DVR REPORT - Deutscher Verkehrssicherheitsrat
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DVR REPORT FACHMAGAZIN F Ü R V E R K E H R S S I C H E R H E I T 4/2021 Top-Thema Keine Angst vor Erster Hilfe Mitglieder Panorama Wissen Intelligentes Licht kann Unbemannte Flugobjekte im Welche Regeln gelten Unfälle verhindern Einsatz für die Verkehrssicherheit für E-Scooter?
EDITORIAL iebe Leserin, L Inhalt lieber Leser, wann haben Sie zuletzt E D I T O R I A L 2 Ihre Erste-Hilfe-Kennt- nisse aufgefrischt? Bei vielen Menschen ist das AKTUELLES Jahre her, manche haben Aktuelle Grafiken zur Unfallstatistik 3 sie seit dem Erste-Hil- Unfälle auf Landstraßen 3 fe-Kurs im Zuge ihrer Neuer Vizepräsident 3 Fahrausbildung nicht Neue Mitglieder im DVR 4 mehr erneuert. Leider. Denn kommt es zu einem Verkehrsunfall, einem TO P -T H E M A Unfall in der Freizeit oder Keine Angst vor Erster Hilfe 6 einem medizinischen „Das Absetzen eines Notrufs ist jedem zumutbar“ 8 Notfall in der Familie zählen im Ernstfall Sekunden. Jeder Griff sollte dann sitzen, um Menschen vor schweren Verletzungen oder gar dem Tod zu bewahren. Auch deshalb hat der DVR-Vor- MITGLIEDER stand Ende Oktober den Beschluss „Erste Hilfe verstärken“ Lenken statt Ablenken 10 (www.dvr.de/beschluesse) verabschiedet und sich darin für Welche Fahrzeuge eignen sich für ältere Menschen? 10 ein lebenslanges Lernen im Bereich der Ersten Hilfe ausge- Evakuierung aus Reisebussen 11 sprochen. Das Top-Thema beleuchtet weitere Hintergründe. Intelligentes Licht kann Unfälle verhindern 12 Lesenswert! Zu Fuß unterwegs – nur die Hälfte fühlt sich wirklich sicher 14 Um möglichst schnell zu wissen, wo sich Unfälle ereignet haben Smart Mobility 15 und wie sie sich zugetragen haben, setzt die Polizei immer häu- figer Drohnen ein. Neben der Unfallaufklärung helfen die wen- digen Objekte auch bei der Steuerung von Verkehrsflüssen. Wo PA N O R A M A sie sich außerdem im Bereich der Verkehrssicherheit nützlich Unbemannte Flugobjekte im Einsatz für die machen, berichten wir im Panorama auf den Seiten 16 bis 17. Verkehrssicherheit16 Europäischer Drogenbericht 18 Auch E-Scooter sind klein und wendig – und häufig da anzu- Letter of Intent für mehr Verkehrssicherheit 18 treffen, wo sie eigentlich gar nicht unterwegs sein sollten. Junge Verkehrsteilnehmende und ihre Zugegebenermaßen fällt es bei der aktuellen Verordnungslage Sicherheit im Straßenverkehr 19 nicht immer leicht, den Durchblick zu behalten. Den verschafft uns deshalb Prof. Dr. Dieter Müller in seiner Kolumne am Ende dieses Reports. WISSEN Sichere Kreisverkehre an Landstraßen 20 Ich wünsche Ihnen spannende Erkenntnisse! „Die Straße der Zukunft ist digital“ 21 „Gut zu wissen“ – Welche Regeln gelten für E-Scooter?22 Ihr IMPRESSUM 23 Prof. Dr. Walter Eichendorf, Präsident DVR 2 DVR REPORT 4/2021
AKTUELLES ktuelle Grafiken A nfälle auf U zur Unfallstatistik Landstraßen Der DVR stellt auf seiner Webseite neue übersichtliche Grafiken Passend zum diesjährigen Schwerpunktthema beschäftigt sich zum Unfallgeschehen auf Bundes-, Länder-, Kreis- und Gemein- das aktuelle Statistik-Booklet des DVR mit dem Unfallgeschehen deebene zur Verfügung. auf Landstraßen. In ansprechenden Grafiken und kurzen Texten gibt es einen Überblick über Verkehrsunfälle in ländlichen Räu- Deutschlandweit wird die Anzahl der Getöteten und Verletzten im men. Die Zahlen basieren auf den Angaben des Statistischen Straßenverkehr insgesamt angezeigt, mit gesondertem Fokus auf Bundesamtes. Kinder, junge und ältere Menschen. Grafisch angezeigt werden zudem die Unfälle in Ortschaften, außerorts und auf Autobahnen. Landstraßen sind die gefährlichsten Straßen in Deutschland. Auf keinen anderen Straßen verzeichnen wir mehr Getötete und Für die Bundesländer wird die Anzahl der Straßenverkehrsunfälle Schwerverletzte. Das Booklet veranschaulicht, warum das so ist. insgesamt, der Unfälle mit Personenschaden sowie der Unfälle Es zeigt, wann und wie sich diese Unfälle ereignen und wer dabei im Zusammenhang mit Bäumen und unter dem Einfluss berau- zu Schaden kommt. Dabei greift es zum Beispiel die Unfallursa- schender Mittel angezeigt. Zudem ist die Entwicklung der Unfall chen nicht angepasste Geschwindigkeit, ungenügender Sicher- arten im Zeitverlauf abgebildet. heitsabstand und Fehler beim Überholen auf. Aber auch Unfälle mit Wildtieren oder Baumunfälle werden beleuchtet. Auf Kreis- und Gemeindeebene stehen Daten zu den Unfällen mit Personenschaden, die Anzahl der Getöteten und Verletzten zur Das Booklet kann über die Webseite des DVR kostenfrei bestellt Verfügung. und heruntergeladen werden: www.dvr.de/statistik-booklet Die Daten, basierend auf den Angaben des Statistischen Bundes- amtes und der Regionalstatistik für Deutschland, werden ständig Zudem stehen die Grafiken statisch und animiert für Facebook, aktualisiert. Instagram und Twitter ebenfalls kostenfrei zur Verfügung. Weitere Informationen unter: www.dvr.de/unfallstatistik Neuer Vizepräsident Das Präsidium des DVR ist wieder kom- – Lessons Learned zur General Safety plett: Die Vorstandsmitglieder wählten Regulation Ende Oktober Siegfried Brockmann, Lei- – Empfehlung zur UNECE Regelung ter der Unfallforschung der Versicherer Nr. 158 für Rückfahrassistenzsysteme (UDV), zum Vizepräsidenten. Er folgt auf – Erhöhung der Verkehrssicherheit Clemens Klinke (DEKRA), der Ende des durch V2X-Kommunikation vergangenen Jahres zurückgetreten war. – Stellungnahme zur Ausgestaltung des Fahrmodusspeichers nach § 63a Brockmann setzte sich gegen Rainer Straßenverkehrsgesetz (StVG) Armbruster, Vice President Koordination – Theorieunterricht in der Fahraus- Arbeitsschutz Konzern Deutschland bei bildung der Deutschen Post, durch. Seine Amts- – Erste Hilfe verstärken zeit dauert bis Dezember 2022. Turnusge- – Verkehrsschau 2.0 mäß wird dann der gesamte Vorstand von – Verkehrssicherheitsprogramm der der Mitgliederversammlung neu gewählt. Bundesregierung zügig umsetzen Neben der Wahl zum Vizepräsidenten Die Beschlüsse im Wortlaut sind hier zu verabschiedete der Vorstand zudem fol- finden: www.dvr.de/beschluesse Siegfried Brockmann Foto: UDV gende Beschlüsse: 4/2021 DVR REPORT 3
