Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland

 
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Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland
2020

heimat
heute

«Systemrelevant» | 100 Jahre Wohlensee

                                     BERNER HEIMATSCHUTZ
                                     REGION BERN MITTELLAND
                                     Postfach, 3001 Bern
                                     www.heimatschutz.be
                                     info@heimatschutz-bernmittelland.ch

                                                          heimat heute 2020 | 1
Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland
Impressum
Herausgeber
Berner Heimatschutz
Region Bern Mittelland
Postfach, 3001 Bern
www.heimatschutz.be
info@heimatschutz-bernmittelland.ch

Redaktion
Raphael Sollberger

Korrektorat
Margrit Zwicky

Satz und Gestaltung
www.dessign.ch

Titelbild
Aare-Talsperre in der Aumatt mit dem Wasser-
kraftwerk Mühleberg, erbaut 1917–1920.

Zum Bau des Wohlensees vgl. S. 10–17.
Zur Geschichte von Mühleberg vgl. S. 30–37.

Druck
Länggass Druck AG
www.ldb.ch

Auflage
1 500 Exemplare

2 | heimat heute 2020
Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland
Inhalt

     Editorial
 4   Neue Herausforderungen, lokale Verbundenheit
     Stefan Rufer

     Interview
 6   Heimatschutz gestern, heute und morgen
     Sara Calzavara

     Aus der Politik
8    Präzedenzfall im Tscharnergut: Abbruchbewilligung
     für ein schützenswertes Scheibenhaus
     Raphael Sollberger

     Aus der Forschung
10   100 Jahre Wohlensee
     Raphael Sollberger

     Archivperlen
18   Systemrelevante Betriebe
     Rolf Hürlimann

     Aus der Politik
22   Barrierefreiheit im Weltkulturerbe:
     Abfahrtsanzeigetafeln in der unteren Altstadt
     Enrico Riva

     Aus der Praxis – Heimatschutz
26   BLS-Werkstätte Chliforst und Monbijou-Allee:
     Einblicke in das Engagement der Bauberatung
     Tom Stettler

     Spaziergang durch die Region
30   Mühleberg
     Jasmin Christ

     In eigener Sache
38   Corona-Pandemie: Neue Daten für die
     ArchitekTOURen und die Stadtführungen 2020

38   Abbildungsverzeichnis

39   Adressen

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Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland
EDITORIAL

Neue Herausforderungen,
lokale Verbundenheit
Stefan Rufer

Liebe Leserinnen und Leser

                                Heimat heute steht 2020 ganz im Zeichen           «Verdichtung nach innen» ist es zentral, die
                                eines Begriffs, der es dieses Jahr in unseren     Charakteristika des Kontexts aufzunehmen und
                                aktiven Wortschatz schaffte: Wir beschäfti-       weiterzuführen. Die Auseinandersetzung mit
                                gen uns mit «systemrelevanten» Bauwerken          dem Bestand kann sowohl mit einer subtilen
                                wie dem heuer 100-jährigen Wohlensee              Abgrenzung als auch mit einer wohldosierten
                                (S. 10–17), mit bedeutenden historischen          Annäherung angestrebt werden. Dabei legen
                                Industrie- und Gewerbebauten (S. 18–19)           es die Ziele der Nachhaltigkeit oftmals nahe,
                                und blicken mit Enrico Riva zurück auf sei-       mit dem Bestand weiterzuarbeiten, anstatt
                                ne vierjährige Präsidentschaft (S. 6–7).          vorschnell einen Ersatzneubau zu konzipieren.
                                                                                  Die vom Regierungsstatthalteramt der Stadt
                                Die aussergewöhnlichen Umstände, die              Bern im Juli erteilte Abbruchbewilligung für ein
                                die erste Hälfte des Jahres prägten, hatten       schützenswertes Scheibenhaus in der berühm-
                                zwangsläufig auch Einfluss auf die Aktivi-        testen Siedlung der Nachkriegszeit in Bern,
                                täten unserer Regionalgruppe: Sowohl die          der Überbauung Tscharnergut (vgl. S. 8–9),
                                alljährliche Mitgliederversammlung als auch       zeigt, dass ein solch nachhaltiges Denken
                                zahlreiche Führungen und Veranstaltungen          nicht selbstverständlich und unsere Arbeit als
                                mussten abgesagt oder verschoben werden.          Heimatschutz nach wie vor unentbehrlich – um
                                                                                  nicht zu sagen: systemrelevant – ist. Im Artikel
                                Für die meisten von uns bedeutete der Lock-       «Chliforst und Monbijou-Allee: Einblicke in
                                down eine starke Verkleinerung des Aktions-       das Engagement der Bauberatung» (S. 26–29)
                                radius. Bei mir führte er zu einer intensiveren   gehen wir anhand zweier weiterer aktuel-
                                Wahrnehmung der unmittelbaren Umgebung.           ler Beispiele näher auf unsere Arbeit ein.
     S Stefan Rufer ist dipl.   Die ortsspezifischen Charakteristika der
      Architekt, ehem. Bau-     Häuser, des Quartiers, des Dorfs oder der Stadt   Neben der Bauberatung und der Öffentlichkeits-
          berater und führte    wurden in den vergangenen Monaten wie durch       arbeit vermitteln wir die Idee der nachhaltigen
       als Vizepräsident seit   ein Brennglas deutlicher sichtbar. Vermeintlich   Baukultur und den Wert des Bestands gezielt
   März 2020 die Geschäfte      Alltägliches offenbarte unvermittelt Aspekte      in Form von Führungen, Veranstaltungen sowie
 des Berner Heimatschutzes,     des Besonderen. Und damit einher ging die         mit differenzierten Aussagen in der Lokalpres-
    Region Bern Mittelland.     Gewissheit, dass es die unverwechselbaren         se und auf unseren Social-Media-Kanälen.
    Im September wurde er       landschaftlichen und architektonischen Werte
    von den Mitgliedern per     sind, die es zu erhalten und weiterzuentwick-     Unserem breit abgestützten Wirken als Regio-
       Briefwahl zum neuen      eln gilt. Als zentrale Qualitäten und sichere     nalgruppe kommt eine entscheidende Be-
       Präsidenten gewählt.     Konstanten innerhalb unseres Lebenskontex-        deutung zu in Anbetracht der Schwierigkeit,
                                tes schaffen sie Verbundenheit und Identi-        neue Mitglieder zu gewinnen. Zusammen mit
                                tät. Gerade auch in einer Krisensituation.        einem dynamischen Vorstand sowie einem
                                                                                  engagierten Team von Bauberaterinnen und
                                Es braucht viel Fachwissen, Sensibilität und      Bauberatern freue ich mich darauf, mich
                                manchmal auch Bescheidenheit, um diese            diesen Herausforderungen zu stellen.
                                Identität im Rahmen von baulichen Eingriffen
                                nicht zu unterwandern, sondern sie zu stär-
                                ken. Dafür braucht es auch einen mentalen
                                Wandel hin zu einem Denken über mehrere
                                Generationen hinweg, das über kurzfristigen
                                Renditeüberlegungen stehen sollte. Gerade im
                                Zusammenhang mit dem Raumplanungsziel

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Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland
S So menschenleer wie im März und April 2020 waren die
Berner Innenstadt und der Bundesplatz wohl noch nie anzu-
treffen. Kein Parlamentsbetrieb im Innern, kein Markttreiben
draussen. Soziale und kulturelle Aktivitäten auf Sparflamme.
Die beinahe apokalyptische Stimmung führt uns unmissver-
ständlich vor Augen: Baukultur ist ohne Kultur nur Bau.

