Wissen und Hintergründe für Schülerinnen und Schüler - Gratis-Broschüre
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Wisse
rinn en un d Schüler
Schüle
Inhalt
Kampf um das Klima
Stimmen zur Klimakrise 4
Chronik des Klimawandels 6
Lehren aus der Pandemie 8
Wissen
Alarm aus der Wissenschaft 10
Komplexes Klima 12
Kleine Zahlen, große Wirkung 14
Gewinner und Verlierer des Klimawandels 16
Diskutieren
Impressum Die Jugend treibt an 18
Stimmen der Klimapolitik 20
Argumente gegen Klimaskeptiker 22
„Schulstreiks waren ungeheuer wirksam“ 24
Handeln
Jetzt handeln! 26
Das Klimaabkommen von Paris 28
Firmen als Verbündete 30
Groß denken, klein anfangen 32
Sparen reicht nicht 36
Die Klimassprache 40
Fakten zum Klimawandel
Wissen und Hintergründe für Schülerinnen und Schüler
Herausgeber • Studienkreis GmbH.Universitätsstraße 104,44799 Bochum
www.studienkreis.de
Konzept, Text • Woerterwelt GmbH, Thorwaldsenstraße 17, 80335 München
und Gestaltung www.woerterwelt.de
Fotos • Shutterstock, pixabay, unsplash, Hertie School
1. Aulage Mai 2021
2
Der Kampf
fürs Klima
Liebe Schülerin, lieber Schüler,
W
ohl noch nie haben Kinder die Binnen eines Jahres erreichen Kin-
Erwachsenen so sehr vor sich der und Jugendliche, was erwachse-
hergetrieben. Im August 2018 nen Klimamahnern jahrzehntelang nicht
schwänzt die 15-jährige Schülerin Greta gelungen ist: dass Regierungen vom Re-
Thunberg in Schweden den Unterricht und den über den Klimawandel endlich zum
demonstriert vor dem Stockholmer Parla- Handeln dagegen kommen. Seit den
ment dafür, dass ihre Regierung endlich 1960er-Jahren warnen Forscherinnen und
handelt, um den Klimawandel aufzuhal- Wissenschaftler davor, dass unsere Art zu
ten. Bald folgen weitere Jugendliche ihrem leben und zu wirtschaften zu einem Klima-
Beispiel, auch in anderen Ländern Euro- wandel führt, der große Teile unseres Pla-
pas und der Welt. In Deutschland sind es neten unbewohnbar machen könnte. Doch
Mitte Februar 2019 Zehntausende, einen erst jetzt diskutieren Wissenschaft, Poli-
Monat später schon Hunderttausende, die tik und Gesellschaft wirklich konkret da-
freitags dem Aufruf zum „Schulstreik fürs rüber, wie wir die drohende Klimakatastro-
Klima“ folgen. Die erwachsene Bevölke- phe noch abwenden können.
rung beginnt, sich mit den jungen Leuten Der Klimawandel ist die größte Heraus-
und ihren Zielen zu solidarisieren. forderung unserer Zeit. Die Corona-Pan-
Im Laufe des Jahres 2019 rufen erste demie hat die Diskussion sogar noch zuge-
Städte den „Klimanotstand“ aus und prü- spitzt. Doch wie gelingt es uns, vom Reden
fen fortan bei jeder Entscheidung, ob sie und Diskutieren zum Handeln zu kommen?
klimaverträglich ist. Im November folgt das Und was ist überhaupt nötig und sinnvoll,
EU-Parlament mit der gleichen Maßnah- um den Klimawandel aufzuhalten?
me, und die Bundesregierung verabschie- Wer bei der wichtigsten Diskussion die-
det unter dem Druck der Demonstrationen ser Zeit mitreden möchte, sollte gut in-
ein Klimaschutzgesetz. Im Dezember fas- formiert sein. Dieses E-Book gibt Schüle-
sen die Staats- und Regierungschefs der rinnen und Schülern eine Grundlage dafür.
EU das gemeinsame Ziel, den Kontinent
bis 2050 klimaneutral zu machen. Dein Studienkreis
3
Kampf um das Klima
Russel Crowe
neuseeländischer
Schauspieler
„Die Tragödie in Australien basiert
auf dem Klimawandel. (…) Wir müs
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ich mich, unseren baren Ort respektieren
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Foto: palidachan / Shutterstock.com
4
Madelaine
Alizadeh
Modebloggerin (ariadaria.com)
„Einen Impact auf unser
Klima haben etwa Lebens-
mittel und Landwirtschaft. Ich
kann mich fragen: Will ich
Stimmen zur wirklich dreimal pro Woche
Fleisch essen? Oder bloß
einmal im Monat?“
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5
Kampf um das Klima
Chronik des
Klimawandels
Ab ca. 1830 In der Industriellen Revolution 2019 liegt sie bei 410 ppm, also mehr als
steigt der Verbrauch westlicher Länder an 44 Prozent über dem vorindustriellen Wert.
fossilen Brennstoffen wie Kohle und Erd-
öl erheblich. Schon bald beginnt sich die 1979 Die 1. Weltklimakonferenz diskutiert
Nordhälfte der Erde zu erwärmen. die immer deutlicheren Hinweise auf eine
Klimaerwärmung aufgrund des steigenden
Ab 1881 In Deutschland gibt es genug CO2-Gehalts der Erdatmosphäre.
Wetterstationen, um ein durchgängiges
Bild von Temperatur und Klima in allen 1986 Die Deutsche Physikalische und die
Regionen zu erhalten. Klimavergleiche Meteorologische Gesellschaft veröffentli-
wie „wärmstes Jahr seit Beginn regelmä- chen eine „Warnung vor einer drohenden
ßiger Wetteraufzeichnungen“ beziehen Klimakatastrophe“. Sie prognostizieren bei
sich daher meist auf diesen Zeitpunkt. weiter steigendem Treibhausgas-Ausstoß
höhere Temperaturen um mehrere Grad,
1958 Der US-amerikanische Chemiker Trockengebiete bis in den Mittelmeerraum
Charles David Keeling beginnt, auf dem und 5 bis 10 Meter höhere Meeresspiegel.
hawaiianischen Vulkan Mauna Loa kon-
tinuierlich die CO2-Konzentration in der 1988 Der Weltklimarat IPCC wird gegrün-
Erdatmosphäre zu messen. Diese ist be- det. Er trägt den aktuellen Kenntnisstand
reits von etwa 280 ppm vor der Industria- zum Klimawandel zusammen und bewertet
lisierung auf ca. 316 ppm gestiegen. Ende ihn aus wissenschaftlicher Sicht.
1992 Auf der UN-Konferenz für Umwelt und
Entwicklung in Rio de Janeiro einigen sich
die Länder der Erde auf eine „Klimarahmen-
1830 1881 1900 1958 1979 1980 1986 1988
6
2018 Im August beginnt Greta Thunberg mit
ihrem „Skolstrejk för klimatet“ („Schulstreik
für das Klima“). Zunächst demonstriert sie
täglich, später jeden Freitag und benutzt
konvention“, um die globale Erderwärmung dabei auf Twitter den Hashtag #Fridays
abzubremsen. Jährlich beraten die 196 Un- ForFuture. Ihre Aktion indet weltweit Be-
terzeichner fortan beim „Weltklimagipfel“ achtung und Nachahmer. Noch im selben
Fortschritte und weitere Maßnahmen. Jahr inden auch in Deutschland die ersten
„FridaysForFuture“-Proteste statt .
