VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt

Die Seite wird erstellt Helmut Hartmann
 
WEITER LESEN
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Februar 2018

VAA Magazin
Zeitschrift für Führungskräfte in der Chemie

Wahlen zum Betriebsrat:

Fit für die
Kampagne
BASF-Manager im Interview:
Förderung fürs Ehrenamt
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Registrieren und sparen!
                                   EXKLUSIV FÜR VAA-MITGLIEDER
                                 Erhalten Sie besondere Rabatte
                           auf Reisen, Mode, Technik und vieles mehr
                                  bei über 230 Top-Anbietern!

                         20%

    Präsentations-                 Einmalige Registrierung unter der URL       Sofort attraktive
1   plattform aufrufen
                               2   https://vaa.rahmenvereinbarungen.de
                                                                           3   Angebote wahrnehmen
                                   mittels Firmen E-Mail-Adresse
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Editorial

Sozialpartnerschaft als
Erfolgsgarant
Bedeutung und Verdienste der Sozialpartnerschaft sind in Deutschland als
Standortvorteil unbestritten und werden zu zahlreichen Gelegenheiten im-
mer wieder hervorgehoben. Erst kürzlich hat die Bundeskanzlerin davon
gesprochen, dass die Sozialpartnerschaft im 21. Jahrhundert, also in den
jetzigen industriellen Umbrüchen, mindestens genauso wichtig sei, wie sie
das in der Vergangenheit war. Große Aufgaben beim Klimaschutz, bei der
Energiewende und der Digitalisierung könnten nur in konstruktiver Zusam-
menarbeit gelöst werden.

                                                                                                                       Foto: VAA
Tatsächlich war die Sozialpartnerschaft jahrzehntelang, manchmal unter
nicht leichten Rahmenbedingungen, eine wichtige Stütze des rasanten wirt-
schaftlichen Aufschwungs Deutschlands seit dem Zweiten Weltkrieg. Und
sie hat danach die weitere Europäisierung und Internationalisierung der
deutschen Wirtschaft mitgetragen. Sie hat darüber hinaus für jenen betrieblichen Frieden in den Unternehmen ge-
sorgt, ohne den keine wirtschaftliche Aktivität nachhaltigen Erfolg haben kann. Allerdings haben Globalisierung und
europäische Integration wichtige Bereiche der bisherigen Wirtschafts- und Sozialpolitik de jure und de facto der na-
tionalen Kontrolle und damit auch der Sozialpartnerschaft entzogen. Das beeinflusst die Geschäftsgrundlage der So-
zialpartnerschaft. Hinzu kommt, dass sich die Welt der Wirtschaft kontinuierlich rasant wandelt. Digitale Start-ups,
neue Selbständige und Konzerne stehen im internationalen Wettbewerb. Es gibt mehr prekäre Jobs und zahlreiche
verliehene Arbeitskräfte. Ich begrüße es daher sehr, dass sich die Repräsentanten international agierender Konzerne
ausdrücklich ohne Wenn und Aber zur Sozialpartnerschaft bekennen, wie das BASF-Vorstandsmitglied Michael
Heinz im Interview in dieser Ausgabe des VAA Magazins auf den Seiten 26 bis 29 tut. Eine faire, konstruktive und
ehrliche Zusammenarbeit führe auch in globalisierten Zeiten immer noch und immer wieder zum Erfolg, wie man
dies an der aktuellen Standortvereinbarung BASF SE 2020 sehen könne.

Aber nicht nur die Sozialpartnerschaft, sondern auch die Mitbestimmung hat für die Führungskräfte des VAA obers-
te Priorität. Im Zeitraum zwischen Anfang März und Ende Mai 2018 finden die Betriebsrats- und Sprecherausschuss-
wahlen statt. Für den VAA hat die Vertretung in diesen Gremien große Bedeutung. Wo wenn nicht hier kann der
VAA die Interessen der AT-Angestellten und der leitenden Angestellten kraftvoll vertreten. Die Beiträge „Wählen.
Einfach. Wichtig.“ auf den Seiten 8 bis 13 und „Interessenvertretung für Leitende“ auf Seite 25 stellen die Maßnah-
men vor, mit denen wir unsere Kandidaten im Wahlkampf bestmöglich unterstützen wollen. Wie man es besonders
gut macht, zeigt die VAA-Werksgruppe bei Beiersdorf. Im letzten Betriebsratswahlkampf konnte der VAA dort die
Zahl seiner Sitze verdoppeln und den aktuellen Betriebsratsvorsitzenden stellen. Auch dieses Jahr nimmt sich der
VAA viel vor, wie Manuela Rousseau im Interview auf den Seiten 14 und 15 anschaulich schildert.

Das Jahr 2018 verspricht spannend zu werden. Politisch turbulent wie selten zuvor vor einer insgesamt optimistisch
stimmenden wirtschaftlichen Gesamtlage.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und uns allen einen erfolgreichen Wahlkampf 2018.

                                                                                          VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018                 3
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Inhalt

VAA
MAGAZIN
–
Februar
2018                                                                       Wirtschaft
                                VAA                                        in Zahlen
                                                                           31       MINT-Expertenlücke:
                                14       Wählermobilisierung:                       Regionale Unterschiede

Mitbestimmung                            Best-Practice-Beispiel
                                         Beiersdorf

im Bild                         16	Neue VAA-Studie:
                                    Welche Büroart sorgt für die
                                                                           Meldungen
                                    größte Zufriedenheit?

06       Interessenvertretung                                              33	Fluidikfenster,
                                18	Mitgliederentwicklung:
         in Zahlen                                                             European Chemistry Partnering,
                                    Wachstumsfaktoren im Fokus
                                                                               Sensor für Ammonium

Spezial                         20	Rechtsberatung:
                                     Viel zu tun für VAA-Juristen
                                                                           34       Virusprotein,
                                                                                    Sicherheit am Arbeitsplatz,
                                                                                    Personalarbeit für Väter,
                                22	Diversity im Verband:                          Videoblog zum Arbeitsrecht

08       Kampagne mit Vollgas        Out im Office
                                                                           35	Frauen im Topmanagement,
                                                                               VAA-Einkommensumfrage,
                                25	Sprecherausschusswahlen:                 Netzwerke bei VAA connect,
                                      Auf die Wähler kommt es an               Spontane Schichtsysteme

                                                                           36	E-Paper neu gelauncht,
                                                                                Neue VAA-Broschüre,

                                Branche                                         Digitalisierung in der Chemie

                                26      Interview mit Michael Heinz:
                                        Vorbildliche Sozialpartnerschaft
                                        bei der BASF

                                30      Personalia aus der Chemie

4    VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Inhalt

ULA
Nachrichten
37	Frankreich:
     Wird Macron sein Tempo

                                                                    Steuern
     halten?

                                Recht
                                                                    51	Deferred Compensation:
                                                                        Auszahlung als Einmalbetrag?
                                45      Aktuelles Urteil:

                                                                    Lehmanns
                                        Stärkung für Betriebsräte

                                46	Juristischer Service:

                                                                    Destillat
                                    Klarheit beim Befreiungsrecht

                                49	Erben und Vererben:
                                     Interview mit Michael Bürger

                                                                    53      Satirische Kolumne:
                                                                            Augen zu und durch!

                                                                    Vermischtes
39	Kommentar, Europa

40	Innovation:
     Digitalisierung durch
     Flexibilisierung
                                                                    54      ChemieGeschichte(n):
42	Meinungsmacht:                                                          Ölrausch in Arabien
    Lernen von der Politik
                                                                    55      Glückwünsche
43	Buchrezension:
    Führen in Teilzeit                                              56      Sudoku, Kreuzworträtsel

44	Weiterbildung:                                                  58	Feedback, Termine,
    Aktuelle Seminare des FKI                                            Vorschau, Impressum

44	Mitbestimmung:
    ULA-Sprecherausschusstag
    in Berlin

                                                                     VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018      5
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Mitbestimmung im Bild

                                Über                                                                            7 von 10
                             90 Prozent                                                                       Befragte in einer repräsentativen Studie der
                                                                                                           Universität Duisburg-Essen gaben an, dass sie mit
                          der Sprecherausschussvorsitzenden in der chemisch-                               Mitbestimmung etwas Positives verbinden. Bei den
                         pharmazeutischen Industrie sind Mitglied im VAA. Bei den                          15- bis 20-Jährigen waren es sogar acht von zehn
                            Sprecherausschussmitgliedern ist die Quote mit 85                                                 Befragten.
                                       Prozent ebenfalls sehr hoch.

