VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen

Die Seite wird erstellt Mara Fleischmann
 
WEITER LESEN
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
BN INFORMIERT

Tourismus in den bayerischen Alpen
VON DER TRAUMLANDSCHAFT
ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                            BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

    INHALT
                           4 TOURISMUS HEUTE
                           5 VERKEHR
                          20 TAGESTOURISMUS
                          24 Kapazitätssteigerungen
                          25 Seilbahninfrastruktur
                          28 HOTELLERIE UND FERIENWOHNUNGEN
                          30 TECHNISIERUNG
                          31 Wintersport und Schneeerlebnisse
                          32 Sommersport
                          34 E-Mountainbikes
                          36 GROSSVERANSTALTUNGEN
                          37 DIGITALISIERUNG UND NATURNUTZUNG
                          38 FLÄCHENVERBRAUCH IN DEN TALRÄUMEN
                          39 ZWEITWOHNUNGEN UND CHALETDÖRFER
                          41 BERGLANDWIRTSCHAFT UND TOURISMUS
                          43 ERNEUERBARE ENERGIEN UND TOURISMUS
                          44 ANGRIFF AUF DIE NACHT
                          45 TOURISTISCHE ALTERNATIVEN
                          46	DAMIT DIE ALPEN EINE
                              TRAUMLANDSCHAFT BLEIBEN

2                                                                                                      3
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                          BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

                                                   Tourismus in den bayerischen Alpen

                                                      VON DER
                                                  TRAUMLANDSCHAFT
                                                  ZUM ÜBERNUTZTEN
                                                     BERGGEBIET
                                         D
                                                ie Zeiten, in denen die Alpen ein Hort      den, deutlich abnehmen. Krisen wie die Corona-
                                                der Ruhe und intakter Natur waren, sind     Pandemie führen zu erheblich mehr Nahurlaub,
                                                vorbei. Inzwischen wächst der Ansturm auf   mit allen Problemen der Überfüllung des alpinen
                                         die alpinen Räume in einem bisher für unmöglich    Raums. Reiseziele in Europa, Deutschland und
                                         gehaltenen Ausmaß.                                 in den Alpen werden an Attraktivität gewinnen.
                                                                                            Bereits heute kommt ein Großteil der Urlauberin-
                                         Durch die Klimakrise muss der Tourismus global     nen und Urlauber im bayerischen Alpenraum aus
                                         neu gedacht werden. Der internationale Flugver-    Deutschland.
                                         kehr muss, insbesondere aus Klimaschutzgrün-

4                                                                                                                                              5
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                 BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

CORONA                        EIN GANZ BESONDERER, SCHÜTZENSWERTER
Der Ausbruch der Corona-      NATURRAUM: DIE BAYERISCHEN ALPEN                                                                                                                                   Der Weg zur Kappeler

                              I
Pandemie mit dem Lock-                                                                                                                                                                           Alp bei Pfronten
                                n großen Teilen der baye-                   Mensch und Natur setzt sich
down hat zunächst zu
                                rischen Alpen finden sich                   eine Anspruchshaltung durch,
großer Ruhe in den Bergen,
                                noch intakte Naturräume                     die kaum noch Grenzen akzep-
gleichzeitig aber auch zu
                              mit höherer Biodiversität und                 tiert. Das macht den Schutz
Sorgen in den vom Touris-
                              geringerer Nutzungsintensität                 der biologischen Vielfalt und
mus abhängigen Gemein-
                              als in anderen Regionen des                   der alten Kulturlandschaften
den geführt. Es konnte
                              Landes. Diesen Reichtum gilt es               in den Alpen so schwierig. Das
allerdings davon ausge-
                              zu bewahren. Allerdings ist er                Besondere geht verloren, denn
gangen werden, dass bei
                              durch einen immer intensiveren                die Faszination der bayerischen
einer Lockerung der Coro-
                              Tourismus in Gefahr.                          Alpen hat viel mit der geringen
na-Beschränkungen der
                                                                            Erschließungsdichte, mit Wild-
Besucherdruck aufs Gebirge
                              Wie viele Touristinnen und                    nis, mit Unverfügbarkeit zu tun:
wieder steigen würde. Ur-
                              Touristen verträgt die sensib-                Das ist das Geheimnis dieser
laub im Inland ist angesagt
                              le Berglandschaft? Auch das                   faszinierenden, anderen – und
und das Ventil der Fernrei-
                              Verhalten der Gäste ändert                    gefährdeten – Welt.
sen fehlt. Die Situation im
                              sich: Statt Rücksichtnahme auf

                                                                                                                               TOURISMUS HEUTE
Sommer und Herbst 2020
in den Alpen war geprägt
                                        Der berühmte Satz von Hans Magnus Enzensberger
von unglaublichen Men-
                                                wird auch in den Alpen zur Realität
schenmassen, die vorwie-
gend mit dem eigenen Auto                   „Der Tourist zerstört, was er
anreisten. Parkplätze waren
                                            sucht, indem er es findet.”
                                                                                                                                            in den bayerischen Alpen
überfüllt, Wiesen waren zu-
geparkt und Sportlerinnen                                                                                             Im Tourismus macht derzeit das Schlagwort des Overtourism (Übertourismus) die
und Sportler auf (E-)Moun-                                                                                            Runde. Bekannte Tourismusdestinationen leiden massiv unter ständig steigenden
tainbikes fuhren häufig in        Die Klimakrise trifft die alpinen                                                   Besucherzahlen und die früher üblichen Nebensaisonzeiten, in denen nicht viel los
Gruppen auf schmalsten            Gebiete in mehrfacher Hinsicht.                                                      war, gibt es kaum noch. Dieser andauernde Besucherstrom beginnt in manchen
Steigen und verdrängten           Die Durchschnittstemperaturen                                                                   Gebieten die Stimmung gegenüber den Gästen zu trüben.
die Bergwanderinnen und           steigen hier doppelt so schnell
Bergwanderer.                     wie im globalen Durchschnitt.
                                  Ob Vegetationsperiode, Wasser-
Ziel muss es sein, aus den
Corona-Erfahrungen zu
                                  haushalt, Schneegrenze oder
                                  Gletscher: Das ganze System                 In den südlichen Schweizer Alpen
                                                                                                                    MASSENTOURISMUS                OVERTOURISM ODER                OVERCROWDING
lernen und die richtigen          gerät aus dem Takt. Zudem trifft
                                                                          flüchten die Schneehühner bereits in
                                                                           höhere Lagen – so schnell wie kaum
                                                                                                                    Beschreibt eine große Anzahl   ÜBERTOURISMUS                   („ÜBERMENGEN“)
Schlüsse für die Touris-          die Temperaturerhöhung auf           eine andere Tierart. In Bayern ist das auf   von Reisenden an einem         Verstärkung des Massentouris-   Bezeichnet die Überfüllung
musentwicklung zu ziehen:         hoch spezialisierte Ökosysteme,
                                                                          Grund der Höhenlage kaum möglich.         bestimmten Reiseziel.          mus. Hier treten im Tourismus   von stark besuchten
Vor allem der Tagestouris-        die besonders unter der Temperaturerhöhung und der zuneh-                                                        Konflikte zwischen Einheimi-    touristischen Zielen.
mus mit dem Auto muss             menden Konkurrenz der von unten nachdrängenden Aller-                                                            schen und Besucherinnen und
zugunsten eines etwas             weltsarten leiden. Diese hohen Belastungen werden durch                                                          Besuchern offen zutage. Die
ruhigeren und verkehrsär-         überbordende Freizeitaktivitäten und den stark wachsenden                                                        Gäste werden als Störfaktor
meren Übernachtungstou-           Tourismus verstärkt. Im Übrigen ist zu erwarten, dass die                                                        wahrgenommen, der das
rismus begrenzt werden.           Tourismusnachfrage im bayerischen Alpenraum wegen der                                                            tägliche Leben belastet.
                                  Klimakrise noch weiter steigen wird.

6                                                                                                                                                                                                                       7
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                         BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

         Der Tourismus hat die einst armen Gebirgstäler im Alpenraum wohlhabend gemacht.             DER BAYERISCHE ALPENRAUM WIRD
                     Die Tourismusorte stehen heute allerdings vor der Frage:
                                                                                                     IMMER INTENSIVER GENUTZT

                                                                                                     D
                                                                                                           ie bayerischen Alpen waren lange Zeit auf
                                                                                                           Grund der Topographie und des geringen

                               Welchen Tourismus                                                           Erschließungsgrades ein extensiv genutz-
                                                                                                     tes Gebiet, welches der Tourismus ab Mitte des
                                  wollen wir?"                                                       19. Jahrhunderts entdeckte. Nach Beginn des
                                                                                                     20. Jahrhunderts und besonders nach dem Zwei-
                                                                                                     ten Weltkrieg begann der Erschließungsboom.

