WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute

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WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
WOHNENPLUS
P.b.b. GZ 02Z032231 M, Wohnen Plus, Singerstraße 8/10, 1010 Wien

                                                                      FA C H M A G A Z I N F Ü R D I E Z U K U N F T D E S W O H N E N S                 3|2020

                                                                   STANDPUNKT                                                      Nutzungsmix
                                                                   Frischer Wind in Salzburg
                                                                   INTERVIEW                                                        im Quartier
                                                                   „Das Nichtperfekte ermöglicht vieles“                Urbanität, Vielfalt – für alle
                                                                   FORSCHUNG
                                                                                                         Durch Kooperation zu urbanen Qualitäten
                                                                   Die klimagerechte Bestandsstadt
                                                                   AUSBLICK                                 Gründerzeitidee und städtische Vielfalt
                                                                   Ein Klimanotschutzplan                         Nutzungsmix als Erfolgsgarant?
WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
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WOHNENPLUS
      FACHMAGAZIN FÜR DIE
      ZUKUNFT DES WOHNENS
      3 |2020

         STANDPUNKT
       2 Frischer Wind in Salzburg | Interview mit Stephan Gröger,

2
         dem neuen GBV-Landesgruppenobmann
         PLUSPUNKTE
       4 Kurzmeldungen aus der Wohnbaubranche in Österreich
         IBA WIEN
       6 Miteinander reden | Quartiersentwicklung ist zentraler Schwerpunkt
         der IBA Wien 2022 und der Ausstellung in Herbst
         FREITAG-AKADEMIE
       8 „Wir sind auch kritische Infrastruktur“ | Die gemeinnützige
         Wohnbaubranche in der Corana-Krise
         MEIN WOHNEN PLUS
      10 23 Quadratmeter Heimat | Franz Haberl hat eine ziemlich steile
         Berufskarriere hinter sich und lebt nun im Wohnheim
         THEMA
      11 Nutzungsmix im Quartier

10    12 Urbanität, Vielfalt – für alle | Herausforderungen bei
         der Quartierentwicklung
      16 Durch Kooperation zu urbanen Qualitäten | Ein Praxis-Check
      19 Gründerzeitidee und städtische Vielfalt | Beispiele aus Wien und Wels
      21 „Das Nichtperfekte ermöglicht vieles“ | Interview mit Architekt Harald Höller
      22 Alle mit im Boot | Generationen-Wohnen hilft bei Quartiersbildung
         POSITIONEN
      24 Nutzungsmix als Erfolgsgarant? | Peter Roitner und Christian Seethaler
         SYMPOSIUM
      25 Xxxxx xxxxxxx Xxxxxxxx
         PROFIL
      28 Licht – Luft – Sonne | Die grünen Erfolgsbeispiele der Gesiba
      30 Die Ermöglicher | 25 Jahre Bauträgerwettbewerbe des wohnfonds_wien

11
         FORSCHUNG
      32 Die klimagerechte Bestandsstadt | Neukonstitution der Stadterneuerung
         INTERNATIONAL
      34 „Die Vielfalt hat mich beeindruckt“ | Jurymitglied Doris Sfar verrät Details
         zum Jubiläumswettbewerb in der Schweiz
         WOHNEN PLUS TRENDS
      36 Planen | Bauen | Wohnen | Innovationen aus Österreich
         RÜCKBLICK
      38 Viel Luft nach oben | Baukultur im geförderten Wohnbau in NÖ
         AUSBLICK
      39 Konsequent fürs Klima? Alarmstufe türkis-grün!
         AVISO
      40 68. Symposium: „Inspirierend oder monoton“ | Besichtigungstour
         als Vorprogramm | Medienpartner 2020 | Impressum

34        Coverbild: Spannender Nutzungsmix im Baugruppenhaus Gleis 21 soll die Begegnungszone im neuen Sonnwend-
          viertel beim Hauptbahnhof in Wien inspirieren. – Foto: Hertha Hurnaus

                                                                                         WOHNENPLUS . 3|2020        1
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              Frischer Wind in Salzburg
    Der neu gewählte Landesgrup-
    penobmann Salzburg, Stephan
    Gröger, bringt frischen Wind
    und zahlreiche neue Ideen mit.
    Im exklusiven Interview verrät er
    seine Visionen, aber auch seine
    Strategien, mit denen er sich für
    mehr Power der Gemeinnützi-
    gen und mehr leistbaren Wohn-
    raum einsetzen will.

    GISELA GARY

                                                                                                                                         Foto: Mike Vogl
    S
          tephan Gröger ist Geschäftsführer     natürlich aber auch eine große Verant-      bau zu errichten. Aktuell müssen die Salz-
          der Heimat Österreich und zeich-      wortung. Ich möchte in den nächsten         burger Gemeinnützigen permanent Kom-
          net für das Projektmanagement,        drei Jahren intensiv den Kontakt mit der    promisse eingehen, um ihre Bauten noch
          den Verkauf und die Vermietung        zuständigen Politik in Stadt und Land su-   errichten zu können.“
    verantwortlich. Nun übernahm er noch        chen und werde mich massiv für etliche
    eine weitere große Herausforderung für      Verbesserungen im Bereich des Bautech-      Wo können Sie sich vorstellen, beim
    die kommenden drei Jahre, er wurde vor      nikgesetzes, aktuell ist hier gerade der    Bauen zu sparen – beim Lift, bei der
    wenigen Wochen zum Landesgruppenob-         Entwurf des neuen Gesetzes „kostenredu-     Tiefgarage?
    mann der GBV Salzburg gewählt.              zierter Wohnbau“ in Begutachtung, natür-    Gröger: „Das neue Maßnahmengesetz
                                                lich aber auch für eine massive Verbesse-   ,kostenreduzierter Wohnbau´, welches
    Sie übernehmen in keiner einfachen Zeit     rung der Wohnbauförderung einsetzen.“       von Landesrat Schwaiger in Begutachtung
    die Landesgruppe Salzburg, es gibt zu we-                                               geschickt wurde, sieht genau dies vor.
    nig leistbaren Wohnraum, die Mietpreise     Die Baukosten sind in den vergangenen       Prinzipiell bin ich dafür, dass eine große
    sind explodiert, Corona hat vermutlich      Jahren gewaltig gestiegen – gibt es hier    Anzahl an Wohnungen barrierefrei und
    auch in Salzburg für einen kurzfristigen    Gespräche mit der Politik, dass die Rah-    behindertengerecht errichtet wird. 100
    Stillstand und politische Themenverschie-   menbedingungen (Wohnbauförderung            Prozent aller Wohnungen sind aus meiner
    bungen gesorgt etc – was hat Sie zu die-    etc) verbessert werden, um weiterhin qua-   Sicht jedoch nicht erforderlich und somit
    sem Schritt bewogen?                        litätsvoll bauen zu können?                 ist dieses Spezialgesetz, mit welchem vor-
    Stephan Gröger: „Für mich ist es eine       Gröger: „Einer der wesentlichsten Punkt     aussichtlich in etwa fünf bis zehn Prozent
    große Ehre und Freude, diese Funktion       meiner Amtszeit wird sein, die Salzburger   der gesamten Einheiten errichtet werden
    12 Jahre nach Ausscheiden meines Vor-       Wohnbauförderung an die aktuell mas-        können, ein durchaus interessanter An-
    gängers Wilfried Haertl, in die Heimat      siv gestiegenen Baukosten anzupassen.       satz. Wenn wir auf Basis dieses Gesetzes
    Österreich zurück zu holen. Man hat hier    Die derzeitigen Förderungssätze reichen     Wohnungen errichten, müssen wir um
    wesentlich mehr Gestaltungsspielraum,       schon seit längerer Zeit nicht mehr aus,    mindestens zehn Prozent unter den Sät-
    als vertrete man nur seine eigene Firma,    zeitgemäßen und qualitätsvollen Wohn-       zen der Wohnbauförderung bauen, dür-