                                                             1,3 Tage
                                                             mehr Urlaubanspruch pro Jahr haben
                                                          Beschäftigte in Betrieben mit Betriebsrat im
                                                          Durchschnitt im Vergleich zu Betrieben ohne
                                                        Betriebsrat. Das geht aus einer Veröffentlichung
                                                               der Hans-Böckler-Stiftung hervor.
Karikatur: Calleri

                     6
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Mitbestimmung im Bild

                                                                                    1/4
                                                             der Aufsichtsratsmitglieder in den 160 größten deutschen

                  2/3                                    börsennotierten Unternehmen war im Jahr 2016 laut den aktuellsten
                                                           Zahlen des Wirtschats- und Sozialwissenschaftlichen Instituts
                                                          (WSI) weiblich. Damit ist dieser Anteil im Vergleich zum Jahr 2008
   beträgt laut dem Institut für Arbeitsmarkt und        rund neun Prozent auf mehr als das Zweieinhalbfache angestiegen.
Berufsforschung (IAB) der Anteil der Arbeitnehmer in     Er lag aber immer noch unter der verbindlichen Geschlechterquote
der Industrie, die durch eine Arbeitnehmervertretung        in Höhe von 30 Prozent, die in Deutschland seit 2016 für die
repräsentiert werden. Im Bereich der wirtschaftlichen     Aufsichtsräte von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten
Dienstleitungen ist er mit 28 Prozent weniger als halb                           Unternehmen gilt.
                      so hoch.

                                                                                                                           7
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Spezial

BETRIEBSRATSWAHLEN 2018

Wählen. Einfach. Wichtig.
Im Zeitraum zwischen Anfang März und Ende Mai 2018 finden die nächsten turnusmäßigen
Betriebsratswahlen statt. Für den VAA ist die Vertretung in den Betriebsräten ein zentrales Instrument
für die Interessenvertretung der AT-Angestellten. Deshalb bietet der Verband seinen
Betriebsratsmitgliedern und -kandidaten ein breites Angebot an Unterstützungsmaßnahmen. Das VAA
Magazin hat die Wahlkampagne auf einigen wichtigen Etappen durch den Herbst 2017 begleitet.

Von Christoph Janik und Elena Zolototrubova

8    VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Spezial

Foto: Beydmüller – VAA

                   9
VAA Magazin Fit für die Kampagne - Wahlen zum Betriebsrat: BASF-Manager im Interview: Förderung fürs Ehrenamt
Spezial

Bad Honnef, 19. September 2017                  die perfekte Szene vor und hinter der Lin-     der VAA-Kommission Betriebsräte ist eng
                                                se geschwitzt.                                 in die Entscheidungsprozesse der VAA-
 „Noch mal bitte!“, ruft das Regisseurduo                                                      Kampagne eingebunden, denn als aktives
den beiden Jugendlichen zu, die auf einer       Der fertige Film wird einen gestressten        Betriebsratsmitglied bei Evonik im Che-
kleinen Rasenfläche einen Fußball von ei-       Mittvierziger bei dem Versuch zeigen, den      miepark Marl kennt er die betriebliche Pra-
nem Fuß zum anderen und wieder zurück           Aktenberg auf seinem Schreibtisch zu be-       xis aus erster Hand.
wandern lassen. Erneut prallt der Ball am       zwingen und gleichzeitig mit seiner Fami-
Turnschuh ab und rollt aus dem markierten       lie Fußball zu spielen. Die Vereinbarkeit      Zum dritten Mal nach 2010 und 2014 bün-
Bereich heraus: „‘Tschuldigung“, ruft einer     von Familie, Beruf und Karriere ist eines      delt der VAA seine Aktivitäten rund um
der Statisten und läuft schnaufend dem          der Themen, die der VAA in den Mittel-         die Betriebsratswahlen in einer eigenen
Ball hinterher. Mit geröteten Wangen und        punkt seiner Kampagne für die Betriebs-        Kampagne. Bei den letzten beiden Wahlen
stirnrunzelnd schaut er in die Kamera:          ratswahlen 2018 stellt. Ein weiterer Film      konnte der Verband die Zahl seiner Mit-
„Noch mal?“ Beide Regisseure nicken.            wird die Fairness von Entgeltsystemen the-     glieder in den Betriebsräten jeweils deut-
Konzentration ist angesagt, aber das ist        matisieren. „Natürlich gibt es immer be-       lich steigern. Das soll natürlich auch bei
leichter gesagt als getan. Bereits seit einer   triebsspezifische Themen, die häufig auch      den bevorstehenden Betriebsratswahlen
halben Stunde passen sich die Darsteller        am wichtigsten sind. Aber Entgelt und Ar-      gelingen. Für den 1. Vorsitzenden des VAA
den Ball hin und her. Immer im Blickfeld        beitszeit spielen in fast jedem Betrieb eine   Rainer Nachtrab ist die Marschrichtung
der Kamera. Es könnte der letzte sonnige        wichtige Rolle bei der Interessenvertretung    klar: „Der Anteil der AT-Angestellten in
Tag des Jahres sein und die Außenaufnah-        und deshalb haben wir diese Themen für         den Belegschaften unserer Branche wird
men für den ersten von drei VAA-Kurzfil-        unsere beiden ersten Filme ausgewählt“,        durch zunehmende Qualifizierung und Di-
men müssen in den Kasten. Also wird für         erklärt Martin Kubessa. Der Vorsitzende        gitalisierung weiter wachsen. Der VAA ist

10   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
Spezial

die Interessenvertretung für den AT-Be-        fall kommt. Premierengäste bei dieser erst-   gehören neben der Wort-Bild-Marke mit
reich und deshalb müssen wir unsere Prä-       maligen Vorführung der drei Kampagnen-        dem Slogan „Mitbestimmen. Mittendrin.
senz dort stärken, wo die Arbeitsbedingun-     kurzfilme sind die Teilnehmer des Work-       VAA.“ unter anderem eine zentrale Kam-
gen der AT-Angestellten maßgeblich ge-         shops „Betriebsratsarbeit und Betriebsrats-   pagnenwebsite und ein Flyer mit den zen-
staltet werden: in den Betriebsräten.“ Auf     wahlen“. Sie nutzen am Vorabend des           tralen Positionen des VAA zur Betriebs-
der Jahreskonferenz des VAA in Heidel-         Haupttages der Jahreskonferenz die Gele-      ratsarbeit, der für die gezielte Ansprache
berg im November letzten Jahres stand das      genheit, mehr über die Ziele und Grund-       in den Unternehmen vor Ort für jede
Thema deshalb weit oben auf der Agenda.        sätze der VAA-Kampagne zu erfahren.           Werksgruppe individuell angepasst werden
                                                                                             kann. Für die Online-Wahlwerbung stellt
Heidelberg, 10. November 2017                  Baukasten für Werksgruppen                    der VAA darüber hinaus eigens erstellte
                                                                                             Werksgruppen-Internetseiten im VAA-De-
In einem hohen Bogen fliegt der Fußball        „Die Wahlkämpfe werden in erster Linie        sign bereit, die nach dem Baukastenprinzip
kraftvoll in die obere linke Ecke: „Wählen.    innerbetrieblich geführt. Deshalb unter-      gefüllt werden können. Damit die Inhalte
Einfach. Wichtig.“ leuchtet es auf der Lein-   stützen wir unsere Werksgruppen durch         für die verschiedenen Publikationskanäle
wand auf, bevor der Bildschirm schwarz         verschiedene Maßnahmen auf betriebli-         möglichst schlagkräftig sind, wurden im
wird. Für einige Sekunden ist der Raum         cher Ebene, die wir durch eine Rahmen-        Rahmen der Kampagne die Betriebsrats-
völlig dunkel und still. Dann ertönt aus der   kampagne begleiten“, erläutert Thomas         kandidaten in vielen VAA-Werksgruppen
ersten Reihe zurückhaltendes Klatschen,        Spilke das Konzept. Er ist Geschäftsführer    in eintägigen Workshops geschult und
das immer lauter wird, bis sich die Zu-        im Berliner VAA-Büro und leitet die Be-       konnten gemeinsam mit einer Agentur ihre
schauer völlig aus ihrer kurzen Ruhephase      triebsratswahlkampagne des VAA für die        eigenen Marketingstrategien und -maßnah-
lösen und aus allen Ecken kraftvoller Bei-     Wahl 2018. Zu dieser Rahmenkampagne           men erarbeiten. u

Bei den Infoveranstaltungen des VAA in Bonn,
Leipzig und Mannheim konnten sich
Betriebsratskandidaten über die Rechte und
Pflichten sowie über das Wahlverfahren
informieren. Foto: Anna Logue – VAA

                                                                                                   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018         11
Spezial

                                                                                              VAA-Betriebsratsexperte Thomas Spilke
                                                                                              liefert an diesem Freitagnachmittag den
                                                                                              Impuls für den Erfahrungsaustausch mit
                                                                                              einem Vortrag über die Rechte und Pflich-
                                                                                              ten von Betriebsräten, bevor VAA-Jurist
                                                                                              Hinnerk Wolff von der Kölner VAA-Ge-
                                                                                              schäftsstelle am Samstagvormittag den
                                                                                              Teilnehmern das Wahlverfahren näher-
                                                                                              bringen wird. Die Diskussion ist lebendig.
                                                                                              So löst etwa der Hinweis, dass laut Be-
                                                                                              triebsverfassungsgesetz vier Betriebsver-
                                                                                              sammlungen pro Jahr vorgeschrieben
                                                                                              sind, bei vielen Teilnehmern großes Er-
                                                                                              staunen aus. Offenbar weicht die betrieb-
                                                                                              liche Praxis hier und da von dieser Vorga-
                                                                                              be ab.