I
  n manchen Gebieten kippt die Stimmung der       Menschen aus Europa ein begehrtes Reiseziel        1972 trat als wichtigstes Instrument zum Schutz
  Einwohner insbesondere gegenüber den Tages-     wird. Das hängt nicht nur von der schwierigen      der bayerischen Alpen der bayerische Alpenplan
  touristinnen und -touristen. Demonstrationen    Sicherheitssituation in vielen Urlaubsländern      in Kraft. Er regelt, wo und in welchem Maße die
am Walchensee, Verkehrskollaps am Eibsee,         ab. Auch die Folgen des Klimawandels werden        Berge erschlossen werden dürfen und wo nicht.
Drehkreuze an der Partnachklamm, alarmieren-      spürbar. Viele Urlaubsdestinationen werden für     Damit wurden die gröbsten Erschließungen einer     Andrang an der Partnachklamm

de Zunahme der Rettungseinsätze am Berg und       Sommertouristen auf Grund der Hitze unattraktiv.   bisher nicht verfügten Landschaft abgewendet.
Widerstand gegen weitere Erschließungsmaß-        Ziel internationaler Umweltpolitik in Zeiten der   In der Zone C des bayerischen Alpenplans, die
                                                                                                                                                        Event-Kulisse und zur Geschäftsidee. Auch die
nahmen, wie zum Beispiel am Grünten, prägen       Klimakrise muss zudem sein, den touristischen      43 Prozent des bayerischen Alpenraums umfasst,
                                                                                                                                                        "Geheim-Tipp"-Preisgaben von bisher unverfüg-
zunehmend die Diskussionen.                       Flugverkehr zu begrenzen.                          ist der Bau von öffentlichen Straßen und Berg-
                                                                                                                                                        ten Landschaften wie einsame Bergregionen, stil-
Die Frage, wie viele Touristinnen und Touristen                                                      bahnen nicht zulässig (siehe BN Informiert "Der
                                                                                                                                                        le Seen und wilde Wälder durch Journalistinnen
die sensible Berglandschaft verträgt, bewegt                                                         Alpenplan" unter www.bund-naturschutz.de/
                                                                                                                                                        und Journalisten, Bücher, Prospekte, Fernsehbe-
zunehmend mehr Menschen.                                                                             alpen/alpenplan
                                                                                                                                                        richte, Online-Karten – und in guter Absicht sogar
                                                                                                     Doch auch das bewahrt die bayerischen Alpen
                                                                                                                                                        die veröffentlichten Erfahrungen von Naturschüt-
In den vergangenen Jahren haben                                                                      nicht vor anwachsenden Besuchszahlen. Ein
                                                                                                                                                        zern – erschließen deutlich und
auch Menschen aus dem asiatischen                                                                    Grund ist die bessere Erreichbarkeit durch den
                                                                                                                                                        schnell die beschriebenen
Raum, insbesondere aus China, Euro-                                                                  massiven Ausbau von Straßen und des forst- und
                                                                                                                                                        Gebiete.
pa als Urlaubsziel entdeckt. Ob das in                                                               landwirtschaftlichen Wegenetzes in Kombination
                                                                                                                                                        Bei vielen kom-
Zeiten der Klima- und der Corona-Krise                                                               mit neuen Formen der individuellen Mobilität
                                                                                                                                                        merziellen Ange-
so bleiben kann, ist abzuwarten.                                                                     (Mountainbikes, E-Mountainbikes, siehe
                                                                                                                                                        boten wird die
Gleichzeitig ist davon auszugehen,                                                                   www.bund-naturschutz.de/alpen/tourismus
                                                                                                                                                        Natur nur noch
dass der Alpenraum für immer mehr                                                                    Ein weiterer Grund ist der Kapazitätsausbau von
                                                                                                                                                        als Kulisse benutzt.
                                                                                                     Bergbahnen. Diese Infrastrukturen bedienen das
                                                                                                                                                        Im Mittelpunkt stehen
                                                                                                     Bedürfnis nach Erlebnis, nach Freizeit und Aben-
                                                                                                                                                        schnell durchzuführende
                                                                                                     teuer in der Natur, in den Bergen. Darauf gehen
                                                                                                                                                        Events, welche die Kasse bei
                                                                                                     zahllose Freizeitaktivitäten (siehe Grafik) und
                                                                                                                                                        den Betreiberinnen und Betreibern
                                                                                                     kommerzielle Angebote ein – Natur wird hier zur
                                                                                                                                                        klingeln lassen.

8                                                                                                                                                                                                        9
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                       BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

     DIE VIELZAHL DER AKTIVITÄTEN IN DER ALPINEN NATUR IST
     FAST UNÜBERSCHAUBAR UND WÄCHST STÄNDIG
     Bergsteigen und Bergwandern, Skibergsteigen, Biken, E-Biken, Mountainbiken, Rennradfahren,
     Down-Hill-Racing, Canyoning, Surfen, Angeln, Rafting, Wasserskifahren, Kanufahren, Rudern,
     Stand-up-Paddling, Wildwasserfahren, Tauchen, Alpinski, Freeriding, Snowboarden, Rodeln,
     Freeride Snowboarden, Nachttourenskiing, Schneeschuhwandern, Langlaufen, Schlittschuhlau-
     fen, Winterrodeln, Apres Ski, Ziplining (Flying-Fox, Rollglider, etc.), Seilbahnfahren, Ballonfahren,
     Motorfliegen, Segelfliegen, Paragliding, Drachenfliegen, Motorradsport, Autorennen, Reiten, Gol-
     fen, Inlineskaten, Klettern (Sportklettern), Klettersteig gehen, Klettergarten besuchen, Wandern,
     Trailrunning, Nordic Walking, 24-Stunden-Läufe, Marathonlaufen, Jagen, Bogenschießen, Paint-
     ball, Sommerrodeln, Feiern in den Bergen, Fackelwanderungen, Campieren/Biwakieren in der
     Nacht, Sonnenaufgangswandern, Festveranstaltungen auf Berghütten, Junggesellenabschiede,
     Drohnenfliegen, Iglu-Übernachtung, Hüttenübernachtung, Berggottesdienste, nächtliche Öffnung
     der Hütten, Open Air-Konzerte, Sportgroßveranstaltungen, Hängebrücken überqueren, Aussichts-
     plattformen besuchen, Spielplätze besuchen, und vieles mehr.

10                                                                                                                                               11
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                                                                                               BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

STETIGES WACHSTUM BEI DEN TOURISMUSZAHLEN IN DEN VERGANGENEN JAHREN                                                                             ENTWICKLUNG GÄSTEÜBERNACHTUNGEN
                                                                                                                                       ENTWICKLUNG GÄSTEÜBERNACHTUNGEN IN DEN BAYERISCHEN ALPENLANDKREISEN 2000-2019
2019 sind über 7 Millionen Übernachtungsgäste                                 Die Entwicklung lief allerdings äußerst uneinheit-                in8den bayerischen Alpengemeinden der Alpenlandkreise 2000-2019
mit knapp 28 Millionen Übernachtungen in die                                  lich. Viele traditionelle Urlaubsorte in Oberbayern
                                                                                                                                                                       7
etwa 100 bayerischen Alpengemeinden1 gereist                                  hatten gerade Anfang der 2000er Jahre erhebli-
(siehe Abbildung Folgeseite). Dazu kommen                                     che Einbrüche in den Übernachtungszahlen zu

                                                                                                                                    Gästeübernachtungen in Millionen
                                                                                                                                                                       6
rund 90 Millionen Tagesgäste. Beachtenswert ist,                              verzeichnen, während diese im Allgäu in diesem
dass im Oberland südlich von München auf eine                                 Zeitraum relativ stabil geblieben sind. Ab 2010                                          5

Übernachtung im Schnitt 5 Tagesgäste kamen,                                   setzt dann in praktisch allen Landkreisen wieder
                                                                                                                                                                       4
während im Allgäu und dem südostbayerischen                                   ein leichtes bis erhebliches Wachstum ein. Spit-
Alpenland im Durchschnitt 3 Tagesgäste auf eine                               zenreiter sind die Alpengemeinden in den Land-                                           3
Übernachtung kamen.                                                           kreisen Ostallgäu (plus 26 Prozent, 2010-2019),
                                                                                                                                                                       2
Die Gästezahl hat in den bayerischen Alpenge-                                 Rosenheim (plus 19 Prozent, 2010-2019) und
meinden zwischen 2000 (rund 4,5 Millionen)                                    Oberallgäu (plus 18 Prozent, 2010-2019).
                                                                                                                                                                       1
und 2019 (7,2 Millionen) um rund 37 Prozent                                   Gerne wird aber übersehen, dass zur Nutzung
zugenommen. Durch den starken Rückgang der                                    und Übernutzung unserer Landschaft nicht nur                                             0
                                                                                                                                                                                    2000                          2005                          2010                            2015                           2019
Aufenthaltsdauer (Halbierung in den vergange-                                 die Gäste beitragen. Auch die Freizeitansprüche
                                                                                                                                                                                                                                                Jahre
nen 25 Jahren, siehe Abbildung) fällt der Anstieg                             der Einheimischen sind stark gestiegen und                                                         Lkr. Bad Tölz Wolfratshausen       Lkr. Berchtesgadener Land             Lkr. Garmisch-Partenkirchen        Lkr. Lindau (Bodensee)
der Gesamtübernachtungen deutlich geringer                                    tragen zur Gesamtbelastung bei. Viel Freizeit                                                      Lkr. Miesbach                      Lkr. Oberallgäu                       Lkr. Ostallgäu                     Lkr. Rosenheim
                                                                                                                                                                                 Lkr. Traunstein                    Lkr. Weilheim-Schongau
aus. Diese sind zwischen 2000 (26,8 Millionen)                                und Nutzungsdruck auf leichter erreichbare
und 2010 (23,5 Millionen) zunächst noch zurück-                               Naturschönheiten veranlasst zudem ortskundige            Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik

gegangen, um dann wieder bis 2019 (27,6 Millio-                               Einheimische, dem Rummel zu entfliehen und in
nen) deutlich anzuwachsen (siehe Abbildung).                                  bisher ruhige Gebiete vorzudringen.
                                                                                                                                      ENTWICKLUNG DER AUFENTHALTSDAUER
1
    Alpengemeinden nach bayerischem Landesentwicklungsprogramm: Gemeinden des Alpenplans
                                                                                                                                      der Touristen in den bayerischen Alpengemeinden der Alpenlandkreise 2000-2019

VERGLEICH
VERGLEICHGÄSTEÜBERNACHTUNGEN
          GÄSTEÜBERNACHTUNGEN– TAGESREISEN (2013) (2013)
                                  - TAGESREISEN                                                                                                                        10

30                                                                                                                                                                         9

25                                                                                                                                                                         8

20                                                                                                                                                                         7

                                                                                                                                       Aufenthaltsdauer in Tagen
15                                                                                                                                                                         6

10                                                                                                                                                                         5

    5                                                                                                                                                                      4

    0                                                                                                                                                                      3

