2019 Zentralverband Spedition & Logistik
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
ZENTRALVERBAND SPEDITION & LOGISTIK
2019
Zentralverband Spedition & Logistik | Branchenreport 2019
DIE ZUKUNFT IST DIGITAL
Was der Standort jetzt braucht, um fit für morgen zu werden
FLÄCHEN GESUCHT ONE BELT, ONE ROAD
Logistik von morgen ist dezentral. Seidenstraße: Wie Österreich
Dafür werden Flächen benötigt. zur Logistikdrehscheibe wird.VORWORT
Liebe Freunde und Partner
der Logistik,
Sagen wir doch, wie es ist: Eine gut funktionierende Logistik ist die Basis für den Wohl-
stand in unserem Land. Sie hält die Räder der Wirtschaft in Schwung, sie ermöglicht E-
Commerce, sie ist das zentrale Nervensystem der Wirtschaft. Sie schafft für 160.000 Be-
schäftigte direkte Arbeitsplätze, an denen indirekt über eine halbe Million Jobs hängen.
Jeder Euro Wertschöpfung in der Logistikbranche bringt bis zu vier Euro Wertschöpfung
für Österreich. Besonders wichtig: Eine funktionierende Logistik ist letztlich Vorausset-
zung für die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Österreich.
Der Zentralverband Spedition & Logistik, dessen Präsident ich seit Ende vergangenen
Jahres sein darf, ist ein wichtiger Treibriemen für die Branche. Permanent kurbelt er die
öffentliche Diskussion über relevante Logistikthemen an und bringt diese Themen auf den
Radarschirm politischer Entscheidungsträger auf allen Ebenen. Mein Vorgänger Wolfram
Eine funktionie- Senger-Weiss und sein Team haben hier hervorragende Arbeit geleistet und den Weg
rende Logistik ist geebnet, damit die Logistikwirtschaft endlich den Stellenwert bekommt, der ihr gebührt.
Voraussetzung
für die Zukunft Im renommierten Weltbank-Ranking wurde Österreich zum viertbesten Logistik-Stand-
des Wirtschafts- ort der Welt gekürt. Diese Auszeichnung ist eine Anerkennung für die Arbeit der Logistik-
Unternehmen in diesem Land. Darauf können wir zu Recht stolz sein – doch darauf aus-
standortes ruhen sollten wir uns nicht. Die neue Marke „Austrian Logistics“ bietet eine gute Mög-
Österreich. lichkeit, diese Exzellenz der heimischen Logistik im In- und Ausland verstärkt zu
Alexander Friesz
bewerben. Logistikaffine Unternehmen können auch direkt „Markenpartner“ werden und
Präsident des Zentralverbandes
Spedition & Logistik
so vom guten Image, zu dem Sie ja maßgeblich beitragen, profitieren.
Es stehen wichtige Themen an, von der Schaffung einer digitalen Infrastruktur wie 5G
über die Vereinheitlichung von Logistikrahmenbedingungen innerhalb der EU bis zum
Verbesserungsbedarf bei der heimischen Flächenwidmung und der damit einhergehenden
besseren Wertschöpfung im E-Commerce. Eine ganz wichtige Rolle für den Standort
spielt dabei auch die neue Seidenstraße, die eine Jahrhundertchance für Österreich ist.
Der Zentralverband hat diese Themen in den vergangenen Jahren massiv vorangetrieben
und im „Masterplan Logistik 2025“ den Weg zu einem zukunftsträchtigen Logistikstand-
ort vorgezeichnet. Die Politik hat dankenswerterweise einiges davon aufgegriffen. Doch
jetzt müssen die Verantwortlichen vom Reden zum Handeln kommen.
Dieses einzufordern wird auch eine wesentliche Aufgabe des Zentralverbandes in den
kommenden Monaten sein. In engem Austausch mit den Mitgliedsunternehmen wird der
Zentralverband den eingeschlagenen Weg mit Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit weiter-
gehen. Durch den Masterplan liegen konstruktive Lösungen auf dem Tisch. Jetzt werden
wir als sachlicher und offener Gesprächspartner für die Politik die Umsetzung des Master-
planes einfordern und vorantreiben. Denn schließlich verbindet uns ein gemeinsames
Ziel: Dass Österreich im Ranking der Top-Logistikstandorte auch weiterhin einen Spitzen-
platz einnimmt.
FOTO: MATT OBSERVE
Herzlichst, Ihr
Alexander Friesz,
Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik
2019 | BRANCHENREPORT | 3INHALT
Werden nicht lockerlassen,
bis die Maßnahmen des
Masterplanes umgesetzt sind.
Oliver Wagner
Geschäftsführer Zentralverband Spedition & Logistik
Branchenreport 2019 INHALT
20 41 12
Vorwort Funktionierende Logistik als Basis des Standortes 03 43 Ressort Luftfracht
Zentralverband Spedition & Logistik Ihre Interessensvertretung 06 44 Aircargo Luftfracht befindet sich im Steigflug
COVER: SHUTTERSTOCK FOTOS: MATT OBSERVE (2), SHUTTERSTOCK, KARL SCHÖNDORFER / PICTUREDESK.COM
Titelgeschichte Masterplan Logistik 2025 08 45 Ressort Seefracht
Logistik-Flächen Einfachere Genehmigungen erforderlich 11 46 Hafen Koper Nummer eins bei Österreichs Logistikern
MASTERPLAN
Interview Infrastrukturminister Norbert Hofer 12 47 Wettbewerbsrecht Ausnahmen für Reeder aussetzen
LOGISTIK Seidenstraße Europas Antwort 15 48 Emissionen Teure Umrüstung von Schiffen
Onlinehandel Wertschöpfung geht an Österreich vorbei 16 50 Hafen Rotterdam Der Big Player baut seine Kapazitäten aus
Dachmarke Starker Auftritt 18
53 Ressort KEP
Interview ZV-Präsident Alexander Friesz 20 54 Liberalisierung Mehr Wahlfreiheit für Konsumenten
55 Onlinehandel Starke Zunahme des Paketvolumens
Ausblick Herausforderungen für die Branche 24
Ausbildung Seminar Supply Chain Management 26 56 Ressort Gefahrgut
Event Blick in die Zukunft beim Logistikforum 27 57 Neue Klassifizierung Mehr Unternehmen betroffen
Wettbewerb Die besten Ideen der Jungspediteure 28
58 Ressort Supply Chain Management
Außenwirtschaft Beim Rechtstag geht es ums Lagern 30
58 Digitalisierung Wie die Blockchain die Logistik verändert
Gesundheit Angebote für Mitarbeiter 32
59 Datenaustausch Schnittstellen als Problemzonen
Ressort Landverkehre 36 60 Künstliche Intelligenz Chatbot hilft bei Kundenanfragen
Elektro-Lkw: Maut-Befreiung als Förderung 38 61 Trends Nachhaltigkeit und Technologie als große Themen
Platooning Weniger Energieverbrauch durch Fahren im Verband 40
63 Ressort Zoll Gesetzliche Schwachstellen nicht akzeptieren
Ressort Green Logistics 41
64 Ressort Recht & Versicherung
Umwelt Alternative Antriebe als Chance 41
64 FIATA Richtige Dokumente erleichtern Warenverkehr
Mobilitätswende Ohne Steuererleichterungen nicht zu schaffen 42
65 Arbeitskräfte Fallen beim grenzüberschreitenden Arbeiten
IMPRESSUM Herausgeber: Zentralverband Spedition & Logistik, Alexander Friesz (Präsident), Mag. Oliver Wagner (Geschäftsführer), Nikolsdorfer Gasse 7-11/1, 1050 Wien;
Chefredaktion: Mag. Arne Johannsen; Redaktion: Josef Müller, Mag. Robert Prazak; Art Director: Ronald Lind; Fotoredaktion: Susanne Gröger; Korrektur: Mag. Pia Praska;
Medieninhaber: VGN Medien Holding GmbH, Taborstraße 1-3, 1020 Wien; Projektleitung: Mag. Sabine Fanfule; Head of Sales: Tara Sukhta; Hersteller: sandlerprint&packaging,
Johann Sandler GesmbH & Co KG, Druckereiweg 1, 3671 Marbach
4 | BRANCHENREPORT | 2019LOGISTIKSTANDORT ÖSTERREICH
Erfolgreich im Einsatz
für die LOGISTIKBRANCHE
Mit Hartnäckigkeit und Konsequenz hat der Zentralverband
Spedition & Logistik die Branche auf den Radarschirm von Politik
und Öffentlichkeit gebracht. Das Erfolgsrezept: unabhängig,
verkehrsmittelneutral und international bestens vernetzt.
