Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...

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Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...
Heft 4 / 2015 Das Magazin der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung

                                        Vorbeugen
                                        ist besser als
                                        heilen:
                                        Das »Gesetz
                                        zur Stärkung der
                                        Gesundheits-
                                        förderung und der
                                        Prävention«
Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...
ak tuell

      Ja, wo sind sie nur?

Bald werde ich wieder, wie in jedem Jahr, meine      Aktuell
Schneebrille für den Winterurlaub suchen müs-        Die gute Frage Leben ohne Tod 1
                                                     Die politische Kolumne Wenn sich ein Bild ergibt … 32
sen: in der Garage und im Keller, hinten im Wand-
schrank und auf dem Dachboden. Dabei werde ich
auch gleich Ausschau halten nach meinem Impf-        Titelthema
pass. Oder wissen Sie, wo Ihrer liegt? Der könnte    Vorbeugen ist besser als heilen 5
                                                     Krankenkassen erhöhen Ausgaben für
2016 wichtig werden, zum Beispiel, wenn an der       Prävention um zehn Prozent 7
Schule Ihrer Kinder die Masern ausbrechen oder       Interview mit Gernot Kiefer Alle müssen sich
                                                     beteiligen 8
Sie sich bei einer medizinischen Einrichtung be-

                                                                                                              mdk forum Heft 4/2015
                                                     Interview mit Dr. Christina Sellke Begutachtung
werben. Der Impfpass spielt eine wichtige Rolle      von Vorsorgemaßnahmen 9
                                                     Prävention und Gesundheitsförderung
im »Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförde-        bei Arbeitslosen 10
rung und der Prävention«.                            Primärprävention in der Praxis 11
                                                     Patientenschulungen: Geprüft und
   Es waren etliche Anläufe nötig, bis der Bundes-   für gut befunden? 13
tag im Sommer das Präventionsgesetz (PrävG) ver-     Eine Wandtafel mit Gesundheitswirkung 14
                                                     Betriebliches Gesundheitsmanagement in den MDK
abschiedet hat, höchste Zeit angesichts der stei-    Von Augengesundheit bis Fahrtraining 16
genden Zahl chronischer Erkrankungen und einer
immer älter werdenden Gesellschaft. Der Schwer-
punkt des Heftes liegt auf dem neuen Gesetz und
                                                     Wissen & Standpunkte
                                                     Mangelhafte Implantate Tausende geschädigte
dem Präventionsbericht, den Krankenkassen und        Patienten – und was hat sich getan? 17
MDS gemeinsam veröffentlicht haben.                  Altern in Vielfalt Die Pflegepräferenzen der
                                                     Einwanderungsgesellschaft 19
   Die »Gute Frage« beschäftigt sich in diesem
Heft mit der (Un-)Sterblichkeit, im Weitblick geht
es u. a. um ein Modellprojekt zum Einkaufen mit      Gesundheit & Pflege
Demenzpatienten und die Frage, ob wir joggend        Hoffnung vieler gelähmter Menschen
                                                     Ein Roboteranzug mit Zauberkräften? 21
unsere überflüssigen Pfunde wieder loswerden         Einkaufen trotz Alzheimer 23
können – ein bunter Reigen vieler Themen! Ich        Ein historischer Exkurs Die Chiropraktik
                                                     von 1895 bis heute 25
wünsche viel Vergnügen beim Lesen. Jetzt muss
ich aber endlich die Schneebrille finden …
                                                     Weitblick
      Ihr Ulf Sengebusch
                                                     Gesundes Leben Die Seescheide und das Läuferhirn 27
                                                     Psychische Belastungen von Flüchtlingen Auf der Flucht
                                                     leidet auch die Seele 29
                                                     Wichtig ist ein sicherer Ort 30
Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...
die gute frage
mdk forum Heft 4/2015
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                        Er ist leise, zunächst unbemerkt, aber dennoch unaufhaltsam, der Alterungsprozess des mensch­
                        lichen Körpers. Doch welche Prozesse laufen genau im Körper ab? Und sind sie wirklich unauf­
                        haltsam? MDK forum sprach darüber mit Prof. Dr. Björn Schumacher, dem geschäftsführenden
                        Direktor des Exzellenzcluster CECAD Forschungszentrums an der Universität Köln und Präsident
                        der Deutschen Gesellschaft für Alternsforschung.

                           Es ist eine faszinierende Frage, die jeden von uns              genauso viel gegessen, aber man nimmt weniger Kalorien
                           betrifft: Warum altern wir?                                     zu sich und altert langsamer. Das funktioniert bei einfachen
                                                                                           Organismen wie der Bäckerhefe oder dem Fadenwurm, bei
                              Die moderne Altersforschung begann vor zweieinhalb           der Taufliege und auch bei Maus und Ratte. Ob es bei Men-
                        Jahrzehnten mit der Entdeckung von Genen, die das Altern           schen funktioniert, wissen wir noch nicht ganz genau. Das
                        bestimmen, und zwar beim Fadenwurm: Man hat festge-               Problem beim Menschen ist, dass jeder unterschiedlich ist.
                          stellt, dass es Würmer gab, die eine Veränderung in einem        Generell kann man sicherlich sagen: Weniger zu essen ist gut
                          einzigen Gen hatten und dann doppelt so lange lebten wie        für viele Menschen und vor allem für Fettleibige empfehlens-
                          andere Würmer. In genau dem gleichen Gen hat man vor            wert. Allerdings müssen wir dabei ganz genau aufpassen,
                        ­einigen Jahren Veränderung bei besonders alten Menschen,          dass man es nicht übertreibt: Zu wenig Nahrung zu sich
                          den 100-Jährigen, gefunden. Es gibt also Gene, die das Altern    zu nehmen kann zu Mangelernährung führen und das ist
                        beeinflussen, gleichgültig ob beim einfachen Fadenwurm            noch viel gefährlicher. Inzwischen haben wir die Mechanis-
                          oder bei einem hochkomplexen menschlichen Organismus,           men besser verstanden, die zu den positiven Effekten der
                         und das war eine ganz wichtige Erkenntnis.                       ­kalorischen Restriktion führen. Jetzt müssen wir versuchen,
                              Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die sehr schnell     ganz gezielt daran anzusetzen und diese Mechanismen zu
                          altern. Kinder, die an dieser Krankheit namens Progerie lei-     triggern, anstatt das Altern nur über so etwas Komplexes wie
                          den, sehen schon bald aus wie Greise. Diese Patienten haben      die Nahrung steuern zu wollen.
                        Veränderungen in Genen, die für die Reparatur unseres Erb-
                        materials zuständig sind. Jede Zelle unseres Körpers trägt           Nach den Fortschritten der Molekularbiologie
                          die Erbinformation, die ihr sagt, was sie zu tun hat. Dieses       träumen immer mehr Mediziner davon,
                        Erbmaterial, bestehend aus der DNA, wird permanent von               den Alterungsprozess aufzuhalten, damit uns
                        Umweltfaktoren oder Faktoren aus unserem Stoffwechsel                alterstypische Erkrankungen erspart bleiben.
                        beschädigt und muss immer wieder repariert werden. Das               Sind diese Hoffnungen realistisch?
                        funktioniert normalerweise ganz gut, nur bei Progerie-­
                        Patienten nicht. Deswegen häufen sich die Erbgutschäden,              Es ist nicht unvorstellbar, dass es wirklich funktioniert.
                          die sich über unser gesamtes Leben langsam ansammeln,           Wir haben ja heute das Problem, dass das Altern unweiger-
                        bei diesen Menschen schon sehr schnell an.                        lich mit Krankheit verbunden ist: Mit zunehmendem Alter
                              Aufgrund der Erkenntnis, dass es Gene gibt, die das         steigt das Risiko für Herz-Kreislauf- oder chronische Nieren­
                         ­Altern beeinflussen, lassen sich Ziele festmachen, an denen     erkrankungen, Demenz, Alzheimer, Parkinson oder Krebs. Wir
                        wir den Alterungsprozess therapeutisch steuern können.            müssen also an der gemeinsamen Wurzel dieser Krankhei-
                        Erste Beobachtungen hierzu gab es in den 1920er Jahren bei        ten ansetzen, und das ist das Altern selbst. In der Tat gibt
                        Ratten, denen man weniger Kalorien gefüttert hatte. Diese         es schon gute Beispiele dafür, dass man das Risiko alters­
                        Ratten haben daraufhin länger gelebt als andere. Dieses Phä-      bedingter Erkrankungen durch Interventionen massiv ver-
                        nomen nennt man kalorische Restriktion: Es wird im Prinzip        ringern kann. So kann ein gesunder Lebensstil mit regel­
Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...
die gute frage
2
    mäßigem Sport und einer gesunden, ausgewogenen Ernäh-                  Dazu brauchen wir Investitionen in die biologische Alterns-
    rung das Herzinfarktrisiko deutlich verringern. Die positive      forschung. Allerdings steht dem die mangelnde Innovations-
    Nachricht lautet also: Ja, im Prinzip kann es funktionieren,      freude der Pharmaindustrie entgegen – die lieber bereits
    das Risiko altersbedingter Erkrankungen zu reduzieren.            ­vorhandene Wirkstoffe neu verpackt und minimal verbessert,
                                                                       statt ein ganz neues Medikament zu entwickeln, was risiko-
       Geht es dabei denn um eine Verlängerung der                    reich und kostspielig ist. Aber die Medizin der Zukunft kann
       Lebenszeit auf »Biegen und Brechen«?                            es nicht mehr sein, Therapien für eine Krankheit nach der
                                                                       anderen finden. Zwar ist das natürlich bisher Brot und But-
        Es geht sicherlich nicht darum, die gesamte Lebensdauer        ter der Pharmaindustrie. Aber es muss zukünftig präventiv
    immer weiter nach hinten zu schieben. Eine Verlängerung           behandelt werden. Wer das in der Pharmaindustrie am besten
     der Lebenszeit ohne Verlängerung der Gesundheitsspanne            erkennt, der wird dann auch die Nase vorn haben. Es ist ja
    beschwört das Horrorszenario einer morbiden Gesellschaft           durchaus so, dass wir das Altern nicht nur durch den Lebens-
     herauf. Schließlich erkrankt ja trotz unserer hohen Lebens-       stil beeinflussen können, sondern oft auch eine medikamen-
     erwartung jeder zweite über 85-Jährige an einer Demenz.           töse Behandlung nötig ist, wie beispielsweise das Senken von