                          Allgäu                      Zugspitz-Region, Tölzer Land,             Chiemsee-Alpenland,
                                                    Pfaffenwinkel, Starnberger Fünf-           Chiemgau, Alpenregion                                                       2
                                                       Seen-Land, Ammersee-Lech                 Tegernsee Schliersse,
                                                                                                    Inn-Salzach,                                                           1
                                                                                                                                                                                      2000                         2005                           2010                            2015                           2019
                                                                                               Berchtesgadener Land                                                                                                                               Jahre
                                                                                                                                                                               Lkr. Bad Tölz Wolfratshausen   Lkr Berchtesgadener Land   Lkr. Garmisch-Partenkirchen    Lkr. Lindau (Bodensee)     Lkr. Miesbach
                  Gästeübernachtungen in Mio. pro Jahr                       Anzahl der Tagesreisen in Mio. pro Jahr                                                           Lkr. Oberallgäu                Lkr. Ostallgäu             Lkr. Rosenheim                 Lkr. Traunstein            Lkr. Weilheim-Schongau

                                                                                                                                                                Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik
Quelle: dwif 2013: Tagesreisen der Deutschen

12                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      13
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                                                                         BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

WAS MACHT DER TOURISMUS MIT                                                   Der bayerische Alpenraum kann diesen Ansprü-
                                                                              chen noch in weiten Bereichen gerecht werden,
DEM BAYERISCHEN ALPENRAUM?                                                    denn es handelt sich nach wie vor um eine der
Zentrale Beweggründe für eine Reise in die Alpen                              naturnächsten Regionen Bayerns und Deutsch-
sind oft Bilder, die in den Köpfen der Besuche-                               lands. Diesen Schatz gilt es zu bewahren.
rinnen und Besucher verankert sind: Schöne                                    Die Realität weicht an immer mehr Orten des
Landschaft, ländliche Idylle, einsame Gebiete,                                bayerischen Alpenraumes zunehmend von diesen
saubere Luft, Ruhe und Entspannung. Dies zeigen                               Bildern ab und die Probleme durch die intensive
seit Jahren auch die entsprechenden Umfragen                                  Nutzung nehmen zu.
(siehe Grafik).

WICHTIGE ASPEKTE BEI DER AUSWAHL ALS URLAUBSZIEL:
ALLGÄUER   ALPENZIELE
WICHTIGE ASPEKTE BEI DER AUSWAHL ALS URLAUBSZIEL: ALLGÄUER ALPENZIELE (IN %)                                                                                                                                                                                   Überfüllter Parkplatz
in Prozent                                                                                                                                                                                                                                                     am Ende der Mautstra-
                                                                                                                                                                                                                                                               ße zur Scheidwangalpe
                                                        Natur/Landschaft                                                                                   88

                                                                                                                                                                                                      VERKEHR
                                                                                                                                                                                                                                                               (Lkr. Oberallgäu)
                                                       Ruhe und Erholung                                                                              80

                                                Preis-Leistungsverhältnis                                                                        76

                                                              gutes Essen                                                                   71

                                                  komfortable Unterkunft                                                          60

                                                    preiswerte Unterkunft                                                        57                                                     Der motorisierte Individualverkehr ist das Hauptproblem.
                                                                    Wetter                                                  52
                                                                                                                                                                                       Er wird durch wachsenden Tagestourismus und einer immer
                                geringe Verkehrsbelastung am Urlaubsort                                                 50
                                                                                                                                                                                        kürzer werdenden Aufenthaltsdauer der Übernachtungs-
                                                         kurze Anreisezeit                                        43
                                                                                                                                                                                                  touristinnen und -touristen gefördert.
                            Vielfalt des Angebots an Freizeiteinrichtungen                              33

                           Vielfalt des Angebots für sportliche Aktivitäten                            30

                                                                                                                                                                      U
     Angebot an Bademöglichkeiten (Seen, Naturbäder, Frei-/Hallenbäder)                            29                                                                       ngefähr 75 Prozent der Kohlendioxid-           Die übliche Reaktion auf Staus und überfüllte
                                                    regionales Brauchtum                          27                                                                        Emissionen im Alpentourismus kommen            Parkplätze ist meist der Ausbau von Straßen- und
Vielfalt des Angebots an kulturellen Sehenswürdigkeiten (z. B. Museen, …)                         26                                                                        aus dem Verkehrssektor.                        Parkplatzkapazitäten. Außerdem ist zu beobach-
       größere Stadt/Städte als bequem zu erreichendes Tagesausflugziel                      20                                                                                                                            ten, dass viele touristische Infrastruktur-Investi-
                                                 Shopping-Möglichkeiten                13
                                                                                                                                                                      Die Blechlawinen, die sich an Wochenenden und        tionen in die bisher noch unberührteren Hochla-
                                                                              0   10        20    30         40        50        60    70        80        90   100   in den Ferien in die Alpen wälzen, verbreiten        gen, abseits vom Lärm und Gestank der Talräume,
                                                                                                                                                                      Lärm und Luftschadstoffe. In den Tälern sind die     geplant werden.
Quelle: Mittelstandsinstitut der Hochschule Kempten, CenTouris an der Universität Passau und GfK SE im Auftrag der
DB Regio Allgäu-Schwaben (2015): Das Allgäu im alpinen Wettbewerb                                                                                                     negativen Folgen aufgrund der Topographie noch       Eine Vielzahl verkehrswissenschaftlicher Studi-
                                                                                                                                                                      viel gravierender als im Flachland. Ganz beson-      en und Erfahrungen im bayerischen Alpenraum
                                                                                                                                                                      ders störend ist unnötiger Motorradlärm, den         zeigen: „Wer Straßen und Parkplätze sät, wird
                                                                                                                                                                      einige Fahrerinnen und Fahrer als besonderen         Verkehr ernten.“ Die Nachfrage wird durch neue
                                                                                                                                                                      Spaßfaktor mit lautem Röhren zelebrieren. Die        Straßen immer weiter gesteigert (siehe Kasten
                                                                                                                                                                      Aufenthalts- und Lebensqualität für Einwohne-        Erreichbarkeitszunahme), so dass mit Straßen-
                                                                                                                                                                      rinnen und Einwohner sowie Touristinnen und          baumaßnahmen der Stau nur verlagert wird und
                                                                                                                                                                      Touristen im Umfeld von stark befahrenen Stra-       neue Parkplätze nach kürzester Zeit auch wieder
                                                                                                                                                                      ßen ist inzwischen erheblich eingeschränkt. Oft      überquellen. Das alte Problem ist dann auf höhe-
                                                                                                                                                                      sind solche Orte auch kein attraktives Urlaubsziel   rem Level wieder da.
                                                                                                                                                                      für Übernachtungsgäste mehr.
14                                                                                                                                                                                                                                                                              15
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
B23 Nordportal Kramertunnel

           BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                  BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

                                                                                                                              Beispiel
                                                                                                                              PARKSITUATION AM KOCHEL- UND ­WALCHENSEE
                                                                                                                              Insbesondere der Walchensee, das umgeben-        Durchfahrtsverbote an den übrigen Ufer-
                                                                                                                              de Landschaftsschutzgebiet und die umlie-        straßen und parken illegal im Landschafts-
                                                                                                                              genden Dörfer sehen sich an schönen Tagen        schutzgebiet.
                                                                                                                              im Sommer einem regelrechten Massenan-           Zusätzlich verschärft wird die Situation
                                                                                                                              sturm ausgesetzt. An der Süduferstraße, einer    insbesondere für den Ort Walchensee durch
                                                                                                                              Mautstraße im Besitz der Bayerischen Staats-     die Herzogstandbahn, deren Parkplatz regel-
                                                                                                                              forsten, parken teilweise bis zu 1500 Fahrzeu-   mäßig überfüllt ist. Die Gäste weichen dann in
                Beispiel                                                       Beispiel                                       ge. Hierfür wird eine geringe Maut erhoben,      den Ort aus und parken an den innerörtlichen
                                                                                                                              jedoch keine Parkgebühr. Nun will man durch      Straßen, vor Einfahrten oder auf Wiesen.
                B19 KEMPTEN–                                                   B2 ESCHENLOHE–                                 eine Schrankenlösung Parkgebühren erheben        Am Kochelsee werden insbesondere am
                SONTHOFEN                                                      GARMISCH-­PARTENKIRCHEN                        und am Ost- und Westende der Mautstraße          Wochenende viele Straßen in den Ortschaften
                Durch den vierspurigen Ausbau des letzten                      Das Autobahnende bei Eschenlohe erfüllt        zusätzlich jeweils einen Parkplatz für 200       um den See (Kochel und Schlehdorf) zuneh-
                noch zweispurigen Abschnitts der B19 zwi-                      bisher eine Art „Pförtnerfunktion“. Die        Fahrzeuge schaffen, um einen Rückstau auf        mend von parkenden Fahrzeugen nahezu
                schen Kempten und Sonthofen hat sich die                       Verengung der A95 auf eine zweispurige         die Bundesstraße zu vermeiden.                   unpassierbar, ein unhaltbarer Zustand für
                Anzahl der Kraftfahrzeuge zwischen 2005                        Bundesstraße führt heute dazu, dass sich       Aufgrund der räumlich beengten Situation         Einheimische sowie Rettungsdienste.
                (durchschnittlich 18 700 Fahrzeuge) über                       die Blechlawinen hier stauen und nur           rund um den See ignorieren Gäste regelmäßig
                2010 (23 300 Fahrzeuge) im Jahr 2015 auf                       dosiert ins Loisachtal fahren können. Nun
                27 600 Kraftfahrzeuge stark erhöht2.                           wird im Wahlkreis von Ex-Bundesverkehrs-
                Die Folge: Ständige Staus am Ende des                          minister Alexander Dobrindt rund 1 Milli-
                vierspurigen Abschnitts bei Sonthofen und                      arde Euro in neue Straßenbauprojekte im      Ungefähr 75 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen im
                im weiteren Verlauf an den Ampeln der B19                      Loisachtal investiert. Neben dem geplanten   Alpentourismus kommen aus dem Verkehrssektor.
                bis Oberstdorf, sowie heillos überfüllte                       Auerbergtunnel am Autobahnende sind
                Parkplätze in Oberstdorf und dem                               die Tunnelumfahrung von Oberau und der