AKTUELLES Neue Mitglieder im DVR Vier neue Mitglieder haben sich dem DVR und seiner Mission angeschlossen. In seiner Sitzung Ende September nahm der Hauptausschuss des DVR die Anträge der Educatio Digitale Lernsysteme GmbH, der TIER Mobility GmbH, der Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland e.V. (VOD) sowie des Zweirad-Industrie-Verbandes e.V. (ZIV) an. Drei von ihnen konnten wir nach den Beweggründen für eine Mitgliedschaft im DVR befragen. Welche Akzente möchten Sie mit einer Mitgliedschaft im DVR setzen? „Zum Thema ‚Junges Fahren‘ „Akzente möchte die VOD im DVR wollen wir zur Verbesserung setzen durch Erarbeitung von der Qualifizierung von Strategien, etwa zur Verbes- Fahranfängerinnen und serung der Gutachtenarbeit Fahranfängern unseren zu psychischen Gesund- Beitrag leisten. Der heitsschäden sowie zur Fokus von Educatio liegt Stärkung von Verkehrs- in der Kompetenzförde- unfallopfern im Umgang rung mittels modernem mit Verwaltungen, Organi- Selbstlernen. Hier sehen sationen und Organen der wir enorme Chancen, nicht Rechtsprechung.“ nur Faktenwissen effizient zu vermitteln, sondern mit päda- Peter Schlanstein, gogisch anspruchsvollen medien- Geschäftsführender Vorstand der VOD, gestützten Lerninhalten auch praxisnahe Erster Polizeihauptkommissar a.D., Handlungskompetenzen zu fördern. Im zukünftigen Curriculum Fachkoordinator Verkehr und Dozent an der Hochschule für der Fahrausbildung sollen dadurch Verkehrsbeobachtung und Polizei und öffentliche Verwaltung NRW Gefahrenwahrnehmung stärker fokussiert werden. Außerdem wollen wir mit Hilfe der Digitalisierung Akzente setzen, zum Bei- spiel Verkehrsteilnehmende durch flexible und aktuelle Inhalte Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland e.V. (VOD) über neue Mobilitätsformen zu informieren und zum verantwor- tungsvollen Umgang mit diesen anzuregen.” Die VOD, gegründet 2011, vertritt als unabhängiger Dach- verband die Interessen der deutschen Institutionen und Oliver Frey, Geschäftsleitung Educatio Digitale Lernsysteme Selbsthilfeeinrichtungen zum Schutz von Verkehrsun- GmbH fallopfern. Sie unterstützt ihre Mitgliedsorganisationen, zum Beispiel durch politische Aktivitäten, Beteiligung an Forschungsprojekten, Netzwerktreffen, Symposien sowie Educatio Digitale Lernsysteme GmbH durch fachliche Impulse. Educatio Digitale Lernsysteme GmbH ist ein Tochterun- Die VOD erhält finanzielle Zuwendungen ausschließ- ternehmen der Firmengruppe Nexius aus Ungarn. Die lich aus Bußgeldern, Geldauflagen bei Sanktionen sowie Gruppe entwickelt seit über zehn Jahren innovative digi- Spenden. Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben, um die tale Lernsysteme für Schulen, Hochschulen und Fahr- Unabhängigkeit nicht zu gefährden. In enger Abstimmung schulen, mit Erfahrungen aus mittlerweile mehr als mit dem Vorsitzenden Prof. Dr. Wilfried Echterhoff und 800.000 abgeschlossenen Theoriekursen. In Deutschland dem Wissenschaftlichen Beirat unter Leitung seines Prä- ist Educatio seit April 2021 mit seiner Marke Dreiv in Fahr- sidenten Prof. Dr. Bernhard Schlag leitet Peter Schlan- schulen vertreten. stein die Geschicke des Vereins. 4 DVR REPORT 4/2021
AKTUELLES Vorteile einer DVR-Mitgliedschaft Der DVR koordiniert die Verkehrssicherheitsarbeit in Deutschland, entwickelt Präventionsmaßnahmen, wirkt politisch und öffentlichkeitswirksam. Eine seiner zentra- len Aufgaben liegt darin, die Bemühungen aller beteilig- „Der ZIV verfolgt das Ziel, poli- ten Akteurinnen und Akteure zu einem gemeinsamen und tische und wirtschaftliche wirksamen Handeln zu bündeln. Er bildet damit das Dach Rahmenbedingungen im für seine rund 190 Mitgliedsorganisationen. Sinne seiner Mitglieds unternehmen zu gestal- Mit einer Mitgliedschaft im DVR können Organisationen ten. Gute Radverkehrs die Verkehrssicherheitsarbeit in Deutschland aktiv mit- politik und insbesondere gestalten: die Verkehrssicherheit gehören zu den wichtigs- ✔ Mitarbeit in einem DVR-Vorstandsausschuss und/oder ten Eckpfeilern, um die einer seiner Arbeitsgruppen, wenn der Vorstand ent- Akzeptanz bei den Men- sprechende Fachleute vorschlägt oder beruft. schen zu erhöhen, Fahrrad und E-Bike zu nutzen. Eine zeit- Mitglieder können aktive Umsetzer verschiedener ✔ gemäße Anpassung des Straßen- DVR-Programme und -Trainings werden. verkehrsrechts und der Straßenverkehrs- ordnung ist deshalb unerlässlich. Alle Mitglieder können für die eigene Verkehrs ✔ sicherheitsarbeit auf vorhandene DVR-Programme Dazu gehören u.a. die rechtliche Gleichstellung der aktiven zurückgreifen. Mobilität mit anderen Verkehrsträgern, die Verankerung der Vision Zero, mehr Gestaltungsspielräume für Kommunen, zum Als Teil des umfassenden DVR-Netzwerks können ✔ Beispiel bei der Anordnung von Radinfrastrukturen und von sich Mitglieder über Kampagnen und Aktionen direkt Geschwindigkeitsbegrenzungen oder die Schaffung eines ver- an konkreter Verkehrssicherheitsarbeit beteiligen. ständlichen, sicheren und fairen Rechtsrahmens für die Nutzung von schnellen E-Bikes (S-Pedelecs), um nur einige zu nennen. ✔ Mitglieder profitieren vom Austausch mit Fachleuten aus den verschiedenen Bereichen, Organisationen Für den ZIV ist die Mitgliedschaft im DVR deshalb ein weiterer, und Unternehmen, die sich für Verkehrssicherheit wichtiger Schritt, die aktuellen und zukünftigen Herausforde- engagieren. rungen der Verkehrssicherheit aktiv zu beeinflussen und mit- zugestalten. Wir sind überzeugt, dass uns die Mitgliedschaft im Sie können sich an Veranstaltungen des DVR (u.a. ✔ DVR dabei hilft, dies weiter voranzutreiben.“ DVR-Forum, DVR-Kolloquium) mit Ideen, als Mitveran- stalter oder mit Fachvorträgen beteiligen. Burkhard Stork, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbands ✔ Veröffentlichungen in den Publikationen des DVR, zum Beispiel in der Schriftenreihe oder dem Blog „Sicher Unterwegs“. Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) Weitere Informationen über eine Mitgliedschaft im DVR Der Zweirad-Industrie-Verband e.V. ist die nationale Inter finden Sie hier: www.dvr.de/mitglied-werden essenvertretung und Dienstleister der deutschen und internationalen Fahrradindustrie. Er vertritt Hersteller Informationen zu Rechten und Pflichten einer Mitglied- und Importeure von Fahrrädern, E-Bikes, Fahrradkompo- schaft im DVR sind in der Satzung zu finden: nenten und Zubehör. www.dvr.de/satzung 4/2021 DVR REPORT 5
TOP-THEMA Keine Angst vor Erster Hilfe Einmal Erste-Hilfe-Kurs vor dem Führerscheinerwerb und dann nie wieder Berührung mit dem Thema? So sieht es derzeit in der Praxis aus. In der Folge zögern viele Menschen am Unfallort, Erste Hilfe zu leisten. Und das gilt für Verkehrsunfälle, Unfälle in der Freizeit oder medizinische Notfälle in der Familie. Dabei ist das Schlimmste, nicht einzugreifen. Denn bei Unfällen zählt jede Sekunde. Kann lebensrettend sein: ein automatisierter externer Defibrillator (AED). Foto: JamesRein auf Pixabay A utofahrerinnen und Autofahrer, die nicht zufällig auch als betriebliche Ersthelferin oder Ersthelfer tätig sind, können mit ihrem vielfach vor Jahrzehnten erworbenen Wissen ihren eine andere Technik zur Wiederbelebung von Menschen mit Herz- und Atemstillstand empfohlen als noch vor einigen Jah- ren: Statt Mund-zu-Mund-Beatmung steht bei der Behandlung Führerschein auf höhere Klassen erweitern lassen, ohne dafür unbekannter Personen die Herzdruckmassage im Vordergrund. ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse auffrischen zu müssen. Die Folge: Zum anderen – und das erscheint Fachleuten für Rettungsmedi- Viele Menschen zögern bei Unfällen, Erste Hilfe zu leisten, oft aus zin viel wichtiger – kann nur regelmäßiges Üben das souveräne Angst, etwas falsch zu machen. Dabei ist das Schlimmste, was sie und sichere Handeln im Fall der Fälle sicherstellen. Der DVR falsch machen können, nicht einzugreifen. Gerade bei Schwerst- plädiert deshalb in einem Vorstandsbeschluss von Ende Oktober verletzten entscheidet die Behandlung in den ersten Minuten bis 2021 dafür, den Grundsatz des „lebenslangen Lernens“ auch auf zum Eintreffen professioneller Rettungskräfte, ob sie überhaupt die Erste-Hilfe-Grundkenntnisse anzuwenden – von der Grund- überleben oder ob sie gravierende Folgeschäden davontragen. schule bis zum Autokauf (siehe Kasten). Aus diesem Grund stellt der Gesetzgeber Ersthelfer von der Haf- tung für Fehler frei. Umgekehrt: Wer nicht handelt, macht sich Bei Einführung einer gesetzlichen Pflicht zu Auffrischungskur- unter Umständen der unterlassenen Hilfeleistung schuldig. sen müsste die Politik nicht mit großem Widerstand der Bürge- rinnen und Bürger rechnen: 68 Prozent der Befragten würden Regelmäßige Auffrischung sie befürworten. Dieses Stimmungsbild deckt sich mit dem Bild aus der Recherche für den vorliegenden Beitrag: Kaum einer Eine regelmäßige Auffrischung der Erste-Hilfe-Kenntnisse der Gesprächspartner hatte nach dem Erste-Hilfe-Kurs für den könnte nicht nur die Scheu vor dem Eingreifen verringern, son- ersten Führerschein jemals wieder Berührung mit dem Thema. dern es gibt auch andere gute Gründe: Zum einen wird heute Freiwilligkeit funktioniert nicht, so der Tenor. Alle würden es 6 DVR REPORT 4/2021
TOP-THEMA 50 Prozent … Angehende Fahrende von Taxis, Mietwagen mit Chauffeur und gewerblichen On-Demand-Fahrdiensten müssen sich künftig ebenfalls darauf einstellen, ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse aufzufri- schen: Mit der diesjährigen Novelle des Personenbeförderungs- der Befragten gaben in einer großen Umfrage des ADAC gesetzes (PBefG) wurde als Ersatz für die Ortskundeprüfung der im Frühjahr 2021 an, dass ihr letzter Erste-Hilfe-Kurs sogenannte Fachkundenachweis eingeführt. Die Inhalte der vor- länger als zehn Jahre zurückliegt. Sieben Prozent erklär- aussichtlich eintägigen Schulung sind zwischen Bund und Län- ten, noch nie einen Erste-Hilfe-Kurs besucht zu haben – dern zwar noch nicht abgestimmt, aber ein Element „Erste Hilfe“ obwohl sie schon mindestens 18 Jahre alt waren. gilt in Fachkreisen als wahrscheinlich. Wann war Ihr letzter Erste-Hilfe-Kurs? Matthias Roeser Vor mehr als 10 Jahren 50 % Vor mehr als 5 Jahren 14 % Erste Hilfe lebenslang lernen Vor weniger als 5 Jahren 28 % Noch nie 7% Der DVR-Vorstand empfiehlt in seinem Beschluss vom Keine Angabe 1% 25. Oktober 2021, allen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern frühzeitig Kenntnisse in Erster Hilfe Basis: Bevölkerung ab 18 Jahren, n = 3.631, Online-Befragung im zu vermitteln. Weil außerdem die Menschen gerade in Februar/März 2021. Quelle: ADAC den Metropolen entweder gar keinen Führerschein mehr erwerben oder erst in viel höherem Lebensalter als frü- daher gut finden, wenn es sanften Druck „von oben“ gäbe, Auffri- her, erreicht der verpflichtende Erste-Hilfe-Kurs gemäß schungskurse zu besuchen. Paragraf 19 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) nicht die frühe Breitenwirkung. Konkret empfiehlt der DVR-Vor- Betriebliche Erste Hilfe stand unter anderem: Für betriebliche Ersthelferinnen und Ersthelfer gilt die Auffri- ✚ Erste-Hilfe-Inhalte in die Lehrpläne von Grundschulen, schungspflicht übrigens schon lange: Nach der ersten neunstün- weiterführenden und berufsbildenden Schulen sowie digen Schulung – die gleiche wie vor der Führerscheinprüfung – der Hochschulen verbindlich integrieren. müssen spätestens alle zwei Jahre Auffrisch-Trainings besucht werden, die ebenfalls neun Stunden dauern. Dabei können nicht ✚ Erste-Hilfe-Inhalte in die Aus- und Fortbildung der nur die Handgriffe aus der ersten Schulung geübt, sondern auch Lehrkräfte aufnehmen. betriebsspezifische Themen vertieft werden – in Tischlereibe- trieben zum Beispiel Unfälle mit Sägen. ✚ Öffentlichkeitsarbeit der verkehrssicherheitsrelevan- ten Akteure zur Stärkung des Bewusstseins über die Wer beruflich Lkw oder Busse lenkt, hat zumindest eine gewisse Notwendigkeit der Ersten Hilfe. Chance, die Kenntnisse in Erster Hilfe aufzufrischen: Die Berufs- kraftfahrerqualifikationsverordnung (BkrFQV) sieht als optio- ✚ Standards für zeitgemäße Aus- und Fortbildungsfor- nales Modul für die spätestens alle fünf Jahre zu besuchenden mate für Ersthelferinnen und Ersthelfer entwickeln mit Weiterbildungskurse „Richtiges Verhalten in Notfällen“ vor. dem Ziel, lebenslanges Lernen auch in der Ersten Hilfe Neben dem Vermeiden von Nachfolgeunfällen und dem richtigen zu vereinfachen und attraktiver zu machen. Benachrichtigen von Hilfskräften soll auch das Bergen von Ver- letzten und Erste Hilfe thematisiert werden. ✚ Ersthelfer-Alarmierungs-Apps standardisieren und vereinheitlichen sowie verbindlich in die Leitstel- Verpflichtende Kurse len-Software integrieren. Eberhard Tief, Geschäftsführer des Landesverbandes des Ber- ✚ Aus- und Fortbildung von betrieblichen Ersthelferinnen liner und Brandenburger Verkehrsgewerbes (LBBV), schlug im und Ersthelfern in vollem Umfang weiterführen. Gespräch mit dem DVR Report vor, ein Erste-Hilfe-Auffrischungs- training als Pflichtelement in die Verordnung aufzunehmen. ✚ Die Autohersteller werden aufgefordert, Neuwagen- Zudem sollte es für Fahrende möglich sein, freiwillig absolvierte käuferinnen und -käufern einen Gutschein für einen Auffrischungstrainings für die nächste Weiterbildung anrechnen Erste-Hilfe-Kurs mitzugeben. zu lassen. Tief erinnerte daran, dass in der DDR für Berufskraft- fahrende sogar ein jährliches Erste-Hilfe-Training Pflicht war. 4/2021 DVR REPORT 7