                                                                                                                                         mdk forum Heft 4/2015
    Wenn man nur Lebensjahre anfügen würde, hätte man ver-             hohem Blutdruck. Bluthochdruck ist ein enormer Risiko­
    mutlich nur die Leidensspanne, die Krankheitsspanne ver-          faktor, nicht nur für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern
     längert. Worum es wirklich geht, ist die Gesundheitsspanne        auch für verschiedene Arten von Demenz. Wer das erkennt
     zu verlängern, also Leben in die Jahre zu bringen und nicht       und wer da präventive Therapien entwickelt, der hat durch-
    nur Jahre an das Leben anzufügen. Wenn es uns gelingt, durch       aus seine Zukunft.
     entsprechende Prävention das Einsetzen altersbedingter
    ­Erkrankungen zu verzögern oder zu verhindern, würde sich            Daran arbeiten Sie im CECAD Exzellenzcluster mit
     ebendiese individuelle Gesundheitsspanne verlängern. Nur            mehr als 400 Wissenschaftlerinnen und
     so können wir verhindern, dass die alternde Gesellschaft            Wissenschaftlern. Was tun Sie dort genau?
     zu einer alterskranken Gesellschaft wird. Das ist das Ziel der
    medizinischen Umsetzung der Altersforschung.                          Wir stehen ganz am Anfang, das Altern zu verstehen. Es
                                                                      ist sehr komplex, weil es eben nicht nur einen Zelltyp, nicht
       Was können wir tun, solange es die ewige Jugend                nur ein Organ oder ein Gewebe betrifft, sondern den gesam-
       noch nicht »auf Rezept« gibt?                                  ten Körper des Menschen. Was wir vor allem brauchen, ist
                                                                      Grundlagenforschung, ein noch viel besseres Verständnis
                                                                      der Mechanismen des Alterns. Die moderne Altersforschung
                                                                      ist erst 25 Jahre alt, also eine noch recht junge Disziplin. Und
                                 Prof. Dr. Björn Schumacher           wir brauchen viel mehr fundamentale Einsichten, bevor wir
                                                                      wirklich zu den notwendigen präventiven Therapien kom-
                                                                      men können.
                                                                          In unserem interdisziplinären Forschungszentrum for-
                                                                      schen Biologen und Mediziner der Kölner Uniklinik deshalb
                                                                      gemeinsam an den verschiedensten Bereichen, die wichtig
                                                                      für das Altern sind. Bei mir steht zum Beispiel die Erkran-
                                                                      kung im Mittelpunkt, die Menschen sehr schnell altern lässt.
                                                                      Da versuchen wir wirklich zu verstehen, wie ein ganzer Kör-
                                                                      per auf solche molekularen Fehlfunktionen in der Reparatur
                                                                      des Erbguts reagiert. Andere Gruppen arbeiten daran, Ent-
                                                                      zündungsreaktionen im Alter zu verstehen oder daran, wie
                                                                      die Kraftwerke der Zellen, die Mitochondrien, auch Schäden
                                                                      produzieren können, die den Alterungsprozess beeinflussen.
                                                                      Das ist eben wichtig in der Altersforschung: Es gibt nicht nur
                                                                      einen Prozess, der entscheidend ist. Sondern wir müssen die
                                                                      gesamte Bandbreite verstehen, müssen verstehen, wie diese
                                                                      verschiedenen Prozesse, die da ablaufen, miteinander ver-
                                                                      bunden sind. Daran arbeiten wir in unserem Forschungs­
                                                                      zentrum.

