Wilhelma - Dein Magazin zum Mitnehmen!
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Ausgabe 1 | Frühling 2020 Wilhelma Stuttgart Wilhelma Dein Magazin zum Mitnehmen! Seltene Kaffeepflanzen Gefiederte Vielfalt Coffee to Stay Vogelhaltung Artenschutz-Euro in der Wilhelma Erste Hilfe für bedrohte Tiere
Editorial Foto: Wilhelma Stuttgart Liebe Besucherinnen und Besucher, die aktuelle Ausgabe des Wilhelma-Magazins beschäftigt Für die Wilhelma ist es ein wichtiges Anliegen in Zeiten sich mit dem Titelthema Vögel. In Zeiten, in denen immer des Artensterbens, durch die Präsentation einer möglichst mehr zoologische Gärten nach dem Motto „mehr Platz großen Vielfalt von verschiedensten Pflanzen- und Tier- für weniger Arten“ verfahren, reduzieren sich die in Zoos formen auf die Bedeutung der Erhaltung der Biodiversität gehaltenen Tierarten sehr stark. Gerade im Bereich der aufmerksam zu machen. Vögel sind die meisten Kollektionen in den letzten Jahren daher geschrumpft. Ein positives Gegenbeispiel hierzu Hierbei kommt auch den Vögeln, neben den Krokodilen die stellt die Wilhelma dar, deren Vogelbestand mit etwa 230 einzigen lebenden direkten Nachfahren der Dinosaurier, eine Arten zu den bedeutendsten in Deutschland zählt. zentrale Rolle zu. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Auch ich bin davon Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß bei der Erkundung der überzeugt, dass sich die Zoos in der Auswahl ihrer Groß- Vogelvielfalt, die mit ihren wunderschönen Gefiederfarben säugerarten beschränken sollten, um den Tieren die neben der Blütenpracht jetzt im Frühjahr für die spektaku- bestmöglichen Bedingungen zu schaffen. Aber eine große lären Farbtupfen in der Wilhelma sorgt. Vielfalt von kleineren bis mittelgroßen Vogelarten ist in Tropenhallen und Gemeinschaftsvolieren auch mit einem überschaubaren Platzbedarf sehr gut möglich. Ihr Dr. Thomas Kölpin Direktor der Wilhelma Anzeige Werden Sie Pate. Für viele Tiere und Pflanzen in der Wilhelma können Patenschaften übernommen werden. Ob für sich selbst oder Anzeige als tolles Geschenk, es ist immer eine gute Sache. Fragen Sie einfach an den Kassen oder online unter wilhelma.de 3
Inhalt Inhalt Impressum Wilhelma-Magazin 28. Jahrgang Herausgeber Wilhelma Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Dr. Thomas Kölpin, Direktor Postfach 50 12 27, 70342 Stuttgart www.wilhelma.de Verantwortliche Redaktion Dr. Axel Kwet, Heiko Werning Layout/Grafik artismedia GmbH Stuttgart Anzeigen Frühlingserwachen Coffee to Stay Erste Hilfe für Florian Pointke, Wilhelma Telefon: 0711 / 54 02-137 Seit Kurzem finden Wilhelmagäste Espresso, Café crema, Latte Macchia- bedrohte Tiere Telefax: 0711 / 54 02-222 eine neue Freilandanlage vor dem to – die Vielfalt von Kaffeekreationen Viele Menschen waren schockiert von Aquarienhaus. Den Winter über lag ist uns wohlvertraut. Die Vielfalt der den Bildern verletzter Koalas ange- Druck sie verlassen da. Doch mit den ersten Kaffeepflanzen weit weniger. Der in- sichts der katastrophalen Buschbrän- Konradin Druck GmbH, warmen Sonnentagen zeigen ihre ternationale Handel konzentriert sich de in Australien zur Jahreswende. Leinfelden-Echterdingen, auf 100%-Recyclingpapier Bewohner sich wieder: Kreuzottern, auf wenige Varietäten. Die Wilhelma Dank des neuen Artenschutz-Euros unsere bekanntesten heimischen Gift- dagegen sammelt die seltenen Sor- konnte die Wilhelma schnell helfen. schlangen. Aber dennoch kein Grund ten und bewahrt sie für die Zukunft. Nur eines von vielen Schutzprojekten, zum Fürchten. Seite 20 die nun verwirklicht werden. Seite 17 Seite 23 OF8 Dieses Druckerzeugnis ist mit dem Blauen Engel ausgezeichnet Inhalt Editorial Wilhelma Live Natur im Fokus Seite 3 Seite 17 Seite 23 Die Kreuzotter Gefahr im Verzug Panorama Der Tausendsassa unter Soforthilfe für den Arten- den Schlangen Seite 6 schutz aus Stuttgart Anzeigenpreisliste Es gilt die Anzeigenpreisliste 1/2020. Seite 18 Freunde und Förderer Titelthema Kassiererin Monique Müller Auflage der Wilhelma Seite 8 Engagierte Beraterin an 75.000 Exemplare Vogelhaltung in der Wilhelma der Wilhelma-Kasse Seite 26 Titelbild Am Anfang war des Königs Seite 20 Palmkakadu / artismedia „rosafarbener Papagay“ Erhaltungssammlung Veranstaltungen / Das Wilhelma-Magazin erscheint KinderEcke internationaler Kaffee-Varietäten Führungen jeweils Mitte März, Juni und September. Coffee to Stay Seite 28 Anzeigenschluss für die Sommer- Seite 14 ausgabe ist der 9. Mai 2020. Vogelhaltung in der Wilhelma – Faszination Fliegen Seite 22 Wilhelma- Die Zeitschrift und alle Beiträge sind Gefiederte Vielfalt Frei wie ein Vogel Malerischer Blütenbaum Patenschaften urheberrechtlich geschützt. Nament- Gefiederte Bewohner der Wilhelma aus China Mit einem einzelnen Inkakakadu fing alles an – 1861 kam auf Geheiß von König lich gekennzeichnete Beiträge geben Schräge Vögel Der Taschentuchbaum Seite 30 Wilhelm I. der erste exotische Vogel in die Wilhelma. Heute werden hier über nicht unbedingt die Meinung der Schabrackentapir am Haken 200 Arten aus 60 Vogelfamilien gehalten, von A wie Amadine bis Z wie Zebrafink. Rätselspaß zum Mitmachen Redaktion wieder. Die Patenschaft der Firma Paule Zuchterfolge geben manch gefährdeter Art neue Hoffnung. Seite 8 4 5
Panorama Panorama Reptil des Jahres Foto: Wilhelma Stuttgart Foto: artismedia Die Zauneidechse ist das „Reptil des Jahres 2020“. Die Männchen der streng geschützten, auch in Baden-Würt- temberg verbreiteten früheren „Allerweltsart“ strahlen in der Paarungszeit im Frühjahr in leuchtendem Smaragdgrün. Heute sind diese lebhaften Eidechsen vor allem durch die Zerstörung ihrer Lebensräume für Landwirtschaft und Bauprojekte bedroht. Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen, haben die Experten der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) die Zaunei- dechse nun ausgezeichnet. Die Wilhelma ist Hauptsponsor der Kampagne, die im Dezember im Zoologisch-Botanischen Garten der Presse vorgestellt wurde. Foto: Benny Trapp/DGHT Gemeinsam erkunden die Geparden Haraka (links) und Zawadi ihr neues Gehege. Verkannte Schönheit: Zauneidechsen-Männchen Gepardenzucht in der Wilhelma Wilhelma-Konzert Das schnellste Landwirbeltier der Welt ist in der Natur immer stärker bedroht. Deshalb stellt die Wilhelma nun die Wei- des Staatsorchesters chen für die anspruchsvolle Zucht der eleganten Raubkatzen aus den Savannen Afrikas. Zwei Kater sind zum Jahresende aus Frankreich eingetroffen. Ein passendes Weibchen soll vom Erhaltungszuchtprojekt des Europäischen Zooverbandes Zauberhaft ist im Frühjahr die Magnolienblüte im Maurischen Stuttgart in Kürze zugeteilt werden. Die Zucht gelingt nur bei getrennter Haltung der Geschlechter über den Großteil des Jahres; Garten der Wilhelma dafür wird noch in diesem Jahr die ehemalige Eisbäranlage umgebaut. Die Kater sind aber schon jetzt für das Publikum im Nach dem überwältigenden Erfolg der ersten Auflage des erneuerten Gepardengehege