TOP-THEMA „ Das Absetzen eines Notrufs ist jedem zumutbar“ Was kann man als Ersthelferin oder Ersthelfer falsch machen? Aus juristischer Sicht nur, wenn man gar nichts tut. Das Abset- zen eines Notrufs ist erstmal jedem zumutbar, denn ein Handy hat meistens jeder bei sich. Danach ist es grundsätzlich gut, wenn sich Menschen überhaupt um betroffene Patienten küm- mern. Wichtig ist dabei, dass Ersthelfer die Dinge erkennen, die beim Patienten einen lebensbedrohlichen Zustand auslösen kön- nen oder voranschreiten lassen. Wenn er die beseitigen kann, bis der Rettungsdienst eintrifft, hat der betroffene Patient richtig viel gewonnen. Da spreche ich zum Beispiel von bewusstlosen Per- sonen mit Herz-Kreislauf-Stillstand, wo eine Herzdruckmassage und eine Beatmung durchgeführt werden müssen. Das ist eine einfache und gut erlernbare Maßnahme. Dabei kann der Erst- helfer wirklich nicht viel falsch machen. Wenn die Beatmung schwierig ist, soll nach den gültigen Leitlinien wenigstens die Herzdruckmassage ausgeführt werden. Damit gibt der Ersthel- fer dem Patienten eine Chance auf Überleben. Ich spreche auch von stark blutenden Menschen. Wenn Helfer diese Blutungen – die schnell zu lebensbedrohlichen Situationen führen können – in den Griff bekommen, indem sie einen Druck- Christian Mandel Foto: Privat verband anlegen oder kräftig auf die Wunde drücken, ist viel gewonnen. Das sind Dinge, die wahrscheinlich jeder erkennt und sich denken kann, wie eine Lösung aussieht. Wenn Ersthelfer ein Herr Mandel, Sie sind Notfallsanitäter bei der Ret- gutes Fundament bauen, auf dem wir weiterarbeiten können, tungsdienst-Kooperation in Schleswig-Holstein, dem hilft das dem Patienten. gemeinsamen Rettungsdienst von derzeit fünf Land- kreisen. Wofür sind Sie besonders dankbar, wenn Sie Derzeit kommen Autofahrende mit dem einmal absol- zu einem Verkehrsunfall kommen? vierten Erste-Hilfe-Kurs bis zum Lebensende durch. Ist das aus Ihrer Sicht noch zeitgemäß? Grundsätzlich sind wir natür- lich dankbar, wenn wir den Meiner Ansicht nach Unfall ort gut erreichen, wäre ein Auffrischer- Stichwort Rettungsgasse. Die Herzdruckmassage ist eine kurs alle fünf Jahre Und wir sind dankbar, wenn einfache und gut erlernbare sinnvoll und sollte auch überhaupt Menschen so verpflichtend sein. Wir mutig sind, Erste Hilfe zu Maßnahme. würden dann stets einen leisten, obwohl es ja sogar Christian Mandel gut geschulten Pool eine gesetzliche Verpflich- Notfallsanitäter von Ersthelfern auf der tung ist. Wenn alle vorbeifah- Straße haben. Lkw-Fah- ren und sich niemand traut, rer müssen zum Beispiel dann haben wir – und beson- ihren Führerschein alle ders natürlich die durch das Ereignis Betroffenen – alle ein ech- fünf Jahre erneuern und dafür eine ärztliche Bescheinigung und tes Problem. Wenn die Erste Hilfe dann auch noch fachlich gut einen Sehtest vorlegen. Erste Hilfe wird da leider nicht abgefragt. gemacht ist, ist das für den Patienten natürlich wunderbar. Es ist Man könnte auch in die Berufskraftfahrer-Weiterbildung ein häufig einfach wichtig, dass Helfer psychologische Hilfe leisten, Modul für Erste Hilfe einplanen. Für Pkw-Führerscheininhaber indem sie die Menschen betreuen und für sie da sind. wäre so ein Auffrischerkurs auch sinnvoll und meines Erachtens 8 DVR REPORT 4/2021
TOP-THEMA zumutbar, selbst wenn es ihn etwas kostet. Man darf nicht ver- Zum Beispiel schon in der Schule kann in diesem Bereich der gessen: 70 Prozent aller Un- und Notfälle passieren im Haushalt. Wissensgrundstock gelegt werden. Meiner Meinung nach könnte Stellen Sie sich vor, Ihr Nachbar fällt beim Apfelpflücken vom man das Thema schon dort aufgreifen und dafür sorgen, dass Baum. Da können Sie danebenstehen und staunen – oder zupa- zum Schulabschluss auch eine aktuelle Erste-Hilfe-Bescheini- cken, weil Sie wissen, wie es geht. Und die Hilfe beginnt beim gung gehört. Diese könnten die Absolventen dann auch für den Wissen um die richtige Nummer für den Notruf: 112! Ihr Nachbar Führerschein nutzen. Je früher die Menschen mit dem Thema wird Ihnen dankbar sein. Doppelter Nutzen gewissermaßen. Erste Hilfe konfrontiert werden, umso besser. Wir haben in Deutschland eine Quote von gut 40 Prozent, wo Laien im Notfall Viele junge Menschen in den Großstädten machen mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen. Andere euro- gar keinen Führerschein oder erst lange nach dem päische Länder sind da schon bei 70 Prozent. Warum? Weil es die 18. Geburtstag. Wie kann man diese Gruppen mit Unsicherheit vor falschen Maßnahmen gibt und nicht früh genug Erste-Hilfe-Kursen erreichen? mit der Ausbildung begonnen wird. Interview: Matthias Roeser „Ein Auffrischerkurs alle fünf Jahre wäre sinnvoll und sollte verpflichtend sein." Foto: ©benjaminnolte - stock.adobe.com 4/2021 DVR REPORT 9
MITGLIEDER Lenken statt Ablenken Unfallforschende schlagen Alarm: Die Zahl der Auffahrunfälle Ablenkung befasst. „Wenn im Straßenverkehr alles glatt läuft und Spurwechselunfälle auf Autobahnen mit Lkw-Beteiligung und keine anspruchsvollen Reaktionen erforderlich scheinen, steigt an. Oft spielt Ablenkung dabei eine tödliche Rolle. Auf die kommt eine menschliche Schwäche zum Tragen: Menschen las- besonderen Gefahren weist die BG Verkehr mit der Aktion „Len- sen in ihrer Konzentration nach und suchen sich oft Beschäfti- ken statt Ablenken“ hin. gung“, fassen die Leiter der Arbeitsgruppe, Michael Fischer und Hans Heßner, zusammen. Vor allem die Mono- tonie im Fernverkehr Dabei sei die Aufmerksamkeit verleite manche Lkw-Fahrende dazu, Das gefühlte Multitasking ist des Menschen nur begrenzt teilbar. „Das gefühlte Multi- während der Fahrt eine Illusion. tasking ist eine Illusion, denn anderen Tätigkeiten unser Gehirn schaltet kurzzeitig Dr. Klaus Ruff, stellvertretender nachzugehen. Das ständig zwischen unterschied- Präventionsleiter der BG Verkehr Schreiben von Text- lichen Aufgaben hin und her. nachrichten auf dem Je mehr Dinge es gleichzeitig Smartphone sei nicht zu erledigen versucht, desto die einzige Ablen- schlechter erfüllt es diese kungsquelle, aber Aufgaben. Wer am Steuer abge- eine besonders gefährliche, weil der Blick von der Straße und lenkt ist, nimmt Risiken nicht beziehungsweise nur verzögert die Hände vom Lenkrad genommen werden. wahr“, sagt Dr. Klaus Ruff, stellvertretender Präventionsleiter der BG Verkehr. Nachlassende Konzentration Weitere Informationen unter: Aufgrund der hohen Unfallrelevanz hat sich eine Arbeitsgruppe www.bg-verkehr.de/arbeitssicherheit-gesundheit/themen/ von Präventionsfachleuten der BG Verkehr mit dem Thema verkehrssicherheit/aufmerksamkeit/ablenkung elche Fahrzeuge eignen sich für ältere W Menschen? Viele ältere Menschen sind bereit, zum Erhalt der eigenen Mobili- Möglichst wenig Ablenkung tät altersgerechte Fahrzeuge anzuschaffen. DEKRA weist darauf hin, dass explizit als „Seniorenauto“ bezeichnete Modelle keiner Auch ein aufgeräumtes Cockpit und gut ablesbare Instrumente der großen Hersteller im Angebot hat. Aber: „In puncto Sicher- würden wesentlich zur Entlastung der Fahrerinnen und Fahrer heit spielen die direkte und indirekte Sicht, Fahrerassistenzsys- beitragen und so für Sicherheit und Wohlbefinden sorgen. Dis- teme sowie die Elemente der passiven Sicherheit eine wesentli- plays und Anzeigeelemente sollten bei jedem Beleuchtungszu- che Rolle“, sagt DEKRA-Unfallforscher Markus Egelhaaf. stand kontrastreich gestaltet sein. Zahlen und andere Zeichen oder Symbole müssten groß genug und auch bei nur kurzer Das ausgewählte Fahrzeug sollte so gut wie möglich auf die Blickzuwendung gut erkennbar sein. Belange und die möglichen Leistungseinbußen zugeschnitten sein. Das beginne bei der direkten Sicht vom Fahrerplatz aus. „Je Beim Blick auf Fahrassistenzsysteme sind Kreuzungsassistent, weniger die Sicht durch breite Säulen oder zu kleine Fenster ein- Spurwechselassistent, Nachtsichtsystem oder Notbremsas- geschränkt wird, desto weniger fallen körperliche Einschränkun- sistent besonders hilfreich. Sie unterstützen in komplexen und gen im Bereich des Oberkörpers und der Halswirbelsäule oder anspruchsvollen Verkehrssituationen. ein verkleinertes Gesichtsfeld ins Gewicht“, erklärt Egelhaaf. Weitere Informationen unter: www.dekra-roadsafety.com 10 DVR REPORT 4/2021
