Wandern & Wundern Seite 6 9

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Wandern & Wundern

                       Seite 6 – 9

Wenn der Hahn kräht auf dem
Mist ...
                 Seite 10 – 13

Der Vollstrecker ...

                   Seite 20 – 21

                                     DER WESTERWALD 4/20   1
Wandern & Wundern Seite 6 9
Vorwort

                                 Wie geht es
                                 				     weiter ...
                          ... mit der Krise, dem Klima, dem Wald, dem         ne Heimat, liegt uns zu Füßen. Ganz im Süden
                          Wandern, den Vereinen, dem Stegskopf und und        erscheint alles überragend der Große Feldberg
                          und? Wer weiß es? Zum Klima und damit auch          (880 m ü. NHN) im Taunus, mit seiner breiten,
                          zum Wetter in unserem Westerwald lesen Sie auf      stattlichen Kulisse.
                          Seite 10 ein Interview mit Björn Goldhausen.
                          Zum Thema Stegskopf hatte ich neulich einen         Die Aussichtsplattform – auf der mein Freund
                          schönen Traum. Es sei mir erlaubt, davon zu be-     und ich stehen – das drüber installierte Dach, als
                          richten:                                            auch die gesamte Treppenkonstruktion sind aus
                                                                              Fichtenholz der näheren Umgebung gebaut, von
                          „Guck mal, ganz dahinten am Horizont, siehst du     dem ja zuletzt mehr als genug vorhanden war.
                          dort den Höhenzug?“, frage ich meinen besten        Die äußeren Hauptstützen wurden aus einheimi-
                          Wanderfreund Klaus, der mit mir die 189 Stufen      scher Douglasie gefertigt.
                          auf die in 36 m Höhe liegende Plattform des neu-
                          en Aussichtsturms auf dem Stegskopf                             Der Blick nach unten ist ebenso
                          gestiegen ist. „Ja, sehe ich, aber was ist                      schön, wie der Blick in die Ferne. Wir
                          das für ein Gebirge?“, „Es ist der Hohe-                        sehen ein Natur- und Kulturzentrum
                          rodskopf (760 m ü. NHN) im Hohen                                in einem parkähnlichen Gelände mit
                          Vogelsberg in Mittelhessen, ca. 85 km                           einer großen Wildblumenwiese. Eini-
                          Luftlinie in Richtung Ost-Süd-Ost von                           ge Häuser des ehemaligen Lagers wer-
                          hier entfernt.“                                                 den von Erzeugern genutzt, die vieler-
                                                                                          lei regionale Produkte anbieten. Ein
                          Der Westerwälder Wind pfeift uns an                             anderes Gebäude ist für heimische
                          diesem klaren Herbsttag ganz schön                              Künstler vorgesehen, die dort ihre
                          um die Nase. Wir beide sind fasziniert,                         Objekte ausstellen können. Links das
                          ja gerührt, von dieser grandiosen Aus-                          größere Gebäude ist nur für Infor-
                          sicht, die wir von hier oben haben.                             mationen über Natur und Geologie
                                                                                          in der Region zuständig. Ein Aben-
                          Unser Blick schweift Richtung Nor-                              teuerspielplatz für Kinder ist eben-
                          den über das Lahn-Dill-Bergland zum „Land           falls da. Viele Wanderer und Radfahrer aus allen
                          der 1.000 Berge“, ins Sauerland. Ganz deutlich      Teilen Deutschlands und darüber hinaus nutzen
                          erkennen wir den in ca. 60 km Entfernung lie-       diese Stätte der Begegnung. Wir beide, Horst
                          genden Kahlen Asten, den höchsten Berg im Ro-       und ich, sind mächtig stolz, im Westerwald-Ver-
                          thaargebirge auf einer Höhe von 840 m ü. NHN.       ein Mitglied zu sein, von dem die Idee zu dem
                          Weiter Richtung Nord-Nordwest sehen wir über        Turm-Projekt kam. Der größte Teil der Kosten
                          das Daade- und Siegtal hinaus die vielen Hügel      wurde von Sponsoren abgedeckt. Der Rest kam
                          des Bergischen Landes. Noch weiter westlich se-     vom Land, den Kreisen und dem Verein.
                          hen wir das Siebengebirge. „Das sind doch nicht     Plötzlich hören wir beide donnernde Geräusche
                          die Türme vom Kölner Dom am Rhein?“, fragt          von schweren Baumaschinen ...
                          mich mein Begleiter, „doch genau die sind es“,
                          antworte ich voller Überzeugung, „die sind ca. 80   Voller Schreck wurde ich wach, saß kerzengera-
                          km von hier weg.“ Noch weiter westlich sind die     de im Bett und mir wurde klar – ich hatte einen
                          Hohe Acht (740 m ü. NHN) in der Eifel und wei-      Traum.
                          ter südlich die Hunsrückhöhen bei Rheinböllen       Viel Spaß beim Lesen wünscht Fachbereichs-
                          zu sehen. Der gesamte Westerwald, unsere schö-      leiter Publikationen:

2   DER WESTERWALD 4/20                                                                                              DER WESTERWALD 4/20   3
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             Inhalt                                                                    Termine                                                                       Zwei Erste-Hilfe-Kurse für Wanderführer*innen
 5 Zwei Erst-Hilfe-Kurse für                         		                                                                                                              Für alle eine gute Gelegenheit, damit im Notfall keine Fehler gemacht werden
		Wanderführer*innen                                  06. – 10. 2020 Tagung Regionalinitiative Mittelrhein
                                                                                                                                                                     Im Schulungsraum des DRK-OV Meudt konnte Rai-                     de der Wunsch geäußert, diese Veranstaltung regelmäßig,
 6 – 7 Rotkäppchen kennt jeder,                                                                                                                                      ner Lemmer, Initiator der Veranstaltung, am 29.02.2020            d. h. einmal im Jahr, durch den Hauptverein anzubieten.
		 aber wer ist „Herke“                               07.10.2020 Vorstandssitzung/Mitgliederversammlung                                                              18 hochmotivierte Teilnehmer begrüßen. Wanderführer aus den
                                                     		 Freundeskreis Landschaftsmuseum                                                                              Zweigvereinen Eitelborn, Höhr-Grenzhausen, Bad Marienberg,        Die Idee, jedes Jahr ein bestimmtes Thema mit Wanderbezug
 8 – 9 „Schnattern im Wald und
                                                                                                                                                                     Montabaur, Höhn, sowie vom Hauptverein hatten sich zu dem         „in der Tiefe“ zu behandeln und dies zusätzlich zu den durch
		 Feld - eine Wanderung nicht
                                                                                                                                                                     Erste-Hilfe-Kurs angemeldet. Bei einigen                                               den Gesetzgeber geforderten Elementen
		 nur für Frauen!“
                                                     23. – 24.10.2020 Fachwartetagung Deutscher Wanderverband                                                        Kursteilnehmern lag die letzte Schulung                                                wie Wiederbelebung, stabile Seitenlage,
10 –13 Wenn der Hahn kräht auf
                                                                                                                                                                     dieser Art zwanzig Jahre zurück.                                                       etc. durchzuführen, fand ebenfalls Gefal-
                                                     		 in Köln                                                                                                                                                                                             len.
		 dem Mist ...
                                                                                                                                                                     Der zweite Kurs fand 14 Tage später, am                                                Großes Lob von allen Beteiligten an
14 – 15 „Das Wandern ist des                                                                                                                                         14.03.2020, beim DRK-Stützpunkt in                                                     Schulungsleiter Christian Wagner für die
                                                                    24.10.2020 Vertreterversammlung Landesverband Hessen                                             Langenhahn statt. 14 Teilnehmer aus den                                                interessante und professionelle Vermitt-
		 Müllers Lust ...“
                                                                                                                                                                     Zweigvereinen Fluterschen, Bad Ems,                                                    lung der Lehrgangsinhalte.
16 – 17 Traditionsreiche Wasser-                                                                                                                                     Westerburg, Selters, Höhr-Grenzhausen
                                                      30.10.2020 Mitgliederversammlung
		 mühlen am Kallenbach bei                                                                                                                                          und Montabaur waren gekommen, um ihr                                                  Rainer Lemmer machte im Anschluss
		Obershausen                                        		 Deutscher Wanderverband in Kassel                                                                            Wissen aufzufrischen, in Notfällen sach-                                              noch den Vorschlag, evtl. eine gemeinsa-
                                                                                                                                                                     gerechte Erste-Hilfe leisten zu können.     Foto: Rainer Lemmer                       me Wanderung mit Erste-Hilfe-Bezug im
     18 Ursula Geißler, Unser Nach-                                                                                                                                                                                                    Gelände durchzuführen.
		 bar – ein Künstler                                 03.11.2020 Hauptvorstandssitzung Westerwald-Verein                                                             Beide Kurse fanden im Zeitraum von 8.30 bis 16.30 Uhr statt.      Wann der nächste Erste-Hilfe-Kurs vorgesehen ist, wird den
			                                                  		 in Montabaur                                                                                                 Diese Schulungsmaßnahme des Hauptvereins ist von den              Zweigvereinen frühzeitig bekannt gegeben und auf der Home-
20 – 21 Der Vollstrecker                                                                                                                                             Teilnehmenden sehr positiv aufgenommen worden! Es wur-            page des Westerwald-Vereins unter Termine aufgeführt.