                                                                         Die Fragen stellte
                                                                         Dr. Martina Koesterke
Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...
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                            Praxisseiten Pflege:                              G-BA schließt Arthroskopie                      Leitlinien für Nierenkrebs und
                            Fachangebot des BMG zur                           des Kniegelenks bei Gonarthrose                 Speiseröhrenkrebs veröffentlicht
                            Pflegereform                                      aus Leistungskatalog aus                    Das Leitlinienprogramm Onkologie hat
                        Das Bundesministerium für Gesundheit              Bestimmte arthroskopische Verfahren zur         im September erstmals S3-Leitlinien zum
                        hat ein neues Fachangebot herausgegeben,          Behandlung einer Arthrose des Kniegelenks       Nierenzellkrebs und Speiseröhrenkrebs
                        mit dem es über die Neuerungen in der             (Gonarthrose) können zukünftig nicht            vorgelegt. Die S3-Leitlinie zur Diagnostik
                        Pflege informiert. Es richtet sich an alle, die   mehr zulasten der gesetzlichen Kranken­         und Therapie des Nierenzellkarzinoms
                        sich vor allem beruflich mit Pflege beschäf­      versicherung erbracht werden. Dies hat der      entstand unter der Federführung der
                        tigen. Neben dem praktischen Sammel­              Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)               Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU)
                        ordner Praxisseiten Pflege wird das Fach­­­­­-    am 27. November einstimmig beschlossen.         und der Deutschen Gesellschaft für
                        angebot online ergänzt.                           Der Ausschluss gilt für die vertragsärztliche   Hämatologie und Medizinische Onkologie
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                        Unter www.praxisseiten-pflege.de stehen           Versorgung und die Krankenhausbehand­           (DGHO); sie soll einheitliche medizinische
                        die Praxisseiten Pflege als PDF-Datei oder als    lung. Zu den vom G-BA geprüften Verfahren       Standards für die Diagnose, Therapie und
                        E-Book für verschiedene Reader bereit. Was        zählen die Gelenkspülung, die Abtragung         Nachsorge des Nierenzellkarzinoms in
                        die Neuerungen durch die Pflege­                  der Gelenkschleimhaut, die Knorpelglättung      Abhängigkeit von Histologie und Tumor­
                        stärkungsgesetze konkret bedeuten, wird in        und die Meniskusentfernung. Die Basis           stadium schaffen. Die S3-Leitlinie zur
                        fünf Videos erklärt. Darüber hinaus bietet        bildete ein Bericht des IQWiG, in dem           Diagnostik und Therapie von Speiseröhren­
                        die Website ein E-Learning-                       Studienergebnisse der höchsten Evidenzstufe     krebs entstand unter der Federführung
                        Programm, um das eigene Wissen zu testen,         berücksichtigt wurden. Der GKV-Spitzen­         der Deutschen Gesellschaft für Gastro­
                        sowie Präsentationsfolien und Moderations­        verband hatte 2010 einen Antrag auf             enterologie, Verdauungs- und Stoffwechsel­
                        karten, die für die eigene Arbeit genutzt         Bewertung der Arthroskopie bei Gonarthrose      krankheiten (DGVS) und soll die Versorgung
                        werden können.                                    gestellt. Hintergrund war die hohe Zahl der     beim Speiseröhrenkrebs verbessern.
                                                                          Arthroskopien in Deutschland und wissen­        Bei S3-Leitlinien handelt es sich um
                             Implantatpass seit                           schaftliche Studienergebnisse, die keinen       Leitlinien mit der höchsten methodischen
                             1. Oktober verpflichtend                     Nutzen für diese Methode sahen.                 Qualität. Weitere Informationen unter:
                        Seit dem 1. Oktober 2015 müssen Gesund­                                                           www.leitlinienprogramm-onkologie.de
                        heitseinrichtungen, die medizinische                   Internetportal zur
                        Implantate einsetzen, den Patienten einen              Versorgungsqualität von                        Langfristiges Konzept
                        Implantatpass in Papierform aushändigen.               Frühchen gestartet                             für Cochrane-Zentrum
                        Dies gilt nach der geänderten Medizin­            Am 1. Dezember hat die Internetplattform        Nach Angaben des Informationsdienstes
                        produkte-Betreiberverordnung (§10) für:           www.perinatalzentren.org fristgerecht           »heute im Bundestag« strebt die Bundes­
                        alle aktiven Implantate (mit einer eigenen        ihren Regelbetrieb aufgenommen. Die             regierung für das deutsche Cochrane-Zent­
                        Energiequelle ausgestattet, beispielsweise        Website enthält die Ergebnisdaten aller         rum in Freiburg ab 2017 eine institutionelle
                        Herzschrittmacher), für Herzklappen,              deutschen Perinatalzentren, damit               Förderung an. Ziel sei, so Gesundheits­
                        nicht resorbierbare Gefäßprothesen und            Interessierte sich über die Versorgung von      minister Gröhe im September im Gesund­
                        -stützen, Gelenkersatzimplantate für Hüfte        sehr kleinen Frühgeborenen informieren          heitsausschuss, eine langfristige, nach­
                        oder Knie, für Wirbelkörperersatzsysteme          können. Sehr kleine Frühgeborene sind           haltige Sicherung der Einrichtung. Für 2016
                        und Bandscheibenprothesen sowie Brust-            Kinder, die mit einem Gewicht von weniger       solle es nochmals bei der projektbezogenen
                        implantate. Der Pass muss den vollständigen       als 1500 g geboren werden. Sie sollen in        Förderung bleiben. Gröhe sagte, die
                        Namen des Patienten, Bezeichnung, Art             spezialisierten Krankenhäusern geboren          Arbeit der Wissenschaftler sei unzweifelhaft
                        und Typ sowie Loscode oder Seriennummer           und versorgt werden. Diese Perinatalzentren     wichtig als Beitrag zur Stärkung der evidenz-
                        des Medizinproduktes, Hersteller, Datum           sind auf die besonderen Bedürfnisse dieser      basierten Medizin. Eine nachhaltige
                        der Implantation und den Namen der                Kinder ausgerichtet.                            Förderung sei daher wünschenswert. Ohne
                        verantwortlichen Person und Einrichtung,               Die Qualität der Versorgung wird durch     Details zu nennen, sagte der Minister,
                        die die Implantation durchgeführt haben,          das Überleben, das Überleben ohne schwere       es sei »keine totale Strukturveränderung«
                        beinhalten.                                       Erkrankung sowie über die klinische Erfah­      geplant. Vielmehr laufe es auf eine
                                                                          rung des Behandlungsteams abge­bildet.          Verfestigung der bestehenden Strukturen
                                                                          Ende 2014 hatte der Gemeinsame Bundes­          in Freiburg hinaus.
                                                                          ausschuss die Richtlinie zur Qualitätssiche­
                                                                          rung der Versorgung Früh- und Reifgeborener
                                                                          geändert. Dadurch wurden die Perinatal­
                                                                          zentren verpflichtet, ihre Ergebnisse ab dem
                                                                          1. Dezember 2015 im Internet zu veröffent­
                                                                          lichen.
Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...
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Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...
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                                                         Vorbeugen ist besser als heilen
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                           Wenn Krankheiten gar nicht erst auftreten, erspart das den Menschen unnötiges Leid und dem
                           Gesundheitssystem vermeidbare Ausgaben. Dennoch bedurfte es mehrerer Anläufe, bis das
                          Thema Prävention endlich eine eigenständige gesetzliche Basis erhielt. Am 18. Juni 2015 hat der
                           Bundestag das »Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention« verab­
                           schiedet, das die Gesundheitsförderung in jedem Lebensalter und in allen Lebensbereichen
                           verankern soll.

                          Was lange währt, wird endlich Gesetz: Seit Oktober                  Mit vereinten Kräften
                          2004, als sich die damalige rot-grüne Bundesregierung mit
                           den Ländern bereits auf erste Eckpunkte für ein Präventions-        Damit das gelingt, soll die Zusammenarbeit der verschie-
                           gesetz verständigt hatte, verliefen insgesamt drei Gesetz­      denen Akteure beim Auf- und Ausbau gesundheitsförder­
                           gebungsanläufe im Sande, bevor schließlich am 25. Juli 2015     licher Strukturen intensiviert werden. In einer Nationalen
                           das »Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und           Präventionskonferenz sollen sich die Sozialversicherungs-
                           der Prävention« (PrävG) in wesentlichen Teilen in Kraft trat.   träger mit Bund, Ländern, Kommunen, der Bundesagentur
                               Angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung – mit sin-    für Arbeit und den Sozialpartnern auf gemeinsame Ziele und
                           kenden Geburtenraten, steigender Lebenserwartung, einer         ein gemeinsames Vorgehen verständigen. Die erste Aufgabe
                           stetigen Zunahme chronischer Erkrankungen und einer im-         dieser Institution, die sich am 25. Oktober in Berlin als Arbeits-
                          mer umfassenderen Flexibilisierung der Arbeitswelt – kommt       gemeinschaft der gesetzlichen Spitzenorganisationen von
                           der Prävention aus Sicht des Gesetzgebers ein erheblicher       Kranken-, Unfall-, Renten- und Pflegeversicherung konsti­
                           Stellenwert zu. Dem soll das Präventionsgesetz Rechnung         tuiert hat, besteht darin, eine nationale Präventionsstrategie
                           tragen, indem es »ein neues Bewusstsein und eine Achtsam-       zu entwickeln. Schon zum Jahresende 2015 sollen bundes-
                           keit für Gesundheit« fördert. Dabei geht es nicht allein dar-   einheitliche, trägerübergreifende Rahmenempfehlungen für
                          um, Krankheiten zu verhüten. Die Gesundheit der Menschen         die lebensweltbezogene Prävention und Gesundheitsförde-
                           soll darüber hinaus aktiv gefördert werden. Das PrävG zielt     rung vorliegen. Im Jahr 2019 wird die Nationale Präventions-
                           daher ausdrücklich darauf ab, Menschen aller Altersgruppen      konferenz erstmals einen trägerübergreifenden Präventions­
                          in ihren täglichen Lebenszusammenhängen dabei zu unter-          bericht vorlegen, der über den Stand der Gesundheitsför­
                           stützen, gesundheitsförderliche Lebensweisen zu entwickeln      derung in Deutschland informiert und Empfehlungen zur
                                                und im Alltag umzusetzen. »Es geht
                         Gesunde Lebens-        zum einen darum, die Risikofaktoren
                        weise und gesunde       für die Entstehung lebensstilbedingter
                               Verhältnisse     Krankheiten wie ungesunde Ernährung,
                                               Bewegungsmangel, chronischer Stress,
                          Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum nachhaltig zu
                          ­reduzieren und gesundheitliche Ressourcen zu stärken«,
                           so das Bundesgesundheitsministerium in einer Erklärung.
                          »Zum anderen geht es darum, die Verhältnisse, in denen
                          wir leben, lernen und arbeiten, so zu gestalten, dass sie die
                           Gesundheit unterstützen.«
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    Weiterentwicklung formuliert. Weitere sollen im Vier-Jahres-­   fährdeten Gruppen oder mit hohem Präventionsbedarf gezielt
     Rhythmus folgen. Das Präventionsgesetz bezieht ausdrück-       individuell passende Angebote vermitteln. Auch Betriebsärzte
     lich die private Krankenversicherung mit ein: Auch sie kann     können künftig solche Präventionsempfehlungen ausspre-
     einen Sitz in der Nationalen Präventionskonferenz erhalten –    chen, dürfen Schutzimpfungen durchführen und mit Kranken-
     unter der Voraussetzung, dass sie sich in angemessenem Um­­­    kassen Verträge über die Durchführung von Gesundheits-
     fang an der Finanzierung von Präventionsprogrammen und          Check-ups schließen. Bei Maßnahmen zur betrieblichen
    -projekten im Sinne der Rahmenempfehlungen beteiligt.           ­Gesundheitsförderung, die laut Präventionsgesetz insbesonde-
                                                                    re in kleinen und mittleren Betrieben gestärkt und ausgebaut
       Mehr Geld für mehr Leistungen                                werden sollen, sollen sie künftig stets als Berater hinzugezogen
                                                                    werden.
        Das Präventionsgesetz sieht eine Reihe von Leistungsaus-
    weitungen vor. Um diese zu finanzieren, wird der gesetzliche       Schwerpunktthema Impfung
    Richtwert der Krankenkassen für die Ausgaben zur Primär-
    prävention ab 2016 auf sieben Euro je Versicherten erhöht           Das Präventionsgesetz etabliert zwar keine Impfpflicht,

