen, ob und wie sie das
                                                Problem lösen. Das ermöglicht schnelle
Es dauert noch etwas, doch schließlich          Fortschritte in der Klettertechnik, ist da-
stehen wir tatsächlich vor dem Boulder-         rüber hinaus äußerst kommunikativ und
felsen mit dem verheißungsvollen Na-            aufgrund der freien Bewegungsmöglich-
men.                                            keiten hervorragend geeignet für Kin-
Ganz überzeugt sind die beiden Kinder           der und Jugendliche. Mit der Eröffnung
nicht, nachdem sie den ganzen Vormit-           des B12 Boulderzentrums hat Tübingen
tag auf diesen Felsen gewartet hatten,          jetzt eine urbane Indoor-Anlage für die-
während wir einen Boulderblock nach             se Sportart. Und wen es nach Outdoor in
dem anderen ausprobierten. Auch ich bin         die Berge zieht, findet im „Garten der Tü-
überrascht, dass ein so kleiner, unauffäl-      binger Hütte“ eine geeignete Spielwiese.
liger Felsbrocken so einen großen Namen         Gleich hinter der Hütte liegen sie rum, die
bekommen hat. „Und was soll man mit             Boulderblöcke. Und wer sich mal damit
dem jetzt anfangen?“ Ich brauche nicht          abgefunden hat, dass es hier keine roten
lange zu überlegen, denn Christophe             und grünen Griffe gibt und etwas Fantasie
hängt schon am Block. Aha, Foothook             walten lässt, freut sich bald über die Viel-
– dafür ist er tatsächlich wie geschaffen       falt der Möglichkeiten.
und das Gras rundherum bietet eine opti-        Wie jedes Jahr sind wir, die Fachübungs-
male Absprungzone. So langsam packt es          leiter der Sektion Tübingen, auch in die-
auch mich – das Boulderfieber.                  sem Jahr hier oben – Ende September, am
Bouldern, das Klettern in Absprunghöhe,         letzten Wochenende, bevor „unsere Hüt-
ist inzwischen zu einer eigenen Spielart        te“ in die Winterpause geht. Der Samstag
der Kletterszene geworden. Ohne Gurt            gehört dabei immer der Erkundung und
und Seil können einzelne Züge immer             Erschließung der alpinen Umgebung. So
 werb panico 14-06 orange blau.qxp 02.06.2014    16:47 Seite 1
wieder   geübt werden. Dazwischen kann          wurden   in den letzten Jahren Kletterrou-

    felsland
       wissen wo’s langgeht beim Klettern
                                                       www.felsland.de

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 20 DAV Tübingen 1/2015
Unterwegs

ten am Noristurm und der Plattenspitze        chen wir dieses Jahr ausnahmsweise nicht
Nordwand eingerichtet, die Drahtseilver-      abzubauen. Aufgrund des „nicht so ganz
sicherung am Erich-Endriss-Weg erneuert       sommerlichen Wetters“ war er gar nicht
oder auf der Kessispitze, unserem Haus-       erst aufgebaut worden. Dafür ist aber die
berg, ein neues Gipfelbuch deponiert. Oft     Terrasse noch voll von Tischen und Bän-
stapften wir dabei schon durch den – er-      ken, die es im Keller zu verstauen gilt, und
sten? – Schnee. Dieses Jahr erfreute uns      Karl findet bei einer Inspektion der Haus-
Jupiter mit strahlendem Sonnenschein          technik eine undichte Wasserleitung und
– ideal zum Ausprobieren bereits bekann-      macht sich zusammen mit Dirk sofort an
ter Boulderprobleme und Suchen neuer          die Reparatur.
Felsen. Was für gut befunden wird, wird
                                              Zu guter Letzt holen wir die Fahne ein –
anschließend in die Klettergartenbro-
                                              leider ohne Matthias Lehns, der diesen
schüre aufgenommen (eine erste Version
                                              feierlichen Moment in den letzten Jahren
dieser Broschüre findet Ihr bereits auf un-
                                              mit seiner Trompete begleitet hat. Die-
serer Internetseite).
                                              ses Jahr müssen wir leider gemeinsam
Der Sonntag dient dann den „Herbst-           ein Lied trällern – nicht halb so feierlich
arbeiten“: Der Winterraum wird inspiziert     wie sonst. Matthias, nächstes Jahr bist Du
und für die kalte Jahreszeit vorbereitet      doch wieder dabei! … versprochen?
und die Dachfenster mit Blechhauben
abgedeckt. Den Übungsklettersteig brau-                                   Elke Schneider