D
ie Spannung war groß, die Freude noch Logistiker aus 160 Ländern vertreten sind und die
größer: Im renommierten Ranking der UN-Beraterstatus hat. Zudem ist der Zentralver-
Weltbank als viertbester Logistikstandort band auch Mitglied der European Association für
bewertet zu werden, das ist schon eine echte Aus- Forwarding, Transport, Logistics and Customs Ser-
zeichnung! Damit sind die Leistungen der heimi- vices (CLECAT), die vor allem in Brüssel wir-
schen Logistikunternehmen auch wieder stärker in kungsvoll lobbyiert.
den Fokus der Öffentlichkeit gerutscht – ein An- „Interessenvertretung bedeutet das Bohren di-
liegen, um das sich der Zentralverband Spedition cker Bretter“, weiß Wagner aus der täglichen Ar-
& Logistik seit Jahren intensiv bemüht. „Die Logis- beit, „aber mit Hartnäckigkeit haben wir viel ge-
tikbranche hat für den Wirtschaftsstandort Öster- schafft. Neben der Einführung der Dachmarke
reich eine lebenswichtige Bedeutung“, sagt Oliver ‚Austrian Logistics‘ ist uns mit dem ‚Masterplan
Wagner, Geschäftsführer des Zentralverbandes, Logistik 2025‘ ein wichtiger Meilenstein gelungen.
„und damit die Anliegen der Unternehmen Gehör Gemeinsam entwickelt von Präsidium, unseren
finden, braucht es eine unabhängige und verkehrs- Ressorts und den Landesgruppen des Zentralver-
mittelneutrale Interessenvertretung, die auch in- bandes, haben wir einen konkreten Maßnahmen-
ternational bestens vernetzt ist.“ katalog vorgelegt, der den Logistik- und Wirt-
Der ZV erfüllt diese Ansprüche, da er nicht nur schaftsstandort Österreich für die Zukunft absi-
in Österreich bestens vernetzt, sondern auch Grün- chern soll. Jetzt kommt es darauf an, dass diese
dungsmitglied der FIATA ist (International Fede- Maßnahmen umgesetzt werden. Und auch da wer-
ration of Freight Forwarders Association), in der den wir nicht lockerlassen!“
Ressorts Landesgruppen
● Landverkehre Europa geleitet von Walter Konzett, ● Wien, NÖ, Bgld. geleitet von Jürgen Bauer
Gebrüder Weiss GmbH Gebrüder Weiss GmbH
Mit dem ● Luftfracht geleitet von Franz Braunsberger,
Kühne + Nagel GmbH
● Oberösterreich geleitet von Klaus Bannwarth,
Gebrüder Weiss GmbH
Masterplan ● Seefracht geleitet von Mag. Alexander Winter, ● Steiermark geleitet von Alois Reif,
Logistik ist ein Schenker & CO AG Österreichische Post AG
wichtiger ● KEP geleitet von Mag. Rainer Schwarz, ● Kärnten geleitet von Gerhard Traußnig,
Meilenstein ●
DPD Direct Parcel Distribution Austria GmbH
SCM geleitet von DI Peter Umundum, Österreichische Post AG ●
TRAUSSNIG Spedition GmbH
Salzburg geleitet von Dr. Ralf Affenzeller,
gesetzt. Jetzt ● Green Logistics geleitet von Max Schachinger, Spedition Contop GmbH
gilt es, die Schachinger Logistik Holding GmbH ● Tirol geleitet von Mag. Rebekka Durst,
FOTO: MATT OBSERVE
Umsetzung ● Zoll geleitet von Karl Hannl, Kühne + Nagel GmbH
Hannl Customs Consulting GmbH Vorarlberg geleitet von Willibald Nigsch,
voranzutreiben. ● Gefahrgut geleitet von Martin Neuwirth, Schenker & CO AG
●
Gebrüder Weiss GmbH
● Recht & Versicherung geleitet von Jan Kalmring, ● Der Vereinssitz befindet sich in Wien.
Oliver Wagner
Geschäftsführer des Panalpina Welttransport Gesellschaft m.b.H. Geschäftsführer ist Mag. Oliver Wagner
Zentralverbandes Spedition & Logistik
6 | BRANCHENREPORT | 2019TITELGESCHICHTE
Unsere Logistiker sind
WELTWEIT SPITZE
Österreich liegt im Weltbank-Logistik-Index 2018 nationaler Sendungen, Möglichkeiten zur Sen-
dungsverfolgung sowie Häufigkeit, mit der Waren
weltweit auf Platz vier. Doch die Unternehmen pünktlich ihr Ziel erreichen.
wollen sich auf diesen Lorbeeren nicht ausruhen. Für den österreichischen Zentralverband Spedi-
tion & Logistik (ZV) ist diese Top-Platzierung be-
Der „Masterplan 2025“ zeigt auf, was notwendig sonders bemerkenswert, lag Österreich doch noch
ist, damit die Branche ihre Top-Position halten im Jahr 2014 auf Platz 22. Jetzt zählt die österreichi-
sche Logistik ganz klar zur Weltspitze. Das ist nicht
kann. Gefragt ist auch die Politik. zuletzt der Leistung und Qualität der heimischen
Logistikunternehmen zuzuschreiben und ein star-
kes Signal für den österreichischen Logistik- und
E
s war eine erfreuliche Botschaft, die im Juli Wirtschaftsstandort. Denn der LPI der Weltbank
des vergangenen Jahres die österreichische ist ein wichtiger Indikator für die Ansiedlung von
Logistikbranche aus Washington erreichte: internationalen Unternehmen und damit besonders
Die Weltbank hatte ihren alle zwei Jahre erschei- relevant für den heimischen Wirtschaftsstandort.
nenden „Logistics-Performance-Index“ (LPI) ver- Für den ZV ist klar: Jetzt gilt es, dieses Ergebnis po-
öffentlicht – und Österreich auf den sehr promi- sitiv zu nutzen und sowohl national als auch inter-
nenten Platz vier in der Weltrangliste gereiht. Damit national die hervorragende heimische Logistik-
glänzt Österreich nach Deutschland, Holland und Dienstleistungsqualität zu vermarkten.
Japan in der internationalen Logistik-Welt. Bewer- Mit dem guten Abschneiden beim LPI verknüpft
tet werden sechs Schlüsselfaktoren: Zollabfertigung, der ZV gleich klare Forderungen an die heimische
Infrastruktur, Dienstleistungsqualität, Preis inter- Verkehrspolitik, weiterhin gemeinsam mit der
8 | BRANCHENREPORT | 2019MASTERPLAN
LOGISTIK
JETZT HANDELN,
damit sie es auch bleiben!
Branche zielgerichtete Initiativen zu realisieren, um geschrieben und den politischen Verantwortlichen
diesen Platz vier zu verteidigen. Österreich ist wich- als dringliche Handlungsagenda auf den Tisch ge-
tiger Logistikstandort für Zentral-, Südost- und legt. Der ZV und seine Mitglieder wollen die Vision
Osteuropa. 11.000 Unternehmen beschäftigen hier- im Einklang mit den Interessen von Wirtschaft, Be-
zulande unmittelbar 160.000 Personen und erzielen völkerung und Umwelt verwirklicht sehen. Erste
einen Umsatz von 34 Milliarden Euro. Darin ent- politische Ansätze, die Empfehlungen des Master-
halten ist eine direkte Wertschöpfung in Höhe von plans zu realisieren, sind erkennbar und werden
annähernd 9 Milliarden Euro. Jeder Beschäftigte der von der Branche positiv aufgenommen. Im Master-
österreichischen Logistikwirtschaft sichert bis zu plan spiegeln sich die großen aktuellen Themen der
3,5 Arbeitsplätze in Österreich. Weiter gerechnet Gegenwart: Digitalisierung, Infrastrukturverfüg-
bedeutet das: Jeder Euro an Wertschöpfung der Lo- barkeit, Ökologie, Ökonomie, Verkehrsmanage-
gistikbranche sichert wiederum rund 4 Euro an ment, Innovationen und die Notwendigkeit von po-
Wertschöpfung in Österreichs Wirtschaft. litischer Seite, für die Herausforderungen der Zu-
kunft optimale Rahmenbedingungen zu schaffen.