                                                                                                                                       mdk forum Heft 4/2015
    und damit mehr als verdoppelt. Die Mehrausgaben für die         fördert aber nachdrücklich die Impfprävention: So soll künf-
    Krankenkassen belaufen sich Schätzungen zufolge auf etwa        tig bei Routine-Gesundheitsuntersuchungen in allen Alters-
    250 bis 300 Millionen Euro pro Jahr. Die Pflegekassen, die      gruppen der Impfschutz überprüft werden. Wer sein Kind
    durch das neue Gesetz erstmals auch in die Präventionspflicht   in einer Kita anmelden möchte, muss einen Nachweis über
    genommen werden, müssen ab 2016 jährlich € 0,30 pro Ver-        eine ärztliche Impfberatung vorlegen. Treten in einer Schule
    sichertem für gesundheitsfördernde Angebote in voll- und        oder Kita Masern auf, kann nicht geimpften Kindern der
    teilstationären Pflegeeinrichtungen aufwenden – etwa für        Besuch vorübergehend untersagt werden. Medizinische Ein-
    Sturz­­prophylaxe oder Bewegungskurse. Zusammen werden          richtungen dürfen das Bestehen eines erforderlichen Impf-
    Kranken- und Pflegekassen künftig mehr als 500 Millionen        und Immunschutzes zur Einstellungsvoraussetzung machen.
                                                                    Krankenkassen können ihren Versicher-
                                                                    ten Bonus-Leistungen für Impfungen          Ohne Impfpass
                                                                    und Impfauffrischungen gewähren. Bis- keine Kita
                                                                    lang durften, nun sollen Krankenkassen
                                                                    laut PrävG gesundheitsbewusstes Verhalten mit einem Bonus
                                                                    belohnen – dies gilt jedoch nur für Präventionsmaßnahmen,
                                                                    die bestimmte, vom GKV-Spitzenverband festgelegte Qua­
                                                                    litätskriterien erfüllen.

                                                                       Im Vorfeld umstritten

                                                                        In der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss
                                                                     des Bundestags hatten im April 2015 zahlreiche Sachver­
                                                                     ständige den Gesetzentwurf der Bundesregierung kritisiert.
                                                                    Zentrale Kritikpunkte waren die mangelnde finanzielle Beteili-
                                                                     gung von Ländern, Kommunen und privaten Krankenver­
                                                                     sicherern und der Umstand, dass die Krankenkassen der
    Euro pro Jahr für Gesundheitsförderung und Prävention auf-      Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung künftig
    bringen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Gesundheits-       ­jährlich Millionenbeträge zur Unterstützung von Präven­
    förderung in den Lebenswelten wie Kita, Schule, Kommu-           tionsmaßnahmen zahlen sollen.
    nen, Betriebe und Pflegeeinrichtungen: In diese Bereiche
    sollen künftig insgesamt mindestens rund 300 Millionen Eu-
    ro jährlich fließen. Auch die Selbsthilfe erhält ab 2016 rund
    30 Millionen Euro zusätzlich.

       Ärzte spielen wichtige Rolle

        Der Kanon der Gesundheits- und Früherkennungsunter-
     suchungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene wird
    ­erweitert. Auch sollen Ärztinnen und Ärzte nach dem Willen
     des Gesetzgebers künftig stärker als bisher auf individuelle
    Belastungen und Risikofaktoren, die die Entstehung von
    Krankheiten begünstigen könnten, achten. Neu ist auch
     die Möglichkeit einer Präventionsempfehlung in Form einer
     ärztlichen Bescheinigung, die die Krankenkassen bei ihrer
                                                                                             Dr. Silke Heller-Jung hat in
    Entscheidung über entsprechende Anträge berücksichtigen                                  Frechen bei Köln ein Redaktionsbüro
    müssen. Damit können Ärzte Menschen aus besonders ge-                                    für Gesundheitsthemen.
                                                                                             redaktion@heller-jung.de
Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...
pr ävention
                                                                                                                                                            7

                                                           Krankenkassen
                                                   erhöhen Ausgaben für Prävention
                                                           um zehn Prozent
mdk forum Heft 4/2015

                        Im vergangenen Jahr haben die gesetzlichen Krankenkassen ihr Engagement für die Gesund­
                        heitsförderung und Primärprävention deutlich gesteigert: 293 Millionen Euro gaben sie dafür
                        aus und damit 10% mehr als im Vorjahr. Das geht aus dem aktuellen Präventionsbericht vor,
                        der von GKV-Spitzenverband und MDS herausgegeben wird.

                        Die gesetzliche Krankenversicherung ist seit Jahren              haben. Arbeitslose Menschen können durch die Verzahnung
                        der größte Förderer von Prävention in Deutschland. »Das         von Arbeitsförderungsmaßnahmen mit Präventions- und Ge­­
                        Präventionsgesetz setzt nun weitere Impulse zur Stärkung         sundheitsförderungsangeboten gut erreicht werden – dies
                        der Gesundheitsförderung. Die Krankenkassen werden vor           zeigte die seit 2014 laufende modellhafte Zusammenarbeit
                        diesem Hintergrund ihre Anstrengungen weiter verstärken.        von Krankenkassen und Jobcentern.
                        Wichtig ist, dass andere verantwortliche Träger etwa in den         An den individuellen Kursangeboten der Krankenkassen
                        Bereichen Bildung, Arbeitsmarkt, Verkehr und Umwelt die          haben 1,7 Millionen Menschen im Jahr 2014 teilgenommen –
                        Bemühungen der gesetzlichen Krankenversicherung unter-           das entspricht einer Steigerung von 16%. Im Mittelpunkt
                        stützen. Dann werden die Maßnahmen der Kassen einen noch         standen Kurse zur Bewegungsförderung und zur Stressbe-
                        höheren Mehrwert für die Menschen haben«, sagt Gernot           wältigung. Mit rund 193 Millionen Euro förderten die Kran-
                        Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes.                       kenkassen diese Individualkurse. Das sind 6% mehr als im
                            Besonders viel haben die Krankenkassen mit knapp            Vorjahr.
                        68 Millionen Euro 2014 in die Förderung der betrieblichen           »Die Daten der Kassen, die seit 2002 in die jährlichen Prä-
                        Gesundheitsförderung investiert. Das ist im Vergleich zum       ventionsberichte eingehen, sind wichtig, um das Präventions-
                        Vorjahr ein Anstieg um 24%. Rund 1,2 Millionen Beschäftigte      geschehen aufzuarbeiten und sichtbar zu machen. Die Aus-
                        konnten mit den Maßnahmen in rund 11 000 Betrieben er-          wertungen zeigen, dass das Engagement
                        reicht werden. Über ein Drittel dieser Aktivitäten fanden im     der Kassen bei der Gesundheitsförderung     68 Millionen Euro
                        verarbeitenden Gewerbe statt, gefolgt von 18% im Gesund-        ihrer Versicherten stetig zugenommen         für die betriebliche
                        heits- und Sozialwesen.                                          hat, diese wichtige Aufgabe also einen      Gesundheit
                            Von großer Bedeutung für die Prävention sind auch Maß-      immer größeren Stellenwert in der ge-
                        nahmen in Kindergärten, Schulen, Wohngebieten und Stadt-         setzlichen Krankenversicherung bekommt«, fasst Dr. Peter
                        teilen – sogenannten Settings. Hier können Menschen mit         Pick, Geschäftsführer des MDS, die Ergebnisse zusammen.
                        unterschiedlicher Herkunft und verschiedenem sozialen               Den Präventionsbericht 2015 und den dazugehörigen
                        Status erreicht werden. Die Krankenkassen leisten damit einen   ­Tabellenband gibt es unter www.mds-ev.de und www.gkv-
                        Beitrag, um sozial bedingte Ungleichheiten bei den Chancen       spitzenverband.de im Internet.
                        zur Gesundheitserhaltung zu verringern. In 23 000 solcher
                        Sett­­ings haben die Kassen 2014 gesundheitsfördernde Aktivi-
                        täten unterstützt und dabei 2,2 Millionen Menschen erreicht.
                        Sie machten sich mit rund 32 Millionen Euro in diesem Be-
                        reich stark und steigerten damit hier die Ausgaben im Ver-
                        gleich zu 2013 um 7%.
                            Im Präventionsbericht wurde zudem in diesem Jahr
                        »Prävention und Gesundheitsförderung bei Arbeitslosen« als
                        Schwerpunktthema gesetzt. Arbeitslose sind eine wichtige
                                                                                                                   Michaela Gehms
                        Zielgruppe, weil sie in vielen Fällen einen schlechteren Ge-                               ist Pressesprecherin des MDS.
                        sundheitszustand und mehr gesundheitliche Beschwerden                                      m.gehms@mds-ev.de
Vorbeugen ist besser als heilen: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention" - Heft 4 / 2015 Das Magazin der ...
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                                                                                                        Interview mit Gernot Kiefer,
                                                                                                Vorstand des gkv-Spitzenverbandes