                                                                   DAV Tübingen 1/2015 21
Unterwegs

Pflanzengesellschaften am Monte Baldo
Zwischen Seeufer und Gipfelregion

I m Juni 2014, früh morgens um 5 Uhr, wa-
  ren alle acht Teilnehmer und unser Guide
Klaus Schmieder bereit für unsere viertä-
                                             ganz andere Pflanzengemeinschaft vorzu-
                                             finden. In dieser sonnigen Lage wachsen
                                             Teufelskralle, Traubensteinbrech, Thymi-
gige Botanisiertour am Gardasee. Es galt,    an, Fetthenne und Gelber Lerchensporn.
die Pflanzengesellschaften verschiedener     Auch Hans, unser Hobbybotaniker und
Höhenstufen und Landnutzungstypen um         Kräuterexperte, wusste viel über Kräuter
den Monte Baldo zu erkunden. Wir waren       und deren Wirkungen zu erzählen.
gespannt, was es alles zu entdecken gibt,    Über der Waldgrenze erreichten wir die
von der mediterranen Vegetation am See-      nächste Vegetationszone und wander-
ufer bis zu alpinen Rasen- und Geröllflu-    ten durch blühende Alpenanemonen um
ren in den Gipfelregionen.                   die Corna Piana. Noch höher, endlich am
Wir kamen gut durch den Verkehr und          Fels angekommen, entdeckten wir ver-
konnten um 12:30 Uhr zu unserer er-          schiedene Steinbrecharten, Buchsblätt-
sten Wanderung im Naturpark Corna            riges Kreuzblümchen, Blaues Mänderle,
Piana starten. Klaus führte uns durch        Felsenkreuzdorn u.a. Auf dem Rückweg
blühende Wiesen und dann schon bald          konnten wir uns an den vielen verschie-
steil aufwärts durch einen Hainsimsen-       denen Orchideenarten, z.B. Weiße Wald-
Buchenwald. Am Schatthang entdeckten         hyazinthe und Schwarzes Kohlröschen
wir verschiedene Farnarten, Nesselkönig      erfreuen.
und auch schon die ersten Pfingstrosen.      Aus der geplanten vierstündigen Wande-
Im Schatten der Bäume kamen wir an           rung wurden durch die vielen interessan-
Goldregen, Weidbuchen und Buchen mit         ten Pflanzen letztendlich sechs Stunden.
eindrucksvollem Säbelwuchs vorbei, um        Nach einer weiteren Stunde Fahrt kamen
dann an einem südexponierten Hang eine       wir müde, aber glücklich in unseren Ap-
                                                       partements in San Zeno an.
                                                      Am nächsten Tag war es sehr
                                                      warm. Es ging durch die medi-
                                                      terrane Vegetationszone 600
                                                      Hm hinunter zum Gardasee. Auf
                                                      schmalen Pfaden kamen wir zu-
                                                      nächst an Hopfenbuchen, Blu-
                                                      meneschen und Traubeneichen
                                                      vorbei. Interessante Vegetation