26 – 27 1.001 km auf dem Weg in                           06. od. 7.11 2020 Marienstatter Zukunfts-Gespräche (Digital)
		 die Freiheit                                                                                                                                                      „Wandern für Welt-Entdecker! - Mit Kindern und Familien unterwegs“
        30 Zehn kleine ...                            07.11.2020 Jahreshauptversammlung                                                                              Interessante Fortbildung für Wanderführer*innen
                                                                                                                                                                     Am 20. August 2020 fand in der Krop-        das geschichtsträch-
                                                     		 Westerwald-Verein in Daaden
                                                                                                                                                                     pacher Schweiz eine Fortbildung statt,      tige Kloster Marien-
                                                                                                                                                                     die nur ein Thema hatte: „Wandern           statt, konnte Elsner
                                                                    25.11.2020 Geschäftsführertagung in Kassel                                                       mit Kindern und Familien“. Zu diesem        viele Impulse geben,
                                                                                                                                                                     „Wanderseminar“ hatte der Deutsche          wie Familienwande-
                                                                                                                                                                     Wanderverband in Zusammenarbeit mit         rungen mit Kindern
                                                                    03.06.2021 Berlin-Reise des Westerwald-Vereins                                                   dem Westerwald-Verein eingeladen. Die       geplant und erfolg-
Foto Titelseite: Das Land
Uta Henrich      Rhein-                                                                                                                                              Schulung wird für die Verlängerung des      reich durchgeführt
                        land-Pfalz                                                                                                                                   DWV-Wanderführer-Zertifikats anerkannt.     werden. Besonders
                        unterstützt die
Blick auf die           Herausgabe                   01. – 06.07.2021 Deutscher Wandertag                                                                                                                        anschaulich      wur-
Köttinger               der Zeitschrift                                                                                                                              Bei bestem Wanderwetter begrüßten           den praktische Bei-
Mühle bei               mit finanziel-               		 in Bad Wildungen                                                                                             Anne-Christine Elsner, Familienrefe-        spiele besprochen,
Obershausen.            len Mitteln.
                                                                                                                                                                     rentin des Deutschen Wanderverbands         die dann auch von
                                                                                                                                                                     und Rainer Lemmer, Westerwald-Verein,       den Schulungsteil-
Foto Seite 3:
Touristik                                                                                                                                                            fünfzehn Wanderführer*innen in Mari-        nehmern       auspro-              Die „Ast-Karawane“, Foto: Rainer Lemmer
Wiel/Schweiz                                                                                                                                                         enstatt bei Hachenburg im Westerwald.       biert wurden. Der
                                                                                                                                                                     Um junge Generationen fürs Wandern          „Waldgeist“ der rund um das Historische Pfälzerwald Verein, stellten die Wander-
                                                                                                                                                                     zu begeistern, sind Familienwanderun-       Schieferbergwerk sein zu Hause haben führer*innen des Westerwald-Vereins
                                                                         Impressum                                                                                   gen genau richtig und vielleicht sogar in   soll oder die „Ast-Karawane“ die ein die größte Teilnehmerzahl. Beim ab-
Herausgeber: Westerwald-Verein                       Anzeigenannahme:                                        beitung der Beiträge vor. Für den einzelnen Beitrag
                                                                                                                                                                     der momentanen Zeit der Beschränkun-        ganz neues Empfinden der Umgebung schließenden Résumé und dem Feed-
Geschäftsführer: Aloisius Noll, Koblenzer Str. 17,   WWV-Geschäftsstelle, Jutta Heibel                       ist der Verfasser verantwortlich. Die Einsender         gen ein probates Mittel um auch das In-     ermöglichte, sorgten für viel Spaß und back jedes einzelnen Teilnehmers der
56410 Montabaur, Tel.: 0 26 02 / 9 49 66 90,         Koblenzer-Straße 17, 56410 Montabaur,                   erklären sich damit einverstanden, dass ihre Beiträge   teresse von Familien am Wandern und an      Abwechslung bei der Schulung.             Fortbildung, konnte man förmlich spü-
Fax: 0 26 02 / 9 49 66 91,                           Tel.: 0 26 02 / 9 49 66 90, Fax: 0 26 02 / 9 49 66 91   insgesamt oder teilweise bzw. Hinweise auf sie auf
www.westerwaldverein.de,                             E-Mail: jutta.heibel@westerwaldverein.de                der Homepage des Westerwald-Vereins im Internet         den Wandervereinen zu wecken.               Besonders positiv hervorgehoben wurde ren, dass der „Funke“ übergesprungen
E-Mail: alois.noll@westerwaldverein.de.                                                                      veröffentlicht werden.                                                                              von allen Teilnehmern der intensive Aus- war. Auch die Wanderführer der Zweig-
                                                     Geschäftszeiten:                                        Herausgeber und Redaktion müssen nicht mit der
Redaktion und Gestaltung:                            Dienstag, Mittwoch u. Donnerstag 8.00 – 12.30 Uhr.      Auffassung der Autoren übereinstimmen.                  Im Fokus der ganztägigen Ausbildung         tausch der Ideen und Erfahrungen unter- vereine des Westerwald-Vereins TV
Hans-Jürgen Pletz, Südstraße 3,                                                                              Der Abdruck mit Quellenangabe ist vorbehaltlich der     standen Kinder im Kindergarten- und         einander. Wertvolle Anregungen konnten Hangelar, Helmeroth, Fluterschen, Mon-
56479 Willingen, Tel.: 0 26 67 / 96 90 24,           Konto: Sparkasse Westerwald-Sieg                        Zustimmung des Autors erlaubt.
E-Mail: redaktion@westerwaldverein.de                IBAN: DE72 5735 1030 0000 5166 66                       Die Adressen der Autoren können bei der Redaktion       Grundschulalter mit ihren Eltern und        dadurch mit nach Hause genommen wer- tabaur und vom Taunusclub Bad Ems
                                                                                                             erfragt werden. Berichte, Fotos, Informationen usw.,    Großeltern. Während einer 8 km lan-         den.                                      hatten schon erste Ideen entwickelt, wie
Druck:                                               Unaufgefordert eingereichte Manuskripte und Bilder      die nach Redaktionsschluss eingereicht werden,
Druckerei Hachenburg· PMS GmbH,                      werden nur zurückgesandt, wenn Rückporto beige-         können nicht mehr berücksichtigt werden.                gen Wanderung durch die landschaftlich      Besonders erfreulich, neben Teilneh- sie das gelernte vor Ort in ihren Vereinen
Saynstraße 18, 57627 Hachenburg                      fügt wurde. Die Redaktion behält sich eine Überar-      Redaktionsschluss Ausgabe 1/21: 20.11.2020              schöne Kroppacher Schweiz, rund um          mern aus dem Eifel-Verein und dem umsetzen werden.
4          DER WESTERWALD 4/20                                                                                                                                                                                                                                           DER WESTERWALD 4/20      5
Wandern & Wundern Seite 6 9
Wandern

„Rotkäppchen kennt jeder,                                                                                                                                                                                      lungen jungfräulich bleiben musste, ihre
                                                                                                                                                                                                               aufkeimende Liebe zu einem Jüngling
                                                                                                                                                                                                               ihres Stammes leider nicht bezwingen

      aber wer ist Herke?“                                                                                                                                                                                     konnte. Tapfer kämpfte sie zwar gegen
                                                                                                                                                                                                               ihre Begierde an. Dennoch, als am Sonn-
                                                                                                                                                                                                               wendabend der heimlich Geliebte in sei-
                          Wandern vor der eigenen Haustür                                                                                                                                                      ner jugendlichen Schönheit vor ihr stand,
                                                                                                                                                                                                               vergaß sie, was die Pflicht ihr abverlangte.
                                                                                                                                                                                                               Wie eine Traumwandlerin folgte sie dem
                                                                                                                                                                                                               Jüngling und wurde seine Frau. Aufmerk-
                Wanderung eins der Wanderwoche des                                                                                                                                                             same keltische Priester, die Druiden, jag-
                        Hauptvereins in 2020.                                                                                                                                                                  ten den Frevelnden nach, erstachen den
                Aus der Serie „Unsre schöne Heimat“.                                                                                                                                                           Jüngling und schleppten die verzweifelte
                                                                                                                                                                                                               Fürstentochter zum Opfertisch. Sie er-
                         Bilder: Rainer Lemmer                                                                                                                                                                 dolchten die Frevlerin als Mahnung an
                                                                                                                                                                                                               die anderen Jungfrauen. Das Opfer sollte
                                                                                                                                                                                                               mit ihrem Blut das begangene Unrecht
                                                                                                                                                                                                               büßen.