                                             Alle müssen sich beteiligen

                                                                                                                                                             mdk forum Heft 4/2015
    Prävention funktioniert, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen. mdk forum sprach mit dem
    Vorstand des gkv-sv über das Präventionsgesetz, dessen Verbindlichkeit und deren Grenzen.

          forum Wie bewertet der GKV-SV das Prä­        litisch verkehrt und bedeutet schlicht eine       Gesundheitsförderung Verantwortlichen eine
      ventionsgesetz?                                   Zweckentfremdung von Beitragsgeldern.             wichtige Plattform für wechselseitige Infor­
          Gernot Kiefer Wir unterstützen den                 forum Künftig sollen auch pflegebedürf­      mation und trägerübergreifende Zusammen­
      Grundgedanken des Gesetzes, das Zusammen­         tige Menschen im Heim Zugang zu Präventi­         arbeit bietet.
      wirken aller Präventions-Träger durch gemein­     onsangeboten haben. Welche Angebote sind               Als Arbeitsgemeinschaft der gesetzlichen
      same Ziele, Handlungsfelder und Qualitäts­        vorstellbar und wie bereiten sich die Pflege­     Spitzenorganisationen von Kranken-, Unfall-,
      maßstäbe zu stärken und Transparenz über          kassen darauf vor?                                Renten- und Pflegeversicherung erarbeitet
      das Leistungsgeschehen zu schaffen. Damit              Kiefer Dass die Prävention für Bewohne­      die NPK eine nationale Präventionsstrategie,
      werden Aspekte aufgegriffen, die von der ge­      rinnen und Bewohner von Pflegeheimen zu­          die sich vor allem an den zurzeit in der Abstim­
      setzlichen Krankenversicherung zum Teil auch      künftig stärker in den Fokus rückt, begrüßen      mung befindlichen trägerübergreifenden Bun­
      schon jetzt auf freiwilliger Basis umgesetzt      wir ausdrücklich. Die besondere Herausforde­      desrahmenempfehlungen festmacht. Alle vier
      wurden, etwa durch entsprechende Koopera­         rung bei der Umsetzung liegt darin, entspre­      Jahre wird es zudem einen NPK-Präventions­
      tionsvereinbarungen mit anderen Trägern wie       chende Präventionsleistungen von den genu­        bericht geben, der erstmals 2019 erscheint.
      der gesetzlichen Unfallversicherung oder den      inen Bestandteilen professioneller Pflege klar    Wir halten es für außerordentlich wichtig, dass
      jährlich erscheinenden Präventionsbericht der     abzugrenzen. Denn: Leistungen in Form von         in diesem Bericht neben den Trägern auch alle
    GKV.                                                Beratung und Anleitung von Pflegebedürftigen      anderen verantwortlichen Partner, die in der
          Die gesetzliche Verankerung dieses An­        bzw. ihren Angehörigen sowie der Durchfüh­        NPK beratend mitwirken, ihre Präventions- und
      satzes stellt nun eine sinnvolle und notwen­      rung prophylaktischer Maßnahmen sind gemäß        Gesundheitsförderungsleistungen transparent
      dige Verbindlichkeit her – die allerdings ihre    §5 SGB XI bereits Bestandteil pflegerischen       machen. Denn im Präventionsbereich ent­
      Grenzen bei der Finanzierung findet. Das Prä­     Handelns in allen Versorgungssituationen.         steht ein Mehrwert für die Menschen vor allen
      ventionsgesetz verpflichtet alleine die GKV als        Bei den neuen Leistungen wollen wir uns      Dingen dann, wenn das konkrete Engagement
      bereits schon jetzt größten Ausgabenträger        am Gesundheitsförderungsprozess nach dem          der Krankenkassen auf eine aktive, auch finan­
      im Bereich der Prävention und Gesundheits­        Setting-Ansatz orientieren. Hier bestehen viele   zielle Beteiligung der anderen Verantwortlichen
      förderung und die soziale Pflegeversicherung      Erfahrungen aus anderen Lebenswelten. Wir         trifft.
    zu Mehrleistungen. Diese Konzentration kon­         werden als Spitzenverband der Pflegekassen
      terkariert nicht nur den gesamtgesellschaft­      einen entsprechenden Leitfaden in Analogie
      lichen Anspruch des Gesetzes, sie ist auch        zum GKV-Leitfaden Prävention erarbeiten. Er­
      nicht zielführend. Denn wesentliche Ansatz­       gänzend sollen mit wissenschaftlicher Unter­          Gernot Kiefer
      punkte für die Förderung von Gesundheit in        stützung Kriterien für die Prävention in rele­
      Lebenswelten liegen außerhalb des Gesund­         vanten Handlungsfeldern entwickelt werden.
      heitssystems – als Stichworte seien hier nur      Beispiele sind die Ernährung, die körperliche
      Bildung, Arbeitsmarktpolitik, Verkehr und Um­     Aktivität oder die Stärkung kognitiver Ressour­
    ­­welt genannt.                                     cen von Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Be-
          Absolut kritisch zu sehen ist zudem die im    wohnern.
      Gesetz festgelegte Verpflichtung zur Beauf­            forum Welche Bedeutung hat die neu
      tragung der Bundeszentrale für gesundheitliche    geschaffene Nationale Präventionskonferenz?
    Aufklärung: Hier soll eine Bundesbehörde als             Kiefer Mit der Nationalen Präventions­
    Subdienstleister der Kassen mit Beitragsgeldern     konferenz (NPK) wird ein Abstimmungs- und
      der gesetzlichen Krankenversicherung finan­       Kooperationsgremium geschaffen, das für die
    ziert werden. Das ist und bleibt ordnungspo­        in Deutschland wesentlich für Prävention und
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                                                                                                                                                                                 9

                                  Interview mit Dr. Christina Sellke,
                                  Gutachterin und Dozentin für die mdk-Gemeinschaft,
                                  mdk Hessen

                                                                         Begutachtung von
                                                                        Vorsorgemaßnahmen
mdk forum Heft 4/2015

                        Versicherte haben nicht nur Anspruch auf Leistungen, wenn sie krank sind. Dem Schutz vor
                        Ausbruch oder Verschlimmerung von Krankheiten dient eine Vielzahl von Vorsorge- und Reha­
                        bilitationsmaßnahmen. Auf Antrag der Krankenkasse gehen MDK-Gutachter der Frage nach,
                        welche davon im konkreten Einzelfall zu empfehlen sind.