                                                      gab es auch an den vielen Tro-
                                                      ckenmauern. Von Klaus erfuh-
                                                      ren wir, dass Mauerpfeffer- und
                                                      verschiedene Fetthennenarten
 22 DAV Tübingen 1/2015
auf dem Mauerkopf wachsen, der trocken     Die letzten Meter zum See legten wir ent-
und heiß ist, und welche Pflanzen sich     spannt zurück, und nach einer Cappucci-
ein bisschen tiefer im leichten Schatten   no-Pause und anschließender Abkühlung
und mit mehr Nährstoffen wohl fühlen.      im See traten wir den Rückweg an.
Am Mauerfuß, noch nährstoffreicher und     Der dritte Tag unserer Exkursion führte
feuchter durch das Hangwasser, wach-       uns vorbei an Esskastanien (Maronen)
sen die größeren Pflanzen wie Turm-        und Haselnuss. Von Klaus erfuhren wir
Gänsekresse, Ruprechtsstorchschnabel       die landschaftsökologischen Zusammen-
und Osterluzei und in den Mauerfugen       hänge und viel über den damaligen An-
Mauerraute, Milzfarn und Streifenfarne.    bau, den Schnitt und die Verarbeitung der
Gerhard, unser Geologe, stillte unse-      Maronen.
re Neugierde mit geologischem Hinter-
                                           In den Haselwäldern fanden wir Immen-
grundwissen und erklärte die Entstehung
                                           blatt und Klebrigen Salbei, und Klaus
der verschiedenen Moränenarten.
                                           weckte unsere Neugierde, indem er uns
Je tiefer wir Richtung See gingen, umso    am Wiesensalbei den Hebelmechanismus
wärmer wurde es, und die Vegetation        zur Bestäubung vorführte. Über alpine
änderte sich ständig. Nun entdeckten       Weiden mit Pfingstrosen kamen wir an
wir auch die Immergrüne Steineiche, Pe-    verlassenen Almen vorbei und erreichten
rückensträucher, Pistazien und kamen       bald das Gipfelkreuz in einem Blütenmeer
durch Flaumeichenwälder. Auf Lichtun-      mit vielen verschiedenen Orchideenarten,
gen mit Magerrasen wuchsen verschie-       großen herrlich blühenden Feuerlilien,
dene Ragwurzarten, Traubenhyazinthen,      Graslilien und Purpur-Königskerzen.
Feuerlilien, Strahldolden, Diptam und an
den Säumen Seealpen-Geißklee, Strauch-     Später beim Abstieg kamen wir wieder an
Kronwicke und Mäusedorn. Viele ver-        Weidbuchen vorbei, deren Bäume uns mit
schiedene Schmetterlinge tanzten um        ihren seltsam verschlungenen Wuchsfor-
uns herum, die hier viel größer sind als   men faszinierten. Durch den Verbiss des
bei uns. Zwischen Weißem Fingerhut und     Viehs wird das Wachstum der Rotbuche
Kratzdistel schwirrten Bläuling, Schach-   und deren Aussehen bis ins hohe Alter
brettfalter, Kaisermantel, Segelfalter,    beeinflusst.
Schwarzes Widderchen und Rotes Wid-        Wieder ging ein schöner beeindruckender
derchen.                                   Tag zu Ende, den wir mit gemeinsamem