M
                                                                                                                                                                                                               Trotz dem ungemütlichen Wetter waren
          ajestätisch ragt er gen Himmel,   etwa 25 Millionen Jahre alt und verdankt                                                                                                                           die Teilnehmer von der Wanderung be-
          der mit Legenden und Mythen       seine besondere Form dem aufsteigenden                                                                                                                             geistert und lauschten interessiert den
          behaftete Druidenstein bei        Magma, das hier den nördlichsten Teil                                                                                                                              Erzählungen von Rainer Lemmer..
Kirchen-Herkersdorf, der Höhepunkt          des basaltischen Westerwalds ausbildete.                                                                                                                           Nach 13 km war das Ziel erreicht und alle
dieser Tour.                                Der Druidenstein (431 m NHN), steht                                                                                                                                wieder trocken. Unterwegs erforderten
                                            seit 1869 unter Naturschutz und wurde                                                                                                                              Baumfällarbeiten eine spontane Umpla-
                                            2006 als eines von 77 National-Geotopen                                                                                                                            nung der Strecke, die ursprüngliche Tour-
An der ersten Wanderung des Wester-
                                            in Deutschland ausgezeichnet. Die be-                                                                                                                              länge wurde trotzdem erreicht.
wald-Vereins nach den verordneten Ein-
                                            sondere Form machte den Druidenstein
schränkungen wegen der Krise, nahmen
                                            schon in vorchristlicher Zeit zu einer kul-
25 Personen teil. Wanderführer Rainer
                                            tischen Stätte. Geschichtsforscher deute-
Lemmer erläuterte im Vorfeld die Ver-
                                            ten die früher vorhandenen Spiralaufgän-
haltensregeln, die zu beachten waren.
                                            ge am Druidenstein als Zugänge zu einer
Die Wandergruppe hielt sich während
                                            religiösen Stätte. Chattische Vorfahren
der gesamten Tour vorbildlich an das Ab-
                                            sollen hier religiöse Handlungen vollzo-
standsgebot und an die anderen Regeln.
War der Frühling 2020 von der Sonne
verwöhnt, begann der Juni mit typischem
Aprilwetter. Regen, Graupelschauer
auch etwas Sonne war dabei. Start der
Wanderung war in Kirchen im Ortsteil
Herkersdorf. Auf schattigen Waldwegen
und schmalen Trampelpfaden führte die
Wanderung durch das Reich von „Her-
ke“ und über Teile des Druidensteigs
zum „Otto Turm“. Aus 19 Meter Höhe
boten sich herrliche Rundblicke über den
Westerwald, das Siegerland und über das                                                                                                                          Der erste Aussichtsturm auf dem Kahlenberg
Bergische Land. Bei guten Sichtbedin-                                                                                                                            war ein 1911 errichteter 16 m hoher denk-
gungen kann man sogar im Nordosten                                                                                                                               malgeschützter Stahlfachwerkturm. Gestiftet
das Rothaar- und im Westen das Sie-           Der Druidensteig ist ein Prädi-                                                                                    wurde der Turm von Otto Stein, einem Indus-
bengebirge am Horizont erkennen. Auf                                                                                                                             triellen aus Kirchen (Sieg).
                                              katswanderweg über 75 km. Er                gen, beispielsweise die Sonne verehrt ha-    Foto oben der Druiden-
meist ebenen Waldwegen führte der Weg                                                                                                                            Da der Turm aus rostanfälligem Thomasstahl
                                              führt von Kirchen-Freusburg                 ben. Später sei der Druidenstein Thing-      steig, rechts der Otto-
zum Highlight des Tages, zum Druiden-                                                                                                                            bestand, traten im Laufe der Jahre zuneh-
                                              über die Elkenrother Höhe                   platz germanischer Stämme gewesen. Er        turm.                     mend bauliche Mängel auf, sodass der Turm
stein. Die von vielen Sagen, Legenden
                                              ins Nistertal zum Kloster Ma-               diente auch mal als Richtplatz, Freilicht-                             im Frühjahr 2006 gesperrt wurde.
und Mythen umrankte geheimnisvolle
                                              rienstatt und besteht aus vier              bühne und sogar als Steinbruch für den
Basaltformation ist eine der bedeutends-
ten geologischen Sehenswürdigkeiten im        Etappen. Der Steig verbindet                Straßenbau.                                                            Der Ottoturm wurde im Jahre 2010 neu
Westerwald und als „Nationales Geotop“        das südliche Siegerland mit                 Eine Sage berichtet, dass Herke, eine                                  erbaut und ist eine 18,5 m hohe verzinkte
Teil des Nationalen Geoparks Wester-          dem nördlichen Westerwald.                  schöne Tochter des keltischen Stammes-                                 Stahlkonstruktion in 405,9 Meter Höhe
wald-Lahn-Taunus. Das Felsengebilde ist                                                   fürsten, die wegen der heiligen Hand-                                  (NHN).
6        DER WESTERWALD 4/20                                                                                                                                                                                                   DER WESTERWALD 4/20       7
Wandern & Wundern Seite 6 9
Zeit zum Träumen?

                                           „Schnattern im Wald und Feld -
                                                  eine Wanderung
                                               nicht nur für Frauen!“

36          Teilnehmer konnte Wan-
            derführer Rainer Lemmer
            bei der „Wäller-Tour Hohe
Hahnscheid“ begrüßen. Obwohl auf
dem Rundweg 23 Info-Tafeln stehen,
                                                                    Wandern vor der eigenen Haustür

                                                          Wanderung zwei der Wanderwoche des
bei denen mittels QR-Code weitere
                                                                  Hauptvereins in 2020.
interessante Details abgerufen werden                     Aus der Serie „Unsre schöne Heimat“.
können, hatte Lemmer in gewohnter                                  Bilder: Rainer Lemmer
Weise noch viele historische Bege-
benheiten parat. Unterstützt wurde er
dabei von Dieter Klinz und Hartmut
König. Die Wetterbedingungen waren
recht gut, teilweise sonnig, meist be-                                                                                           Fotos: oben, Blick auf
wölkt aber trocken.                                                                                                              Seck vom Plateau
Die 11-km-Wanderung führte von der                                                                                               der St. Josefs-Michael
Dorfkirche in Irmtraut am Gedenk-                                                                                                Kapelle.
kreuz und einem Bildstock vorbei zum                                                                                             Mitte rechts, Hinweis-
„Schutzengel“. Spätestens hier wurde                                                                                             tafel in Irmtraut.
klar, warum diese Rundwanderung den                                                                                              Mitte links und linke
Beinamen „Andachtsweg“ führt. Den                                                                                                Seite, in der Holzbach-
ganzen Weg entlang findet man Sühne-                                                                                             schlucht.
kreuze, Bildstöcke, Gedenktafeln und
auch kleine Kapellen, die zum Verwei-
len und innehalten anregen.
Auf der „Hohen Hahnscheid“ (433 m
NHN), die der Tour den Namen gab,
durften sich die Teilnehmer am Hes-                                                                                                             Nicht nur für
senblick erfreuen. Von dort hat man
bei guter Fernsicht eine wunderschöne
Aussicht in die Ebene des Limburger
                                                                                                                                                Basaltköppe!
Beckens und kann sogar in der Ferne
den Feldberg im Taunus erkennen.
Durch imposante alte Buchenbestände        wert. Besonders eindrucksvoll blüht        der Familie Schneider. Die sehenswerte
und teilweise entlang von Resten einer     im Frühjahr großflächig der hohle Ler-     Brunnensäule im Innenhof diente einst
alten Landwehr, an historischen Grenz-     chensporn. Im feuchten Bachtal mit         als Grenzsäule des Herzogtums Nassau
steinen vorbei, führte der Weg zu einem    seinen mitunter steilen Hängen gedeiht     und Preußen zwischen Burbach und
weiteren Highlight der Wanderung, zum      eine vielfältige Pflanzenwelt mit außer-   Stein-Neukirch. Das kleine Fachwerk-
NSG (Naturschutzgebiet) Holzbach-          gewöhnlichen Vertretern, wie beispiels-    haus im Hof und die 1433 erstmals er-
schlucht. Bereits 1929 wurde dieses        weise der Haselwurz. Aber nicht nur        wähnte Mühle stehen ebenso, wie die
Gebiet unter Naturschutz gestellt. Es      Pflanzen fühlen sich hier wohl, auch       steinerne Brücke über dem Holzbach,
erstreckt sich auf 21 ha. Auf der 1,5 km   der Eisvogel, die Ringelnatter, die Was-   unter Denkmalschutz.                                       www.stoeffelpark.de
langen Strecke besteht ein Gefälle von     seramsel, der Schwarzspecht oder der       Weiter ging es durch Felder und Wiesen
55 m. Die dadurch entstehende Ero-         Dachs haben hier ein Zuhause.              Richtung Seck zum Plateau der St. Jo-             Erleben Sie die fantastische Welt des Tertiärs, eine
sionskraft führte dazu, dass sich der      Über schmale Pfade ging es durch die-      sefs-Michael Kapelle mit einer weiteren           spannende Industriegeschichte und weitläufige
oberhalb von Rennerod entspringende        ses einzigartige Naturschutzgebiet zum     tollen Aussicht. Mithilfe der gesamten            Basaltlandschaften! Der Stöffel-Park ist übrigens
Holzbach bis zu 30 Meter tief durch        Hofgut Dapprich, das ca. 1214 erst-        Dorfbevölkerung konnte die Kapelle                Geoinformationszentrum des Geopark Wester-
den Basalt gegraben hat. Südöstlich von    mals urkundlich erwähnt wurde. Graf        im Jahr 1903/04 gebaut werden. Die                wald-Lahn-Taunus.
Gemünden mündet der Holzbach in            Johann von Nassau-Hadamar betrieb          feierliche Weihe fand am 8.7.1904 statt.
den Elbbach. Die schluchtartige Lage       den Hof zunächst in eigener Regie.
an seinen Rändern hat eine spezielle       Ab 1696 waren verschiedene Pächter         Entlang von Feldern und Wiesen und
Waldform mit Eschen und Ahorn ent-         Eigentümer. Johann Peter Schneider         an weiteren Bildstöcken vorbei, ging es
stehen lassen. Zahlreiche seltene Sträu-   kaufte das Anwesen 1857. Seit dieser       dann zurück zum Ausgangspunkt der                           Stöffelstraße | 57647 Enspel | Tel. 02661 980980-0
                                                                                                                                                   info@stoeffelpark.de | www.stoeffelpark.de
cher und Kräuter sind der Beachtung        Zeit ist der Hof Dapprich im Besitz        Wanderung nach Irmtraut.
8        DER WESTERWALD 4/20                                                                                                                                                      DER WESTERWALD 4/20   9
Wandern & Wundern Seite 6 9
Das Wetterinterview