                             forum Was gibt es für Präventionsmaß­           Vorsorge- oder Rehabilitationsleistung im         um eine Maßnahme schon mitmachen zu
                        nahmen und was sollen sie bewirken?                  Einzelfall erforderlich ist: Der Patient muss     können?
                             Dr. Christina Sellke Wir unterscheiden          nicht nur medizinisch, sondern beispielswei­          forum Eine zunehmende Bedeutung ge­
                        Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention.            se auch psychologisch und bewegungsthera­         winnt die geriatrische Rehabilitation. Worum
                        Primärprävention heißt: Es liegen zwar Risi­         peutisch versorgt werden.                         geht es dabei?
                        kofaktoren vor, aber der Versicherte ist nicht           forum Worauf kommt es bei der Begut­              Sellke Angesichts der demografischen
                        krank – seine Gesundheit soll gefördert und          achtung an?                                       Entwicklung wird es immer wichtiger, die
                        Krankheiten verhindert werden. Im zweiten                Sellke Die Gutachter müssen die Frage­        Selbstständigkeit der alternden Menschen zu
                        Fall liegt bereits eine Erkrankung vor – Ziel ist,   stellung der Krankenkasse beantworten. Sie        erhalten, Pflegebedürftigkeit zu verhindern
                        das Fortschreiten der Krankheit zu vermeiden         sind sich dabei stets ihrer ärztlichen Unab­      oder deren Fortschreiten zumindest zu ver­
                        oder zu verzögern. Und im dritten Fall geht es       hängigkeit bewusst. Die Anträge auf Vorsor­       langsamen. Geriatrische Patienten sind meis­
                        um Leistungen zur medizinischen Rehabilita­          ge- und Rehabilitationsleistungen werden          tens älter als 70 Jahre und haben eine Vielzahl
                        tion: Der Versicherte ist nicht nur vorüberge­       sachlich beurteilt. Die Gutachter überprüfen,     an Erkrankungen und Schädigungen. Sie kön­
                        hend krank – er ist durch die Erkrankung in          ob die Indikationskriterien im Einzelfall gege­   nen immobil sein, an Depressionen, Inkonti­
                        seiner Aktivität und möglicherweise auch in          ben sind: Maßgeblich ist hier, dass ambulan­      nenz, Sinnesbeeinträchtigungen und chroni­
                        seiner Teilhabe erheblich beeinträchtigt. Ziel       te Behandlungsmaßnahmen durch den Ver­            schen Schmerzen leiden. All dies kann ihre
                        dieser Maßnahmen ist, die größtmögliche Le­          tragsarzt nicht mehr ausreichend sind, sondern    selbstständige Lebensführung in eigener
                        bensqualität wiederherzustellen.                     eine komplexe Behandlung durch verschie­          Häuslichkeit erheblich beeinträchtigen. Bei
                             forum In welchen Fällen begutachtet der         dene Berufsgruppen erforderlich ist. Ist die      der geriatrischen Rehabilitation geht es dar­
                        MDK?                                                 Vorsorgebedürftigkeit gegeben – sind tatsäch­     um, manchmal auch kleinste Fähigkeiten für
                             Sellke Der MDK wird vor allem dann be­          lich Risikofaktoren vorhanden, die zu einer       den Alltag zu stärken und zu erhalten: sei es
                        auftragt, wenn es um die Frage der medizini­         Gesundheitsgefährdung führen können? Ist          der Transfer vom Bett in den Rollstuhl, das An-
                        schen Notwendigkeit von Vorsorge- und Re­            die Rehabilitationsbedürftigkeit gegeben –        und Ausziehen, das Essen und Trinken bis hin
                        habilitationsmaßnahmen geht. Damit sind              liegt eine nicht nur vorübergehende Beein­        zum Toilettengang und zur Körperpflege.
                        Leistungen gemeint, die geeignet sind, den           trächtigung vor? Passen Maßnahme und Ziel
                        Ausbruch einer Krankheit oder die Verschlim­         zusammen? Und ist der Versicherte fit genug,          Die Fragen stellte Michaela Gehms
                        merung von Krankheitsfolgen zu verhindern.
                        Sehr oft geht es um ambulante oder stationä­
                        re Vorsorge bei orthopädischen Erkrankungen
                        oder bei chronischen Atemwegserkrankun­
                        gen. Es kann sich auch um Maßnahmen han­
                        deln, die Erschöpfung vorbeugen können,
                        wenn Versicherte durch familiäre Probleme
                        oder die Pflege von Angehörigen stark belas­
                        tet sind. Voraussetzung für die Empfehlung
                        des MDK ist, dass der komplexe Ansatz einer
pr ävention
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                                               Prävention
                                        und Gesundheitsförderung
                                             bei Arbeitslosen

                                                                                                                                             mdk forum Heft 4/2015
     Sie haben keine Arbeit, kein Selbstvertrauen und sind knapp bei Kasse. Da bleibt die Gesund­
     heit schnell auf der Strecke. Sind anhaltend arbeitslose Menschen erst einmal gesundheitlich
     eingeschränkt, wird der berufliche Wiedereinstieg schwieriger. Deshalb bieten Krankenkassen
     gemeinsam mit Jobcentern gezielt Gesundheitsförderungsprogramme für Erwerbslose an.

     Ziel ist es, den gesundheitlichen Risiken, die mit einer             Die Präventionsmaßnahmen der Krankenkassen konzen­
     ­Arbeitslosigkeit verbunden sind, vorzubeugen und die Men-       trierten sich deshalb auf die beiden evaluierten Programme
      schen darin zu unterstützen, ihre Gesundheit und Erwerbs-       »Und keiner kann’s glauben – Stressfaktor Arbeitslosigkeit«
     fähigkeit zu erhalten beziehungsweise zu verbessern. In die-     und »AktivA – Aktive Bewältigung von Arbeitslosigkeit«. Dieses
      sem Zusammenhang wollen die Bundesagentur für Arbeit            Angebot konnte durch z. B. Workshops, Gesundheitszirkel
      (BA) und die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die          oder Gesundheitstage für die Zielgruppe/n bedarfsbezogen
     Maßnahmen der Arbeitsförderung (BA) mit Gesundheitsför-          ergänzt werden. Im Sinne einer nachhaltigen Wirkung sollten
      derung und Prävention (GKV) verbinden. Das ist auch des-        Gelegenheiten geschaffen werden, damit die Interessierten
      halb eine besondere Herausforderung, da auf diese Weise         auch im Anschluss an die Maßnahmen leichter gesundheits-
     verpflichtende Maßnahmen mit Angeboten verknüpft wer-            förderlich aktiv bleiben.
      den, die ausschließlich freiwillig genutzt werden können.           Die Evaluation umfasst die Zusammenarbeit von Jobcen-
                                                                      tern und Krankenkassen und weiteren Partnern, die erworbe-
        Alles eine Frage des Zugangs?                                 nen gesundheitsbezogenen Beratungskompetenzen der Job-
                                                                      center-Fachkräfte und die Bewertung der verhaltensbezogenen
          Ob und wie das funktionieren kann, wurde in einem           Präventionsmaßnahmen durch Teilnehmerinnen und Teil-
     Modellprojekt untersucht. Die Erwerbslosen wurden auf drei       nehmer. Hierzu zählen u. a. Gesundheitsverhalten, gesund-
     Wegen an die Angebote der Krankenkassen herangeführt:            heitsbezogene Lebensqualität, persönliche Leistungs- und
     1. Vermittlungsfachkräfte bzw. Fallmanager im Jobcenter spra-    Beschäftigungsfähigkeit.
      chen die Erwerbslosen an. 2. Der berufspsychologische Service
     bzw. der ärztliche Dienst der BA unterbreiteten ein modulares       Ein Schritt in die richtige Richtung
     Angebot. 3. Bei einem Qualifizierungs- oder Beschäftigungs-
      träger wurden Präventions- und Gesundheitsförderungsmaß-             Mit dem Präventionsgesetz wird die Möglichkeit einer
     nahmen der Krankenkassen mit einer Arbeitsförderungsmaß­         e­ ngen Zusammenarbeit von BA und kommunalen Grund­
     ­nahme verzahnt. Bei jedem dieser Wege wurden Mitarbeiter         sicherungsträgern mit den Krankenkassen in der lebens-
      und Mitarbeiterinnen des Jobcenters für die individuellen       weltbezogenen Prävention und Gesundheitsförderung auch
      Gesundheitsgespräche vorab nach dem Ansatz des »moti­            auf bereits gesundheitlich belastete Personen ausgeweitet,
     vational interviewing« geschult. Die Projektsteuerung erfolgte    um deren berufliche Eingliederungschancen zu verbessern.
      an jedem Standort gemeinschaftlich durch das Jobcenter          Diese Ausweitung entspricht sowohl dem aus der Studienlage
      und die Krankenkassen, die die für die GKV entstehenden          zu entnehmenden Bedarf als auch den ersten Erkenntnissen
     Maßnahmekosten nach Marktanteil umlegten.                         aus der Erprobung, die unter den neuen Rahmenbedingungen
          Im Mittelpunkt dieses Ansatzes steht die Stärkung psy-       erweitert werden soll.
      chosozialer Kompetenzen. Die Kursteilnehmer sollen lernen,
     besser mit den Belastungen der Arbeitslosigkeit umzugehen,
                                                                                                 Karin Schreiner-Kürten, Abteilung
      sich gesund zu halten und das eigene Leben wieder aktiv zu                                 Gesundheit Referat Leistungsrecht /
      gestalten.                                                                                 Rehabilitation / Prävention / Selbsthilfe
                                                                                                 beim GKV-Spitzenverband. karin.schreiner-
                                                                                                 kuerten@gkv-spitzenverband.de
pr ävention
                                                                                                                                                        11