Masterplan 2025 als Standortstärkung
Der Logistik-Standort Österreich hat – trotz der Seidenstraße als Jahrhundertchance
FOTOS: GETTY IMAGES (4)
guten Platzierung im Ranking – aus Sicht des ZV Eines der großen Themen, von denen viel für den
aber noch einige Baustellen, auf die die Politik mehr Logistikstandort Österreich abhängt: Die chinesi-
Aufmerksamkeit richten sollte. Worum es sich kon- sche Seidenstraßen-Initiative. Eine wichtige Rolle
kret handelt, hat der ZV in einem umfangreichen spielt dabei der Bau einer Breitspurbahn-Magistra-
„Masterplan Logistik 2025 – Eine Strategie zur Stär- le von Kosice in der Slowakei in den Raum Wien
kung des Wirtschaftsstandortes Österreich“ nieder- – Niederösterreich – Burgenland. Die Vorarbei-
2019 | BRANCHENREPORT | 9TITELGESCHICHTE
die Förderung und der Ausbau des Breitbandinter-
nets und 5G-Netzes in ganz Österreich.
RoLa und Lang-Lkw nutzen
Umweltfreundliche Logistik und Innovationen soll-
ten öffentlich stärker gefördert werden. Bei der Wahl
der Transportmodi ist die Verknüpfung der Ver-
kehrsträger Schiene, Straße und Wasser zu forcieren,
und es braucht sinnvolle multimodale Verkehrslö-
sungen. Ein Beispiel dafür ist die Rollende Landstra-
ße (RoLa). Das RoLa-System muss für die Nutzer
ausgebaut und attraktiver werden.
Mehr Offenheit sollte beim Thema Lang-Lkw
herrschen. Mit längeren Lkw lassen sich en bloc
mehr Güter transportieren als mit konventionellen
Fahrzeugen, sprich mit zwei Lang-Lkw kann die
gleiche Gütermenge befördert werden wie mit drei
konventionellen Lkw. Beim Autotransport per Lkw
Hier ist der Lkw am Zug:
Das Angebot der Rollenden ten für dieses Projekt laufen bereits auf Hochtouren bedarf es einheitlicher rechtlicher Vorgaben bei der
Landstraße (RoLa) muss und aus österreichischer Sicht könnte die Strecke zugelassenen Länge, damit die technischen Mög-
im Interesse der Umwelt ab dem Jahr 2033 in Betrieb gehen. Für die Branche lichkeiten optimal genutzt werden können. Aus
erweitert werden.
ist es erfreulich, dass die Bundesregierung dieses Sicht des ZV ist eine zulässige Fahrzeuglänge von
Projekt in ihr Regierungsprogramm 2017 bis 2022 20,75 Meter dringend wünschenswert.
aufgenommen hat. Denn es ist eine Jahrhundert-
chance für Österreich, sich in Europa als Logistik- Logistikbeauftragte für Bundesländer
Drehscheibe positionieren zu können. Gleich sechs wichtige Themen im Masterplan tan-
gieren die rechtlichen und politischen Rahmenbe-
Mehr Wahlfreiheit für Konsumenten dingungen. Auf Bundesebene gibt es einen Logis-
Zu den politischen Handlungsfeldern, die Öster- tikbeauftragten im Verkehrsministerium, der als
reich und die EU betreffen, wird im Masterplan eine Ansprechpartner fungiert. Solche Beauftragten soll-
zügige Umsetzung einer gerechten Liberalisierung ten auch auf Länderebene ernannt werden. Der E-
des Marktes für Kurier, Express- und Paketdienst- Commerce-Sektor in Österreich sollte ausgebaut
leistungen (KEP) gefordert. Wenn Konsumenten im werden, verbessert gehören ebenso die zolltechni-
Internet Waren einkaufen, muss ihnen die freie schen Prozesse. E-Commerce wird von Jahr zu Jahr
Wahl des KEP-Dienstleisters für den grenzüber- bedeutender, Ziel muss es daher sein, mehr logis-
schreitenden Transport zugestanden werden – was tische Wertschöpfung nach Österreich zu holen.
in den gesetzlichen Rahmenbedingungen sicherge-
FOTOS: ELMAR GUBISCH / PICTUREDESK.COM, GETTY IMAGES
stellt werden muss. Zusätzlich sind Kostentranspa- Abschaffung der Nacht-Beschränkung
renz und faire Preise notwendig, um die Reputation Von der Politik unterstützt wird die Forderung nach
der KEP-Dienstleister zu schützen. einer Abschaffung der 60 km/h-Fahrbeschränkung
für Lkw in der Nacht. Ab Sommer dieses Jahres
Mehr Breitband, mehr Flächen wird dieses Limit auf 70 km/h angehoben. Ein
Bei der Infrastruktur schlägt die Logistik-Branche Schritt in die richtige Richtung, auch wenn er nicht
in ihrem Masterplan vor, dass bundesweit einheit- der eigentlichen Forderung nach einem 80 km/h-
liche Regelungen für die Widmung von Logistikflä- Limit entspricht. Auch sind die politisch Verant-
chen geschaffen werden. Infrastrukturvorhaben wortlichen in diesem Land aufgerufen – vor allem
müssen flexibler, effizienter und schneller abgewi- das Verkehrsministerium – die Dachmarke Austri-
ckelt werden, um unnötige Kostenbelastungen und an Logistics national und international zu präsen-
Unsicherheiten bei Investoren zu vermeiden. Ent- tieren und so die Exzellenz „Logistik Made in Aus-
lang der Straßen fordert der Masterplan mehr ge- tria“ in den Vordergrund zu rücken.
eignete Park- und Abstellmöglichkeiten für Lkw. Hintergründe zu den zentralen Themenfeldern
Und ein ebenso wichtiges Infrastrukturthema ist finden Sie auf den kommenden Seiten.
10 | BRANCHENREPORT | 2019Mehr LOGISTIK-FLÄCHEN
braucht das Land
Dringend erforderlich: Ein One-Stop-Shop mit bundesweit
einheitlichen Regeln, um Widmungsverfahren für benötigte MASTERPLAN
Logistikflächen zu beschleunigen. Im Interesse des LOGISTIK
Wirtschaftsstandortes Österreich.
D
ie Genehmigungsverfahren und Widmung und tangiert die Interessen sowohl der Bürger als
von Logistik-Flächen in Österreich sollten auch der Wirtschaft in hohem Maße. Daher sollten
künftig einheitlich und transparent gere- in Frage kommende Logistik-Standorte, aber auch
gelt werden. Dafür spricht sich der Zentralverband für die Infrastruktur relevante Trassen, Flächen und
Spedition & Logistik im Interesse seiner Mitglieder Korridore rechtlich eindeutig abgesichert werden,
aus und hat dieses so wichtige Anliegen auch in sei- was wiederum der Attraktivität des Wirtschafts-
nem Masterplan Logistik 2025 deutlich formuliert. standortes Österreich zuträglich wäre.
Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) bei- Der Zentralverband Logistik & Spedition plä-
spielsweise nehmen häufig Jahre in Anspruch, be- diert in seinem Masterplan auch für eine dezidier-
vor behördliche Entscheidungen getroffen werden. te Stärkung der Österreichischen Raumordnungs-
Hier ist eine raschere Abwicklung ebenso dringend konferenz (ÖROK), indem ihr die Koordination
notwendig wie bei Widmungen von Logistik-Flä- und Vereinheitlichung der neun unterschiedlichen
chen. Bei diesen sollten schlanke administrative landesspezifischen Raumordnungsgesetze zuge-
Prozesse mit möglichst wenigen Kontaktstellen im ordnet wird. Österreichs Logistikwirtschaft baut
Vordergrund stehen. One-Stop-Shopping wäre hier darauf, dass die Regierung die Erarbeitung eines
ein wünschenswerter Ansatz, um die Behördenwe- strategischen Infrastruktur- und Raumordnungs-
ge rasch und effizient begehen zu können. konzepts in Zusammenarbeit mit den Ländern und
Wichtig ist für die Logistikwirtschaft eine Ver- Gemeinden - wie im Regierungsprogramm nieder-
ankerung der Rahmenkompetenz des Bundes oder geschrieben - auch praktisch umsetzt.
eine § 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Län-
dern bei der Raumordnung, um verstärkte wechsel-
seitige Informations-, Koordinations- und Koope-
rationsverpflichtungen für Maßnahmen der Raum-
planung zu regeln.