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INTERVIEW

Heimatschutz gestern, heute und morgen
Interview: Sara Calzavara

Das Interview mit Enrico Riva,            mer wieder junge und motivierte Per-                 Was würdest du als Präsident der Regio-
unserem abtretenden                       sonen finden konnte, die die zurücktre-              nalgruppe rückblickend anders machen?
Präsidenten.                              tenden Vorstandsmitglieder ersetzten.                Ich hätte als Präsident mehr Öffentlich-
                                                                                               keitsarbeit leisten sollen. Ich denke
Was war die grösste Herausforderung          «Die Behörden haben nicht                         dabei insbesondere an Kontakte mit
während deiner Präsidentschaft?              mit fairen Karten gespielt.»                      Lokalmedien, an Regionalradios, an
Die schwindende Gesetzestreue der                                                              Social Media. Damit bin ich aber völlig
Behörden. Sie sagen ungern «Nein»                         Enrico Riva                          unvertraut. Ich hätte gar nicht recht
zu den vielen Begehren, die auf sie                                                            gewusst, wo und wie anfangen. Glück-
zukommen. Sie sehen sich immer            Welche konkreten Ereignisse freuten dich             licherweise haben wir im Vorstand
wieder mit der Forderung konfrontiert,    am meisten in den letzten vier Jahren?               nun in der Person von Lea Muntwyler
weniger Sturheit im Umgang mit den        Spontan kommt mir die Publikation                    jemanden, der sich gut auskennt.
Kulturdenkmälern zu zeigen oder den       des Kunstführers über die Siedlungen                 Das Erklären unserer Tätigkeiten
öffentlichen Raum für irgendwelche        der Nachkriegszeit in Bümpliz–Beth-                  ist extrem wichtig, damit die Bevöl-
Aktivitäten zur Verfügung zu stellen,     lehem im Jahr 2018 in den Sinn. Als                  kerung unseren Einsatz versteht.
oft auch rein kommerzielle. Die ge-       sehr erfreulich empfinde ich auch die
stellten Begehren sind jedoch oft         geglückte Stabübergabe im Präsidium                  Wie wesentlich sind juristische Kennt-
nicht vereinbar mit den Anforderun-       des Berner Heimatschutzes, unse-                     nisse für die Arbeit in einer Regional-
gen des Gesetzes. Trotzdem wird           rer Kantonalsektion, von Dorothée                    gruppe des Heimatschutzes?
ihnen nachgegeben.                        Schindler-Zürcher zu Luc Mentha.                     Sie sind wichtig, weil alles Recht-
                                          Dorothée Schindler-Zürcher hat den                   liche ständig komplizierter wird.
Was hat dich während deiner Amts-         BHS viele Jahre lang präsidiert und                  Berufsbedingt sehe ich aber wohl
zeit besonders geärgert?                  sich für die Anliegen des Kulturerbes                alle Dinge etwas zu stark unter
Das Verhalten der Stadt und des           mit grossem Engagement eingesetzt.                   dem Blickwinkel des Rechts.
Kantons bei der Ausarbeitung des
Bauinventars der Stadt Bern. Wichtige
Bauten fehlten bei der öffentlichen
Auflage. Unsere fachlich fundierte
Stellungnahme, gemeinsam mit der
Präsident/innenkonferenz bernischer
Bauplanungsfachverbände PKBB, hätte
der Denkmalpflege eine gewinnbrin-
gende Überarbeitung ermöglicht. Die
Behörden wollten das Inventar aber um
jeden Preis und so rasch als möglich
verabschieden und haben uns gegen-
über nicht mit fairen Karten gespielt.

War dies der grösste Misserfolg wäh-
rend deiner Amtszeit?
Ja. Seit seiner Verabschiedung weist
das Inventar schmerzliche Lücken im
Bereich der Bauten nach 1945 auf.

Kommen wir zum Positiven: Was war der
grösste Erfolg während deiner Amtszeit?
Äusserst erfreulich war für mich, dass
der Vorstand der Regionalgruppe im-       S 1 Enrico Riva war vier Jahre lang Präsident des Berner Heimatschutzes, Region Bern Mittelland ...
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Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland
INTERVIEW

                                                   Was wünschst du dir für die Zukunft         Wie wirst du die gewonnenen
                                                   von den Mitgliedern, vom Berner und         Ressourcen künftig einsetzen?
                                                   vom Schweizer Heimatschutz?                 Um zuhause schon bald mehrere
                                                   Von den Mitgliedern möchte ich mir          Kubikmeter aufgehäuften Papiers
                                                   wünschen, dass sie unsere Veranstaltun-     durchzusehen und zu entsorgen.
                                                   gen weiterhin so zahlreich und mit so
                                                   grossem Interesse besuchen und dass         Und worauf freust du dich nach
                                                   sie uns mittels Geschenkmitgliedschaf-      deinem Amt am meisten?
                                                   ten und Mund-zu-Mund-Propaganda             Aus persönlicher Sicht freue ich mich
                                                   dabei helfen, weiterhin neue, junge und     darauf, dass ein Teil der Spannung
                                                   engagierte Mitglieder zu gewinnen.          wegfällt, die ich als Präsident ständig
                                                   Dem Schweizer Heimatschutz wünsche          spürte, wenn mit unserem wertvollen
                                                   ich in Zukunft etwas mehr Biss und et-      kulturellen Erbe etwas schieflief.
                                                   was weniger Publikationen. Mit dem jet-
                                                   zigen Präsidenten, Martin Kilias, ist der   Was wirst du vermissen?
                                                   Biss bereits merklich zurückgekehrt.        Im Moment nichts, da ich ja weiter-
                                                                                               hin Mitglied des Vorstands bleibe.
                                                    «Ich freue mich darauf, schon
S   2 ... und wird ihm in Zukunft als Vorstands-    bald mehrere Kubikmeter an-                Kannst du uns drei Adjektive nennen,
mitglied erhalten bleiben.                                                                     die den Heimatschutz charakterisieren?
                                                     gehäuften Papiers durchzu-
                                                                                               Modern, nachhaltig, unentbehrlich.
                                                      sehen und zu entsorgen.»
Wie hast du die Zusammenarbeit mit
der Bauberatung, dem Berner Heimat-                             Enrico Riva
schutz und anderen Institutionen erlebt?
Die Zusammenarbeit mit der Baubera-                Welches sind die grössten Heraus-             ZUR PERSON
tung war eng und wichtig. Auch die-                forderungen in der näheren Zukunft?
jenige mit dem Berner Heimatschutz                 Aus Sicht der Regionalgruppe ist es           Enrico Riva wurde 1948 als Sohn
war gut.                                           die Erhaltung und wenn möglich die            einer Solothurnerin und eines
                                                   Verbreiterung ihrer Mitgliederbasis.          Tessiners in Bern geboren und
 «Ich hätte als Präsident mehr                     In allgemeinpolitischer Hinsicht ist es       wuchs hier mit zwei Schwestern
  Öffentlichkeitsarbeit leisten                    die Vermittlung des Sinns von Heimat,         auf. Die Schule und das Studium
                                                   des Sorgetragens zur Substanz unse-           absolvierte er in Bern. Das Für-
            sollen.»
                                                   res kulturellen Erbes, unserer Ortsbil-       sprecherpatent erlangte er 1974.
                  Enrico Riva                      der und unserer Landschaft, nicht nur         Fünf Jahre später erlangte er mit
                                                   Sinn für Investoren und Heimatkitsch.         seiner Dissertation Die Beschwer-
Weitere ausgezeichnete Zusammen-                                                                 delegitimation der Natur- und
arbeiten ergaben sich, teilweise                   Wieviele Stellenprozente nahm dein            Heimatschutzorganisationen im
zwar nicht mit mir persönlich, aber                Präsidentenamt in Anspruch?                   schweizerischen Recht die Dok-
projektbezogen zwischen den Ressort-               Die Beanspruchung variierte jeweils           torwürde, 1989 habilitierte er
verantwortlichen im Vorstand und                   im Lauf des Jahres. Am meisten Arbeit         an der Juristischen Fakultät der
Institutionen wie der Hochschule der               fiel jeweils in den ersten drei Monaten       Universität Bern mit der Habilita-
Künste Bern (Führungen), der Stiftung              an. Hier nahm die Regionalgruppe              tionsschrift Hauptfragen der mate-
BERNMOBIL historique (Architek-                    rund 30 Stellenprozente oder mehr in          riellen Enteignung. 1995–2013 war
TOUR), der PKBB (Einsprache gegen                  Anspruch. Über das Jahr gesehen, lag          er Professor für öffentliches Recht
das Bauinventar), dem Kino Lichtspiel              die Beanspruchung bei ca. 15 Prozent.         an der Universität Basel. Enrico
(Filmvorführungen) und anderen.                                                                  Riva ist verheiratet, hat eine Toch-
                                                                                                 ter, einen Sohn und zwei Enkel.

                                                                                                                   heimat heute 2020 | 7
Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland
AUS DER POLITIK

Präzedenzfall im Tscharnergut:
Abbruchbewilligung für ein
schützenswertes Scheibenhaus
Raphael Sollberger