                                                                                                                                                                                                       75%
                Kleinwalsertal.                                                Kramertunnel in Garmisch bereits im Bau.
                2
                    Zählstelle 83279137 der amtlichen Straßenverkehrszählung
                                                                               Geplant sind zudem ein Wanktunnel um
                                                                               Partenkirchen und ein neuer Anschluss der
                                                                               B23 an die B2 bei Oberau. Die Automassen
                                                                               werden künftig noch schneller als heute an
           Anstatt einer neuen Verkehrspolitik mit einem
                                                                               viele ohnehin schon übernutzte Attraktio-
           konsequenten Ausbaustopp für Straßen und
                                                                               nen gelangen. Neue Parkplätze und weitere
           Parkplätze, um den Verkehr auf öffentliche Ver-
                                                                               Straßenbauten werden die Folge sein. Im
           kehrsmittel zu verlagern, investieren Landkreise,
                                                                               benachbarten Österreich wächst dadurch
           Land und Bund Milliarden in den Neu- und Aus-
                                                                               der Druck, die Fernpassroute mit weiteren
           bau von Straßen in sensibelsten Gebieten. In den
                                                                               Tunneln auszubauen, obwohl die Alpen-
           bayerischen Alpenlandkreisen sind im aktuell
                                                                               konvention den Bau neuer hochrangiger
           gültigen Staatsstraßenausbauplan 83 Neu- und
                                                                               Alpentransitrouten verbietet.
           Ausbauprojekte mit einem Investitionsvolumen
           von über 300 Millionen (Kalkulation von 2011!)
           und im aktuell gültigen Bundesverkehrswegeplan
           52 Projekte mit einem Volumen von 4,1 Milli-
           arden Euro (Stand 2015) enthalten. Aufgrund
           der Baukostensteigerungen ist mit weit höheren
           Kosten zu rechnen.

           16                                                                                                                                                                                                                   17
VON DER TRAUMLANDSCHAFT ZUM ÜBERNUTZTEN BERGGEBIET - Tourismus in den bayerischen Alpen
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

STRASSENBAUPROJEKTE IM
BAYERISCHEN ALPENRAUM
STRASSENKLASSEN
     Staatsstraßen (Aus- und Neubau-Vorhaben lt. Staatsstraßenausbauplan von 2011)
     Autobahnen und Bundesstraßen (lt. Bundesverkehrswegeplan von 2016)

18                                                                                   19
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                                    BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

    UM DIESE VERKEHRSPROBLEME ABZUMILDERN, MUSS, NEBEN EINER MODERNEN
      VERKEHRSPOLITIK, DER STRASSENAUSBAU UND STRASSENNEUBAU IN DEN
              BAYERISCHEN ALPENLANDKREISEN GESTOPPT WERDEN!

                                                                                      €

     INVESTITIONEN                 PARKPLATZBAUTEN                        PARKGEBÜHREN
        VERLAGERN
Es müssen die Investitionen in
einen gut ausgebauten öffent-
  lichen Nahverkehr verlagert
                                        BEENDEN
                                     Es müssen die Parkplatz-
                                      aus- und -neubauten an
                                         touristischen Infra-
                                                                             ERHÖHEN
                                                                          Es muss ein Parkraum-
                                                                          management mit einer
                                                                         deutlichen Erhöhung der
                                                                                                                       TAGESTOURISMUS
 werden, damit Bahn und Bus               strukturen und an                 Parkplatzgebühren          Durch die Straßenneu- und -ausbauten ist es für einen immer größeren Kreis an
  sowohl bei der Anreise also         touristischen Destinatio-             eingeführt werden,       Menschen möglich und attraktiv, an einem Tag in die bayerischen Alpen und zurück zu
 auch bei der Fortbewegung in        nen beendet werden. Sie               um im Regelfall eine           fahren. Das hat zu einer enormen Zunahme des Tagestourismus geführt.
den bayerischen Alpen (West-           kosten wertvolle Natur-           Anreise mit öffentlichen

                                                                                                    E
Ost) eine echte Alternative zum     flächen und ziehen zusätz-           Verkehrsmitteln deutlich        iner Erhebung von 2013 des Deutschen                                      2,4 Millionen Einwohner, Ende 2018 bereits 2,9
    Auto werden. Gerade der               lichen Verkehr an.              günstiger zu gestalten.        Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für                               Millionen, und die Tendenz ist steigend.
      Tagestourismus sollte                                                                              Fremdenverkehr (dwif) zufolge besuchen                                    Beworben wird der Wirtschafts- und Wohnstand-
     dabei im Fokus stehen.                                                                         etwa 90 Millionen Tagesgäste jährlich den bay-                                 ort München mit seinem schönen Umland. Der
                                                                                                    erischen Alpenraum. Ein weiterer Grund ist das                                 gesamte bayerische Alpenraum gehört inzwi-
                                                                                                    Wachstum des Großraums München. Am 31.                                         schen zum Tageseinzugsgebiet von München.
                                                                                                    Dezember 2000 lebten in der Region München3

                                                                                                        Beispiel
                                                                                                        OBERSTDORF – TAGESREISE-EINZUGSGEBIET VERDREIZEHNFACHT!
                           STRASSEN                        MOTORRÄDER                                   Massive Straßenausbauten und das Bevölkerungswachstum in Süddeutschland haben dazu
                                                                                                        geführt, dass sich der Kreis an Personen, die mit dem Auto innerhalb von 2,5 Stunden nach
                            SPERREN                       EINSCHRÄNKEN                                  Oberstdorf fahren können, zwischen 1970 und 2020 in etwa verdreizehnfacht hat. Lebten 1970
                     Es müssen Bergstraßen/            Es müssen Fahrverbote für                        nur rund 660 000 Menschen im deutschen 2,5-Stunden-Umkreis um Oberstdorf, können im Jahr
                    Mautstraßen in abgelegenen        laute Motorräder nach dem                         2020 über 8,5 Millionen Deutsche den Urlaubsort im Allgäu in derselben Zeit erreichen.
                       Alpentälern gesperrt           Vorbild Österreichs und Teil-                     Auch die Anzahl der Deutschen, die in weniger als einer Stunde nach Oberstdorf mit dem Pkw
                          werden, siehe                sperrungen für Motorräder                        kommen können, hat stark zugenommen. Waren es 1970 nur etwa 160 000 Menschen, so kön-
                    www.bund-naturschutz.de/          an bestimmten, besonders                          nen 2020 in etwa 470 000 Menschen in einer Stunde oder weniger nach Oberstdorf gelangen.
                     alpen/siedlung-verkehr-              belasteten Strecken                           Der mit Abstand größte Teil der Zunahme des Einzugsgebietes beruht dabei auf Straßenausbau-
                             energie                       eingeführt werden.                           ten. Das Bevölkerungswachstum spielt nur eine untergeordnete Rolle (Analyse Einzugsgebiet
                                                                                                        Oberstdorf: Eigene Berechnungen des BN).

                                                                                                    3 Die Planungsregion München umfasst neben Stadt und Landkreis München die Landkreise Starnberg,
                                                                                                      Fürstenfeldbruck, Dachau, Erding, Freising, Ebersberg und Landsberg.
20                                                                                                                                                                                                                              21
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                                         BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

                                                                                                                            BEDEUTUNG VON TAGES- UND ÜBERNACHTUNGSGÄSTEN IM ALLGÄU
                                                                                                                            2015 in Prozent
                                                                                                                            BEDEUTUNG    VON TAGES- UND ÜBERNACHTUNGSGÄSTEN IM ALLGÄU 2015 (IN %)
                                                                                                                            Aufenthaltstage: 108,16 Mio. Tage | Umsätze: 5048,1 Mio €

                                                                                                                                                                                                          49,2
                                                                                                                                      Tagesgäste
                                                                                                                                                                                                                              77,7

                                                                                                                                                                                                             50,8
                                                                                                                             Übernachtungsgäste
                                                                                                                                                                             22,3

     UM DIE PROBLEME DES TAGESTOURISMUS EINZUGRENZEN, MÜSSEN
                                                                                                                                                   0         10        20           30       40         50          60   70   80      90
     • i n den Kommunen klare Ziele in Richtung      • w
                                                         enn die Parkplätze voll sind, die Zufahrts-
        Ökologie und Umweltfreundlichkeit definiert     straßen in die Hochtäler für weitere Besu-                                                                                  Umsatz   Aufenthaltstage

        werden,                                         cherinnen und Besucher gesperrt werden.                             Quelle: DWIF 2016
                                                        Diese müssen dann auf den Bus umsteigen.
     • a
        lle touristischen Aktivitäten und Investi-
       tionen auf den Übernachtungstourismus          • w
                                                         enn Parkplätze in Tourismusgebieten
       ausgerichtet und keine zusätzlichen Infra-       voll sind, der Verkehr durch großräumige

                                                                                                                                                                                                               80%
       strukturen geschaffen werden, die weitere        Informationskampagnen über App,
       Tagesgäste anziehen (Sommer-Event-               Verkehrsfunk und Verkehrsleitsysteme
       Infrastrukturen, wie Sommerrodelbahnen;          entflochten werden, damit potenzielle
       Ski-Alpin-Infrastrukturen),                      Besucherinnen und Besucher überlastete                                                                                                                 TAGESGÄSTE
                                                        Bereiche gar nicht mehr anfahren.
     • der ÖPNV im bayerischen Alpenraum
        flächendeckend ausgebaut werden,
                                                        Wenn die Parkplätze überfüllt sind, werden die Straßenränder über
                                                        Kilometer zugeparkt, wie hier in Reichenbach bei Oberstdorf
     • A
        lpenpässe für Motorradfahrerinnen und
       -fahrer gesperrt werden,
     • h
        ohe und flächendeckende Parkplatzgebüh-
       ren an allen Parkmöglichkeiten im bayeri-
       schen Alpengebiet erhoben werden. Außer-
       halb von ausgewiesenen Parkplätzen sind
       Beschränkungen zu erlassen.
     • N
        achtparkverbote – mit Ausnahme von
       Hüttengästen auf Wanderparkplätzen –
                                                                                                                            Eine Studie des Tourismusconsulting-Unternehmens dwif von 2016 ergab, dass fast 80 Prozent der
       nächtliches Campieren verhindern,
                                                                                                                            Aufenthalte im Allgäu Tagesaufenthalte waren. Bei einer Wertschöpfung der Tagesgäste von nur knapp
                                                                                                                            50 Prozent gegenüber den Übernachtungsgästen haben die Tagesgäste aber einen weit überproportio-
                                                                                                                            nalen Anteil zum motorisierten Individualverkehr beigetragen.