Da Raumordnung eine Querschnittsmaterie ist,
sollten alle involvierten Behörden dem Effizienz-
Gedanken folgen, da sie auf diese Weise wesentlich
zur Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes Ös-
terreich beitragen. Unternehmen, die sich hierzu-
lande niederlassen wollen, haben einen scharfen
Blick auf das administrative Umfeld und beziehen
das in ihre Standortentscheidung ein – nicht immer
mit einem guten Ergebnis für Österreich
Entscheidend für den Wirtschaftsstandort:
Rechtliche Absicherung gefordert Logistikflächen als Drehscheiben der Wirtschaft
Raumordnung ist zweifellos ein sensibles Thema
2019 | BRANCHENREPORT | 11TITELGESCHICHTE
Das Image der
MASTERPLAN
LOGISTIK Logistik-Branche
aufpolieren
NORBERT HOFER, Bundesminister für Verkehr, Innovation
und Technologie, will die Logistikbranche in die Entwicklung
des Standorts einbinden. Die verkehrspolitischen Aktivitäten
der Regierung für die Branche erläutert der Minister im
Gespräch mit dem Branchenreport.
Unter der Schirmherrschaft Ihres Ministeriums Markenpartner und -multiplikatoren, die wir für
wurde die Marke Austrian Logistics entwickelt, unsere gemeinsamen Ziele begeistern konnten.
mit der die österreichische Logistik-Kompetenz
international vermarktet wird. Welche nächsten Welche Bedeutung hat die Logistik und damit
Schritte planen Sie bei der Verbreitung dieser der gesamte Bereich Güterverkehr in Ihrem
Marke? politischen Agieren zur Absicherung von Öster-
Norbert Hofer: Die Dachmarke Austrian Logis- reich als attraktiver Wirtschaftsstandort?
tics (www.austrianlogistics.at) ist eine Wort- und Die Logistik ist der Blutkreislauf der Wirtschaft
Bildmarke als gemeinsame Entwicklung von Inter- und dementsprechend wichtig für unsere Gesell-
essensvertretern und Verbänden der Logistikwirt- schaft. Ich kann Ihnen versprechen, dass ich mir
schaft mit dem Bundesministerium für Verkehr, In- dieser Bedeutung der Disziplin Logistik für unsere
novation und Technologie (BMVIT), bei der wir die heimische Wertschöpfung und für die Sicherung
Koordination übernommen haben. Mit der Dach- wertvoller Arbeitsplätze vollends bewusst bin. Ich
marke wollen wir die Leistungsfähigkeit der Logis- sehe meine Aufgabe darin, über den Weg der Inf-
tikbranche in Öffentlichkeit, Politik und Gesell- rastrukturplanung ebenso wie über den ordnungs-
schaft sowohl national als auch international deut- politischen Bereich die Stärken der einzelnen Ver-
licher sichtbar machen und nachhaltig vermitteln, kehrsträger in einem multimodalen Ansatz zu för-
wofür Logistik steht. Wir stellen fest, dass unsere dern. Gleichzeitig muss die Belastung der
Initiative in der heimischen Logistikwirtschaft an- Bevölkerung durch die negativen Auswirkungen
gekommen ist. Um auch international höhere Auf- des Verkehrs wie Lärm und Schadstoffemissionen
merksamkeit für die exzellenten Leistungen der verringert werden. Ziel ist es daher, über eine An-
Disziplin Logistik Österreichs zu erreichen, werden hebung der Verkehrsqualität eine Erhöhung der Le-
wir die Dachmarke beispielsweise bei der interna- bensqualität zu erreichen. Dafür haben wir auch
tionalen Leitmesse Transport Logistic Anfang Juni beispielsweise in diesem Jahr eine neue Förder-
in München präsentieren. Einerseits durch das BM- schiene unter dem Titel „Logistikförderung“ ins Le-
VIT am Gemeinschaftsstand der Außenwirtschaft ben gerufen.Eine vollständige Aufzählung der Ini-
der Wirtschaftskammer, andererseits durch die tiativen und Programme, die ich in diesem Zusam-
12 | BRANCHENREPORT | 2019menhang setze, sprengt den Rahmen, aber sie der sich nicht allein auf den Güterverkehr be-
erstrecken sich über sämtliche Bereiche der moder- schränkt, sondern auch wichtige Bereiche wie
nen Verkehrspolitik, von Infrastrukturausbau, Lo- Raumordnung und Wirtschaftsstandort Österreich
gistik, Telematik, Verkehrssicherheit bis zu moder- einschließt, für diese Bundesregierung. Hier sind
nen Finanzierungsmethoden und internationaler wir schon bei dem brennenden Thema, das wir in-
Kooperation. tensiv mit unserem Logistikbeauftragten bearbei-
FOTO: KARL SCHÖNDORFER / PICTUREDESK.COM
ten: Aktuell finden die Anliegen der Logistikbran-
Im Regierungsprogramm 2017 bis 2022 hat die che bei der Raumordnung noch wenig bis keine Be-
Regierung die Logistik als wichtiges Hand- achtung. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass es den
lungsfeld definiert. Welche Punkte wurden bis einen, standardisierten „Typus Logistikstandort“
heute politisch realisiert und welche Themen nicht gibt. Unterschiedliche Nutzungsformen zie- Die Logistik
stehen in diesem Jahr zur Umsetzung an? hen unterschiedliche Auswirkungen, aber auch An- ist der Blut-
Es ist für die gesamte Branche erfreulich, wie forderungen nach sich. Dies wurde im Rahmen der kreislauf der
prominent der Themenbereich Logistik im gegen- Erstellung des Regierungsprogramms erkannt und
wärtigen Regierungsprogramm verankert ist. In ist einer der Gestaltungsschwerpunkte. Wir arbei-
Wirtschaft
den meisten bisherigen Programmen, zumindest ten gerade an einer Positivplanung für Logistiks- und wichtig
auf Bundesebene, fand die Logistik bisher kaum Er- tandorte, die einen Beitrag zur Stärkung des Logis- für unsere
wähnung. Das zeigt die Bedeutung dieses Sektors, tik-Standorts Österreich leisten soll. Danach Gesellschaft.
2019 | BRANCHENREPORT | 13TITELGESCHICHTE
könnten in Zusammenarbeit mit den Bundeslän- ein positives Image des Gütertransports sind
dern in der Raumordnungsplanung entsprechende für einen Logistikstandort Österreich essenziell.
Entwicklungszonen festgelegt werden, ebenso das Was kann die Politik dazu beitragen?
vorrangige öffentliche Interesse dafür. Maßnahmen zum Abbau übermäßiger bzw. un-
klarer bürokratischer Regulierungen sowie Verfah-
Der Zentralverband Spedition & Logistik hat rensbeschleunigungen sind definitiv gewünscht
den „Masterplan Logistik 2025“ ausgearbeitet, und auch so im Regierungsprogramm verankert. In
in dem politische Forderungen an Sie adressiert allen Ministerien werden die vorhandenen Rechts-
werden. Wie werden Sie den darin formulierten materien und Gesetzeswerke auf den Prüfstand ge-
Handlungsbedarf berücksichtigen? stellt. Dies betrifft Grundsätzliches ebenso wie In-
Die Inhalte des Masterplans spiegeln sich in wei- halte im Detail. Dementsprechend werden die Ma-
ten Bereichen auch in den Zielen der Dachmarke terien dahingehend geprüft, ob sie beispielsweise
Austrian Logistics. Ich möchte hier nur die Frage deutlich über EU-Vorgaben bzw. den intendierten
der Flächenwidmung erwähnen. Österreich ist im Regelungszweck hinausgehen. Die Fäden laufen
Bereich der Logistik international in führender Po- hierbei beim Bundesministerium für Verfassung,
sition. Je mehr Menschen daran arbeiten, um diese Reformen, Deregulierung und Justiz zusammen.