1995 Die Europäische Union schreibt erst-
mals das 2-Grad-Ziel für ihre Klimapolitik 2019 Über 1,5 Millionen Menschen in 125
fest, um die Folgen des Klimawandels be- Ländern beteiligen sich am ersten interna-
herrschbar zu halten. Viele weitere Organi- tionalen „Klimastreik“. Die deutsche Bun-
sationen greifen das Ziel später auf. desregierung verabschiedet ein Klima-
schutzgesetz. Das Europäische Parlament
1997 In Kyoto verplichten sich die indus- ruft den Klimanotstand aus.
trialisierten Staaten erstmals verbindlich,
ihre Klimagas-Emissionen zu reduzieren. 2020 Wegen der Corona-Pandemie gehen
Die im „Kyoto-Protokoll“ festgeschriebenen die weltweiten CO2-Emissionen deutlich
Ziele unterzeichnen 191 Länder. zurück. Einen dauerhaften Effekt hat das
jedoch nicht: Schon am Ende des Jahres
2015 Auf der Pariser Klimakonferenz set- liegen die weltweiten Emissionen wieder
zen sich 190 Staaten verbindliche Klima- höher als vor der Pandemie.
schutzziele. Die Erderwärmung soll auf
„deutlich unter“ zwei Grad Celsius begrenzt 2021 In Europa war das Jahr 2020 das
werden, möglichst sogar auf 1,5 Grad. wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen.
Die EU fasst das Ziel, ihren Ausstoß von
2016 Die Erdatmosphäre hat sich um ein Treibhausgasen bis 2030 um mindestens
Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken und
erwärmt. 2014, 2015 und 2016 sind die je- bis 2050 klimaneutral zu sein. Das Bundes-
weils wärmsten Jahre seit Beginn regelmä- verfassungsgericht erklärt das deutsche
ßiger Wetteraufzeichnungen, auch die Fol- Klimagesetz für unzureichend und daher
gejahre bleiben über dem Wert von 2014. für verfassungswidrig.
1995 1997 2007 2015 2016 2018 2019 2020 2021 2030 2050
7
Kampf um das Klima
5 1
Lehren Ist uns die Bedrohung erst
einmal bewusst, geht das
Handeln plötzlich schnell.
aus der Ein paar Wochen lang schien
die Corona-Epidemie ein lokales
Pandemie Problem im fernen China zu
sein. Doch als die ersten Krank-
heits- und vor allem Todesfälle
in Europa auftraten, wurden
die Regierungen sehr schnell
aktiv: Grenzen und Geschäfte
wurden geschlossen, Freiheiten
as Coronavirus SARS-CoV-2 hat eingeschränkt, inanzielle Hilfen
D die Welt vor immense Probleme
gestellt. Die Staaten haben da-
bei beispiellose Anstrengungen unter-
beschlossen. Dass auch die
Klimakrise kein Zögern mehr
erlaubt, muss Politik und Gesell-
nommen, um die Pandemie zu überwin- schaft offenbar noch deutlicher
den. Was lernen wir daraus für die andere, gemacht werden.
noch viel größere Krise unserer Zeit: die
Klimakrise?
2
Eine Pause allein hilft dem Klima nicht.
Deutschland hat sein Klimaziel für 2020 erreicht, unser Ausstoß von Treib-
hausgasen lag mehr als 40 Prozent unter dem Wert von 1990. Doch das lag
vor allem an der Corona-Pandemie, wegen der die Menschen weniger reisen
und Fabriken weniger produzieren konnten. Und das alles hilft dem Klima
kaum: Am Ende des Jahres lagen die weltweiten Emissionen schon wieder
auf einem neuen Rekordwert. Um das Klima zu schützen, müssen wir unser
Verhalten und unser Wirtschaften ändern – überall auf der Welt und für immer.
8
4
Alle müssen sich einschrän-
ken, um die Schwächsten zu
schützen.
Vor allem für die Älteren ist
COVID-19 lebensgefährlich. Junge
Menschen hingegen erkranken
daran selten schwer. Trotzdem war
1 unsere Gesellschaft sich sofort
einig, dass auch die Jüngeren sich
einschränken müssen, um die Äl-
teren zu schützen. In der Klimakrise
ist es genauso – nur umgekehrt:
Hier müssen sich auch die Älteren
einschränken, obwohl sie die
schlimmsten Folgen des Klimawan-
dels nicht mehr erleben werden, um
den Jüngeren die Lebensgrundlage
zu erhalten.
Freiheit steht nicht über 5
Verantwortung.
Reiseverbote, Kontaktbeschrän-
kungen, Ausgangssperren: In der Wo ein Wille ist, da ist auch Geld.
Pandemie haben Regierungen Ein zentrales Argument von Klimazögerern
die Freiheiten ihrer Bürger in ist die Behauptung, ein schneller Umstieg
ungeahnter Weise eingeschränkt. in eine klimafreundliche Wirtschaft sei nicht
Das war nötig, um die Krise zu zu inanzieren. Das hat die Corona-Krise
überwinden – und anschließend eindrucksvoll widerlegt: Wie schon 2009 in
wieder Freiheit zu ermöglichen. der Finanzkrise hat die Politik auch 2020
Das wird auch für das Klima nötig gezeigt, dass genug Geld zur Verfügung
sein. Niemand kann mehr sagen, stehen kann, wenn es gilt, eine globale
das sei unmöglich. Krise zu überwinden.
3
9
Wissen
Wie sich unser Klima verändert
Die globale Durchschnitts-
temperatur steigt,
wie die Daten der Wetter-
dienste zeigen
(Quelle: Deutscher Wetterdienst)as Jahr 2020 war in Europa so
D
bis Ende des Jahrhunderts die Erwär-
warm wie kein anderes seit Be- mung im weltweiten Durchschnitt mehr als
ginn der Aufzeichnungen. 0,4 vier Grad Celsius betragen. Auf dem UN-
Grad höher als im bisherigen europäischen Klimagipfel von Paris im Jahr 2015 wur-
Rekordjahr 2019 lagen die Temperaturen, de beschlossen, dass der globale Tempe-
ganze 1,6 Grad über dem Durchschnitt der raturanstieg auf „deutlich unter zwei Grad
Jahre 1981 bis 2010. Auch weltweit steigen Celsius“ gegenüber vorindustriellem Ni-
die Temperaturen, hier lag das Jahr 2020 veau begrenzt werden soll, möglichst so-
im Schnitt 1,25 Grad über den globalen gar auf 1,5 Grad.
Temperaturen vor Beginn der Industriel-
len Revolution. Dieser Anstieg der Tempe- Mehr Extremwetter
raturen überall auf der Welt ist beispiellos Um ein Grad hat sich die Erde bereits er-
in der Geschichte – und die allermeisten wärmt – und die Folgen sind spürbar: mehr
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- Extremwetter, mehr Hitzewellen, mehr Dür-
ler sind sich einig, dass der Mensch diese ren. Böden versalzen, ganze Landschaften
Veränderungen verursacht hat. verändern sich. Besonders hart war in den
Es ist keine Frage: Die Zeit drängt. vergangenen Jahren Australien betroffen.
Wenn unsere Emissionen an Treibhausga- Dort nimmt die Intensität von Hitzewellen,
sen nicht schnell reduziert werden, könnte Wald- und Buschbränden sowie Überlu-
tungen zu. In anderen Regionen der Erde
ist Anbau kaum mehr möglich, Hungers-
nöte sind die Folge. Zudem steigt durch
das Abschmelzen von Gletschern und des
Eisschilds an den Polen der Meeresspie-
gel – zahlreiche Länder mit Millionen von
Einwohnern drohen, überlutet zu werden.