Am 10. Juli 2020 entschied das Regierungsstatthalteramt                         eingestuft sind. Das kantonale Baugesetz
Bern Mittelland, den Abbruch eines Scheibenhauses                               verbietet den Abbruch schützenswerter Ge-
der Überbauung Tscharnergut in Bümpliz-Bethlehem zu                             bäude grundsätzlich, sofern der Erhalt für
                                                                                die Eigentümerschaft zumutbar ist.3
bewilligen. Mit seinem Entscheid stellt der Regierungsstatt-
halter das wirtschaftliche Interesse der FAMBAU Genos-
                                                                                Zumutbare Sanierung
senschaft klar über das öffentliche Interesse am Erhalt                         Der Heimatschutz wies im Einspracheverfahren
eines national bedeutenden Schutzobjekts. Ein gefährlicher                      mehrfach darauf hin, dass im oben erwähnten
Präzedenzfall für andere schützenswerte Bauten in unserer                       Gutachten die falschen Fragen gestellt worden
Region, der das kantonale Baugesetz sowie eine Planungs-                        seien. Es müsse nicht untersucht werden, ob
vereinbarung missachtet, die sowohl die FAMBAU als auch die                     ein Neubau für die Eigentümerschaft gegen-
Stadt Bern mitunterzeichneten. Der Berner Heimatschutz hat                      über einer Sanierung gewinnbringender sei,
                                                                                sondern, ob eine Sanierung aus bautechni-
entschieden, Beschwerde gegen die Abbruchbewilligung
                                                                                scher Sicht möglich und wirtschaftlich trag-
zu erheben.                                                                     bar sei. Dass dem so ist, belegen die beiden
                                                                                bereits durchgeführten und mitunter preis-
                               Bereits 2017 wollte die FAMBAU ein zur Über-     gekrönten Sanierungen der beiden anderen
                               bauung Tscharnergut (1959–1965) gehörendes       Scheibenhäuser an der Waldmannstrasse 25
                               Scheibenhaus an der Fellerstrasse 30 abbre-      und 39: Für sie verlieh der Kanton Bern den
                               chen und neu bauen, eine Sanierung lohne sich    städtischen Behörden 2012 nota bene den
                               nicht.1 Fachleute aus der ganzen Schweiz sowie   «Preis zur innovativen Wohnbauförderung».4
                               die städtische Denkmalpflege protestierten,
                               der Heimatschutz erhob Einsprache gegen          Missachtung der Planungsvereinbarung als
                               das eingereichte Abbruchgesuch. Schliesslich     Akt gegen Treu und Glauben
                               entschied der Regierungsstatthalter, dass das    Im Rahmen des Pilotprojekts Waldmannstras­­
                               Scheibenhaus abgebrochen werden darf: «Die       se 25 und in der auf ihm basierenden «Planungs-
                               Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse     vereinbarung Tscharnergut» einigten sich
                               am Erhalt des Gebäudes und dem privaten Inte-    alle beteiligten Parteien – die Stadt Bern, die
                               resse am Abbruch hat ergeben, dass keine über-   FAMBAU und die anderen Wohnbaugenossen-
          S 1 Vorläufer des    ragende Schutzwürdigkeit vorliegt»2. Zudem sei   schaften im Tscharnergut wie z. B. die Wohn-
   Vollelementbaus in Bern:    eine Sanierung für die FAMBAU nicht zumutbar.    baugenossenschaft Brünnen-Eichholz – im Jahr
     Die aus vorfabrizierten   Ein Gutachten dazu kam zum bemerkenswerten       2011 darauf, alle zukünftigen Sanierungen
  Sandwich-Betonelementen      Schluss, dass die Wohnungen im Gebäude nach      in derselben Art und Weise anzugehen. Mit
  bestehenden Fassaden des     der Sanierung nicht zu Mietpreisen vermietet     ihrem Abbruchgesuch handelt die FAMBAU
     1959–1965 errichteten     werden köntnen, die es der FAMBAU ermög-         als Mitunterzeichnerin des Vertrags mit der
    Tscharnerguts verleihen    lichen würden, die nach weiteren 30 Jahren       Stadt Bern und den für das Baubewilligungs-
   den Hoch- und Scheiben-     anstehende Tragewerksanierung mit den bis        verfahren zuständigen Behörden gegen Treu
     häusern den Charakter     dahin erzielten Mieterträgen zu finanzieren.     und Glauben. Auch die vom Regierungs-
         von Plattenbauten.                                                     statthalter erteilte Abbruchbewilligung
                               Schutzobjekt der höchstmöglichen Kategorie       steht zu den Abmachungen und Zielen der
                               Dem Argument, es läge «keine überragende         Vereinbarung diametral im Widerspruch.
                               Schutzwürdigkeit» vor, ist entgegenzuhal-
                               ten, dass sich die Hoch- und Scheibenhäuser      Gefährliches Präjudiz
                               des Tscharnerguts im Bauinventar der Stadt       Der Entscheid vom Juli schafft ein gefähr-
                               Bern in der höchstmöglichen Kategorie            liches Präjudiz für die Baukultur und öffnet
                               «schützenswert» befinden und im Bundes-          dem fortschreitenden Verlust des kulturellen
                               inventar der schützenswerten Ortsbilder der      Erbes der Nachkriegszeit in unserer Region
                               Schweiz (ISOS) sogar als national bedeutend      Tür und Tor. Auf der Basis des Entscheids

8 | heimat heute 2020
Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland
AUS DER POLITIK

könnten theoretisch sämtliche schützenswerten   lichen Einbezug der bauzeitlichen Substanz                  S 2 Hoch- und Scheiben-
Gebäude abgebrochen werden. Das Regie-          erhalten bleiben. Es ist nicht akzeptabel,                  häuser, dazu noch Mehr-
rungsstatthalteramt Bern Mittelland schreibt    dass einzig aufgrund wirtschaftlicher Inte-                 und Einfamilienhäuser:
in seiner Medienmitteilung, der geplante        ressen der Eigentümerschaft einzelne Teile                  Mit ihrer differenzierten
Neubau würde «zeitgemässen Wohnraum»            des Gesamtdenkmals zerstört werden, wenn                    Bebauung und ihrer ver-
bieten und die Erdbebensicherheit sowie den     doch eine denkmalpflegerische Sanierung                     kehrsfreien, kinderfreund-
Brandschutz verbessern. Dass dies bei den       erwiesenermassen möglich und zumutbar ist.                  lichen Aussenraumgestal-
beiden anderen Scheibenhäusern im Rahmen                                                                    tung fand die Überbauung
der Sanierung gemäss Planungsvereinbarung       Anmerkungen                                                 Tscharnergut als seinerzeit
                                                1   Trotz Denkmalschutz droht im «Tscharni» der erste
(mittels Anfügung einer zusätzlichen Raum-          Abbruch, in: Der Bund, 03.02.2017.                      grösstes Wohnbauprojekt der
schicht und Rekonstruktion der Westfassade)     2   Regierungsstatthalter erteilt Abbruchbewilligung für    Schweiz international
                                                    Gebäude im Tscharnergut in Bern (Medienmitteilung
auch möglich war, bleibt schlicht unerwähnt.        der Direktion für Inneres und Justiz des Kantons        Beachtung.
                                                    Bern vom 10.07.2020).
                                                3   «Schützenswerte Baudenkmäler dürfen grundsätz-
Berner Heimatschutz kämpft für den Erhalt           lich nicht abgebrochen werden. Innere Bauteile,
Für den Berner Heimatschutz ist klar: Das           Raumstrukturen und feste Ausstattungen sind […] zu
                                                    erhalten, sofern dies [...] für die Eigentümerin oder
Tscharnergut muss als eine der schweizweit          den Eigentümer zumutbar ist.» – Baugesetz (BauG)
                                                    vom 09.06.1985, Artikel 10b Abs. 2.
wichtigsten und wertvollsten Wohnüber-
                                                4   Sanierung der Scheibenhäuser Tscharnergut
bauungen der Nachkriegszeit zwingend                prämiert (Medienmitteilung der Stadt Bern vom
                                                    26.01.2012), online unter: www.bern.ch/mediencen-
mit all ihren Einzelbauten und – wie es das
                                                    ter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/2012-01-san-
Baugesetz vorsieht – unter dem grösstmög-           tscharnergut.

                                                                                                               heimat heute 2020 | 9
Heimat heute 2020 - "Systemrelevant" | 100 Jahre Wohlensee - Berner Heimatschutz, Region Bern Mittelland
AUS DER FORSCHUNG

100 Jahre Wohlensee
Raphael Sollberger

Lebensmittelproduktion, Medizin, öffentlicher Verkehr, Home-Office: ohne Strom geht nichts.
Die Versorgung des Landes mit elektrischer Energie ist von zentraler Bedeutung für unsere
Gesellschaft, sie ist systemrelevant. Erst recht in Krisenzeiten, wie uns das Jahr 2020 eindrücklich
vor Augen führte. Genauso war es auch vor 100 Jahren, während des Ersten Weltkriegs. Damals, als
Kohle und Petrol langsam auszugehen drohten, erkannten Behörden und Private das Potenzial der
Wasserkraft, der Wohlensee wurde aufgestaut. Der Bau des Sees mit einem der damals modernsten
und leistungsstärksten Flusskraftwerke Europas ist ein sozial-, technik- und architekturgeschichtlich
herausragendes Ingenieurbauprojekt; Flora und Fauna des Sees sind bemerkenswert. In der folgenden
Geschichte des Wohlensees finden sich erstaunlich viele Parallelen zu unserer heutigen Zeit.

                                  Der rund 13 km lange Wohlensee, den man        Die Kraft des Wassers nutzen
                                  auch als etwas breiteren Abschnitt der Aare    Die Kraft von Fliessgewässern wurde nicht
                                  beschreiben könnte, erstreckt sich von der     erst mit dem Bau von Wasserkraftwerken im
                                  Neubrücke zwischen Bern und Stuckishaus        Zuge der Industrialisierung systemrelevant.
T   1 Der Wohlensee. Luftbild     (Kirchlindach) über die Gemeindegebiete von    Seit jeher wussten die Menschen sie für ihre
    des letzten Abschnitts mit    Wohlen und Frauenkappelen bis zur Talsperre    Zwecke zu nutzen. Man denke dabei etwa
der Talsperre in der Aumatt.      mit dem Wasserkraftwerk in Mühleberg.          an Flosse, mit denen Hölzer von weit her auf
                                                                                 städtische Baustellen transportiert wurden,
                                                                                 oder an Wasserräder, die bei Mühlen und
                                                                                 Sägereien die Maschinen antrieben. Mussten
                                                                                 sich Gewerbetreibende anfangs noch direkt am
                                                                                 Wasser niederlassen, um seine Kraft zu nutzen,
                                                                                 so förderten schon bald Transmissionsanlagen,
                                                                                 Dynamos und Turbinen immer mehr das stand-
                                                                                 ortunabhängige Produzieren. Für die Elektro-
                                                                                 technische Ausstellung in Frankfurt 1891 baute
                                                                                 die Maschinenfabrik Oerlikon gemeinsam mit
                                                                                 der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in
                                                                                 Berlin (AEG) eine viel beachtete Hochspan-
                                                                                 nungsleitung zwischen Lauffen am Neckar und
                                                                                 Frankfurt am Main. Mit ihr bewiesen die beiden
                                                                                 Unternehmen dem internationalen Publikum,
                                                                                 dass sich Strom aus Wasserkraft auch über
                                                                                 grössere Strecken transportieren liess. Was
                                                                                 folgte, war der grösste Boom in der Geschichte
                                                                                 der Wasserkraft: Spekulanten erwarben in ganz
                                                                                 Europa vergleichsweise günstige Konzessionen

 Q 2 Die 1534–1535 erbaute        Der See ist mehr als nur ein Stromlieferant;
    Neubrücke zwischen Bern       er ist ein lebendiger Zeuge eines der gröss-
 und Stuckishaus: Hier wird       ten menschlichen Eingriffe in die Natur, den
    die Aare offiziell zum See.   unsere Region je gesehen hat. Den Menschen
                                  dient er als beliebtes Ausflugsziel und Nah-
                                  erholungsgebiet, den Reptilien, Amphibien
                                  und Kleintieren als Lebensraum, verschie-
                                  denen Wat- und Wasservögeln als Rast-
                                  platz und gar als Überwinterungsgebiet.