                                                                                              Betriebsrat gestaltet
                                                                                              AT-Arbeitsbedingungen
Eine hohe Wahlbeteilung der AT-Angestellten ist für den VAA der Schlüssel zum Erfolg bei
den Betriebsratswahlen 2018. Foto: VAA                                                        Im Mittelpunkt der Diskussion steht je-
                                                                                              doch die Frage, bei welchen Themen ein
Auch die drei Kurzfilme sind natürlich Teil     und abschwellende Jaulen einer Alarmsi-       Unternehmen den Betriebsrat in welcher
der Rahmenkampagne und sollen von den           rene zu hören. Die rund 20 VAA-Mitglie-       Form beteiligen muss. So gehört etwa die
Werksgruppen im Wahlkampf eingesetzt            der halten kurz inne. „Probealarm bei der     Regelung der Arbeitszeit zu den Themen,
werden, zum Beispiel per E-Mail als You-        BASF“, murmelt einer der Anwesenden.          die der Betriebsrat nach § 87 des Betriebs-
Tube-Link. Neben den inhaltlichen               Die Spannung löst sich, die Vorstellungs-     verfassungsgesetzes zwingend mitbe-
Schwerpunkten Entgelt und Arbeitszeit in        runde wird fortgesetzt. Der Teilnehmer, der   stimmt. Das heißt: Der Arbeitgeber kann
den beiden ersten Filmen zielt ein dritter      nun an der Reihe ist, nennt seinen Namen      ohne den Betriebsrat keine wirksamen Re-
Film unter dem Motto „Wählen. Einfach.
Wichtig.“ allein auf die Wählermobilisie-
rung. Dass diese Entscheidung richtig ist,      THOMAS SPILKE
zeigt auch die Diskussion der Workshop-
Teilnehmer an diesem Abend in Heidel-           VAA-JURIST UND BETRIEBSRATSEXPERTE
berg. Welche Zielgruppe soll im Wahl-
kampf überhaupt angesprochen werden?            „In vielen größeren Betriebsräten gibt es einen AT-Ausschuss, in dem AT-spezifische
Und vor allem: Wie bringen wir diese Ziel-      Regelungen und Themen besprochen werden. Da muss natürlich ein VAA-Vertreter
gruppe dazu, ihre Stimme abzugeben?             rein.“
„Viele AT-Angestellte gehen nicht wählen,
weil sie nicht um die Bedeutung des Be-         und sein Unternehmen. Dann spricht er         gelungen erlassen. Spilke veranschaulicht
triebsrates für die Vertretung ihrer Interes-   über seine Motivation zur Teilnahme: „Ich     das anhand eines plakativen Beispiels:
sen wissen,“ ist sich Kampagnenmanager          bin hier, weil die Ergebnisse der Befind-     „Ohne entsprechende Betriebsvereinba-
Spilke sicher und fügt hinzu: „Deshalb ist      lichkeitsumfrage für unser Unternehmen        rung müsste der Betriebsrat jeder Über-
es wichtig, die AT-Angestellten zu mobili-      zeigen, dass etwas getan werden muss.         stunde im Betrieb einzeln zustimmen.“
sieren. Wenn möglichst viele von ihnen zur      Deshalb kandidiere ich bei der Wahl 2018      Und zwar auch und gerade für den AT-
Wahl gehen und für VAA-Mitglieder stim-         erstmals für den Betriebsrat.“ Nach glei-     Bereich, denn der Betriebsrat ist für alle
men, werden wir Mandate hinzugewin-             chen Formaten in zwei anderen Städten         Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden
nen.“                                           werden auch die Teilnehmer bei dieser letz-   Angestellten zuständig. „Nicht umsonst
                                                ten VAA-Informationsveranstaltung vor         gibt es in vielen größeren Betriebsräten ei-
Mannheim, 24. November 2017                     der Wahl 2018 viel über die Betriebsratsar-   nen AT-Ausschuss, in dem AT-spezifische
                                                beit lernen und Erfahrungen austauschen.      Regelungen und Themen besprochen wer-
Es ist ein milder und wolkenverhangener         Denn zu den Teilnehmern gehören nicht         den. Da muss natürlich ein VAA-Vertreter
Novembertag in Mannheim. Hinter der             nur VAA-Mitglieder, die sich erstmals zur     rein“, ruft Spilke den Betriebsratskandida-
Glasfassade im ersten Stock des Dorint-         Wahl stellen. Auch einige „alte Hasen“ sind   ten in Mannheim zu. In vielen Betrieben
Hotels ist der U-förmige Tisch im Konfe-        anwesend und erzählen aus der Praxis der      lautet das Credo der VAA-Betriebsräte:
renzraum voll besetzt. Plötzlich ist das an-    zurückliegenden Wahlkämpfe.                   Für alle Mitarbeiter da sein, aber vor allem

12   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
Spezial

           Martin Kubessa (im Bild links) ist Betriebsratsmitglied bei Evonik im Chemiepark Marl und als Vorsitzender der VAA-Kommission
                 Betriebsräte eng in die Entscheidungsprozesse der Betriebsratswahlkampagne eingebunden. Foto: Markus Etienne – VAA

die besondere Kompetenz des VAA für den       gelmäßig über den Vorbereitungstand für       den Werksgruppen geholfen, schlagkräf-
AT-Bereich nutzen. Denn die VAA-Be-           die Wahlen aus und besprechen den weite-      tige Argumente und Slogans für den
triebsräte verstehen die Belange der AT-      ren Fahrplan. Die Stimmung ist gut, denn      Wahlkampf zu entwickeln“, berichtet
Angestellten besonders gut, weil sie selbst   das Feedback aus der Mitgliedschaft zur       VAA-Hauptgeschäftsführer Gerhard Kro-
AT-Angestellte sind und zudem über            Kampagne ist sehr positiv. Die meisten        nisch, der selbst mehrere Workshops von
Werksgruppen und Sprecherausschüsse in        Flyer und Plakate sind im Druck, die Be-      hauptamtlicher Seite begleitet hat. Er
ihren Unternehmen auf allen Ebenen bes-       stellung der Streuartikel läuft, die ersten   blickt zuversichtlich auf das kommende
tens vernetzt sind. Sie kennen die AT-The-    Werksgruppen-Internetseiten sind online.      Frühjahr: „Ich bin fest davon überzeugt,
men.                                          „Wir sind sehr gut aufgestellt“, fasst Kam-   dass die Betriebsratswahlen 2018 für den
                                              pagnenmanager Thomas Spilke den Stand         VAA und seine Mitglieder ein voller Er-
Köln und Berlin, 18. Dezember 2017            der Dinge zusammen.                           folg werden. Wir werden mit der Wahl die
                                                                                            Basis dafür schaffen, die Interessen der
In der Kölner Geschäftsstelle und im Ber-     Und die Kandidaten vor Ort? „Unsere           AT-Kollegen noch wirkungsvoller zu ver-
liner Büro des VAA haben sich alle verant-    Workshops waren sehr effektiv und haben       treten.“ ¢
wortlichen Mitarbeiter für
eine gemeinsame Telefonkon-
ferenz zum letzten „Betriebs-
ratswahl-Jour-fixe“ des Jahres                                   Wichtige Dokumente und Arbeitshilfen für
versammelt. In diesen Termi-
                                                                 Betriebsratsmitglieder im VAA sind im Online-
nen tauschen sich die Werks-
gruppenbetreuer aus dem                                          Mitgliederbereich MeinVAA unter
Kreis der VAA-Juristen und                                       mein.vaa.de/service/br-toolbox zu finden.
die Mitarbeiter aus Marketing
und Öffentlichkeitsarbeit re-

                                                                                                   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018          13
VAA

     Prof. Manuela Rousseau (im Bild links) ist Vorsitzende der VAA-Werksgruppe
     Beiersdorf, stellvertretende Vorsitzende des Sprecherausschusses sowie Mitglied in
     den Aufsichtsräten der Beiersdorf AG und der maxingvest AG. Sie ist Mitglied der VAA-
     Kommissionen Aufsichträte und Führung. Foto: privat

INTERVIEW MIT PROF. MANUELA ROUSSEAU

Professionalität und
Teamwork als Erfolgsrezept
Bei der Beiersdorf AG in Hamburg konnte der VAA die Zahl seiner Sitze im Betriebsrat bei der letzten Betriebsratswahl auf
vier verdoppeln und stellt den aktuellen Betriebsratsvorsitzenden. Das VAA Magazin sprach mit der
Werksgruppenvorsitzenden Prof. Manuela Rousseau über die dahinterstehende Wahlkampagne, die Zusammenarbeit der
Arbeitnehmervertreter vor Ort und das Engagement der Unternehmensleitung für die generelle Mobilisierung von
Kandidaten und Wählern.