Wenn der Hahn kräht auf dem Mist ...
                                                                                                                                          Klimawandel und – damit verbunden – das Wetter sind fast                machen. Mittlerweile sind wir aber schon wieder da, wo wir vor-
                                                                                                                                          tagtäglich in den Schlagzeiten. Wie hat sich das Wester-                her waren und er wird weltweit weiter steigen. Das wird sich in
                                                                                                                                          waldwetter in den letzten 25 Jahren verändert?                          den nächsten 20 Jahren vermutlich nicht ändern, da bin ich mir
Ein Interview mit Westerwald-Wetterexperte                                                                                                                                                                        ziemlich sicher. Ich wünschte, ich würde mich irren.
                  Westerwald-wetterexperte Björn Goldhausen                                                                               Die meisten, zumindest die Älteren, werden es sicher gemerkt ha-
                                                                                                                                          ben, das Wetter hat sich auch im Westerwald massiv geändert. Mil-       Manche behaupten, seit der Krise wäre der Himmel blauer?
                                                                                                                                          dere Winter mit kürzeren Kältephasen stehen trockenen, heißen
                                                                                                                                          Sommern entgegen. Betrachtet man das Wetter im Westerwald in            Vermutlich haben sie gar nicht so unrecht. Vor allem von Mitte
                                                                                                                                          den Jahren 2018, 2019, 2020, sind Vergleiche mit Regionen am            März bis etwa Mitte Mai hatten wir es häufig mit starken Hoch-
                                                                                                                                          Oberrhein relevant. Dort hingegen ist das Wetter mittlerweile wie       druckwetterlagen zu tun, wo auch in „normalen“ Jahren der
                                                                                                                                          im Mittelmeerraum. Und das wird so weitergehen, auch wenn ab            Himmel blau gewesen wäre. Nur diesmal haben die Cirrus-Wol-
                                                                                                                                          morgen der CO²-Ausstoß auf Null gefahren würde, eine Wirkung            ken, die oft durch die Kondensstreifen der Flugzeuge entstehen,
                                                                                                                                          wäre erst in etwa 20 – 30 Jahren zu spüren. Die Menschen wissen         den Himmel nicht getrübt, weil halt nur sehr wenige Flugzeuge
                                                                                                                                          darum, treffen aber nicht die entsprechenden Entscheidungen,            am Himmel waren. Viele haben das so wahrscheinlich noch nicht
                                                                                                                                          um das Ganze zu stoppen. Vor allem unsere Kinder werden da-             gesehen.
                                                                                                                                          mit konfrontiert. Hitze ist das größte „Unwetter“, denn dadurch
                                                                                                                                          sterben nachweislich die meisten Menschen. In den armen Län-            Der Rhein friert im Winter 1962/63 das letzte Mal zu. Könn-
                                                                                                                                          dern der Dritten Welt wird der Klimawandel in Zukunft katastro-         te das bei den jetzigen klimatischen Verhältnissen noch ein-
                                                                                                                                          phale Auswirkungen haben.                                               mal passieren?

… ändert sich‘s Wetter oder es bleibt wie‘s ist!                                                                                          Was könnte die Hauptursache für diese Veränderung sein?                 Ich behaupte – NEIN. Theoretisch wäre es möglich, doch dage-
                                                                                                                                                                                                                  gen sprechen viele Faktoren. Es müsste mindestens sechs kalte
                                                                                                                                          Man kann darüber streiten oder spekulieren, wie viel Prozent            Monate hintereinander geben um die Wahrscheinlichkeit eines
                                                                                                                                          wir Menschen Einfluss daran haben. Aber ganz klar, die Haupt-           Zufrierens zu ermöglichen. Eiskalte Wetterperioden aus Osten

B
                                                                                                                                          ursache für den Klimawandel sind wir Menschen. CO² ist ohne             und weniger warme Abwässer aus der Industrie wären ebenfalls
       jörn Goldhausen ist Wetterexperte aus Ettinghausen (VG                                                                             Zweifel ein Treibhausgas und dessen Kurve steigt ständig parallel       dafür notwendig. Es ist fast unmöglich, dass es bei den jetzigen
       Wallmerod) im Westerwaldkreis. Meteorologie (Wetter-                                                                               mit den Temperaturen an, das ist schon sehr beängstigend. Aber          Temperaturverhältnissen so etwas noch einmal gibt. Beispiels-
       kunde) ist seine Berufung. Deshalb liebt er als Hobby-Fo-                                                                          wir Menschen tun als wäre alles halb so wild und machen fleißig         weise hatte das Wasser der Ostsee im Sommer früher 16 - 17 °C,
tograf besonders die Motive, die mit dem Wetter zu tun haben.                                                                             weiter.                                                                 heute hat es 23 °C und das wird sich nicht mehr groß ändern.
Zu seinen Lieblingsfotos gehören Bilder von Sonne, Gewitter,
Wolken, Wasser und Schnee, jeweils in allen erdenklichen Vari-
                                                                     Fotos: Björn Goldhausen                                              Müssen wir Umdenken, was unseren Lebensstil betrifft?
ationen.                                                                                                                                                                                                          Wie groß ist der Temperaturunterschied zwischen der
                                                                                                                                          Selbstverständlich. Wenn wir wirklich etwas tun wollen, dann            höchsten Erhebung im Westerwald (657 m) und dem tiefs-
Seit wann beschäftigen Sie sich mit der Meteorologie?                der Natur des Menschen, dass                                         kann es so wie jetzt nicht weiter gehen. Wir müssen die Sinn-           ten Punkt, etwa am Rhein bei Bad Hönningen, ca. 600 m
                                                                     wir uns eher an das Negative                                         haftigkeit der Dinge überdenken, das Auto beispielsweise ist da         tiefer?
Als Kind hatte ich große Angst vor Gewittern, trotzdem haben         erinnern. So bleiben die we-                                         nur ein sehr kleiner Teil dessen, wo CO² gespart werden kann.
sie mich fasziniert. Mit der Zeit bekam ich immer mehr Interes-      nigen falschen Vorhersagen                                           Nehmen wir unsere Einkaufgewohnheiten. Lasse ich den Salat              Das kommt ganz darauf an. Betrachten wir das rein meteorolo-
se am Wetter – es wurde zur Leidenschaft. Schon früh kam der         natürlich viel besser in Erinne-                                     oder die Äpfel aus Südamerika einfliegen oder hole ich mir das          gisch, dann stellen wir fest, dass an einem schönen Sommertag
Wunsch in mir auf, Meteorologe zu werden.                            rung (wenn zum Beispiel die Geburtstagsfeier ins Wasser fiel),       beim Bauern nebenan. Schauen wir in die Postkästen die am Wo-           die Temperatur pro einhundert Höhenmeter um ca. 1 °C sinkt,
                                                                     als die deutlich größere Zahl der Richtigen.                         chenende mit Reklame überlaufen. Ist das wirklich notwendig,            das wären dann 6 °C weniger auf der Fuchskaute, plus minus
Wie verfolgen Sie das Wetter in Ettinghausen, zeichnen sie                                                                                diese unvorstellbaren Mengen an Papier, Farbe und Energie für           1 bis 2 °C. Befinden wir uns jedoch in einer Wetterlage mit sehr
die Temperatur und andere Wetterdaten auf ?                          Donnerts im Mai, ist der April vorbei. Was halten Sie von            so etwas zu verbrauchen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, CO²           viel feuchter Luft sinkt die Temperatur pro einhundert Meter nur
                                                                     den alten Bauernregeln, die das Wetter betreffen?                    einzusparen.                                                            um 0,5 °C und bei Nebel sogar nur um 0,3 °C. Im Extremfall,
Auf unserem Dach ist eine Wetterstation installiert, die alle Da-                                                                                                                                                 besonders im Herbst und Winter, können die Unterschiede noch
ten digital speichert. Vor ca. 20 Jahren mussten die noch analog     Da sind einige dabei, die durchaus eine Bedeutung haben. Z. B.       Weniger Fleisch, mehr Gemüse, bringt das was?                           geringer sein. Dann gibt es schon einmal die sogenannte Inversi-
aufgeschrieben werden. Heute ist das durch die Computer sehr         der Siebenschläfertag am 27. Juni. Nur darf man nicht von dem                                                                                onswetterlage, da haben die in Montabaur Nebel und eisige Kälte
viel einfacher geworden.                                             einen Tag ausgehen. Die Tage Ende Juni und Anfang Juli deuten        Mit Sicherheit. Beim Fleisch gilt die Devise „weniger ist mehr“,        und die im Hohen Westerwald Sonne mit milden Temperaturen.
                                                                     ganz oft auf die Großwetterlage des Sommers hin. Andere Bau-         das heißt, gutes Fleisch regional beim Bauer kaufen, dafür aber         Die Ursache ist eine einfache Logik, im Winter hat die Sonne
Machen sie auch Wettervorhersagen?                                   ernregeln sind eventuell aus einer Bierlaune entstanden. Da kom-     weniger. Es muss nicht jeden Tag Fleisch sein, ist sowieso nicht        nicht genug Kraft, den schweren, trägen Nebel aufzulösen, er
                                                                     men auch noch regionale Verhältnisse hinzu, denn eine Bauern-        gesund. Wirtschaftlich müsste sich etwas ändern, weil, viele kön-       bleibt in den Tälern liegen. Innerhalb weniger Höhenmeter kann
Das ist mein Beruf. Nur, da nützen die Aufzeichnungen der            regel, die in Norddeutschland entstanden ist, wird in Oberbayern     nen gutes Fleisch nicht bezahlen.                                       dann ein Temperaturunterschied von zweistelligen Werten vorlie-
Wetterdaten herzlich wenig. Für gute Wettervorhersagen be-           keine Bedeutung haben.                                                                                                                       gen. 				                                  Fortsetzung auf Seite 13!
nötigt man mehr, nämlich unzählige Daten aus Wettermo-                                                                                    Wird sich das Klima in Zukunft weiter nachteilig verändern?
dellen, Satelliten, Radarsystemen und eine gehörige Portion
Erfahrung.
                                                                                  Das Wetter am                                           Ein ganz klares JA, ich behaupte sogar, viel mehr als wir es uns
                                                                                                                                          überhaupt denken können. Es gibt so Kipp-Punkte beim Klima,
Sind Ihre Vorhersagen nur für den Westerwald?                                   Siebenschläfertag                                         wenn da mal ein bestimmter Punkt überschritten ist, gibt es kein
                                                                                                                                          zurück. Deswegen glaube ich, selbst in einem mittelfristigen Zeit-
Für den Westerwald, Deutschland, Europa, sogar für die ganze
Welt. Die Vorhersagen für den Westerwald können auf der Face-
                                                                               noch sieben Wochen                                         raum, innerhalb der nächsten zehn – fünfzehn Jahre werden wir
                                                                                                                                          in Deutschland, selbst hier im Westerwald Dinge erleben, wo wir
book-Seite „Westerwaldwetter“ verfolgt werden. Dies ist meine
private Wetterseite, die ich als Hobby betreibe. Beruflich bin ich
                                                                                   bleiben mag.                                           sagen, das hätte ich mir nie vorstellen können.