neben dem Aussichtspavillon Belvedere zu sehen. Besucherzuwachs Konzerts des Staatsorchesters Stuttgart in der Wilhelma wird es auch dieses Jahr wieder Musik zwischen Tropenpflanzen, 2019 Südamerika wird Foto: Wilhelma Stuttgart Pelikanen und Maurischem Garten geben. Am 27. Juni 2020 findet erneut ein außergewöhnlicher Konzertabend unter freiem Himmel statt. In der historischen Parkanlage erwarten Sie an unterschiedlichen Orten Konzertbeiträge aller Art: Australien Fast 1,68 Millionen Gäste kamen 2019 in die Wilhel- Vom filigranen Harfen- und Gitarrentrio über das Holzbläser- Eine neue Ära beginnt: Das alte Südamerikahaus wird ma. Das ist noch einmal eine Steigerung um knapp ein quintett bis hin zur energetischen Brassband erleben Sie die geschlossen, kernsaniert und in ein neues Australienhaus Prozent gegenüber dem bereits sehr starken Vorjahr. Mitglieder des Orchesters mit Musik, die ihre Herzen höher umgebaut, in dem zukünftig Koalas und Baumkängurus Der Zoologisch-Botanische Garten gehört damit zu den schlagen lässt. zu sehen sein werden. Das benachbarte Jungtieraufzucht- beliebtesten Freizeiteinrichtungen in Baden-Württem- haus wurde nach über 37 Jahren abgerissen, um Platz für Foto: Staatsoper Stuttgart berg und zu den bestbesuchten Zoos in Deutschland. Außenanlagen für die australischen Beuteltiere, aber auch Zu dem guten Ergebnis trugen einerseits die Sonder- für südamerikanische Krallenaffen zu schaffen. Aus dem veranstaltungen bei, etwa das Halloween-Event oder Südamerikahaus sind die Faultiere, die Zwergseidenäffchen der Christmas Garden, andererseits lockten attraktive und die Springtamarine für die Zeit des Umbaus in das Neuzugänge die Menschen an, etwa Jaguar Taima oder Menschenaffenhaus umgezogen, wo sie das Gehege direkt das imposante Leistenkrokodil Frederick. „Der seit neben den Gorillas bewohnen. So können Wilhelmagäste mehreren Jahren wachsende Zuspruch zeigt: Wir liegen nun die größten direkt neben den kleinsten Affen beob- richtig“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Der achten: Denn während ein Gorilla bis zu 200 Kilo auf die Beleg dafür durch die Zahlen ist wie ein Schulterklop- Für die Springtamarine wird eine neue Anlage gebaut – solange Waage bringen kann, wiegt ein Zwergseidenäffchen gerade fen: Bestätigung und Ansporn zugleich, den Weg weiter sind sie im Menschenaffenhaus zu sehen. einmal 150 Gramm. zu beschreiten.“ Vier Stunden Musik bei schönstem Sommerwetter genossen die Wilhelmagäste schon beim Konzert im Juli 2019. 6 7
Titelthema Titelthema Bereits 1861 kam auf Geheiß von König Wilhelm I. Foto: G. Schleussner der erste exotische Vogel – ein Inkakakadu – in die Wilhelma. Heute beherbergt der Zoologisch-Botanische Garten eine bunte Vielfalt an Vögeln, züchtet bedrohte Vogelarten nach und beteiligt sich an Schutzprojekten in deren Heimat. Vogelhaltung in der Wilhelma Am Anfang war des Königs Das Leben als Vogelkurator in der Wilhelma kann hart sein. Kürzlich stand ich gedankenverloren, vielleicht auch ein wenig selbstzufrieden, vor der mit Tangaren, Organisten, Naschvögeln und anderen fliegenden Juwelen des süd- „rosafarbener Papagay“ amerikanischen Regenwaldes exquisit besetzten neuen Voliere im Kuppelbau zwischen Sukkulenten- und Orchide- enhaus. Dabei bekam ich ungewollt mit, wie ein etwa vierjähriges Mädchen die Hand seiner Mutter ergriff und auffordernd sagte: „Komm, Mama, ich will jetzt weiter – dahin, wo die richtigen Tiere sind ...“ Werden Vögel im Zoo tatsächlich nicht als „richtige“ Tiere wahrgenommen? Einem Kindergartenkind wird man dies nachsehen. Aber ein Fünkchen Wahrheit ist schon dabei, wenn man es etwas anders formuliert: Vögel tun sich schwer im Wettbewerb mit Eisbär, Affe & Co. um die ernsthafte Aufmerksamkeit vieler Zoogäste. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, werden sie als (hoffentlich pflan- zenkompatible!) belebende Elemente in Urwaldhäusern oder dekoratives Beiwerk in Parklandschaften zwar wohl- wollend, aber eher oberflächlich registriert. Die Dinosaurier unserer Zeit Um die Perspektive zurechtzurücken, sollte ein kurzer Blick auf die Evolution der Vögel genügen. Spätestens seit Ste- ven Spielbergs Klassiker „Jurassic Park“ hat sich allgemein herumgesprochen, dass die Vögel – etwas vereinfachend gesagt – nicht mehr und nicht weniger sind als eine hoch spezialisierte, bis in die heutige Zeit überlebende Entwick- lungslinie der Dinosaurier. Die stammesgeschichtlichen Beziehungen zwischen Vögeln und „Nicht-Vogel-Dinosau- riern“ sind so eng, dass man sie heute in einer systema- tischen Gruppe vereint, mit den übrigen Reptilien in der Klasse der Sauropsiden zusammenfasst und den beiden anderen Landwirbeltierklassen, den Amphibien und Säuge- tieren, gegenüberstellt. Und wenn ein Tyrannosaurus rex oder ein 25 Meter langer und 35 Tonnen schwerer Brachio- saurus kein „richtiges“ Tier gewesen ist, was dann? Anders als ihre zur Gigantomanie neigenden nahen Ver- wandten aus Trias, Jura und Kreidezeit haben die Vögel im Verlauf ihrer Entwicklungsgeschichte niemals auf Körper- größe gesetzt. Entscheidend für ihren stammesgeschichtli- chen Durchbruch war die „Erfindung“ der Federn, die seit- her ihr Alleinstellungsmerkmal sind. Wie die Schuppen der Reptilien sind Federn verhornte Anhangsgebilde der Haut. Aber sie sind viel variabler und komplizierter gebaut und können so eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen für den Vogelorganismus erfüllen. Vor allem ermöglichen sie den Vögeln, aktiv zu fliegen und damit große Entfernungen innerhalb kürzester Zeit zu überwinden. Im Zusammenspiel Dekorative Elemente im Park, aber auch „richtige“ Tiere – die Rosaflamingos im Eingangsbereich der Wilhelma sind definitiv beides. 8 9
Titelthema Titelthema Foto: Wilhelma Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart Foto: G. Schleussner Foto: Wilhelma Stuttgart Drei von 76 bisher in der Wilhelma gezüchteten Keas Dieser junge Gänsegeier kreist heute über den Höhenlagen von Ein einmaliges Ereignis im Jahr 2001: die ersten außerhalb Neu- „Zwillinge“ bei den Doppelhornvögeln im Jahr 2003 Stara Planina in Bulgarien seelands geschlüpften Kakas mit überdurchschnittlichen Intelligenzleistungen hat ihnen troffener „rosafarbener Papagay“. Heute wissen wir, dass es liebig fortsetzen. Es dürften fast 400 Vogelarten gewesen Das Prinzip der Nachhaltigkeit diese Mobilität ermöglicht, alle erdenklichen Lebensräume sich dabei um einen australischen Inkakakadu handelte, der sein, die in dieser Zeit den Weg nach Stuttgart fanden, eini- Inzwischen hatte ein weiterer Gedanke Fuß gefasst. Die Zoos auf unserem Planeten zu besiedeln. Man unterscheidet nach seinem Ableben 1867 den Weg in die Sammlungen ge davon als Erstimporte. Leider war vielen dieser Raritäten wollten vom Import von Wildtieren so weit wie möglich heute auf der Basis der klassischen zoologischen Systema- des Staatlichen Naturkundemuseums im Schloss Rosenstein nur ein relativ kurzes Dasein im selbst