Position Österreichs zu stärken und zu verbessern, Trotz ihrer enormen Bedeutung für Wirtschaft und
desto besser. Gesellschaft hat die Logistik-Branche leider ein
Wahrnehmungs- und Imageproblem. Dem wollen
Breitband-Internet und 5G-Netz sind Voraus- wir mit Aktivitäten wie der eingangs angesproche-
setzung für einen florierenden Logistikstand- nen Dachmarke begegnen sowie mit Aus- und Wei-
ort. Welche nächsten Schritte setzen Sie hier? terbildungsinhalten wie unserer Webplattform RE-
Österreich ist das erste europäische Land, in dem Trans (www.retrans.at).
5G gestartet ist. Mit dem Bundeskanzler und der
Digitalisierungsministerin waren wir dabei, als T- Sie befürworten und setzen sich für den Bau der
Mobile 5G aktiviert hat. Wir haben die erste 5G- Breitspurbahn-Magistrale von Kosice in den
Frequenzauktion gut über die Bühne gebracht und Raum Wien/Bratislava ein. Was sind die nächs-
den frühen Start in die neue Mobilfunktechnologie ten politischen Schritte bei diesem Projekt?
ermöglicht. Bis 2020 sollen alle Landeshauptstädte Wir haben die strategische Prüfung gestartet,
mit 5G versorgt sein, zwei Jahre später soll 5G ent- die Breitspur-Planungsgesellschaft ist hier gefor-
lang der Hauptverkehrsrouten verfügbar sein. Die dert, das Projekt gesamtheitlich vorzubereiten und
landesweite Abdeckung erwarten wir für 2025. einen geeigneten Standort zu finden. Wir sprechen
Technologie: Norbert hier von einem großen Güterterminal, in dessen
Hofer sieht 5G als wichtige
Voraussetzung für die Planungssicherheit, unbürokratische Genehmi- Umfeld – gemeinsam mit den Unternehmen, die
Festigung des Standorts. gungsverfahren bei Infrastrukturprojekten und sich rundherum ansiedeln werden – bis zu 10.000
FOTOS: KARL SCHÖNDORFER (1)/ ALEX HALADA (1)/ PICTUREDESK.COM
neue Arbeitsplätze entstehen werden.
Wo soll Österreich aus ihrer Sicht als Logistiks-
tandort am Ende der laufenden Legislaturperio-
de stehen?
Am besten mindestens genauso gut wie wir der-
zeit in einem der weltweit bekanntesten internatio-
nalen Leistungsvergleiche im Bereich Logistik ste-
hen: Im „Logistics Performance Index“ (LPI) der
Weltbank liegt Österreich derzeit weltweit auf dem
herausragenden 4. Platz. Seit 2014 haben wir uns
somit um 18 Plätze verbessert. Das ist Bestätigung
und Auftrag für die Zukunft. Der Erfolg unserer di-
versen Logistikinitiativen hängt aber letztendlich
von der Unterstützung aller Stakeholder ab. Daher
lade ich die Logistikwirtschaft gerne ein, uns auf
unserem Weg weiter zu begleiten.
14 | BRANCHENREPORT | 2019Eine SEIDENSTRASSE,
zwei Konzepte MASTERPLAN
LOGISTIK
Seidenstraße ja, aber nicht nach Chinas Regeln: Um die freie Fahrt Chinas
nach Europa zu stoppen, bietet die EU den Ländern Asiens eine Alternative.
Österreich muss dafür sorgen, dass Handelsströme nicht vorbeifließen.
K
onnektivitäts-Strategie – so lautet die etwas Regierung müsse dafür Sorge tragen, dass Handels-
sperrige Antwort der EU auf Chinas vor ströme und Wertschöpfung nicht an Österreich vor-
fünf Jahren gestartete Seidenstraße-Initiati- beifließen.
ve. Mitte Oktober 2018 hat die EU-Außenbeauf- Künftige Infrastrukturnetze sollen kohärent, in-
tragte Federica Mogherini das Konzept für eine eu- teroperabel sowie finanziell und ökologisch nach-
ropäische Seidenstraße nach Asien vorgelegt. Es haltig sein; Ausschreibungen sollen offen und trans-
sieht vor, die Luft-, Land- und Seewege zwischen parent sein, um „Good Governance“ und gleiche
Europa und Asien besser zu verbinden und zugleich Wettbewerbsbedingungen zu fördern. Violeta Bulc,
die wirtschaftlichen Beziehungen zu vertiefen. EU-Kommissarin für Verkehr, sieht Verkehrsinfra-
Die europäische Seidenstraße unterscheidet sich struktur als Träger des Personen- und Warenver-
von der chinesischen Initiative insofern markant, kehrs. Digitalisierung und Dekarbonisierung spie-
als sie auf EU-Standards basiert, also den Prinzipi- len eine zentrale Rolle. Laut EU benötigt Asien 1,3
en des freien Handels und der Transparenz in allen Billionen Euro, um die Infrastruktur zu moderni-
Ausschreibungs- und Finanzierungsprozessen folgt. sieren. Von diesen potenziellen Investitionen wol-
Hintergrund: Die Brüsseler Strategie will den Staa- len sich Europa und seine Unternehmen ein Stück
ten an der EU-Peripherie und in Zentralasien Al- abschneiden und China die Stirn bieten. 123 Milli-
ternativen zu den finanziellen Angeboten der Chi- arden Euro stellt die EU im Budgetplan 2021 bis
Auf Seidenstraßen-
nesen bieten. Europa will so seinen Einfluss in jenen 2027 bereit, um die Verbindung mit Asien zu ver- Mission: Bundespräsident
Regionen ausbauen, in denen Chinas Investitions- bessern. Bei Projekten stehen Arbeitsrechte im Vor- Alexander van der Bellen mit
politik die Europäer zu verdrängen droht. dergrund, werden keine politischen oder finanziel- ÖBB-Chef Andreas Matthä und
Wirtschaftsministerin
len Abhängigkeiten geschaffen und faire und trans- Margarete Schramböck
Zentralverband sieht Jahrhundert-Chance parente Wettbewerbsbedingungen garantiert. vergangenes Jahr in China.
Für den Zentralverband Spedition & Logistik ist es
erfreulich, dass sich die EU der Seidenstraße an-
nimmt, doch in der EU-Strategie wird das geplante
und für Österreich wichtige Breitspurbahn-Projekt
von Kosice in den Raum Wien/Bratislava mit kei-
nem Wort erwähnt. Österreichs Regierung sollte
daher dieses Projekt dringend in die EU-Strategie
hineinreklamieren, damit sich Österreich zu einem
Logistik-Knotenpunkt in Zentral- und Osteuropa
entwickeln kann. Neben der Breitspurbahn sei auch
die Schaffung eines Logistikzentrums im Großraum
Wien – Niederösterreich – Burgenland und die bes-
sere Anbindung an Südhäfen wichtig. Dass sich die
EU des Projekts Seidenstraße annimmt, ist erfreu-
lich – nun ist es aber wichtig, das Thema rasch in
die Mitgliedsstaaten zu tragen. Die österreichische
2019 | BRANCHENREPORT | 15TITELGESCHICHTE
Der ONLINEHANDEL
MASTERPLAN boomt - leider an
LOGISTIK
Österreich vorbei
Österreich profitiert zu wenig vom Aufschwung des E-Commerce.
Das ließe sich leicht ändern: Mit einfacheren Zollgesetzen und dem
Ausbau des 5G-Breitbandnetzes bliebe mehr Wertschöpfung im Land.
D
ie jährlichen Steigerungsraten belegen es: Vereinfachung der Zollabwicklung und die Zulas-
Der Online-Handel boomt. Immer mehr sung der direkten Stellvertretung für das Zollver-
Österreicher kaufen auf den virtuellen fahren 4200 in Österreich.