bei „WetterOnline.de“ beschäftigt und da werden Vorhersagen                                                                               Wie stark wirkt sich der CO2-Gehalt in der Luft auf das Kli-
für die ganze Welt erstellt.                                                                                                              ma aus?
                                                                     Beeinflussen der Mond und die Sterne unser Wetter?
Treffen die immer zu?                                                                                                                     Wenn man sich den CO²-Gehalt der letzten 50 Jahre anschaut,
                                                                     Beim Mond könnte man meinen dass er‘s tut, es ist aber nicht si-     er steigt stetig, er steigt aktuell schneller denn je, mit einer Aus-
„Natürlich“ – nicht! Würden die immer zutreffen, wäre das            gnifikant nachweisbar. Bei den Sternen ist es ganz klar, die haben   nahme, die Monate April und Mai in diesem Jahr. Da haben wir
Vorhersagen des Wetters ja langweilig. Es liegt allerdings in        auf unser Wetter überhaupt keinen Einfluss.                          gesehen, was mit dem CO²-Gehalt passiert, wenn wir nichts mehr
10     DER WESTERWALD 4/20                                                                                                                                                                                                                                DER WESTERWALD 4/20      11
Wandern & Wundern Seite 6 9
Aus den Zweigvereinen                                                                                                                                                                           Aus den Zweigvereinen/Das Wetterinterview

                                                                Das ehemalige Nato-Munitionslager ist heute ein Eldorado                                                                           Fortsetzung von Seite 11!
     Bei allen hier aufgeführten Wanderun-                      für Natur- und Kunstliebhaber. Nach der Rast blieb noch Zeit
                                                                um sich einen kurzen Überblick über die aktuelle Kunstaus-                                                                         Der April war in diesem Jahr – was die Temperatur und die
     gen haben sich die Teilnehmer vor-                                                                                                                                                            Sonnenscheindauer betrifft – ein Sommermonat. Hat es so
                                                                stellung „Kein Licht ohne Schatten – der Norden im B-05“
     bildlich an die verordneten Einschrän-                     zu verschaffen. Die Ausstellung umfasst mehrere Bunker, die
                                                                                                                                                                                                   etwas schon öfter gegeben?
     kungen gehalten, insbesondere das                          über einen Weg gut miteinander verbunden sind.                                                                                     In den letzten Jahren – ja. Nimmt man den Bezugszeitraum der
     Abstandsgebot. Die Personenbegren-                         Die Wanderung wurde danach fortgesetzt und es ging über                                                                            letzten 30 Jahre, ist der April der Monat, der sich am stärksten
                                                                den Weg KP3 vorbei an der Bodener Hütte hinauf zum Köp-                                                                            verändert hat. Der April muss jetzt zu den wärmeren Monaten
     zung, die Pflicht zur Kontakterfassung                                                                                                                                                        gezählt werden.
                                                                pel. Auf dem letzten Wegabschnitt zum Köppel waren die
     und die Anmeldepflicht, alles war per-                     Schäden, die zwei Jahre Hitze und Trockenheit hinterlassen
     fekt und sehr gut organisiert.                                                                                                                                                                Als Hobby-Bauer schaut man öfter mal nach dem Wetter.
                                                                haben, nicht mehr zu übersehen. Der Nadelwald rund um den                                                                          Ich habe den Eindruck, dass in diesem Sommer die Wetter-
                                                                etwa 540 Meter hohen Berg ist in großen Teilen abgestorben                                                                         vorhersagen nicht so ganz exakt sind.
ZV Montabaur                                                    und hat viele Forstarbeiten erforderlich gemacht.
                                                                An der Köppelhütte angekommen gab es zwar keine Einkehr,                                                                           Ein klares JEIN. Die Vorhersagen werden immer subjektiv wahr-
                                                                                                                                 Die Wandergruppe vor dem Rathaus in Irmtraut                      genommen. Eine falsche Prognose behält man sich, während rich-
Am Sonntag, den 21. Juni 2020 war es soweit, dass der Wester-   aber jeder konnte sich mit Speisen und Getränken am „Fens-
                                                                                                                                                                                                   tige Vorhersagen meist vergessen werden. Aber wir müssen ehr-
wald-Verein ZV Montabaur genau nach 99 Tagen wieder mit         ter“ eindecken. Aufgrund des fehlenden Nadelwaldes konnte        Ausgangspunkt der Wanderung, zur St. Josefs-Michael-Kap-          licherweise sagen, in den Monaten März bis Mai war es für uns
dem gemeinsamen Wandern beginnen konnte.                        während der Wanderpause die schöne Aussicht ins Tal genos-       pelle und ein schöner Wandertag ging zu Ende.                     Meteorologen nicht ganz einfach, denn es fehlten die Flugzeuge.
Um 10 Uhr trafen sich 14 Wanderer, darunter auch einige         sen werden.                                                      Lesen Sie mehr über die Wäller Tour „Hohe Hahnscheid“ auf
Gastwanderer, bei bestem Wanderwetter am Waldspielplatz         Nachdem alle gestärkt waren, wurde die Tour in Richtung          Seite 8 - 9.                                                      Die Flugzeuge?
in Horressen. Durch einen herrlichen Laubwald ging es zum       Startpunkt, dem Waldspielplatz in Horressen fortgesetzt.
B-05. Hier wurde im Café die erste kurze Rast eingelegt.        Am Ende der Wanderung waren sich alle einig, dass es ein         ZV Fluterschen                                                    Ja, die Flugzeuge. Die sind für eine genaue Wettervorhersage sehr
                                                                schöner und erlebnisreicher Tag war.                                                                                               wichtig. Weil, wir wohnen in Mitteleuropa und haben es öfters mit
                                                                                                                                 Zwanzig Wanderinnen und Wanderer, sowie vier Wander-              Westwinden zu tun und die kommen vom Atlantik zu uns herüber.
                                                                                                                                 führer/innen fanden sich auf dem Wanderparkplatz Basalt-          Die Flugzeuge, die über den Atlantik fliegen, liefern uns wertvolle
                                                                ZV Höhn                                                          krater „Blauer Stein“ am Ortseingang von Kuchhausen ein.          Wetterdaten, die in die Vorhersagemodelle einfließen. Wenn also
                                                                                                                                 Vorsitzender Bernd Krämer begrüßte die Wanderfreunde              die Wetterdaten von den Flugzeugen fehlen, ist die Vorhersage
                                                                Bei herrlichem Sonnenschein trafen sich 15 Wanderfreunde         mit einem kräftigen „Hui! Wäller? – Allemol!“.                    nicht mehr so genau, wie wir es gewohnt sind. Im Sommer, bei
                                                                für den Rundweg bzw. Andachtsweg „Hohe Hahnscheid“.              Gleich zu Beginn führte der Weg mitten ins Naturschutz-           feucht-warmer Witterung, die zu Schauer und Gewitter neigt, ist
                                                                Gestartet wurde an der auf den Klippen des Beilsteins liegen-    gebiet „Wälder auf dem Leuscheid“ mit seinen naturnahen           es ohnehin schwerer genaue Vorhersagen zu treffen. Man weiß nie
                                                                den St. Michael-Josefs-Kappelle in Seck. Nach dem schönen                                                                          ganz genau, wo sich beispielsweise die Gewitter bilden und wel-
                                                                                                                                 Buchenwäldern,       Bachtälern                                   chen Weg sie nehmen. Da haben wir es im Winter viel leichter.
                                                                Ausblick, ging es zunächst einen schattigen Pfad hinab, an       und Feuchtheiden. Bergab ge-
                                                                Feldern und grünen Wiesen vorbei bis nach Irmtraut. An der       hend kamen wir in der Nähe                                        Was halten Sie von langfristigen Vorhersagen?
                                                                gesamten Strecke befinden sich viele Bildstöcke, die von Fami-   einer mittelalterlichen Ring-
                                                                lien als Gedenkstätten errichtet wurden.                         wallanlage vorbei. Vor Über-                                      Nicht sehr viel. Im Zeitraum von 14 Tagen oder meinetwegen auch
                                                                An einem alten Köhlerplatz vorbei ging es zu einem schattigen    querung des Kesselbach, an                                        4 Wochen kann anhand der globalen Großwetterlagen das Wetter
                                                                Rastplatz, wo man genüsslich seine „Butterstulle“ oder sonsti-   einem Holzlagerplatz verteilten                                   abgeschätzt werden, aber genaue Vorhersagen sind nicht möglich.
                                                                gen Proviant verspeiste. Durch die Holzbachschlucht und das                                                                        Bei seriösen Meteorologen ist die Vorhersage bis zu drei Tage und
                                                                                                                                 sich die Wanderfreunde um mit                                     bei starken Hoch- oder Tiefdrucklagen auch mal bis zu acht Tage
Kahlschlag beim Köppel. Ein Werk des Borkenkäfers               Hofgut Dapprich gelangte man nach ca. 11 km wieder zum           entsprechendem Sicherheitsab-                                     vertretbar. Alles was darüber hinaus geht, kann man vergessen.
                                                                                                                                 stand die mitgebrachte Ruck-
                                                                                                                                 sackverpflegung zu verzehren.                                     Wie stellt sich ein Wetterexperte das Westerwälder Wetter
                                                                                                                                 Bergauf führte die Route wei-                                     und damit auch das Klima in 25 Jahren vor?
                                                                                                                                 ter, durch finstere Fichtenbe-
                                                                                                                                 stände (sofern nicht vom Bor-                                     Viva la vida – Barcelona? Ich glaube, dass wir das Klima bekom-
                                                                                                                                 kenkäfer geschädigt) und lichte Laubwälder nach Schneppe          men, was wir in den letzten 20 bis 30 Jahren im Mittelmeerraum
                                                                                                                                                                                                   hatten. 40 °C im Sommer werden in Zukunft normal sein, jeden-
                                                                                                                                 und wieder zurück zum Ausgangspunkt. Hier umrundeten              falls in den Tälern von Rhein, Mosel, Lahn und Sieg. 40 °C, na-
                                                                                                                                 wir auf einem Trampelpfad den „Blauen Stein“. Der Basalt-         türlich nicht durchgehend von Juni bis August aber mit längeren
                                                                                                                                 krater in Kuchhausen gilt als Naturdenkmal. Das vulkanische       Hitzeperioden und es wird neue Hitzerekorde geben. Die Wäller
                                                                                                                                 Gestein, zu kantigen Säulen erstarrt, tritt hier besonders ein-   im Hohen Westerwald sind da besser dran, aber auch da wird es
                                                                                                                                 drucksvoll zutage.                                                entsprechend höhere Temperaturen geben.
                                                                                                                                                                                                   Die Hitze wird in Zukunft zum Problem. Beispielsweise im Jahr
                                                                                                                                                                                                   2003 war ein überdurchschnittlich heißer Sommer. In Deutsch-
                                                                                                                                                                                                   land starben in diesem Sommer fast 30.000 Menschen an den
                                                                                                                                                                                                   Folgen der Hitze. Ich hatte es schon erwähnt, Hitze ist das
                                                                                                                                                                                                   schlimmste „Unwetter“.
                                                                                                                                                                                                   Wenn wir die Jahre 2018 und 2019 betrachten, geht die Kurve
                                                                                                                                                                                                   permanent nach oben. Wenn auch das Jahr 2020 wieder etwas
                                                                                                                                                                                                   weniger heiß und trocken war, ist es immer noch weit über dem,
                                                                                                                                                                                                   was wir als normal bezeichnen können. Die Zukunft wird uns mit
                                                                                                                                                                                                   weiteren Wetterextremen begleiten und, das Wasser wird häufiger
                                                                                                                                                                                                   knapp!