ernannten schwäbi- unabhängig werden. Deshalb wurden koordinierte Zuchtbe- tik etwa 10.000 verschiedene Vogelarten. Molekularbio- gefunden hat. schen Tier- und Pflanzenparadies beschieden. Der Gewinn mühungen gestartet. In Europa nannte man diese Program- logen vertreten sogar die Ansicht, dass wir es mit mehr als von Erkenntnissen zu Haltungsbedingungen, Ernährung, me EEPs (European Endangered Species Programs) oder 25.000 Arten zu tun haben. Auf jeden Fall sind die Vögel An diese Episode schloss sich fast ein Jahrhundert relativer Hygiene und tiermedizinischer Versorgung konnte leider ESBs (European Studbooks). Begonnen hat man mit Zucht- die bei weitem artenreichste Klasse der Landwirbeltiere. Inaktivität auf dem Gebiet der Vogelhaltung an. Dann aber nicht Schritt halten mit den sich immer rasanter ausweiten- programmen für die großen, charismatischen Säugetierarten. Ein nicht wegzudiskutierender Beleg dafür, dass sie sich ging es mit einem echten Paukenschlag weiter. Im Frühjahr den Vogelimporten. Das sollte man unseren Altvorderen Die Vögel hinkten anfangs etwas hinterher, haben inzwi- gegen ihre Konkurrenten aus den anderen Wirbeltiergrup- 1950 wurde in den vom Krieg noch schwer gezeichneten nicht zum Vorwurf machen. Sie haben echte Pionierarbeit schen aber gewaltig aufgeholt. In der Wilhelma werden pen auf breiter Front durchsetzen konnten. Ein attraktives historischen Gewächshäusern eine umfangreiche Vogelaus- geleistet – vieles hat man damals einfach noch nicht besser derzeit 44 Vogelarten im Rahmen von EEPs oder ESBs Äußeres war eben noch nie ein Hinderungsgrund, wenn es stellung mit angeschlossener Sonderschau unter dem Titel gewusst. gezüchtet. Nicht wenige davon mit gutem Erfolg, wenngleich darum geht, erfolgreich zu sein ... „Prachtfarben und Prachtformen in der Vogelwelt“ eröffnet. man eingestehen muss, dass Zuchterfolge bei Vögeln weni- Leider lässt sich heute nicht mehr genau ermitteln, welche Jahrzehnte der Konsolidierung ger gut planbar sind als bei der Mehrzahl der Säugetiere. Foto: I. Wendt, Naturkundemuseum Stuttgart der dort gezeigten mehr als 150 Vogelarten als lebende Auf diese im Wortsinn vogelwilden Jahre folgte eine längere Exemplare und welche lediglich als präparierte Exponate Phase der Konsolidierung. Ungefähr ab dem vorletzten Aushängeschild war in den letzten Jahren die wiederholt des Naturkundemuseums dem zahlreich erschienenen Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts hat in den meisten Zoos gelungene Nachzucht der imposanten Doppelhornvögel Publikum präsentiert werden konnten. ein Prozess des Umdenkens eingesetzt. Auch in der Wilhelma aus Südostasien. Insgesamt 76 junge Keas haben bisher im wollte man nicht länger mit einer möglichst großen Zahl an Schwabenland das Licht der Welt erblickt, ebenso wie Zeiten des Sturms und Drangs exotischen Seltenheiten punkten, sondern den Besuchern 38 Gänsegeier, zahlreiche Mandschurenkraniche, Edwards- Nach diesem „ornithologischen Urknall“ begann der zügige anhand sorgfältig ausgewählter Vertreter der wichtigsten fasane, Kongopfauen, Schwarzkopfmoor- und Weißkopf- Aufbau einer beeindruckenden Vogelkollektion. Speziell Vogelordnungen bzw. -familien die Vielfalt der Vögel und ruderenten, Taubenhalsamazonen, China- und Sonnensittiche, die 1960er- und 1970er-Jahre waren in dieser Hinsicht ihre biologischen Anpassungen vor Augen führen. Bartlett-Dolchstichtauben, Rennkuckucke und Balistare, so etwas wie die Sturm- und Drangjahre. Der Einsatz des um nur einige Vogelarten zu nennen, bei denen die Flugzeugs als Transportmittel ermöglichte die Einfuhr vieler In der Folge hat sich der Vogelbestand der Wilhelma auf Wilhelma einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Zoopopu- Balgpräparat von König Wilhelms „rosafarbenem Papagay“ im Staatlichen Naturkundemuseum bisher nie lebend gesehener Vogelarten in immer kürzerer einem stabilen Niveau eingependelt; derzeit umfasst er lationen leistet. Abfolge. Es verging fast kein Monat ohne spektakuläre Neu- etwa 200 verschiedene Arten aus rund 20 Ordnungen König Wilhelm I. und sein „rosafarbener ankünfte. Blättert man heute in den Tierkarteien aus jener beziehungsweise 60 Familien. Natürlich gibt es darunter Natürlich darf man auch die Arten nicht vergessen, für die – Papagay“ Zeit, ist man einigermaßen fassungslos, was damals alles immer noch eine ganze Reihe von selten gehaltenen und im aus welchen Gründen auch immer – bisher kein Zucht- Folgt man den historischen Spuren der Vogelhaltung in der möglich gewesen ist. Felsenhähne, Schirm- und Glocken- Freiland inzwischen bedrohten Vogelarten, aber es werden programm existiert. Herausragende, aber seither nicht zu Wilhelma, landet man einmal mehr bei ihrem Gründer und vögel aus Südamerika, Paradies- und Laubenvögel aus Neu- auch „Allerweltsarten“ gezeigt, wenn sich an deren Beispiel wiederholende Ereignisse waren die in 2001 und 2003 Erbauer König Wilhelm I. von Württemberg. Urkundlich guinea, seltene Loris und Feigenpapageien, mehr als biologische Sachverhalte und Gesetzmäßigkeiten anschau- gezüchteten Jungvögel bei den Kakas, neben dem Kea die belegt als die Nr. 1 der Vogelinventarliste ist ein auf Geheiß 25 verschiedene Arten von Kolibris und sogar der legen- lich darstellen lassen. Auf einzelne Arten einzugehen, würde zweite noch existierende Art aus der Gattung der neusee- seiner Majestät zum stolzen Preis von 144 Württember- däre Göttervogel der Azteken aus den Bergregenwäldern den Rahmen dieses Beitrags bei weitem sprengen, das ländischen Nestorpapageien. Regelmäßig Nachwuchs gibt gischen Gulden angekaufter und am 13. Juni 1861 einge- Mittelamerikas, der Quetzal – die Aufzählung ließe sich be- Spektrum reicht von A wie Arakakadu bis Z wie Zebrafink. es bei unserer Gruppe der Rosaflamingos, aber auch bei 10 11
Titelthema Titelthema Fotos: artismedia Scharlachsichlern, Kahnschnäbeln, Hühnergänsen, Riesen- Einen echten Quantensprung für den In-situ-Artenschutz waldrallen, Stelzenläufern, Australischen Trielen, Roten bedeutet der im Frühjahr 2019 eingeführte Artenschutz- Kardinälen und vielen anderen. Euro. Mit Hilfe dieser freiwilligen Abgabe unserer Besucher ist es möglich, dass die Wilhelma Artenschutzmaßnahmen Nicht zuletzt gilt unsere besondere Aufmerksamkeit den in den Herkunftsländern bedrohter Arten finanziell unter- oft unterschätzten, kleinen bis mittelgroßen Sperlings- stützt (siehe Infokasten). vögeln, die rund die Hälfte aller beschriebenen Vogelarten ausmachen. Speziell für sie wurde eine Zuchtanlage mit Kampagnen des Europäischen Zooverbandes EAZA wie insgesamt 38 Einzelvolieren errichtet. Seither werden hier etwa die „Silent Forest Campaign“, die auf den Raubbau an alljährlich bis zu hundert und mehr junge Azurkopftanga- Singvögeln in Indonesien aufmerksam macht, die Prokla- ren, Veilchenorganisten, Sonnen- und Papageiamadinen, mation des Beos als „Zootier des Jahres“ durch die Stiftung Veilchenastrilde, Kleine Kubafinken, Kapuzenzeisige