2    WOHNENPLUS . 3|2020
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fen jedoch zusätzlich auch noch ohne         träger aussteigt. Dies ist aber ein wichtiger   Aufhol- oder Informationsbedarf gegen-
großem administrativen Aufwand ins           Punkt, da sonst seitens unserer Unterneh-       über der Bevölkerung?
Grünland bauen, wenn dies im Raumord-        men nicht unerhebliches Risiko eingegan-        Gröger: „Ich denke große Teile der Salz-
nungsgesetz vorgesehen ist.“                 gen werden muss.“                               burger Bevölkerung wissen, was sie an
                                                                                             uns Gemeinnützigen haben. Es ist jedoch
Die Gemeinnützigen sind in puncto Kli-       In Salzburg sind die Grundstückspreise          zu erwähnen, dass wir für manche nicht
maschutz und Energieeffizienz vorbild-       wie auch die Miet- und Eigentumsprei-           das modernste und innovativste Image
lich unterwegs. Halten Sie dennoch Ver-      se stark gestiegen – welche Vision/welche       haben. Dies gehört radikal geändert, da
pflichtungen für Bauträger, um z. B. den     Strategie gibt es diesbezüglich Ihrerseits?     wir mittlerweile mit Sicherheit weit inno-
Anteil an fossilen Brennstoffen zu redu-     Gröger: „Wir sind derzeit dabei, diesem         vativer und energie- bzw. umweltbewuss-
zieren, für sinnvoll?                        Trend entgegen zu wirken, in dem wir            ter agieren als so mancher gewerblicher
Gröger: „Ja, halte ich persönlich absolut    versuchen, großflächig Umstrukturie-            Bauträger. Ich kenne kein gewerbliches
für sinnvoll. Wir als Heimat Österreich      rungsflächen einerseits vom Grün- ins           Unternehmen, das annähernd so viel Auf-
sind seit vielen Jahren Klimabündnis-Be-     Bauland (sehr schwierig), andererseits          wand betreibt und als Ziel klimaneutralen
trieb und versuchen bei fast all unseren     vom Betriebs- bzw. Gewerbegebiet (et-           Wohnbau zu errichten hat, wie wir. Auch
Projekten ohne fossile Energie auszukom-     was leichter) anzukaufen bzw. zu optio-         unsere Miet- und Eigentumswohnungen
men. Im Wesentlichen stellen wir unsere      nieren. So haben wir aktuell das Gelände        brauchen den Vergleich zu den gewerb-
                                             einer in Konkurs gegangenen Druckerei           lichen Bauträgern absolut nicht scheuen.
        „Die Wohnbauförderung                im Flachgau mit knapp vier Hektar er-
                                             worben und werden diese in den nächs-
                                                                                             Dies gilt einerseits für die Qualität der Ma-
                                                                                             terialien, für die Wohnqualität, aber auch
      ist aktuell nicht in der Lage          ten fünf bis zehn Jahren dem geförderten        für die Qualität der Architektur. Dies be-
                                             Miet- und Eigentumswohnbau zuführen.            weisen die zahlreichen Auszeichnungen
      einen adäquaten Wohnbau                Die anteiligen Grundstückskosten bei die-       der letzten Jahre, sowohl im Energie- als
             zu finanzieren.“                sem Projekt liegen in etwa bei einem Drit-      auch im Architekturbereich.“
                                             tel der sonst üblichen in dieser Region.
erforderliche Heizenergie mit Solaranla-     Darüber hinaus muss versucht werden,            Zum Abschluss eine persönliche Frage:
gen, Photovoltaikanlagen und wasserge-       die mittlerweile überbordenden Bestim-          Verraten Sie uns wie Sie wohnen?
führten Wärmepumpen her. Wir haben           mungen im Salzburger Bautechnikgesetz           Gröger: „Ich wohne mit meiner Familie
nun aber auch ein Projekt in der Stadt       zumindest teilweise wieder etwas zu ent-        am Rande der Stadt Salzburg in einem
Salzburg, bei dem wir erstmals ca. 30 Pro-   schärfen. Diesbezügliche Gespräche mit          120 Quadratmeter großen Reihenhaus,
zent des gesamten Energiebedarfes aus        dem zuständigen Landesrat haben bereits         welches wir uns vor drei Jahren gekauft
dem Abwasser gewinnen.“                      begonnen.“                                      haben. Besonders wichtig ist für mich der
                                                                                             Garten, in welchem ich mich trotz der
Entspricht die Wohnbauförderungsnovelle      Ist Verdichtung – also auch Wohnbauten          nicht allzu groß bemessenen Freizeit ger-
Ihren Wünschen und dem Bedarf?               auf Supermärkten etc, ein Thema für Sie?        ne als Gärtner betätige, wo ich diverses
Gröger: „Die Wohnbauförderung ist ak-        Gerade im ländlichen Raum gäbe es ja            Gemüse, wie Tomaten, Zucchini, Gurken,
tuell nicht in der Lage, einen adäquaten     hier noch viel Potential, mit dem der Zer-      aber auch Salat und Radieschen anbaue.
Wohnbau zu finanzieren. Die letzte No-       siedelung entgegengewirkt werden könnte?        Zur Freude meiner Familie bereite ich dies
velle, welche nun beschlossen wurde und      Gröger: „Für uns ist Nachverdichtung            frisch zu, da ich auch nebenbei – wenn es
mit August in Kraft getreten ist, bringt     schon seit Jahren ein wichtiges Thema,          die Zeit zulässt – ganz gerne koche.“
zwar wesentliche Verbesserung im Be-         das ich auch weiter forcieren möchte. Wir
reich der Sanierungsförderung, aber kei-     haben schon etliche Supermärkte, sowohl
nerlei positive Veränderung im Bereich       im städtischen als auch im ländlichen              Stephan Gröger sammelte nach
des Neubaus. Hier besteht dringender         Raum in Kombination mit Miet- und Eigen-           der HTL Hochbau erste Arbeits-
Handlungsbedarf.“                            tumswohnungen errichtet. Dieses Modell             erfahrungen in einem Salzburger
                                             hat sich bewährt und wird auch massiv              Architekturbüro – dort durchlief er
Welche Punkte sehen Sie am kritischsten?     von der Politik unterstützt bzw. gefordert.        alle Bauphasen, von der Planung
Gröger: „Es wurde eine neue Förde-           Wenn eine Wohnanlage bei uns zur Groß-             bis zur Projektleitung. Anschlie-
rungsbestimmung aufgenommen, wel-            instandsetzung ansteht, wird standardmä-           ßend begann er beim Salzburger
che es ermöglicht, Baugruppen direkt zu      ßig die Möglichkeit der Dichteerhöhung             Siedlungswerk als Bautechniker –
fördern, was bis dato nicht der Fall war.    bzw. Nachverdichtung geprüft und wir               nach nur sechs Jahren wurde Grö-
Nach erster Durchsicht und überschlägi-      sind aktuell auch dabei, einige Projekte           ger Mitglied der Geschäftsleitung.
gen Berechnungen gehe ich davon aus,         aufzustocken bzw. womöglich Zubauten               Danach wechselte er zu einem ge-
dass diese Art der Förderung nicht leicht    zu errichten. Derzeit ist eine Anlage in           werblichen Bauträger. 2002 wurde
in der Realität umzusetzen ist. Einerseits   Salzburg-Stadt in Errichtung, wo wir von           er von Wilfried Haertl, damaliger
entstehen verhältnismäßig hohe Mieten        75 in die Jahre gekommenen Wohnun-                 Direktor der Heimat Österreich,
für die Mitglieder der Baugruppen, ande-     gen auf 100 aufstocken und sämtlichen              als sein Nachfolger abgeworben.
rerseits ist nach aktuellem Gesetzestext     Wohnungen einen hohen Qualitäts- und               2008 übernahm er gemeinsam mit
kein Szenario vorgesehen, wenn sich die      Wohnstandard geben.“                               Otto Straka und Karl Huber die Ge-
Baugruppe während der Förderungszeit                                                            schäftsführung. Seit Juni 2020 ist er
von 25 Jahren auflöst bzw. aus dem Ge-       Wie beurteilen Sie den Stellenwert der             Landesgruppenobmann Salzburg.
neralmietvertrag mit dem einzigen Bau-       Gemeinnützigen in Salzburg? Gibt’s hier

                                                                                                                     WOHNENPLUS . 3|2020     3
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PLUSPUNKTE

                                                                                                                              sehr gerne in der Seestadt zu wohnen als
                                                                                                                              jene, die erst nach 2018 eingezogen sind.

          PLUS
                             GISELA GARY                                                                                      Dass Pioniere des Wohnens in der Seestadt
                                                                                                                              die Wohn- und Lebensqualität besser ein-
                                                                                                                              stufen als neu zugezogene Bewohner, hat

          PUNKTE
                                                                                                                              mit der Identifikation der Pioniere mit dem
                                                                                                                              Projekt zu tun, bei dem sie von Anbeginn
                                                                                                                              dabei waren und die dadurch bedingte ge-
                                                                                                                              wachsenen Vertrautheit mit dem Quartier.
                                                                                                                              Viele haben sich bewusst für das Stadtge-