10 | heimat heute 2020
AUS DER FORSCHUNG

                                                                                                      R 3 Das ehemalige Hasligut
                                                                                                      mit seinem Herrenhaus
                                                                                                      aus dem 17. Jahrhundert
                                                                                                      steht am Südrand des Sees
                                                                                                      kurz vor Hinterkappelen.
                                                                                                      Heute beherbergt es
                                                                                                      die ethologische Station
                                                                                                      der Universität Bern.

an Fliessgewässern, um Strom zu produzieren         aber als unverkäuflich, und so verfolgten
und ihn danach gewinnbringend an die Ge-            die BKW ihre Idee vorerst nicht weiter.1
meinden, Eisenbahn- und andere Unternehmen
verkaufen zu können. Aktiengesellschaften           Grösser denken
sprossen aus dem Boden, neu gegründete              Nach Kriegsbeginn änderte sich die Haltung
ebenso wie durch Übernahmen und Fusionen            der Berner Kantonsregierung schlagartig.
entstandene. Unter ihnen auch die 1909 aus          Angesichts des sich abzeichnenden Kohle- und
den Vereinigten Kander- und Hagneckwerken           Petrolmangels konnte es ihr mit dem Bau eines
entstandene Bernische Kraftwerke AG (BKW).          grossen Kraftwerks nun nicht mehr schnell

Zur Nutzung des Aarewassers zwischen Bern
und Aarberg wurden vom Kanton Bern mehrere
Konzessionen vergeben. Um die Überflutung
grösserer, mitunter auch besiedelter Gebiete zu
verhindern, bewilligte die Baudirektion vor dem
Ersten Weltkrieg nur den Bau kleiner Staustu­
fen oder einzelne Laufwasserkraftwerke. Für
die grossen Aktiengesellschaften schienen solche
aber zu wenig rentabel; die Praxis stellte aus
ihrer Sicht einen unerhörten staatlichen Eingriff
in die freie Marktwirtschaft dar. Nichtsdesto-
trotz wurden die Konzessionen zu einem be-
gehrten Gut, die Preise stiegen, ein regelrechter
«Konzessionsmarkt» mit regelmässigen Über-
nahmen und Zusammenlegungen benachbarter
konzessionierter Flussabschnitte entstand.
                                                    genug gehen. 1916 reichten die BKW das            S 4 Die Bauten des Kraft-
Auch die BKW verhandelten ab 1911 mit der           mittlerweile vom Wasserbauingenieur Gabriel       werks Mühleberg gehören
Stadt Bern, der Inhaberin der Konzession            Narutowicz (1865–1922) überarbeitete Pro-         zu den frühesten Sicht-
Wohlei–Oltigen, über eine Übernahme «ihres»         jekt – ohne Rücksprache mit der Stadt – zur       betonbauten der Schweiz
Aareabschnitts. Das Ziel war der Bau einer          Konzessionierung ein. Die Stadt, die selbst ein   und gelten als bedeutendste
grossen Talsperre in der Aumatt, dieser ein-        Projekt mit einem Staubauwerk an der Gäbel-       Vertreter des Neoklassizis-
drücklichen Aareenge bei Mühleberg, die dank        bachmündung erarbeitet hatte, protestierte        mus im Kanton Bern.
der beidseits des Flusses emporragenden             aufs Heftigste, doch ihr Projekt wurde von dem
Molassefelsen ein idealer Standort für ein          der BKW mit seinem renommierten Verfas-
grosses, gewinnbringendes Speicherkraft-            ser (siehe Kasten S. 14) «technisch wie auch
werk zu sein schien. Die Stadt erachtete ihr        politisch überrumpelt»2. Da das BKW-Projekt
Nutzungsrecht unter Berufung auf die zu-            schon bei Auflage so weit fortgeschritten war,
künftige Versorgung der Stadtbevölkerung            dass umgehend mit dem Bau begonnen werden

                                                                                                        heimat heute 2020 | 11
in der «Traube» in Mühleberg austauschte,
                                                                                   dass «jeder nach Noten über das Wasser-
                                                                                   werk schimpfen und zugleich im Hinterstübli
                                                                                   berechnen werde, was etwa dabei herauszu-
                                                                                   schlagen sei […]»4. Der einzige Grundeigen-
                                                                                   tümer, der sich bis zuletzt gegen den Verkauf
S   5 Die alte Kappelen-        konnte, bewilligte es der Regierungsrat am         zur Wehr setzte, wurde schliesslich enteignet.
brücke, hier im Jahr 1907       29. Dezember 1917. Die Stadt ging vor Bundes-
mit einem Fahrzeug der          gericht, doch dieses bestätigte den Entscheid       «Wohlfeil überchöme si mys Stöckli
ersten Schweizer Postauto-      des Kantons unter Berufung auf höhere Interes-      nid, u das Gärtli müeße si mer zahle
linie von Bern nach Detligen,   sen. Gänzlich freie Hand wurde den BKW aber
                                                                                    wie ne Bouplatz a der Bundesgaß.»5
war Teil der alten Landstras-   nicht gelassen: Bevor sie mit dem Bau beginnen
se von Bern nach Aarberg.       durften, mussten sie sich mit allen 108 an-
                                                                                             Jakob Jüni, pensionierter
Als Ersatz für diese hölzerne   sässigen Landeigentümern gütlich einigen.
                                                                                             Spediteur aus Buttenried
Brücke zwischen der Eymatt
und Hinterkappelen …            Das Risiko, das die Behörden mit dieser Bedin-
                                gung eingingen, war jedoch äusserst klein und      Dass sich die BKW ihrer Sache sicher wa-
                                vermutlich wohlkalkuliert: Obwohl man sich         ren, belegt nicht zuletzt die Tatsache, dass
                                anfangs unter den Bauersleuten noch einig zu       sie mit dem Bau schon vorzeitig, im Herbst
                                sein schien, «die Heimwesen mit dem zähesten       1917, begannen. Wegen der grossen Höhe
                                Widerstand gegen die Ersäufung zu verteidi-        der Talsperre durften sie auf den Bau einer
                                gen»3, willigten 107 der Betroffenen rechtzeitig   Fischtreppe verzichten, wurden jedoch zum
                                ein. Kein Wunder angesichts der grossen Macht      jährlichen Aussetzen von Fischen im See ver-
                                der BKW, die sich etwa in der Person ihres         pflichtet. Zur Aufrechterhaltung der Schifffahrt
                                Direktors, Oberstkorpskommandant und Natio-        mussten sie einen Aufzug für Kähne von bis
                                nalrat Eduard Will (1854–1927), manifestierte.     zu 18 m Länge sowie zwei neue, für Schiffe
                                                                                   passierbare und gleichzeitig mit Automobilen
T 6 … wurden die BKW            Auch der stattliche Quadratmeterpreis von          befahrbare Brücken über den See errichten:
1917 zum Bau der neuen,         einem Franken, den die BKW anboten, war            die Hinterkappelen- und die Wohleibrücke.
174 m langen und zwei-          wohl ein schlagendes Argument. Der vom
spurigen Hinterkappelen-        Journalisten und Schriftsteller Rudolf von         Einen See bauen – mitten im Krieg
brücke verpflichtet. Die        Tavel (1866–1934) zitierte Bauer Hans Ueli         Aus wirtschaftlichen Gründen vergaben die
armierte Betonbogenbrücke       Böhlen aus Oberei unterstellte seinen Kolle-       BKW den Bauauftrag für die Talsperre und
wurde 1920 eröffnet.            gen, mit denen er sich nach der Arbeit jeweils     das Kraftwerk nicht wie üblich an eine Bau-
                                                                                   unternehmung, sondern organisierten den Bau
                                                                                   selbst. Dies ermöglichte dem Unternehmen,
                                                                                   durch leicht höhere Löhne, als die Bauern im
                                                                                   Umland zu zahlen bereit waren, ungelernte
                                                                                   Bauernsöhne und Knechte für die Arbeit am
                                                                                   Werk zu gewinnen. Zudem konnten die BKW
                                                                                   Gastarbeiter aus Russland beschäftigen (ob es
                                                                                   sich bei den Russen wirklich um Gastarbeiter
                                                                                   oder vielmehr um Gefangene handelte, konn-
                                                                                   te aufgrund der verfügbaren Quellen nicht
                                                                                   abschliessend geklärt werden6). Andererseits
                                                                                   mussten aber das gesamte Baustellenmate-
                                                                                   rial, Kräne und Lastwagen beschafft und die
                                                                                   gesamte Baustelleninfrastruktur unterhalten