und Artenschutz oder die alljährliche Aktion des Naturschutz- viele andere Jungvögel flügge, sodass beispielsweise bundes Deutschland (NABU) zum Vogel des Jahres – in die eingangs erwähnte Voliere im östlichen Kuppelhaus diesem Jahr die Turteltaube – zielen in eine etwas andere überwiegend mit eigenen Nachzuchten besetzt werden Richtung. Die in der Wilhelma gehaltenen Vertreter der konnte. Was wir selbst nicht nachzüchten, kommt im Tausch entsprechenden Arten sind in diesen Fällen als Botschafter aus anderen Zoos und Vogelparks, aber auch von ausge- für ihre freilebenden Artgenossen anzusehen. wählten Privatliebhabern, mit denen wir in regelmäßigem Kontakt stehen. Alle diese Aktivitäten für den In-situ-Artenschutz und damit für das Überleben der Vögel im Freiland können aber nicht Artenschutz ex situ und in situ mehr sein als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Der Schon das Management von Zoopopulationen im Rahmen Fortbestand vieler Vogelarten ist heute angesichts direkter koordinierter Zuchtprogramme kann als Ex-situ-Artenschutz- Verfolgung, Lebensraumzerstörung, Vergiftung der Umwelt maßnahme angesehen werden. Ex situ bedeutet sinngemäß und damit einhergehender Vernichtung ihrer Nahrungsgrund- „außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets einer Art“. lagen sowie angesichts des rasant fortschreitenden Klima- Zootiere können ein wichtiges genetisches Reservoir sein wandels mehr als fraglich. Man muss kein Pessimist ein, um und unter bestimmten Voraussetzungen die Grundlage für vorherzusagen, dass viele Arten unwiederbringlich ver- Wiederansiedlungsmaßnahmen von Tierarten im Freiland schwinden werden. Die Zukunft der Vögel insgesamt sollte (in situ) bilden. man aber nicht zu negativ sehen. Die gefiederten Dinos unserer Zeit werden Wege finden, sich auch in einer von uns Die Bereitstellung von in der Wilhelma gezüchteten Uhus, Menschen deutlich veränderten Welt zu behaupten. Weißstörchen und Seeadlern zur Auswilderung sind frühe Beispiele aus den 1980er-Jahren. In jüngerer Zeit wurden Günther Schleussner unter anderem Nachzuchten der bei uns ausgestorbenen Moorente zur Wiederansiedlung im norddeutschen Tiefland und nachgezüchtete Gänsegeier für das „Green Balkans“- Projekt in Bulgarien zur Verfügung gestellt. Von der Wilhelma geförderte Artenschutzprojekte für Vögel Mit nur noch 150 Paaren im Freiland ist die Schwarzkopfmoorente eine der am meisten bedrohten Vogelarten überhaupt. • Schutz von Nistbäumen des Doppelhornvogels • Unterstützung der Zuchtstation des „Sumatran und anderer Hornvogelarten durch das „Nest Songbird Sanctuary“ für den extrem bedrohten Adoption Program“ der „Hornbill Research Found- Schwarzweißhäherling ation“ in Thailand • Unterstützung einer Zuchtstation für den extrem • Rehabilitation und Wiederauswilderung von bedrohten Niasbeo auf Java Taubenhalsamazonen im Araucárias-Nationalpark in • Ankauf von Regenwaldflächen im Tapichalaca- Südostbrasilien in Kooperation mit der „Zoolo- Schutzgebiet im Süden von Ecuador gischen Gesellschaft für Arten- und Populations- schutz (ZGAP) e.V.“ • Förderung der Wiederansiedlung des Wald- rapps in Mitteleuropa durch die Organisation • Errichtung von Nistplattformen für den Sunda- „waldrappteam.eu“ marabu im nordindischen Bundesstaat Assam • Lebensraumschutz durch Ankauf von größeren • Schutz des Kapgeiers und anderer Geierarten Landflächen im Rahmen des „Shipstern“-Projekts durch die Stiftung „VulPro“ im südlichen Afrika im mittelamerikanischen Staat Belize In der Wilhelma gezüchtete Azurkopftangaren und andere farben- Blick ins Kuppelhaus Ost: An dieser Stelle wurde König Wilhelms prächtige Vögel bewohnen die neue Voliere im östlichen Kuppelhaus. „rosafarbener Papagay“ gehalten. 12 13
KinderEcke KinderEcke Gefiederte Bewohner der Wilhelma .. .. Faszination Fliegen SchrAge VOgel Du kannst in der Wilhelma über 200 verschiedene Vogelarten bewundern, von winzigen Finken und Sper- Frei wie ein Vogel lingsvögeln bis zu großen Störchen, prächtigen Pfauen oder majestätischen Adlern. Einige ganz besondere Vertreter, die ein wenig aus dem Rahmen fallen, stellen wir Dir hier vor. Einfach abheben und losfliegen – der Mensch hat Vögel schon immer für ihre Flugfähigkeit bewundert. Und hat sie ihnen letztlich abgeguckt. Doch trotz Leichtflugzeugen und Jumbojets: Die wahren Meister der Lüfte bleiben die Vögel. NANDU Da hat alle Leichtbauweise nichts genutzt – Nandus sind einfach zu groß und zu schwer Hast Du schon einmal bestaunt, wie Möwen im Sturm durch Spielend leicht nutzen Vögel die Gesetze der Physik für zum Fliegen. Also laufen die bis zu 1,40 Meter hohen und 25 Kilo schweren Vögel durch die Luft jagen und mit irrwitziger Geschwindigkeit jederzeit sich. Auch Luft ist ein Stoff und bietet jedem Körper die südamerikanische Pampa. Mehrere Weibchen legen ihre Eier in ein Nest, das dann die Richtung ändern? Wie ein Turmfalke auf der Suche nach Widerstand – deshalb ist ein stromlinienförmiger Körper vom Hahn bewacht wird. Auch die Aufzucht der Küken übernimmt der Papa. Du kannst Beute über einem Feld in der Luft steht und rüttelt, um wichtig. Die geschwungene Flügelform sorgt dafür, dass Nandus auf der Südamerika-Anlage der Wilhelma beobachten. dann plötzlich wie der Blitz nach unten zu schießen? Wie die Luft oberhalb des Flügels schneller vorbeiströmt als Kraniche hoch in den Lüften im strengen Formationsflug darunter. So entsteht Auftrieb. Außerdem folgen Vögel na- über Deinen Kopf ziehen? Oder einfach nur wie Meisen türlichen Luftbewegungen. Warme Luft steigt nach oben – im Garten an das Vogelhäuschen fliegen, sich ihren Bissen da lassen sie sich gerne entspannt mit hochtragen. Gerade BRILLENPINGUIN holen und dann wieder im nächsten Busch verschwinden? größere und schwerere Arten wie Geier, Adler, Störche und Pinguine können nicht fliegen? Und ob! Nur halt nicht in der Luft, Pelikane nutzen diesen praktischen Taxi-Service gerne. sondern unter Wasser. Schau den Brillenpinguinen, die Du in der Immer schon hat der Mensch davon geträumt, selbst wie Pinguinanlage vor der Freiflugvoliere findest, einmal genau zu, wie ein Vogel zu fliegen. Otto Lilienthal, der Pionier der Luft- Die atemberaubende Manövrierfähigkeit allerdings gelingt sie sich unter Wasser bewegen. Erkennst Du die typischen Flug- fahrt, studierte mit Ausdauer und hervorragender Beobach- nur durch perfekte Steuerung der Flügelbewegungen und bewegungen? Brillenpinguine leben übrigens nicht im ewigen Eis tungsgabe den Flug der Störche und entwickelte daraus -form durch zahlreiche unterschiedliche Muskeln und der Antarktis, sondern an den Küsten im Süden von Afrika, wo das die ersten Flugmaschinen, mit denen ein uralter Mensch- Federn. So ausgefeilt die Technik des Menschen inzwischen Klima dem unseren ähnelt, weshalb sie sich auch bei uns im Freien heitswunsch wahr wurde: fliegen! Inzwischen steigen wir auch ist, an diese Wunderwerke kommen wir noch lange pudelwohl fühlen. ganz