22                                                                                                                                                                                                                                   23
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                        BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

                                                                            SEILBAHNINFRASTRUKTUR
                                                                            E
                                                                                s gibt unterschiedliche Gründe, warum Men-                                              dern ohne Infrastruktur. Durch die umfangreichen
                                                                                schen einen Weg von ein oder zwei Stunden                                               Marketingmaßnahmen der Infrastrukturbetreiber
                                                                                und mehr einfache Strecke im Auto auf sich                                              werden Bedürfnisse für Ausflüge in die Alpen
                                                                            nehmen, um in die Alpen zu fahren.                                                          geweckt, die es ansonsten nicht gäbe.
                                                                                                                                                                        Um im Winter Alpinskifahren in Zeiten des Kli-
                                                                            Ein wesentliches Kriterium bei der Wahl des                                                 mawandels in den bayerischen Alpen möglich
                                                                            Urlaubsortes sind „Aufstiegshilfen“. Viele der                                              zu machen, wird der Aufwand insbesondere für
                                                                            Tagesausflüglerinnen und -ausflügler in den                                                 die energieintensive künstliche Beschneiung
                                                                            Alpen nutzen eine Seilbahn. Im Winter zum Alpin-                                            immer größer. Der erhöhte finanzielle Aufwand
                                                                            Skifahren, zum Rodeln oder Winterwandern rund                                               muss durch steigende Nutzungszahlen ausge-
                                                                            um die Gipfelstation, im Sommer einfach, um die                                             glichen werden, sonst rentiert sich das Geschäft
                                                                            Aussicht von der Bergstation zu genießen, eine                                              nicht mehr. Zudem muss auch die klimabedingt
                                                                            Wanderung von der Bergstation aus zu unter-                                                 rückläufige Anzahl der Skitage pro Winter kom-
                                                                            nehmen, eine Fun-/Action-Infrastruktur (wie eine                                            pensiert werden. Deshalb war in den vergange-
                                                                            Sommerrodelbahn) zu benutzen oder um eine                                                   nen Jahren eine Welle von Seilbahnneubauten
                                                                            Veranstaltung im Umfeld der Bergstation zu be-                                              und Lifterneuerungen zu beobachten, die in der
                                                                            suchen. Bergbahnen werben aktiv um Kundinnen                                                Regel mit einer Erhöhung der Transportkapazität
                                                                            und Kunden. Das ist der Unterschied zum Wan-                                                verbunden waren.

                 KAPAZITÄTS-                                                STAATLICHE SEILBAHNFÖRDERUNG VON 2009 BIS 2019
                                                                              STAATLICHE SEILBAHNFÖRDERUNG VON 2009 BIS 2019

                STEIGERUNGEN
                                                                                                                                                                                              Sudelfeld               Hochfelln
                                                                               Ofterschwang-Gunzesried
                                                                                                                                                               Kolben                           4 878 500 €
                                                                                   4 500 000 €                                         Nesselwang                                                                        421 000 €
                                                                                                           Rettenberg                                           500 000 €
                                                                                                                                        1 350 000 €
                                                                                                           6 657 000 €                                                                               Hocheck
                                                                                                                                                                         Kranzberg                                            Jenner
                                                                                     Steibis                                                                                                              248 000 €
                                                                                                               Unterjoch                                                   51 000 €                                               10 416 000 €
                                                                              1 775 000 €
                                                                                                                1 970 500 €
           Der Tourismus in den bayerischen Alpen ist derzeit geprägt von
           hohen Wachstumsraten. Diese verlocken zum Aus- und Neubau
                von Infrastrukturen aller Art, die dann durch intensive
                   Werbemaßnahmen ausgelastet werden sollen.

                                                                                     Hündle                                                                                                        Winklmoosalm/Steinplatte             Götschen
                                                                                2 712 000 €
                                                                                                                                                                        Karwendelbahn
                                                                                                                                                                                                    2 102 000 €                         140 000 €
                                                                                2 362 000 €                  Nebelhorn                                                  78 000 €
                                                                                                           12 266 300 €                 Oberjoch                                            Hochplatte
                                                                                  Balderschwang                                                               Eckbauerbahn
                                                                                                        Söllereck                     7 390 000 €                                          403 500 €                    STAND
                                                                                  2 328 000 €                                                                3 200 000 €                                                   in Prüfung
                                                                                                       14 822 900 €
                                                                                                                                                                                                                           bewilligt
                                                                                  Förderung von Seilbahnen und Beschneiungsanlagen   durch Seilbahnrichtlinie und Bayerisches Regionales Förderprogramm
                                                                                  Quelle: Landtagsanfrage vom 23.10.2019

24                                                                                                                                                                                                                                                  25
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                                                                               BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

U
                                                                                       teilweise sogar ersetzt. Insgesamt steigen damit                                    Die Angaben über Gesamtkapazitäten trügen zum                                 Über 1000 Demonstrierende bilden eine
      m die erhöhten Kapazitäten auch im Som-                                                                                                                                                                                                                rote Linie gegen noch mehr Freizeit-
                                                                                       bei hohen Beförderungskapazitäten die Beförde-                                      Teil, da sie die Gesamtkapazität von einzelnen                                    infrastruktur am Grünten im Allgäu.
      mer besser auszulasten, wurden vielerorts
                                                                                       rungszahlen der Seilbahnen.                                                         Liften mit beinhalten. Die Grundkapazität der gro-
      ergänzende Action- und Fun-Elemente im
                                                                                       Andere, besonders attraktive Seilbahnen, wie die                                    ßen Bahnen, die den Zutritt in die Skigebiete vom
Umfeld der Bergstationen errichtet: Sommerro-
                                                                                       Nebelhornbahn in Oberstdorf oder die Zugspitz-                                      Tal aus ermöglichen, ist deutlich stärker gewach-
delbahnen, Rollglider, Ziplines, Klettergärten,
                                                                                       Seilbahn in Grainau, sind aber jetzt schon ohne                                     sen. Damit werden immer mehr Menschen zu Ta-
Mountainbike-Parks, Großspielplätze oder Aus-
                                                                                       größere Event-Infrastruktur auch im Sommer an                                       gesausflügen in die bayerischen Alpen animiert.
sichtsplattformen unterschiedlichster Art.
                                                                                       ihren Kapazitätsgrenzen angelangt und wurden
                                                                                       oder werden mit erheblichen Kapazitätserweite-
Diese Rummelplätze am Berg werden dann noch
                                                                                       rungen erneuert.
zusätzlich in den voralpinen Agglomerations-                                                                                                                               Der Neubau von Seilbahnen und die damit
                                                                                       Ob der Besucher oder die Besucherin angesichts
räumen beworben und ziehen täglich tausende
                                                                                       des Massenandrangs und völlig überlasteter Zu-                                      verbundenen Kapazitätsausweitungen
Besucherinnen und Besucher an.
Durch den Umbau von Schleppliften in Sessellifte
                                                                                       fahrtswege mit langen Staus die in der Werbung                                      werden inzwischen im Regelfall von der
                                                                                       dargestellten Qualitäten der Bergwelt dann noch                                     bayerischen Staatsregierung mit rund
oder Kabinenbahnen entsteht bei vielen Skige-
                                                                                       erleben kann, ist fraglich.
bietsbetreibern der Wunsch, einen Liftbetrieb                                                                                                                              30 Prozent aus Steuergeldern gefördert.
                                                                                       In den vergangenen Jahren wurden die Seilbahn-
auch im Sommer anzubieten. Die bayerische Seil-
                                                                                       kapazitäten in den großen bayerischen Skigebie-
bahnförderrichtlinie verlangt das auch explizit als

                                                                                                                                                                                                         30%
                                                                                       ten massiv ausgeweitet. Demgegenüber haben ei-
Förderbedingung. Die Sommernutzung ist damit
                                                                                       nige kleinere Skigebiete den Betrieb aufgegeben.
für viele Skigebiete ein wichtiges neues Stand-
                                                                                       Im Saldo sind die Kapazitäten jedoch gestiegen.
bein geworden, welches den Winter ergänzt und                                                                                                                                                             STEUERGELDER

ENTWICHLUNG DER SEILBAHNKAPAZITÄTEN IN GROSSEN BAYERISCHEN
                   SEILBIS
ENTWICKLUNGVONDER2000
SKIGEBIETEN                 NKAPAZITÄTEN IN
                        BAH2020
GROSSEN BAYERISCHEN SKIGBIETEN VON 2000 bis 2020                                                                            *                               Jenner                                                                                                    Ausbau der Jennerbahn im
Kapazitäten in Personen/Stunde                                                                                 Sudelfeld                                                                                                                                                 Berchtesgadener Land
                                                                                    Brauneck                                                         2000: 4 500
                                                                                                                 2000: 21 000
                                 Ofterschwang                                                                    2020: 19 100
                                                                                                                                                     2020: 9 500
                                                                                     2000: 19 200                                                      + 111 %
                                  2000: 6 800            Garmisch Classic            2020: 19 700                –9%
  Balderschwang                   2020: 10 400
                                                          2000: 15 860               +3%
 2000: 7 300                       + 53 %
                                                          2020: 21 100
 2020: 12 200
                                                          + 33 %                                                                                                              Der Tourismus soll der Bevölkerung dienen und nicht Einzelinteressen. Nur angepasste Strukturen
 + 67 %
                                                                                                                                                                              werden auf Dauer auch wirtschaftlich sein.