Wie dramatisch die Folgen des Klima-
wandels sind, zeigt der 2019 veröffentlich-
te Sonderbericht des Weltklimarats. Darin
rufen 130 Forscher aus 35 Ländern zum
dringenden Handeln auf. „Die Menschen
sind auf Kollisionskurs mit der Erde, weil
die weltweiten CO2-Emissionen immer
noch steigen“, sagt Mojib Latif, Leiter des
Forschungsbereichs Ozeanzirkulation
und Klimadynamik am GEOMAR Helm-
holtz-Zentrum für Ozeanforschung der Uni-
versität Kiel.
11Wissen
Komplexes Klima
Was die Erde erwärmt –
bremst
und was den Klimawandel
D
ie wesentliche Ursache für den Kli-
mawandel und die Erwärmung un-
serer Atmosphäre ist der Ausstoß
von Treibhausgasen wie Kohlenstoff-
dioxid (CO2) und Methan. Die Konzentra-
tion dieser Gase in der Atmosphäre ist seit
Beginn der Industrialisierung stark gestie-
gen, vor allem durch das Verfeuern fos-
siler Brennstoffe wie Erdöl, Kohle oder Erd-
gas. In der Luft wirken Treibhausgase wie
eine isolierende Schicht um die Erde. Wär- Sonne dann statt dessen auf das dunklere
mestrahlung kann nicht mehr ausreichend Wasser oder den Boden, wird die Strah-
ins Weltall abgegeben werden, Hitze staut lungsenergie aufgenommen und gespei-
sich, die Temperatur steigt. chert. Dadurch erwärmt sich das Wasser
Damit beginnt ein höchst komplexer zum Beispiel in der Arktis und nagt dort
Prozess, in dem sich unterschiedliche noch mehr am ewigen Eis: Die Gletscher
Faktoren gegenseitig beeinlussen – leider kalben, der Eisschild wird immer schneller
meist nicht zugunsten unseres Klimas. kleiner. So erwärmt sich die Arktis viel stär-
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ker als andere Regionen der Erde.
sprechen in diesem Zusammenhang von
Rückkopplungen: Positive Rückkopp- Wasserdampf in der Atmosphäre
lungen sorgen für eine Verstärkung eines Ein anderes Beispiel ist die Wasser-
Effekts. Ein Beispiel dafür ist die Eis-Albe- dampf-Rückkopplung: Mit steigenden
do-Rückkopplung: Das Eis der Gletscher Temperaturen verdunstet mehr Wasser,
und an den Polen der Erde wirft normaler- dadurch nimmt der Wasserdampfgehalt in
weise einen Teil der Sonnenstrahlen ins All der Atmosphäre zu. Wasserdampf nimmt
zurück. Die globale Erderwärmung führt je- Sonnenstrahlung, aber auch von der Erde
doch dazu, dass das Eis schmilzt. Fällt die abgegebene Wärmestrahlung auf und
12Allein in Brasilien wurden 2020 rund 17.000
Quadratkilometer Regenwald vernichtet.
Gleichzeitig verursachen steigende Tem-
peraturen verheerende Brände wie 2019
Quadratkilometer und 2020 in Australien – dadurch gelangt
Regenwald wurden noch mehr CO2 in die Luft.
2019 in Brasilien Auch deutsche Wälder leiden zuneh-
mend unter den hohen Temperaturen und
vernichtet. der Trockenheit. Fichten waren bisher bei
Förstern sehr beliebt: Sie wachsen schnell
speichert die Energie. Dieser Treibhausef- und liefern daher viel Holz. Die Nadelbäu-
fekt des Wasserdampfs ist für das Klima me sind aber Flachwurzler und reagieren
von großer Bedeutung: Zwei Drittel des na- deshalb sehr empindlich auf Trocken-
türlichen Treibhauseffekts werden durch heit. Deshalb testen Förster gerade, wel-
Wasserdampf hervorgerufen. che Baumarten besser mit den steigenden
Temperaturen klarkommen könnten. Ahorn
Meere wirken wie ein Puffer zum Beispiel verträgt höhere Temperaturen
Ein wichtiger Puffer im Klimasystem sind – wächst aber viel langsamer.
die Meere. Meerwasser nimmt CO2 auf
und transportiert einen Teil davon in die Gefährliche Kipppunkte
Tiefe. Das Tiefenwasser gilt deshalb als Rückkopplungen machen den Klimawan-
wichtige Kohlenstoffsenke der Erde. Die del besonders gefährlich. Denn wenn Fak-
Ozeane heizen sich aber durch die Klimaer- toren sich gegenseitig verstärken, ist das
wärmung immer weiter auf – und wärmeres ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr
Wasser kann weniger Gas lösen als kaltes. aufzuhalten. Die Wissenschaft spricht in
Außerdem macht das im Meer gelöste CO2 diesem Fall von Kipppunkten: Erreicht
das Wasser sauer, was negative die globale Temperatur einen be-
Auswirkungen auf viele Wasser- stimmten Wert, steigt sie wei-
planzen und Meerestiere hat. ter, auch wenn keine weiteren
Treibhausgase mehr in die At-
Wälder verschwinden mosphäre gelangen. Bei wel-
Der Wald gilt als „grüne Lun- cher Temperatur genau diese
ge“ unseres Planeten, denn Kipppunkte erreicht werden, ist
Planzen nehmen CO2 auf und umstritten und hängt vom verwen-
geben Sauerstoff ab. Aber weltweit deten Klimamodell ab. Einige For-
schrumpfen die Waldlächen, durch Ab- scher sind allerdings davon überzeugt,
holzung oder auch durch Brandrodung. dass Kipppunkte in der Arktis schon er-
Auf den so geschaffenen Flächen entste- reicht sind, das Abschmelzen wichtiger
hen meist Plantagen oder Weidelächen. Gletscher dort nicht mehr aufzuhalten ist.
13Wissen
Foto: Dmitry Demidovich / Shutterstock
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üssen wir die Erderwärmung wirk- sind schwierig, oft führen schon kleine Än-
lich auf 2 °C begrenzen? Oder gar derungen in den Annahmen zu sehr unter-
auf 1,5 °C? Was macht das hal- schiedlichen Ergebnissen. Einig sind sich
be Grad mehr oder weniger aus? Und was jedoch alle, dass jedes zusätzliche Grad
passiert überhaupt, wenn die globalen Tem- Erderwärmung dazu führt, dass sich die
peraturen bis zum Ende des Jahrhunderts negativen Effekte des Klimawandels noch
um vier Grad steigen, wie einige Klimafor- einmal verstärken.
scher befürchten? Um etwa ein Grad hat sich die Erde im
Die Zahlen, über die Politiker, Aktivis- Vergleich zur vorindustriellen Zeit bereits
tinnen und Forschende streiten, stammen erwärmt. Die meisten Klimaforscherinnen
aus sogenannten Klimamodellen. Das und -forscher mahnen, dass 1,5 Grad An-
sind komplizierte Computerprogramme, stieg das Ziel unserer Anstrengungen sein
welche die Entwicklung des Klimas auf sollte und wir mehr als zwei Grad Erderwär-
der Erde unter bestimmten Vorausset- mung unbedingt vermeiden sollten, um ka-
zungen berechnen. Diese Berechnungen tastrophale Folgen zu verhindern.
14Vier Szenarien
1,5 Grad:
Steigende Meeresspiegel bedrohen die Existenz vieler Inselstaaten zum
Beispiel im Paziik. Wenn der Meeresspiegel weiter steigt, werden einige
Inseln überlutet sein. Korallenriffe bleichen aus und sterben aufgrund der
steigenden Wassertemperatur zunehmend ab.