selbstverständlich ins Flugzeug und reisen um die nicht heran. halbe Welt oder lassen Drohnen durch die Luft schwirren. Aber trotz aller technischen Leistungen – von der Manöv- So lassen Vögel uns immer wieder staunen: Küstensee- ROSAFLAMINGO rierfähigkeit jedes Spatzen trennen uns Welten, und auch schwalben etwa fliegen einmal um die Welt vom Nord- zum Rosaflamingos schlagen mit ihrer Schönheit und Eleganz jeden in den Bann. Sie leben in Sachen Langstrecke machen Vögel uns noch etwas vor. Südpol, 40.000 Kilometer hin und zurück – und das jedes in riesigen Kolonien von bis zu 200.000 Brutpaaren und ernähren sich ausschließlich Jahr. Die winzigen Kolibris können in der Luft stehen und von winzigen Krebschen, die sie mit ihrem wie ein Sieb konstruierten Schnabel aus dem Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Flug der sogar rückwärts fliegen. Diese enorme Wendigkeit errei- Wasser filtern. Der rote Farbstoff der Krebse sorgt für ihre Färbung, in der Wilhelma be- Vögel ist ihre Leichtbauweise. Anders als bei uns Men- chen sie durch bis zu 50 Flügelschläge pro Sekunde. Eine kommen sie ihn eigens zugefüttert, damit sie hübsch rosa bleiben. Du findest sie in der schen sind ihre Knochen hohl, und dass Federn federleicht gewaltige Kraftanstrengung für die kleinen Körper, weshalb Flamingoanlage neben der Freiflugvoliere, wo Du sie häufig nur auf einem Bein stehen sind, versteht sich von selbst. Schau Dir eine große ihr Herz bis zu 1.000 Mal pro Minute schlagen muss. Zum sehen kannst – auch dafür sind Flamingos berühmt. Feder mal aus der Nähe an, dann siehst Du, wie luftig Vergleich: Dein eigener Puls erreicht kaum über 200 Schlä- selbst der stabile Federkiel ist. Doch nicht nur der ge, selbst bei großer körperlicher Anstrengung. Bau des Körpers, auch seine Funktionen sind auf möglichst wenig Gewicht angelegt. Vögel ROSAPELIKAN verdauen sehr schnell und entledigen sich Der nimmt den Schnabel aber ganz schön voll! Mit ihren riesigen der Verdauungsprodukte sofort – die Schnäbeln können Rosapelikane auch große Fische aus dem Wasser „Vogelkleckse“ zeugen davon. Auch bilden schöpfen. Rosapelikane gehören zu den besonders schweren flug- Vögel immer nur ein Ei auf einmal im Körper fähigen Vögeln – bis zu 14 Kilo können sie auf die Waage bringen. heran – das spart bei größeren Gelegen Du kannst diese Charaktervögel am Langen See in der Wilhelma sehen, viel Gewicht. sie gehören seit Jahrzehnten zum festen Bestand des Zoologisch- Botanischen Gartens. Zeichnungen: J. Sailer-Paysan KEA Papageien sind ja ohnehin außergewöhnliche Vögel, aber Keas sind selbst unter den Papageien etwas ganz Besonderes. Die grünen Tiere sehen eher etwas plump und unbeholfen aus, aber das täuscht. Keas sind bekannt für ihre Intelligenz und ihr Geschick. In ihrer Heimat Neuseeland knacken sie mitunter sogar Autos auf, um an Leckerbissen heranzukommen. In der Wilhelma kannst Du sie auf den Subtropenterrassen beobachten. 14 15
KinderEcke Wilhelma Live .. Fotos: Wilhelma Stuttgart Ratselspass zum Mitmachen Die Kreuzotter Der Tausendsassa unter Die Wilhelma-Detektivinnen und -Detektive befassen sich diesmal mit allerlei exotischen Vögeln. Die richtige Lösung der sechs Fragen ist in der historischen Gewächshauszeile rund um den Wintergarten und im nahegelegenen Freiland versteckt. Begib Dich auf der Suche zunächst in das frisch sanierte Vogelkuppenhaus mit Bewohnern des südamerikanischen Regenwaldes den Schlangen (Nummer 2 im Wilhelma-Plan). Von dort führt Dich der Weg wie angegeben weiter. Wie immer kommst Du über die sechs Bilder und Hilfsbuchstaben zur richtigen Lösung, die Nummern bei einigen Buchstaben führen Dich schließlich zum gesuchten Lösungswort. Ein Tipp: Gesucht ist ein rosafarbener Vogel, aber keiner, der uns bei der Rätselsuche begegnet. Sende das Lösungswort per E-Mail mit Deinem Namen, Deinem Alter Die scheue Kreuzotter ist die häufigste einheimische Giftschlange und gleichzeitig eine und Deiner Anschrift an: der am weitesten verbreiteten Schlangen überhaupt. Besonders auffällig ist ihr dunkles Zickzackband auf dem Rücken. Porträt eines zu Unrecht wenig beliebten Reptils. magazin@wilhelma.de Auflösung Preisrätsel Wilhelma-Magazin 3/2019: Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir fünf Die richtige Lösung lautete: Panzerechsen. Wilhelma-Jahreskarten für Kinder und Jugendliche. Jeweils eine Wilhelma-Jahreskarte für Kinder Einsendeschluss ist der 11. Mai 2020. haben gewonnen: P. J. Baumbach, L. Drexel, H. Müller, L. Preyer, S. Villing. Lösungswort Herzlichen Glückwunsch! K D 1 2 4 5 6 7 8 10 Zu den bunten Juwelen in dieser Im zweiten Vogelkuppelhaus Voliere (Nummer 2 im Wilhel- (Nummer 7) leben australische ma-Plan) zählen Honigsauger, Trockenwaldbewohner. Was Organisten und ein Vogel mit ist das namensgebende Merkmal azurblauem Kopf. Wie lautet der dieser hübschen Amadine? Familienname der farbenprächti- Bei der Kreuzotter handelt es sich um eine heimische Vipernart, die auch im Schwarzwald vorkommt. gen Kleinvögel? Die Kreuzotter ist zwar kräftig gebaut, aber nur 50 bis 85 kein schlangentypisches Ausbrüten von Eiern durch Son- 2 G 6 S S 8 Zentimeter lang. In der Färbung ist sie recht variabel, das namensgebende Zickzackband auf dem Rücken ist aber nenwärme – Kreuzottern sind lebendgebärend und bringen im Spätsommer fünf bis 20 lebende Jungtiere zur Welt. fast immer sichtbar – außer bei den sogenannten Höllenot- tern, einer gelegentlich auftretenden, komplett schwarzen Giftig, aber nicht bedrohlich Die Umgebung dieser Und weiter geht`s ins Freiland. Farbform. Wie fast alle Schlangen ernähren sie sich nur von leben- Voliere (Nummer 7) ist mit der Sieh Dich genauer um am Langen der Beute – auf dem Speisezettel stehen Mäuse, Frösche, charakteristischen Vegetati- See (Nr. 54 im Plan). Mit Deinem Vom Atlantik bis zum Pazifik Eidechsen und Jungvögel. Die Beute wird durch das Gift on bepflanzt. Gesucht ist die Detektiv-Auge erkennst Du rasch, Kreuzottern besiedeln in Europa ein enorm großes Gebiet der Kreuzotter gelähmt und getötet, auch der Verdauungs- Bezeichnung für eine australi- welchem Fischjäger dieser Schna- vom Polarkreis bis auf die Balkanhalbinsel. Im Osten reicht vorgang wird durch den Giftcocktail bereits eingeleitet. Das sche Pflanze, deren Blätter hier bel gehört. es bis zur russischen Insel Sachalin sowie in den Norden Gift der Kreuzotter wirkt vor allem auf Blut und Gefäßsys- abgebildet sind. Chinas und Nordkoreas. Die Kreuzotter liebt Lebensräume tem – Bisse sind meist schmerzhaft, aber für Menschen in L P O - mit hoher Luftfeuchtigkeit und deutlichen Temperaturun- terschieden zwischen Tag und Nacht: Das wären etwa Rand- der Regel nicht tödlich. Da Kreuzottern nicht aggressiv sind, sondern den Menschen eher meiden, besteht ohnehin kein 5 10 L 7 N bereiche von Mooren, Heidelandschaften, Steinbrüche, Grund für Ängste gegenüber diesen faszinierenden Tieren. Geröllfelder, Waldränder, Kahlschläge und Ähnliches. In den Interessanterweise