                                                                                                                                                                                                   Danke für das Gespräch!
                                                                                                                                                                                                   Die Fragen stellte Hans-Jürgen Pletz am 17. August 2020.
12        DER WESTERWALD 4/20                                                                                                                                                                                                              DER WESTERWALD 4/20     13
Wandern & Wundern Seite 6 9
Kultur/Geschichte

Das Wandern ist des Müllers Lust ...                                                                                                      Ende der 1950er Jahre war der Sonntagsausflug mit den Eltern in einem Opel Rekord Caravan
                                                                                                                                          für uns Kinder immer ein Erlebnis. Eine Fahrt an den Rhein war da schon etwas ganz besonde-
Die Westerwälder Mühlen, eine neue Serie von Hans-Jürgen Pletz                                                                            res. Beim ersten Ausflug im Frühling aber hatten wir immer nur ein Ziel: das Kallenbachtal bei
                                                                                                                                          Obershausen. Während im Hohen Westerwald die Wälder und Wiesen nur einen leichten grünen
                                                                                                                                          Hauch zeigten, strahlte die Natur zwischen Nenderoth und Löhnberg schon in leuchtenden
Die „neuen“ Mühlen in unserer Heimat          alterlichen Rechts-                                                   zahlt, in der Regel   Farben. Von Odersberg ging es hinab ins Tal. Hier faszinierte der Blick über das Kallenbachtal
stehen mittlerweile am Berg und produ-        bestimmung en,                                                        aber behielt der      und den gesamten Taunus bis zum Großen Feldberg immer wieder aufs Neue. In der Nähe
zieren relativ sauberen Strom. In dieser      die noch heute                                                         Müller eine be-      der Johannisburg wurde der erste Stopp eingelegt. Dort waren die Wiesen übersät mit Blumen,
Serie geht es jedoch um die noch vorhan-      s p r i c h wö r t l i c h                                             stimmte Menge        die es im „Land um die Fuchskaute“ nicht gibt, den leuchtend gelben Wiesen-Schlüsselblumen.
denen Mühlen in unseren lieblichen Wes-       sind.                                                                  Mehl ein, Molter,    Weiter talabwärts war auf der rechten Seite am Bach die beeindruckende Köttinger Mühle mit
terwälder Bach- und Flusstälern.              Bis etwa ins Jahr                                                      Malte oder auch      Strohdach zu sehen und nach zweihundert Meter auf der linken Seite das idyllisch am Waldrand
                                              1811 unterlagen                                                        Metze genannt.       gelegene Forsthaus. Nach weiteren dreihundert Metern kam man ins Dorf und gleich am Orts-
„Tief im Westerwald“ standen noch bis         die meisten Müller                                                     Davon lieferte er    eingang auf der rechten Seite vor der Brücke stand die ehemalige Ölmühle.
Mitte des 20sten Jahrhunderts viele –         und ihre Mühlen                                                        den größten Teil     Diese Erlebnisse von damals sind mir heute noch sehr vertraut und haben mich zu der neuen
von fleißigen Handwerkern betriebene          dem Bannrecht.                                                        an den Landes-        Serie – „Die Westerwälder Mühlen“ - beflügelt.
– Mühlen. Leider sind es nur noch we-         Das         bedeutete,                                                herrn ab, einen       Die Mühlen am oberen Kallenbach, werden hier als erstes vorgestellt. Interessant ist, dass nur
nige, die an das traditionsreiche Müller-     dass die Mühlen                                                       Teil durfte er als    wenige km von der Quelle des Bachs entfernt, fünf Mühlen in der Gemarkung von Obershausen
tum erinnern, geschweige denn noch ein        nur für die ihnen zu-                                                Mahllohn für sich      standen. In diesem schmucken Westerwälder Dörfchen wohnt Klaus Pfeiffer, der sich mit der
funktionierendes Mühlrad besitzen. Viele      gewiesenen Bauern                                                   behalten. Häufig un-    Geschichte seines Heimatortes bestens auskennt. Also besuchte ich ihn und habe dabei viel inte-
Westerwälder Mühlen sind zu Wohn-             in den entsprechenden                                             terstellten die Bauern    ressantes über die Müller und Mühlen am Kallenbach erfahren. Siehe nächste Seite.
häusern umgebaut worden, aus einigen          Dörfern mahlen durften.                                         dem Müller, er würde sie
wurden Restaurants und andere sind gar        Dieser sogenannte „Bann“                                     betrügen und Mehl von ih-
komplett verfallen. Bundesweit sind von       schränkte die handwerkliche                               rem Getreide zu seinen Guns-
ehemals ca. 50.000 historischen Mühlen        Tätigkeit des Müllers einerseits ein,                ten abwiegen. Außerdem musste
nur noch etwa 50 aktiv und nutzen Wind        garantierte ihm aber andererseits ein siche-   der Müller hohe Pachtzahlungen leisten.
oder Wasser als Antriebskraft.                res Einkommen. Die „Mahlgäste“ wurden          Durch ein schlechtes Erntejahr oder den
Über diesen Mühlen, die teilweise eine        nicht selten schwer bestraft, wenn sie an-     Totalverlust einer Ernte gingen die Ein-
lange, wechselvolle Geschichte haben,         dere Mühlen in Anspruch nahmen. Aber           nahmen des Müllers drastisch zurück.
liegt heute ein Flair der „Guten alten        auch der Müller durfte für keine anderen       Das Mühlensterben begann schon im
Zeit“. Dabei war das Müllerhandwerk in        Bauern mahlen.                                 19ten Jahrhundert, als die ersten Dampf-
den letzten Jahrhunderten ein knallharter     Die Mühlen waren meist im Besitz des           betriebenen Turbinen die Mahlsteine be-
Job. War Wasser da, musste gemahlen           Landesherren, die auch die Wasserrech-         wegten, denn die waren weder vom Was-
werden, egal ob Sonntag oder Montag,          te der Bäche besaßen. Ein sogenannter          ser noch vom Wind abhängig. Wenige
die Mühlräder standen dann nicht still.       Mühlenbrief verpflichtete den Müller,          Mühlen hielten sich bis in die 1960er Jah-
Lediglich, wenn eine Mühle im Dorf in         das ganze Anwesen in einem guten Zu-           re „über Wasser“, mussten aber schließ-
der Nähe der Kirche stand, musste der         stand zu halten. Die meisten Müller wa-        lich doch – wegen Unrentabilität – das
Müller während des Gottesdienstes die         ren also Pächter einer Mühle, nur wenige       Mahlen und Sägen aufgeben.
Räder anhalten. Das ständige klappern         konnten sie als ihr Eigentum bezeichnen.       Unzählige Lieder, Gedichte und Erzäh-
der Zahnräder und Antriebsriemen hielt        Zur Mühle gehörten meist auch kleine           lungen sind über die Müller und ihre
sogar die Störche von den Gebäuden            Landstücke in deren Nähe. Die durch das        Mühlen geschrieben worden. Die Novel-
fern.                                         Bannrecht zur Mühle gehörenden Bauern          le „Aus dem Leben eines Taugenichts“
Der traditionsreiche Beruf des Müllers        mussten Frondiens-                                                                                                                       Bild rechts: Ein Unterschlächtiges Wasser-
gilt als einer der ältesten der Welt. Im      te leisten. Dazu                                                                                                                         rad braucht keine Schaufeln. Einfache oder
Mittelalter zählte er zu den wichtigsten      gehörte u. a., dass                                                                                                                      gebogene Bretter werden von der Strömung
                                                                          Wer zuerst kommt,
Berufen überhaupt. Kartoffeln kannte          Holz und Mühlstei-                                                                                                                       bewegt und setzen es in Betrieb.
man damals noch nicht, Produkte aus           ne gebracht werden                                                                                                                       Foto: Hans-Christian Hein_pixelio.de
Getreide waren Hauptnahrungsmittel.           mussten. Darüber
Für die Versorgung der Bevölkerung war
der Müller unersetzlich – er musste nicht
                                              hinaus waren sie für
                                              das Reinigen des             mahlt zuerst ...                                               Linke Seite oben:
                                                                                                                                          Das Zunftwappen der Müller.
einmal in den Krieg ziehen, genau wie die     Mühlengrabens zu-                                                                           Grafik: https://commons.wikimedia.org/
Schäfer und Hirten. Wer allerdings nicht      ständig. Im Winter                                                                          wiki/chris
berechtigt war, im Heer zu dienen, der        mussten sie ihn eis-
gehörte keinem anerkannten Stand an, er       frei halten.                                                                                Hintergrundbild: Kallenbachtal bei
war standeslos. Lange Zeit, etwa bis ins      Der Müller, wie alle anderen „niederen         von Joseph von Eichendorff beschreibt        Obershausen mit Blick Richtung Knoten.
16. Jahrhundert, galt deshalb die Tätigkeit   Leute“ die im Bezirk der Grafschaft, dem       zu Beginn die Situation, wo der Müller       Foto: Hans-Jürgen Pletz
des Müllers oft als ehrlos und unehrlich.     Fürstentum oder dem Bistum lebten, wa-         seinen Sohn, einen Taugenichts, in die
Schon um 1230 galt in Sachsen, dass alle      ren Leibeigene ihres Landesherrn oder          weite Welt schickt. Das bekannte Lied:       Bild rechts: Beim Oberschlächtigen Wasser-
Mahlgäste (die Müllerkunden) strikt nach      Bischofs.                                      „Wem Gott will rechte Gunst erweisen“,       rad kommt das Wasser vom Mühlengraben
der Reihenfolge des Ankommens bedient         Von jedem Scheffel Mehl forderte die           dass fast jeder Wanderer kennt, kommt        meist über einen Holzkanal zum Schaufel-
werden mussten: „Wer zuerst kommt,            Obrigkeit seinen Anteil. Für das Mahlen        auch darin vor. In der nächsten Ausgabe      rad. Foto: Cekora_pixelio.de
mahlt zuerst“ ist eine der wenigen mittel-    wurde entweder der Mahlgroschen be-            mehr über Müllerlieder und -sprüche.
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Wandern & Wundern Seite 6 9
Traditionsreiche Wassermühlen am Kallenbach bei Obershausen
Ein Streifzug durch das obere Kallenbachtal bei Weilburg/Löhnberg