                                                                                                               Foto: Wagner
                                                                                                                              biet als Wohnstandort entschieden, weil sie
                                                                                                                              mitgestalten wollten. Einen hohen Stellen-
                                                Isabella Stickler und Norbert Steiner präsentierten erstmals                  wert haben Nachbarschaftsbeziehungen
                                                online die Zahlen der Alpenland.                                              und -initiativen. Bei allen Differenzen do-
                                                                                                                              miniert gruppenübergreifend ein positives
    Alpenland virtuell                          von Alpenland errichteten über 12.000                                         Bild: Eine große Mehrheit würde Freunden
    Im Zuge der Corona-Krise mussten zahl-      Wohneinheiten wurden knapp 60 Prozent                                         oder Bekannten die Seestadt als Wohnort
    reiche Veranstaltungen abgesagt werden.     ins Eigentum übertragen.                                                      empfehlen.
    Der Jahresbericht 2019/20 wurde aber        Die Entscheidung, die Bilanzzahlen on-
    dennoch der Öffentlichkeit präsentiert –    line zu präsentieren, entspricht auch ganz
    im Rahmen einer virtuellen Pressekonfe-     der Unternehmenskultur der Alpenland.                                         Positives Wohngefühl
    renz. Alpenland-Obmann Norbert Steiner      Bereits seit 2013 arbeitet der Bauträger                                      Unser Partnermagazin Wohnungswirt-
    und Geschäftsführendes Vorstandsmit-        daran, Abläufe und Services zu digitalisie-                                   schaft-heute-de berichtet über eine in-
    glied Isabella Stickler freuen sich über    ren und optimieren. Schon vor Beginn der                                      teressante Entwicklung. Eine Studie von
    das zweitbeste Ergebnis der Unterneh-       Coronakrise hat Alpenland als Arbeitgeber                                     Vonovia hat ermittelt, wie sich die Krise
    mensgeschichte im Jahr 2019: „Unser         durch Flexibilität und Stabilität gepunktet.                                  auf das Wohlbefinden in der Wohnung
    Unternehmen hat ein starkes Fundament       So gibt es ca. 30 Arbeitszeitmodelle und                                      auswirkt. 82 Prozent der Befragten gaben
    und eine klare Mission als gemeinnützige    dazu kommt nun die Möglichkeit für Mit-                                       an, ihre Wohnsituation habe sich durch
    Genossenschaft, die uns in die Lage ver-    arbeiter, in Homeoffice zu arbeiten.                                          die aktuelle Lage nicht verändert. Groß-
    setzen, den eingeschlagenen Weg auch in                                                                                   stadtbewohner nehmen am häufigsten
    Corona-Zeiten weiter fortzusetzen.“ Dank                                                                                  eine Verbesserung ihrer Wohnsituation
    einem soliden Wachstum liegt die Bilanz-    Empfehlenswerte Seestadt                                                      wahr. Umfrageteilnehmer aus großen
    summe bei 1,27 Milliarden Euro. Mit 5,3     Das mehrstufig angelegte „Besiedelungs-                                       Haushalten fühlen sich in ihrer Woh-
    Millionen Euro verzeichnet Alpenland        monitoring Seestadt Aspern“ begleitet                                         nung häufiger wohl. Nur die wenigsten
    das zweitbeste Jahresergebnis der Unter-    sozialwissenschaftlich den Prozess der                                        Befragten möchten aufgrund ihrer Erfah-
    nehmensgeschichte. Die Eigenmittelquo-      Stadtteilentwicklung. Nach umfangreichen                                      rungen in der Krise umziehen. Für die
    te liegt bei 17,9 Prozent. Von den bisher   Erhebungen im Zusammenhang mit der                                            Studie befragte das Meinungsforschungs-
                                                Besiedlung der ersten Wohnbauten 2015,                                        institut Kantar mehr als 1.000 Personen.
                                                folgte nun die zweite Phase, in der die Si-                                   Unterschiede zeigen sich unter anderem
                                                tuation aus der Perspektive der Menschen,                                     zwischen den Geschlechtern: Bei den
      Frau an der Spitze                        die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die                                   Frauen fühlen sich sieben Prozent der-
      Eva Herzog ist die neue Präsiden-         Seestadt gezogen sind, abgebildet wurde.                                      zeit wohler in ihrer Wohnung. Bei den
      tin des Verbandes Wohnbaugenos-           Erneut erweisen sich die Befragten als sehr                                   Männern liegt der Anteil bei vier Prozent.
      senschaften Schweiz. Die Basler           zufrieden: Befragte, die seit der Fertigstel-                                 Mit Blick auf das Alter stechen die Um-
      Ständerätin löst Louis Schelbert,         lung der ersten Wohnbauten in der See-                                        frageteilnehmer in den 30ern mit einem
      der zwölf Jahre Präsident an der          stadt wohnen, geben deutlich häufiger an,                                     positiven Wohngefühl hervor.
      Verbandsspitze war, ab. Herzog hat
      sich bereits als Regierungsrätin für
      den gemeinnützigen Wohnungsbau
      stark gemacht. Sie will vor allem
      das politische Lobbying ausbauen
      und die Wachstumsstrategie des
      Verbandes vorantreiben. Rund sie-
      ben Prozent der 4,5 Millionen Woh-
      nungen in der Schweiz gehören
      den     Wohnbaugenossenschaften.
      Der Verband ist die Dachorganisa-
      tion von mehr als 1.200 Wohnbau-
                                                                                                                                                                        Foto: Seestadt Aspern

      genossenschaften und weiteren ge-
      meinnützigen Wohnbauträgern mit
      insgesamt 153.929 Wohnungen.
                                                Lebens- und empfehlenswert ist laut der zweiten Befragung die Seestadt Aspern.

4    WOHNENPLUS . 3|2020
WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
PLUSPUNKTE

                                                                     „Alleinerziehend“ als Kriterium
                                                                     Die Zahl der Alleinerziehenden in Wien
                                                                     wächst. 2004 gab es 68.000 Alleinerzieher,
                                                                     2018 waren es schon 82.000 – rund neun
                                                                     Prozent wohnen in Wohnungen von ge-
                                                                     meinnützigen Bauvereinigungen. Um auf
                                                                     die Wohnbedürfnisse dieser wachsenden
                                                                     Gruppe noch besser eingehen zu können,
                                                                     führte die Stadt Wien mit 1. Juli die Kate-

                                                        Foto: ZHAW
                                                                     gorie „Alleinerziehend“ als Kriterium für
                                                                     die Vergabe von geförderten Wohnungen
Innovation aus der Schweiz: Gründach mit Photovoltaik                ein. Mehr als acht von zehn Alleinerzie-
                                                                     herhaushalten sind Mütter mit Kind(ern)
Photovoltaik und Grün                                                und nur ein geringer Anteil Väter mit
Forscher der Zürcher Hochschule für An-                              Kind(ern). Sowohl Wohnungsgrößen,
gewandte Wissenschaften, ZHAW, fanden                                Preisleistungsverhältnis als auch die Ge-
heraus, dass senkrecht stehende, beidsei-                            meinschaftsräume in GBV-Wohnungen
tig aktive Solarmodule in Verbindung mit                             kommen dieser Zielgruppe besonders
einem Gründach gut funktionieren. „Die                               entgegen. „Alleinerziehende, die in kei-