sind Igel resistent gegen das Gift der Alpen kriechen die Vipern bis in Höhen von 3.000 Metern. Kreuzotter – sie jagen und fressen kleine Kreuzottern Unser letzter Blick gilt der Vogel- Die für Reptilien teils sehr kühlen Lebensräume erlauben ungestraft. Die gleiche angeborene Resistenz haben auch Hier befindet sich auch die anlage am Haupteingang (Nr. 62 die mit dem Igel verwandten Spitzmäuse und Maulwürfe, 1864 erbaute Damaszenerhalle im Plan). Vielleicht weißt Du schon obwohl sie mit den Giftschlangen nichts am Hut haben. (Nr. 56 im Wilhelma-Plan, hier ein den Namen der Art, zu der diese Blick ins Innere). Zu welchem Beine gehören. Doch wie lautet ihre Neuzugang in der Wilhelma Zweck hat König Wilhelm I. sie wissenschaftliche Bezeichnung? Die seit 2019 in der Wilhelma zu sehenden drei jungen ursprünglich angelegt? Kreuzottern stammen von einem Züchter und wurden im Juli 2017 geboren. Es sind zwei Männchen und ein Weib- A 4 N - P E 1 - chen – die Wilhelma darf in den nächsten Jahren vielleicht auch auf eigenen Nachwuchs hoffen. T U T U Neugierig erkundet die Kreuzotter ihren Lebensraum in der Wilhelma. Isabel Koch 16 17
Wilhelma Live Wilhelma Live Gerade beim Ticketkauf sind Wilhelma-Besucher nicht nur Fotos: artismedia für die fehlerlose Bearbeitung, sondern auch für ein freund- Kassiererin Ihren ersten Kontakt mit dem Zoologisch-Botanischen Garten haben Wilhelma-Gäste meist im Kassenbe- liches Beratungsgespräch dankbar. Manchmal kommen große Familien oder unübersichtliche Gruppen, die zum Monique Müller reich. Hier ist es sehr wichtig, fachlich kompetent und Beispiel Studierende, Rentnerinnen und Rentner oder meh- rere Kinder umfassen. „Ich nehme mir dann viel Zeit für die freundlich aufzutreten. Eine leichte Aufgabe für die Engagierte engagierte Monique Müller. Beratung, denn ich möchte unseren Kunden immer die für sie günstigste Lösung anbieten“, stellt Monique Müller klar. Beraterin an der „Ich liebe Tiger und bin ein großer Raubtierfan“, schwärmt Monique Müller, „in der Wilhelma finde ich auch die Auch der Umgang mit Beschwerden oder schlecht gelaun- ten Gästen – was glücklicherweise selten vorkommt – Wilhelma-Kasse Löwen, Schneeleoparden und Seelöwen toll! Und natür- will geübt sein. „Gerade dann ist es wichtig, freundlich zu lich Frederick, das Leistenkrokodil, ein beeindruckender bleiben. Man weiß ja nicht, was mit den Leuten los ist Koloss!“ Doch Tiere bekommt die engagierte Wilhelma- und darf ihren Ärger nicht persönlich nehmen“, sagt die Kassiererin am Haupteingang nur selten zu Gesicht, schon Als Kassiererin trägt Monique Müller eine besondere Verantwortung Wilhelma-Angestellte. Vielmehr heißt es dann, besonders in der Wilhelma. gar nicht solche. Bestenfalls flitzt mal ein halbzahmes gut zuzuhören, die Situation richtig einzuschätzen und den Eichhörnchen über den Boden, oder ein vorwitziger Pfau Sachverhalt genau zu erläutern. Zum Beispiel das Thema erinnert sich die Kassiererin. Worauf ihre spontane Antwort versucht, über das Besucherdrehkreuz nach außen zu Artenschutz-Euro. „Die allermeisten Kunden finden ihn gut lautete: „Ja schon, aber eine Tasse Kaffee und ein Crois- gelangen. „Den lassen wir natürlich nicht durch“, ergänzt und nehmen es positiv auf, dass sich die Wilhelma auch für sant wären mir fast lieber …“. Fünf Minuten später kam der die tierliebe Angestellte im öffentlichen Dienst, die seit Artenschutz in den Ursprungsländern engagiert. Nur ganz Wilhelma-Besucher schmunzelnd vom Restaurant zurück, sieben Jahren in der Wilhelma arbeitet. wenige wollen den zusätzlichen Euro nicht zahlen, dann ist überreichte der verdutzten Monique Müller ein Tablett mit das natürlich auch okay“, sagt Monique Müller. Kaffee und Kuchen – und den Worten: „Sie hatten leider Rund 20 Kolleginnen und Kollegen teilen sich die Arbeit keine Croissants, ich hoffe, es schmeckt Ihnen trotzdem.“ in ihrer Abteilung, die neben dem Kassen- und Aufsichts- „Was mich am meisten aufwühlt, sind Unfälle“, ergänzt die personal auch die Parkhausangestellten der Wilhelma junge Kassiererin. Zum Beispiel kommt es vor, dass jemand Große Freude bereiten Monique Müller auch die besonderen umfasst. Zumeist ist Monique Müller im historischen die flachen Treppenstufen am Pavillon übersieht und stürzt. Veranstaltungen in der Wilhelma – zum Beispiel Halloween. Pavillon am Haupteingang tätig, wo neben den beiden Dann ist es wichtig, dass man schnell Erste-Hilfe-Maßnahmen Dann sind die Kassen bis 20.00 Uhr besetzt, und letztes Jahr Hauptkassen im Sommer bis zu vier weitere Kassen ge- einleitet. Hier zahlt es sich aus, dass das gesamte Kassen- bekamen Kinder freien Eintritt, wenn sie verkleidet erschie- öffnet sind. Zu ihren Hauptaufgaben gehört die Beratung und Aufsichtspersonal bestens geschult ist und regelmäßig nen. „Wir konnten selbst entscheiden, was als Verkleidung beim Verkauf der Eintrittskarten, der heute zu einem Erste-Hilfe-Kurse belegt. gilt, und waren dabei meist großzügig“, meint Monique großen Teil bargeldlos erfolgt. Müller. Auch die Wilhelma-Angestellten dürfen an Halloween Kaffee und Halloween verkleidet kommen: „Ich trage meist schwarz und gehe als Pfälzische Frohnatur Die positive Ausstrahlung von Monique Müller verdeutlicht Vampir oder Hexe. Es macht dann immer Riesenspaß, die Monique Müller stammt aus einer rheinland-pfälzischen die Anekdote mit einem freundlichen Wilhelma-Besucher, erstaunten Kinder an der Kasse zu beobachten“, ergänzt die Weingegend. Geboren in Bad Kreuznach und aufgewach- der beim Ticketkauf am oberen Eingang in ihr Kassen- 33-Jährige. sen in Sommerloch, einem kleinen Ort in der Nähe der häuschen geschaut hat. „Sie haben es aber gemütlich hier, schönen Kurstadt, entschied sich die Pfälzerin für das jetzt fehlen nur noch ein Gläschen Sekt und ein Croissant“, Dr. Axel Kwet Erlernen des Bäckereihandwerks. Nach Abschluss zur Bäckereifachverkäuferin holte Monique Müller zunächst Anzeige in der Abendschule ihren Realabschluss nach und folgte dann im Alter von 25 Jahren ihrem damaligen Freund nach Stuttgart. In der Landeshauptstadt angekommen, lernte sie bald auch die Wilhelma kennen und lieben. „Das war eigentlich ganz lustig“, antwortet Monique Müller auf die Frage, wie sie zum Zoologisch-Botanischen Garten fand: „Ich war 2012 für ein Security-Unternehmen tätig und habe auch eine Saison lang in der Wilhelma gearbeitet.“ Das gewin- nende Wesen der aufgeschlossenen Mitarbeiterin sprach sich rasch herum. „Ein halbes Jahr nach dem saisonbe- dingten Ende meiner Tätigkeit hat die Wilhelma-Ver- waltung bei mir angefragt, ob ich mir nicht vorstellen könne, dauerhaft im Kassenbereich zu arbeiten“, erläutert Sie finden uns in nahezu jeder Gemeinde in unseren SV General- Monique Müller. Neben ihren fachlichen Qualitäten hat agenturen und Geschäftsstellen, bei unseren Partnern in allen auch die positive Ausstrahlung dazu beigetragen, dass ihre Sparkassen oder über unseren Kunden-Service. Bewerbung sogleich Erfolg hatte. sv.de/specht Immer offen und freundlich an der Kasse: Monique Müller Image_Specht_176x87.indd 1 05.03.2019 11:43:48 18 19