                                                     Primärprävention in der Praxis
mdk forum Heft 4/2015

                        Impfungen zählen zu den primären Präventionsmaßnahmen und können helfen, Infektions­
                        krankheiten zu verhindern. Sie schützen jedoch nicht nur den Einzelnen, sondern können auch
                        eine weitere Ausbreitung impfpräventabler Krankheiten eindämmen. Deshalb fordert das Präven­
                        tionsgesetz, den Impfschutz zukünftig im Rahmen der Routinegesundheitsuntersuchungen zu
                        überprüfen. Das Beispiel der HPV-Impfung verdeutlicht, was dies für die Praxis bedeuten kann.

                        Seit einigen Jahren gibt es eine Impfung gegen die Infek-        genen Typen, sogenannte High-Risk- oder HR-Typen, können
                        tion mit humanen Papillomviren (HPV). Die Impfung kann         im Falle einer persistierenden Infektion zur Entwicklung von
                        dazu beitragen, die Verbreitung von Feigwarzen zu verhin-      Läsionen und Neoplasien und letztlich zu HPV-bedingten
                        dern sowie die Rate von Gebärmutterhalskrebs bzw. krebs-       ­genitalen, analen oder oropharyngealen Karzinomen führen.
                        verdächtigen Zellveränderungen bei Mädchen und Frauen          Dabei sind allein die HR-Typen 16 und 18 bei weltweit 70%
                        zu senken.                                                      ­aller Frauen mit Zervixkarzinomen nach-
                                                                                         zuweisen. Neben der Bedeutung der HPV- Höchste Prävalenz
                           Auswirkungen einer HPV-Infektion                            Typen bei der Entstehung des Zervix­ bei 20-jährigen
                                                                                         karzinoms wurde in den letzten Jahren     Frauen
                           Humane Papillomviren, von denen mittlerweile über             zunehmend auch der Einfluss von kuta-
                        zweihundert verschiedene Genotypen nachgewiesen werden         nen HR-Typen auf die Entwicklung von weiteren Karzinomen,
                        konnten, können das Epithel von Haut (kutane Typen) und        beispielsweise dem Plattenepithelkarzinomen (Squamous-
                        Schleimhaut (mukosale Typen) infizieren. Einige dieser (mu-      cell carcinoma, SCC) diskutiert. Neben den HR-Typen gibt
                        kosalen) Typen werden von der Internationalen Agentur für        es eine Vielzahl an sogenannten Low-Risk- oder LR-Typen,
                        Krebsforschung (International Agency for Research on Cancer,   welche zwar als nicht onkogen gelten, jedoch u. a. Haut- sowie
                        IARC) als krebserregend (onkogen) eingestuft. Diese onko­        Genitalwarzen verursachen können. Eine Klassifizierung
                                                                                       von HR- und LR-Typen ist jedoch vor allem bei seltenen HPV-
                                                                                       Typen nicht immer eindeutig.

                                                                                          Gefährdet sind vor allem junge Frauen Anfang 20

                                                                                          HPV ist einer der am häufigsten verbreiteten sexuell über-
                                                                                       tragbaren Infektionserreger. Häufig findet eine erste Infekti-
                                                                                       on bereits kurz nach Beginn der sexuellen Aktivität statt. Je
                                                                                       nach HPV-Typ unterscheidet sich die Prävalenz nach Ge-
                                                                                       schlecht und Altersgruppen, wobei die höchste Prävalenz bei
                                                                                       jungen Frauen im Alter von Anfang 20 zu liegen scheint. Im
                                                                                       Rahmen eines HPV-Screenings bei 800 20- bis 25-jährigen
                                                                                       Frauen in Deutschland konnte beispielsweise bei 38% der
                                                                                       Frauen irgendein HPV-Typ identifiziert werden; darunter
                                                                                       handelte es sich bei 22,5% um die HR-Typen 16 und 18.
                                                                                           Seit 2006 stehen Impfstoffe gegen bestimmte HPV-Typen
                                                                                       zur Verfügung. Die aktuell verfügbaren Impfstoffe, Gardasil
pr ävention
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     und Cerverix, wirken gegen die zwei HR-Typen 16 und 18.          Impfung ist nur dann gegeben, wenn die Impfung vor dem
     Gardasil schützt zusätzlich gegen die LR-Typen 6 und 11, wel-    ersten Kontakt mit HP-Viren, das heißt vor dem ersten Sexual­
     che vorrangig für die Entwicklung von Feigwarzen (Kondy­         kontakt, durchgeführt wird. In einer vor kurzem veröffent-
     lomen) verantwortlich gemacht werden. Sowohl Gardasil            lichten Untersuchung wurden jedoch 58% der weiblichen
     als auch Cerverix gelten als sicher und gut verträglich.         Teilnehmer der Altersgruppe 20–21 Jahre erst nach Beginn
     Schwerwiegende Nebenwirkungen, welche kausal mit den             der sexuellen Aktivität gegen HPV geimpft. Zusätzlich lagen
     HPV-Impfstoffen zusammenhängen, wurden bisher nicht              neben neuen Daten zur Wirkdauer des Impfstoffs auch Ana-
     beobachtet. Die Wirksamkeit der beiden verfügbaren HPV-          lysen der KV-Abrechnungsdaten vor, welche zeigen, dass die
     Impfstoffe wurde in einer Vielzahl von Studien untersucht.       Impfquoten in Deutschland auch sechs Jahre nach der Auf-
     Es zeigte sich, dass die Impfung zu 83% vor einer frischen In-   nahme der HPV-Impfung in den Impfkalender bei < 40% la-
     fektion mit HR-Typen 16 und 18 und zu 90% vor persistieren-      gen. Über die Vorsorgeuntersuchungen (U11 und J1) besteht
     den HPV 16 und 18-Infektionen schützt. Die Impfung schütz-       zudem ein besserer Zugang zur Unterbreitung eines Impf­
                                                                      angebots. Das Vorverlegen des empfohlenen Impfzeitpunkts
                                                                      sollte somit sowohl Impfquoten als auch ein zeitgerechtes

                                                                                                                                          mdk forum Heft 4/2015
                                                                      Impfen fördern.

                                                                         Auch für Jungen empfehlenswert?