2 Grad:
Das Eis an den Polen schmilzt immer schneller, die Meeresspiegel stei-
gen. Hitzewellen werden häuiger und dauern länger. Infektionskrank-
heiten verbreiten sich leichter. Etlichen Planzen- und Tierarten fällt es
schwer, sich an die steigenden Temperaturen anzupassen, viele Öko-
systeme sind daher bedroht.
3 Grad:
Auch Gletscher verschwinden, Flüsse trocknen aus. Bereits trockene
Regionen werden noch trockener. Selbst große Regenwälder wie der
Amazonas sind bedroht. Andere Regionen der Welt werden hingegen
feuchter, dort treten die Flüsse häuiger über die Ufer. Immer mehr Arten
sind durch die steigenden Temperaturen in Gefahr.
4 Grad und mehr:
In Südeuropa würde die meiste Zeit Dürre herrschen. Teile der USA und
des Nahen Ostens wären aufgrund der sengenden Hitze praktisch unbe-
wohnbar. Große Teile der Weltbevölkerung würden unter Wasserknapp-
heit leiden, dreimal mehr Ackerläche als heute wäre von Dürren bedroht.
Die Folgen: mehr Hitzetote, Missernten und Unterernährung – und
Millionen Klimalüchtlinge, deren Heimat unbewohnbar geworden ist. Viele
Planzen- und Tierarten kommen mit den hohen Temperaturen nicht zu-
recht, weltweit sterben daher die Wälder, bis zur Hälfte aller Tierarten ist
vom Aussterben bedroht. Gleichzeitig steigt an anderen Orten die Wahr-
scheinlichkeit von Flutkatastrophen, etwa an den Küsten oder an Flüssen
wie dem Nil oder der Donau.
15Wissen
mawandel:
Erstaunliche Fakten zum Kli
peraturen –
Wer leidet unter höheren Tem
und wer nicht?
Gewinner Tiere:
Meisen starten schon jetzt rund zwei Wo-
Die Schifffahrt: chen früher mit ihrer Brut. Die Singvögel
Im Sommer 2007 war die Nordwestpassa- sind damit früher dran als viele Zugvögel
ge durch das arktische Meer erstmals eis- und können sich deshalb die besten Nist-
frei – für Klimaforscher ein beunruhigendes plätze aussuchen. Auch einige Schmet-
Zeichen, aber für die Schifffahrt eine lang terlingsarten proitieren davon, dass es
ersehnte Abkürzung. Auch die Nordostpas- wärmer wird. Der Admiral etwa kam frü-
sage ist inzwischen zeitweise zugänglich. her immer im Mai aus dem Mittelmeerraum
Wer die Schiffspassagen durch das Nord- nach Norden. Inzwischen sind die Winter
meer nimmt, verkürzt den Handelsweg bei uns aber so mild, dass die Falter, Rau-
nach Asien um etwa zehn Tage. pen und Puppen bei uns überwintern.
Der Norden:
In Nordeuropa könnten sich die Ernten ver- Verlierer
bessern. Prognosen zufolge nehmen Wei- Menschen in Küstenregionen:
zenerträge bis 2080 um 10 bis 30 Prozent Küstennahe Regionen sind durch den An-
zu. Mais kann auf 30 bis 50 Prozent mehr stieg des Meeresspiegels bedroht. Insel-
Fläche angebaut werden, zum Beispiel in staaten wie die Malediven, Fidschi, Papua
Schottland, Schweden und Finnland. In Neuguinea oder Tonga sind dem Unter-
einigen Jahren könnte es sogar möglich gang geweiht. Insgesamt leben rund 680
sein, Kartoffeln, Mais oder Soja in Sibirien Millionen Menschen in niedrigen Gebieten
und Nordkanada anzubauen. am Meer. Nach einer Studie der Organisa-
16tion Climate Central könnte bereits 2050 klimatisch extreme Zonen wie Kalifornien,
der Anstieg des Meeresspiegels 300 Milli- in denen sich die Probleme wie Waldbrän-
onen Menschen betreffen. 150 Millionen de noch verstärken dürften, und der ver-
würden dann in Gegenden leben, die sich schwenderische Umgang mit Ressourcen.
unterhalb der Flutlinie beinden. Weitere
150 Millionen Menschen werden durch
Überlutungen zum Beispiel infolge von Wissen extra
Sturmluten gefährdet. Diese Entwicklung
spüren auch schon die Bewohner der deut- Krabbelnde
schen Küste: In Cuxhaven hat der relative Klimaschützer
Meeresspiegel seit Mitte des 19. Jahrhun- Mistkäfer sind echte Klimaschützer, denn
derts um gut 40 Zentimeter zugelegt. sie verringern die Menge am Treibhaus-
gas Methan, die in die Erdatmosphä-
re gelangt. Methan entsteht im Verdau-
Artenvielfalt: ungstrakt von Wiederkäuern wie Schafen,
Das Umweltbundesamt schätzt, dass die Ziegen und Rindern. Dort wird es von
Mikroorganismen gebildet, die im Ma-
Vielfalt der in Deutschland lebenden Tier- gen und Darm der Tiere für die Spaltung
und Planzenarten bis 2080 um bis zu 30 der Kohlenhydrate zuständig sind. Wenn
Prozent zurückgehen könnte. Viele Tiere Kühe rülpsen oder pupsen, scheiden sie
daher Methan aus. Das Gas entsteht aber
wandern ab, weil es ihnen zu heiß wird: auch, wenn Viehdung gelagert oder auf
Kälte liebende Vögel ziehen zum Beispiel Felder ausgebracht wird. Und hier kommt
zunehmend in kühlere Geilde. der Mistkäfer ins Spiel: Er hemmt die Bil-
dung von Methan, indem er Gänge in den
Kot gräbt. Die Bakterien, die Methan pro-
Die USA: duzieren, sind nämlich sauerstoffempind-
Forschende der University of California in lich und sterben ab.
San Diego haben eine Hitliste der Länder
zusammengestellt und aufgeführt, wen der
Klimawandel besonders teuer zu stehen
kommen könnte. Ausgerechnet die USA
werden demnach zu den größten Verlierern
des Klimawandels gehören. Die Gründe:
17Diskutieren
Die Jugend treibt an
Schulstreiks verändern die Politk
„Ihr habt
meine Träume und
H
ow dare you?“ – „Wie könnt
ihr es wagen?“ Mit diesen meine Kindheit mit euren
Worten las die Schülerin
leeren Worten gestohlen. Und
Greta Thunberg 2019 beim Welt-
klimagipfel der versammelten
doch bin ich eine der Glücklichen.
politischen Elite des Planeten Menschen leiden. Menschen sterben.
der Erde die Leviten. Unver- Ganze Ökosysteme kollabieren.
schämt fanden das manche, Wir stehen am Anfang eines Massen-
mutig andere, absolut notwen- sterbens, und alles, worüber ihr reden
dig wiederum ein großer Teil der
könnt, sind Geld und Märchen über
jungen Menschen. Noch nie ha-
ben junge Leute die Erwachse-
ewiges Wirtschaftswachstum.
nen so sehr vor sich hergetrieben Wie könnt ihr es wagen?“
wie „FridaysForFuture“ (FFF) beim Greta Thunberg 2019 beim
Thema Klimawandel. UN-Klimagipfel
Das deutsche Gesicht von FFF ist die
Geograie-Studentin Luisa Neubauer.