                                                                                                                                                                                        Foto: Schedl
Langzeitmessungen haben gezeigt, dass                                nem eigenen Mietverhältnis stehen und
der Stromertrag pro installierter Modulleis-                         keine Eigentumswohnung besitzen, erhal-
tung kaum von Standardanlagen mit nach                               ten ab nun deutlich leichter Zutritt zum      Kathrin Gaal präsentierte die Förderungskategorie Alleinerziehend.
Süden ausgerichteten, einseitigen Modu-                              Gemeindebau und ins günstige Segment
len abweicht“, erklärt Hartmut Nussbau-                              der geförderten Wohnungen“, so Frauen-        sem Jahr wurden bei der Verbraucherstudie
mer vom ZHAW. Das begrünte Flachdach                                 und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal.           über 196.000 Personen zur persönlichen
wurde auf der Seniorenresidenz Eichgut in                                                                          Erfahrung mit über 1.000 Immobilien-Mar-
Winterthur getestet. Ein heller Untergrund                                                                         ken befragt. Mit einem gemessenen Brand-
mit silbriglaubigen Pflanzen – wie Sonnen-                           Reformbedarf Wohnrecht                        Value von 93,04 steigerte die Buwog ihren
röschen und Thymian – und weißem Zier-                               Das Forum Wohn-Bau-Politik präsentie-         Markenwert gegenüber dem Vorjahr und
kies begünstigt die Reflektion des Sonnen-                           re mit dem Zwischenbericht des Projekts       setzte sich zum sechsten Mal in Folge in
lichts und führt zu einem Mehrertrag in der                          „Wohnrechtskonvent 2019/2020“ den Be-         der Kategorie „Strongest Brand Residential
Solarstromproduktion.                                                darf an dringend notwendigen Grundsatz-       Developer“ für Österreich durch.
                                                                     entscheidungen: in der Bodenpolitik/
                                                                     Raumordnung; in der Bestandspolitik/
Alternative Mobilität                                                Mietrecht und in puncto ökologischer Sa-      Wohnbauinvestitionsbank neu
Die ersten vier Projekte – Wohnbau der Bu-                           nierung (inkl. Dekarbonisierung). Der Er-     Die neue Wohnbauinvestitionsbank WBIB
wog im 23. Bezirk, Wohnbau von Kallinger                             gebnisbericht mit dem Titel „Agenda für       könnte nun – nachdem sie 2018 von der
und Arwag in Floridsdorf, mehrere Wohn-                              ein neues Wohnrecht“ listet die wichtigs-     Regierung kurzer Hand gestoppt wurde –
anlagen der Sozialbau und eine Baugruppe                             ten Aspekte dieser drei wohnpolitischen       doch noch errichtet werden. Wirtschaftsmi-
am Nordbahnhof – der mit 1. Februar 2020                             Kernbereiche auf. Beim Wohnrecht (Miet-       nisterin Margarete Schramböck präsentierte
ins Leben gerufenen Förderung für inno-                              rechtsgesetz, Wohnungseigentumsgesetz,        die Pläne als Initiative für leistbares Woh-
vative und energieeffiziente Mobilitätsan-                           und Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz)          nen. Dazu sollen Mittel von der Europäi-
gebote werden nun umgesetzt. Im Fokus                                macht sich der jahrzehntelange Stillstand     schen Investitionsbank abgerufen werden
stehen Alternativen zu fossiler Mobilität im                         in der Wohnpolitik am deutlichsten be-        und Haftungen von bis zu 500 Millionen
Wohnbau. Die Projekte sollen der Wohnbe-                             merkbar, kritisiert der Initiator des Wohn-   Euro übernommen werden. Mit Hilfe der
völkerung ein oder mehrere elektrische Au-                           rechtskonvents und Ehrenvorstand des          WBIB könnten 25.000 Wohnungen er-
tos zum Teilen anbieten (E-Carsharing) und                           Forum Wohn-Bau-Politik, Jörg Wippel:          richtet werden. Bernd Rießland, Obmann
ergänzend einspurige E-Fahrzeuge zum                                 „Heute ist niemand wirklich mit dem Zu-       der GBV, zeigt sich erfreut und bekun-
Ausleihen zur Verfügung stellen (Fahrräder,                          stand zufrieden, gleichzeitig scheuen alle    det auch das Interesse der GBV an einer
Lastenräder, E-Bikes, E-Mopeds). Insgesamt                           vor gründlichen Reformen zurück, wis-         substanziellen Beteiligung an der WBIB.
stehen dafür zwei Millionen Euro aus dem                             send, wie viel Arbeit sich im Grunde auf-     Die Erfordernisse für die Einrichtung der
Ökostromfonds zur Verfügung. „Benutzen                               gestaut hat.“                                 Wohnbauinvestitionsbank sind bekannt
statt Besitzen ist hier das Motto. Wir unter-                                                                      und rechtlich abgesichert. „Wir gemeinnüt-
stützen eine Mobilitätswende und schaffen                                                                          zige Bauvereinigungen sind bereit, unseren
Möglichkeiten, Erfahrungen mit der Sharing                           Real Estate Brand Award                       Teil für die Wiederankurbelung der Wirt-
Economy zu machen. Dadurch können                                    Zum sechsten Mal in Folge gewinnt die Bu-     schaft zu leisten. Wir haben bereits wich-
sich alle noch einfacher am Klimaschutz                              wog den renommierten Real Estate Brand        tige Schritte und Investitionen gesetzt, um
beteiligen und wir fördern innovative und                            Award als stärkste Marke im Bereich Re-       unserer Rolle als Konjunkturmotor gerecht
energieeffiziente Mobilitätskonzepte“, sagt                          sidential Development in Österreich. Für      zu werden. Mit den in Aussicht gestellten
Vizebürgermeisterin und Klimastadträtin                              das Ranking untersucht das European Real      EIB-Geldern sind aber zusätzliche positive
Birgit Hebein. Pro Projekt werden maximal                            Estate Brand Institute, REB, europaweit die   Effekte möglich“, so Aufsichtsratsvorsitzen-
200.000 Euro gefördert.                                              Top-Player der Immobilienbranche. In die-     der Michael Pech.

                                                                                                                                                       WOHNENPLUS . 3|2020                  5
WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
IBA WIEN

                           Miteinander reden
    Die Quartiersentwicklung
    hat sich zu einem zentralen
    Schwerpunkt der IBA_Wien
    2022 entwickelt. Dabei geht es
    in erster Linie um Koordination
    und Kommunikation.

    MAIK NOVOTNY

                                                                                                                                                                    Foto: Fürthner
                                                  Schritt für Schritt wächst die Seestadt Aspern heran. Im Vordergrund das neu entstehende Quartier „Am Seebogen“

    D
             er Begriff „Internationale Bau-      lange gebraucht, um das Bewusstsein zu                             feld „aufgefüllt“ wurde, setzte man beim
             ausstellung“ legt auf den ers-       wecken, dass es gemeinsame Interessen                              Quartier „Am Seebogen“ von Beginn an
             ten Blick nahe, dass es in ers-      gibt“, so Hofstetter, der bereits Erfahrun-                        auf baufeldübergreifende Kommunika-
             ter Linie um eine Ausstellung        gen bei der Planung der Seestadt As-                               tion. Dafür richtete die Betreibergesell-
    geht. Nicht ganz zu Unrecht: In der Tat       pern gesammelt hat, wo man frühzeitig                              schaft Wien 3420 Aspern Development
    legten die bisherigen IBAs in Deutsch-        den Kontakt mit bestehenden Anrainern                              AG eine Quartierswerkstatt mit allen
    land oft den Scherpunkt auf das „A“ im        suchte, deren Bedürfnisse nach Angebo-                             Bauträgern und Planern ein. Diese koor-
    Namen. Das heißt: Sie waren Stadt- und        ten für Jugendliche und Alte in der See-                           diniert die Anfragen für gewerbliche Nut-
    Wohn-Expos mit Eventcharakter mit dem         stadt gedeckt wurden.                                              zungen, die Park- und Straßenplanung,
    Ziel, möglichst viele Besucher anzuzie-                                                                          die Bildungsangebote und Einrichtungen
    hen. Meistens hörte man jedoch von den        Deutliche Lerneffekte                                              wie die Kulturgarage, ein zweigeschossi-
    dort ausgestellten Experimenten später        Inzwischen sind bei allen Akteuren deut-                           ges Veranstaltungszentrum im Sockelbe-
    nicht mehr viel. Sie blieben Exponate.        liche Lerneffekte zu konstatieren. Beim                            reich der Hochgarage, mit Platz für bis
        Bei der IBA_Wien 2022 schlug man          zurzeit in Bau befindlichen Quartier „Am
    von vornherein einen anderen Weg ein.         Seebogen“, dem dritten großen Bauab-                                „Es hat in vielen Fällen lange gebraucht,
    „Unser Gradmesser für den Erfolg ist
    nicht die Frage, ob wir Touristen anzie-
                                                  schnitt in der Seestadt, ist dies deutlich
                                                  spürbar und mit einem selbstverord-
                                                                                                                      um das Bewusstsein zu wecken, dass es
    hen, sondern ob etwas im System ge-           neten „Lessons Learned“ auch Teil des                                    gemeinsame Interessen gibt.“
    landet ist“, betont IBA-Koordinator Kurt      Programms. In diesem Quartier, das
    Hofstetter. Dieser Fokus auf die internen     insgesamt 1.250 Wohnungen und 5.000                                                      Kurt Hofstetter
    Prozesse von Wohnbau und Stadtent-            Quadratmeter Büronutzfläche umfassen
    wicklung hat sich in den letzten Jahren       wird, liegt der Schwerpunkt auf „Woh-                              zu 500 Besucher (Bauträger WBV GFW,
    noch verstärkt, und dies liegt vor allem      nen und Arbeiten“ mit einem fixen Anteil                           Architektur: F+P, fasch&fuchs, Fertigstel-
    an einem Schwerpunkt: Der Quartiers-          von 80 Prozent Wohnen und 20 Prozent                               lung 2021). „Man hat aus den ersten Pha-
    entwicklung.                                  Arbeiten. Zu den Angeboten gehören ein                             sen gelernt, dass es wichtig ist, früh mit
        „Die Quartiersentwicklung hat sich        Gewerbehof mit DIY-Hub, Geschäftslo-                               der Quartiersentwicklung zu beginnen“,
    immer stärker als zentrales Element der       kale, Co-Working-Spaces und gemischte                              sagt Kurt Hofstetter.
    Qualitätssicherung herauskristallisiert“,     Wohn- und Arbeitsmaisonetten, sowie                                    Der Lerneffekt beschränkt sich dabei
    sagt Hofstetter. Dabei ist schon jetzt zu     ein Gemeindebau NEU und das nut-                                   nicht nur auf ein Stadtentwicklungsge-
    konstatieren: Quartiersentwicklung kann       zungsoffene Stadthaus „Forum am See-                               biet. Nachdem sich die IBA im Gebiet
    man nicht einfach verordnen, denn sie         bogen.“                                                            Berresgasse in die Koordination der
    bedingt die Kommunikation zwischen                Während der erste Seestadt-Bauab-                              EG-Nutzungen einbrachte, kam der Im-
    allen Beteiligten. „Es hat in vielen Fällen   schnitt noch weitgehend Baufeld für Bau-                           puls beim Quartier „An der Schanze“ be-

6    WOHNENPLUS . 3|2020
WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
IBA WIEN

                                                                                                                              Visualisierung: fasch&fuchs_aberjung
                                                                                                                                                                                          Auszeichnung:
                                                                                                                                                                        Der IBA-Stempel kennzeichnet den Kandidatenstatus
                                                                                                                                                                                   auf dem Weg zum IBA-Projekt.