 Etwas wehmütig erzählt Klaus Peiffer         rere Besitzer das historische Anwesen.      zweiten Weltkrieg gaben die Sägemüller               bach. Gegründet wurde sie von Johannes Palmerich im Jahr
 aus der Historie der Mühlen in seinem        Allesamt restaurierten die Mühle stilge-    die Mühle auf, die Mahlmühle konnte                  1700. Wie bei vielen anderen Mühlen wechselte auch bei der
 Heimatort.                                   recht in mühevoller Kleinarbeit und so      weitergeführt werden. Müllermeister                  Eiselsmühle in den dreieinhalb Jahrhunderten ihres Betriebs
                                              wurde ein Juwel der Heimatgeschichte        Alex Pfeiffer begann 1947 die Mühle zu               mehrmals der Besitzer. 1947 modernisierte Müllermeister Arno
 Das Müllerhandwerk hat in Obershau-          erhalten.                                   vergrößern. Aus Platzgründen verlegte                Hartmann das Anwesen. Bei umfangreichen Renovierungen
 sen eine sehr lange Tradition. Das für ei-                                               er die Mühle in das Gebäude der ehema-               wurde ein Getreidesilo und die Antriebstechnik vom Wasserrad
 nen reibungslosen Mühlenbetrieb benö-        Die Sauerbornsmühle                         ligen Sägemühle. Der Erwerb moder-                   auf eine Turbine umgestellt, die noch heute zur Stromerzeugung
 tigte Wasser lieferte der am 604 m hohen     Die Sauerbornsmühle, eine Getreide-         ner Maschinen garantierte danach ein                 genutzt wird. Der Nachfolger Ewald Köhlinger hatte den Be-
 Knoten entspringende Kallenbach.             mühle, hat ihren Ursprung im Jahre          gewinnbringendes Kleinunternehmen.                   trieb der Eiselsmühle trotz der massiven Veränderungen in der
                                              1709. Ihren Namen verdankt sie dem          Doch schon 14 Jahre später sah es ganz               Landwirtschaft bis ins Jahr 1980 aufrecht erhalten. Danach war
 Die Köttinger Mühle                          nahe gelegenen Sauerbrunnen, an dem         anders aus. Immer mehr Bauern legten                 Schluss. Damit war auch die letzte tätige Mühle in Obershausen
 Eine der wohl ältesten Mühlen im Kal-        die stark eisenhaltige Bismark Quelle aus   ihre Landwirtschaft nieder und suchten               Geschichte. Quellennachweis: „700 Jahre Kirche und Dorf Obershau-
 lenbachtal ist die Cödinger (Köttinger       10,4 m Brunnentiefe sprudelt. Sie war       sich Arbeit in den umliegenden Indus-                sen“. Danke an Klaus Pfeiffer.
 Mühle), die im Jahr 1433 zum ersten Mal      die oberste Mühle am Kallenbach. Aus        triebetrieben. 1961 standen auch die
 urkundlich erwähnt wurde. Aufzeich-          zahlreichen Bitt- und Unterstützungs-       Räder der Obershäuser Mahlmühle für                  Hintergrundbild: Blick über das Kallenbachtal zum Großen Feldberg im Taunus.
 nungen in Chroniken lassen jedoch er-        gesuchen an die Landesherrschaft ist        immer still.                                         Rechts oben, Pferdegespann, damit wurde das Mahlgut in die Dörfer transportiert.
 ahnen, dass diese Mühle bereits vor 1340     abzuleiten, dass die Müller es über Jahr-                                                        Darunter, Getreidesäcke vor der Mühle.
 erbaut worden ist, weil in jenem Jahr der    hunderte hinweg sehr schwer hatten.         Die Eiselsmühle                                      Rechts Mitte, Schneidmühle
 Hof Cödingen erstmals genannt wurde.         1771 ging die Mühle an Wilhelm Sporn-       Neben der Köttinger Mühle ist die Ei-                Rechts unten, Ölmühle mit vereistem Wasserrad 1929
 Diese Mühle ist die am besten erhaltene.     hauer aus Emmerichenhain. Bis 1912          selsmühle eine der ältesten am Kallen-               Links unten, das ehemalige Backhaus der Köttinger Mühle.
 Ein Mühlrad ist aber leider auch nicht       blieb sie im Besitz der Spornhauers. Der
 mehr vorhanden..                             Nachfolger betrieb die Mühle noch bis
 Bereits im 16. Jahrhundert befand sich in    1927. Ab dann blieben die Räder stehen.
 der Mühle ein herrschaftlicher Weinzapf,     Mehrere Besitzwechsel folgten. Etwa ab
 wo hauptsächlich der in Niedershausen        Anfang der 1960er Jahre war die Sauer-
 angebaute Wein kredenzt wurde. Trink-        bornsmühle unbewohnt.
 frohe Bauern aus dem Kallenbachtal
 gaben sich hier vermutlich oft ein Stell-
 dichein. Im Dreißigjährigen Krieg wur-       Die Obershäuser Ölmühle
 de die Mühle durch Plünderungen stark        Gleich am Ortseingang, von Odersberg
 beschädigt. Bereits 1503 wurde in der        kommend, stand die Ölmühle, die zu-
 Nähe der Mahlmühle eine Schneidmüh-          letzt von Karl Heinrich Lenz betrie-
 le erbaut, deren später ausgehobener         ben wurde. Das große oberschlächtige
 Schutzweiher noch heute besteht. 1701        Mühlrad beeindruckte ebenso wie der
 entstand auf dem Platz der alten Mahl-       auf Ständern vom Mühlengraben her-
 mühle eine Öl- oder Schlagmühle. Nach        führende Holzkanal, der das Wasser des
 deren Verlegung ins Dorf wurde die Cö-       Kallenbachs zum Rad brachte. Bis in die
 dinger Mühle wieder Mahlmühle.               1950er Jahre wurden aus Leinsamen,          Das malerische Anwesen der Köttinger Mühle
 In einer wechselvollen Geschichte be-        Sonnenblumenkernen, Walnüssen und           (siehe Titelseite) liegt inmitten schönster Natur.
 diente 1780 die Cödinger Mühle noch          Bucheckern das wertvolle Öl herausge-       Umrahmt von uralten Bäumen, nur wenige Me-
 die Orte Odersberg, Nenderoth und            presst. Heute ist auch von dieser Mühle     ter vom Kallenbach entfernt, stehen die schmucken
 Obershausen. 1811 wurden die Bann-           nichts mehr zu erkennen.                    Fachwerkhäuser, die Scheune, das Wohnhaus und
 rechte aufgegeben. Ab 1844 befand                                                        das ehemalige Backhaus. Die Scheune ist in einen
 sich die Cödinger Mühle im Besitz von                                                    kleinen Seminarraum und weiter oben, unterm
 Johann Christian Schlicht. Er erwarb         Die Obershäuser Schneid- und                Dach, in ein Loft (Appartement in einem ehemali-
 1872 das freie Verfügungsrecht über die      Mahlmühle                                   gen Wirtschaftsgebäude) liebevoll umgebaut.
 Mühle und das Land, das zu ihr gehörte.      1820 wurde mitten im Dorf eine Müh-
 Noch heute verbinden die älteren Men-        le gebaut. Ein großes oberschlächtiges      Die Köttinger Mühle ist ein exklusiver Ort zum
 schen in und um Obershausen mit dem          Mühlrad trieb zwei Mühlen an – eine         Lernen und Entschleunigen oder in der einzigarti-
 Namen Schlicht zahlreiche Erinnerun-         Schneidmühle (Sägemühle) und eine           gen Natur Kraft zu tanken und dem Alltag kom-
 gen an längst vergangene Zeiten. Nach        Getreidemühle (Mahlmühle). Die              plett zu entfliehen. Hühner, Gänse, Pferde, Hunde
 dem Tod von Karl Hermann Schlicht,           Schneidmühle existierte über hundert        und Katzen ergänzen die ländliche Idylle.
 dem letzten Nachkommen der Mül-              Jahre. Ihre Betreiber zimmerten in die-     Mehr Infos: https://wundersameslernen.de/
 lersfamilie, drohte die Mühle zu verfal-     ser Zeit viele Wohn- und Stallgebäude in    die-muehle/
 len. In den Folgejahren wechselten meh-      Obershausen und Umgebung. Vor dem
16      DER WESTERWALD 4/20                                                                                                                                                                                                       DER WESTERWALD 4/20   17
Wandern & Wundern Seite 6 9
Kultur aus der Heimat                                                                                                                                                                                                                Aktuell

Ursula Geißler                                                                                                                                                                           Leserbrief

                                                                                                                Museumspädagogische Sonderprogramme für Schulklassen in beiden Museen!
                                                                                                                                                                                         „Mit dem Wolf leben – aber wie“ war die Frage in der letz-
Aus der Serie „Unser Nachbar – ein Künstler“                                                                                                                                             ten Ausgabe der Vereinszeitschrift.