VAA Magazin: Bei den letzten Betriebsrats-      waren ein einheitlicher und professioneller    tung, ein guter Websiteauftritt und eine kon-
wahlen hat die Werksgruppe Beiersdorf           Auftritt, Teamarbeit und Vertrauen in der      sequente Zweisprachigkeit bei den Werbe-
ganze Arbeit geleistet und eine hervorra-       Gruppe. Die Zusammenarbeit bei der Vor-        mitteln erzeugten viel Aufmerksamkeit. Die
gende Kampagne durchgeführt. Wie kam            bereitung und Durchführung der Wahl wur-       Kandidaten, die sich zur Wahl gestellt ha-
es dazu?                                        de auch von VAA-Mitgliedern, die nicht bei     ben, hatten sich schon im Vorfeld in Themen
                                                der Wahl kandidierten, unterstützt. Das hat    wie Digitalisierung, Flexibilisierung der Ar-
Rousseau: Die begleitende Kampagne zur          die gesamte Werksgruppe gestärkt. Ein völ-     beitszeit, demografischer Wandel oder AT-
letzten Betriebsratswahl zählt sicher zu ei-    lig neuer optischer Auftritt mit originellen   Gehaltsmanagement eingearbeitet. Das Er-
ner unserer erfolgreichsten. Erfolgskriterien   Plakaten, Informationen in Form einer Zei-     gebnis: Von 19 Sitzen konnte die Anzahl der

14   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
VAA

VAA-Mandate von zwei auf vier verdoppelt       Rousseau: Ja, das Unternehmen startete im       Rousseau: Das Verhältnis ist unbelastet.
werden. Trotz der Minderheit stellt der        Januar im Intranet eine Kampagne „Vote!“.       AT-Kolleginnen und -Kollegen sind oftmals
VAA heute den Betriebsratsvorsitzenden.        Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wer-       die Führungskräfte von morgen, es findet
                                               den mit dem Aufruf angesprochen wählen          ein konstruktiver Austausch statt. Die weib-
VAA Magazin: Welchen Stellenwert hat die       zu gehen oder selber zu kandidieren, sich       lichen AT-Führungskräfte werden schon
betriebliche Mitbestimmung generell bei        aktiv einzubringen. Dazu wurden Kolle-          heute zur Veranstaltungsreihe „Women in
Beiersdorf?                                    ginnen und Kollegen aus allen Mitarbeiter-      Leadership“ der Leitenden eingeladen.
                                               ebenen interviewt und nach ihrer Meinung
Rousseau: Die betriebliche Mitbestim-          gefragt: Wählen gehen, warum? Warum             VAA Magazin: Wie sieht die Agenda der
mung ist aus Sicht der Arbeitnehmer ein        sollte ich kandidieren? Was wird vom Be-        VAA-Kandidaten zu den kommenden Spre-
wesentlicher Faktor, um die Interessen der     triebsrat erwartet? Hinzu kommt ein direk-      cherausschusswahlen aus?
Kolleginnen und Kollegen wirkungsvoll zu       ter Dialog im Intranet, an dem sich alle Mit-
vertreten. Je höher die Mandatsträger qua-     arbeiter der Beiersdorf AG beteiligen kön-      Rousseau: Der VAA ist im Sprecheraus-
lifiziert sind, umso besser können sie auf     nen. Die wichtigsten Fragen zur Betriebs-       schuss gut vertreten, auch der Vorsitzende
Augenhöhe mit dem Arbeitgeber verhan-          ratswahl werden auf dem Portal beantwor-        Reiner Hansert ist Mitglied. Die inhaltli-
deln. Je mehr Kompetenz und Geschlossen-       tet.                                            chen Schwerpunkte in der nächsten Wahl-
heit in einem Gremium besteht, umso ef-                                                        periode bilden die Themen Digitalisierung,
fektiver ist die Zusammenarbeit mit der Ge-    VAA Magazin: Besteht nicht die Gefahr, dass     Agilität und Führung der Zukunft.
schäftsleitung. Der Beiersdorf-Sprecher-       sich eine allzu aktive Rolle der Unterneh-
ausschuss hat damit gute Erfahrungen ge-       mensleitung im Vorfeld der Betriebsrats-        VAA Magazin: Können Sie eine Priorisie-
macht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbei-      und Sprecherausschusswahlen negativ auf         rung der betriebspolitischen Themen vor-
ter haben ein Recht darauf, dass gewählte      die Glaubwürdigkeit dieser Gremien bei der      nehmen, die sich die Mandatsträger und
Gremien sich mit Themen und Inhalten be-       Mitarbeiterschaft auswirkt?                     Kandidaten des VAA vorgenommen haben
schäftigen. Alle Betriebsratsmitglieder, ob                                                    anzugehen?
gewerkschaftlich organisiert oder nicht,       Rousseau: Nein. Das Interesse und das
verpflichten sich mit ihrer Wahl daran mit-    Wissen darüber, welche Pf lichten und           Rousseau: Neben dem Gehalts- und Zeit-
zuwirken, zielführende Verhandlungen zu        Rechte der Betriebsrat hat, ist bei vielen      management im AT-Bereich, bei dem wir in
führen und positive Ergebnisse für die Kol-    Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht         den letzten Jahren schon gewisse Erfolge
leginnen und Kollegen zu erzielen. Recht-      sehr hoch. Viele AT-Mitarbeiter wissen gar      erzielen konnten, wird sich bei uns in der
haberei, Rechtstreitigkeiten oder Eigenin-     nicht, dass der Betriebsrat auch für sie zu-    nächsten Legislaturperiode viel um den de-
teressen in den Vordergrund zu stellen, wie    ständig ist. Das wirkt sich negativ auf die     mografischen Wandel – und damit verbun-
es im derzeitigen Beiersdorf-Betriebsrat       Wahlbeteiligung aus und auch darauf, wer        den das lebensphasengerechte Arbeiten –
leider üblich ist, verhindert eine konstruk-   sich für eine Kandidatur aufstellen lässt.      sowie das Performance Management und
tive Zusammenarbeit im Gremium und zer-        Transparenz zu schaffen ist eine Vorausset-     unseren Neubau in Hamburg, das „New
stört Vertrauen bei Mitarbeitern und Ge-       zung, um die stagnierende Situation und         Beiersdorf Campus“-Projekt drehen.
schäftsführung. Der Arbeitgeber hat ein ho-    das Desinteresse zu ändern.
hes Eigeninteresse, dass die Gremien die                                                       VAA Magazin: Wie ist das allgemeine Stan-
Zukunft des Unternehmens konstruktiv           VAA Magazin: Wie gestaltet sich die Zusam-      ding der VAA-Community bei den betrieb-
mitgestalten.                                  menarbeit zwischen Betriebsrat und Spre-        lichen Sozialpartnern? Hat sich daran im
                                               cherausschuss auf der einen und Unterneh-       Laufe der Jahre etwas verändert?
VAA Magazin: Werden Kandidaturen zu Be-        mensleitung auf der anderen Seite, insbe-
triebsrats- oder Sprecherausschusswahlen       sondere aus Sicht des VAA?                      Rousseau: Bei Beiersdorf arbeiten VAA
ermuntert oder sogar aktiv gefördert?                                                          und IG BCE themenbezogen zusammen.
                                               Rousseau: Die Zusammenarbeit zwischen           Das Verhältnis ist freundlich, aber durchaus
Rousseau: Die Geschäftsführung fordert         Betriebsrat und Sprecherausschuss findet        ausbaufähig. In meiner Eigenschaft als
bei Mitarbeiterversammlungen aktiv dazu        verstärkt bei themenbezogenen aktuellen         VAA-Werksgruppenvorsitzende suche ich
auf, sich für eine Kandidatur zur Verfü-       Schnittstellen statt. Die Atmosphäre zeich-     den Dialog mit den IG BCE-Kollegen.
gung zu stellen. Vorgesetzte werden gebe-      net sich durch Offenheit und Vertrauen aus.
ten, interessierte Mitarbeiter bei Interesse   Die Unternehmensleitung sieht die VAA-          VAA Magazin: Sie wirken als Aufsichtsrats-
an einer Kandidatur zu unterstützen.           Aktiven als kritische, kompetente und ver-      mitglied bei Beiersdorf auch aktiv an der
                                               lässliche Partner, die die Zukunft aller Ar-    Unternehmensmitbestimmung mit. Wie
VAA Magazin: Für die Wählermobilisierung       beitnehmer gestalten.                           schätzen Sie die Zusammenarbeit mit den
scheint das Unternehmen richtig Geld in die                                                    Sozialpartnern in diesem Gremium ein?
Hand genommen zu haben. Welche Maß-            VAA Magazin: Wie ist eigentlich das Ver-
nahmen zur Steigerung der Wahlbeteili-         hältnis zwischen leitenden und außertarif-      Rousseau: Das Verhältnis ist kooperativ,
gung wurden konkret ergriffen?                 lichen Angestellten in Ihrem Unternehmen?       vertrauensvoll, fair und transparent. ¢