                                                                                                                                                                            Profil-Bericht mit finanzieller Unterstützung
                                                                                                                                                                           unseres Premiumpartners Wohnservice Wien,
Fokus der Quartiersentwicklung: Die „Kulturgarage“ im Quartier „Am Seebogen“                                                                                                         1030 Wien, Guglgasse 7-9

reits von den Bauträgern selbst. „Wenn                                                                                                                               Vereinbarungen zur Nutzung und Erhal-
die Bauträger anbeißen, wird es schnell                                                                                                                              tung von geteilten Maßnahmen. Die Fer-
kreativ, weil zusätzliche Qualitäten bes-                                                                                                                            tigstellung ist für 2021 geplant. Um die
ser verknüpft werden“, so Hofstetter. Bei-                                                                                                                           Umsetzung zu erleichtern, wurde eine
spiel: Die Sozialbau entwickelte die Idee                                                                                                                            koordinierende Arbeitsgruppe in der
einer Verknüpfung von „Supergreißler“                                                                                                                                Baudirektion geschaffen, damit sich die
und Hausbetreuung, mit vielen mögli-                                                                                                                                 Beteiligten mit ihren Anfragen nicht zwi-
chen Synergieeffekten. Für das sieben                                                                                                                                schen den Magistratsabteilungen „zerrei-
Hektar große Gebiet am Ostrand des                                                                                                                                   ben.“ Um es auf den Punkt zu bringen:
Donaufelds startete im Februar 2019 der                                                                                                                              Erfolgreiche Quartiersentwicklung be-
zweistufige dialogorientierte Bauträger-                                                                                                                             deutet: Miteinander reden. Sie bedeutet:
wettbewerb mit besonderem Fokus auf                                                                                                                                  Tun, was man an sich nicht muss, aber
Erdgeschossnutzungen. Die IBA_Wien                                                                                                                                   was sinnvoll ist. Damit die Ideen auch im
                                                                                                                             Visualisierung: t-hoch-n

initiierte dafür Arbeitsgruppen, die sich                                                                                                                            System ankommen.
thematisch und inhaltlich abstimmen.
     Auch beim Sonnwendviertel Ost
(Wohnen am Helmut-Zilk-Park) beim
Hauptbahnhof gab es viel Bedarf, um                               Alt trifft auf Neu bei der sorgsamen Bestandsentwicklung
                                                                                                                                                                        Veranstaltungen zur
die Nutzungen abzustimmen, wofür                                  im „G’mischten Block“                                                                                 Quartiersentwicklung
sich u.a. die lokale GB* eingesetzt hat.                                                                                                                                „Wie wohnen wir morgen?“ lautet
Schließlich wäre es wenig zielführend,                                „Das daraus entstandene konstrukti-                                                               der Titel der Ausstellung zum Zwi-
wenn in jedem EG-Lokal ein Café un-                               ve Miteinander mündet nun darin, dass                                                                 schenstand der IBA_Wien, die vom
tergebracht wird. Hier übernehmen die                             sämtliche Eigentümer den vorliegenden                                                                 8. 9. - 22. 10. im WEST, dem ehe-
Quartiershäuser eine wichtige Funktion                            Bebauungsvorschlag unterstützen und                                                                   maligen Sophienspital, stattfindet.
bei der Belebung des neuen Stadtviertels,                         ihre Interessen darin gewahrt sehen,“                                                                 Auch hier steht die Quartiersent-
mit Nutzungen, die über das reine Woh-                            so Projektkoordinator Klaus Wolfinger.                                                                wicklung im Zentrum. Insbeson-
nen hinausgehen, und mit einem hohen                              Auch hier lag ein Fokus auf der Schaf-                                                                dere beim Symposium „Wir sind
Maß an Eigenleistung. Erste Erfolge sind                          fung einer attraktiven Erdgeschosszone.                                                               Quartier! Stadtentwicklung in der
heute bereits sichtbar.                                           „Ein solches Vorgehen ist für einen In-                                                               Klimakrise“, das am 14. 10. im Az W
                                                                  vestor nicht selbstverständlich“, lobt Kurt                                                           stattfindet und internationale Ex-
Entwicklung im Bestand                                            Hofstetter. „Es klingt vielleicht einfach,                                                            perten und Best-Practice-Beispiele
Doch nicht nur fürs Bauen auf der „grü-                           bedeutet aber viel Arbeit. Dies war ein                                                               versammelt.
nen Wiese“ sind diese Strategien von Vor-                         Grund für die IBA_Wien, den G’misch-                                                                  Weitere Angebote:
teil, sondern auch bei den IBA-Projekten,                         ten Block als beispielhaftes Projekt ins                                                              Die Nachbarschaftswoche im Quar-
die in bestehenden Quartieren agieren.                            Programm zu nehmen.“                                                                                  tier „An der Schanze“ vom 28. 9. -
Unter dem Namen „G’mischter Block“ fir-                               Einen ähnlichen kommunikativen                                                                    2. 10., eine ganze Reihe von On-
miert die Entwicklung dreier Parzellen in                         Aufwand betreiben die Initiatoren des                                                                 line-Diskussionen zum Projekt Po-
einem Gründerzeitblock in Wien-Favori-                            Projekts „Pocket Mannerhatten“ im 16.                                                                 cket Mannerhatten, eine Führung
ten. Nach dem Motto „Veränderung ohne                             Bezirk. Dieses hat sich das gemein-                                                                   im Quartier „Am Seebogen“ am
Verdrängung“ wurde hier auf Grundlage                             wohlorientierte Tauschen und Teilen                                                                   2.10. sowie eine Führung zu den
des Masterplan Gründerzeit zwei Jah-                              von Nutzungen in einem bestehenden                                                                    Quartiershäusern im Sonnwend-
re lang intensiv mit Anrainern und Be-                            Block in der Gründerzeitvorstadt auf die                                                              viertel mit Robert Temel inklusive
standsmietern kommuniziert, um diesen                             Fahnen geschrieben – siehe dazu auch                                                                  Filmvorführung in der Baugruppe
den Wohnstandort auch in Zukunft zu                               Artikel auf Seite 32. Die Eigentümer be-                                                              Gleis 21 am 22. 9. und 16. 10.
garantieren.                                                      nachbarter Grundstücke schließen dafür

                                                                                                                                                                                                    WOHNENPLUS . 3|2020     7
WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
FREITAG-AKADEMIE

                „Wir sind auch kritische
                     Infrastruktur“
    Dringlichkeit schien geboten:
    Die Freitag-Akademie widmete
    sich in einem Anfang Juli einge-
    schobenem „Spezialmodul“ der
    Corona-Krise und analysierte,
    wie die gemeinnützige Wohn-
    baubranche auf den Lockdown
    reagiert hat. Was hat geklappt?
    Wovon können wir alle lernen?
    Und wo hat das Virus voll
    zugeschlagen?

    WOJCIECH CZAJA

                                                                                                                                           Fotos: Wohnen Plus Akademie
    M
                 it einem Schlag haben die        nungs- und Siedlungspolitik. „Wohnen ist       „In Zukunft wird es um ein ausgewoge-
                 Covid-19-Pandemie und die        also ohne Zweifel ein wichtiger Anker in
                 damit verbundenen Sicher-        unserem Leben. Dieser Stellenwert des          nes Verhältnis zwischen analogem und
                 heitsmaßnahmen der Bundes-
    regierung die Gesellschaft vor neue, noch
                                                  Wohnens ist mit der Corona-Krise etwas
                                                  stärker in den Blickwinkel der Politik ge-
                                                                                                       digitalem Arbeiten gehen.“
    nie dagewesene Herausforderungen ge-          rückt.“ Die bisher erreichten, weltweit ein-                Isabella Stickler
    stellt. Die Laune des Virus hat auch vor      zigartigen Werte in der gemeinnützigen
    der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft         Wohnungswirtschaft gelte es zu erhalten.       erhöhte Hygiene-Standards in den Bü-
    nicht Halt gemacht: Wie werden Woh-           Damit diese „wohnwirtschaftliche Landes-       roräumlichkeiten und Wohnbaulichkeiten
    nungsübergaben organisiert? Wie können        verteidigung“ (O-Ton Sommer, siehe Bei-        der gemeinnützigen Wohnbauträger. Im
    Wohnhäuser bei erschwerten Kontakt-           trag in Heft 2/20, Seite 5) auch weiterhin     Sinne einer effizienten wohnwirtschaft-
    einschränkungen bewirtschaftet werden?        möglich ist, wurde das Wohnungsgemein-         lichen Landesverteidigung, so Sommer,
    Und welche Erfahrungen haben die Bau-         nützigkeitsgesetz (WGG), Art. 1, §23, um       könnten diese Dinge und Erfahrungen
    träger gemacht, wenn es um den Ausfall        einige befristete Komponenten ergänzt.         rechtlich verankert werden. Denn: „Es
    oder die Stundung von Wohnungs- und               Zu den wichtigsten Punkten, die            gibt Krisen, dagegen ist Corona nur ein
    Geschäftsraummieten geht? Als kurzfris-       aufgrund der Corona-Krise bei Revisio-         zartes Lüftchen.“
    tige Reaktion auf einen Corona-Frühling,      nen sowie seitens der Aufsichtsbehörden
    der es geschafft hat, uns alle aus der Kom-   berücksichtigt werden müssen, zählen           Gesellschaftliche Verantwortung
    fortzone zu drängen, hat die Wohnen Plus      Verzögerungen bei Widmungs- und Pla-           Wie innerhalb der Branche auf Covid-19
    Akademie Anfang des Sommers zu einer          nungsverfahren, Baustellenschließungen,        und den von der Bundesregierung ver-
    ganz besonderen Freitag-Akademie einge-       Verschiebungen von Fertigstellungen, zins-     ordneten Lockdown reagiert wurde,
    laden und das Übel zum Thema gemacht:         lose Mietstundungen und Ratenzahlungs-         davon berichten Isabella Stickler, Vor-
    „Corona. Erfahrungen und Perspektiven“.       vereinbarungen, Rücktrittsmöglichkeiten        standsmitglied Alpenland, Michael Geh-
         „In Normalzeiten verbringen wir 40       bei Miet- und Kaufverträgen, Verzicht auf      bauer, Geschäftsführer WBV-GPA und
    Prozent unserer Zeit in der Wohnung“,         Delogierungen und Kündigungen, indivi-         Obmann Verein für Wohnbauförderung,
    sagt Andreas Sommer, Wirtschaftsminis-        duelle Zwischenlösungen bei verzöger-          sowie Bernd Rießland, Vorstandsmitglied
    terium, Abteilung 7, zuständig für Woh-       ten Bezugsterminen sowie beispielsweise        Sozialbau und Obmann im Österreichi-