Handelsplätzen auf der ganzen Welt ein. Das hat
auch Auswirkungen auf die Logistik-Branche: Der Spediteur darf nicht für Kunden haften
Onlinehandel bewirkt einen ständig steigenden Bereits seit 16 Jahren schwelt zwischen der österrei-
Transportbedarf. Verbunden ist damit auch eine chischen Speditionswirtschaft und der Zoll- und
steigende Wertschöpfung, denn entlang der gesam- Steuerverwaltung ein Konflikt über die Anwendung
ten Transportkette vom Versand bis zum Empfang dieser Vorschriften. Es geht um die unmittelbar im
der bestellten Ware sind zahlreiche Handgriffe not- Anschluss an die Einfuhr zur Ausführung von in-
wendig, damit die Ware am richtigen Ort zur rich- nergemeinschaftlichen Lieferungen verwendeten,
tigen Zeit eintrifft. steuerfrei eingeführten Gegenstände. Das heißt: Be-
Doch an Österreich geht diese Wertschöpfung geht der Kunde eines Spediteurs im Ausland eine
weitgehend vorbei. Denn die größten Internet- Steuerschuld, wird der Spediteur in Österreich da-
händler befinden sich in anderen Ländern Euro- für in persönliche Haftung genommen, obwohl er
pas, in Amerika oder in Fernost. Das bedeutet, dass von den Ungereimtheiten des Kunden im Ausland
dort ein hohes Maß an Wertschöpfung generiert keine Kenntnis hatte. Diese Rechtslage kann für ein
wird. Österreich partizipiert davon weniger, als es Speditionsunternehmen existenzbedrohend sein.
könnte. Was der ZV daher dringend fordert, ist der Weg-
Damit Österreich seine Rolle als fall der persönlichen Haftung für Zollspediteure
Logistikstandort festigen kann, und deren Mitarbeiter bei Abgabenschulden von
müssen hierzulande mehr E- Auftraggebern. Denn Faktum ist: Die Kriminalisie-
Commerce-affine Betriebe ange- rung von Zolldeklaranten macht es immer schwie-
siedelt und damit Wertschöp- riger, qualifizierten Nachwuchs für diese Tätigkeit
fung ins Land geholt werden. zu finden.
Der Zentralverband Spedition
& Logistik (ZV) hat in seinem 5G muss schnell kommen
Masterplan Logistik 2025 klar Das E-Commerce-Business benötigt auch eine ta-
formuliert, worauf es an- dellose Infrastruktur. Der Ausbau der Breitband-
kommt: Einige gesetzliche Versorgung in ganz Österreich sollte von der Politik
FOTO: GETTY IMAGES
Rahmenbedingungen gehö- als wichtiges Anliegen gesehen werden. Absolut
ren dringend geändert. Der notwendig ist es, innerhalb der nächsten fünf Jahre
Weg zu einem attraktiven im ganzen Land ein leistungsfähiges 5G-Breitband-
E-Commerce-Standort netz aufzubauen – denn dieses ist die Basis für ei-
führt über eine sofortige nen florierenden E-Commerce-Sektor.
16 | BRANCHENREPORT | 2019LOGISTIKSTANDORT ÖSTERREICH
LOGISTIK-BRANCHE
MASTERPLAN
LOGISTIK zeigt kräftig Flagge
Mit Austrian Logistics gibt es erstmals eine Dachmarke der
Logistikbranche. Sie steht für Exzellenz und holt die Leistungen
der Branche auf die öffentliche Bühne. Der ZV Spedition & Logistik
unterstützt seine Mitglieder dabei, diese Marke effizient zu nutzen.
E
s war ein lang ersehnter Durchbruch: Im ver- Internationale Wahrnehmung
gangenen Jahr wurde unter der Schirmherr- Jetzt geht es darum, die Marke intensiv zu nutzen.
schaft des Bundesministeriums für Verkehr, Der Zentralverband unterstützt seine Mitglieder auf
Innovation und Technologie (BMVIT) die promi- dem Weg zu einer Markenpartnerschaft. Je mehr
nente Dachmarke Austrian Logistics präsentiert. Unternehmen sich zu einer Partnerschaft mit der
Bei der Entwicklung der Marke war der Zentralver- Logistikbranche bekennen, umso besser kann der
band Spedition & Logistik maßgeblich beteiligt. Er Wirtschaftsstandort Österreich international wahr-
ist auch starker Partner dieser Marke, mit der ein genommen werden. Partner von Austrian Logistics
international sichtbares Zeichen gesetzt wird, wel- profitieren vom Imagetransfer der Marke auf ihr
che große Bedeutung die Logistik in Österreich hat Unternehmen. Sie zählen damit zum Netzwerk der
Was die Marke und wie wichtig sie als Rückgrat für eine prosperie- Besten ihrer Disziplin und stärken die Reputation
Austrian Logistics rende Volkswirtschaft ist. bei den Kunden. Durch Kontakt und Informations-
bewirkt: Austrian Logistics ist der gemeinsame Marken- austausch besteht die Möglichkeit, zu lernen und
auftritt der österreichischen Logistikbranche nach das Unternehmen laufend weiterzuentwickeln.
Erhöhung der nationalen
und internationalen
außen. Durch die Marke werden die Vorzüge der Gleichzeitig setzen die Partnerunternehmen ein
Sichtbarkeit der österrei- Logistik Österreichs als innovative, hocheffiziente, Zeichen für ihre Bereitschaft, Verantwortung für
chischen Logistik bei Wohlstand schaffende und ressourcenschonende wegweisende, ressourcenschonende und hochwer-
Entscheidungsträgern Disziplin bei allen Stakeholdern kommuniziert. Sie tige Logistikleistungen zu übernehmen.
aus Politik, Industrie, hebt die exzellenten Leistungen österreichischer Lo-
Handel sowie in der gistik hervor und richtet den Blick auf Unterneh- Auszeichnung für Exzellenz
Öffentlichkeit
men, die mit Engagement und Innovationskraft er- Für die Markenpartnerschaft fallen keine Kosten
Stärkung der Zusam- folgreich neue Wege gehen. Ein wichtiger Schwer- an. Sie gilt für einen Zeitraum von drei Jahren, wo-
menarbeit, Austausch punkt von Austrian Logistics ist die fachgerechte bei eine Verlängerung grundsätzlich möglich ist.
von Wissen zwischen und zukunftsorientierte Ausbildung. Die Salzburger Lagermax-Unternehmensgruppe ist
den Stakeholdern
einer der neuen Partner. Mit der Verleihung der
Bewusstseinsbildung für Partnerschaft haben die Markenträger mit dem
wichtige Themen der Bundesministerium für Verkehr, Innovation und
Disziplin Logistik Technologie (BMVIT) an der Spitze dem traditions-
Attraktivierung der reichen Speditionsunternehmen eine hervorragen-
Berufsbilder und Unter- de Logistik-Qualität bestätigt.
stützung zukunfts-
FOTO: WOLFGANG WOLAK
gerichteter Aus- und
Weiterbildung
Detailinformationen
gibt es auf der Mit Zähigkeit erkämpft, mit Stolz präsentiert:
Website: Verkehrsminister Norbert Hofer, der damalige ZV-Präsident
Wolfram Senger-Weiss und ZV-Geschäftsführer Oliver Wagner
www.austrianlogistics.at (von links).
18 | BRANCHENREPORT | 2019INTERVIEW
„Logistik muss
dezentraler werden“ ALEXANDER FRIESZ, Präsident des Zentralverbandes
Spedition & Logistik, über Nacht-70er, fehlende Flächen
und warum Lkw in anderen EU Ländern mehr Sprit
sparen dürfen.
Die Logistikbranche ist das zentrale Nervensystem
20 | BRANCHENREPORT | 2019Herr Friesz, als neuer Präsident des Da hat sich in den vergangenen Jahren viel getan,
Zentralverbandes Spedition & Logis- auch dank unserer Initiativen. Inzwischen haben
tik: Wie wird sich der Zentralverband sowohl Industrie als auch Politik erkannt, dass die
weiter entwickeln? Logistikbranche das zentrale Nervensystem für Ös-
Alexander Friesz: Der Zentralverband terreichs Wirtschaft ist und ein funktionierendes
hat sich in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich System die Voraussetzung für die Zukunft des Wirt-
entwickelt, mein Vorgänger Wolfram Senger-Weiss schaftsstandortes. Österreich ist 2018 zum weltweit
hat ihn auf neue Beine gestellt. Mit dem Master- viertbesten Logistikstandort gekürt worden. Dahin-
plan 2025, der Installierung eines Logistikbeauf- ter steckt eine Leistung, auf die wir wirklich stolz
tragten im BMVIT und der Marke Austrian Logis- sein können, aber wir dürfen uns darauf nicht aus-
tics sind uns Meilensteine gelungen. Jetzt geht es ruhen. Um diese Spitzenposition zu halten, brau-
darum, den eingeschlagenen Weg konsequent fort- chen wir auch die Unterstützung der Politik.
zusetzen und den Logistikstandort Österreich zu-
kunftsfit zu machen. Flächendeckendes Internet Im Regierungsprogramm hat Logistik erstmals
und ein leistungsfähiges 5G-Mobilfunknetz sind einen größeren Stellenwert. Ein Durchbruch?