MITGLIEDER E vakuierung aus Reisebussen Reisebusse können bei Unfällen schnell zur Falle werden: Landet ein Reisebus auf der Seite seiner Türen oder sind diese Ausgänge aus anderen Gründen nicht zu öffnen, ist es für die Insassen schwierig bis unmöglich, das Fahrzeug aus eigener Kraft zu verlassen, wenn sie nicht ausgesprochen sportlich sind. D as ist ein Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV). „Vor allem, wenn nicht auf Hilfe durch Rettungskräfte gewartet werden kann, bei- Frontscheibe von innen entfernen Die UDV schlägt vor, die bei vielen Herstellern bereits optional spielsweise bei Brand oder Rauchentwicklung, sitzen die Men- verfügbaren und aus dem Pkw bekannten Dreipunktgurte statt schen dann in der Falle“, sagt Siegfried Brockmann, Leiter der der kostengünstigeren Zweipunktgurte zu installieren. Zudem UDV. sollte die Gangbreite vergrößert, Lichtleisten zu den nächstge- legenen Notausstiegen aktiviert und die Dachluken quer statt Probleme beim Notausstieg längs eingebaut werden. Auch dürfe die Heckscheibe niemals von außen versperrt sein. Die wichtigste konstruktive Maßnahme Die Untersuchung habe Defizite aufgezeigt und Optimierungs- für beinahe alle erdenklichen Endlagen des Busses nach einem möglichkeiten ermittelt: Zunächst müsse für die Evakuierungs- Unfall sei aber, so Brockmann, dass sich die Frontscheibe für zeit durch die Türen eine verbindliche Vorgabe gemacht werden, den Ausstieg von innen entfernen lässt. Dies könne durch einen wie sie für Flugzeug, Bahn und Schiff selbstverständlich sei. Druckschlauch oder eine Sprengschnur entlang der Klebenaht Sobald der Bus schräg liege und die Türen blockiert seien, werde geschehen. Auch ältere und unsportliche Insassen könnten auf es allerdings problematisch. Dann könnten ohne turnerische diesem Weg den Bus gut verlassen. Qualitäten weder die Seitenscheiben noch die Dachluken genutzt werden. Die Frontscheibe bestehe aus Verbundglas und könne Bei allen Arten von Unfällen und auf alle Arten von Bussen bezo- nicht mit einem Hammer zerschlagen werden. Der Notausstieg gen werden in Deutschland nach Angaben der UDV jährlich etwa über das Heckfenster sei mitunter durch Sonderanbauten wie 6.000 Buspassagiere verletzt, davon rund 500 schwer. Todesfälle Ski- oder Fahrradträger versperrt. seien selten und ihre Zahl schwanke von Jahr zu Jahr stark. Der Ausstieg aus einem schräg liegenden Bus nach einem Unfall ist schwierig. Foto: Ludwig Huber 4/2021 DVR REPORT 11
MITGLIEDER Intelligentes Licht kann Unfälle verhindern Bei Dunkelheit auf einer unbeleuchteten Landstraße unterwegs zu sein, erfordert höchste Konzentration – und eine einwandfrei funktionierende Fahrzeugbeleuchtung. Welche intelligenten Lichtsysteme gibt es und was sollten Autofahrende für eine gute Sicht auf der Landstraße beachten? A ntworten auf diese Fragen kennt Stefan Meyer, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK). „In der Dunkelheit Navi-Hinweise oder in engen Baustellen die eigene Fahrzeugbreite als Streifen zur Orientierung auf die Fahrbahn“, führt Meyer aus. steigt die Unfallgefahr auf das Doppelte. Deshalb gehört das Lichtbasierte Assistenzsysteme sorgten zudem für das ideale Licht zur wichtigsten Sicherheitsausstattung eines Fahrzeugs. Licht in fast jeder Fahrsituation. „Sie machen andere Verkehrs Nur wer gut sieht und gesehen wird, kommt sicher ans Ziel“, teilnehmende sichtbar oder blenden diese in Bruchteilen von erläutert der Experte. Nicht blendende, weit strahlende Schein- Sekunden aus“, sagt Meyer. Laserlicht sei eine Punktlichtquelle, werfer seien dabei genauso wichtig wie die Signalbeleuchtung – mit der man einen speziellen Bereich der Straße genau und Blinker, Rück- und Bremslichter. fokussiert ausleuchten könne und die als Fernlicht bis zu 600 Meter weit reiche. Digital Light Lichtfunktionen und Assistenzsysteme ● Dabei laute die Devise nicht mehr: immer heller und weiter, sondern intelligenter und präziser. Die Zukunft heiße „Digital ● Welche unterschiedlichen Lichtfunktionen und Assistenz- Light“. „Das blendfreie LED-Fernlicht in HD-Qualität ist mit der systeme gibt es? Das Tagfahrlicht macht Fahrzeuge von vorne Funktionalität eines Beamers vergleichbar. Über zwei Millionen erkennbar, das Fahrzeugheck ist dabei unbeleuchtet. Bei Lichtpunkte leuchten die Straße extrem präzise und hell aus, schlechter Sicht ist die Aufmerksamkeit der Fahrenden gefor- ohne andere zu blenden. Es projiziert außerdem Verkehrszeichen, dert, die Beleuchtung manuell einzuschalten. Moderne Lichtsysteme erhöhen die Verkehrssicherheit. Foto: Pixabay vo1d 12 DVR REPORT 4/2021
MITGLIEDER Das Abbiegelicht leuchtet den seitlichen Bereich vor dem Fahrzeug aus. Foto: Adam Opel AG Das automatische Abblendlicht gehört mittlerweile in vielen Fernlicht Fahrzeugklassen zum Serienumfang. Sensoren erfassen die aktuelle Lichtstärke und schalten bei Unterschreitung eines ● Sind Autofahrende besonders häufig nachts oder während der Grenzwertes die Beleuchtung ein. So wird bei Dämmerung oder Dämmerung unterwegs, ist das Fernlicht ein ständiger Begleiter. bei Tunneldurchfahrten das Abblendlicht automatisch ein- und Vergisst man das Abblenden, werden andere Verkehrsteilneh- wieder ausgeschaltet. Weil Nebel häufig nicht automatisch mende beeinträchtigt und das Unfallrisiko steigt. Es gibt Assis- erkannt wird, dürfen sich Fahrende nicht voll auf die Lichtauto- tenzsysteme, die das Fernlicht bei freier Fahrt einschalten und matik verlassen und müssen selbst das Abblendlicht einschal- bei Gegenverkehr automatisch abblenden. Intelligente Systeme ten, um von anderen Verkehrsteilnehmenden im fließenden blenden den Gegenverkehr aus, lassen aber das Licht in Rand- Verkehr besser wahrgenommen zu werden. bereichen der Straße weit leuchten und erhöhen damit die Sicht- weite, ohne den Gegenverkehr zu blenden. Abbiegelicht Nachtsichtassistent ● Das Abbiegelicht leuchtet bei niedrigen Geschwindigkeiten den Bereich seitlich vor dem Fahrzeug aus. Es leuchtet entwe- ● Noch nicht weit verbreitet, aber hilfreich, sind zudem Nacht- der beim Blinken oder ab einem bestimmten Lenkwinkel. Das sichtassistenten, die