8    WOHNENPLUS . 3|2020
FREITAG-AKADEMIE

                                                                                                                                Grafik: Gesundheitsministerium
Die Verbreitung des Coronavirus sorgte bei den Bewohnern der Gemeinnützigen für massive Verunsicherungen. Doch die GBV nahmen
ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst und reagierten prompt.

schen Verband gemeinnütziger Bauverei-                           Covid-19 auch ein Symposium des Ver-
nigungen. Und ja, die Erfahrungen sind                           eins für Wohnbauförderung (VWBF) ab-
so unterschiedlich wie die unter dem                             sagen musste und derzeit darüber nach-
Motto der Gemeinnützigkeit agierenden                            denkt, im VWBF einen Härtefonds für
Unternehmen. Die Bandbreite reicht von                           Gemeinnützige einzurichten, um beson-
sachlich-lösungsorientierter Leichtigkeit                        ders harte Wirtschaftsausfälle abzufedern.
bis hin zu Enttäuschung und langfristiger                        „In der Kommunikation der Regierung
Heilung finanzieller und wirtschaftlicher                        hat man immer wieder von Härtefonds
Schrammen.                                                       gehört, aber damit wurden Unternehmen
     „Als gemeinnütziger Sektor haben wir                        wie wir, wenn man sich ehrlich ist, nur
eine gewisse gesellschaftliche Verantwor-                        von einem Monat auf das nächste vertrös-
tung zu tragen“, meint Bernd Rießland,                           tet. Tatsächlich haben uns die Ersatz- und
„denn in unangenehmen und außeror-                               Kompensationsmaßnahmen nicht berück-
dentlichen Situationen gibt es an jeder                          sichtigt. Es wird Zeit, dass die Regierung
Ecke ein kleines Teuferl, das uns versucht                       endlich anerkennt: Wir sind auch kritische                                                            „Als gemeinnütziger Sektor
einzureden, die Werte loszulassen, die wir                       Infrastruktur!“                                                                                         haben wir eine gewisse
längst schon erreicht und gewonnen ha-
ben.“ Und nennt als nur ein Beispiel von                         Virtuelle Wohnungsbesichtigungen                                                                    gesellschaftliche Verantwortung
vielen die Entwicklung der durchschnitt-
lichen Wohnungsgrößen im sozialen,
                                                                 Anders die Situation in der Alpenland, in
                                                                 der die Anfragen auf Mietstundungen im
                                                                                                                                                                               zu tragen.“
geförderten Sektor: Bis 2000 betrug die                          Wohn- und Geschäftsbereich sehr gering                                                                        Bernd Rießland
durchschnittliche Mietwohnung 74 Quad-                           ausfielen. Dank dem geringen wirtschaft-
ratmeter, schrumpfte in den Jahren 2000                          lichen Schaden konnte sich die Alpenland                                                        licherweise“, so Stickler, „wird das Ange-
bis 2010 auf 70 Quadratmeter und misst                           voll und ganz auf eine effiziente und ziel-                                                     bot sehr wenig angenommen. Das sagt
im heutigen Zeitalter der sich alles und                         gerichtete Abwicklung der internen Struk-                                                       mir, dass die Leute sich bis zu einem ge-
allem beugenden Smartness gerade noch                            turen konzentrieren. „Es hat sich bewährt“,                                                     wissen Grad nach einem Gemeinschafts-
64 Quadratmeter. Rießland: „Die Tendenz                          so Isabella Stickler, „dass wir bereits einen                                                   und Zusammengehörigkeitsgefühl seh-
ist klar ersichtlich. Was ist das für eine                       Leitfaden und einen Notfallplan hatten                                                          nen. In Zukunft, denke ich, wird es um
wohnungspolitische Botschaft?“                                   und diesen an einem Wochenende kom-                                                             ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
     Über Botschaften auf wohnpolitischer                        plett in die Tat umsetzen konnten. Wir ha-                                                      analogem und digitalem Arbeiten gehen.“
Ebene spricht auch Michael Gehbauer.                             ben digital gut arbeiten können und wer-                                                             Sehr unterschiedlicher Meinung sind
Während die Mietausfälle und Stundungs-                          den einige Erkenntnisse davon sicherlich                                                        die vier Vortragenden der Freitag-Akade-
ansuchen im Wohnbereich bei der WBV-                             weiter ausbauen und auch in die Zukunft                                                         mie, was die langfristigsten Auswirkun-
GPA mit gerade mal 41 Fällen äußerst ge-                         mitnehmen.“ Sogar Wohnungsübergaben                                                             gen der Corona-Krise auf die Wohnungs-
ring war, häuften sich die Ausfälle bei den                      und Wohnungsbesichtigungen wurden                                                               grundrisse und Wohnwünsche der Mieter
Geschäftsraummieten. Allein im Gasome-                           – unter anderem über 3D-Rundgänge –                                                             und Käufer betrifft. Das Spektrum der Pro-
ter mussten im Corona-Lockdown über 70                           kontaktlos abgewickelt. „Und wir spre-                                                          gnosen reicht von Beharren auf dem Sta-
Prozent der Geschäftsflächen geschlossen                         chen hier von Niederösterreich!“                                                                tus-quo bis zur Erkenntnis, dass Wohnen
bleiben. Hinzu kommen massive Ausfäl-                                 Fazit der Corona-Krise: Ab sofort                                                          auf engstem Raum – in der Smart-Woh-
le im Bereich von Studentenheimen, da                            räumt die Alpenland ihren Mitarbeitern                                                          nung, um das Kind beim Namen zu nen-
viele Universitäten ihren Lehrbetrieb –                          die Möglichkeit ein, knapp unter 50 Pro-                                                        nen – nicht die Lösung aller wirtschaft-
nicht nur in den letzten, sondern auch in                        zent ihrer Wochenarbeitsstunden – also                                                          lichen (und soziopolitischen) Probleme
den noch folgenden Monaten – komplett                            bis zu zwei volle Tage pro Woche – im                                                           sein könne. Arbeiten werde ein dauerhaf-
auf elektronisch umgestellt haben. Damit                         Home-Office beziehungsweise im Remo-                                                            ter Bestandteil im Wohnen bleiben, so die
schrumpft der Wiener Wohnbedarf vieler                           te-Modus zu leisten, was steuerrechtlich                                                        Experten. Wie diese neue Komponente
Studierenden auf ein Minimum.                                    gar noch so einfach zu lösen war. Die frei-                                                     in Zukunft in die Wohnpolitik einfließen
     „Die Corona-Krise hat uns massiv ge-                        willige Teleworking-Vereinbarung gilt für                                                       werde, ist nun eine der großen Herausfor-
troffen“, so Gehbauer, der im Zuge von                           das gesamte Unternehmen. „Aber erstaun-                                                         derungen für die nächsten Jahre.