12 | heimat heute 2020
AUS DER FORSCHUNG

                                                 Kuriosum stellte die gleislose Oberleitungs-     R 7 Anstelle eines eisernen
                                                 Lastwagenbahn dar, die mithilfe akku-            Fussgänger- und Kleinfuhr-
                                                 betriebener Traktoren das Baumaterial            werkstegs in der Wohlei
                                                 vom Bahnhof Gümmenen ressourcenscho-             bauten die BKW die neue,
                                                 nend zur Baustelle befördern konnte.             200 m lange und einspurig
                                                                                                  befahrbare Wohleibrücke.
                                                 Aber nicht nur technisch-organisatorische,       Die eisernen Träger des
                                                 auch wirtschaftliche und soziale Schwierig-      Hauptbogens haben eine
                                                 keiten begleiteten den Bau des Kraftwerks        lichte Weite von 30 m.

werden. Unterkünfte waren vor Ort nicht
vorhanden, Nahrungsmittel waren knapp,
erst recht während der Kriegsjahre. Arbei-
terwohnhäuser, Baracken als provisorische
Mannschaftsunterkünfte und eine Kantine für
600 Arbeiter wurden eingerichtet, Schweine
wurden für den Verzehr vor Ort gehalten. Die
einzigen dieser Bauten, die heute noch stehen,
sind sechs erhaltenswerte Wohnhäuser der
Werksiedlung Krähenfeld (Aumattweg 3–8 und
Wehrstrasse 44) auf der westlichen Felskuppe.

  «In jedem Haus, weit herum, haben
 sich Arbeiter einquartiert. Und dabei
 weiß unsereiner bald nicht mehr, wo
  er einen schaffigen Knecht herneh-
  men soll. Löhne, wie sie da drunten            von Anfang an: Streiks, Alkoholismus unter
  bezahlt werden, vermag unsereiner
                                                                                                  S 8 Trolleybus avant la
                                                 den Arbeitern und die auch damals vor der        lettre: Die eigens zum
nicht. Und dazu brauchen sie dort des            Schweiz nicht haltmachende Grippeepide-          Materialtransport zur Bau-
 Tags nicht so lang zu arbeiten wie in           mie: In drei Wellen forderte die «spanische      stelle errichtete gleislose

         einem Bauerngwerb.»7                    Grippe» zwischen 1918 und 1920 weltweit          Lastwagenbahn zwischen
                                                 mehr Todesopfer als der Krieg selbst. In der     dem Bahnhof Gümmenen
      Bauer Hans Ueli Böhlen aus Oberei          Aumatt, wo sich die zeitweise mehr als 1 000     und der Kraftwerkbau-
                                                 Arbeiter die Betten in den Baracken, Werk-       stelle in Mühleberg.
Ein aufgrund des Mangels an Pferden und          zeuge und Toiletten teilen mussten, hatte das
Kohle ebenfalls kriegsbedingtes, aber aus        Virus leichtes Spiel. Eine Spitalbaracke wurde
heutiger Sicht äusserst zukunftsträchtiges       errichtet, trotzdem waren Dutzende Opfer

                                                                                                  R 9 Der Giebel des
                                                                                                  Maschinenhauses mit einer
                                                                                                  Inschrift, die an den Bau des
                                                                                                  Kraftwerks unter schwieri-
                                                                                                  gen Umständen erinnert.

                                                                                                    heimat heute 2020 | 13
AUS DER FORSCHUNG

                                                                                  Maschinenhaus, dem Schalthaus, dem Ölhaus
                                                                                  und dem Grundwasserablasspavillon (siehe
                                                                                  Artikel «Mühleberg», S. 30–37), bauten die
                                                                                  Arbeiter einen Übergangsstollen (der im Notfall
                                                                                  noch heute die Entleerung des Sees ermög-
                                                                                  lichen würde) und das eigentliche Überfallwehr
                                                                                  mit dem Schiffsaufzug. Die Gewichtsstaumauer
                                                                                  mit aufgesetzten Gleitschützen wurde mithilfe
                                                                                  von Senkkästen, sogenannten Caissons, er-
                                                                                  stellt. Das Maschinenhaus, das als westliche
                                                                                  Verlängerung des Wehrs und zugleich als eine
                                                                                  Art Reiterbauwerk funktioniert, wurde mitsamt
                                                                                  seinem Dachstuhl komplett in Eisenbeton-
                                                                                  skelettbauweise errichtet. Ebenso das Schalt-
S 10 Die Talsperre in der      zu beklagen. Im November 1920 schliesslich,        haus und das Ölhaus sowie ein Werkstatttrakt
Aumatt im Bau, 1918.           während des Landesstreiks, trat die gesamte        zwischen dem Maschinen- und dem Schalthaus.
                               Ar­beiterschaft in den Ausstand, um die 48-Stun-   Der Rechen, die Gleitschützen und die Kräne
                               den-Woche zu erzwingen. Zeitweise musste die       im Maschinenhaus sind Eisenkonstruktionen
                               Baustelle von einem Kavallerie-Detachement         der Giesserei Bern, einer Abteilung der von
                               der Armee vor Sabotage beschützt werden.           Roll’schen Eisenwerke (vgl. «Archivperlen»,
                                                                                  S. 18–19). Ebenso der Schiffsaufzug mit einem
                               Das Kraftwerk: architektonisches Meisterwerk       auf Schienen laufenden Wagen mit Aufzug-
                               Trotz all diesen Umständen kamen die Bau-          winde.8 Die Bauleitung hatte Narutowicz inne,
                               arbeiten zügig voran. Neben den repräsen-          die architektonische Gestaltung der Bauten
                               tativen neoklassizistischen Gebäuden, dem          geht auf den Bieler Architekten Walter Bösi-

                                  GABRIEL NARUTOWICZ (1865–1922)                  Kraftwerks Mühleberg im Auftrag der BKW
                                                                                  stellten den Höhepunkt seiner Schaffens-
                                  Gabriel Narutowicz aus Polen kam 1886 zur       zeit dar. Obwohl er seit 1896 das Schweizer
                                  Kur seiner Tuberkuloseerkrankung nach           Bürgerrecht besass, unterhielt der politisch
                                  Davos. 1887 begann er ein Studium am Poly-      engagierte Narutowicz stets Kontakte zu
                                  technikum Zürich. Als Mitarbeiter im St. Gal-   Exilorganisationen wie z. B. der sozialis-
                                  ler Ingenieurbüro von Louis Kürsteiner          tischen Diaspora-Partei Proletariat. Nach
                                  (1862–1922) befasste er sich bereits mit        Kriegsende, noch vor der Fertigstellung des
                                  dem Bau von Wasserkraftwerken, bevor er         Kraftwerks in Mühleberg, zog es ihn in seine
                                  Büroleiter und schliesslich Teilhaber wurde.    Heimat zurück. 1920 wurde er polnischer
                                  Unter seiner Leitung entstand 1906–1908         Minister für öffentliche Angelegenheiten
                                  eines der grössten Wasserkraftwerke Öster-      (Verkehr und Bauwesen), 1921 Präsident der
                                  reich-Ungarns in Andelsbuch in Vorarlberg.      polnischen Akademie der technischen Wis-
S   11 Die Büste Narutovicz’      1907 oder 1908 wurde er vom Bundesrat           senschaften und – als Krönung seiner politi-
auf dem Platz vor dem Ma-         zum Professor für Wasserbau an die ETH          schen Karriere – 1922 Aussenminister, kurz
schinenhaus des Kraftwerks.       berufen, nebenbei führte er mittlerweile ein    darauf erster Präsident der Republik Polen.
                                  eigenes Ingenieurbüro für Wasserbau. 1916       Nur fünf Tage nach seiner Wahl, am 16. De-
                                  wurde er zum Mitglied der eidgenössischen       zember 1922, fiel er einem antisozialistisch
                                  Wasserwirtschaftskommission ernannt.            motivierten Mordanschlag zum Opfer. Sein
                                  Die Projektierung des Wohlensees und des        Nachlass befindet sich an der ETH Zürich.