Auch sie führt Demonstrationen an, hält
Reden und sitzt in Talkshows. Doch die
Klimabewegung ist mehr als ein Protest Sie fordern wie FFF zum Beispiel wirksame
von Kindern und Jugendlichen. Prominente CO2-Preise, die Einstellung von Subventi-
und Tausende Wissenschaftler stellten sich onen für klimaschädliche Handlungen und
hinter FFF. Produkte, Efizienzvorschriften und soziale
In Anlehnung an die Proteste der Ju- Innovationen. Schon lange vor FFF haben
gendlichen haben Forschende ihre Bewe- Forscher und Forscherinnen auf die Gefahr
gung „Scientists for Future“ genannt. Ihr der Klimakrise hingewiesen, immer wieder –
gehören neben Klimaforschern unter an- doch erst der Protest der Kinder und Teen-
derem Ärztinnen und Meeresbiologen an. ager sorgte für weltweite Aufmerksamkeit.
18„Ich möchte,
dass ihr so
handelt, als wenn
unser Haus brennt.
Denn das tut es.“
Greta Thunberg auf dem
Weltwirtschaftsforum in
Davos 2019
Foto: Daniele COSSU / Shutterstock.com 19Diskutieren
Stimmen der
Klimapolitik Meinung
Wichtige Akteure und ihre
FridaysForFuture: gen, den Klimanotstand ausrufen und die
FFF fordert die Einhaltung der Ziele des vom Menschen verursachten Treibhaus-
Pariser Abkommens und des 1,5 °C-Ziels. gas-Emissionen bis 2025 auf netto null
Für Deutschland wird unter anderem der senken. Versammlungen von Bürgern und
Kohleausstieg bis 2030 und die hundert- Bürgerinnen sollen dafür verbindliche Maß-
prozentige Versorgung mit erneuerbarer nahmen ausarbeiten. Es werden medien-
Energie bis 2035 verlangt. Subventionen wirksam Events, Proteste und Kampagnen
für fossile Energieträger sollen beendet durchgeführt. XR ist dezentral in Arbeits-
und Treibhausgas-Emissionen besteu- und Ortsgruppen organisiert. Kritisiert wur-
ert werden. Die Klimastreik-Bewegung ist de die Bewegung, nachdem ihr Mitgründer
nach eigenen Angaben international, über- Roger Hallam den Holocaust „nur einen
parteilich, unabhängig und dezentral orga- weiteren Scheiß in der Menschheitsge-
nisiert. Es gibt FFF-Bewegungen auf ört- schichte“ genannt hatte. Extinction Rebel-
licher, landesweiter und Bundesebene, lion Deutschland distanzierte sich von Hal-
auch in anderen Ländern. lam. Außenminister Heiko Maas (SPD) und
andere Politiker reagierten empört.
Extinction Rebellion:
Diese Bewegung geht mit ihren Forde- Weltklimarat:
rungen und Aktionen noch weiter als FFF. Der Weltklimarat (Intergovernmental Panel
Extinction Rebellion (XR) will mit gewaltfrei- on Climate Change/ IPCC) ist eine Instituti-
em zivilem Widerstand Regierungen dazu on der Vereinten Nationen. Der Rat ist ein
bewegen, den ökologischen Notstand zu unabhängiges Gremium, in dem Wissen-
erklären. Die Regierungen sollen die Be- schaftlerinnen und Wissenschaftler aus der
drohung der ökologischen Krise offenle- ganzen Welt mitwirken. Sie erarbeiten und
20bewerten Studien zu Klimaänderungen und Intergovernmental Organisations:
fassen den aktuellen Stand der Forschung Eine weitere Gruppe in der Klimadiskus-
in Berichten zusammen. Der Weltklimarat sion bilden zwischenstaatliche Organisa-
spricht Handlungsempfehlungen aus. Zur- tionen, die IGOs. Dazu gehören unter an-
zeit sind 195 Länder Mitglied des IPCC. derem die Weltbank, die Organisation für
Im Jahr 2007 erhielt der IPCC zusammen wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
mit dem ehemaligen US-Vizepräsidenten wicklung in Europa (OECD) und die Inter-
Al Gore den Friedensnobelpreis für seine nationale Energie Agentur (IEA).
Bemühungen, den Klimawandel in das Be-
wusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Lobbyverbände:
Viele Unternehmen sind von klimapolitischen
Nichtregierungsorganisationen: Entscheidungen stark betroffen, etwa Auto-,
Seit den 1990er-Jahren nehmen Nichtre- Stahl- oder Energieunternehmen. Andere
gierungsorganisationen (NGOs) starken proitieren von einer schärferen Klimapolitik,
Einluss auf die Politik. Das gilt gerade auch z. B. die Windkraft- und Solarbranche oder
für die Klimapolitik. 1989 wurde das Climate die Deutsche Bahn. Unternehmen und Ver-
Action Network (CAN) gegründet, ein Netz- bände wie die Industrie- und Handelskam-
werk mit Hunderten Mitgliedern wie Caritas, mern (IHK) oder der Bund der Deutschen In-
Greenpeace, WWF und der Rainforest Al- dustrie (BDI) vertreten gegenüber der Politik
liance. Die Organisationen informieren, or- ihre Interessen und versuchen, Einluss auf
ganisieren Events und Proteste, betreiben Entscheidungen zu nehmen.
Öffentlichkeitsarbeit, beraten die Politik und
nehmen an Konferenzen teil.
Ziviler Ungehorsam
rierende
Wie weit dürfen Demonst
gehen?
n ist ein Grundrecht (Ar-
Das Recht auf Demonstratio
Eine Dem onstration unter frei-
tikel 8 Grundgesetz).
land angemeldet werden.
em Himmel muss in Deutsch
FFF die Schule schwän-
Wenn dann Jugendliche bei tung vielleicht
dess en auf die Stra ße gehen, erteilt die Schullei
zen und statt r in der Reg el nichts.
iert FFF-Teilnehmern abe
einen Verweis, sonst pass rend e bew usst Gesetze, sie leisten
ade mon strie
Manchmal überschreiten Klim . So blockierten Ak-
isch motivierten Rechtsbruch
zivilen Ungehorsam, also polit in Städ ten Brüc ken und Straßen. Der
ellion weltweit
tivisten von Extinction Reb wurd en festg enommen. Ge-
viele Demonstrierende
Verkehr brach zusammen, Für Akti one n, bei denen ihre Mitgliede
r
Ang abe n ab.
walt lehnt XR nach eigenen ation jedo ch imm er wieder kritisiert.
wird die Org anis
gegen Gesetze verstoßen,
21Diskutieren
Fundiert diskutieren skeptiker
Mit Argumenten gegen Klima
PRO
2 „Der CO2-Anteil der Luft ist viel
K
limawandel? Gibt es nicht. Oder
ist jedenfalls nicht so schlimm: zu niedrig, als dass das einen Effekt
auf das Klima haben könnte.“
Viele Menschen wehren sich im-
mer noch gegen die Einsicht, dass unsere Luft enthält nur ca. 0,04 % CO2. Trotzdem hat
Treibhausgas-Emissionen das Klima ver- das Gas großen Einluss: Es nimmt von der
ändern und zu einer weltweiten Katastro- Erde Richtung Weltall abgestrahlte Wärme
phe führen können. Sie führen dabei oft auf und schickt sie zur Erde zurück, die Tem-
dieselben Argumente an. Hier sind zehn peraturen steigen. Dadurch verdampft mehr
typische Beispiele – und die Antworten der Wasser, es bilden sich mehr Wolken, was die
Wissenschaft darauf. Wärmeabgabe weiter erschwert. Methan ist
noch seltener, wirkt aber sogar noch stärker.