                                                                                                                                                                              DAHER IST BEI KAPAZITÄTSAUSWEITUNGEN ZU BEACHTEN
                                                                                                                                                                              • V
                                                                                                                                                                                 iele Naturräume werden durch die Kapazitätssteigerungen überlastet. Daher ist der weitere
                                                                                                                                                                                Ausbau von Kapazitäten zu unterlassen.

                                                                                                              Stümpfling/Sutten              Winkelmoos/Steinplatte           • D
                                                                                                                                                                                 ie Seilbahnförderrichtlinien müssen völlig neu ausgerichtet werden. Im Zentrum sollten Ersat-
                                       Oberjoch                                                                                             2000: 23 000                        zinvestitionen von bestehenden Seilbahnen ohne Kapazitätssteigerungen stehen. Im Rahmen
                                                                                                            2000: 10 400                    2020: 32 800
     Fellhorn/Kanzelwand             2000: 5 300                 Zugspitze                                  2020: 12 168
                                     2020: 12 400                                                                                           + 43 %                              eines regionalen seilbahntouristischen Konzeptes muss ein öffentliches Interesse als Grundla-
  2000: 18 200
                                                                2000: 11 500                                 + 17 %
  2020: 22 000
                                      + 134 %                   2020: 13 100                                                                                                    ge für eine Förderung dargestellt werden. Zuschüsse für Wintersportanlagen sind zu streichen.
  + 21 %                                                        + 14 %
                                                                                                                                                                              • E
                                                                                                                                                                                 ine Rückbaupflicht der Anlagen bei neuen Seilbahngenehmigungen, kombiniert mit einer Ver-
                                                                                                                               ltene Skizentrum Grafenherberg-Su delfeld
                                                                    durch die Berechunungsmethode. Einerseis wird das abgespa                                                   pflichtung zur Rücklagenbildung für den Abbau, ist bindend in den Genehmigungsbescheiden
     * Der Rückgang der Kapazitäten ist nur scheinbar und entsteht                   ten früher zusammengezählt wurden, durch einen längeren
                                                                                                                                             Lift ersetzt worden.
                                       ts sind mehrere kürzere Lifte, deren Kapazitä
     nicht mehr mitgerechnet, andersei
                                                                                                                                                                                zu verankern.
     Quelle: ADAC SkiGuide Alpen 2001 und www.skiresort.de

26                                                                                                                                                                                                                                                                                           27
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                  BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

HOTELLERIE UND                                                                                                         Hotel-Neubau der Kette aja. Großhotels
                                                                                                                          von externen Investoren erhöhen die
                                                                                                                                                                       Beispiel
                                                                                                                                                                       RUHPOLDING
FERIENWOHNUNGEN
                                                                                                                            Übernachtungskapazitäten enorm,
                                                                                                                           passen sich oft nicht in das Ortsbild
                                                                                                                        ein und sind eine starke Konkurrenz zu
                                                                                                                             familiengeführten Kleinbetrieben.
                                                                                                                                                                       Im Ort Ruhpolding hat 2019 auf 2,7 Hektar
                                                                                                                                                                       Fläche ein Hotel der aja-Kette eröffnet. Mit

I
  m Gegensatz zu anderen Urlaubsregionen wird                                                                                                                          488 Betten im unteren Preisbereich, mit
  ein Großteil der Übernachtungsbetriebe im                                                                                                                            einem Restaurant, zwei Pools und Spa-
  bayerischen Alpenraum von Familien aus der                                                                                                                           Bereich bedeutet das eine starke Konkur-
Region getragen. Das soll auch weiterhin so blei-                                                                                                                      renz für die lokalen Kleinvermieterinnen
ben. Allerdings wächst der Druck, große Beherber-                                                                                                                      und -vermieter. Schon von 2012 bis 2017
gungsbetriebe in Außenbereichen und in land-                                                                                                                           haben bereits über 20 Prozent der Beher-
schaftlich attraktiven Höhenlagen anzusiedeln.                                                                                                                         bergungsbetriebe aufgegeben, die durch-
Viele Kleinvermieterinnen und -vermieter gaben                                                                                                                         schnittliche Auslastung der angebotenen
in jüngster Zeit ihr Geschäft auf. Neu hinzuge-                                                                                                                        Gästebetten lag 2017, also noch vor der
kommen sind meist Großbetriebe. Viele Gemein-                                                                                                                          Hoteleröffnung, nur bei knapp 40 Prozent.
den buhlen um Großinvestoren und Hotelketten,                                                                                                                          Dieser Trend könnte nun verstärkt werden.
die den Gemeinden dann ihre Vorstellungen von                                                                                                                          Zudem passt der große Hotelkasten nicht
Architektur und Gestaltung aufzwingen und das                                                                                                                          in die dörfliche Baustruktur und der riesige
ursprüngliche Bild der Alpengemeinde zerstören.                                                                                                                        Parkplatz für fast 200 Fahrzeuge verschan-
Großinvestitionen mit Großbauten bringen                                                                                                                               delt den Dorfrand. Mit einem Bürgerbegeh-
zusätzlich noch mehr Menschen, mehr Verkehr                                                                                                                            ren hatten sich auch viele Einwohnerinnen
und weiteren Lärm, und die zugebauten Talräume                                                                                                                         und Einwohner gegen die Planungen aus-
machen die Gegend für Gäste, die länger bleiben                                                                                                                        gesprochen, aber internationale Investoren
wollen, immer unattraktiver. Zusätzlich sanie-                                                                                                                         waren hier stärker.
ren Bestandsbetriebe nicht mehr regelmäßig
und verlieren an Wettbewerbsfähigkeit, das gilt
besonders für Modelle, in denen im Rahmen eines
Hotelbetriebs (zur Querfinanzierung) Ferienwoh-     In weiten Bereichen des Alpenraums ist       DAZU DÜRFEN
nungen oder Zimmer einzeln veräußert wurden.        der Tourismus eine wichtige, manchmal
Die Hotellerie und auch die Umwandlung von                                                       • die Übernachtungszahlen nur noch in Aus-                       • k
                                                                                                                                                                      eine Hotelneubauten mit mehr als 100 Zim-
                                                    bestimmende Existenzgrundlage.
Wohnungen in Ferienwohnungen verschärfen die                                                        nahmefällen gesteigert werden. Stattdessen                       mern errichtet werden, um die Familienhotel-
Problematik bezahlbaren Wohnraums für die ein-                                                      sind Qualitätsverbesserungen der Bestands-                       lerie zu erhalten,
                                                    DESHALB MÜSSEN                                  betriebe erforderlich, um wettbewerbsfähig zu
heimische Bevölkerung und für benötigte Arbeits-                                                                                                                   • i n Gebieten mit angespanntem Wohnungs-
kräfte. Der Tourismus stößt heute bereits auch      • d
                                                       ie Identität der Orte und ihr Reiz für      bleiben, unter anderem mit Hilfe eines staat-
                                                                                                                                                                      markt kein Dauerwohnraum mehr in Ferien-
durch Mangel an Arbeitskräften an seine Grenzen.      die Gäste erhalten werden und                 lichen Förderprogramms von energetischen
                                                                                                                                                                      wohnungen umgewandelt werden und
Natur und Landschaft, die Identität der Alpenge-                                                    Sanierungen von Übernachtungsbetrieben,
                                                    • d
                                                       er Übernachtungstourismus gegen-
                                                                                                                                                                   • k
                                                                                                                                                                      eine Ausnahmen bei Eingriffen oder Ver-
meinden, das zentrale Kapital des Alpentouris-        über dem Tagestourismus gestärkt           • k
                                                                                                    eine Hotels oder andere Übernachtungs-
                                                                                                                                                                     kleinerungen von Schutzgebieten gewährt
mus, ging und geht mit jedem Straßenbauprojekt,       werden.                                      betriebe in sensiblen Außenbereichslagen
                                                                                                                                                                     werden.
mit jedem Bauprojekt und mit jedem Gewerbege-                                                      gestattet werden,
biet ein Stück weit verloren.