die Umgebung mittels Infrarot- oder Wär- Abbiegelicht hat vor allem in der Stadt Vorteile, weil Fußgänge- mebildkameras erfassen. Radfahrende oder Fußgängerinnen rinnen und Fußgänger früher erkannt werden. Doch auch beim und Fußgänger, die bei Dunkelheit leicht übersehen werden kön- Einbiegen auf schmale und dunkle Landstraßen verbessert das nen, sind damit leichter erkennbar. Abbiegelicht die Sicht. Während bei einfachen Lichtsystemen lediglich die linken oder rechten Nebelscheinwerfer angehen, Tipps für gute Sicht auf Landstraßen haben aufwendigere Systeme das Abbiegelicht in den Haupt- scheinwerfer integriert. Hier wird das Licht gezielt über separate ✔ Fahrweise der Sichtweite anpassen, damit jederzeit auch LEDs zugeschaltet. vor einem unbeleuchteten Hindernis gestoppt werden kann. Kurvenlichtassistent Nicht direkt ins Licht des Gegenverkehrs schauen, ✔ sondern auf die Fahrbahn vor sich oder an den rechten ● Der Kurvenlichtassistent ist ein weiterer nützlicher Helfer im Straßenrand. Straßenverkehr. Schlägt das Lenkrad ein, folgt das Scheinwerfer- licht dem Kurvenverlauf und leuchtet ihn aus. Auf Landstraßen- Bei Dämmerung rechtzeitig das Abblendlicht ein- ✔ fahrten kommen die Vorzüge des dynamischen Kurvenlichts zur schalten, um für andere Verkehrsteilnehmende besser Geltung, weil die Straße deutlich besser ausgeleuchtet wird. Das sichtbar zu sein. geschieht durch gezieltes Zuschalten einzelner LEDs. Mithilfe von Kamerasystemen und Navigationsdaten können bei modernen ✔ Fernlicht nutzen, es verfügt über eine deutlich bessere Systemen Kurven schon ausgeleuchtet werden, bevor Fahrende Leucht- und Sichtweite, vor allem auf nächtlichen Land- in diese hineinlenken. Der Lichtassistent erkennt auch das Ende straßen. Rechtzeitiges Abblenden nicht vergessen! der Kurve und passt die Scheinwerfer entsprechend an. ✔ Gutes Licht verbessert die Sicht, beugt Müdigkeit vor und entlastet die Fahrenden. 4/2021 DVR REPORT 13
MITGLIEDER u Fuß unterwegs – nur die Hälfte fühlt Z sich wirklich sicher Fußgängerinnen und Fußgänger fühlen sich oft nicht wirklich sicher in deutschen Städten. Sie empfinden E-Scooter-Fahrende als besonders rücksichtslos, gefolgt von Radfahren- den, Autofahrenden und anderen Zufußgehenden – das ist das Ergebnis einer deutsch- landweiten Umfrage des ADAC. A uch Mängel an der Infrastruktur wie beispielsweise holp- rige Gehwege, gemischte Flächen für Fuß- und Radverkehr oder schlechte Sicht an Kreuzungen schätzt fast die Hälfte der Autofahrende, die beim Abbiegen nicht auf Zufußgehende achten oder an Zebrastreifen nicht anhalten. Nahezu ebenso unbeliebt ist das Zuparken von Gehwegen oder dass Radfahrende zu spät Befragten als sehr störend ein. klingeln. Dabei ist zu Fuß gehen die beliebteste Art der Fortbewegung in Mangelnde Infrastruktur Deutschland: Im Park flanieren, zum Supermarkt um die Ecke oder zur Bushaltestelle laufen – laut einer Studie des Bundes- Die Infrastruktur sorgt unter anderem für Verdruss, wenn an verkehrsministeriums gehen mehr als 80 Prozent der Deutschen Ampeln zu lange auf „Grün“ gewartet werden muss, die Grün- gerne zu Fuß, gut 40 Prozent davon fast täglich. Das Fahrrad oder phasen zu kurz sind oder man auf Mittelinseln ein zweites Mal öffentliche Verkehrsmittel werden dagegen weniger genutzt. warten muss (jeweils rund 44 Prozent). Auch fehlende oder holp- Doch wenn es um Sicherheit im Straßenverkehr geht, haben rige Gehwege sind für viele ein großes Ärgernis, insbesondere Fußgängerinnen und Fußgänger oft das Nachsehen, wie die für Personen, die mit Rollator, Rollstuhl oder anderer Mobilitäts- Umfrage des ADAC unter 3.200 Zufußgehenden in 16 deutschen einschränkung unterwegs sind (60 Prozent). Großstädten ergab. Am schlechtesten schnitt hier die Stadt Köln ab, wo sich gerade einmal 37 Prozent wirklich sicher fühlen. Das Appell an die Kommunen beste Ergebnis erzielte Rostock mit immerhin 63 Prozent. Die Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass es sowohl im Gegenseitige Rücksichtnahme gegenseitigen Miteinander als auch bei der Gestaltung der Infra- struktur Defizite gibt. Der ADAC appelliert deshalb an die Kom- Beim Verhalten anderer Verkehrsteilnehmender standen Fra- munen, in der Planung stärker als bisher auf die Bedürfnisse gen zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit von Fußgängerinnen und Fußgängern einzugehen und dabei im Mittelpunkt. Ergebnis: Knapp zwei Drittel der Fußgängerin- auch deren subjektives Sicherheitsempfinden zu berücksich- nen und Fußgänger ärgern sich vor allem über Radfahrende, tigen. Außerdem rät der Club generell zu mehr gegenseitiger die mit zu geringem Abstand überholen, und genauso viele über Rücksichtnahme. Was Fußgänger/-innen am Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmenden stört Quelle: ADAC e.V. 14 DVR REPORT 4/2021
MITGLIEDER S mart Mobility Fahrzeuge können längst viel mehr als nur von A nach B bewegt werden. Ob auf oder abseits der Straße, in der Landwirt- schaft oder im Bausektor, die Fahrzeuge von morgen werden nicht nur mit dem Internet verbunden sein, sondern es als integralen Bestandteil nutzen. S mart Mobility, der Einsatz intelligenter Informations- und Kommunikationstechnologie im Verkehr, wird nach Ansicht vieler Fachleute ein Schlüsselfaktor für mehr Sicherheit sein – und damit für die Verbesserung der Lebensqualität durch die Reduzierung von Unfällen, Verkehrsstaus und Emissionen. Intelligente Infrastruktur Ein virtueller TechTalk von Continental am 22. Oktober 2021 bot ein umfassendes Bild von der Leistungsfähigkeit datenba- sierter Dienste und vernetzter Technologien. Wie künstliche Intelligenz helfen kann, den Straßenzustand vorherzusagen, war in diesem Zusammenhang ebenso ein Thema wie die Vorstellung eines vernetzten Systems, das Falschfahrende erkennt und andere Verkehrsteilnehmende warnt. Am Beispiel US-amerikanischer Highways wurde auf- gezeigt, wie das intelligente Zusammenspiel von Hard- und Software dazu beitragen kann, die Zahl der von Falschfah- renden verursachten Unfälle zu reduzieren. Durchschnitt- lich sind in den USA im Zeitraum 2004 bis 2017 bei 295 sol- chen Unfällen 389 Menschen ums Leben gekommen. Foto: Continental 4/2021 DVR REPORT 15