                                                                                                                                                                                        WOHNENPLUS . 3|2020   9
MEIN WOHNEN PLUS

              23 Quadratmeter Heimat

                                                                                                                                         Foto: Czaja
                                       I
     Franz Haberl hat eine ziemlich       ch schlage vor, wir setzen uns runter in      konkurs, riesigen Geldschulden und sogar
                                          den Hof“, sagt Franz Haberl. „Im Som-         einer gewissen Auszeit in Haft. Ich hab’s
     steile Berufskarriere in             mer ist das das schönste Platzerl, das        weit gebracht in meinem Leben und habe
     Österreich, Russland und China       man sich vorstellen kann. Außerdem            einiges verbockt. Und dennoch bin ich nun
                                       sind 23 Quadratmeter nicht wirklich groß         zum allerersten Mal in einer Situation, in
     hinter sich und wurde vor etwas   für zwei Personen, wie Sie sich vielleicht       der ich das Geld wertschätze und genug
     mehr als zwei Jahren obdachlos.   vorstellen können.“ Haberl, 57 Jahre alt,        Zeit habe, um den Alltag zu genießen und
                                       ausgebildeter Einzelhandelskaufmann, hat         mit interessanten Menschen spannende
     Im Wohnheim in der Brünner        eine bewegte Berufskarriere hinter sich:         Gespräche zu führen. Das passt schon so,
     Straße hat er nun ein neues       Versicherungsexperte, Vorstandsassistent,        wie’s ist.“
     Zuhause gefunden. Wir haben       Schulungsleiter. Nach dem Zerfall der Sow-            Haberl, dritter Stock, Top 305, ist einer
                                       jetunion lebte er zehn Jahre lang in Moskau      von insgesamt 50 Bewohnern, die hier seit
     ihn besucht.                      und begleitete europäische Unternehmen           Februar 2019 ein neues Zuhause gefunden
                                       bei der Markteinführung in Russland. 2009        haben. Betrieben wird das Haus von der
                                       schließlich gründete er in Shenzhen, China,      Arge Wien. Zur Ausstattung gehören eine
     WOJCIECH CZAJA                    ein Unternehmen für Taschenproduktion            Gemeinschaftsküche, eine Waschküche
                                       und leitete acht Jahre lang ein Team mit 70      und ein Fahrradabstellraum. Die monatli-
                                       Mitarbeitern. „Und jetzt bin ich hier – und      che Miete beläuft sich auf 382 Euro. „Die
                                       bin ehrlich gesagt so glücklich und zufrie-      Wohnung ist gut geschnitten, beinhaltet
                                       den wie nie zuvor.“                              sogar eine kleine Kochzeile und ist mit
                                            Hier, das ist in der Brünner Straße 116,    weißen Möbeln schlicht und funktional
                                       Wien-Floridsdorf. Hier, das ist ein Wohn-        möbliert. Am liebsten würde ich mir ei-
                                       heim für ehemals obdachlose und sozial           nen chinesischen Raumteiler ins Zimmer
                                       bedürftige Menschen, errichtet vom ge-           stellen, aber dafür fehlt mir momentan das
                                       meinnützigen Bauträger WBV-GPA und               Geld.“ Haberl, der seit Juli einen neuen Job
                                       CPPA Ceška Priesner Partner Architektur.         hat und in der Wiener Wohnungslosenhilfe
                                       Hier, das ist eine kleine Starthilfe für den     Menschen mit ähnlichen Schicksalen berät,
                                       Wiedereinstieg in ein normales, geregeltes       hat ein Ziel: „In ein paar Jahren will ich mir
                                       Leben für all jene, die die Hölle hinter sich    eine kleine Gemeindewohnung oder eine
                                       haben. „Meine persönliche Hölle war die          Smart-Wohnung suchen, gerne auch drau-
                                       Spielsucht“, sagt Haberl, „gefolgt von Privat-   ßen in der Seestadt Aspern.“

10   WOHNENPLUS . 3|2020
THEMA

                                                                                                                                   Foto: Hertha Hurnaus
      Spannender Nutzungsmix im Baugruppenhaus Gleis 21, geplant von Einszueins architektur, Bauträger Schwarzatal

      Jahrhundertelang der Normalfall, über Jahrzehnte
      aus dem Fokus geraten, heute wieder erstrebens-
      wertes Ziel: funktional und sozial durchmischte

Nutzungsmix im Quartier
      Häuser und Quartiere. Sie gelingen nicht immer
      und vor allem nicht von allein. Neben den
      (städte-)bauliche Rahmenbedingungen
      bedarf es zusätzlicher Anstrengungen, guter
      Marktkenntnisse – und oft auch Zeit und Glück.
                                                                                                                     WOHNENPLUS . 3|2020                  11
THEMA

         Urbanität, Vielfalt – für alle

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                                           Wohnen und arbeiten in vielen Formen: Das Messequartier Graz von der ENW, geplant von Markus Pernthaler, setzt auf Nutzungsmix.

                                           S
     Eine Wohnumgebung, in der                     tatt Wohnmonostrukturen, verwais-                         falls annähernd nahegekommen wurde.
                                                   ten öffentlichen Räumen und toten                         „Im Messequartier Graz haben wir einen
     alles da ist, was man zu Leben                Erdgeschosszonen wünschen sich                            Nutzungsmix mit einer großen sozialen
     braucht, sozial durchmischt und               Stadtplaner Urbanität, Vielfalt, kurz-                    Nutzungsqualität“, so ENW-Geschäfts-
                                           um vollwertige Stadtquartiere mit urbanen                         führer Alexander Daum. Neben rund 290
     keine Schlafstadt: was in vielen      Strukturen und unterschiedlichen Nutzun-                          Miet- und Eigentumswohnungen gibt es
     inneren Stadtteilen und Orts-         gen. Dass bauliche Voraussetzungen wie                            21 Seniorenwohnungen, ein Studieren-
     kernen scheinbar mühelos              überhohe Erdgeschosszonen allein kein                             denwohnhaus mit 97 Plätzen, Kindergar-
                                           Garant sind, dass sich dann tatsächlich ein                       ten, Gastronomie, Arztpraxen und diverse
     entstanden ist, stellt die Entwick-   bunter Nutzungsmix einstellt, wissen mitt-                        Büro- und Gewerbeflächen. „Dank der
     ler neuer Quartiere vor Heraus-       lerweile alle. Denn Orte, an denen das                            ständigen Interaktion der Hausverwaltung
                                           Leben der Stadt pulsiert, entstehen weder                         mit den Bewohnern und Geschäftsflä-
     forderungen.                          zufällig noch aus dem Nichts.                                     chenmietern konnten im Laufe der letzten
                                               In Graz entstand in mehreren Bau-                             Jahren Synergien gefunden und genutzt
     FRANZISKA LEEB                        phasen von 2009 bis 2017 am Übergang                              werden. Nicht zuletzt hat auch die Archi-
                                           von der Kernstadt in die Peripherie im                            tektur der Wohnanlage mit ihren großzü-
                                           Zuge der Umstrukturierung des Messege-                            gigen Begegnungszonen ihren Teil zu ei-
                                           ländes auf dem Areal eines ehemaligen                             ner lebendigen Wohnanlage beigetragen“,
                                           Vergnügungsparks das Messequartier der                            bestätigt Daum, dass das Gelingen einer
                                           gemeinnützigen        Wohnungsgesellschaft                        guten Mischung von mehreren Faktoren
                                           ENW. Architekt Markus Pernthaler be-                              abhängig ist.
                                           trachtet eine ausreichende Anzahl an Ar-
                                           beitsplätzen als Garant für ein lebendiges                        Impulsgebende Häuser
                                           Quartier. Pro Bewohner ein Arbeitsplatz,                          Im Sonnwendviertel beim Wiener Haupt-
                                           lautete sein persönliches Ziel, dem jeden-                        bahnhof setzte man dazu auf sogenannte

12    WOHNENPLUS . 3|2020
THEMA

Quartiershäuser, die mit „stadtteilbezoge-
nen Nutzungen“ das neue Wohngebiet
beleben sowie auf Baugruppen, deren
Engagement die Stadt längst auch als
Impulsgeber für neue Stadtteile erkannt
hat. Was sich manche vor ein paar Jahren
nicht vorstellen konnten, wird nun nach
und nach gelebte Realität. Vor allem ent-
lang der Adele-Bloch-Bauer-Promenade
entwickelt sich ein reges Stadt- und Ge-
schäftsleben, zu dem Quartiershäuser wie
Mio (Heimbau, Arch. StudioVlayStreeru-
witz) und der Stadtelefant von Franz&Sue
sowie das Baugruppenhaus Gleis 21
maßgeblich beitragen. „Das Dorf in die
Stadt bringen“ heißt es in der Vision der
Initiatoren des Gleis 21, dem im Sommer
vergangenen Jahres bezogenen Wohnpro-
jekt auf dem ehemaligen Bahngelände im
Wiener Sonnwendviertel. Sie hatten dabei
nicht verwaiste Ortszentren und wildwu-
chernde Siedlungsränder vor Augen, son-
dern Bilder vom guten Leben im solida-
rischen Miteinander. Daher machen hier