                                                               DAV Tübingen 1/2015 23
Unterwegs

Spaghetti-Kochen und an-
schließendem Genießen
auf der Terrasse gemütlich
ausklingen ließen.
Am vierten und letzten Tag
ging es auf über 2.200 m
Höhe auf den Monte Te-
legrafo. Gleich zu Beginn
der Wanderung entdeck-
ten wir die sehr seltene
endemische Monte Bal-
do Segge und das Dra-
chenmaul. Auf dem Weg
zum Gipfel kamen wir
an Schneetälchen vor-
bei, flache Mulden über
der Baumgrenze, in denen lange der               Nach einer Stärkung im Refugio „Gaeta-
Schnee liegt, und wo nur an diese extre-         no Barana“ traten wir den Rückweg an.
men Bedingungen angepasste Pflanzen              Leider vergingen die Tage viel zu schnell,
wachsen können. Eine dieser speziali-            aber ich denke, wir alle haben diese Zeit
sierten Pflanzen ist das Alpenglöckchen,         sehr genossen und unser Wissen um die
auch Alpen-Troddelblume genannt. Die             Vegetation am Monte Baldo erweitern
dunklen Knospen und Blütenstiele er-             können. Wir waren eine nette Gruppe
wärmen sich durch die Strahlung des              und hatten viel Spaß bei dieser abwechs-
Sonnenlichts und schmelzen sich durch            lungsreichen Exkursion. Vielen Dank an
die dünne Schneedecke. Auch fanden               Klaus für die tollen Tage und die Organi-
wir Netzblättrige Weiden, Weiße Leber-           sation.
blümchen, Aurikel und die endemische
                                                                          Sabine Gottwald
Kerners Schmuckblume in dieser Höhe.

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 24 DAV Tübingen 1/2015
Unterwegs

Auch 2015 viel Arbeit zu erledigen
Wegebau 2014

D    as Wetter machte uns dieses Jahr
     immer wieder einen Strich durch die
Rechnung, und trotzdem konnten wir auf
                                             und wichtig sind aber auch die Wege beim
                                             Schafboden; d.h. auch in 2015 gibt es
                                             eine Menge Arbeit, für die wir viele Helfer
der Tübinger Hütte sehr viel erledigen. In   benötigen.
der geplanten KW 28 kamen daher 8 Hel-       Ich möchte mich nun bei allen Helfern für
fer nicht zum Einsatz.                       ihre geleistete Arbeit herzlich bedanken
Beim zweiten geplanten Einsatz in KW 31      und hoffe, dass sie uns auch künftig für
waren Ferdl, Uli und Markus dafür doppelt    weitere Arbeitseinsätze die Stange hal-
motiviert, die dringenden Wegearbeiten       ten.
teilweise aufzuarbeiten und an schlech-      Besonders bedanken möchte ich mich
ten Tagen die Deckenplatte im alten Keller   noch bei unseren österreichischen Hel-
abzureißen.                                  fern Josef Schönherr und Günther He-
Beim dritten geplanten Einsatz in KW         chelberger für ihre langjährige und treue
35 und auch dem letzten im August mit        Mithilfe.
Ferdl, Thomas, Ralf und Ingo konnten,        Als dienstältester Hüttenhelfer (seit 1980)
trotz durchwachsenem Wetter, einige Auf-     hoffe ich, dass ich mit meinen Nachfol-
gaben an und um die Tübinger Hütte erle-     gern auch noch einiges umtreiben kann.
digt werden.
                                                                     Charly Mannheim
Am Plattenjoch war der Weg kurzzeitig
wegen rutschenden Felsbrocken ver-           PS: Geplante Termine für die Erhaltung
sperrt.                                      unseres Wegenetzes von und zur Tübin-
                                             ger Hütte in diesem Jahr:
Besonders erwähnenswert ist es, dass wir
                                                         06.07. – 10.07.2015
bei unseren Einsätzen zwei neue Bergka-
                                                        03.08. – 07.08.2015
meraden gewonnen haben, die jetzt Mit-
                                                        24.08 – 27.08.2015
glieder geworden sind.
Hoffentlich ist uns der Wettergott näch-
stes Jahr besser gesonnen, so dass wir
alle geplanten Einsätze durchführen kön-
nen.
Vorrangige Wegearbeit im nächsten Jahr
ist die teilweise Verlegung und Ummar-
kierung des Weges zum Plattenjoch über
das Seetal und die Seelücke zur Saarbrü-
cker Hütte.
Der alte Gletscherweg kann aktuellnur
noch unter schwierigsten Bedingungen
begangen werden (blankes Eis und aku-
te Steinschlaggefahr). Nicht zu vergessen
                                                                  DAV Tübingen 1/2015 25
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