1 „Das Klima wandelt sich von Na-
tur aus ständig – dass es wärmer 3 „Auch Vulkane stoßen Treib-
wird, beweist gar nichts.“ hausgase aus, ist das nicht bedeu-
tender als unsere Emissionen?“
Tatsächlich gab es in der Vergangenheit
Eiszeiten und warme Perioden. Solche Nein, die vulkanischen Emissionen ent-
Klimaveränderungen brauchten aber viel sprechen nur einem Prozent des durch den
Zeit. Seit der Industrialisierung heizt sich Menschen verursachten CO2-Ausstoßes.
die Erde schneller als je zuvor auf. Nach
der letzten Eiszeit stieg die globale Tempe- 4 „Messungen in Städten verfäl-
ratur um etwa ein Grad pro 1000 Jahre. Zu- schen die globale Erwärmung.“
letzt fand der gleiche Anstieg in 100 Jahren Temperaturen misst man in Städten, auf
statt – zu schnell, als dass sich Natur und dem Land, über dem Meer, in Gebirgen und
Menschheit daran anpassen könnten. Fast auf Inseln. Überall erwärmt sich das Klima.
alle Forschenden der Welt sind sich einig, Zwar sind Städte oft wärmer als das Um-
dass die aktuelle Erderwärmung durch den land, dieses Phänomen nennt man Wär-
menschlichen Ausstoß von CO2 und ande- meinsel-Effekt. Das hat aber wenig Einluss
ren Treibhausgasen verursacht ist. auf die globale Durchschnittstemperatur.
225 „Selbst manche Wissenschaftler Niederschlag und Luftdruck beeinlusst. Es
glauben nicht an die vom Menschen kann deshalb chaotisch sein, genaue Vor-
verursachte Erderwärmung.“
hersagen sind tatsächlich schwierig. Beim
Auch in der Forschung gibt es unterschied- Klima wird dagegen eine durchschnittliche
liche Meinungen. Aber die überwältigende Entwicklung über 30 Jahre berücksichtigt.
Mehrheit der Forschenden ist vom Klima- Chaotische Ereignisse werden über diesen
wandel überzeugt. langen Zeitraum statistisch ausgeglichen.
6 „Die Klimalobby instrumentali- 9 „Der Klimawandel hat doch auch
siert Forschung und Politik.“ Vorteile, zum Beispiel wachsen
Pflanzen besser.“
Forschende machen auf der Basis von
Fakten Analysen zum Zustand des Kli- Tatsächlich haben höhere Temperaturen
mas. Ihre Berichte sind transparent und zumindest in einigen Regionen Vorteile.
nachvollziehbar. Im Weltklimarat arbeiten Zum Beispiel verlängert sich dadurch die
Hunderte Menschen aus Dutzenden sehr Vegetationsperiode in höheren Breiten wie
unterschiedlichen Ländern. Dass eine Lob- Norddeutschland oder Skandinavien. Aber
bygruppe so viele internationale Forscher schon die Mittelmeerregion wird bei wei-
gleichzeitig beeinlusst, ist kaum möglich. ter steigenden Temperaturen unter starken
Hitzewellen und noch größerer Wasser-
7 „Forscher übertreiben den knappheit leiden. Und in heute bereits sehr
Klimawandel, um mehr Geld für ihre heißen Regionen könnte Landwirtschaft
Studien zu bekommen.“
unmöglich werden.
Wenn Forschende Thesen vertreten, die
sich später als unhaltbar erweisen, scha- 10 „Bringt doch nichts, wenn ich
det das ihrem Ansehen – und damit ihrer Fi- mich als Einzelperson anstrenge.“
nanzierung. Forschungsergebnisse werden Forscher haben ausgerechnet, dass für jede
zudem vor der Veröffentlichung in der Re- Tonne Kohlendioxid, die ein Mensch irgend-
gel von anderen Expertinnen oder Exper- wo auf der Erde ausstößt, die Fläche des
ten überprüft, ohne die Namen der Autoren arktischen Packeises im Sommer um etwa
zu kennen. Es gibt keine Hinweise darauf, drei Quadratmeter abnimmt. Das heißt:
dass Forscher die Gefahr durch den Klima- Bei einem durchschnittlichen CO2-Aus-
wandel bewusst übertreiben. stoß von zehn Tonnen pro Jahr und Kopf in
Deutschland schmelzen 30 Quadratmeter
8 „Nicht einmal Wettervorhersagen arktisches Packeis pro Person. Das zeigt,
sind zuverlässig. Wie wollen Meteo- dass jeder Einzelne etwas bewirken kann.
rologen das Klima voraussagen?“
Das Wetter an einem Ort zu einer Zeit wird
von vielen Faktoren wie Temperatur, Wind,
Contra
23Diskutieren
nge heuer
„U
wirksam“ ch er Klaus H
urrelman n
Juge n d fo rs
te
limaprotes
Foto: Hertie School
über die K
Herr Hurrelmann, Sie nennen die Jugend Schüler, und zwar vor allem solche aus gut
von heute „Generation Greta“. Sind die situierten Elternhäusern, in denen viel Wert
Klimaproteste so außergewöhnlich? auf Bildung gelegt wird. Entsprechend pro-
Ja, auf jeden Fall. So viele junge Leute testieren vor allem Kinder und Jugendliche
wie heute waren wirklich schon lange nicht aus Schulen mit gymnasialer Oberstufe.
mehr politisch interessiert und vor allem Auch Greta Thunberg stammt ja aus einem
auch engagiert. Und zentrale Themen sind solchen Milieu.
dabei eben Umwelt und Klima. Woran liegt das?
Betrifft das die ganze Gesellschaft, oder Nun, man muss sich das Protestieren
sind die Klimaproteste – etwas boshaft auch leisten können. Wer freitags regelmä-
gesagt – eher ein Hobby der Reichen? ßig die Schule schwänzt, muss damit rech-
Das hat mit Reichtum tatsächlich ein nen, in den Noten abzusacken oder einen
bisschen zu tun, viel mehr aber mit Bildung. Schulverweis oder andere Strafen zu be-
Die „Generation Greta“ umfasst ungefähr kommen. Da hilft es, wenn man weiß, dass
40 Prozent der aktuellen Schülerinnen und einen die Eltern notfalls retten.
24Auffällig ist, dass bei FridaysForFuture
die Frauen tonangebend sind. Buchtipp
Das ist richtig. Vermutlich hängt das da-
mit zusammen, dass Schülerinnen gene-
rell besser in der Schule sind und sich das
Streiken eher leisten können. Aber es muss Klaus Hurrelmann ist einer der
renommiertesten deutschen Bildungs-
auch am Thema selbst liegen, mit dem sich wissenschaftler. Er hat die Shell
Mädchen offenbar besonders gut identii- Jugendstudie und die World Vision
zieren können. Jedenfalls ist es für uns Ju- Kinderstudie geleitet und lehrt als Pro-
fessor an der Hertie School of Gover-
gendforscher neu, dass sich junge Frauen
nance. 2020 ist sein Buch „Generati-
so stark politisch engagieren – und unse- on Greta – Was sie denkt, wie sie fühlt
re Daten reichen ziemlich weit zurück: bei und warum das Klima erst der Anfang
ist“ erschienen (Beltz, 19,95 Euro).
der Shell-Jugendstudie bis ins Jahr 1953.