14 | heimat heute 2020
AUS DER FORSCHUNG

                                                                                                   R 12 Die Gesamtanlage des
                                                                                                   Kraftwerks vom Unter-
                                                                                                   lauf aus gesehen: links die
                                                                                                   Talsperre mit dem Wehr
                                                                                                   und dem Maschinenhaus,
                                                                                                   rechts angewinkelt das
                                                                                                   Schalthaus, dahinter das
                                                                                                   freistehende Ölhaus.

ger (1878–1960) zurück, der sich 1915–1916
bereits für den Hauptsitz der BKW am Vikto-
riaplatz in Bern verantwortlich zeigte. Bösiger
wurde 1923 in den Regierungsrat gewählt, kurz
darauf ebenso in den Verwaltungsrat der BKW.9

Im Frühling 1920 erfolgte die Schliessung
der Talsperre. Langsam begann die Aare, die
Pfeiler der neuen Brücken zu umspülen und
das Tal zu fluten. Das letzte, haushohe Beton-
element des Wehrs – sozusagen der am Ufer
bereitstehende Schlussstein – wurde publi-
kumswirksam vom Wasser angehoben und an
seinen Bestimmungsort geflösst. Am 23. August
nahmen die ersten sechs Francis-Turbinen
der Maschinenfabrik Escher-Wyss & Cie. und        grössten Landeinbussen zu verzeichnen            ST 13 & 14 Die Architek-
die Generatoren der A.-G. Brown, Boveri &         hatte, auf den Namen «Wohlensee».                tur der von Walter Bösiger
Cie. (heute ABB) im Maschinenhaus ihren                                                            entworfenen Bauten mit
Betrieb auf. Sie funktionieren noch heute.        Dass die teilweise kartellartigen personellen    ihren hohen Fensterbän-
Im September wurde zur offiziellen Einwei-        Gefüge – oder positiv ausgedrückt: die guten     dern und Thermenfenstern
hung der Gesamtbundesrat mit einem Boot           Beziehungen der Gründerväter – anfangs           erinnert stark an Sakral-
bis an die Staumauer gefahren. Einen Na-          entscheidend dazu beitrugen, dass der See        bauten. Oben das Wehr
men hatte der See noch nicht; «Bernersee»         und mit ihm eines der damals modernsten          und das Maschinenhaus,
oder «Elektrosee» standen zur Debatte,            Flusskraftwerke Europas überhaupt erst ge-       unten der Grundwasser-
schliesslich einigte man sich zu Ehren der-       baut werden konnten, ist unbestritten. Ob die    ablasspavillon.
jenigen Gemeinde, die flächenmässig die           eigenwillige Baustellenorganisation der BKW
                                                  sich im Nachhinein bewährte, darf bezweifelt
                                                  werden. Die Kosten jedenfalls explodierten:
                                                  Den 1917 veranschlagten rund 17 Mio. Fran-
                                                  ken stand 1920 eine Schlussabrechnung
                                                  über rund 40 Mio. Franken gegenüber.

                                                  Mit den Folgen leben
                                                  Die bis zu 100 000 m3 Sand und Kies, die jähr-
                                                  lich als Geschiebe der Aare den Wohlensee
                                                  erreichen, sind der Grund für die bis heute      R 15 Vorplatz zwischen
                                                  andauernde Verlandung des Sees. Von Anfang       Maschinen- und Schalthaus
                                                  an bildeten sich grössere seichte Abschnitte     mit Verbindungshalle.

                                                                                                     heimat heute 2020 | 15
AUS DER FORSCHUNG

                             entlang der Ufer. Da vor dem Zweiten Weltkrieg     Schutzobjekt Wohlensee
                             weder die Stadt Bern noch die anderen Anrai-       Die Hochbauten bei der Talsperre in Mühleberg
                             nergemeinden über Kläranlagen verfügten und        und die Wohleibrücke sind im Berner Bau-
                             man Fäkalien und Schlachtabfälle in der Aare       inventar als «schützenswert» eingestuft. Die
                             «entsorgte», lagerten diese sich schliesslich an   Hinterkappelenbrücke, als Nachfolgebau der
                             den Seeufern ab. Nachdem die Betroffenen sich      alten Kappelenbrücke nicht weniger bedeutend,
                             organisiert hatten und beim Kanton intervenier-    figuriert im Bundesinventar historischer Ver-
                             ten, kamen die BKW in den 1940er Jahren ihren      kehrswege.12 Sie alle gehören zu den frühes-

                                                                                   VERLANDUNG

                                                                                   Grundsätzlich ist die Verlandung eines
                                                                                   Sees kein Problem. Die damit einher-
                                                                                   gehenden Hochwasser bedrohen jedoch
                                                                                   Anwohnende und angrenzende Infra-
                                                                                   strukturen. Der Endzustand des Pro-
                                                                                   zesses ist bei Stauseen dann erreicht,
                                                                                   wenn die sogenannte Verlandungsfront
                                                                                   bei der Talsperre angelangt ist. Dann
                                                                                   werden keine Feinsedimente mehr ab-
                                                                                   gelagert, sondern durch das Wehr
                                                                                   hindurch in den Unterlauf des Flusses
                                                                                   weitertransportiert, die «Feinsediment-
                                                                                   kontinuität» ist dann wiederhergestellt.

S 16 Verlandung der          Konzessionsverpflichtungen nach und began-         ten Sichtbetonbauten der Schweiz und sind
Inselrainbucht zwischen      nen mit ersten Ausbaggerungen der seichten         von herausragendem sozial-, ingenieur- und
Hinterkappelen und der       Stellen. Seit dem Bau der Abwasserreinigungs-      architekturgeschichtlichem Wert. In den von
Wohlei. Feinsedimente und    anlage bei der Neubrücke erreicht nur noch         Menschen weniger stark genutzten Uferzonen
organische Materialien       geklärtes Berner Abwasser den Wohlensee.           leben bis heute verschiedenste Tierarten, an
lagern sich auf dem Fluss-   Trotzdem sind vom ursprünglichen Seevolumen        denen sich die vielfältigen Anpassungsvor-
geschiebe ab; einerseits     von 25 Mio. m3 heute bereits rund 10 Mio. m3       gänge der Evolution ablesen lassen. Reptilien
ein idealer Nährboden        mit Sedimenten aufgefüllt. Schon in den späten     wie Ringelnattern und Blindschleichen, Am-
für Wasser- und Sumpf-       1960er Jahren kam eine Studie der ETH zum          phibien wie Wasserfrösche, Feuersalamander
pflanzen, wegen der sich     Schluss, dass sich die Aare in den nächsten        und Erdkröten, aber auch Libellen und andere
verengenden Fliesswasser-    200 Jahren wieder in einen mäanderartigen          Kleintiere sind am Wohlensee heimisch.13 Im
zonen steigt aber auch       Fluss zurückverwandelt haben würde.   10
                                                                                Bundesinventar der Wasser- und Zugvogelre-
der Hochwasserspiegel.                                                          servate ist der östliche Teil des Wohlensees als
                             Eine Studie des Amts für Wasser und Abfall         national bedeutender Rastplatz für Watvögel
                             des Kantons Bern und der BKW von 2011              sowie als Überwinterungsort für Wasservö-
                             bestätigt diese Erkenntnisse: Ohne gross-          gel beschrieben. Schwimm- und Tauchenten,
                             flächige Sedimententnahmen oder aber den           Möwen und Rallen aus dem Norden Europas
                             «Rückbau der Talsperre zur Wiederherstellung       bevölkern ihn im Winterhalbjahr.14 Unter all
                             der Sedimentkontinuität» (was jedoch «keine        diesen Gesichtspunkten ist es mehr als an-
                             anzustrebende Option» sei) ist die vollständige    gezeigt, den vor 100 Jahren entstandenen
                             Verlandung des Sees nicht zu verhindern.11         See, seine Bauten sowie die ihn begleitende

16 | heimat heute 2020
Tier- und Pflanzenwelt als «Schutzobjekt
Wohlensee» gesamtheitlich zu betrachten.