                                                                          Für Jungen und Männer ist nur der Impfstoff Gardasil für
                                                                      eine Immunisierung gegen HPV zugelassen. Eine Impfung
                                                                      für Jungen wird weltweit bisher nur in wenigen Ländern
                                                                      empfohlen, darunter USA und Kanada, und – im Rahmen
                                                                      von schulbasierten Impfprogrammen – auch in Österreich
                                                                      und Australien. Eine Impfung für Jungen und Männer wird
                                                                      momentan von der STIKO nicht empfohlen.
                                                                          Die Bedeutung der HPV-Impfung von Mädchen konnte
                                                                      für das Gesundheitssystem in Deutschland im Rahmen von
                                                                      mathematischen Modellierungen und gesundheitsökonomi-
                                                                      schen Evaluationen aufgezeigt werden. In Annahme einer
                                                                      Fortführung der Screeningprogramme und einer HPV-Impf­
                                                                      quote bei Mädchen von ca. 50% können über einen Zeitraum
     te zusätzlich zu 98% vor durch HPV 16 oder 18 bedingte           von hundert Jahren schätzungsweise 37% aller Zervixkarzi-
     Krebsvorstufen (sogenannte CIN 2+ Läsionen). Auch sieben         nome in Deutschland verhindert wer-
     Jahre nach erfolgter Grundimmunisierung waren Mädchen            den. Es ist davon auszugehen, dass eine      stiko empfiehlt
     bzw. Frauen noch zu einem hohen Anteil gegen neu auftre-         Steigerung der Impfquoten entsprechend       seit 2007 die Impfung
     tende HPV-16- oder -18-Infektionen geschützt. Mittlerweile       mehr Krebsfälle verhindern würde. An- für Mädchen
     sind auch erste Studien zur Entwicklung der Impfeffektivität     dere Industrieländer wie beispielsweise
     nach Einführung von Impfprogrammen veröffentlicht worden,        England und Australien erreichen mit Schulimpfprogram-
     in denen eine deutliche Reduzierung der Vakzin-relevanten        men deutlich höhere Impfquoten. In Deutschland sollten
     HPV-Typen sowie eine Reduzierung der dadurch bedingten           daher Aktivitäten intensiviert werden, die den Nutzen der
     Genitalwarzen aufgezeigt wurden.                                 Impfung der Ärzteschaft wie auch Mädchen und Eltern besser
         Seit Frühjahr 2015 ist in den USA ein neuer HPV-Impfstoff    vermitteln. Zusätzlich sollte die Jugendvorsorgeuntersuchung
     zugelassen, welcher zusätzlich zu den in Gardasil enthaltenen    J1 besser (z. B. durch Einladungsschreiben) beworben und
     4 HPV-Typen auch die HR-HPV-Typen 31, 33, 45, 52 und 58          entsprechend auch für die Unterbreitung eines Impfangebots
     umfasst. Mit dem neuen Impfstoff werden somit HPV-Typen          genutzt werden.
     abgedeckt, welche für ca. 90% (statt bisher 70%) aller Gebär-
     mutterhalskrebse verantwortlich gemacht werden. Auch in
     Europa ist der Impfstoff (Gardasil 9) bereits von der Europäi-
     schen Zulassungsbehörde (EMA) zugelassen und wird ver-
     mutlich im Laufe des Jahres 2016 auf dem deutschen Markt
     verfügbar sein.
         In Deutschland wird von der Ständigen Impfkommission
     (STIKO) seit 2007 eine HPV-Impfung für Mädchen empfohlen.
     Zur Erlangung eines optimalen Impfschutzes sind in Abhän-
     gigkeit des Impfalters zwei oder drei Impfstoffdosen not-
     wendig. Primäres Ziel der Impfung ist eine Reduzierung der
     durch das Zervixkarzinom verursachten Krankheitslast in
     Deutschland. 2014 wurde das empfohlene Impfalter von 12–
                                                                                                Anna Loenenbach MA, MSc (Epidemiology),
     17 auf 9–14 Jahre heruntergesetzt. Diese Änderung hatte                                    Abt. für Infektionsepidemiologie
     mehrere Hintergründe: Eine zuverlässige Wirksamkeit der                                    Fachgebiet 33 (Impfprävention)
                                                                                                am Robert-Koch-Institut in Berlin.
                                                                                                LoenenbachA@rki.de
pr ävention
                                                                                                                                                               13

                                                            Patientenschulungen:
                                                         Geprüft und für gut befunden?
mdk forum Heft 4/2015

                        Als primäre Prävention richten sie sich an gesunde Menschen, als sekundäre Prävention an
                        chronisch Kranke, damit sich deren Krankheit nicht verschlimmert. Der Begriff »Schulung«
                        ­bedeutet dabei immer ein strukturiertes und zielorientiertes Vorgehen.

                        In den Nationalen Versorgungsleitlinien zu Diabetes                 ­ ffekte der Schulung auch tatsächlich im weiteren Verlauf
                                                                                            E
                        mellitus und Asthma bronchiale werden Patientenschulun-               eintreten. Nur so kann zeitnah ein vielversprechendes Schu-
                        gen mit hohem Evidenzgrad ausdrücklich empfohlen, auch                lungsprogramm mit dem Vorbehalt einer nachfolgenden Prü-
                        wegen der günstigen Kosten-Nutzen-Relation. Sie gehören             fung an den Start gebracht werden.
                        mittlerweile zu den ambulanten Behandlungsbestandteilen                   Ein solches Qualitätssicherungsinstrument ist die Adi­
                        von Disease-Management-Programmen. Außerdem werden                  positas-Patienten-Verlaufsdokumentation (APV). Seit 2000
                        Patientenschulungen stationär im Krankenhaus, z. B. bei Erst­­        entwickelt die Universität Ulm im Auftrag der »Arbeitsgemein-
                        diagnose eines Diabetes mellitus, oder im rehabilitativen Set­        schaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter« diese Doku-
                        ting durchgeführt. Es gibt bereits Schulungen für Menschen          mentation, die auch von der Bundeszentrale für gesundheit-
                        mit atopischer Dermatitis, Brustkrebs, Epilepsie, arterieller         liche Aufklärung unterstützt wird. Adipositasrelevante Daten
                        Hypertonie, rheumatischen Erkrankungen, Kopfschmerzen,                der verschiedenen bundesweit angebotenen Patientenschu-
                        ADHS und seit einiger Zeit zunehmend für Personen mit Adi-            lungsprogramme können so erfasst und ausgewertet werden
                        positas. Strukturierte Lehr- und Lern-Materialien vermitteln        und ermöglichen einen direkten Vergleich ambulanter und
                        den Patienten krankheits- und behandlungsbezogene Kom-                stationärer Programme. Eines der Ergebnisse bestätigt eine
                        petenzen. Neben indikationsbezogenem Fachwissen sind                Binsenweisheit: Schulungskonzepte, die im Vorfeld eine hohe
                        Kenntnisse der Pädagogik bzw. Didaktik sowie Lern- und Ver-         Motivation als Voraussetzung zur Aufnahme in das Schulungs-
                        haltenspsychologie – abgestimmt auf die Zielgruppe – unver-         programm fordern, zeigen bessere Ergebnisse als Programme
                        zichtbar.                                                             ohne Berücksichtigung der Motivation. Der MDK prüft auch
                             Die Aufgabe des MDK ist es, Patientenschulungen als Mittel       schlüssige Ein- und Ausschlusskriterien für die Aufnahme in
                        der Sekundärprävention auf genau diese Dinge hin zu über-             ein Schulungsprogramm.
                        prüfen. Dabei gelten neben den gesetzlichen Vorgaben die                  Im sgb V ist festgelegt, dass die Krankenkasse wirksame
                        »Gemeinsamen Empfehlungen vom GKV-Spitzenverband«                   und effiziente Patientenschulungen für chronisch Kranke
                        (i. d. F. vom 21. 4. 15), die die Voraussetzungen für die indivi-   ­erbringen kann. Das Angebot richtet sich somit an Menschen
                        duelle Inanspruchnahme und die qualitative Weiterentwick-           mit bestehenden chronischen Krankheiten, ist also eine
                        lung von Patientenschulungen für chronisch Kranke regeln.           Maßnahme der Sekundärprävention.
                        Zusätzlich orientieren sich die Gutachter MDK-intern an den               Bei der Frage, ob die individuellen Voraussetzungen für
                        Standards für die Konzeptbegutachtung von Patientenschu-              eine Patientenschulung bei einem Patienten vorliegen oder
                        lungsmaßnahmen der Sozialmedizinischen Expertengruppe                 ob überhaupt eine »chronische Krankheit« besteht, kann
                        (SEG 1) der MDK Gemeinschaft.                                         sich die Krankenkasse vom MDK beraten lassen. Im Bereich
                             Bei einer solchen Konzeptprüfung bewertet der MDK                der Primärprävention sind Patientenschulungen bisher nicht
                        neue Konzepte oder Anbieter, die bereits geprüfte Konzepte          in größerem Umfang etabliert, da der vom Gesetzesgeber
                        an einem anderen Ort durchführen möchten. Dabei steht die            ­geforderte »Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Un-
                        Bewertung der Wirksamkeit und Effizienz des Schulungspro-             gleichheit von Gesundheitschancen« nur begrenzt erreicht
                        gramms im Vordergrund. Wenn ein langfristiger Wirksam-              werden kann.
                        keitsnachweis noch nicht erfolgt ist, liegt der Fokus auf einer
                        Begleitevaluation und der Erfassung der Ergebnisqualität.
                                                                                                                     Dr. Thomas Bode, MDK Westfalen-Lippe.
                        Die Bewertung dieser beiden Aspekte soll einen Hinweis dar-                                  Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin,
                        auf geben, ob die von den Anbietern erwarteten positiven                                     Sozialmedizin. TBode@mdk-wl.de
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