Die Corona-Pandemie hat die Proteste
abrupt unterbrochen. Wird die Bewe-
gung noch einmal so groß wie vorher? tei ferngehalten hat. Dadurch ist sie viel in-
Die ganz aktiven jungen Menschen, das tensiver und schlagfertiger, und das wissen
sind ungefähr fünf Prozent, sind sehr stark die jungen Leute. Es bleibt also spannend.
ausgebremst worden. Wenn die Schule ge- Sie haben als Forscher viele Schülerge-
schlossen ist, ergeben Schulstreiks natür- nerationen begleitet. Glauben Sie, dass
lich keinen Sinn mehr. Dabei waren die das der Einsatz fürs Klima die heutige Ju-
stärkste und rafinierteste Instrument der gend so prägt, wie die 1968er-Proteste
Bewegung: Jeder musste sich damit be- eine Generation geprägt haben?
fassen, die Eltern, die Lehrkräfte, die Poli- Ich denke, das ist mit der 68er-Bewe-
tik, das war ungeheuer nervig – und unge- gung durchaus vergleichbar. Der Protest
heuer wirksam. Denn das hat wirklich alle der Schülerinnen und Schüler sitzt enorm
aufmerksam gemacht auf das Thema Kli- tief, er wird mit unglaublich viel Leiden-
mawandel. Wahrscheinlich hätten wir heute schaft vorgetragen. Das sind feste Über-
keine Klimaschutzgesetze in dieser Form, zeugungen, die ja auch mit grundlegen-
wenn nicht am 20. September 2019 beim den Veränderungen im Alltag verbunden
weltweiten Klimastreik praktisch die ganze werden. Man zwingt sogar seine Familie
gebildete Republik auf die Straße gegan- zu einem anderen Lebensstil! Das geht so
gen wäre. Diese Erfolge halten die Bewe- schnell nicht verloren. Natürlich wird auch
gung weiterhin zusammen. diese Generation ein paar Lebenskom-
Wie lange noch? promisse eingehen. Aber ihre Ernsthaftig-
Das ist schwer zu sagen. Die politischen keit erscheint mir nachhaltig: Diese jungen
Parteien haben schon ein Auge auf die po- Menschen wissen, dass für unser Weiter-
litischen Köpfe der Bewegung geworfen. leben wirklich etwas auf dem Spiel steht.
Aber die Stärke der Bewegung liegt auch Darin hat sie die Corona-Krise sogar noch
darin, dass sie sich bisher von jedweder Par- bestätigt. Meine Prognose ist: Das bleibt.
25Handeln
Jet zt handeln!
Was wir tun können, um die
Klimakatastrophe abzuwenden
Welche Fleischart essen CO2-Fußabdruck ausgewählter
Sie am liebsten? Lebensmittel
Rind 38,4 % Rind 13,6
Gelügel 27,5 % Hähnchen 5,5
Schwein 17,7 % Schwein 4,6
anderes Fleisch 6,6 % Fisch (Wildfang, frisch) 4,0
Ich esse kein Fleisch 9,8 % Tofu 1,0
(Quelle: Civey-Umfrage für die WELT, 2021) (Kilogramm CO2-Äquivalente
pro Kilogramm Lebensmittel;
Quelle: ifeu2)
26E
s könnte so einfach sein, unser • Die meisten schlimmen Auswirkungen
Klima zu schützen. Rindleisch ist des Klimawandels werden wir erst in et-
zum Beispiel ein besonders klima- lichen Jahren bis einigen Jahrzehnten
schädliches Nahrungsmittel. Rinder brau- spüren. Wir Menschen sind aber nicht
chen viel Nahrung, um groß genug zum darauf ausgelegt, unser Handeln so weit
Schlachten zu werden, und sie stoßen da- im Voraus zu planen. Deshalb fehlt der
bei zudem Methan aus, das die Erderwär- Druck, unmittelbar jetzt zu handeln.
mung noch viel mehr vorantreibt als Koh- • Zugleich wissen wir aber, dass der Kli-
lenstoffdioxid. Im schlimmsten Fall wird mawandel zu einer wirklichen Katastro-
das Fleisch sogar von Südamerika bis zu phe für die Menschheit führen kann. Ein
uns transportiert und am Ende auf Holz- Einzelner von uns kann das weder ver-
kohle gegrillt. Im Schnitt ist die Herstel- hindern, noch sich den Auswirkungen
lung eines Rindersteaks etwa zehnmal entziehen. Dieses Wissen macht Angst –
so klimaschädlich wie die eines Gemüse- und wenn wir Angst haben, verfallen
schnitzels. Also einfach Pfannenbratling wir eher in Starre als zu handeln.
statt Grillsteak, oder?
Nun, leider stehen dem ein paar Wie finden wir aus dieser
Gewohnheiten entgegen. Ausgerechnet Zwickmühle heraus?
Rind ist nämlich die beliebteste Fleischart Indem wir diese Verhaltensmuster austrick-
in Deutschland, fast 40 Prozent der Men- sen und in kleinen Schritten mit Verände-
schen ziehen es dem viel weniger klima- rungen anfangen. Wenn wir uns an einer
schädlichen Schwein und Gelügel vor. Stelle erfolgreich verändert haben, fällt es
Rund 1,2 Millionen Tonnen Rindleisch immer leichter, das nächste Problem anzu-
wurden 2020 in Deutschland verbraucht, gehen. Außerdem können wir uns zunutze
das ist kaum weniger als 20 Jahre zuvor. machen, dass Menschen soziale Wesen
Vegetarier hingegen sind noch immer in sind: In der Gemeinschaft fällt uns vieles
der Minderheit: Nicht einmal zehn Prozent leichter als allein. Wir müssen uns also
der Deutschen geben an, überhaupt kein Partner und Verbündete suchen. Auf die-
Fleisch zu essen. se Weise kommen wir in kleinen Schritten
ein großes Stück voran. Auf den nächsten
Hat ja noch Zeit? Seiten sind einige Tipps dafür.
Das ist genau unser Problem mit dem Kli-
maschutz: Die meisten von uns wissen,
was zu tun wäre – aber zu wenige Men-
schen sind bisher bereit, dafür ihr Verhal-
ten zu ändern. Ein Grund dafür ist absur-
derweise, dass die Klimakrise gleichzeitig
zu viel und zu wenig bedrohlich ist:
27Handeln
Das Klimaabkommen
von Paris
Was die Welt sich vorgenommen hat …
u tte rstock.c o m
m Dezember 2015 haben sich fast alle
/ Sh
I
UR
Staaten der Erde in Paris auf ein umfas-
-S
M
n:
sendes Klimaschutz-Abkommen geei- at
io
s tr
Il l u
nigt. Erstmals verplichten sich die 195 Un-
terzeichner rechtsverbindlich darauf, unser
Klima zu schützen. Drei wesentliche Ziele die nachteiligen Auswirkungen anpassen,
wurden darin vereinbart: widerstandsfähiger gegen zukünftige Ver-
änderungen werden und sich so weiter-
entwickeln, dass dabei möglichst wenig
1 Erderwärmung begrenzen! Treibhausgase entstehen. Die reicheren
Zum Zeitpunkt der Pariser Konferenz hatte Länder wollen die ärmeren dabei unter-
sich die Erde im Vergleich zur vorindustriel- stützen.
len Zeit um durchschnittlich knapp 1 °C er-
wärmt. Die Unterzeichner der Abkommens
verplichten sich, diesen Anstieg auf ins- 3 Klimafreundlich wirtschaften!
gesamt „deutlich unter 2 °C“ zu begren- Finanzielle Mittel wie Investitionen sollen
zen. Die Unterzeichner wollen sich zudem so eingesetzt werden, dass sie mit diesen
anstrengen, maximal 1,5 °C Anstieg zu er- Zielen in Einklang stehen.
reichen – dieses Ziel fordern die Fridays Jeder der Unterzeichnerstaaten ver-
ForFuture-Proteste ein. plichtet sich, geeignete Maßnahmen umzu-
setzen, damit diese Ziele erreicht werden.
2 Einstellen auf den Alle fünf Jahre überprüfen Gutachter, ob
Klimawandel! die angekündigten Maßnahmen tatsäch-
Selbst wenn es gelingt, die Erderwärmung lich umgesetzt wurden und wie sie wir-
auf 1,5 °C zu begrenzen, wird sich das Kli- ken. Gleichzeitig müssen die Staaten dann
ma auf der Erde verändern. Die Staaten neue Maßnahmen und Ziele ergreifen, die
wollen ihre Lebens- und Arbeitsweise an ehrgeiziger als die vorherigen sein müssen.