28                                                                                                                                                                                                                    29
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                                     BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

                                                                                                       WINTERSPORT UND
                                                                                                      ­S CHNEEERLEBNISSE
                                                                                                      E
                                                                                                           in zentraler Grund für viele Winterreisende,                              „Alpinskifahren“ lösen. Je früher das erfolgt,
                                                                                                           die bayerischen Alpen zu besuchen, ist das                                umso weniger Geld wird falsch investiert und
                                                                                                           Erleben von Schnee, der in Zeiten der Kli-                                umso weniger Naturlandschaft wird verbraucht.
                                                                                                      makrise immer rarer wird. Auch die bayerischen                                 Die heute notwendigen Infrastrukturen für die
                                                                                                      Alpen können diese Schneeerlebnisse vom Tal bis                                Alpinskigebiete beeinträchtigen und zerstören in
                                                                                                      in die mittleren Lagen immer seltener bieten.                                  erheblichem Maße die sensible Alpenlandschaft.
                                                                                                                                                                                     Das geschieht unter anderem bei Pistenplanie-
                                                                                                      Insbesondere der lange Jahre zuverlässige                                      rungen und Pistenpräparierungen, dem Ausbau
                                                                                                      Alpinski-Tourismus ist für die bayerischen Alpen                               von Liftinfrastrukturen, Beschneiungsinfrastruk-
                                                                                                      kein zukunftsfähiger Tourismuszweig mehr. Die                                  turen (Speicherbecken, Leitungsschächte im
                                                                                                      Gesamtzahl der Skifahrerinnen und Skifahrer ist                                gesamten Skigebiet) und Verkehrsinfrastrukturen
                                                                                                      rückläufig. Es herrscht ein heftiger inneralpiner                              (Straßen, Parkplätze) und durch den Betrieb
                                                                                                      Verteilungskampf. Die bayerischen Skigebiete                                   im Skigebiet und darüber hinaus (zum Beispiel
                                                                                                      haben keine Chance, trotz Aufrüstung durch                                     durch Variantenfahrerinnen und -fahrer).
                                                                                                      Beschneiungsanlagen und immer aufwendigere                                     Die Räume, in denen Schneeerlebnisse in den

                 TECHNISIERUNG
                                                                                                      Infrastruktur, der hochgelegenen Konkurrenz in                                 bayerischen Alpen auch in Zukunft noch möglich
                                                                                                      den Nachbarländern Paroli zu bieten. Sie können                                sein werden, schrumpfen immer weiter zusam-
                                                                                                      allenfalls Nischen besetzen. Siehe dazu die BN-                                men. Es sind die Gipfelstationen der Bergbahnen
                                                                                                      Studie „Der gekaufte Winter“ zu finden unter:                                  und die wenigen hochgelegenen Bergtäler der

                                    des Tourismus                                                     www.bund-naturschutz.de/alpen/tourismus
                                                                                                      Daher müssen sich die Tourismusdestinationen
                                                                                                                                                                                     bayerischen Alpen. Hier droht die Übernutzung.

                                                                                                      der bayerischen Alpen vom Winter-Leitprodukt
             Während zu Beginn der touristischen Erschließung die Erholung
              fast ausschließlich aus eigener Kraft erfolgte, hat sich das im
                      Laufe der vergangenen Jahrzehnte geändert.
                 Begonnen hat es mit der Erschließung der Berge durch
                            Seilbahnen und Zahnradbahnen.

Verstärkt hat sich das mit dem Aufschwung des      brachte. Dieser Massentourismus war in der Re-
Wintersports. In den vergangenen Jahren war der    gel – trotz negativer Auswirkungen auf die Natur
Fokus der Naturschutzverbände schwerpunktmä-       – von der Bevölkerung akzeptiert und entsprach
ßig auf den Wintertourismus gerichtet, der einen   nicht dem, was wir heute als Overtourism be-
Massenansturm auf die Skigebiete mit harten,       zeichnen. Der Sommertourismus verlief dagegen
energieaufwendigen Infrastrukturen mit sich        eher sanft und aus eigener Kraft.

                                                                                                      Auch in vielen Skigebieten in niedrigen Lagen, wie hier am Hündle bei Obers-   In den meisten bayerischen Skigebieten ist Schneesicherheit trotz künstlicher
                                                                                                      taufen, versucht man, mit Beschneiungsanlagen und Pistenplanierungen noch      Beschneiung nicht mehr gegeben.
                                                                                                      Wintersport zu ermöglichen.

30                                                                                                                                                                                                                                                             31
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                           BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

SOMMERTOURISMUS
                                                                                                          nen Tagen bis zu 50 Mobilhomes außerhalb der
                                                                                                          Campingplätze gezählt. Bei hoher Naturbelastung       ZUM ERHALT DER ALPINEN NATUR
                                                                                                          ist die Wertschöpfung für die Kommunen gering,        UND LANDSCHAFT, WIE WIR SIE
                                                                                                          der Aufwand für die Beseitigung der Hinterlassen-     KENNEN UND SCHÄTZEN, FORDERT

I
  n den fünf Hauptkategorien Rad-                                                                         schaften hingegen enorm.
  sport, Laufen/Joggen/Wandern,
                                                                                                                                                                DER BUND NATURSCHUTZ
                                                                                                          Der Anstieg der Outdoorsportlerinnen und
  Kanu/Kajak, Klettern/Bouldern                                                                           -sportler führt zur Überlastung der bestehenden       • d
                                                                                                                                                                   ie Ausrichtung der Bergbahnen auf ein
und Bergsteigen finden sich über                                                                          Infrastrukturen. Viele Wandergebiete, Seen oder         sanftes Erholungserlebnis im Umfeld der
die Hälfte der Gesamtbevölkerung                                                                          Radwege platzen aus allen Nähten. Da viele              Bergstationen, mit Winterwanderwegen
in ihrer Freizeit wieder. Dazu ge-                                                                        Menschen in ihrer Freizeit auch allein sein und         und ohne zusätzliche Eventinfrastruktur,
sellen sich in den letzten Jahren                                                                         abschalten möchten, werden immer abgelegene-          • die Beendigung des Förderprogramms
sogenannte Trendsportarten wie                                                                            re Gebiete aufgesucht. Sogenannte Geheimtipps            für kleine und mittlere Skigebiete zu-
Stand-up-Paddling, Outdoor-Fitness,                                                                       werden auf Internet-Plattformen schnell verbreitet       gunsten der Förderung eines naturver-
Slacklining, Trailrunning, Geocaching,                                                                    und touristisch überfallartig erschlossen, ohne          träglichen Strukturwandels im Tourismus
Crossgolfen, Wakeboarding oder                                                                            dass die betreffende Region Strukturen aufbauen          und Streichung aller Steuermittel und
Snowkiting. Sowohl die klassischen                                                                        kann (siehe Kapitel Digitalisierung und Tourismus).      staatlichen Subventionen für künstliche
als auch die neueren Sportarten                                                                                                                                    Beschneiung, Spitzensportstätten und
haben eines gemeinsam – sie finden
draußen und immer öfter auch in
                                                                                                          WIE KANN DIESE ENTWICKLUNG                               Neuerschließungen mit Seilbahnen,

sensiblen Naturbereichen, in vielen                                                                       SINNVOLL GELENKT WERDEN?                              • V
                                                                                                                                                                   erkehrsbeschränkungen für Strecken in
Fällen auch abseits von Wegen oder in                                                                                                                             die Hochtäler. Hohe und flächendecken-
                                                                                                          Die Lösung liegt sicher nicht ausschließlich in der
Gebieten statt, die bislang weitestge-                                                                                                                            de Parkplatzgebühren an allen Parkmög-
                                                                                                          Schaffung von strengeren Gesetzen oder Betre-
hend unberührt waren.                                                                                                                                             lichkeiten im bayerischen Alpengebiet.
                                                                                                          tungsverboten. Es braucht dazu mehr, nämlich
                                                                                                                                                                  Parkverbote außerhalb von ausgewiese-
                                                                                                          die Selbstverantwortung der Konsumentinnen
Ständig neue Formen von Landschaftsmöblie-                                                                                                                        nen Parkplätzen,
                                                                                                          und Konsumenten, der touristischen Anbieterin-
rungen wurden installiert, seien es Themenwe-                                                             nen und Anbieter sowie der Industrie.                 • einen deutlich verbesserten ÖPNV in
ge, Aussichtsplattformen, Sommerrodelbahnen          exorbitant teuren Neufahrzeuge finden zuneh-                                                                 die Hochtäler mit Reduzierung
oder Flying Foxes. Die Erholung in der Natur         mend Interessentinnen und Interessenten. Diese                                                               der Parkplätze,
findet zunehmend mit Sportgeräten statt. In der      Form des Urlaubens und der Freizeitgestaltung
                                                                                                                                                                • die Sperrung, da bei den vorherigen
Luft fliegen Drachen und Gleitschirme, auf den       verspricht die Erfüllung aller Sehnsüchte unserer
                                                                                                                                                                   Aufzählungen auch Artikel der Zufahrts-
Bächen und Flüssen dominieren Kajaks und             modernen Gesellschaft: ungetrübter Naturgenuss       Viele suchen den ungetrübter Naturgenuss fernab
                                                                                                                                                                   straßen für den Individualverkehr, wenn
Schlauchboote. Die Wege und Steige werden zu-        fernab der Zivilisation in Traumlandschaften.        der Zivilisation mit sogenannten Mobilehomes.
                                                                                                                                                                   die Parkplätze voll sind. Weitere Gäste
nehmend von Mountainbikes okkupiert. Outdoor-        Digitale Plattformen wie „park4night“ lotsen die
                                                                                                                                                                   müssen dann auf den Bus umsteigen.
Sportarten erobern (nicht nur) die Alpen.            naturhungrigen Mobilhome-Besitzerinnen und
Seit einigen Jahren etabliert sich Campen im         -Besitzer in die entlegensten und reizvollsten                                                             • e
                                                                                                                                                                   ine allgemeinverständliche Darstellung
Alpenraum zum regelrechten Megatrend. Insbe-         Ecken – oft genau dorthin, wo ihr Aufenthalt der                                                             der Gebote und Verbote in Schutzgebieten.
sondere junge Erwachsene und sportlich Ambiti-       Natur besonderen Schaden zufügt. Zwar ist ein
onierte entdecken gerade diese abenteuerliche        Großteil der Wohnmobile mit allen erdenklichen
Form des Übernachtens inmitten der Natur neu.        Einrichtungen ausgestattet, um einige Tage un-
Störungen werden damit in die Nacht getragen.        abhängig von Entsorgungseinrichtungen zurecht-
                                                     zukommen, doch weisen die entsprechenden
Die steigende Nachfrage nach Wohnmobilen hat         Plätze ohne touristische Infrastrukturen eindeuti-
sich in der Corona-Krise verstärkt, der Gebraucht-   ge Spuren menschlicher Kurzzeitbesiedelung auf.
wagenmarkt ist leergefegt, doch auch die oft         So werden zum Beispiel am Kochelsee an schö-

32                                                                                                                                                                                                            33
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