                                                                                                      VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018           15
VAA

Foto: Monkey Business – Images shutterstock

VAA-STUDIE ZUR ZUFRIEDENHEIT AM BÜROARBEITSPLATZ

Gutes Raumklima –
gutes Arbeitsklima
In den letzten Jahren ist die Ausgestaltung des physischen Arbeitsplatzes – vor allem in angelsächsischen Studien –
zu einem bedeutenden Einflussfaktor für die Mitarbeiterzufriedenheit avanciert. Eine Studie beleuchtet diesen in
Deutschland noch wenig erforschten Bereich mit Unterstützung des VAA im Rahmen einer Mitgliederbefragung
zum Büroarbeitsplatz. Die Ergebnisse zeigen, dass der Wettbewerb um die Gewinnung erstklassiger Arbeitskräfte
in Zukunft zunehmend durch attraktive physische Arbeitsbedingungen geprägt sein wird und sich auch im
Zukunftskonzept „Arbeiten 4.0“ widerspiegelt.

Von Dr. Claudia Nadler und Melanie Franke

Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz wird       Büroformen und Ausgestaltungskriterien           Bezüglich der Büroform besteht eine deut-
immer stärker auch durch Zufriedenheit am     des Arbeitsplatzes (dargestellt in Abbildung     liche Präferenz für das Einzelbüro. So ga-
physischen Arbeitsplatz bestimmt. Durch       1) zu evaluieren. Grundlage der Studie ist       ben insgesamt 78 Prozent der Befragten an,
ein gutes Raumklima, eine ansprechende        eine Online-Umfrage im Juli 2017, an der         dass sie bei einer freien Wahl der Büroform
Raumgestaltung, ergonomische Sitzmöbel        sich insgesamt 1.806 VAA-Mitglieder aus          das Einzelbüro wählen würden. Ähnlich be-
und Erholungsräume steigen Mitarbeiterzu-     19 Unternehmen beteiligten.Sowohl der mit        liebt bei den Nutzern sind die modernen Bü-
friedenheit, Gesundheit und Produktivität     81 Prozent hohe Anteil männlicher Teilneh-       rokonzepte wie das Flexible Office, das ne-
im Unternehmen – drei gewichtige Gründe,      mer als auch das relativ hohe Durchschnitts-     ben einer Raum- und Ortsflexibilität – zum
auch die physischen Arbeitsplatzgegeben-      alter von 51 Jahren lassen sich auf die Struk-   Beispiel keine festen Arbeitsplätze – auch
heiten detailliert zu untersuchen.            tur der chemischen Industrie zurückführen.       eine organisatorische Flexibilität – bezüg-
                                                                                               lich Arbeitszeiten und Teamprozessen – bie-
Im Fokus der vorliegenden Studie steht da-    Generell liegt der Studie zufolge eine hohe      tet. Diese Konzepte sind in den Unterneh-
her die Wahrnehmung des Büroarbeitsplat-      Jobzufriedenheit vor, sodass gut drei Viertel    men der Befragten bisher jedoch nur relativ
zes aus Mitarbeitersicht, um verschiedene     der Befragten gerne zur Arbeit gehen.            selten zu finden. Vergleichsweise schlecht

16   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
VAA

5,5
                                                                                                  0,2
                                                                                                                         0,4
5
                                                         0,3

4,5
                                          0,3                                                                                         0,5           0,5
          0,2                                                                                                                                                                 0,2
                        0,3                                         0,1           0,3                          0,5                                               0,0
4
                                                                                                                                                                                               0,5
3,5

3

2,5

       Raumklima     Thermik          Luftqualität   Beleuchtung   Akustik     Einfluss-        Zugang zu    Ausblick   Ergonomie   Raum-        Privatsphäre   Reinigung   IT-Service       Erholungs-
                                                                               möglichkeiten   Tageslicht                          gestaltung                  /Wartung                     möglichkeiten

       Bewertung der 25-45 jährigen
    Bewertung       der 25-bis 45-Jährigen
      Differenz zur Bewertung der >46 jährigen
    Differenzen zur Bewertung der über 46-Jährigen

schnitt hingegen vor allem das Großraum-                                  Aus den Ergebnissen ergeben sich die fol-
büro ab. Hier bemängeln die Mitarbeiter zu-                               genden Implikationen für die chemische In-
dem am häufigsten Konzentrationsschwie-                                   dustrie:
rigkeiten.Die Zufriedenheit mit der Ar-
beitsumgebung wurde im Detail anhand der                                  1. Kurzfristig lassen sich aus der Befra-                         Dr. Claudia Nadler
Bewertung von 14 repräsentativen Kriterien                                gung bereits unmittelbar operative Maßnah-                        RWTH Aachen University
analysiert. Neben den das Raumklima be-                                   men ableiten, die mit geringen Investitionen
stimmenden harten Faktoren wie thermi-                                    die Raumqualität und nachfolgend die Zu-                          ist Habilitandin und Leiterin des For-
sche Behaglichkeit, Luftqualität, Beleuch-                                friedenheit der Mitarbeiter in bestehenden                        schungs- und Lehrgebietes „Immo-
tung und Akustik wurden ergänzende wei-                                   Bürokonzepten nachhaltig verbessern kön-                          bilienökonomie“ am Lehrstuhl für
che Indikatoren herangezogen, welche den                                  nen.                                                              Betriebliche Finanzwirtschaft an der
Büroarbeitsplatz prägen.                                                                                                                    RWTH Aachen (University).
                                                                          2. Mittelfristig können regelmäßig durch-
Insgesamt wurden vergleichsweise schlech-                                 geführte Befragungen in den Unternehmen
te Bewertungen (Mittelwert < 4,0 in der Ab-                               dazu dienen, neuartige Bürokonzepte ein-
bildung) für die thermische Behaglichkeit,                                zuführen und weiterzuentwickeln. Eine op-
die Akustik, die vorhandenen Einflussmög-                                 timale Ausgestaltung beim Kauf oder der
lichkeiten auf die Raumkonditionierung so-                                Anmietung neuer Büroimmobilien gewähr-                                                                        Foto: privat
wie die Erholungsmöglichkeiten vergeben.                                  leistet, dass Unternehmen zeitnah auf Ver-
Mit Mittelwerten über 4,5 schnitten der Zu-                               änderungen in der Wahrnehmung des Ar-
gang zu Tageslicht, die Beleuchtung und die                               beitsplatzes reagieren können. Der Wandel
Ergonomie hingegen vergleichsweise gut                                    der Anforderungen an den Arbeitsplatz ins-
ab.                                                                       besondere aus der Sicht jüngerer Arbeitneh-
                                                                          mer muss weitergehend untersucht werden,
Interessante Unterschiede in der Wahrneh-                                 damit deutsche Unternehmen auch in Zu-                            Melanie Franke, M. Sc.
mung zeigen sich bei der Gegenüberstellung                                kunft als attraktive Arbeitgeber wahrge-                          RWTH Aachen University
von Männern und Frauen sowie von jünge-                                   nommen werden.
ren und älteren Mitarbeitern. Beispielswei-
se wird insbesondere die Privatsphäre am                                  3. Langfristig gelingt damit eine Integra-                        ist Doktorandin am Lehrstuhl für
Arbeitsplatz von Mitarbeiterinnen schlech-                                tion der Arbeitsplatzzufriedenheit in das                         Betriebswirtschaftslehre, insbe-
ter beurteilt als von Mitarbeitern. Darüber                               Zukunftskonzept „Arbeiten 4.0“, das sich                          sondere Betriebliche Finanzwirt-
hinaus verdeutlicht die Abbildung, dass jün-                              mit dem Leitbild „Guter Arbeit“ parallel zur                      schaft an der RWTH Aachen (Uni-
gere Arbeitnehmer alle Kriterien durchweg                                 Entwicklung von Industrie 4.0 beschäftigt.                        versity).
schlechter bewerten als ältere. Vor allem mit                             Die Tendenz zur Zeit- und Ortsflexibilität
dem Aspekt der Erholungsmöglichkeiten                                     im Zuge der Entwicklung hin zum „Arbei-
sind jüngere Arbeitnehmer deutlich unzu-                                  ten 4.0“ muss letztendlich stärker in den Ar-
friedener. Auffällig ist, dass sich die größten                           beitsalltag integriert werden. Hierzu können
Abweichungen im Bereich der ergänzenden                                   neuartige Bürokonzepte in Kombination mit                                                                     Foto: privat
Faktoren wie Ergonomie der Sitzmöbel,                                     flexiblen Arbeitsmodellen wie Home-Of-
Raumgestaltung und Privatsphäre abzeich-                                  fice und Job Sharing einen wertvollen Bei-
nen.                                                                      trag leisten. ¢