28Der CO2-Gehalt unserer
420
… und wie weit sie bisher Atmosphäre steigt trotz-
gekommen ist: dem weiterhin stark:
400
Mehr als 110 Länder der Welt haben sich
inzwischen das Ziel gesetzt, ihre CO2-Emis- 380
sionen bis 2050 auf null zu senken. Bis
360
dahin soll höchstens noch so viel CO2 aus-
gestoßen werden, wie gleichzeitig z. B. 340
durch Wälder gebunden werden kann.
Auch große Industrieländer wie die Euro- 320
päische Union, Japan und Großbritannien ha- 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020
ben sich dazu verplichtet. Der derzeit größ- Quelle: Global Monitoring Laboratory
te CO2-Emittent der Welt, China, will dieses
Ziel bis 2060 erreichen. Weit genug gekom-
men sind die Staaten jedoch bisher nicht. Die Treibhausgas-Emmisionen in
Deutschland sinken weiter
Eine Übersicht der Anstrengungen zeigt z. B.
Emissionsentwicklung 1990–2020
„Climate Action Tracker“. 1249
1121
1043
993 942
904 908 892
856 810
Ein Lichtblick: 739
2020 sind die welt-
weiten CO2-Emissionen
um 5,8 % gesunken.
Laut der Internationalen Energieagentur 1980 1995 2000 2005 2010 2015 2016 2017 2018 2019 2020
IEA ist das der stärkste Rückgang seit Be- Quelle: Umweltbundesamt
ginn der Messungen. Der Grund dafür ist
die Corona-Pandemie, während der welt-
weit weniger produziert, transportiert und
gereist wurde. Für 2021 erwartet die IEA
wieder einen deutlichen Anstieg.
Webtipp
B. die Websites
nd aufbereitet, bieten z.
Aktuelle Werte, spanne
o2-emissions
https://ourworldindata.org/c me-carbon-atlas
atlas.org/en/content/welco
http://www.globalcarbon
29Handeln
Firmen als Verbündete
r nütz t als schadet
Warum Klimaschutz der Wirtschaft meh
wahrer. 2020 haben zum Beispiel fast 70
K
Klimaschutz rechnet sich, das ist
logisch. Denn wenn sich Natur- namhafte Großunternehmen aus Deutsch-
katastrophen häufen, immer mehr land die Bundesregierung aufgefordert,
Menschen hungern und krank werden und mehr für den Klimaschutz zu tun. Und das
ganze Ökosysteme zusammenbrechen, durchaus aus Eigennutz, denn den meisten
trifft das auch die Wirtschaft. Aber Unter- ist längst klar: Wer klimaschädlich arbeitet,
nehmen stehen vor dem gleichen Problem wird es in Zukunft schwer haben – und ver-
wie jede und jeder Einzelne von uns: Auf- passt womöglich die Chance, mit dem Kli-
wand und Kosten haben wir heute, wäh- maschutz Geld zu verdienen.
rend den Nutzen spätere Generationen Tatsächlich hat die Unternehmensbera-
sehen. tung McKinsey einen Weg durchgerechnet,
auf dem die Europäische Union bis 2050
Also lieber abwarten – oder? klimaneutral sein kann und dabei die wirt-
Nein, große Teile der Wirtschaft entwickeln schaftlichen Erträge möglicherweise sogar
sich sogar zu Verbündeten der Klimabe- höher wären als die Kosten.
30Genau betrachtet, nützen viele
klimafreundliche Maßnahmen
der Wirtschaft:
• Wenn Unternehmen einen höheren Preis für ihren CO2-Ausstoß
/ Shutterstock.com
zahlen müssen, treibt sie das an, efizienter zu arbeiten. Das führt am
Ende zu niedrigeren Kosten.
• Durch den klimaverträglichen Umbau der Wirtschaft könnten etwa
Foto: chaipong pramjit
sechs Millionen Jobs wegfallen, z. B. im Bergbau oder der Motorenher-
stellung. Gleichzeitig dürften aber in klimafreundlichen Wirtschaftszwei-
gen elf Millionen neue Stellen entstehen.
• Wer klimafreundliche Technologien entwickelt, hat gute Chancen,
sie weltweit verkaufen zu können. Schon jetzt ist Nachhaltigkeit ein
Boom-Thema an den Börsen.
• Erneuerbare Energien werden rasch deutlich billiger sein als fossile
Rohstoffe. Gleichzeitig verringern sie die Abhängigkeit von Energie-
Importen.
• Viele klimafreundliche Technologien sind langfristig günstiger als
herkömmliche (z. B. Erdwärmeheizung oder Blockheizkraftwerke).
• E-Autos werden den Verkehr und Transport deutlich billiger machen
als heute. Allerdings werden die Preise etwa für Flugreisen und die
Schifffahrt steigen.
• Werden Gebäude besser gedämmt, fallen niedrigere Energiekosten
an. Das hilft auch den Mietern.
• Werden landwirtschaftliche Flächen efizienter genutzt, senkt das die
Kosten und macht Flächen frei, die aufgeforstet werden können und
so CO2 aufnehmen.
• Ganz neue Geschäftsfelder entstehen: So macht zum Beispiel ein ho-
her CO2-Preis Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung
wirtschaftlich attraktiv. Der Bau und Betrieb solcher Anlagen könnte
höchst proitabel sein.
31Handeln
Groß
denken, klein
U
ngefähr zwölf Tonnen CO2 verur-
sacht jeder Mensch in Deutsch-
land durchschnittlich pro Jahr.
anfangen
Der Energiekonzern RWE ist allein für Was wir im Alltag für das
über 125 Millionen Tonnen CO2 jährlich Klima tun können
verantwortlich. Was soll es also bringen,
wenn ich als einzelne Person mein Ver-
halten ändere?
Die Antwort ist: viel. Denn wenn viele
Menschen jeweils kleine Schritte gehen,
wird daraus gemeinsam ein großer. Jede
und jeder kann etwas für das Weltklima
tun. Hier sind ein paar Vorschläge für den
Alltag, die helfen, unseren ökologischen
Fußabdruck zu verkleinern: 2
Weniger Fleisch
1 Im Jahr 2020 wurden in Deutschland
57,3 Kilogramm Fleisch pro Kopf ver-
Bio aus der Region zehrt. Der Fleischkonsum geht zwar
Wer saisonale Produkte aus der zurück, ist aber noch immer sehr hoch.
Region kauft, tut Gutes für das Wer sich leischreduziert ernährt, er-
Klima: Ein Kilo Äpfel aus der Re- spart dem Klima viel CO2 – als Vege-
gion hat einen CO2-Fußabdruck tarier sogar bis zu 400 Kilogramm im
von 0,3 Kilogramm; Äpfel aus Jahr. Außerdem benötigt die Fleisch-
Neuseeland kommen auf 0,8 Ki- produktion sehr viel Land. Wird insge-
logramm CO2, und eine per Flug- samt weniger Fleisch produziert, kön-
zeug eingelogene Ananas sogar nen die frei werdenden Flächen z. B.
auf 15,1 Kilogramm. Beim Bioan- durch Aufforstung sogar Kohlenstoff
bau wird im Vergleich zur konven- binden.
tionellen Landwirtschaft übrigens Aufwand: ✸ ✸
nur etwa die Hälfte der Energie- Wirkung: ✸ ✸
menge benötigt.
Aufwand: ✸
Wirkung: ✸ ✸
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