Mindestvoraussetzung für ein modernes Infrastruk- Wir hatten in den vergangenen fünf Jahren vier
tur-Management, um nur einen Aspekt zu nennen. Verkehrsminister, das war nicht besonders hilfreich.
Insofern bin ich sehr froh, dass wir jetzt einen Mi-
Das vergangene Jahr war für die Branche sehr nister haben, der das Thema Logistik ernster zu
positiv, die gute Konjunktur hat für volle Auf- nehmen scheint. Die Umsetzung von wichtigen Lo-
tragsbücher gesorgt. Wie sieht es heuer aus? gistikschwerpunkten ist aber noch ausständig. Als
Die Entwicklung im Jahr 2018 war tatsächlich Unternehmer bin ich gewohnt, Daten und nicht Ab-
sehr positiv. Für heuer ist die Einschätzung nicht sichten zu messen. Der Zentralverband hat mit dem
mehr ganz so optimistisch. Die Logistikbranche ist Masterplan 2025 eine sehr gute Grundlage für not-
ja ein Frühindikator für die wirtschaftliche Ent- wendige Maßnahmen geschaffen, diese werden wir
wicklung, und da zeigt sich, dass die Auftragsein- weiter intensiv lobbyieren.
gänge langsam zurückgehen. Generell ist die Mar-
gensituation in der Branche sehr angespannt. Welches sind die größten Baustellen, bei denen
Sie Unterstützung der Politik brauchen?
Woran liegt das? Ein ganz wichtiges Thema ist die Flächenwid-
Hauptsächlich an der immer schwieriger wer- mung. Wir brauchen dringend eine bundesweit ein-
denden Personalsituation – denn gute Fachkräfte heitliche Regelung für die Widmung von Logistik-
sind rar. Und der Bedarf an Fachkräften wird ja im- flächen sowie eine Beschleunigung der Genehmi-
mer größer, da inzwischen auch Lagerarbeiter eine gungsverfahren. Derzeit sind die administrativen
gute Qualifizierung brauchen, weil in einem mo- Prozesse viel zu kompliziert, es gibt zu viele Stellen,
dernen Logistikzentrum vieles digital mit dem Ta- die mitreden und mitentscheiden.
blet und Scannern gesteuert wird. Das bedeutet an-
dererseits, dass die Löhne in unserer Branche stei-
gen, was die Margen unter Druck bringt. Aber zu
Ist das Grundproblem, dass kein Bürgermeister
Lkw-Verkehr in seiner Gemeinde haben will?
Alexander
jammern ist nicht unsere Art, wir gehen die Dinge
aktiv an. Unser Ziel ist es, vom Transit-Land zum
Ja, das ist der Kernpunkt. Aber es gibt ja in fast
jeder Gemeinde auch Grünflächen, die etwas ab-
Friesz
ist seit Ende 2018 neuer
führenden Logistik-Hub in CEE zu werden und seits liegen und wo niemand gestört wird. Um die-
FOTO: MATT OBSERVE
Präsident des Zentral-
mehr Wertschöpfung nach Österreich zu holen. se geht es. Und eines muss ich deutlich sagen: Wenn verbandes Spedition &
man an die Zunahme von Paketen durch den On- Logistik. Der 63-Jährige
Hat die Logistik-Branche in Österreich in der line-Handel denkt und man die Bevölkerung gut ist Miteigentümer und
politischen und öffentlichen Wahrnehmung und umweltfreundlich versorgen will, wird es not- Vorstandsmitglied des
einen zu geringen Stellenwert? wendig sein, kleinere regionale Logistikzentren zu Logistikunternehmens
Lagermax. Friesz ist seit
schaffen – auch im Interesse der Wertschöpfung im
über 20 Jahren im Zen-
Land. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Es gibt in Nord- tralverband engagiert
Österreichs. deutschland einen sehr großen Versender von Hun-
de- und Katzenfutter. Derzeit wird die bestellte
und hat auch einige
Leitungsfunktionen in
Ware in Einzellieferungen durch ganz Deutsch- der WKO.
2019 | BRANCHENREPORT | 21INTERVIEW
Commerce muss es dem Kunden ermöglichen, den
Zustelldienst frei zu wählen. Nur so sind faire Prei-
se und Kostentransparenz möglich. Und dabei geht
es auch um die Reputation der Zustelldienste.
Egal, wie lange ich zuhause bin, der Paketbote
kommt immer dann, wenn ich gerade weg bin.
Warum ist das so?
Also da kann ich Sie beruhigen, da wird sich in
den nächsten zwei, drei Jahren sicher einiges än-
dern, zum Beispiel durch eine genauere mobile Ab-
stimmung von Zusteller und Empfänger. Aber dafür
benötigen wir auch ein perfekt funktionierendes
Klare Ansage: Alexander 5G-Netz in Österreich und den raschen Ausbau des
Friesz im Gespräch mit
Wirtschaftsjournalist
Breitband-Internets.
Arne Johannsen
Warum sind 5G-Netz und Breitband-Internet
so wichtig?
Wir haben in der Logistik immer mehr Daten zu
land nach Österreich gebracht, was unter dem As- verarbeiten, darunter auch Geodaten. Diese helfen
pekt der Verkehrs- und Umweltbelastung verrückt uns, in Echtzeit die Verkehrs- und Wettersituation
ist. Optimal wäre es, ein Sub-Lager in Österreich zu zu erfassen und entsprechend zu reagieren, also
haben und von dort dezentral auszuliefern. zum Beispiel Lkw auf andere Routen umzuleiten
oder Waren auf andere Verkehrsträger wie Schiene
Geht die Entwicklung in diese Richtung? und Schiff zu verlagern. Außerdem ist eine zeitge-
Ja, davon bin ich überzeugt. Wir haben seit 20 mäße digitale Infrastruktur die Basis für das Inter-
Jahren den Trend zu großen Zentrallagern, von de- net der Dinge und auch möglichst unterbrechungs-
nen aus ganz Europa versorgt wird. Nachdem Stu- freie Verkehrsströme.
dien sagen, dass das Verkehrsaufkommen bis 2030
um 50 Prozent steigen wird, kann das nicht gutge- Die Branche setzt sich stark für die neue Sei-
hen. Wenn man die Logistik nicht rechtzeitig de- denstraße ein. Wie steht es um dieses Projekt?
zentralisiert, werden wir dann alle nur noch im Stau Die Seidenstraße ist eine Jahrhundertchance, die
stehen. Aber dafür brauchen wir Flächen. wir nutzen müssen, und zwar im Interesse der ös-
terreichischen Volkswirtschaft. Es ist daher erfreu-
Wie ist die Zustellung in den Städten zu lösen? lich, dass sich immer mehr europäische Politiker
Auch hier brauchen wir die Unterstützung der positiv für dieses Projekt aussprechen. Wichtig ist
Politik, um in den Städten City Hubs einzurichten. es, den Umschlagplatz von der Breitspur- auf die
Die Menge an Paketen steigt durch den Online- Normalspurbahn nach Österreich zu bekommen.
Handel so eklatant, das wird anders nicht zu bewäl- Denn dann kann Österreich wirklich zusätzliche
tigen sein. Noch werden die Pakete von der Peri- Wertschöpfung generieren. Sonst bleibt uns nur der
pherie her ausgeliefert, da fahren dann täglich un- Transitverkehr, und das kann nicht das Ziel sein.
nötig viele Transportfahrzeuge hin und her. Auf
lange Sicht wird das nicht funktionieren. Von City Ist die Zukunft der Mobilität elektrisch?