PANORAMA nbemannte Flugobjekte im Einsatz für die U Verkehrssicherheit Eine schnellere und präzisere Verkehrsunfallaufnahme aus der Vogelperspektive – das verspricht der Einsatz von Drohnen. Die Fluggeräte werden nahezu flächendeckend von deutschen Polizeidienststellen eingesetzt. Ein Beispiel ist Baden-Württemberg. der Beweiskette, um die Unfallursache zu ermitteln. Der Blick vom Boden aus bietet dafür allerdings nur einen begrenz- ten Überblick über die Gesamtlage. Um einen umfassenden Gesamteindruck einer größeren Unfallstelle zu gewinnen und eine komplexe Spurenlage besser einordnen zu können, leisten Übersichtsaufnahmen aus der Vogelperspektive einen wert- vollen Beitrag. Aus unterschiedlichen Höhen und Perspektiven können Bilder der jeweiligen Örtlichkeit aufgenommen werden. Und die Qualität der Bilder ist sehr gut. Mit spezieller Software kann auf Basis der gefertigten Bilder die Unfallstelle nachträg- lich bemaßt werden und sogar die Erstellung von 3D-Modellen ist technisch möglich. EU-Regelung zum Betrieb von Drohnen Durch ihre kompakte und leichte Bauart sind die oft privat genutzten kleinen Drohnen relativ anfällig für Turbulen- zen. Um eine Gefährdung des Straßen- und Luftverkehrs Drohnen liefern präzise Unfallbilder aus der Vogelperspektive. auszuschließen, gilt seit Ende 2020 eine EU-Regelung, die Foto: ©Halfpoint I stock.adobe.com den Betrieb von Drohnen genau festlegt. So muss zum Beispiel stets eine Sichtlinie zwischen Pilot und Drohne D ort läuft bereits seit 2016 ein Projekt zum Einsatz der unbe- mannten Flugobjekte. Von April 2018 bis Sommer 2019 nutzte die Polizei in einer Pilotphase Drohnen als „Führungs- bestehen. Die maximale Flughöhe liegt bei 120 Metern über Grund. Personen, die eine Drohne steuern, müssen mindestens 16 Jahre alt sein. Ferner dürfen keine gefähr- und Einsatzmittel in Einsatzlagen des täglichen Dienstes“. Die lichen Güter transportiert oder Gegenstände abgeworfen Beamten setzten unterschiedliche Multicopter verschiedener werden. Hersteller und Bauformen ein. Mit ihnen wurden auch bei Ver- kehrsunfällen Luftbilder angefertigt. Insgesamt kamen meh- Moderne Drohnen verfügen über sogenanntes Geofencing, rere Hundert Flugstunden zusammen. „Dieses Projekt hat sich das über die Software verhindert, dass gesperrte Bereiche bewährt und Drohnen sind mittlerweile ein gängiges polizeili- überflogen werden. Mit der EU-Regelung besteht zudem ches Einsatzmittel geworden“, unterstreicht Martin Günther von die Pflicht eines „Drohnen-Führerscheins“. der Koordinierungsstelle Drohnen der Polizeihubschrauberstaf- fel Baden-Württemberg – SPOC (single point of contact) zur poli- Diese Regelungen gelten für die sogenannte „Offene Kate- zeilichen Nutzung von unbemannten Luftfahrtsystemen (ULS). gorie“, die als „offen für Jedermann“ beschrieben wer- den kann. Drohnen dürfen in dieser Kategorie ohne eine Präzise Unfallaufnahme Betriebsgenehmigung unter Einhaltung des gesetzlich vorgegebenen Betriebsrahmens betrieben werden. Dane- Hilfreich sind die Fluggeräte zum Beispiel bei der Aufnahme ben kennt das EU-Drohnenrecht noch die „Spezielle“ und schwerer Verkehrsunfälle. Hier kann sich das Spurenbild über die „Zulassungspflichtige Kategorie“. Der Betrieb einer längere Strecken verteilen: Bremsspuren, Schlagmarken im Drohne in diesen beiden Kategorien bedarf einer vorheri- Asphalt und Trümmerteile zeichnen ein Bild des Unfallverlaufs. gen Genehmigung durch die zuständige Luftfahrtbehörde. Ein objektives Spurenbild ist deshalb ein wichtiger Bestandteil 16 DVR REPORT 4/2021
PANORAMA Schnelle Beweissicherung Ein weiterer Vorteil kommt hinzu: die „Leichtigkeit des Verkehrs“. Eine Straßensperrung nach einem schweren Unfall bedeutet Weitere Einsatzmöglichkeiten besonders zu Hauptverkehrszeiten eine enorme Belastung für alle Verkehrsteilnehmenden. Deshalb ist eine schnelle Beweis- Im Rahmen des Projekts EUFOS (Einsatz von unbemann- aufnahme von Vorteil, damit der Verkehr möglichst rasch wieder ten Flugobjekten in sicherheitskritischen Bereichen) wird freigegeben werden kann. Drohnen sind schnell einsatzfähig und in Niedersachsen derzeit der Einsatz von Drohnen für Ein- können ohne großen Aufwand gestartet werden: Eine ebene Flä- satzkräfte erprobt. Die Fluggeräte werden dabei für viel- che von wenigen Quadratmetern reicht aus. „Die Drohne wird bei fältige Zwecke eingesetzt: zur Verkehrsbeobachtung, um uns in Bereichen eingesetzt, die früher der Hubschrauber über- Verkehrsflüsse besser steuern zu können, zum Schutz kri- nommen hat“, erläutert Günther. tischer Infrastruktur wie Kraftwerke oder zur Verkürzung der Einsatzzeit für Rettungsoperationen. Die Drohnen kön- Der Einsatz von Drohnen, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, nen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Sensoren ausge- ist aus der alltäglichen Polizeiarbeit also nicht mehr wegzu- rüstet werden, um bestimmte Situationen oder Zustände denken. „Die Drohnenwelt ist in den letzten Jahren explodiert“, erkennen zu können. Das Projekt läuft noch bis März 2022. bewertet Günther diesen Trend. Auch Feuerwehren, das Techni- sche Hilfswerk (THW) oder die Deutsche Lebens-Rettungs-Ge- Weitere Informationen unter: sellschaft (DLRG) nutzen mittlerweile die wendigen Flugobjekte. www.oecon-line.de Technische Entwicklung Im Teilbereich „Automated Valet Parking“ des EU-Pro- jekts „Autopilot“ hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Zudem sind Drohnen in den letzten Jahren technisch immer aus- Raumfahrt (DLR) ein Konzept entwickelt, das beim Einpar- gereifter geworden und die rasante Entwicklung lässt erahnen, ken helfen soll. Dabei überfliegt eine vernetzte und vollau- dass sich das Einsatzspektrum zukünftig noch deutlich erwei- tonome Drohne den Parkplatz und erkennt über entspre- tern wird. chende Sensorik freie Parkplätze und die optimale Route dahin. Das Fahrzeug kann dann fahrerlos zur Parklücke Gleichzeitig macht Drohnenexperte Günther auf einen aus seiner fahren. Durch die Drohne ist das System flexibel genug, Sicht zentralen Aspekt aufmerksam: „Man muss sich beim Ein- auch bei temporären Parkplätzen Valet Parking ohne wei- satz dieser Geräte immer klarmachen, dass man sich nicht allein tere Infrastruktur anbieten zu können. im Luftraum bewegt, sondern dass dort oben noch andere unter- wegs sind, zum Beispiel Rettungs- oder Polizeihubschrauber. In Weitere Informationen unter: www.dlr.de/content/de/ denen sitzen Menschen, die im Zweifel noch verletzte Personen artikel/news/2020/02/20200430_internet-der- befördern.“ Diese dürften natürlich keinesfalls durch einen Droh- dinge-trifft-auf-autonomes-fahren.html neneinsatz gefährdet werden. Eine spezielle Drohne scannt die Parkflächen und sucht einen freien Platz. Foto: DLR 4/2021 DVR REPORT 17