                                                                                                                                                  VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018                             17
VAA

JURISTISCHER SERVICE

Alles, was recht ist.
Laut Bundesrechtsanwaltskammer praktizieren in Deutschland fast 155.000 Rechtsanwälte – rund 10.000 davon sind
Fachanwälte für Arbeitsrecht. Insgesamt zehn Arbeitsrechtler kümmern sich beim VAA um die Belange der Mitglieder.
Häufig geht es dabei um Kündigungen, nicht zufriedenstellende Arbeitszeugnisse oder um Fragen der betrieblichen
Altersversorgung. Nicht verwunderlich, dass auch im vergangenen Jahr viele VAA-Mitglieder von der kostenlosen
Rechtsberatung Gebrauch gemacht haben.

Seit jeher zählt der Juristische Service zu   des VAA und wird mit einer Durch-             Auch 2017 lag der Fokus nicht auf den Ver-
den Kerndienstleistungen des Verbandes,       schnittsnote von 1,7 sehr gut bewertet. Die   handlungen vor Gericht, sondern auf den
weil er weit mehr bietet als eine normale     Zahl der Rechtsberatungen ist erneut ge-      kleinen, regelmäßig unterschätzten ar-
Rechtsschutzversicherung. Denn die            stiegen: „Jedes Jahr steigt unser Bera-       beits- und sozialrechtlichen Auseinander-
VAA-Juristen prüfen Verträge, verhandeln      tungsvolumen. Dabei geht es oft um Ab-        setzungen.
mit Arbeitgebern, greifen frühzeitig ein,     findungen, die entgegen der landläufigen
bevor ein Streit eskaliert. Von den VAA-      Meinung nicht gesetzlich vorgeschrieben       Die auf die besonderen Belange von au-
Mitgliedern wird die effiziente und kos-      sind. Hier und in vielen anderen Fragen ist   ßertariflichen und leitenden Angestellten
tenfreie Beratung der VAA-Juristen hoch       guter arbeitsrechtlicher Rat durch einen      spezialisierten Rechtsanwälte im VAA
geschätzt und rege genutzt. Dies hat auch     VAA-Juristen erforderlich“, erklärt Haupt-    kennen die Besonderheiten der Branche
die letztjährige Umfrage zur Mitglieder-      geschäftsführer Gerhard Kronisch, der         genau. Deswegen können in vielen Fällen
zufriedenheit ergeben. Danach ist der         auch den Juristischen Service des Verban-     schon im Vorfeld erfolgreiche Resultate
Rechtschutz die wichtigste Dienstleistung     des verantwortet.                             erzielt und Prozesse vermieden werden.

18   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
VAA

Im vergangenen Jahr haben die Verbandsjuristen 275      Rechtsschutzfälle erledigt durch:
Beistandsfälle bearbeitet und 140 davon erledigt. Da-
mit sind die außergerichtlichen Vertretungen gemeint,   Obsiegen                                                 14
zum Beispiel in bilateralen Verhandlungen mit dem
Arbeitgeber. „Mitunter wird auch dort mit harten        Vergleich                                               59
Bandagen gerungen, aber am Ende stimmt das Resul-       Klageabweisung                                           8
tat für unsere Mitglieder“, hebt Kronisch hervor. Die
Zahl der Rechtsschutzfälle – also der Vertretungen      Klagerücknahme                                           8
vor Gericht – belief sich 2017 auf insgesamt 223. Da-
                                                        Anderweitige Erledigung                                  1
von wurden 90 Fälle erledigt. Zeitlich waren es aber
auch 2017 vor allem die vielen persönlichen und tele-
fonischen Beratungen, die den Arbeitsalltag der VAA-
Juristen bestimmt haben.Zusätzlich zur individuellen    Verfahren anhängig beim:
Beratung haben die Rechtsexperten des Verbandes die
VAA-Mitglieder auf zahlreichen Veranstaltungen          Arbeitsgericht                                          60
über verschiedene arbeitsrechtliche Fragestellungen
informiert. Betriebsräte und Sprecherausschüsse wur-    Landesarbeitsgericht                                     9
den über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt.          Sozialgericht                                           52

Wie in den letzten Jahren nahmen auch 2017 viele Ab-    Landessozialgericht                                      10
solventen und Berufsanfänger die Expertise der VAA-
Juristen in Anspruch. An erster Stelle stand hierbei
die Beurteilung von Erstanstellungsverträgen. Dazu
VAA-Jurist Stephan Gilow: „Gerade beim ersten Ar-
beitsvertrag kann man von keinem Berufsanfänger
erwarten, alle Stolperfallen zu kennen. Wir kennen
sie.“ ¢

                                                                         Foto: Maria Schulz – VAA, Simone Leuschner – VAA

                                                                                      VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018        19
VAA

MITGLIEDERENTWICKLUNG

Jung, weiblich. VAA.
Viele Gewerkschaften in Deutschland verlieren Mitglieder. Nicht einmal jeder fünfte Arbeitnehmer ist gewerkschaftlich
organisiert. Die Zahl der Mitglieder unter dem Dach des Deutschen Gewerkschaftsbundes sank zwischen 2006 und 2017 um
600.000 auf sechs Millionen. Auch beim VAA war die Zahl der Mitglieder im vergangenen Jahr leicht rückläufig. Die Zahl
der weiblichen VAA-Mitglieder sowie der jungen Mitglieder unter 30 Jahren steigt jedoch stetig. Beides lässt auf die immer
größer werdende Attraktivität des VAA bei diesen wichtigen Zielgruppen schließen.

Foto: nd3000 – Fotolia

Den größten Zuwachs unter den verschie-      Der Frauenanteil im VAA steigt ebenfalls    429 Austritte kleiner geworden. Insge-
denen Mitgliedergruppen verzeichnet der      stetig: Im Jahr 2017 wuchs er von 20 Pro-   samt liegt der Anteil der Pensionäre beim
Verband mit 736 (2016: 670) Zugängen bei     zent auf 20,6 Prozent. Bei den unter        VAA bei knapp 20 Prozent, während die-
den unter 30-jährigen Mitgliedern. Zudem     40-Jährigen beträgt der Anteil rund 37      ser Prozentsatz bei anderen Gewerkschaf-
sind rund 342 junge Akademiker von der       Prozent. Insgesamt zählt der Verband nun    ten zwischen 30 (IG Metall) und 40 (IG
studentischen in die ordentliche Mitglied-   5.880 (2016: 5.740) weibliche Mitglieder.   BCE) Prozent liegt.
schaft übergegangen. Somit beläuft sich
die Zahl der studentischen Mitglieder auf    Der Anteil der im Berufsleben stehenden     Das Durchschnittsalter der VAA-Mitglie-
3.451. Dabei profitieren 3.128 (2016:        VAA-Mitglieder ist um einen Prozent-        der liegt nach wie vor bei knapp 51 Jah-
3.009) Studenten von der kostenfreien zu-    punkt von 66 Prozent auf 67 Prozent ge-     ren, der Anteil der in Werksgruppen or-
sätzlichen Mitgliedschaft in der Gesell-     stiegen. Gleichzeitig ist die Gruppe der    ganisierten Mitglieder liegt bei 68 Pro-
schaft Deutscher Chemiker (GDCh).            Mitglieder ab 68 Jahren durch insgesamt     zent. ¢

20   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
VAA

     WER HILFT MIR
BEI FRAGEN ZUM
 ARBEITS RECHT ?
 DIE EXPERTEN DES VAA!

 www.vaa.de/rechtsberatung
VAA

                                   SEXUELLE IDENTITÄT UND GESCHLECHTS-
                                   IDENTITÄT AM ARBEITSPLATZ

                                  Out im Office?!
                            Eine aktuelle Studie zeigt: Lesbische und schwule Beschäftigte gehen
                            heute offener mit ihrer sexuellen Identität um als vor zehn Jahren. Fast
                            unverändert geblieben ist im gleichen Zeitraum hingegen der Anteil
                            derjenigen, die wegen ihrer sexuellen Identität oder ihrer
                            Geschlechtsidentität Diskriminierungen am Arbeitsplatz erlebt haben.
                            Der VAA nimmt die Ergebnisse der jüngst veröffentlichten Studie zum
                            Anlass, zu diesem Thema eine Netzwerkplattform anzubieten.