S     chon als Kind hatte Ursula Geiß-
      ler Spaß am Malen. Geboren in
      Bad Camberg im Taunus, entwi-
ckelte sich bei ihr im Kunstunterricht
ihrer Schule nach und nach die Liebe
                                                                                                                                                                                         Der Wolf kommt zurück, viele warten auf ihn und viele sehen
                                                                                                                                                                                         sein Kommen mit Unbehagen. Dazu beigetragen haben auch die
                                                                                                                                                                                         Märchensammlungen der Gebrüder Grimm.
                                                                                                                                                                                         In den Flurnamen unserer Heimat findet man den Wolf auch
                                                                                                                                                                                         zahlreich vertreten. Das zeigt doch, dass er hier einst heimisch
zur Malerei. Besonders die Ölmalerei                                                                                                                                                     war und deswegen auch eine Berechtigung zur Rückkehr hat.
faszinierte sie in jüngeren Jahren. Spä-                                                                                                                                                 Flurnamen aus einigen Gemarkungen:
ter widmete sie sich mehr dem Malen                                                                                                                                                      Wolfswiese (Giesenhausen), Wolfs-Au2 (Heuzert), Garten
mit Wasserfarben, der Aquarellmalerei.                                                                                                                                                   bei den Wolfsbäumen3 (Streithausen), Wiese bei dem Wolfs-
Zahlreiche Weiterbildungen, u. a. an der       Keramikmuseum Westerwald                                                                                                                  heckelchen (Hachenburg), Fürm Schlag bei den Wolffs Ei-
Europäischen Kunstakademie in Trier,                                                                                                                                                     chen (Gehlert), Wolfskehl, Wolfskuhle (Merkelbach), Wolfskehr
                                                                       - Deutsche Sammlung für historische
gaben ihr neue Inspirationen. Mit viel                                                                                                                                                   (Wied), Wolfskaul (Niederhattert).
                                                                       und zeitgenössische Keramik -
Freude malt Ursula Geißler auch auf                                                                                                                                                      Der Name Wolfskaul und ähnliche beziehen sich auf Fangvor-
                                                                       Lindenstraße, 56203 Höhr-Grenzhausen
großen Leinwänden mit Acrylfarben                                                                                                                                                        richtungen, Fanggruben. Ohne Zweifel sind Wolfsgruben auch in
                                                                       Telefon 0 26 24 - 94 60 10
und in verschiedenen Mischtechniken.                                                                                                                                                     den vorhergehenden Wolfs-Flurnamen zumeist der Namensge-
                                                                       Internet: www.keramikmuseum.de
Bei der VHS Montabaur leitet sie seit                                                                                                                                                    ber gewesen. Dieses Fangen der Wölfe in Gruben gehörte früher
                                                                       Öffnungszeiten:
über 20 Jahren Aquarellkurse.                                                                                                                                                            mit zur Jagd. Man fing sie lebend, denn man wollte möglichst
                                                                       täglich außer Mo. von 10 bis 17 Uhr
                                                                                                                                                                                         unversehrt ihr wertvolles Fell. Die Wolfsgruben waren nur sehr
Besonders Themen aus der Natur la-                                                                                                                                                       leicht zugedeckt, oft mit drehbarem Falldeckel. Köder waren oft
den sie immer wieder ein, zur Staffelei        Träger der Museen: Museen im Westerwald GmbH,                                                                                             noch lebende Tiere, die in der Grube ausgesetzt wurden. Die
zu gehen und mit Pinsel und Farben             Peter-Altmeier-Platz 1, D-56410 Montabaur                                                                                                 Gruben waren 3-4 m tief, so dass der Wolf keine Möglichkeit
neue Bilder zu komponieren. Dabei                                                                                                                                                        hatte, zu entkommen.
lässt sie sich sowohl von einem Blatt, ei-     Landschaftsmuseum Westerwald                                                                                                              Ein besonderer Flurname findet sich in der Gemarkung Muden-
ner Pflanze als auch von Bäumen, Was-                                                                                                                                                    bach 1891: Am Hundsgalgen4 und in der Gemarkung Kroppach,
                                                                       Leipziger Straße 1, 57627 Hachenburg
ser und Wolken zum Malen anregen.                                                                                                                                                        gleich mit 11 Flurnamen mit dem Hauptwort Hundsgalgen. Die
                                                                       Telefon 0 26 62 - 74 56
Landschaften und Stadtlandschaften                                                                                                                                                       älteste Nennung von 1667: Morgen der Hundsgalgen5. Das Feld
                                                                       Internet: www.landschaftsmuseum-wes-
malt sie besonders gerne.                                                                                                                                                                gehörte der ev. Pfarrei Kroppach. Viele haben hier eine alte Richt-
                                                                       terwald.de
Beim Malen mit den Farben zu spielen                                                                                                                                                     stätte des Kirchspiels vermutet, doch dafür gibt es keine Belege.
                                                                       Öffnungszeiten:
und der Kreativität dabei freien Lauf                                                                                                                                                    Diese Richtstätte stand in der Galgenheck in der Gemarkung Mü-
                                                                       täglich außer Mo. von 10 bis 17 Uhr
lassen ist für sie ein lohnender Ausgleich                                                                                                                                               schenbach nahe der Grenze zu Hachenburg: die Hohe Feste vor
zum Alltag.                                                                                                                                                                              der Stadt Hachenburg.
Ursula Geißler wohnt seit 1979 im Wes-                                                                                                                                                   Von Heinrich Dittmaier ist in seinem Rheinischen Namenbuch
terwald und ist mit unserem ehemaligen                                                                                                                                                   zu lesen: Die Namen Wolfsgalgen (und vielleicht auch Hunds-
Fachbereichsleiter Natur- und Umwelt-                                                                                                                                                    galgen) hängen zum Teil mit dem Werwolfsglauben zusammen.
schutz Georg Geißler verheiratet.                                                                                                                                                        Räubernde Wölfe wurden als vermummte Menschen angesehen,
                                                                                                                                                                                         wenn man sie fing, saß man über sie zu Gericht und verurteilte sie
                                                                                                                                                                                         wie menschliche Diebe zum Galgen.
                                                                                                                                                                                         Auch der Heimatschriftsteller Karl Ramseger-Mühle hat dazu
                                                                                                                                                                                         eine Erklärung in seinem Buch „Die Gräfin von Sayn“ versucht:
                                                                                                                                                                                         Das Volk nennt diese Höhe den Hundsgalgen, erzählt sich, vor
                                                                                                                                                                                         Zeiten seien hier die tollwütigen Hunde der Herren von Wid-
                                                                                                                                                                                         derstein gehenkt worden. Das Volk hat diese Mär erfunden. Der
                                                                                                                                                                                         Heidehügel hat seinen Namen von der Richtstätte, die von der
                                                                                                                                                                                         Hundertschaft der Markgenossen hier errichtet worden war.
                                                                                                                                                                                         Längst ist der alte Holzgalgen vermodert, aber die Hundsrose,
                                                                                                                                                                                         der heilige Strauch der Hundertschaft, wildert jetzt wie ehedem
                                               Künstler?                                                                                                                                 am Hang des Hügels ...
                                               Hatten auch Sie schon immer die Idee, Ihre Kunstwerke, Bilder, Ge-                                                                        So sind wildernde Hunde weitaus gefährlicher als der menschen-
                                               dichte, Lieder usw. einem breiteren Publikum zu präsentieren? Ist viel-
                                               leicht einer Ihrer Freunde oder Nachbarn künstlerisch tätig? Machen
                                                                                                                                                                                         scheue Wolf. Der Mensch allerdings hat zwischen Wolf und
                                               Sie mit, zeigen Sie den Lesern der Vereinszeitschrift Ihr Talent oder                                                                     Hund oft keinen Unterschied gemacht. In den Archiven und
                                               das Ihrer Freunde und Nachbarn. Es gibt im Westerwald sicher ganz                                                                         Kirchenbüchern finden sich keine Nachrichten, dass Wölfe Men-
                                               viele kreative Menschen, die malen, zeichnen, fotografieren, basteln,                                                                     schen angefallen oder gar getötet hätten.
                                               töpfern, Gedichte oder Lieder schreiben, usw.                                                                                             			                                     Dieter Trautmann, Astert
                                               Unter dem Motto „Unser Nachbar – ein Künstler“ könnten so regel-                                                                          Quellen:
                                               mäßig Hobbykünstler mit ihren Werken vorgestellt werden.                                                                                  1, 2, 3 u. 5: Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden
                                               Tel.: 0 26 67 - 96 90 24 oder per E-Mail: redaktion@westerwaldverein.de                                                                   4 Josef Kehrein, in: Nassauisches Namenbuch 1891

18      DER WESTERWALD 4/20                                                                                                                                                                                                         DER WESTERWALD 4/20   19
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