PANORAMA Europäischer Drogenbericht Der jüngst veröffentlichte Bericht der gesundheitsbezogenen Bedenken. In Europäischen Beobachtungsstelle für den 24 Ländern, für die Daten vorliegen, Drogen und Drogensucht fasst die Situa- stieg die Gesamtzahl der tion in Europa bis Ende 2020 zusammen. Erstbehandlungen von Demzufolge ist Cannabis die am häufigs- Cannabis-Problemen zwi- ten konsumierte Droge in der EU schen 2009 und 2019 um (47,6 Millionen Männer und 30,9 Mil- 45 Prozent. Cannabis war lionen Frauen). Cannabis ist auch im 2019 die am häufigsten Straßenverkehr die im Rahmen von poli- vom Euro-DEN Plus-Netzwerk zeilichen Überwachungsmaßnahmen am (European Drug Emergencies Net- häufigsten entdeckte Droge. work) gemeldete Substanz. Cannabis lag in den 23 Krankenhäusern des Der Drogenkonsum im vergangenen Netzwerks in 17 Ländern Jahr konzentriert sich hauptsächlich auf bei 26 Prozent der Notfälle junge Erwachsene. Schätzungsweise wegen akuter Drogentoxizität 17,4 Millionen junge Erwachsene im vor, typischerweise zusammen mit ande- Alter von 15 bis 34 Jahren konsumierten ren Substanzen. im letzten Jahr Drogen, etwa doppelt so viele Männer (21,6 Prozent) wie Frauen Der Europäische Drogenbericht kann hier (12,1 Prozent). Der Konsum von Can- heruntergeladen werden: nabis bleibt auf hohem Niveau stabil, https://www.emcdda.europa.eu/ allerdings gibt ein erhöhter Gehalt von system/files/publications/13838/ Tetrahydrocannabinol (THC) Anlass zu 2021.2256_DE0906.pdf Letter of Intent für mehr Verkehrssicherheit Die Autobahn GmbH des Bundes und der ADAC haben eine Zudem wurde vereinbart, Warnmeldungen für ein effizienteres gemeinsame Absichtserklärung (Letter of Intent) unterzeichnet, Störfallmanagement zur Stau- und Unfallvermeidung zu nutzen. um die Verkehrssicherheit in Deutschland zu erhöhen. „Gemeinsam machen wir die Autobahnen sicherer. Unsere Hierfür soll insbesondere die Zusammenarbeit auf dem Gebiet Erklärung ist hierfür eine wichtige Voraussetzung. Denn so innovativer Technologien verstärkt und enger verzahnt werden. ermöglichen wir mehr Effizienz und zielgenaue Abstimmung“, So werden die Entwicklung sagte Stephan Krenz, Vor- und die Einführung neuer sitzender der Geschäfts- Anwendungen auf dem führung der Autobahn Gebiet des kooperativen, Gemeinsam machen wir die GmbH des Bundes. Dem vernetzten und automati- pflichtete auch ADAC-Ver- sierten Fahrens in Deutsch- Autobahnen sicherer. kehrspräsident Gerhard land vorangetrieben. Stephan Krenz, Vorsitzender der Hillebrand bei: „Mit der Geschäftsführung der Autobahn GmbH Zusammenarbeit tragen Konkret geht es bei der wir dazu bei, die Sicher- gemeinsamen Absichts- heit für die Verkehrsteil- erklärung, die im Rahmen nehmenden und Pannen- des ITS World Congress in helfenden zu erhöhen Hamburg unterzeichnet sowie die Entwicklung wurde, um drei Kooperationsabsichten: Neben einem verbesser- und den flächendeckenden Einsatz neuer Technologien wie C2X ten Schutz für ADAC-Servicefahrzeuge und die Pannenhelfen- in Deutschland zu forcieren.“ den soll auch die Verkehrssicherheit insgesamt erhöht werden. 18 DVR REPORT 4/2021
PANORAMA J unge Verkehrsteilnehmende und ihre Sicherheit im Straßenverkehr Wie steht es um die Verkehrssicherheit junger Menschen zwischen 15 und 30 Jahren in der EU? Dieser Frage ging der Europäische Verkehrssicherheitsrat ETSC in seinem jüngst ver- öffentlichten PIN-Flash nach. J ede Woche sterben auf europäischen Straßen durchschnitt- lich 100 junge Menschen durch Verkehrsunfälle, über 5.000 pro Jahr. Straßenverkehrsunfälle sind bei Sterbefällen ETSC für Stufenführerschein Was kann unternommen werden, um das Unfallrisiko der jungen in der Altersgruppe der 15- bis 30-Jährigen zu 20 Prozent die Menschen zu reduzieren? Vor dem Hintergrund der Überarbei- Todesursache. tung der EU-Führerscheinrichtlinie regt der ETSC die EU-Kom- mission an, das System des Stufenführerscheins zu propagie- Dabei erscheint die Analyse der statistischen Entwicklung in den ren, damit Führerscheinneulinge sukzessive Fahrerfahrung letzten zehn Jahren auf den ersten Blick positiv: Der absolute gewinnen können. Auch eine Probezeit biete die Möglichkeit des Rückgang der getöteten 15- bis 30-Jährigen ist verhältnismäßig Sammelns von Erfahrungen, gekoppelt mit Restriktionen wie größer als im Vergleich zu allen anderen Altersgruppen. Woran beispielsweise ein Alkoholverbot für Fahranfängerinnen und liegt das? Junge Leute nutzen stärker soziale Medien zur Kom- Fahranfänger, ein Verbot der Mitnahme Gleichaltriger oder das munikation, treffen sich weniger und setzen sich dadurch weni- Fahren in der Dunkelheit. ger dem Risiko im Straßenverkehr aus. Sie räumen auch der Automobilität aus Umweltgründen nicht mehr einen so hohen Ausbildung und Probezeit Stellenwert ein oder sind aufgrund von Arbeitslosigkeit nicht berufsbedingt unterwegs. Die unterschiedlichen Ansätze des Führerscheinerwerbs – zu dem auch das begleitete Fahren gehört – stellte der ETSC im Dennoch ist das Risiko, als junger Mensch im Straßenverkehr zu Rahmen eines Webinars vor. Beispielhaft wurde das mehr- verunglücken, nach wie vor höher als in allen anderen Alters- phasige Ausbildungssystem in Österreich präsentiert. Nach gruppen: Während sie eine Getötetenrate von 67 pro einer Million bestandener theoretischer und praktischer Prüfung treten die Einwohnerinnen und Einwohner der Altersgruppe aufweisen, Lernenden in eine Probezeit von drei Jahren ein. Hier stehen sind es bei allen anderen Altersgruppen 49 Getötete. „Feedback“-Fahrten im realen Verkehr mit einem professionel- len Trainer und ein eintägiges Sicherheitstraining mit psycho- Junge Männer besonders gefährdet logischer Begleitung auf dem Programm. Es zeigte sich, dass junge Fahrende in den ersten drei Jahren nach dem Erwerb des Besonders junge Männer sind an Verkehrsunfällen beteiligt. Führerscheins im Vergleich zu Fahranfängerinnen und Fahran- Im Durchschnitt der letzten drei Jahre waren 81 Prozent aller fängern vor der Einführung des Mehrphasen-Modells um etwa Verkehrstoten in der EU zwischen 15 und 30 Jahren Männer, ein Drittel weniger an Unfällen beteiligt waren. 39 Prozent davon waren mit einem Pkw als Fahrzeugführer und 16 Prozent als Mitfahrer unterwegs, 23 Prozent mit einem Motor- Die Erfahrungen aus der Schweiz zeigen, dass die Anzahl der rad, sieben Prozent zu Fuß, vier Prozent mit einem motorisierten Unfälle der Fahranfängerinnen und Fahranfänger um sieben Kleinkraftrad und drei Prozent mit einem Fahrrad. Auch im Hin- Prozent zurückging. Dort wurde 2005 eine dreijährige Probezeit blick auf die Unfallursachen Alkohol und Drogen sind junge Män- eingeführt. Wie erfolgreich eine Null-Alkoholtoleranz für Fahr- ner überrepräsentiert. anfängerinnen und Fahranfänger sein kann, wurde am Beispiel Deutschlands untermauert. Auch das System des begleiteten Reduzierung der Anzahl der Getöteten in der EU Fahrens ab 17 Jahren, das in Deutschland ein Erfolgsmodell ist, 0% andere trägt dazu bei, das Unfallrisiko der jungen Leute zu senken. Altersgruppen -10% -19% Der PIN-Bericht ist hier zu finden: -20% https://etsc.eu/reducing-road-deaths-among-young- people-pin-flash-41/ -30% -40% -34% Der Stream des Webinars hier: 15 bis 30 Jahre alt https://www.youtube.com/watch?v=ytRpCK6G7a0 -50% I I I I I I I I I I 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Quelle: ETSC 4/2021 DVR REPORT 19
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