Wilhelma Live Wilhelma Live Erhaltungssammlung internationaler Fotos: artismedia Kaffee-Varietäten Coffee to Stay Durch die Modernisierung der Landwirtschaft und die Dominanz weltweit agierender Großkonzerne droht die Vielfalt der Kaffeevarietäten verloren zu gehen. Aus diesem Grund beherbergt die Wilhelma inzwischen eine Kaffee-Varietäten-Erhaltungssammlung. Als 2019 im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie fest- Die Idee Mittlerweile wachsen über 70 besondere Kaffee-Varietäten gut geschützt in den Sammlungshäusern der Wilhelma. gestellt wurde, dass mindestens 60 Prozent der über Aus diesem Grund wurde in der Wilhelma eine so genannte hundert wild vorkommenden Kaffeearten vom Aussterben Erhaltungssammlung besonderer Kaffee-Varietäten einge- bedroht sind, löste dies ein breites Medienecho aus. Kaum richtet. Ihre Grundlage bildet Saatgut, das von Plantagen- jemandem ist aber bekannt, dass die Mehrheit der für den besitzern aus der ganzen Welt zusammengetragen wurde. menschlichen Konsum angebauten Kaffee-Varietäten aus Pro Varietät werden vier Pflanzen im Bestand des Zoolo- nur drei dieser Wildarten gezüchtet werden: nämlich aus gisch-Botanischen Gartens kultiviert, wobei jeweils eine Coffea arabica, Coffea canephora und Coffea liberica. Umso Pflanze zu Schauzwecken dient, während drei Exemplare wichtiger ist es, die hieraus über einen Zeitraum von über als Sammlungspflanzen hinter den Kulissen verbleiben. Die 500 Jahren gezüchteten Varietäten mit all ihren besonderen Wilhelma-Erhaltungssammlung, weit von den natürlichen Eigenschaften wie Anpassungen an Trockenheit, Starkregen Anbaugebieten entfernt, garantiert, dass die Varietäten nach oder natürliche Resistenzen gegen Pflanzenkrankheiten für Naturkatastrophen oder Epidemien von Pflanzenkrankheiten kommende Generationen zu erhalten. jederzeit wieder als gesundes, genetisch reines Material eingeführt werden können. Die Sammlung dient zudem als Plattform zum Austausch von Kaffee. Um einen Missbrauch Wenn die Pflanzen bunte Kirschen tragen, werden sie künftig für einige Zeit zur Schau in den Besucherbereich umziehen. durch Dritte zu verhindern, ist der Zugang zu den Pflanzen auf die Projektpartner beschränkt. Aktuell wachsen über 70 dieser teilweise seltenen Varietäten gut geschützt in der Wilhelma. Langfristiger Erhalt Gemeinsam mit ihren Partnern (siehe Kasten) will die Wilhel- ma aktiv zum langfristigen Erhalt der Vielfalt an Kaffee- Varietäten beitragen. Um dieses Ziel zu erreichen, strebt der Zoologisch-Botanische Garten weitere Kooperationen mit Plantagen aus bislang noch nicht vertretenen Anbaugebieten wie Äthiopien, Guatemala, dem Jemen, Kenia, Kolumbien, dem Oman, Peru und Vietnam an. Landwirtschaftsminister Hauk (Mitte) und Wilhelma-Direktor Dr. Kölpin (links) treffen sich Seit Februar 2020 ist der königliche mit Plantagenbesitzern und weiteren Projektpartnern auf der Intergastra. Wilhelma-Kaffee im Handel erhältlich. Internationale Partnerschaft Foto: B. Schäfer Mit der Unterstützung des „Coffee Consulate“ konnten mittler- weile acht Partner in sieben Ländern gewonnen werden, die der Wilhelma das Saatgut ihrer besonderen Kaffeepflanzen anver- traut haben. Allesamt produzieren vor Ort unter nachhaltigen Gesichtspunkten hochwertigen Kaffee. Brasilien Fazendas Dutra China Fei Café El Salvador Finca La Buena Esperanza Indien Badra Estates, Paltope Estate Malaysia Reka Jaya Plantation, Dr. Kenny Lee Wee Ting Mexiko Finca Hamburgo Gemeinsam mit vielen weiteren Gärtnerkollegen haben Herr Lehnen und Frau Müller den Wilhelma-Stand auf der diesjährigen Intergastra Thailand Pang Ma Lae betreut und Fragen zum Thema Kaffeepflanzen und Erhaltungszucht beantwortet. 21 20
Wilhelma Live Natur im Fokus Malerischer Blütenbaum Foto: AdobeStock/Progarten Foto: AdobeStock/Lukas Gefahr im Verzug aus China Der Taschentuch- Soforthilfe für den baum Artenschutz aus Stuttgart Name: Taschentuchbaum, Taubenbaum Wissenschaftlicher Name: Davidia involucrata Systematik: Der Taschentuchbaum ist die einzige Art seiner zur Familie der Tupelogewächse (Nyssaceae) gehörenden Pflanzengattung. Es gibt zwei Varietäten, die beide in China vorkommen. Verbreitung: Dieser Baum wächst in Mittel- und Westchina in Bergmischwäldern. Er bevorzugt sonnige bis halbschatti- ge, geschützte warme Lagen und ist empfindlich gegenüber Nässe und Bodenverdichtung. Orang-Utans brauchen Bäume – deshalb unterstützt die Wilhelma Aufforstungsprogramme im Lebensraum der Menschenaffen. Beschreibung: Bis zu 18 Meter hoch wird der Taschentuch- Der Verlust von Lebensraum ist der häufigste Grund für die Gefährdung von Tierarten – noch vor der Wilderei. baum. Er bildet eine lockere, unregelmäßige, rundliche Orang-Utans, Brillenbären und Koalas stehen ohne ihre Heimat jedoch vor dem Aus. Hier gilt es anzusetzen Krone und ist ein Flachwurzler. Seine graubraune Rinde ist längsfurchig, abschuppend, die sich neu bildende Borke ist und die Zerstörung weiterer Naturgebiete zu verhindern. In manchen Fällen ist eine Wiederaufforstung möglich, rotbraun. Er kann einen Stammdurchmesser von 180 Zenti- um die Habitate zumindest in Teilen wiederherzustellen. Die Wilhelma hat in den letzten zwölf Monaten welt- metern erreichen. Die Winterknospen sind auffallend groß weit dabei geholfen. und rötlich. Die grünen Blätter ähneln einem Lindenblatt und sind bis zu 15 Zentimeter lang, breit herzförmig und Bereits wenige Monate nach der Einführung des Artenschutz- durch die Wilhelma konnten diese Anstrengungen im letzten weisen einen gezähnten Blattrand auf. Im Herbst färben sie Euros im März 2019 wurde absehbar, dass die Wilhelma- Jahr deutlich intensiviert werden. Ein neues Amphibienfahr- sich gelblich und fallen im November ab. gäste diese Initiative zur Rettung bedrohter Arten in großer zeug hilft nun, die jungen Bäume im oft sumpfigen Gebiet Mehrheit mittragen. Der im Eintrittspreis für Erwachsene zu transportieren. Drei zusätzliche Baumschulen lassen die Blüten: Die Blütezeit reicht von April bis Anfang Juni. Die enthaltene, aber frei abwählbare Beitrag von einem Euro im Freiland gesammelten Keimlinge von Obst- und Kletter- auffallend schneeweißen, bis zu 16 Zentimeter langen und macht zusammen mit dem 2018 dafür geschaffenen Posten bäumen nun unter optimalen Bedingungen deutlich schneller herabhängenden Hochblätter gleichen einem Taschentuch im Wilhelma-Haushalt die finanzielle Unterstützung gefähr- die nötige Größe erreichen. 