                                                                                                                                                                               Foto: Hertha Hurnaus
          „Nicht zuletzt hat auch
     die Architektur der Wohnanlage
                                               Quartiershaus im Sonnwendviertel in Wien: Bauträger Neue Heimat, art home. Belebung der Erdgeschoßzone durch günstige Mieten.
          mit ihren großzügigen
       Begegnungszonen ihren Teil              stehen schutzbedürftigen Menschen zur                             Leben anbieten. Mit den bereits festste-
                                               Verfügung. So verschieden die Bewohner,                           henden Nutzern aus dem Gesundheits-
    zu einer lebendigen Wohnanlage             so unterschiedlich die Wohnungen. Quasi                           und Ernährungssektor waren bereits
               beigetragen.“                   maßgeschneidert. „Ich hatte damals noch
                                               einen hohen missionarischen Ansatz“, er-
                                                                                                                 detaillierte Planungen ausgearbeitet, bis
                                                                                                                 schließlich unglückliche Zufälle, Geset-
              Alexander Daum                   zählt Architekt Markus Zilker. Mittlerweile                       zesänderungen und damit veränderte
                                               würde er die Strategie der „partizipativen                        wirtschaftliche Rahmenbedingungen den
nicht sozial besser gestellte Idealisten nur   Standardisierung“ verfolgen, also versu-                          Firmen einen Strich durch die Rechnung
ihr Ding, sondern sorgen unter anderem         chen, die Vorteile der zwei Welten Be-                            machten.
dafür, dass Kunst und Kultur ins Grätzel       wohnerbeteiligung und Serienfertigung in                               Die 300 und 400 Quadratmeter großen
kommen. Und das auf hohem Niveau.              Einklang zu bringen.                                              Geschäftsräumlichkeiten stehen nun trotz
Im perfekt ausgestatteten Veranstaltungs-                                                                        einer relativ geringen Bruttomiete von
raum wurden bereits Kinofilme gezeigt          Flexibilität gefragt                                              knapp unter zehn Euro pro Quadratmeter
sowie Kabarett, Musik und Theater eine         Ohne die Bewohnermitbestimmung, aber                              leer. Man sieht sich mittlerweile außerhalb
Bühne gegeben. Neben dem Burgtheater-          bereits mit künftigen Geschäftsmietern                            des Gesundheitsbereichs um. „Wir sind
studio kooperiert man mit dem Stadtkino        im Boot gingen Einszueins mit den Bau-                            trotzdem froh, dass wir das Projekt so
Wien, Okto TV, Radio Orange und der im         trägern Neue Heimat Gewog und deren                               gebaut haben. Irgendwann werden pas-
Haus ansässigen Musikschule. 		                Tochterunternehmen at home ein Stück                              sende Mieter kommen“, ist at home-Ge-
    Die Covid-19-Pandemie hat zwar das         weiter beim Quartiershaus an der Ma-                              schäftsführer Josef Wiesinger zuversicht-
Kulturprogramm für Monate schachmatt           ria-Lassnig-Straße am südöstlichen Spitz                          lich. Geschäftsmieter jenseits der üblichen
gesetzt. Aber zumindest mit einem Floh-        des Sonnwendviertels vor fünf Jahren                              großen Ketten zu finden ist dann leichter,
markt samt Nachbarschaftsfrühstück stell-      in den Wettbewerb. „Gewerbe im Erd-                               wenn – wie in anderen Quartiershäusern
te man sich im Ausnahmesommer 2020             geschoss war hier, abseits der Fußgän-                            oder im Nordbahnviertel – Erdgeschoss-
in den Dienst der nachbarschaftlichen          gerzone keine zwingende Vorgabe im                                flächen durch die Mieten der darüber
Vernetzung über das Haus hinaus. Für           Wettbewerb“, erzählt Architekt Markus                             liegenden Wohnungen oder potente Ge-
Einszueins architektur und den Bauträger       Pendlmayr von Einzueins.                                          schäftsmieter quersubventioniert werden
Schwarzatal war das Gleis 21 nach dem               Man wollte dem Thema Gesundheit                              können. Das war hier nicht vorgesehen.
Wohnprojekt Wien im Nordbahnviertel            aber nicht nur durch die ökologische                              „Die Stadt und die Wirtschaftskammer tun
das zweite gemeinsame Projekt auf dem          Holz-Beton-Hybridbauweise entsprechen                             viel, um die Belebung der Erdgeschoßzo-
Sektor des partizipativen Wohnbaus. Jun-       und den künftigen Bewohnern ein schad-                            nen zu fördern“, streut Andreas Dominko
ge und Ältere, Paare, Singles und Fami-        stofffreies Wohnklima bieten, sondern                             von der Neuen Heimat einerseits Rosen,
lien wohnen im Haus, zwei Wohnungen            auch Dienstleistungen für ein gesundes                            warnt aber auch: Denn in vielen Gebäu-

                                                                                                                                                   WOHNENPLUS . 3|2020                   13
THEMA

                                                                                                                                                              Raumhöhe von drei Metern. Das sorgt in
                                                                                                                                                              den kleinen Wohnungen für Luftigkeit
                                                                                                                                                              und Platz für Stauraum oder Hochbetten.
                                                                                                                                                              Zehn Wohnungen sind speziell für Perso-
                                                                                                                                                              nen mit besonderen Bedürfnissen ausge-
                                                                                                                                                              stattet, im abwechslungsreich gestalteten
                                                                                                                                                              Hof finden sich Behindertenspielgeräte.
                                                                                                                                                              Große Nachfrage – überwiegend von Per-
                                                                                                                                                              sonen außerhalb der Anlage – herrschte
                                                                                                                                                              nach den 23 temporären Arbeitsplätzen.
                                                                                                                                                              Es gibt einen Kindergarten, ins Souter-
                                                                                                                                                              rain bei der Sitztreppe im Hof zog ein
                                                                                                                                                              Kampfsportzentrum ein und eine Pizze-
                                                                                                                                                              ria an der Absberggasse wird bald fol-
                                                                                                                                                              gen. Nicht umgesetzt wurde das anfangs

                                                                                                                                      Foto: BWM Architekten
                                                                                                                                                              angepeilte Konzept einer permanenten
                                                                                                                                                              Case-Management-Betreuungsstation für
                                                                                                                                                              pflegebedürftige Personen im Familien-
     Wohnen für alle Bedürfnisse und mehr: Preyersche Höfe vom ÖSW und Familienwohnbau in Wien 10.                                                            verband, weil sich im Lauf der Bauzeit
                                                                                                                                                              das Konzept des sozialen Dienstleisters
     den würde man derzeit einen Überhang                            Wimmer planten. Im dritten Obergeschoss                                                  änderte.
     an Gewerbeflächen produzieren. „Das                             verbindet ein durchgehender „Umgang“,
     ist ein riesiges Thema für die Zukunft“,                        an den einige Gemeinschaftsräume und                                                     Urban und weltläufig
     so Dominko, der sich anstatt reiner Ge-                         die Gemeinschaftsküche angelagert sind,                                                  Stärker nach außen zeichnet sich der Nut-
     werbewidmungen flexiblere Nutzungs-                             alle sieben Stiegenhäuser. Das kommt                                                     zungsmix im Nordbahnviertel ab. Trotz
     möglichkeiten – zum Beispiel befristetes                        der sozialen Vernetzung und Kommuni-                                                     der Baustellen rundherum herrscht an
     Wohnen – für die Erdgeschosse wünscht                           kation ebenso entgegen wie der barrie-                                                   der Bruno-Marek-Allee fast innerstädti-
     und von einer Art Solidaritätspakt in der                       refreien Mobilität von älteren Menschen                                                  sche Betriebsamkeit – besonders um die
     Branche berichtet: Im Stadtentwicklungs-                        und Kindern innerhalb der Anlage. Die 93                                                 Mittagszeit, wenn die Mitarbeiter der Bü-
     gebiet Hausfeld haben sich 16 Bauträger                         Smart-Wohnungen erhielten allesamt eine                                                  ros ausschwärmen, um sich einen Snack
     gegen ein Erdgeschossmanagement ent-
     schieden und richten stattdessen ein Bud-
     get ein, mit dem Leerstände ausgeglichen
     werden sollen.

     Smart durchdacht
     „Wir lernen und wissen, dass Flächen mit
     60 bis 80 Quadratmeter gut gehen, aber
     alles darüber hinaus ein Riesenproblem
     ist“, bestätigt Barbara Fritsch-Raffelsber-
     ger von der Familienwohnbau. Gastro-
     nomie und klassischer Handel würden
     eine Frequenz benötigen, die in vielen
     Quartieren schlichtweg nicht gegeben
     sei. Das unterstützenswerte Ziel einer au-
     tofreien Stadt stünde zu jenem der Erd-
     geschoßbelebung im Widerspruch. Dass
     gute Mischungen – sozial und funktional
     – trotz mancher Hürde entstehen können,
     zeigt sich auf Bauplatz B der Preyerschen
     Höfe, dem einstigen Areal des Gottfried
     von Preyer‘sches Kinderspital zwischen
     Schrankenberggasse und Absberggasse.
     Gemeinsam mit dem Österreichischen
     Siedlungswerk errichtete die Familien-
     wohnbau hier 219 Wohnungen für rund
                                                                                                                                                                                                                Foto: tschinkersten fotografie

     700 Personen. „Wir haben über den Tel-
     lerrand hinausgedacht“, so Markus Ka-
     plan von BWM Architekten, die den städ-
     tebaulichen Wettbewerb für das ganze
     Areal gewonnen haben und den Bauplatz
     in der Mitte mit sk architekten und Albert                      Gebäude des ÖVW in der Bruno-Marek-Allee (Arch. AllesWirdGut): Vielfältig genutzte attraktive Erdgeschosszonen sorgen für urbanes Flair.

14    WOHNENPLUS . 3|2020
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