 Foto: shutterstock – 292291481

22   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
VAA

                                                                                                                                     48 %
    35 %                         40 %                                                  40 %
                                                    30 %
                                                                                                        23 %      16 %
              16 %                                              15 %     15 %                                              12 %
                       10 %

           Keine Führungskraft                               Führungskraft ohne                                Führungskraft mit
                                                             Personalverantwortung                             Personalverantwortung

  verschlossen       eher verschlossen         eher offen       offen

Offenheit mit der sexuellen Identität lesbischer, schwuler und bisexueller Beschäftigter nach beruflicher Position. Die prozentualen Angaben
beziehen sich auf die jeweilige Position. Quelle: IDA 2017

Für die durch die Antidiskriminierungsstel-      Beschäftigten kaum verändert: Nach wie             Trans*-Personen im Vergleich zu lesbi-
le des Bundes geförderte Studie „Out im          vor gibt nur rund ein Viertel (26 Prozent)         schen und schwulen Befragten wesentlich
Office?!“ hat das Institut für Diversity- &      an, noch in keiner Form Diskriminierung            verschlossener mit ihrer sexuellen Identi-
Antidiskriminierungsforschung (IDA) ge-          erfahren zu haben (2007: 23 Prozent). Die          tät beziehungsweise Geschlechtsidentität
meinsam mit der Hochschule Fresenius les-        restlichen Befragten haben dagegen Un-             umgehen. Trans*-Personen berichten zu-
bische, schwule, bisexuelle und Trans*-Per-      gleichbehandlungen – zum Beispiel beim             dem zwei- bis dreimal so häufig von Dis-
sonen in Deutschland zu ihrer Arbeitssitu-       Gehalt, beim Urlaub oder bei Beförderun-           kriminierungserfahrungen wie lesbische,
ation befragt. Im Vergleich zur ersten Erhe-     gen – oder direkte arbeitsplatzrelevante           schwule und bisexuelle Personen.
bung aus dem Jahr 2007 ist der Anteil der        Diskriminierungen wie Versetzungen
schwulen und lesbischen Befragten, der mit       oder Kündigungen erlebt.                           „Lesbische und schwule Beschäftigte füh-
allen Kollegen offen über die eigene sexu-                                                          len sich – im Vergleich zu vor zehn Jahren
elle Identität spricht, von unter 13 Prozent     Im Vergleich zur Vorgängerstudie aus               – zwar einerseits dazu eingeladen, offe-
auf 29 Prozent angestiegen. Gleichzeitig         dem Jahr 2007 wurde die Untersuchung               ner mit ihrer sexuellen Identität am Ar-
sank der Anteil derjenigen, die mit keinem       um die Perspektive bisexueller Beschäf-            beitsplatz umzugehen, gleichzeitig hat
oder nur mit wenigen Kollegen darüber            tigter und Trans*-Personen erweitert. Als          sich das Niveau der erlebten Diskrimi-
spricht, von 52 Prozent auf 30 Prozent.          Trans*-Befragte gelten dabei Menschen,             nierung so gut wie nicht verändert“, be-
                                                 deren Geschlechtserleben oder Ge-                  richtet Prof. Dr. Dominic Frohn vom
Dieser Trend spiegelt sich auch bei den          schlechtsausdruck von der Geschlechts-             IDA. Er ist Autor der Studie und erklärt,
Führungskräften wider: Vier von zehn             zuordnung abweicht, die ihnen zu Beginn            wie diese auf den auf den ersten Blick
schwulen und lesbischen Führungskräf-            ihres Lebens aufgrund körperlicher Ge-             widersprüchlichen Entwicklungen zu-
ten kommunizieren inzwischen mit allen           schlechtsmerkmale zugewiesen wurde.                sammenpassen: „Einerseits ermöglichen
Mitarbeitern offen über die eigene sexu-         Die Befragung ergab, dass bisexuelle und           Bildung und Gleichstellungsmaßnahmen
elle Identität. 2007 war es nur jede fünfte                                                         einen offeneren Umgang, durch den wie-
Führungskraft. Entsprechend ist der An-                                                             derum die heterosexuelle Mehrheitsbe-
teil der Führungskräfte, die nur mit we-            Dr. Torsten Glinke                              völkerung häufiger in Kontakt mit lesbi-
                                                    VAA-Jurist und Diversity Manager
nigen oder mit keinem Mitarbeiter darü-                                                             schen und schw ulen Lebensweisen
ber spricht, von der Hälfte auf ein Viertel                                                         kommt und so bestehende Vorurteile ab-
gesunken. Die Studie zeigt zudem, dass                torsten.glinke@vaa.de                         gebaut werden können. Gleichzeitig sind
Führungskräfte mit Personalverantwor-                 +49 221160010                                 lesbische und schwule Personen aufgrund
tung überdurchschnittlich häufig offen                                                              ihrer Sichtbarkeit jedoch auch exponierter,
mit ihrer sexuellen Identität umgehen (48                                                           was wiederum mit einer höheren Wahr-
Prozent).                                                                                           scheinlichkeit von Diskriminierungser-
                                                                                                    fahrungen durch nach wie vor feindlich
Während die Offenheit im Umgang mit                                                                 eingestellte Personen einhergeht.“
der eigenen sexuellen Identität in den ver-
gangenen zehn Jahren also größer gewor-                                                             Diversity-Experte Frohn zieht aus den ins-
den ist, hat sich die Lage bei der Diskri-                                              Foto: VAA   gesamt stagnierenden Diskriminierungs-
minierung von schwulen und lesbischen                                                               zahlen innerhalb der letzten zehn Jahre u

                                                                                                           VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018         23
VAA

ein klares Resümee: „Die Entwicklung hin                   VAA etabliert eigenes Netzwerk                        „Wir ermitteln derzeit, welche Netzwer-
zu einem die Vielfalt akzeptierenden Ar-                                                                         ke es in der chemischen Industrie bereits
beitsplatz kommt trotz all der juristischen                Der VAA nimmt die Studienergebnisse                   gibt. VAA-Mitglieder, die in einem be-
und gesamtgesellschaftlichen Veränderun-                   deshalb zum Anlass, sein Engagement in                stehenden Netzwerk mitarbeiten, ein
gen und dem zunehmenden Einsatz von                        diesem Bereich zu verstärken. „Es ist an              neues Netzwerk in ihrem Unternehmen
Diversity Management in vielen Unter-                      der Zeit, dass wir als Führungskräftever-             ins Leben rufen wollen, oder sich einfach
nehmen stetig, jedoch nur langsam voran                    band bei diesem wichtigen Thema Flagge                an einem Erfahrungsaustausch beteilig-
– kulturelle Veränderungen brauchen Zeit                   zeigen und den Mitgliedern unseres Ver-               ten möchten, können sich jederzeit direkt
und konstante Aufmerksamkeit.“                             bandes eine Netzwerk-Plattform anbie-                 an mich wenden.“ ¢
                                                           ten“, sagt Dr. Daniele Bruns, die als be-
Als eine Maßnahme zur Förderungen die-                     treuendes Vorstandsmitglied der VAA-
ser Entwicklung nennen Frohn und seine                     Kommission Führungsfragen im VAA-
Mitautoren in der Studie die Einrichtung                   Bundesvorstand für das Thema Diversity                           Weitere Infos unter
anerkannter und eingebundener Netzwer-                     Management zuständig ist. VAA-Diver-                             www.vaa.de/LSBT
ke.                                                        sity Manager Dr. Torsten Glinke ergänzt:

  „Dahinter steht ein klarer Business-Case!“
                                                    Der Diversity-Experte           VAA Magazin: Nun sollte ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld ja ohnehin
                                                    Matthias Weber erklärt im       eine Selbstverständlichkeit sein. Gibt es für Arbeitgeber auch wirtschaftliche
                                                    Kurzinterview mit dem           Erwägungen, sich konkret für mehr Offenheit hinsichtlich der sexuellen Iden-
                                                    VAA Magazin, warum sich         tität und der Geschlechteridentität der Mitarbeiter einzusetzen?
                                                    mehr Offenheit und Vielfalt,
                                                    auch hinsichtlich der sexuel-   Weber: Viel weiter als ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld geht die Frage
                                                    len Identität von Mitarbei-     nach echter, spürbarer Akzeptanz. Fühle ich mich respektiert, kann ich offen
                                                    tern, für Unternehmen rech-     mit meinen Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzen umgehen? Das hat
                                                    net.                            natürlich einen hohen Einfluss auf die Identifikation und ist somit auch ein
                                                                                    starker Motivations- und Leistungsfaktor. Und ein wesentlicher Bindungsfak-
                                                    VAA Magazin: Aus der aktu-      tor, denn ich werde eher einen Arbeitgeber verlassen, bei dem ich mich nicht
                                                    ellen Studie „Out im Of-        wohlfühle. In Zeiten ansteigenden Fach- und Führungskräftemangels tut also
                                                    fice?!“ geht hervor, dass nur   jeder Arbeitgeber gut daran, sich damit zu befassen. Zudem bringen vielfältig
                                                    vier von zehn Führungskräf-     gestaltete Teams eine deutliche Erhöhung von Kreativität und Leistungsfähig-
                                                    ten offen mit ihren Mitarbei-   keit. Dahinter steht also ein ganz klarer Business-Case.
                                                    tern über die eigene sexuel-
                                                    le Identität sprechen. Was      VAA Magazin: Was können Unternehmen konkret tun, um eine Kultur zu
  Matthias Weber ist Vorstand des                  bedeutet das für die Men-        schaffen, in der sich Mitarbeiter unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei
  Berufsverbandes Völklinger Kreis und             schen und die Organisatio-       entfalten können?
  beruflich Mitglied der Geschäftsleitung          nen, in denen sie arbeiten?
  NordWest der Deutschen Postbank AG.                                               Weber: Zunächst und vor allem: Es ernst mit der Vielfalt meinen. Das ist eine
  Foto: privat                                     Weber: Die Konsequenzen          Einstellungs- und Kulturfrage. Beschäftigt sich das Top Management eines
                                                   sind gravierend. Zunächst        Unternehmens aus echter Überzeugung damit, um für die Mitarbeiter und die
  einmal ist ein offenes Arbeitsumfeld und wertschätzende Akzeptanz am Ar-          Gesellschaft etwas zu tun? Oder nur, weil es dazu ein Gesetz oder eine öf-
  beitsplatz für den Einzelnen oder die Einzelne sehr wichtig, weil es sehr gro-    fentliche Erwartungshaltung gibt? Und dann: Mit gutem Beispiel vorangehen.
  ßen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Entfaltung der eigenen Fähigkei-        Es zum Führungsthema machen, die eigenen Teams auf der obersten Ebene
  ten hat. Als Berufsverband setzt sich der Völklinger Kreis aber auch deshalb      divers aufstellen. Und das meint nicht nur die Frauenquote. Dazu braucht
  für mehr Offenheit und Vielfalt ein, weil das für die Arbeitgeber ein wichtiges   man je nach Unternehmensgröße unterschiedliche Ansätze des Diversity Ma-
  Thema ist. Wenn man dauernd das Gefühl hat, irgendetwas verstecken zu             nagements, da gibt es eine große Auswahl von guten und etablierten Instru-
  müssen, was einen ausmacht, kostet das Energie. Personen, die meinen, sich        menten. Auch der Völklinger Kreis macht dazu ein Angebot. Mit unserem im
  nicht outen zu können, wenden dauernd eine gewisse Menge Energie aus              März erstmalig stattfindenden Max Spohr-Praxisforum bieten wir den Perso-
  ihren Gesamtressourcen auf, um sich zu kontrollieren und ihre Umgebung zu         nalverantwortlichen beziehungsweise Diversity-Managern von zunächst 15
  beobachten. Sie müssen ständig aufmerksam sein, um sich nicht unbewusst           relevanten Unternehmen einen geschützten Raum, in dem sie sich über Un-
  zu outen. Und diese Energie, die darauf verwendet wird, fehlt letztlich auch      ternehmensgrenzen hinweg austauschen können.
  dem Job und dem Ergebnis, also dem Arbeitgeber.

24   VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018
VAA

SPRECHERAUSSCHUSSWAHLEN

Interessenvertretung
für Leitende
Zeitgleich mit den Betriebsratswahlen werden im ersten Halbjahr 2018 auch die Sprecherausschusswahlen stattfinden. Die
leitenden Angestellten wählen ihr Vertretungsorgan. Christian Lange, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Geschäftsführer
des VAA, erklärt, welche Aufgaben ein Sprecherausschuss hat und warum die Stimmabgabe bei der Wahl wichtig ist.

Immer dann, wenn es um die Interessen der      Anders als der Betriebsrat hat der Sprecher-    über der Unternehmensführung wahrzu-
leitenden Angestellten als Arbeitnehmer        ausschuss keine Mitbestimmungsrechte,           nehmen. Darum gilt bei der Sprecheraus-
geht, ist der Sprecherausschuss zur Stelle.    sondern sogenannte Mitwirkungsrechte.           schusswahl umso mehr, dass jede einzelne
Dabei sind die Aufgaben des Sprecheraus-       Der Gesetzgeber sieht – wie es im Spre-         Stimme wichtig ist und eine hohe Wahlbe-
schusses vielfältig. Einerseits geht es um     cherausschussgesetz heißt – eine vertrau-       teiligung die Interessenvertretung der Lei-
die kollektiven Interessen der Leitenden.      ensvolle Zusammenarbeit zwischen Spre-          tenden stärkt.
Der Sprecherausschuss schafft für ver-         cherausschuss und Arbeitgeber vor. Zu
schiedenste Themen, zum Beispiel Vergü-        Themen wie Gehaltsgestaltung oder Beur-         Briefwahl nutzen
tungsregelungen, Fragen der betrieblichen      teilungsgrundsätzen muss der Arbeitgeber
Altersversorgung oder Aktienprogramme,         den Sprecherausschuss unterrichten und          Da leitende Angestellte vielfach durch
die Rahmenbedingungen. In Form von             mit ihm beraten.                                kurzfristige Termine verhindert sind, sollte
Richtlinien oder Vereinbarungen werden                                                         von der Möglichkeit der schriftlichen
Standards gesetzt, bei denen der Sprecher-     Allerdings ist nach erfolgter Beratung der      Stimmabgabe Gebrauch gemacht werden.
ausschuss die Interessen der leitenden An-     Arbeitgeber in der Umsetzung von Maß-           Sofern der Wahlvorstand die Briefwahlun-
gestellten wahrnimmt. Hierbei kann eine        nahmen frei. Die meisten Unternehmens-          terlagen nicht bereits zugesandt hat, kann
gemeinsame Vertretung der Leitenden            führungen haben zwar erkannt, dass der          man diese – quasi prophylaktisch für den
durch den Sprecherausschuss mehr errei-        Sprecherausschuss konstruktive Lösungen         Fall der Verhinderung – formlos beim
chen als der einzelne leitende Angestellte.    aufzeigen kann. Schließlich kennen die          Wahlvorstand anfordern. Auf diese Weise
                                               Sprecherausschussmitglieder die Struktur        ist sichergestellt, dass man auf jeden Fall an
Genauso wichtig ist die Unterstützung der      und die Abläufe im Unternehmen sehr gut         der Wahl der eigenen Interessenvertretung
leitenden Angestellten bei individuellen In-   und sind durch den Austausch mit anderen        teilnehmen kann. ¢
teressen. Jeder einzelne leitende Angestell-   Führungskräften bestens vernetzt. Den-
te kann auf die Erfahrungen der Sprecher-      noch hinterfragen einige Arbeitgeber kri-
ausschussmitglieder zurückgreifen und          tisch, ob die leitenden Angestellten tatsäch-
sich bei Problemen oder sonstigen indivi-      lich hinter dem Sprecherausschuss stehen.
duellen Angelegenheiten mit dem Arbeit-
geber durch den Sprecherausschuss unter-       Ein wichtiger Indikator ist in diesem Zu-          Christian Lange
stützen lassen. So kann der Sprecheraus-       sammenhang die Wahlbeteiligung. Eine               VAA-Jurist und Ansprechpartner
schuss beispielsweise bei unliebsamen Ver-     hohe Wahlbeteiligung gibt dem Sprecher-            für die Sprecherausschussarbeit
setzungen oder schlechten Performance-         ausschuss den notwendigen Rückenwind
Bewertungen den einzelnen Leitenden un-        und ein überzeugendes Mandat, um die In-               rechtsberatung@vaa.de
terstützen, indem er vermittelnd tätig wird.   teressen der leitenden Angestellten gegen-             +49 221160010

  Broschüre Sprecherausschusswahlen 2018
  Die Broschüre Sprecherausschusswahlen 2018 zeigt auf, welche Bedeutung der
  Sprecherausschuss bei der individuellen Unterstützung von Leitenden und bei der
  Umsetzung kollektiver Regelungen hat. Sie kann im Online-Mitgliederbereich
  MeinVAA unter mein.vaa.de/service/sprecherausschusswahlen heruntergeladen                                                         Foto: VAA
  werden.

                                                                                                      VAA MAGAZIN FEBRUAR 2018                  25
Sie können auch lesen