20.000 Setzlinge unterschied- Foto: AdobeStock/flik47 oder einer Taube. Sie geben dem Baum seinen Namen und deter Lebensräume in ganz neuem Ausmaß möglich. lichster Baumarten streben aktuell in Lamandau nicht nur sein außergewöhnliches Erscheinungsbild. Zugleich schüt- dem Licht, sondern auch ihrer Auspflanzung im ersten Halb- zen sie die kugelförmigen, unscheinbar rotbraunen, zwei Gut für Orang-Utans – und fürs Klima jahr 2020 entgegen. In wenigen Jahren entsteht so ein Zentimeter großen eigentlichen Blüten im Inneren. Bereits seit zehn Jahren unterstützt die Wilhelma das Laman- junger Wald, der Orang-Utans zusätzliche Nahrung und Ob- dau-River-Gebiet auf Borneo, in dem Orang-Utans leben. dach bieten wird. Früchte: Mit dem Beginn der Befruchtung im Mai bilden 2019 konnten dank des Artenschutz-Euros erstmals statt der Foto: Orangutan Foundation sich bis Oktober längliche, zwei Zentimeter große, bräunli- üblichen 3.000 Euro, die in den Jahren zuvor mühsam über che Steinfrüchte, die einer Walnuss ähneln und bis zu fünf Aktionstage gesammelt worden waren, ganze 30.000 Euro Samen beinhalten. für die Renaturierung des ehemaligen Holzeinschlaggebie- tes in Indonesien vergeben werden. Dieses umfasst 62.000 Nutzung: Der Taschentuchbaum spielt weder in der wald- Hektar Torfsumpfwald, welcher wiederum 36 Millionen wirtschaftlichen Nutzung noch als Werk- oder Nutzholz eine Tonnen CO2 gebunden hält und daher auch für den Klima- Rolle. Auf Grund seiner auffallenden Hochblätter wird er schutz wichtig ist. Zwei Drittel des Schutzgebietes sind noch aber als Ziergehölz in Gärten und Parks eingesetzt. In der bewaldet, was glücklicherweise bislang die Freisetzung des Wilhelma finden sich jüngere Exemplare am Schwingaffen- Kohlendioxids aus dem Boden größtenteils verhindert hat. haus, beim Eingang an der Terrakottawand und in der Wiese Die britische „Orangutan Foundation“ und unser deutscher zwischen Elefanten- und Giraffenhaus. Kooperationspartner, der Verein „Orang-Utans in Not“, arbei- ten vor Ort seit Jahren mit Nachdruck daran, die entwalde- Micha Sonnenfroh ten Bereiche durch Aufforstung mit einheimischen Setzlin- Die charakteristischen Hochblätter (oben) und Früchte (unten) des gen wieder in hochwertigen Lebensraum für die asiatischen Mit dem Amphibienfahrzeug können junge Bäume in dem Taschentuchbaums Menschenaffen zu verwandeln. Dank der Unterstützung sumpfigen Gebiet transportiert werden. 22 23
Natur im Fokus Natur im Fokus Foto: Taronga Conservation Society Heimat für den Brillenbär Mittlerweile erreichen uns wunderbare Aufnahmen aus Besser als die mühsame Wiederaufforstung ist es natürlich, Tapichalaca. Sie zeigen Brillenbären mitsamt ihrem die Zerstörung von Wäldern rechtzeitig zu verhindern. Im Nachwuchs zufrieden bei der Nahrungsaufnahme, nicht Dezember 2019 wurde daher ein weiteres Projekt in das ahnend, dass es Stuttgarter Zoobesucherinnen und -besu- Portfolio der Wilhelma aufgenommen: Nach dem Landkauf cher sind, die ihnen den pelzigen Rücken freihalten. von Jaguarlebensraum 2018 im mittelamerikanischen Belize geht es aktuell um die Bewahrung von Brillenbä- Foto: Adela Espinosa renhabitat in den Bergwäldern Ecuadors. Denn es hat sich die Möglichkeit ergeben, das Schutzgebiet Tapichalaca im Süden des Andenstaates, welches bereits seit Jahren durch die ecuadorianische Naturschutzorganisation „Jocotoco“ erfolgreich gemanagt wird, deutlich zu erweitern. An dem fraglichen Areal bekundeten Rinderzüchter bereits großes Interesse. Die Folge eines Verkaufs an diese Bieter wäre aber die Vernichtung des Waldgebietes durch Abholzung und Umwandlung in Weideland gewesen. Der kostbare Bei den Buschbränden verletzte Tiere werden in der Obhut der „Taronga Conservation Society“ auf die Wiederauswilderung vorbereitet. Lebensraum von Brillenbären, Bergtapiren und Kolibris konnte jedoch dank der Finanzierungszusage der Wilhelma Drei-Stufen-Plan für Brandopfer servation Fund“ eingezahlt, um die ersten beiden Phasen rechtzeitig gerettet werden. Nicht nur der Artenschutz-Euro, sondern auch das für diesen des Hilfsplans zu unterstützen. Die umgerechnet 80.000 Zweck geschaffene Wilhelma-eigene Budget erlaubt spon- Australischen Dollar fließen also sowohl in die akute Bereits im Januar 2020 wurden 80.000 Euro an „Jocotoco“ tane Nothilfe. Die verheerenden und in diesem Ausmaß Nothilfe für verletzte Tiere als auch in die Entwicklung von überwiesen. So konnte das Land wenige Tage später er- noch nie dagewesenen Brände in Australien haben über Hilfsmaßnahmen für die Wiederherstellung der zerstörten worben und gesichert werden. Auch in diesem Fall hat eine Milliarde (tausend Millionen!) Säugetiere, Vögel, Rep- Lebensräume, damit diese irgendwann wieder eine Heimat sich die Schlagkraft des Artenschutz-Euros bewiesen, denn tilien, Amphibien und selbst Unmengen von Fischen das für die dort ehemals vorkommenden Arten sein können. es sind die einzelnen Eurospenden vieler naturliebender Leben gekostet. Lebensräume sind teilweise komplett Wilhelmagäste, die eine solche Intervention möglich ma- Hoffnungsvolles Bild: Ein Brillenbär mit Nachwuchs tollt durch den vernichtet, der an vielen Orten weiterhin ausbleibende Foto: Zoos Victoria chen. geretteten Bergwald. Regen lässt befürchten, dass die Natur sich dort nicht mehr regenerieren wird. Diese deutlichen Auswirkungen des Foto: Doug Wechsler Klimawandels sind schockierend und die Bilder verstörter, ihres Lebensraums beraubter und oft schlimm verwunder- ter Tiere schwer zu ertragen. Die australische Zoo- und Aquarien-Vereinigung ZAA hat angesichts dieser katastrophalen Situation den „Wildlife Conservation Fund“ ins Leben gerufen und koordiniert mit ihren Fachkräften einen Drei-Stufen-Plan. Dieser sieht in der ersten Phase zunächst die akute Nothilfe vor, also die Versorgung von verletzten Kängurus, Wombats, Koalas und anderen Tieren durch veterinärmedizinisches und tierpfle- gerisches Personal. Auch die vorübergehende Unterbrin- gung in Auffangstationen und Veterinärkliniken fällt darun- ter, sowie die schnelle Freilassung, sobald der Zustand der Pfleglinge dies erlaubt und geeigneter Lebensraum noch vorhanden ist. Phase zwei sieht eine Bestandsaufnahme durch Ranger, Biologen und Ökologen vor, um zu klären, wodurch die überlebenden Wildtiere in den betroffenen Gebieten am stärksten gefährdet sind. Erste Hilfe am Beuteltier: Dieser Koala hat sich bei den Bränden die Pfoten verletzt und wird nun wieder gesundgepflegt. Diese Erfassung erlaubt im nächsten Schritt, also in Phase drei, gezielte Maßnahmen zur Regeneration der betroffenen Zusammen mit ihren Besucherinnen und Besuchern hat Lebensräume, etwa durch Wiederaufforstung oder Einrich- sich die Wilhelma damit klar für den Schutz kostbarer tung von Wasserstellen. In der Folge wird dann hoffentlich Lebensräume und der darin lebenden Wildtiere positio- die Wiederauswilderung der heimatlos gewordenen Feuer- niert. Wir danken an dieser Stelle herzlich allen Menschen, opfer möglich werden. die uns durch ihren Beitrag dabei unterstützen und diesen Schutz möglich machen. Die Wilhelma ist dem Aufruf der ZAA gefolgt und hat Gerettet: Dank Artenschutz-Euro konnte das Schutzgebiet Tapichalaca in Ecuador deutlich erweitert werden. bereits Anfang Januar 50.000 Euro in den „Wildlife Con- Stefanie Reska 24 25
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