Hubs aus kann die Belieferung dann auch durch Aus meiner Sicht ist Elektromobilität nicht der
Unterstützung von Fahrrädern und E-Fahrzeugen Weisheit letzter Schluss. Es wird einen Mix aus ver-
erfolgen, das wird die Zukunft sein. schiedenen Antriebsformen geben müssen, darun-
ter Wasserstoff, den ich bezogen auf große Lkw für
Sie fordern im Masterplan 2025 auch die Libe-
ralisierung des Marktes für Kurier- und Ex-
pressdienste. Was steckt dahinter?
Das geplante EU-Gesetz für grenzüberschreiten- Weniger Restriktionen
de Paket-Dienstleistungen zur Förderung des E-
22 | BRANCHENREPORT | 2019Plädiert für ein-
heitliche Regeln:
Alexander Friesz
Zum Beispiel?
Notwendig ist eine Harmonisierung zulässiger
Maße und Gewichte. So gibt es zum Beispiel unter-
schiedliche rechtliche Vorgaben für die Länge von
Autotransportern. In Österreich ist das im Ver-
gleich mit anderen Ländern eher restriktiv geregelt.
Das bedeutet, dass Autotransporter aus dem Aus-
land nicht voll beladen werden können. Bei einer
Länge von 20,75 Meter könnten ein bis zwei zusätz-
liche Autos pro Fahrt transportiert werden. In Sum-
me würde das pro Jahr 100.000 Ladungen einspa-
ren, das sind 600 Lkw weniger auf Europas Straßen
und eine CO2-Einsparung von 63.000 Tonnen.
Ähnlich ist es bei der Verbesserung der Aerodyna-
mik der Lkw. In vielen Ländern sind die Vorschrif-
ten nicht so eng gefasst, was Länge und Form be-
trifft. Möglich sind bis zu 30 Prozent Energieein-
sparung zusätzlich bei einem ohnehin schon
optimierten Euro-6-Motor. 30 Prozent Einsparung,
das müssen Sie sich mal vorstellen! Das schafft der-
zeit keine technische Lösung.
die intelligenteste Antriebslösung halte. Für die Ci-
tylogistik sind E-Mobile eine sinnvolle Sache, im Gelockert wurde immerhin die Tempo-Begren-
Schwertransport schon weniger. zung von 60 km/h für Lkw in der Nacht auf der
Autobahn. Sie sind damit zufrieden?
Weil die halbe Ladefläche blockiert wäre? Die Abschaffung dieses „Nacht-60ers“ ist eine
Das Problem ist nicht das Volumen, das Gewicht lange Forderung des Zentralverbandes Spedition &
ist der limitierende Faktor. Da ließe sich dann fast Logistik. Insofern freut es uns, dass Minister Hofer
nichts anderes mehr transportieren. Entscheidend sich bei diesem Thema bewegt. Allerdings wäre eine
ist, neue Ideen und deren Umsetzungen zu erleich- Erhöhung auf Tempo 80 im Sinne der Feinstaubbe-
tern. Das beginnt bei einem mehrjährigen Förder- lastung und des Unfallrisikos zielführender gewe-
programm für den Erwerb von E-Fahrzeugen bis sen. Eine Studie der TU Wien kommt überra-
zur verkürzten Abschreibungsdauer für E-Lkw von schend klar zu dem Ergebnis, dass moderne Lkw
vier Jahren. In Deutschland sind Lkw mit Alterna- bei Tempo 80 signifikant weniger Schadstoffe emit-
tivantrieb gänzlich von der Maut befreit, das wäre tieren als bei Tempo 60.
auch in Österreich ein sinnvoller Ansatz.
Und welche Prioritäten stehen jetzt beim Zen-
Tut die Branche genug für den Umweltschutz? tralverband an oberster Stelle?
Wir verfolgen dieses Thema sehr intensiv. Der Die Regierung muss jetzt vom Reden ins Tun
Anteil der modernen Euro-6-Lkw ist beachtlich kommen. Und wir als Verband werden darauf
hoch. Und das ist wirklich ein großer Fortschritt: schauen, dass das auch geschieht. Das bedeutet:
FOTOS: MATT OBSERVE (2)
Ein einziger Schwerlast-Lkw der neunziger Jahre Die oberste Aufgabe des Zentralverbandes wird wie
hat so viel Abgase ausgestoßen wie jetzt 20 dieser bisher das hartnäckige Vorantreiben der Interessen
modernen Euro-6-Fahrzeuge zusammen! Aber es unserer Mitglieder und der gesamten Branche sein,
geht nicht nur um technische Fragen, wir quälen auch im Interesse Österreichs. Denn die Logistik ist
uns beim Thema besserer Umweltschutz auch mit das zentrale Nervensystem der Wirtschaft. Da wer-
einigen wenig sinnvollen Gesetzen. den uns die Themen nicht so schnell ausgehen.
könnten helfen, tausende Tonnen von CO2 zu sparen.
2019 | BRANCHENREPORT | 23AUSBLICK
Die GROSSEN THEMEN
der Logistik-Branche
Die Umsetzung des Masterplans und die Chancen der Digitalisierung sind
für Wolfram Senger-Weiss und Peter Umundum, Vizepräsidenten des
Zentralverbandes, zentrale Themen für die Branche – und für Österreich.
E
ine funktionierende Logistikindustrie ist ein wird. Durch das „Internet der Dinge“ wird die
Standortvorteil und bringt Wertschöpfung Wertschöpfung der Logistiker in der Produktions-
nach Österreich. Das sichert den Wohlstand kette eines Produkts immer tiefer, die Werkbank
in Österreich und platziert das Land mit einem BIP wird durch die Logistik verlängert, und das ist
von rund 54.000 US-Dollar pro Kopf (2018) auf den durchaus im Sinne der heimischen Logistik-Wirt-
vierten Rang in Europa. Gleichzeitig steigen die schaft, so Peter Umundum, Vizepräsident und Lei-
Herausforderungen für die Verkehrswirtschaft, weil ter des Ressort Supply Chain Management im Zen-
die voranschreitende Digitalisierung nicht nur das tralverband Spedition & Logistik. Logistiker sind
wirtschaftliche, sondern das gesellschaftliche Ver- Strippenzieher, und die Fourth Party Logistics
halten einem Veränderungsprozess unterwirft. Die- (4PL) ist ihre Königsdisziplin. Mit profunder
se Veränderungen bedeuten Chancen und Risiken Marktkenntnis und einem lückenlos verwobenen
und die Stimmung in der österreichischen Logistik- Netzwerk lässt sich die Welt bewegen.
Wirtschaft wird eher von den sich bietenden neuen Vor zwei Jahrzehnten wurde dieses Geschäfts-
Chancen getragen, davon ist Wolfram Senger- modell noch belächelt, dabei waren die Anbieter
Weiss, Vizepräsident des Zentralverbandes Spedi- damals ihrer Zeit voraus. Die digitale Infrastruktur
tion und Logistik und Ressortleiter KEP, überzeugt. und innovative Softwareprodukte verhelfen dem
Er hat die vergangenen Jahre bis Ende 2018 als
Präsident des Zentralverbandes das Bild der öster-
reichischen Logistik-Branche stark geprägt und we-
sentlich zum Entstehen des Masterplans Logistik
2025 beigetragen. Dieser Plan an die Adresse der
politisch Verantwortlichen und der in die Logistik
involvierten Stakeholder versteht sich als roter Fa-
den für zukunftsgerichtete Entscheidungen. „Unse-
re Branche wertet es als positives Signal, dass die
jetzige Bundesregierung das Thema Logistik in ihre
Handlungsagenda aufgenommen hat“, betont Sen-
FOTOS: WOLFGANG WOLAK, APA /HOCHMUTH
ger-Weiss und ergänzt: „Eine funktionierende
Volkswirtschaft braucht nicht nur unternehmer-
Eine funk- freundliche Rahmenbedingungen, sondern auch
tionierende eine gute Verkehrsinfrastruktur in einem wettbe-
Volkswirtschaft werbsfähigen Setting, die es ermöglicht, Logistik
braucht eine mit hohem Qualitätsanspruch zu erbringen.“
gute Verkehrs-
infrastruktur. Erfolgreiche Logistik punktet mit Know-how
Spediteure und Logistiker werden als Architekten
Wolfram Senger-Weiss des Transports umso stärker gefordert, je größer der
Vizepräsident des Zentralverbandes
Spedition & Logistik Bedarf nach anspruchsvollen Logistik-Lösungen
24 | BRANCHENREPORT | 2019Sie können auch lesen