Energieproduktion, Naherholung, Kultur-
erbe, Landschaftsschutz, Artenschutz. Das
Schutzobjekt hat heute unterschiedlichsten
Ansprüchen gerecht zu werden. Verschiede-
ne Interessen, die sich manchmal durchaus
widersprechen können, müssen laufend für
alle Seiten gewinnbringend in Einklang ge-
bracht werden. Man denke dabei etwa an
den erwähnten Rückbau der Talsperre: Aus
energiepolitischen und denkmalpflegerischen       Publikum die Geschichte und die Bedeutung                   S 17 Flugaufnahme des
Gesichtspunkten undenkbar, gegen die Verlan-      des Sees, der Bauten sowie den Wert der Flora               Wohlensees von Westen,
dung des Sees hingegen ein mögliches Mittel.      und der Fauna im, am und um den Wohlensee.                  Juni 1950. Im Vordergrund
Oder: Ein Uferweg entlang der Inselrainbucht                                                                  der Bremgartenwald, unten
zwischen Hinterkappelen und der Wohlei: Zur       Anmerkungen                                                 rechts die Eymatt und die
                                                  1    Mehr zur Vorgeschichte und den verschiedenen Kon-
Erschliessung der Uferzonen und zu Nah-                                                                       Hinterkappelenbrücke, in
                                                       zessionierungen: Wohlensee. Entstehung – Geschich-
erholungszwecken mehr als erwünscht, für die           te – Fauna – Flora – Schutz …, hg. von Verein Heit     der Bildmitte die Halbinsel,
                                                       Sorg zum Wohlesee, Bern 1995, S. 7–10.
brütenden Vögel und die restliche Fauna sowie                                                                 auf der heute die Über-
                                                  2    Wohlensee. Entstehung – Geschichte ... 1995, S. 10.
für die Anwohnenden ein Horrorszenario.15         3    Rudolf von Tavel, Von großer Arbeit. Kraftwerk und     bauung Kappelenring aus
                                                       Stausee von Mühleberg in ihrer Entstehung, Bern
                                                                                                              den 1970er Jahren steht,
                                                       1921, S. 15.
Privatrechtliche Vereine wie z. B. der Schutz-    4    Von Tavel 1921, S. 17.                                 dahinter die Inselrainbucht
                                                  5    Von Tavel 1921, S. 16.
verband Wohlensee oder der Verein Heit Sorg       6    Rudolf von Tavel lässt in seiner Geschichte ein
                                                                                                              und die Wohleibrücke.
zum Wohlesee16, aber auch NGOs wie z. B.               Mädchen, das Vreneli, ihrer Mutter von der Baustelle
                                                       berichten: «Öppe schier sind Russen da […]. Man
pro natura, BirdLife Schweiz oder der Heimat-          behält sie immer schön an einer Kuppele. Ich glaub’,
schutz verstehen sich als Bindeglieder zwischen        es seien Gefangene. Zum Schaffen sind sie nicht viel
                                                       nutz. Aber, was willst, Mutter? Wo das Mannevolch
den verschiedenen Interessengruppen und                fehlt! Die Unsrigen stehen ja immer noch an der
den Behörden. Sie leisten – grösstenteils in           Grenze.» – von Tavel 1921, S. 27.
                                                  7    Von Tavel 1921, S. 24.
freiwilliger Arbeit – umfangreiche Beratungs-     8    Ausführlich zu den einzelnen Bauten und zum
dienstleistungen für diejenigen Ämter und              Bauablauf vgl. E. Meyer, Das Kraftwerk Mühleberg
                                                       der Bernischen Kraftwerke A.-G. (insg. vier Teile),
Fachstellen, die Massnahmen planen. Daneben            in: Schweizerische Bauzeitung, 1926, Nr. 22, S.
vermitteln sie mit Veranstaltungen wie Füh-            275–280; Nr. 23, S. 287–291; Nr. 24, S. 300–304 und
                                                       Nr. 25, S. 311–316.
rungen, Vorträgen oder Apéro-Flossfahrten,        9    Peter Stettler, Walter Bösiger, in: Historisches
aber auch mit der Herausgabe von Büchern               Lexikon der Schweiz, www.hls-dhs-dss.ch, Stand:
                                                       01.06.2020.
oder Artikeln wie diesem hier einem breiten       10   Wohlensee. Entstehung – Geschichte ... 1995, S. 25.
                                                  11   Verlandungsstudie Wohlensee, bearbeitet von der
                                                       Flussbau AG Bern, 21.03.2011.
                                                  12   Vgl. Bauinventar des Kantons Bern (www.erz.be.ch/
                                                       erz/de/index/kultur/denkmalpflege/bauinventar.html)
                                                                                                              R 18 Höckerschwäne, die
                                                                                                              grössten in Mitteleuropa
                                                       und Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz,
                                                       insb. Objekt Nr. BE 507.4.                             heimischen Wasservögel,
                                                  13   Eine ausführliche Auflistung findet sich in            leben das ganze Jahr über
                                                       Wohlensee. Entstehung – Geschichte … 1995,
                                                       S. 48–65.                                              am Wohlensee. Im Winter
                                                  14   Bundesinventar der Wasser- und Zugvogelreserva-
                                                                                                              erhalten sie jeweils Besuch
                                                       te von internationaler und nationaler Bedeutung,
                                                       hg. von Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern 2015,          von diversen anderen
                                                       S. 61–63.
                                                                                                              Entenarten, unter ihnen
                                                  15   Zum Uferweg: Hans Ulrich Schaad, Das Bundesge-
                                                       richt versenkt den Uferweg, in: Berner Zeitung BZ,     Rallen und Möwen
                                                       23.11.2018, S. 2–3.
                                                                                                              aus dem Norden.
                                                  16   www.schutzverband-wohlensee.ch,
                                                       www.verein-wohlensee.ch.

                                                                                                                heimat heute 2020 | 17
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Systemrelevante Betriebe
Rolf Hürlimann

Im späten 19. und im 20. Jahrhundert gab es in unserer Region deutlich mehr systemrelevante Industrie-
und Gewerbebetriebe als heute. Unter ihnen solche der Gas-, Chemikalien-, Textil-, Nahrungsmittel- und
Baustoffproduktion. Oft wurden sie, die einst von ihrer Nähe zur Wasserkraft und zu den Eisenbahnen
profitiert hatten, zugunsten billigerer Herstellungsorte aufgegeben und ihre Bauten umgenutzt.

                                                                                            T 2 Der Sichtbacksteinbau der einstigen Ryff-Fabrik an der
                                                                                            Sandrainstrasse grenzte ursprünglich wie die benachbarte
                                                                                            Dampfzentrale an die Kleine Aare, die das Marzilibad durch-
                                                                                            floss und 1969 zugeschüttet wurde. 1895 von Lindt & Hü-
                                                                                            nerwadel erbaut, beherbergte er bis 1955 eine mechanische
                                                                                            Strickerei. Seit dem Übergang an die Stadt, die zunächst
                                                                                            eine Nutzung als Hallenbad erwog, dient er als Gewerbepark
                                                                                            mit Ateliers und Architekturbüros, seit 2012 befindet sich in
                                                                                            seinem DG das Kino Lichtspiel samt Kinemathek. März 1997.

                               S 1 Der «Stufenbau» von Ittigen zwischen der Worblen-
                               talbahn und der A1 ist mit seiner terrassierten, geschickt
                               die Hanglage nutzenden Architektur, seinem turmartigen
                               Mittelbau und seinem Schräglift ein Industriedenkmal
                               von nationaler Bedeutung. Erbaut 1924, war er bis 1971
                               Produktionsstätte von Nitrozellulose. Seit 1985 beherbergt
                               er Räume für Kultur sowie Büros und Ateliers. März 1997.

                               T 5 Obwohl recht nüchtern wirkend, gilt der Industrie-
                               komplex an der Fellerstrasse 11 von Architekt Henry
                               Daxelhofer neben dem Bahnhof Bümpliz Nord als schüt-
                               zenswert. Erstellt wurde der Skelettbau mit seinem

S   3 Das «Oktogon» im         welleternitverkleideten Überbau und seinem markanten
Marzili entstand 1888 auf      Sheddach 1958–1960 für die Tuchfabrik Schild. Seit 2005
den Fundamenten des ersten     ist er Sitz der Hochschule der Künste Bern. April 2001.
Gasometers der Schweiz von
1843. Jahrzehntelang von                                                                    S 4 Am Dalmaziquai 33–37, wo heute ein langgezogener
der Billardfabrik Morgen-                                                                   Bau mit schmucken Eigentumswohnungen steht, war
thaler genutzt, war der von                                                                 von 1919 bis 1978 die Ramseier & Jenzer AG ansässig.
Backsteinlisenen gegliederte                                                                Bekanntheit erlangte die Firma, die von Beginn an
Bau mit Laternenaufsatz                                                                     Limousinen und Cabriolets baute, vor allem durch die
1971–2001 Ausbildungs-                                                                      Konstruktion zahlreicher Karosserien für Busse, Postautos
ort der Lehrwerkstätten                                                                     und Reisecars, von Frontmotorwagen der 1920er und
Bern, ehe er 2006 zu einem                                                                  1930er Jahre bis zu Gelenkfahrzeugen der Nachkriegs-
Hammam und Spa umge-                                                                        zeit. Diesem Geschäftszweig blieb «R & J» auch nach der
staltet wurde. April 1990.                                                                  Verlegung der Produktion nach Biel treu. Sept. 1977.

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                                                                                                                           T 8 In der Fabrik von
                                                                                                                           1879 in der Berner Matte
                                                                                                                           entwickelte Rodolphe
                                                                                                                           Lindt (1855–1909) ein
                                                                                                                           Conchierverfahren, das zum
                                                                                                                           Weltruhm der Schweizer
                                                                                                                           Schokolade beitragen sollte.
                                                                                                                           Der Bau, in dem auch nach
                                                                                                                           dem Verkauf an die Zürcher
                                                                                                                           Firma Sprüngli noch Zart-
                                                                                                                           schmelzendes entstand,
                                                                                                                           wurde 1934 zu Wohnzwe-
                                                                                                                           cken umgebaut, gilt aber
                                                                                                                           mit seiner Beschriftung in
                                                                                                                           Belle-Époque-Lettern aber
                                                                                                                           ungeachtet der damals vor-
                                                                                                                           genommenen Verkleinerun-

S   6 Lange war die 1899 errichtete «Giesserei Bern»                                                                       gen und Fensterausbrüchen
am Rand der Länggasse mit ihrem vergoldeten Schrift-                                                                       als erhaltenswertes Indus-
zug der Blickfang der von Roll’schen Eisenwerke. In                                                                        triedenkmal. März 1991.
grosser Zahl entstanden hier verschiedenste Produkte,
von Schachtdeckeln bis zu Seilbahnen. Auch die Rechen
und Kräne für das Wasserkraftwerk Mühleberg (vgl.
Artikel «100 Jahre Wohlensee», ab S. 10) entstanden
hier. Im Gegensatz zum mittlerweile von der Universität
genutzten Verwaltungsgebäude und der Weichenbau-
halle wurde die reizvolle Backsteinkonstruktion 1998
wegen Einsturzgefahr abgebrochen. Jan. 1968.