                                                                                                         REVOLUTION DER                     EROSIONS- UND                        KONFLIKTE MIT
                                                                                                       ERREICHBARKEIT DES                VEGETATIONSSCHÄDEN                      WANDERNDEN
                                                                                                         ALPINEN RAUMS                      Insbesondere das Befahren       Das bayerische Naturschutzge-
                                                                                                      Die besondere Qualität der bay-     von Pfaden mit Rädern führt zu     setz legt zu Recht bei der Nut-
                                                                                                      erischen Alpen für Mensch und       erheblichen Erosionsschäden.     zung von Wegen fest: „Den Fuß-
                                                                                                       Natur hat viel mit der geringen    Zusätzlich sind bei zunehmen-     gängern gebührt der Vorrang“.
                                                                                                       Erschließungsdichte und dem        der Nutzungsintensität Vegeta-      Das Wandern ist die verträg-
                                                                                                      Erhalt von Ruheräumen zu tun.        tionsschäden durch eine Ver-    lichste Form des Naturgenusses
                                                                                                       Das E-MTB stellt eine Erreich-      zweigung der Pfade die Folge.    in den Alpen. Doch mit massiv
                                                                                                       barkeitsrevolution im alpinen     Eine ausführliche Beschreibung      zunehmender Nutzungsinten-

E-MOUNTAINBIKES IM                                                                                    Gelände dar, es ist der flächen-    der Problemlage finden Sie im      sität von Wanderwegen durch
                                                                                                      deckende „Lift unterm Hintern“.          BN-Diskussionspapier           E-Mountainbike-Fahrerinnen
                                                                                                                                         "Das E-Bike in alpinen Räumen"      und -Fahrer wird nicht nur der

ALPINEN GELÄNDE – MEGATREND
                                                                                                      Daraus ergibt sich eine massive
                                                                                                       räumliche, tageszeitliche und      und im BN-Handlungsleitfaden     kontemplative Naturgenuss des
                                                                                                      saisonale Ausweitung des Nut-        "Rechtlicher Hintergrund und    Wanderers stark beeinträchtigt,
                                                                                                      zungsdrucks im alpinen Gelän-          Handlungsmöglichkeiten"        es kommt auch immer häufiger
Elektro-Fahrräder sind ein wichtiges Element zur Umsetzung einer ökologischen Verkehrswende.           de. Bedeutsame ökologische              beides zu finden unter           zu Gefahrensituationen.
Der Verkauf und die Nutzung von E-Mountainbikes (E-MTB) nehmen seit Jahren rasant zu, zudem             Schutzgüter und Ruheräume           www.bund-naturschutz.de/
werden sie immer leistungsfähiger. Das führt, besonders im alpinen Gelände, zu erheblichen               geraten dadurch in Gefahr.              alpen/tourismus
Problemen und Konflikten:

     Um die Alpennatur und das Wandern auf
     Steigen dauerhaft zu erhalten, darf das freie
     Befahrungsrecht im alpinen Gelände nur auf
     geeigneten Wegen und nur „nicht motorisier-
     ten Fahrrädern“ zugestanden werden, so wie
     es auch im bayerischen Naturschutzgesetz
     im Wortlaut verankert ist. Ergänzend dazu
     können im alpinen Gelände Ausnahmen von
     dieser Regelung vorgesehen werden, das
                                                     Alpensalamander kommen bei feuchtem Wetter
     heißt, die Landratsämter können für E-Bikes     gerne auf Wege. Dort werden sie regelmäßig von
     geeignete breite Wege im alpinen Gelände        Radfahrern und Autos überfahren.

     freigeben.

34
BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM                                                                                                                                                                    BN INFORMIERT – TOURISMUS IM ALPENRAUM

GROSSVER ­A NSTALTUNGEN                                                                                                                         DIGITALISIERUNG
W
          intersport-Großveran-
          staltungen werden in
          vielen Regionen der
bayerischen Alpen immer noch
                                             Geld und Verschuldung, son-
                                             dern auch um den Verbrauch
                                             von Natur und Landschaft.
                                             Großveranstaltungen, insbe-
                                                                                                  ZUKUNFTSORIENTIER-
                                                                                                  TES WIRTSCHAFTEN
                                                                                                                                                UND NAT URNUTZUNG
                                                                                                                                                D
                                                                                                  BEDEUTET HIER                                        ie Königsbachwasserfälle im Nationalpark       spielt es bei Instagram-Posts oder Touren-Be-
als wichtiges Element im Desti-              sondere im Wintersport, die
nationsmarketing gesehen.                    einen massiven Ausbau der                            • K
                                                                                                     eine Großsportver-                               Berchtesgaden, der Geroldsee und der           schreibungen für Influencerinnen und Influencer
                                             Infrastruktur zur Bedingung ha-                        anstaltungen, die mit                              Barmsee im Werdenfelser Land oder der          sowie Userinnen und User oft keine Rolle mehr,
Ob sich einmalige Massenver-                 ben, können angesichts der oh-                         einem Ausbau der In-                        Schrecksee im Oberallgäu: Nicht nur diese Natur-      was in Schutzgebieten erlaubt oder verboten ist
anstaltungen wie Weltmeis-                   nehin angespannten Verkehrs-                           frastruktur verbunden                       juwele erlebten in den letzten Jahren einen Hype      bzw. was Schutzgüter zerstören kann. Digitale
terschaften oder Olympische                  bedingungen, bei beginnenden                           sind. Sie bringen der                       in den sozialen Medien und wurden überrannt –         Ranger haben hier die wichtige Aufgabe, auch im
Spiele positiv auf eine nach-                Übertourismuserscheinungen                             ansässigen Bevölke-                         teilweise nur für ein Foto auf Instagram, teilweise   Netz präsent zu sein. Auf der anderen Seite ist es
haltige Tourismusentwicklung                 und vor allem durch den rasant                         rung keine dauerhaften                      aber auch zum Zelten für ein ganzes Wochenende        inzwischen ein zentraler Bestandteil der meisten
auswirken, ist höchst zwei-                  fortschreitenden Klimawandel                           Vorteile und sind zu                        im Naturschutzgebiet.                                 Marketing-Kampagnen, dass Orte, Veranstalter
felhaft. Weltmeisterschaften                 keine Option mehr sein.                                unterlassen,                                                                                      und Infrastruktur-Betreiber für Beiträge in den
führen selbst in Orten, die                  Neben den Wintersport-Groß-                          • k
                                                                                                     eine Förderung von                        Bei den Instagram-Foto-Trips geht es meist nicht      sozialen Medien Influencerinnen und Influencer
jährlich Gastgeber für Weltcup-              veranstaltungen werden auch                            Großsportveranstaltun-                      mehr darum, das Gebiet, in dem man sich befin-        bezahlen. Allerdings gibt es keine eindeutigen
veranstaltungen sind, zu Infra-              immer öfter andere Freizeit-                           gen aus öffentlichen                        det, in seiner Gesamtheit zu erleben, sondern         Vorschriften, wie diese Art von Werbung gekenn-
strukturausbauten erheblichen                Massenveranstaltungen im                               Mitteln und                                 das eine Foto zu machen, um sich damit in den         zeichnet werden muss.
Ausmaßes. Dies zeigen die                    bayerischen Alpenraum orga-                                                                        sozialen Medien darstellen zu können. Studien
                                                                                                     er Verzicht auf laute
                                                                                                  • d                                           gehen inzwischen davon aus, dass die „Insta-
Ski-Alpin-Weltmeisterschaften                nisiert. So fanden in Garmisch-
                                                                                                    Großveranstaltungen                         gram-Bildfähigkeit (instagramability)“ bei unter
2011 in Garmisch-Parten-                     Partenkirchen jährlich die
                                                                                                    (wie Motorradtreffen                        30-Jährigen zu den zentralen Entscheidungskrite-
kirchen oder die nordische                   BMW-Motorrad-Days mit rund
                                                                                                    oder Autorennen).                           rien für die Urlaubsortwahl gehört. Dieser Over-
Ski-Weltmeisterschaft 2021 in                40 000 Teilnehmern statt. Das
Oberstdorf. Die Infrastrukturan-             Jochpass-Memorial in Bad                                                                           tourism-Massenansturm führt an vielen Orten zu
forderungen von olympischen                  Hindelang mit laut röhrenden                                                                       Problemen für Natur und Einheimische. Dabei
Winterspielen übersteigen je-                Oldtimern am Jochpass zieht
doch diese Ansprüche bei Wei-                bis zu 20 000 Zuschauerinnen
tem. Hier geht es nicht nur um               und Zuschauer an.                                                                                     DAMIT DIGITALE AKTIVITÄTEN NICHT ZU EINEM
                                                                                                                                                   ANSTURM AUF NATURRÄUME FÜHREN, SIND
                                                                                                                                                   EINE REIHE VON MASSNAHMEN NOTWENDIG
                                                                                                                                                   • Ausbau der digitalen Ranger,
                                                                                                                                                   • D
                                                                                                                                                      urchsetzungskompetenz der digitalen
                                                                                                                                                     Ranger zur Löschung von verbotenen
                                                                                                                                                                                                      • eine breite Sensibilisierung in den Medien
                                                                                                                                                     Outdoor-Aktivitäten auf digitalen Outdoor-
                                                                                                                                                                                                         und
                                                                                                                                                     Plattformen,
                                                                                                                                                                                                      • die Nutzung von touristischen Apps für Be-
                                                                                                                                                   • d
                                                                                                                                                      ie Bitte, Standorte, an denen Fotos ent-
                                                                                                                                                                                                         sucherinnen-/Besucherlenkung und Natur-
                                                                                                                                                     standen sind, auf Instagram und entspre-
                                                                                                                                                                                                         schutzinformationen.
Baumaßnahmen an der Kandahar-Abfahrt in      Landwirte wehren sich gegen die Olympia-Bewer-   Zu den BMW-Motorrad-Days in Garmisch-Partenkir-        chenden Medien nicht mehr preiszugeben,
Garmisch-Partenkirchen für die Ski-WM 2011   bung in Garmisch-Partenkirchen                   chen kamen bis zu 40.000 Teilnehmer.

36                                                                                                                                                                                                                                                    37
Sie können auch lesen