                                                              S 7 Die erste Kehrichtverbrennungsanlage Berns mit ihrem
                                                              Fernheizwerk und ihren Hochkaminen, deren Ausstoss
                                                              weitherum sichtbar war, nahm ihren Betrieb am Warm-
                                                              bächliweg in Holligen 1954 auf und beendete die Zeiten
                                                              der Transporte städtischen Abfalls nach Witzwil. Sie wurde
                                                              2012 von der heutigen Energiezentrale Forsthaus an der       V 10 Bis zum Beginn der
                                                              Murtenstrasse abgelöst und danach rückgebaut. Auf ihrem      2000er Jahre prägten
                                                              Gelände sollen bald Wohnungen entstehen. April 2012.         zahlreiche Gebäude der Bau-
                                                                                                                           stofffirma Hunziker ein weit-
                                                                                                                           läufiges Gebiet entlang der
                                                                                                                           Könizstrasse zwischen dem

S   9 In Worblaufen erinnert neben der Mündung der Worbla                                                                  Weissensteinquartier und
in die Aare ein Fabrikkomplex an glanzvolle Zeiten. Er wur-                                                                den Vidmarhallen. Die 1876
de bis 2014 vom Eisenwerk Müller genutzt und beherbergt                                                                    gegründete Unternehmung
mit einer historischen Hammeranlage, einer Esse und einem                                                                  produzierte hauptsächlich
Wasserrad bis heute bedeutende technikgeschichtliche                                                                       Betonwaren und baute an
Relikte. Die Schmiede dürfte bereits im 16. Jh. bestanden                                                                  Ort und Stelle Kies ab. Heute
haben. Die aktuellen Gebäude allerdings sind zur Haupt-                                                                    stehen hier Turnhallen und
sache nach einem Brand ab 1871 entstanden. Nov. 2016.                                                                      Wohnbauten. Sept. 1997.

                                                                                                                            heimat heute 2020 | 19
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heimat heute 2020 | 21
AUS DER POLITIK

Barrierefreiheit im Weltkulturerbe:
Abfahrtsanzeigetafeln in der
unteren Altstadt
Enrico Riva

Als Benützerinnen und Benützer des öffentlichen Verkehrs                           Weltkulturerbes gehörenden Bereich nicht
sind wir oft froh, an einer Haltestelle auf den Anzeigetafeln                      bewilligungsfähig seien. Dies beachtete der
zu sehen, wann unser nächster Tram- oder Buskurs abfährt.                          Gemeinderat nicht; er unterliess es auch, für
                                                                                   die Installation der Anzeigetafeln die gesetz-
Manchmal merken wir, dass wir einen kürzeren Weg auf-
                                                                                   lich vorgeschriebene Bewilligung einzuholen.
grund der Wartezeit genau so gut zu Fuss gehen können.
An Haltestellen mit mehreren Verbindungen sehen wir,                               Die untere Altstadt von Bern als beson-
ob der nächste Kurs einer anderen Linie für uns praktischer                        ders schutzwürdiges Baudenkmal
wäre. Wie kommt es dazu, dass der Heimatschutz sich nun                            1983 hat die UNESCO die Altstadt von Bern
in einem Beschwerdeverfahren gegen solche Anzeigetafeln                            vom Bubenbergplatz bis zur Nydeggbrücke
wehrt? Eine etwas längere Geschichte, die hier erzählt                             zum Weltkulturerbe erhoben. Im Bundes-
werden soll.                                                                       inventar der schützenswerten Ortsbilder der
                                                                                   Schweiz (ISOS) ist die Altstadt von Bern als
                                                                                   Schutzobjekt von nationaler Bedeutung ge-
                                 Eigenmächtiger Beschluss des Gemeinderats         mäss Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG)
                                 Bis 2016 gab es im Bereich zwischen Zytglogge     verzeichnet. In der Bauordnung der Stadt
                                 und Nydeggbrücke keine solchen Anzeigeta-         Bern1 wurde entsprechend für die Altstadt ein
                                 feln. Auf Antrag der Tiefbaudirektion der Stadt   besonderes baurechtliches Regime geschaffen.
                                 Bern beschloss der Gemeinderat im Februar
                                 2016, den Kornhausplatz und die Haltestellen      Innerhalb der Altstadt kommt der unteren
                                 der Trolleybuslinie 12 in der Kram- und der       Altstadt der höchste Wert zu. Hier befindet
                                 Gerechtigkeitsgasse mit denselben Anzeige-        sich am meisten historische Bausubstanz; das
                                 tafeln zu versehen, die wir aus dem restlichen    Bild der Gassen und Plätze, der Fassaden und
                                 Stadtgebiet kennen. Die Denkmalpflege und         Dächer präsentiert sich weitgehend unver-
                                 das Stadtplanungsamt informierten den Ge-         sehrt. Aufgrund seiner nationalen Bedeutung
                                 meinderat darüber, dass solche Tafeln in          verlangt das eidgenössische Recht die «un-
                                 diesem empfindlichen, zum Kern des UNESCO-        geschmälerte Erhaltung» dieses Stadtteils.2

 Q 1 Die 2016 an den Fassa­
    den der unteren Altstadt
    montierten Abfahrts-An-
 zeigetafeln stellen aus Sicht
   des Heimatschutzes einen
empfindlichen Eingriff in das
    UNESCO-Weltkulturerbe
   der Altstadt von Bern dar.

22 | heimat heute 2020
AUS DER POLITIK

Das bedeutet nicht, dass die untere Altstadt
unter eine Glasglocke gestellt ist und keine
Änderungen mehr erfahren darf; wir wollen
hier kein Museum, sondern einen lebendigen
Teil der Stadt. Alle Veränderungen müssen sich
aber dem Schutzziel unterordnen, vermeid-
bare Beeinträchtigungen sind zu unterlassen.

Gemessen an diesen Vorschriften sind die
2016 installierten Anzeigetafeln ungesetzlich,
weil sie zu wenig Rücksicht auf das Denkmal
untere Altstadt nehmen. Sie ragen als unbeweg-
liche Körper in den Raum der Kram- und der
Gerechtigkeitsgasse bzw. des östlichen Korn-
hausplatzes hinein, und sie sind Tag und Nacht
beleuchtet. Das geltende Recht der Stadt Bern
erlaubt solche Körper an diesem Ort nicht;
auch Geschäftsschilder dürfen in der unteren
Altstadt ausserhalb der Lauben nicht leuchten.    und hat zum Ziel, «Benachteiligungen zu           S 2 Die Tafeln wurden
                                                  verhindern, zu verringern oder zu beseitigen,     mitunter an prominentesten
Nachträgliches Bewilligungsverfahren              denen Menschen mit Behinderungen ausgesetzt       Stellen montiert, obwohl
Der Berner Heimatschutz, Region Bern Mit-         sind»4. Ein wichtiger Bereich, in welchem das     sie ein eidgenössisches
telland, hat im Frühjahr 2017 mit einer bau-      Behindertengleichstellungsgesetz Wirkung          Plangenehmigungsverfahren
polizeilichen Anzeige auf die Irregularität       entfaltet, ist der öffentliche Verkehr. Mehrere   durchlaufen müssten.
der Anzeigetafeln hingewiesen und verlangt,       Verordnungen und auch Praxisanweisungen
dass sie wieder entfernt werden. Die Anzeige      wurden erlassen. Das Grundprinzip ist Fol-
führte zu einem eidgenössischen Plangeneh-        gendes: Behinderte Personen, die in der Lage
migungsverfahren nach Eisenbahnrecht. Der         sind, den öffentlichen Raum ohne fremde Hilfe
Grund dafür, dass in diesem Fall eine Bundes-     zu benützen, sollen auch die Dienstleistungen
behörde und nicht eine kantonale Behörde die      des öffentlichen Verkehrs autonom in Anspruch
Sache zu prüfen hatte, liegt in einer Eigenheit   nehmen können.5 Fahrzeuge und Haltestellen
des Eisenbahnrechts: Trolleybus- und Tram-        sollen behindertengerecht gestaltet sein. Dies
linien fallen unter die Eisenbahngesetzge-        verlangt neben der Möglichkeit des selbststän-
bung, und demgemäss müssen alle Bauten            digen Besteigens der Verkehrsmittel auch den
und Anlagen, die damit zusammenhängen,            Zugang zu den erforderlichen Informationen.
ein eidgenössisches Plangenehmigungsver-
fahren durchlaufen, bevor sie erstellt werden     Das Behindertengleichstellungsgesetz stellt
können. Am 11. Februar 2020 entschied das         den Umfang der zu treffenden Massnahmen
Bundesamt für Verkehr (BAV), es werde kei-        ausdrücklich unter das Gebot der Verhältnis-      S 3 Laut den Behörden
ne Genehmigung für die aufgestellten Tafeln       mässigkeit: Die Beseitigung einer Benach-         genügen analoge Infostelen
erteilt. Sie seien innert Frist zu entfernen.     teiligung hat zu unterbleiben, «wenn der für      wie diese hier bei der Halte-
                                                  Behinderte zu erwartende Nutzen in einem          stelle Nydegg den Anfor-
Behindertengerechte Haltestellen                  Missverhältnis steht, insbesondere […] zum        derungen des öffentlichen
des öffentlichen Verkehrs                         wirtschaftlichen Aufwand [oder] zu Interessen     Verkehrs nicht mehr.
2002 verabschiedeten die eidgenössischen          des Umweltschutzes sowie des Natur- und
Räte das Behindertengleichstellungsgesetz.3       Heimatschutzes»6. Interessen des Heimat-
Das Gesetz stützt sich auf den Rechtsgleich-      schutzes können also Anlass dazu geben, dass
heitsartikel der Bundesverfassung (Artikel 8)     auf bestimmte Massnahmen verzichtet wird.

                                                                                                     heimat heute 2020 | 23
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